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Innovationsreport 2013 Auswertungsergebnisse von Routinedaten der Techniker Krankenkasse aus den Jahren 2010 und 2011 Roland Windt, Daniela Boeschen, Gerd Glaeske Prof. Dr. Gerd Glaeske Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) www.zes.uni-bremen.de Kein Interessenkonflikt im Sinne der Uniform Requirements for Manuscripts submitted to Biomedical Journals der ICMJE

Pressekonferenz zum Innovationsreport 2013: Präsentation von Prof. Dr. Glaeske

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Präsentation von Prof. Dr. Glaeske zur Vorstellung des Innovationsreports 2013 am 31. Mai 2013 in Berlin. Jedes Jahr kommen zahlreiche neue Medikamente auf den Markt. Die pharmazeutische Industrie steht wie kaum eine zweite Branche im Gesundheitswesen für den medizinischen Fortschritt. Doch längst ist klar: Nicht alles, was neu ist, ist auch besser. Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) hat der Gesetzgeber ein Verfahren etabliert, das die Frage beantworten soll, welcher Preis für ein neues Medikament angemessen ist. Doch Geld allein ist nicht alles. Entscheidend ist vielmehr: Wie wirken sich Innovationen auf die Qualität der Versorgung aus? Wie häufig verordnen Ärzte solche neuen Medikamente? Und welchen (Zusatz-)Nutzen haben Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen überhaupt für die Patienten? Mit dem Innovationsreport 2013 geben Wissenschaftler der Universität Bremen erstmals umfassende Antworten auf diese und weitere Fragen. Die Studie basiert auf Routinedaten der Techniker Krankenkasse (TK), die das Projekt in Auftrag gegeben hat. Dieses Dokument kann für redaktionelle Zwecke und mit dem Hinweis "Quelle: Techniker Krankenkasse" honorarfrei verwendet werden. Eine Nutzung zu Werbezwecken ist ausgeschlossen.

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Page 1: Pressekonferenz zum Innovationsreport 2013: Präsentation von Prof. Dr. Glaeske

Innovationsreport 2013

Auswertungsergebnisse von Routinedaten der Techniker Krankenkasse aus den Jahren 2010 und 2011

Roland Windt, Daniela Boeschen, Gerd Glaeske

Prof. Dr. Gerd GlaeskeUniversität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik (ZeS)

www.zes.uni-bremen.de

Kein Interessenkonflikt im Sinne der Uniform Requirements forManuscripts submitted to Biomedical Journals der ICMJE

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Unterschiedliche Konzepte

• Kommerzielles Konzept

• Technologisches Konzept

• Konzept des therapeutischen Fortschritts

(nach ISDB, 2001)

Was sind Arzneimittelinnovationen?

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Unterschiedliche Klassifikationen / Bewertungen• arznei-telegramm / Arzneimittelkursbuch• Klassifikation nach Fricke & Klaus• Stiftung Warentest• DPhG / Pharmazeutische Zeitung• internationale Drug Bulletins wie das Revue Prescrire• in Deutschland rechtsverbindlich: Ergebnisse der

Nutzen- oder Kosten-Nutzen-Bewertungen durch G-BA/IQWiG (seit 2011 frühe Nutzenbewertung neuer AM nach dem AMNOG; §§ 35a und 35b SGB V)

Klassifikation des Innovationsgrades nach Fricke & Klaus

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Die frühe Nutzenbewertung neuer Arzneimittel nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG)

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Ablaufschema der frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel nach dem AMNOG (vereinfacht)

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Übersicht über die im Report analysierten Wirkstoffe

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• Einschluss: Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen mit Markteinführung im Jahr 2010 +Ticagrelor und Pitavastatin(„AMNOG-Arzneimittel“ mit Beschluss zum Zusatznutzen im Jahr 2011)

• Versorgungsanalyse mit Routinedaten der TK aus den Jahren 2010 und 2011

• Bewertung der Evidenz bis Frühjahr 2013 mit neuem Ampelsystem

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Arzneimittelkosten je Versichertem und Jahr

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Logarithmische Darstellung der Arzneimittelkosten je Versichertem und Jahr absteigend sortiert nach Kosten im Jahr 2011 (berechnet anhand der Verordnungsdaten der Jahre 2010 und 2011)

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Durchschnittsalter der Versicherten mit VO je Wirkstoff +zugelassene Altersbereiche

6

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Pati

ente

nal

ter i

n J

ahre

n

Zugelassene Altersgruppen laut Fachinformation der pharmazeutischen Hersteller (rot -; gelb +/-; grün +)

Wirkstoff Zugelassener Altersbereich laut Fachinformation

0-1 2-12 13-17 18-64 65+

Amifampridin

Asenapin

Bazedoxifen

Bilastin

Conestat alfa

Corifollitropin alfa

Denosumab

Dronedaron

Eltrombopag

Febuxostat

Histamindihydrochlorid

Indacaterol

Mifamurtid

Ofatumumab

Pazopanib

Pitavastatin

Prucaloprid

Roflumilast

Silodosin

Tapentadol

Ticagrelor

Velaglucerase alfa

Vernakalant

Durchschnittsalter der Versicherten mit mindestens einer Verordnung der neuen Wirkstoffe(Daten aus dem Jahr 2011, Darstellung inklusive Standardabweichung des Alters)

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Zusammenfassung der Wirkstoffbewertungen

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Erläuterung der Farben und Ergebnisse:

Verfügbare Therapien: rot = weitere Therapieoption, gelb = Subgruppen-Novität, grün = Solist

(Zusatz-)Nutzen: rot = keine Verbesserung oder schlechte Nutzen/Schaden-Relation, gelb = teilweise Verbesserungen, grün = Verbesserung harter Endpunkte

Kosten: rot = teurer als bestehende Therapien, gelb = ungefähr gleich bzw. teils/teils, grün = günstiger als bestehende Therapien

Leitlinien-Eingang : 12 von 23

Zusatznutzen: Klar 1 von 23, 8 bedingt, 14 ohne (61%)

Teurer als bestehende Therapien: 18 von 23 (78%)

Die Kosten wachsen überwie-gend schneller als die (Zusatz) Nutzennachweise!

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Verordnungsprävalenzen nach Bundesländern

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Alle analysierten Wirkstoffe

Nur Wirkstoffe mit negativer Bewertung zum (Zusatz-)Nutzen –Information tut not!

Verordnungsprävalenz der neuen Wirkstoffe in Promille nach Bundesländern (nur Verordnungen im Jahr 2011, Einfärbung nach der Höhe der Verordnungsprävalenz) (berechnet mit Routinedaten der TK)

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Verordnungen / Bruttoumsätze bei Dronedaron (Multaq®)(1/2010-12/2011) – UAW nach Einführung

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Verordnungen / Bruttoumsätze bei Indacaterol (Onbrez®)(1/2010-12/2011) Festbetrag als Intervention

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Einsortierung in Beta-2-Sympathomimetika-Festbetragsgruppe:• gemeinsame

Höchsterstattungsgrenze• Abgabepreis zum Teil

deutlich über Festbetrag• Mehrkosten für Versicherte

bis zu >100 € pro Packung• „Sortis-Effekt“ / hier allerdings

Zusatznutzen unbestimmt

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Verordnungen / Bruttoumsätze bei Ticagrelor (Brilique®)(1/2010-12/2011)

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Indikation VergleichstherapieZusatznutzen (Ausmaß und Wahrscheinlichkeit)

Instabile Angina pectoris (IA) und NSTEMI

Clopidogrel + ASS Beleg für beträchtlichen Zusatznutzen

STEMI bei vorbehandelten Patienten

Clopidogrel + ASS Zusatznutzen nicht belegt

STEMI bei Patienten mit PCI

Prasugrel + ASS Zusatznutzen nicht belegtAusnahmen (Anhaltspunkte für nicht quantifizierbaren Zusatznutzen):

Patienten • 75 Jahre, die nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung nicht für VT (Prasugrel + ASS) in Frage kommen,

Patienten mit TIA oder ischämischem Schlaganfall in der Anamnese

STEMI bei Patienten mit Bypass (CABG)

ASS - Monotherapie Zusatznutzen nicht belegt

Erstes „AMNOG-Arzneimittel“ mit früher Nutzenbewertung (15.12.2011)

Ergebnisse zum Zusatznutzen aus dem Beschluss des G-BA – „beträchtlich“ bei IA und STEMI

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• Therapeutische und patientenrelevante Innovationen sind in der Arznei-mittelversorgung erwünscht und unverzichtbar - die GKV ist ein finanzieller Garant für therapeutischen Fortschritt (siehe § 2 SGB V)

ABER: Der Report zeigt, dass die Innovationskrise bei den pharmazeutischen Unternehmen keineswegs beseitigt ist!

Fazit (1)

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• Patientinnen und Patienten müssen von „echten“ Innovationen profitieren – AMNOG als richtiger Weg, damit die GKV nicht im „Ausgabenbrunnen“ überteuerter Scheininnovationen versinkt!

• Innovationen müssen nach ihrem patienten-orientierten Nutzen klassifiziert und zu einem Preis verordnet werden können, der am Nutzen orientiert ist: Money for Value, Value for Money!

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• Eine frühzeitig richtige Einordnung von Innovationen hilft, unter den neuen Arzneimitteln diejenigen mit einem patientenrelevanten Nutzen herauszufinden

• Mit maximal 15-20% aller neu zugelassenen Arzneimittel konnte in den vergangenen Jahren ein therapeutischer Fortschritt erreicht werden.

Fazit (2) – Innovationsoptimismus,-skeptizismus,-realismus

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• Das AMNOG kann die Bestimmung des patientenrelevanten Zusatznutzens verbessern, oft liegen in der „Frühbe-wertung“ aber noch nicht genügend Informationen für eine abschließende Klassifikation des Innovationsgrades vor.

• Eine „Spätbewertung“ (z.B. nach 3 Jahren) ist daher in einigen Indikations-bereichen (z.B. Onkologie) zumeist unverzichtbar.

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• Der evidenzbasierte Umgang mit Arzneimittelinnovationen in der ärztlichen Praxis muss durch industrieunabhängige Informationen gefördert werden (siehe TK-Bulletins für Ärzte und Patienten)

• Einsparpotenzial im Report bis zu 47%, wenn bewährte und schon verfügbare Mittel genutzt werden, insgesamt bei Ersatz von patentgeschützten Me-Toos GKV 2,2 Mrd. Euro (TK ca. 200 Mio. €)

Ausblick in die Zukunft

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• Daher möglichst rasch: Anwendung des AMNOG auf den Bestandsmarkt

• Und in Analogie überfällig: „AMNOG“ für den wachsenden Medizinprodukte- und Hilfsmittelmarkt: MPMNOG

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