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Research Collection Doctoral Thesis Ueber Derivate des Cyclooctans Author(s): Waser, Ernst Publication Date: 1911 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000096702 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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  • Research Collection

    Doctoral Thesis

    Ueber Derivate des Cyclooctans

    Author(s): Waser, Ernst

    Publication Date: 1911

    Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000096702

    Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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    https://doi.org/10.3929/ethz-a-000096702http://rightsstatements.org/page/InC-NC/1.0/https://www.research-collection.ethz.chhttps://www.research-collection.ethz.ch/terms-of-use

  • Ueber

    Derivate des Cyclooctaiis.

    Von der

    Eidgenössischen polytechnischen Schule

    in ZÜRICH

    zur Erlangung der

    Würde eines Doktors der Naturwissenschaften

    genehmigte

    PROMOTIONSARBEIT

    vorgelegt von

    ERNST WASER

    dipl. Fachlehrer in Naturw. E. P.

    aus ZÜRICH.

    Referent: Herr Prof. Dr. M. Willstatter.

    Korreferent: Herr Prof. Dr. _F. P. Treadwell.

    — ZÜRICH 1911 —

    Druck von J. J. Meier

    Platte-Fluntern ——

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  • Meinen lieben Eltern

    in Dankbarkeii gewidmet.

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  • Die vorliegende Arbeit wurde im analytischen Laboratorium

    der eidgenössichen technischen Hochschule ausgeführt.

    Es ist mir ein lebhaftes Bedürfnis, auch an dieser Stelle meinem

    herzlichen Dankgefühl für meinen hochverehrten Lehrer

    Herrn Prof. Dr. R. WILLSTATTER

    Ansdruck zu geben, der mir für meine Arbeit nicht nur die wert-

    Tollsten Anregungen gab, sondern mich auch, namentlich bei deraußerordentlich schwierigen Beschaffung des Ausgangsmateriales durchdie Tat auf's wirksamste unterstützte.

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  • Inhalts-Uebersicht.

    Seite

    Einleitung !>

    Historischer Ueberblick über die Konstitutionsaufklärung des

    Pseudo-Pelletierins 12

    Theoretischer Teil

    I. Die Methode der Reduktion ungesättigter Verbindungen mit Platin

    und Wasserstoff 25

    II. Abbauprodukte des N-Methylgranatanins

    1. Dimethylaminocyclooctan .2!)

    2. Cycloocten 31

    3. Cyclooctan 34

    4. Bromcyclooctan 36

    III. Abbauprodukte des N-Methylgranatenins

    1. a- und /3-des Dimethylgranatenin 38

    2. Granatal, Azelaon 44

    3. Cyclooctatrien 45

    4. Kohlenwasserstoff C8H8 48

    Experimenteller Teil

    I. Dimethylaminobasen der Cyclooctanreihe

    A. Abkömmlinge des N-Methylgranatanins 52

    1. /\4-des-Dimethylgranatanin . 52

    2. Dimethylaminocyclooctan 54

    B. Abkömmlinge des N-Methylgranatenins 50

    1. N-Methylgranatenin 56

    2. ,3-des-Dimethylgranatenin 58

    3. a-des-l)imethylgranatenin 63

    IL Kohlenwasserstoffe der Cyclooctanreihe

    1. Cycloocten 67

    Einwirkung von Diazomethan auf Cycloocten 68

    2. Cyclooctan 70

    3. Cyclooctatrièn 71

    Cyclooctatriëndibromid 73

    4. Kohlenwasserstoff C8HS 74

    III. A. Cyclooctancarbonsäure 79

    B. Granatal, Azelaon 80

    \

  • TabellenSeite

    1. Gesattigte Kohlenwasserstoffe Cn H8n 1 832. Ungesättigte Kohlenwasserstoffe CnH2n-2 843. Gesattigte Kohlenwasserstoffe CnH2n II 854. Cyclooctan-Kohlenwasser^t iffe 1 865. Cyclooctan-KohlenWasserstoffe II 876. Cyclooctan-Basen 88—89

    Anhang

    I. Weitere BeduJctionen mit Platin und Wasserstoff

    1. Tropan 902. 1-Dimethylaminopentan 91

    II. Versuche mit o-Xylylenbromiä 92

    /

  • _ 9 —

    Einleitung.

    Die vorliegende Arbeit wurde unternommen mit der Absicht,die von R. Willstätter und H. Veraguth1) in vorbildlicherWeise begonnenen Untersuchungen über Kohlenwasserstoffe miteinem Kohlenstoff-acht-ring zu einem gewissen Abschluß zu bringen,sowohl durch erneute Untersuchung der schon bekannten Verbindungenin möglichst reinem Zustand, als auch hauptsächlich durch Dar¬

    stellung der noch fehlenden Glieder iu der Reihe.

    Allgemeines Interesse verdient wohl schon die ganze Reihe anund für sich, dann aber auch durch ihre Vergleichung mit den Reihen

    des Oyclohexans und des Oycloheptans. Das höchste Interesse aberkommt dem Cyclooctatetraen zu, aus dessen Verhalten und Eigen¬schaften vielleicht die wichtigsten Schlüsse auf die so viel um¬strittene Konstitutionsfrage des Benzols gezogen werden können.

    Benzol ist bis jetzt das einzige bekannte isocycliache System,das mit seinen Abkömmlingen Träger des merkwürdigen „aromatischen"Charakters ist. Von großer Wichtigkeit wäre es nun, zu entscheiden,ob das isocyclische System Cn H2n^6, dessen einfachster Repräsentantdas Benzol ist, ausschließlich der Träger dieser aromatischen Funktionen

    ist, oder ob d.ese Eigenschaften den cyclischen Kohlenwasserstoffen

    Cn Hn und ihren Abkömmlingen allgemein zukommen. Dabei kommen

    selbstverständlich nur die Kohlenstoffringe mit gerader Anzahl vonKohlenstoffatomen in Betracht, denn bei KohIenstoff-5- oder 7-Ringenmüßte in einer der obigen Formel Cn Hn entsprechenden Verbindungmindestens ein fünfwertiges Kohlenstoffatom vorkommen. Dies er¬

    scheint aber erstens von vorneherein ausgeschlossen und zweitens

    würde das auch nicht der Definition des aromatischen Charakters

    entsprechen, der ja an die völlige Gleichartigkeit und Gleichwertig¬keit der Kohlenstoffatome im Ring gebunden ist.

    Solche isocyclische Kohlenwasserstoffe, welche der oben er¬wähnten Formel Cn Hn entsprechen würden, sind das Cyclobutadün,

    OH = OH

    CH = CH

    ') Ber. 38, 1975 (1905); 40, 957 (1907).

  • - 10 —

    zu dessen Erforschung die ersten Schritte getan sind in den Arbeiten

    von R. Willstätter mit W. v. Schmädel ') und J. Bruee2) und

    das Cyclooctatetraën,CH = CH — CH

    CH CH

    CH — CH = CH

    um dessen Darstellung sich schon R. Willstätter und H. Vera-

    guth3) bemüht haben.

    Die Untersuchimg des Cyclooctatetraëns würde vor allem zeigen,ob bei den isocyclischen Kohlenstoffverbindungen das hexacentrische

    System des Benzols und nur dieses allein4) der Träger der aroma¬

    tischen Funktionen ist, oder ob auch octocentrische und eventuell

    tetracentrische Systeme diesen eigentümlichen Charakter aufweisen

    können.

    Das Cyclooctatetraën wird höchst wahrscheinlich denselben

    gesättigten Charakter aufweisen wie das Benzol. Es müssen ihm

    Di-, Tetra- und Hexa-hydroderivate coordiniert sein (die übrigensschon alle, eines sogar in 2 Modifikationen, bekannt sind), die un¬

    gesättigten, alicyclischen Charakter aufweisen, während der ent¬

    sprechende, vollkommen hydrierte Kohlenwasserstorf den Charakter

    einer gesättigten, alicyclischen Verbindung besitzen soll, analog wie

    bei der Cyclohexanreihe.Die symmetrische Anordnung im Ring wird die Gleichartigkeit

    aller acht Kohlenstoffatome bedingen, nodaß das Tetraön nur 1 Mono-

    substitutionsprodukt, 4 Disubstifcutionsprodukte etc. liefern kann, wo¬

    bei die Substituenten gleich gebunden sein werden wie im Benzol.

    Die Hydroxylderivate müssen schwach sauer sein, während die

    Aminoderivate schwach basisch reagieren, Salze von saurer Reaktion

    geben und Diazoverbindungen liefern sollen, die man mit Phenolen

    und Aminen verkuppeln kann, während umgekehrt die Hydroxyl-und Aminoverbindungen mit Diazobenzol kupplungsfähig sein sollen.

    Auch über das physikalische Verhalten des Cyclooctatetraënsläßt sich schon sehr viel voraussagen, wenn sich seine Valenzen

    wirklich im Zustande potentieller Bindung befinden.

    ') Ber. 38, 1992 (1905;.

    21 B»i. 40, 3979 (1907); 41, 1486 (1908).s) Ber. 38, 1975 (1905); 40, 957 (1907;.

    4) p. /. B. Bamberger, Ann. 257, 47 (1890).

  • - 11

    Es muß infolge seines symmetrischen Baues einen ziemlichhohen Schmelzpunkt besitzen!). Der Siedepunkt soll ungefähr gleichsein wie derjenige des Cyclooctans2), während die Dichte das Maxi¬

    mum in der Reihe darstellen soll3). Die Verbrennungswärme soll

    gegenüber den Verbrennungswävmen der hydrierten Kohlenstoffacht¬

    ringe eine ähnliche Exaltation aufweisen, wie dies beim Benzol gegen¬über den Cyclohexankohlenwasserstoffen der Fall ist4). Sein optischesVerhaken muß normal sein, d. h. sein Lichtbrechungs- und Zer¬

    streuungsvermögen darf von den berechneten Zahlen nur innerhalb

    der Fehlergrenze abweichen, wie dies die Regel ist bei Systemenmit neutral conjugierten aethenoiden Bindungen5).

    Leider ist es nun noch nicht gelungen, das Cyclooctatetraëneinwandfrei zu erhalten, denn der Kohlenwasserstoff C8 H8, der

    u. A. im folgenden beschrieben wird, zeigt eher die Eigenschafteneines isomeren bi- oder tri-cyclischen Kohlenwasserstoffes der ev.Formel :

    CH—CH-CH=CH CH=CH—CH—CHH ! i oder I I /lCH—CH—CH=CH j ;- ~ i

    CH—CH—CH=CH

    Bicyclo [0 2 4] octatriën Tricyclooctadiën-1.5.

    Es steht aber zu hoffen, daß das langgesuchte Tetraën nicht

    mehr lange ein unbekanntes Gebilde bleiben wird, da es auf einem

    neuen Wege möglich geworden ist, Cyclooctatriën, das Ausgangs-?naterial für Tetraën, in beliebig großer Menge rasch und bequem,rein darzustellen.

    ') J. Aschan, Chemie der alicyclischen Verbindungen pag. 276.

    2) ibid. pag. 286.

    3) ibid. pag. 275.

    4) ibid. pag. 312.

    6) J. W. Brühl, Ber. 40, 878 (1907).

  • 12 —

    Historischer Ueberblick

    über die Konstitutionsaufklärung des

    Pseudo-Pelletierins.

    Wenn man die Geschichte des Pseudo-Pelletierins schreiben

    will, so ist es unumgänglich notwendig, gleichzeitig die Geschichte

    der Tropinreihe darzustellen, da ohne die glänzenden Untersuchungenvon A. L a d e n b u r g '), G. M e r 1 i n g2) und namentlich von R. Will-

    s tat ter3) auf diesem letztgenannten Gebiete die Konstitution der

    Abkömmlinge des Pseudo-Pelletierins noch so gut wie unbekannt wäre.

    Nach dem jeweiligen Stande der Tropinformel richtete sich

    auch die Konstitutionsformel des Pseudo-Pelletierins: jede bei den

    Siebenringen neu aufgefundene Reaktion wurde auf die Achtringe

    übertragen und dadurch gezeigt, daß sich das Pseudo-Pelletierin

    analog wie das Tropin verhält, daß es ein wahres Kernhomologesdes Tropins ist und deshalb dieselbe Konstitutionsformel — um eine

    CH2-Gruppe vermehrt — besitzen muss.

    Das von Mein4) und von Geiger und Hesse5) fast gleich¬zeitig in der Wurzel der Tollkirsche entdeckte Atropin zerfälltnach den Untersuchungen von Kraut6) und Lossen7) beim Ver¬

    seifen mit Kali, Aetzbaryt oder Salzsäure id Tropasäure und Tropin.

    ») A. Ladenburg. Ber. 12, 941, 944, 947 (1879); 13, 104, 252, 373, 607,

    1081, 1549, 2041 (1880); 14, 227, 1347, 2126, 2403 (1881); ]5, 131, 1025, 1028,1140 (1882); 16, 1408 (1883); 17, 151, 157 (1884); 20, 1647, (1887): 23, 1780,2225 (1890); 24, 1619, 1628 (1891); 26, 1060 (1893); 29, 421 (1896); 35, 1159

    (1902); Ann. 207, 74 (1883); 279, 344 (1894).

    2) G. Merling. Ber. 14, 1829 (1881); 15, 287 (1882); 24, 3108 (1891); 25,3123 (1892); Ann. 209, 1 (1881); 216, 329 (1882).

    3) B. Willstatter. Ber. 28, 2277, 3271 (1895) ; 29, 393, 936, 1575, 1636,

    2216, 2228 (1896); 30, 702, 721, 731, 2679 (1897); 31, 1202, 1534, 1587, 1672,

    2498, 2655 (1898); 32, 1290, 1635, (1899); 33, 359, 369, 411, 1160, 1170, 1636

    (1900); 34, 129, 519, 1457, 1818, 3163 (1901); 35, 1870 (1902); Ann. 317, 204

    (1901); 32(i, 1 (1903); s. auch verseh. Arbeiten vvi C. Liebermtvm ir.ul A. Ein¬horn mit ihren Schulern.

    *) Ann. 6, 67 (1833).

    5) Ann. 7, 269 (1833); 5, 43 (1833); li, 44 (1833).

    6) Ann. 128, 273 (1863); 133, 87 (1865); 148, 236 (1868).7) Ann. 131, 43 (1864); 138, 230 (1866).

  • — 13 —

    Diese Reaktion ist nach Ladenburg1) umkehrbar, tropasauresTropin gibt beim Erhitzen mit verdünnter Salzsäure unter Wasser¬verlust Atropin.

    Die erste Formel für Tropin wurde von A. Ladenburg 1882

    aufgestellt ; in einer Reihe von Arbeiten glaubte er bewiesen zu haben,daß diesem Körper die Formel eines a-Oxyäthylentetrahydro-N-Methyl-pyridins

    CH2/\

    CH CH2

    CH CH—CH2—CH2OH\/N

    zukomme und gründete hierauf jahrelang seine Bemühungen zu einer

    Synthese des Tropins2), die jedoch stets nur zu • isomeren Verbin¬

    dungen führten. Bei der Formelgebung stützte er sich hauptsächlichauf das Verhalten des Tropidinhydrobromides beim Erhitzen mit Bromund auf das Resultat der Zinkstaubdestillation des salzsauren Nor-

    hydrotropidins. Im ersten Falle entstand Dibrommethylpyridin3),bezw. bei einem Ueberschuß von Brom das Dibrompyridin vonA. W. Hofmann4). Im zweiten Falle wurde die entmethylierteStammsubstanz des Tropins, das Norhydrotropidm in «-Aethylpyridinübergeführt3). Damit war bewiesen, daß im Tropin ein hydrierterPyi'idinring vorhanden ist.

    Der Nachweis der Hydroxylgruppe war schon früher gelungen,da das Tropin durch Wasserentzug in das ungesättigte Tropidin

    CH2/\

    CH CH2(1 i

    CH CH~

    Y-CH2—OH2OH

    Tropin

    H,0=

    CH2/\

    CH CH2

    CH CH-

    \/ '

    N

    -CH=

    Tropidin

    CH2

    CH3 CH,

    ') Ber. 12, 941 (1879).

    2) Ber. 22, 2583 (1889); 24, 1619 (1891); 26, 1060 (1893).

    ») Ber. 15, 1028 (1882).

    «) Ber. 12, 998 (1879).

    6) Ber. 20, 1647 (1887).

  • - 14 -

    übergeht und sich außerdem mit Säuren leicht zu Estern, den sog.

    Tropeïnen vereinigt.

    Ferner war das Tropin als tertiäre Base bekannt '), da es bei

    der zweimaligen Behandlung nach der Hofm ann'schen Methode

    der erschöpfenden Methylierung einen Kohlenwasserstoff, das Tropi-liden neben Trimethylamin lieferte, was nur der folgenden Formu¬

    lierung entsprechen kann:

    /OH,C7H.,0=N—OH8+CH8J= C7H120=N( CH8

    \J

    C7HuO=N^-CH; = CTHnO - n/ 8+2H20\OH XCH3

    C7HnO-N

  • 15

    Acht Jahre später gelang Mer lin g die Umwandlung von

    Hydrochlor - « - methyltropidin in Tropidinchlormethylat, also nichts

    weniger als die Umwandlung eines monocyclischen Systèmes in ein

    bicyclisches. Der durch diese Reaktion (die übrigens bei den Acht¬

    ringderivaten noch nicht wiederholt werden konnte) nachgewieseneDoppelring kam in einer gleichzeitig aufgestellten neuen TropinformelM e r I i n g s >) zum Ausdruck

    CIL —OH.

    CH CIL CH CH„

    CHOH

    \CIL

    CH2 OHJ CH l

    oderCH,

    CHOH

    CH CH

    ; ch„ :

    die alle bisher erreichten Resultate in befriedigender Weise zu er¬klären schien.

    Im Jahre 1892 begannen GL Ciamician und P. Silber2)und später A. Piccinini8) ihre Untersuchungen über das von

    Tanret4) in der Granatwurzelrinde entdeckte Pseudo~Pelletierin.

    Dabei stellte sich heraus, daß dieses interessante Alkaloid in seinen

    Eigenschaften und Derivaten eine auffallende Uebereinsiiinmung mit

    der Tropinreihe zeigte. Das Pseudo-Pelletierin wurde sehr bald5)als ein dem 3 Jahre später entdeckten Tropinon entsprechendesAminoketon erkannt, das am Stickstoff eine Methylgruppe trägt6)und das sich mit Natriumamalgam leicht zu einem dem Tropin ent¬

    sprechenden Alkamin reduzieren läßt. (Methylgranatolin). Daßwirklich ein Alkohol vorlag, wurde durch den leichten Wasserverlust

    bewiesen, den das Methylgranatolin erleidet, indem es hiebei in eine

    ') Ber. 24, 3109 (1891).

    ') Ber. 25, 1601 (1892); 26, 156, 2738 (1893); 27, 2850 (1894); 29, 481,490, 2790 (1896).

    3) Atti r. Acad. Line. Roma, [5] 8, I, 392; 8, II, 219 (1899); Gazz. chim.ital. 29, II, 104, 115 (1899).

    4) Compt. rend. 86, 1270; 87, 358 (1878); 88, 716 (1879); 90, 695 (1880);Bull. soc. chim. 32, 466 (1879).

    5) Ber. 26, 156 (1893).

    6) Herzig und Meyer, Mon. Hefte 15, 613 (1894).

  • — 16 —

    ungesättigte Base, das N-Methylgranatenin') übergeht, entsprechenddem Uebergang von Tropin in Tropidin. Durch Reduktion mit Jod¬wasserstoffsäure und Phosphor unter Druck läßt sich die ungesättigteBase in das gesättigte Methylgranatanin überführenl) (vergl. den

    Uebergang von Tropidin in Hydrotropidin oder Tropan), währenddas Norgranatanin, ein entmethyliertes Granatanin, bei der Zinkstaub¬destillation genau wie in der Tropinreihe ein alkyliertes Pyridin und

    zwar «-Propylpyridin liefert2):

    CH

    CH CH

    CH C-CH2-CH2-CH3\/N

    Damit war der Pyridinring auch im Pseudo-Pelletierin nach¬

    gewiesen, Ci am ici an und Silber legten daher dem N-Methyl-granatonin eine genau dem damaligen Stande der Tropinforschung

    entsprechende Konstitutionsformel zu Grunde:

    CH

    CH CH2

    CH2 CH-CH2-CO-CH3

    N

    CH3

    Zwei Jahre später (1896) machten die gleichen Autoren3) die

    Entdeckung, daß bei der Oxydation des Methylgranntolins mit Chrom¬säure zuerst Pseudo-Pelletierin zurückgebildet wird, das dann in eine

    zweibasische, genau der Tiopinsäure entsprechende Säure übergeht,die sie Homotropinsäure oder Granatsäure nannten.

    Schon früher4) hatten sie gefunden, daß bei der Destillationdes Pseudo-Pelletierinjodmethylates mit Baryumhydrat unter Dimethyl-aminbildung und Wasserabspaltung ein nach Acetophenon riechendes

    ') Ber. 20, 2738 (1893).

    2) Bcr. 27, 2850 (1894).

    3) Ber. 29, 486 (1896).

    4) Bor. 26, 156 (1893).

  • - 17

    Oel entstand, dem sie die Konstitution eines Dihydroacetophenonsund den Namen Gfranaton zuerteilten. Der Ausgangskörper mußteeinen Benzolring enthalten, da dieses Granaton durch Oxydation mit

    Kaliumpermanganat in Phenylglyoxylsäure überging.

    CH2/\

    CH CH-CO-CH2I! I

    OH CH

    \/CH

    CH

    /\CH C-CO-COOHil i

    CH CH

    CH

    Deshalb schrieben nun Ciamician und Silber1) dem Pseudo-

    Pelletierin eine Formel zu, die der schon längere Zeit fast allgemeinbekannten zweiten Tropinformel von G. Mer ling entsprach:

    CH.

    -CH-

    co

    CH„

    CH„

    CH,

    CH„

    N

    CH

    I

    CH3

    Die im Jahre 1895 von E. Willstätter begonnenen Unter¬

    suchungen sollten nun berufen sein, sowohl auf die heiß umstrittenen

    Konstitutionsfragen des Tropins, wie auch auf diejenige des Granat¬

    wurzelalk aloides neues Licht zu werfen und endgültige Klarheit zuschaffen.

    Es gelang nämlich R. Willstätter2) und kurz darauf

    Ciamician und Silber3) durch vorsichtige Oxydation mit Chrom¬

    säure aus dem Tropin, wie auch aus dem Pseudo-Tropin vonC. Liebermann4) das zugehörige Keton Tropin darzustellen. Das

    hatte an und für sich auf die bisherige Formel keinen Einfluß, aber

    ') Ber. 29, 481 (1896); s. auch Garelli, Ber. 29, 2973 (1896).

    2) Ber. 29, 393 (1896).

    3) Ber. 29, 490 (1896).

    l) Ber. 24, 2336, 2587 (1891); 25, 927 (1892).

  • — 18 -

    es gelang des weitern, zu zeigen, daß die Ketogruppe nicht nur

    einer einzigen CH2-Gruppe benachbart ist, wie dies in der bisherigenFormel zum Ausdruck kommt, sondera daß sie zwischen zwei

    Methylengruppen — OH2 — 00 — CH2 — stehen muß. Der

    Nachweis wurde dadurch erbracht, daß das Tropinon mit salpetrigerSäure eine Diisonitrosoverbindung!), mit Benzaldehyd eine Dibenzal-

    verbindung2) gibt, daß es mit Diazobenzolchlorid reagiert unter

    Eintritt zweier Phenylhydrazinreste und daß endlich Oxalester unter

    Bildung von Tropinonmono- und di-oxalsäureester reagiert. Aus

    diesen Untersuchungen ergaben sich für das Tropin nur noch drei

    Konstitutionsmöglichkeiten :

    / CH\ /CH\ /GH xCH2 CH2

    X / CH2 XCH2 /' CH2 \

    | CHOH CH2 N.CH3 CHOH , N.CH8 CHOH 0H2NCH3CH2 / \ CH2 CH2

    XCH2 /'

    CH / CHCH

    I. II. III. CH3

    R. Willstäcter1) nahm zuerst I als die wahrscheinlichste

    an, bald darauf aber kam er zur Ueberzeugung3), daß nur die

    Formel II das Vorhandensein eines Kohlenstoffsiebenringes im Tropinerklären könne. Zu dieser kühnon Annahme der Existenz eines

    Siebenringes in natürlichen Alkaloiden (das Suberon war der einzigebis dahin bekannte Siebenring4) kam R. Wills tätter, als er das

    Tropinsäurejodmethylat erschöpfend methylierte und die erhaltene

    Diobefincarbonsäure mit Natriumamalgam in alkalischer Lösung re¬

    duzierte. Das Endprodukt dieser Reaktion erwies sich nämlich als

    normale Pimelinsäure.

    ') Ber. 30, 2679 (1897).

    2) Ber. 30, 731 (1897).

    3) Ber. 31, 1534 (1898).

    4) Bor. 7, 806 (1874); Ann. 19!), 147 (1879); 275, 356 (1893); Journ. russ.

    ph. ehem. Ges. 25. 547 (1893); J.pr. (Jh. 49, 409 (1894).

  • — 19 —

    /CH \ CH \

    / CH2^

    CH2 CH2^

    GH,

    J.N(CH3) COOCH8 _+ COOCH, j _>.X

    COOCH3 CH2 N(CH3)2 (JOOCH3 CH2

    v / •- ! /CH

    . CH /

    Tropinsaureejter-jodmethylat Methyltropinsaureester

    -> COOCH3-CH2.CH CH.OH2.CH.COOCH3

    N(CH3)3OHquat. Ammoniumhydroxyd

    -y COOH - OH2 — CH = CH — CH = CH — COOH ->Heptadiendisaure

    -> COOH — CH, — CH2 — CH2 - CH2 — CH2 — COOHn. Pimelinsäure

    Diese neue Auffassung des Tropins konnte alle seine Reaktionen,namentlich seine Umwandlung in stickstoffreie Derivate zwangloserklären, ihre schönste Bestätigung aber fand sie in den geradezuklassischen Synthesen, die R. Will s tat ter in der Tropingruppeausführte v).

    Der Nachweis der Atomgruppierung —CH2—CO—CH2— undder Abbau des Tropins zur Pimelinsäure fanden sofort ihre Ueber-

    tragung auf die Granataninreihe : im Jahre 1899 gelang es Piccinini2)durch Darstellung der Dibenzal- und Diisonitrosoverbindung auch im

    Pseudo-Pelletierin die Gruppe —CH2—CO—CH2 aufzufinden und

    kurz darauf das Alkaloid vollkommen bis zur Korksäure abzubauen3).Damit war die völlige Analogie mit der Tropinreihe endgültig klar

    gelegt und der Beweis für die Existenz eines unverzweigten Kohlen¬

    stoffachtringes im Pseudo-Pelletierin erbracht:

    CH2-CH — CH2

    CH2 N.CHS CO

    CH2-CH — CH2

    ') Ann. 317, 204(1901); 326, 1, (1903).

    2) Garz. chim. itil. 29, I, 408 (1899).

    3) ibid. 29, II, 104 (1899); Centr. Bl. 1899. II 808.

  • - 20

    Ich möchte diese kuive historische Einleitung nicht abschließenohne noch eine Uebersicht über die bis zum Einsetzen dieser Arbeit

    bekannten Verbindungen mit Achtring gegeben zu haben.

    1. Kohlenwasserstoffe.

    Cyclooctan Cs H16. In nicht ganz reinem Zustande erhalten

    von R. Willstätter in Gemeinschaft mit H. Veraguth1) undT. Kametaka2) durch Reduktion von /9-Cyclooetadiën nach Sabatier

    und Sender ens.

    Cyclooctadiën Cs H12, in 2 Modifikationen bekannt. Durch

    erschöpfende Methylierung von Ai des - Dimethylgranatanin entstehtdas sehr polymerisationsfähige a-Cyi'looctadiën3). Daraus durch

    Anlagerung und Wiederabspaltung von BromwasserstofF mit Hülfe

    von Aetzkali oder Chinolin das beständige ß-Cyclooctadien*). Beider Polymerisation des «-Cyclooctadiëns entsteht das Dicyclooctadiën

    (C8H12)2 und ein höheres Polymères (C8H12)S).

    Cyclooctatriën CSH10 wurde (in allerdings auch nicht ganzreinem Zustand und in sehr geringer Menge) aus dem Bromidgemischdes Diëns durch Behandeln mit Dimethylamin in indifferenter Lösungund erschöpfende Methylierung gewonnen4).

    a-Cyclooctadiën gibt mit Bromwasserstoff kein einheitliches

    Additionsprodukt, es läßt sich ein gesättigtes Monohydrobromid ab¬

    scheiden, das beim Erhitzen mit Chinolin, einen dem Ausgangsmate rial

    isomeren Kohlenwasserstoff, das Bicycloocten CsHl2 ergibt5). Dieser

    Körper geht, wenn man ihn mit Wasserstoff bei 150° über fein ver¬teiltes Nickel leitet, in den gesättigten Kohlenwasserstoff BicyclooctanCs H1V ein Isomeres des Cyclooctens über6), dessen Konstitution

    ebensowenig aufgeklärt ist, wie diejenige des Bicyclooctens.Zu erwähnen sind hier noch einige Kohlenwasserstoffe, die von

    Doebner7) bei der Destillation von ,

  • — 21 —

    und Cinnamcenylacrylsäure mit Baryt erhalten und von ihm anfänglichals doppelt ungesättigt angesprochen worden sind.

    CH2-CH CH-CH2 CHg-CH-CH CH-CH, C6H5-GH-CH CH-CfI2

    CH2-CH CH-CH, CH3-CH-CH OH-CH2 C,U6-CH-CH CII-CIT,Cyelooctadicn-3.7 . DimethyH.2-cycIooct,idien-3.7 Üiphonj 1-1.2-

    cyclooctadien-3.7

    Da diese Kohlenwasserstoffe jedoch kein Brom aufnehmen und

    zum Teil sogar gegen Permanganat beständig sind, dürften sie tri-

    cyclische Achtringe sein.

    Das Dimethyl-1,5-cyclooctadiën-l.5 ist nach den schönen

    Untersuchungen von C. H a r r i e s ') die Grundsubstanz des Kautschuk¬moleküls.

    Zur Vervollständigung der Beihe der monocyclischen Achtring-Kohlenwasserstoffe fehlen noch das einfach ungesättigte Cyclooctenund das eingangs dieser Arbeit schon erwähnte Cyclooctatetraën.

    2. Aminoderivate des Cyelooetans.

    a) bicyclische.N- Metfyylgranatan'm (entspricht dem Hydrotropidin oder

    Tropan) C9H17.N wird aus dem Pseudo-Pelletierin durch elektro¬

    lytische Reduktion2) oder aus dem N-Methylgranatenin3) durchReduktion mit Jodwasserstoffsäure und Phosphor unter Druck bei240° dargestellt.

    N- Metbylgranatenin C9H15N (entspricht dem Tropidin) ent¬steht durch Wasserentzug mit Hülfe von Jodwasserstoffsäure und

    Phosphor bei niederer Temperatur aus den beiden isomeren Methyl-

    granatolinens). Eine bessere Methode, die schon von Ladenburg4)beim Tropin angewendet worden ist, soll im nachfolgenden experi¬mentellen Teil beschrieben werden.

    b) monocyclische.

    at-des-Dimetfrylgranatanin oder Dimethylamino-l-cycloocten-4,C10HI9N. entspricht dem J3 Methyltropan5) und wurde von Ciami-

    *) Ber. 37, 2708, (1904); 38, 1195 (1905) 38, 3985 (1905).

    2) Ber. 38, 1984 (1905).

    3) Ciamician und Silber Ber. 2(i, 2738 (1893).

    *) Ann. 217, 117 (1883)).

    ») K Willstatter, Ber. 34, 138 (1901); Ann. 317, 292 (1901).

  • — 22 —

    ci an und Silber1) durch erschöpfende Methylierung des N-Metb^l-

    granatanins erhalten. des-Dimetlpylgranatenin, 010 Hn N entsteht

    durch erschöpfende Methylierung von N-Methylgranatenin2). Diese

    doppelt ungesättigte Base entspricht in allen ihren Eigenschaftendem /?-Methyltropidin3). Bei der Behandlung des Bromidgemischesaus ^-Cyclooctadiën mit Dimethylamin in Benzollösung erhielten

    Willstätter und Veraguth ein Gemisch von isomeren, niedrigund hoch siedenden Dimethylaminocyclooctadiënbasen, dessen niedrigsiedende Anteile (70—90° unter 11 mm Druck) ohne weitere Reinigung

    erschöpfend methyliert wurden und zum Teil Cyclooctatriën ergaben,während die hochsiedende Fraktion (120—127° unter 11 mm Druck)

    ungesättigte Zersetzungsprodukte ergab, die nicht weiter untersucht

    wurden. Willstätter und Veraguth haben somit jedenfalls eine

    dem r,-Methyltropidin entsprechende Hase in Händen gehabt, konnten

    sie jedoch nicht rein darstellen, sodaß auch diese Aufgabe mir vor¬

    behalten blieb.

    3. Aminoalkohole der Cyclooctanreihe.

    a) bicycliscfre Alkamine.

    R. Willstätter und H. Veraguth erbrachten den Nach¬

    weis4), daß das von Ciamician und Silber5) aus dem Pseudo-

    Pelletierin durch Reduktion mit Natriumäthylat erhaltene N-Met\)y\-

    granatolin dem Pseudo-Tropin entspreche und als Pseudo-Methyl-

    granatolin zu bezeichnen sei. Die bis dahin noch unbekannte,

    geometrisch isomere Form wurde in der durch elektrolytische Re¬

    duktion des Pseudo-Pelletierins gewonnenen Alkaminfraktion gefunden4).

    Bei vorsichtiger Oxydation mit Kaliumpermanganat in alka¬

    lischer Lösung6) entsteht die entmethylierte Verbindung Norgrana-tolin, die dem Nortropin oder Tropigenin entspricht.

    >) Ber. 26, 2750 (1893). s. a. Piccinini, Gazz. chim. ital. 32, I, 260 (1902)und R. Willstätter und H. Veraguth, Ber. 38, 1975, 1984 (1905).

    2) Ciamician und Silber, Ber. 26, 2738 (1893).

    3) Ladenburg, Ann. 217, 74 (1883), C. F. Roth, Ber. 17,157 (1884). G. MerlingBer. 24, 3108 (1891).

    4) Ber. 38, 1984 (1905).

    5) Ber. 26, 2738 (1883).

    6) Ciamician nud Silber, Ber. 27, 2850 (1894).

  • — 2a --

    b) monocyclisctje Alkamine.

    Die den erwähnten Körpern entsprechenden, einfach ungesättigtenAlkamine entdeckten R. Willstätter und H. Veraguth1) bei

    der erschöpfenden Methylierung der beiden N-Methylgranatoline und

    nachfolgender Destillation des entstandenen quaternären Ammonium¬

    hydroxyds. Sie sind das Ebenbild des schon von Ladenburg2)und Merling3) dargestellten dof-M~ethyItropins und des von Will¬

    stätter4) erhaltenen Pseudo-des-Methyltropins.

    Ungesättigte bieyclische oder mehrfach ungesättigte monocyc-lische Alkamine der Cyclooctanreihe sind bisher noch nicht bekannt.

    4. Ketone.

    Mit Sicherheit ist bis jetzt nur das Cyclooctanon6) Cg H14 0als solches erkannt worden, das von 0. Wallach6) nach der

    Demj ano w'schen7) Ringerweiteruugsmethode mit salpetriger Säure

    aus Suberylmethylamin erhalten wurde.

    Das aus dem bisher bekannten des-Dimethylgranatenin durch

    Kochen mit verdünnter Salzsäure entstehende Grranatal8) Cg H12 0

    dürfte ein einfach ungesättigtes Cyclooctanon und zwar z/2 Cyclo-octenon sein, da es bei der Oxydation Adipinsäure und nicht Pimelin¬

    säure liefert und da es dem aus /5-Methyltropidin hervorgehenden

    Tropilen9) völlig analog ist. Von diesem aber wurde in neuesterZeit durch Reduktion10) nachgewiesen, daß es ein «-/J-Cycloheptenon ist.

    Das von Ciamician und Silber bei der Destillation von

    Pseudo-Pelletierinjodmethylat mit Aetzbaryt erhaltene Granaton u)

    C8 H10 0 wird zwar als Diliydroacetophenon angesprochen, da es bei

    ') Bei-. 38, 1984 (1905).

    2) Ann. 217, 130 (1882).

    ') Ami. 216, 332 (1881).

    4) Ann. 326. 15 (1903).

    5) J. Wislicums und H. Mager, Ann. 275, 363 (1893); H. Derlon, Ber. 31.1957 (1898); Miller und Tsehitschkin, Ann. 307, 375 (1899).

    8) Ann. 353, 318 (1907).

    7) Journ. russ phys. ehem. Ges. 35, 26 (1903); 36, 166 (1904).

    8) Ciamician und Silber, Ber. 26, 2738 (1893), 29, 481 ,1896).

    9) Ladenburg, Ber. 14, 2130, 2405 (1881); Ann. 217, 138 (1883); Merling,Ber. 24, 3115 (1891). Willstätter Ber. 31, 1544 (1898); Ann. 317, 211, 247 (1901)

    '«) Koetz und Risenbuseh, Ber. 44, 464 (1911).") Gazz. dum. ital. 22, 523 (1892), Ber. 26, 156, (1893); 29, 490 (1896).

  • — 24 —

    der Oxydation Phenylglyoxylsäure liefert, es ist aber gar nicht un¬

    denkbar, daß die letztere Säure durch Umlagerung eines Achtringesentstehen kann. Das entsprechende Tropinonderivat C7 H8 0 giltübrigens heute noch als Dihydrobenzaldehyd.

    Pseudo-Pelletierin C9 H1S NO, das Ausgangsmaterial für alleerwähnten Körper ist das einzige, bis jetzt in der Reihe bekannte

    Aminoketon, es entspricht vollständig dem Tropinon. Es wurde von

    Tanret1) entdeckt und ist das bis jetzt am besten untersuchteAlkaloid der Granatwurzelrinde.

    Endlich sei hier noch das Oxygranatanin erwähnt, das vonCi ami ci an und Silber2) durch Behandlung des Granatanins mit

    Kaliumpermanganat in alkalischer Lösung erhalten wurde und überdessen Konstitution nur Vermutungen bestehen. Da es F ehling'scheLösung reduziert, soll es eine Base aldehydartiger Natur sein.

    ') Compt. rend. 86, 1270; 87, 358 (1878); 88, 716 (1879); 90, 695 (1880).Bull soc chira. 32, 466 (1879).

    2) Ber. 29, 483 (1896),

  • — 25 -

    Theoretischer Teil.

    I. Kapitel.

    Die Methode der Reduktion ungesättigter Verbindungenmit Platin und Wasserstoff.

    Die Hydrierung ungesättigter Kohlenstoffverbindungen unter

    Auflösung der mehrfachen Kohlenstoffbindüngen ist auf verschiedenen

    Wegen durchführbar, nämlich erstens unter Anwendung saureroder alkalischer, chemischer Ileduktionsmittel oder zweitens unter

    Anwendung von molekularem Wasserstoff in Gegenwart eines Kata¬

    lysators. Während die erste Methode sich nur von begrenzter An¬

    wendbarkeit erweist — es erweisen sich nur Doppelbindungen vonbestimmter Lage im Molekül als reduzieibar, und außerdem treten

    unter dem Einfluß der sauren oder alkalischen Agentien oft Ura-

    lagerungen ein — kann man die neuere Methode fast unbegrenztverwerten und zwar meistens auch da, wo die ältere Methode versagt.

    S ab a tier und Sender ens haben z.B. mit großem Erfolgdie Ueberführung von Benzolderivaten in Cyclohexanderivate bewerk¬

    stelligen können unter Anwendung von Nickel als Katalysator, aller¬

    dings bei erhöhter Temperatur, was sich bei einigen sehr empfind¬lichen und veränderlichen Substanzen nicht von Vorteil gezeigt hat.

    Eine andere, im Prinzip sehr ähnliche Methode ist diejenige vonS. Fokin und 0. Paal. Sie erlaubt die Reduktion solcher empfind¬licher Körper schon bei gewöhnlicher Temperatur und noch mehr

    als das, sie erlaubt die Lösung von Kohlenstoffbindungen durch

    Wasserstoffaddition sogar in Fällen, wo andere und oft sehr ener¬

    gische Reduktionsmittel durchaus versagen.Diese Reduktionsmethode spricht in meiner Arbeit eine so

    große Rolle, daß es wohl gerechtfertigt erscheint, mit einigen Wortenihre Entwicklungsgeschichte näher zu beleuchten.

    Debus1) reduzierte schon im Jahre 1863 Blausäure zu Methyl¬amin, indem er Blausäuredämpfe mit Wasserstoff vermischt über fein

    verteiltes, auf 110° erwärmtes Platin leitete.

    ') Ann. 128, 200 (1863).

  • — 26

    Die erste Anlagerung von Wasserstoff an eine doppelte und

    dreifache Kohlenstoffbindung nach dieser Methode stammt von

    M. P. von Wilde1), der die einfachsten ungesättigten Verbindungen,

    Aethylen und Acetylen bei gewöhnlicher Temperatur zur ge¬

    sättigten Verbindung Aethan hydrierte. Lunge und Harbeck2)wollten auf diese Beobachtungen eine quantitative Bestimmungs¬methode des Aethylens gründen, fanden aber, daß die Methode in

    der Praxis wenig Erfolg haben würde, da das Aethylen meist mit

    Kohlenoxyd gemengt vorkommt, welch letzteres ein starkes Kataly¬

    satorgift ist8). Auch Sabatier und Senderens *) haben die Wirkungs¬weise des Platins öfter in Parallele zur Anwendung des Nickels

    untersucht.

    S.Fokin5) bemerkte, daß mit Hülfe von Platin Oelsäure in

    ätherischer Lösung zu Stearinsaure umgewandelt wird, und kurz

    vorher hatte C. Paal in Gemeinschaft mit C. Amberger6) und

    J. Gerum7) gezeigt, daß sich Mtrobenzol zu Anilin reduzieren

    läßt, wenn man unter dem Einfluß von tlydrosolen der Platinmetalle

    Wasserstoff darauf einwirken läßt.

    Die erste praktische Anwendung fand die Methode durch

    R. Willstätter und E. W. Mayer8), indem sie nach den Angabenvon S. Fokin Phytol, Cholesterin, Benzoesäure und einige ungesättigteAlkohole zu den gesättigten Verbindungen reduzierten9).

    Das Prinzig der Methode beruht einfach auf der katalytischenWirkung ganz fein verteilter Metalle, die als Wasserstoffüberträger

    fungieren. Während Fokin und Willstätter zu diesem Zweck

    Platin-Mohr anwenden, benutzten Paal und seine Schüler Adsorptions¬

    verbindungen der Metallhydrosole mit protalbin- oder lysalbin-sauremNatrium als Ueberträger10).

    ') Ber. d. kgl. belg. Akad. 2'»? série, torn XXI No. 1; Ber. 7. 352 (1874).

    2) Zeitschr. anorg. (Jh. l(i, 26 (1898).

    3) ibid. 16, 50 (1898)

    4) Ann. chim. phys. [8] 4, 344, 355,367,415(1905); C>mpt. raid. 124, 358

    (1897); Centr. Bl. 1897, II 257.

    5) Journ. russ. ph eh. Ge«. 39, 607; Centr. Bl 1907 II, 1324.

    6) Ber. 38, 1406 (1905).

    ') Ber. 40, 2209 (1907).8) Ber. 41, 1475, 2199 (1908).

    9) s. auch R. Willstätter und E Hauenstein, Ber. 42, 1S42, 1850 (1909).

    ,0) Ber. 40, 2209 (1907).

  • 27 —

    Geht man bei einer Vergleichung der Wirksamkeit von gleichenVolumina der Hydrosole aus, so zeigen sich Platin und Iridium demPalladium überlegen, legt man aber gleiche Gewichtsmengen zuGrunde, so ist das Verhältnis umgekehrt. Iridium erweist sich imersten Drittel der Versuchszeit noch etwas besser als Platin.

    Osmium und Silber wirken auch bei höherer Temperatur nurin ganz geringem Maße ein, während Gold und Kupfer keine wahr¬nehmbare Einwirkung zeigen.

    In einer Anzahl von Versuchen1) verglichen C. Paal undJ. G er um auch Palladiumschwarz mit den Hydrosolen und fanden,daß das erstere viel langsamer einwirkt. Ueber Platinmohr sindkeinerlei Angaben gemacht, aber jedenfalls liegen die Verhältnissehier ähnlich, wenn nicht schlechter, da das Platin seinem geringerenAdsoiptionsvermögen für Wasserstoff entsprechend im Vergleich zumPalladium eine schwächere katalytische Wirkung zeigt als dieses.Dies drückt sich auch darin aus, daß der Redukiionsprozeß viel

    laugsamer vor sich geht.Die Anwendbarkeit des Verfahrens wurde hauptsächlich an

    pflanzlichen und tierischen Fetten2), dann aber auch an ungesättigtenSäuren, wie Fumar- und Maleinsäure, Zimtsäure und deren Methyl¬ester3) (die Säuren wurden in Form ihrer Natriumsalze verwendet),anBenzonitril, Benzaldehyd-cyanhydrin, Benzaldoxim4) u. s. w. studiert.In Gemeinschaft mit W. Hart mann wiederholte C. Paal5) denalten Versuch von M. P. von Wilde (loc. cit.) und reduzierte Aethylenmit Hilfe von Palladiumsol zu Aethan. Die gleichen Autoren redu¬zierten ferner die Phenylpropiolsäure schrittweise zuerst zu den dreimaleïnoïdon Formen der Zimtsäure (je nach den Versuchsbedingungenentstanden die 3 verschiedenen Allozimtsäuren von E. Erlenmeyersen.6), von Einar Biilmann7) und von C. Liebermann8) unddann zu der Phenylpropionsäure oder Hydrozimtsäure, ein Keaktions-

    verlauf, der um so überraschender ist, als es bisher nicht gelungen

    >) Ber. 40, 2209 (1907); 41, 805, 818, 2273 (1908).

    2) C. Paal und K. Roth, Ber. 41, 2282 (1908); 42, 1541 (1909).3) C. Paal und J. Gerum, Ber. 41, 2273 (1908).

    4) C. Paal und J. Gerum, Ber. 42, 1553 (1909).

    6) Ber. 42, 2239 (1909).

    6) Ber. 23, 3130 (1890) ; Ann. 287 (1895) ; s. a. A. Michael, Ber. 34, 3640 (1901).

    7) Ber. 42, 182, 1443 (1909).

    8) Ber. 42, 1027 (1909).

  • — 28 —

    ist, Acethylen nur bis zum Aethylen zu reduzieren. Wenn nämlich

    nicht genügend Wasserstoff vorhanden ist, um alles Acetylen zu

    Aethan zu reduzieren, so bleibt der Rest des Acetylens völlig intakt;

    es gelingt nicht, auch nur eine Spur Aethylen nachzuweisen. Die

    gleichen Erfahrungen machten auch R. Willstätter und E. W.

    Mayer. Bei der Reduktion von Benzoesäure ist keine Spur von

    partiell hydrierter Säure nachweisbar, in der Reduktionslösung tritt

    allein die Hexahydroverbindung neben unveränderter Benzoesäure

    auf. Eine partielle Reduktion von doppelt und dreifach ungesättigten

    Verbindungen scheint demnach ausgeschlossen zu sein.

    Die außerordentlich große Uebertragungskraft des Palladium-

    hydrosols veranlaßte endlich Paal und Hartmann1) auf diese

    Eigenschaft eine gasvolumetrische Bestimmungsmethode für Wasser¬

    stoff zu gründen, indem sie eine Lösung von Palladiumsol und

    Natriumpikrat als Absorptionsflüssigkeit für den Wasserstoff benutzten.

    Dabei ist zu beachten, daß das zu analysierende Gasgemisch keine

    Katalysatorgifte, wie Schwefel-, Phosphor- und Arsen-Wasserstoff

    enthalten darf.

    Unterdessen hatte auch S. F o kin seine Methode des Reduzierens

    mit Platinschwarz weiter ausgearbeitet2) und eine Reihe von un¬

    gesättigten Verbindungen, hauptsächlich aliphatische Säuren zu ihren

    Hydroderivaten reduziert, und baute auf Grund dieser Versuche ein

    analytisches Verfahren aus zur Bestimmung der „ Wasserstoffzaljl"

    ungesättigter Verbindungen3).Der Vollständigkeit halber seien hier auch noch einige ganz

    neue Reduktionsversuche aufgezählt, die unter Hilfe von Platin und

    Palladium angestellt wurden. A.Ski ta4) hydrierte «-/^-ungesättigteKetone und vereinfachte die Paal'sche Methode dadurch, daß er als

    Schutzkolloid an Stelle von protalbinsaurem Natrium Gummiarabicum-

    lösung verwandte. G. Va von5) reduzierte mit Hilfe von Platin,

    Pinen, Camphen, Limonen und einigen ungesättigten Säuren und0. Wallach6) benutzte die Paal'sche Methode zur Reduktion vonverschiedenen Verbindungen der Terpen-Reihe.

    ') Ber. 43, 243 (1910).

    2) Z. angcw. Ch. 22, 1496 (1909).

    3) Z. anorg Chem. 48, 337 (1909), Journ. russ. phys ehern Ges. 1908, 700.

    4) Ber. 42, 1627 (1909)

    5) Centr. Bl. 1910, I, 358.

    6) Nachr. d. kgl. Gesellsch d Whî. Göttingcu, Math. Phys. Klasse 1910, 517.

  • — 29 -

    Die von S. F o k i n und R. W i 11 s t ä 11 e r ausgebaute Reduktions¬methode unter Mitwirkung von Platinmohr habe ich nun auch inmeiner Ax*beit angewandt und zwar durchweg mit dem besten Erfolg.Ich möchte hier nur kuiz noch einige irrtümliche Ansichten Fokin's

    widerlegen. Fokin sagt in seiner Arbeit1), daß die Reduktioneiner unverdünnten Substanz viel langsamer vor sich gehe, als bei

    Anwendung irgend eines Lösungsmittels, wie z. B. Wasser, Alkohol,Aether und dergleichen. Bei meinen Versuchen habe ich stets

    gefunden, daß die Reduktion der unverdünnten Substanz — bei

    gleichem Gewichtsverhältnis von Substanz zu Platinmohr — vielschneller vor sich geht, als bei Anwendung eines Lösungsmittels.Weiterhin behauptet S. Fokin in seiner Zusammenfassung, daß cyc-lische Verbindungen rrit Doppelbindungen in Temperaturgrenzen von

    Zimmertemperatur bis ca. 100° nicht merkbar reagieren, obwohl esin einigen Fällen gelungen sei, in den Kern Wasserstoff zu bringen,indem man den Kernwasserstoff vorher durch ein reduktionsfähigesRadikal ersetzte. Im Verlaufe meiner Arbeit habe ich einige cyclischeKohlenwasserstoffe reduziert und die Beobachtung gemacht, daß dieReaktion bei gewöhnlicher Temperatur nicht nur merkbar, sondernoft besser vor sich ging als bei andern Verbindungen, sodaß esdurchaus nicht notwendig ist, „der zu hydrierenden Verbindung einehohe Schwingungszahl zu geben, um ihre Trägheit zu überwinden".

    II. Kapitel.

    Abbauprodukte des N-Methylgranatanins.1. Dimetliylaiiiinocyclooctan, C9 H2, N.

    N(CH3)2

    CH2 — CH — CH2

    CH2 CH2

    CH2 — CH2 — CH2Die soeben in ihrer Entwicklungsgeschichte dargestellte Reduktions¬

    methode mit Platinmohr und Wasserstoff bei gewöhnlicher Temperaturfand ihre erste Anwendung in dieser Arbeit bei der Gewinnung der

    gesättigten Dimethylaminobase des Cyclooctans.

    ') Z. f. angew. Chemie 22, 1500 (1909).

  • — 30 —

    Dimethylaminocycloheptan läßt sich sehr leicht auf zwei Arten

    gewinnen; 1. durch erschöpfende MethyUerung des Suberylamins ')und 2. allerdings etwas umständlich durch Keduktion von «-Methyl-

    tropidin2). Der erste Weg ist vorzuziehen, da das Suberylaminleicht aus dem Suberonoxim durch Reduktion oder aus dem Anhydro-

    ecgonin durch Abbau zur Cycloheptancarbousäure3) und Behandlungihres Amids nach der Hofmann'schon Methode1) mit Alkalihypo-bromid hergestellt werden kann. Die zweite Bildungsweise diente

    R. Will stätter zum Konstitutionsnachweis des «-Methyltropidinsund des J4-Methyltropans.

    Für das Dimethylaminocyclooctan kommt die erste Methode

    vorläufig nicht in Betracht, da das Cyclooctanon und sein Oxim

    noch sehr schwer zugänglich sind. Die einzige ergiebige Methode

    zu seiner Herstellung beruht auf einer Ringenvekerung des Sieben¬

    ringes5). Die zweite Methode, die gesättigte Base aus dem J4-des-

    Dimethylgranatenin durch Ueberführnng in die Hydrochloi'base und

    Entzug des Halogens mit Zink und konzentrierter Jodwasserstoffsäure

    darzustellen, ist bis jetzt nicht angewandt worden, da sie zu um¬

    ständlich erscheint, obschon sie R. Will statt er mit Erfolg beim

    z/^-Tropan benutzt hat.

    Es lag daher nahe, dio Methode zu benützen, die kurz vorher

    so schöne Resultate gezeitigt hatte, und es gelang auf diese Weise

    leicht, J4-des-Dimethylgranatenin zum Dimethylaminocyclooctan zu

    reduzieren ; die Anwendung der Base im unverdünnten Zustand er¬

    leichtert die Gewinnung der reinen Substanz und macht sie quantitativ.

    Es gelingt übrigens auch, wenn schon etwas langsamer, das

    Hydrochlorid der Base in wässeriger Lösung zur gesättigten, perman-

    ganatbeständigen Verbindung zu reduzieren.

    Dimethylaminocyclooctan ist ein leicht bewegliches Oel von

    eigentümlichem, mild narkotischem Geruch, in schwefeis lurer Lösung

    ') R Willsutter, Ann 317, 205, 219 (1901).

    2) ibid. 317, 302 (1901).

    s) A Einhorn und Y. Tahara, Ber. 26, 324 (1893); R. Willstatter, Ber. 31,

    2498, (1898).

    *) A. W. Hofmann, Ber. 15, 762, (1882); 18, 2737 (1885); Hoogewerff und

    van Dorp, Rec. trav. chitn. 6, 373 (1887) ; M. Freund und E. Gudemann, Ber. 21,2692 (1888).

    >) O. Wallach, Ann. 353, 328 (1907).

    6) Ann 317, 302 (1901)

  • — 'M —

    gegen Permanganat, in Eisessig gegen Brom beständig. Sein Siede¬

    punkt liegt höher als der des ungesättigten Amins, nämlich unter

    11 mm Druck bei 86—86,5°, unter 760 mm Druck bei 116—170°.

    des-Dimethylgrauatanin S. P. 80° b. 9 mm; 210—210,5° b. 760 mm]Dimethylaminocycloheptan 190° coït. J

    Erwähnenswert ist jedenfalls noch die Bildung des gesättigtenAmins aus der zweifach ungesättigten Base des-Dimethylgranatenin :

    N(CHS)2 N(CH3)2

    CH C- CH CH2—CH~CH2

    CH2 CH + 2 H2=CHä CH2

    CH2-CH2—CH2 CH2—CH2—CH2

    Die Reduktion verläuft zwar beträchtlich langsamer und das

    Endprodukt scheint nicht so rein zu sein wie dasjenige aus einfach

    ungesättigter Base, es ist dies vielleicht die Folge irgend einer Ver¬

    unreinigung, die schon im Ausgangsmaterial vorkommt. Immerhin

    entsteht aber doch die gesättigte Verbindung, die durch ihr Platin¬

    salz, sowie durch den Abbau ihres Jodmethylates zum Cycloocienidentifiziert wurde.

    2. Cycloocten C8H14.

    CH=CH—OH2

    CH2 CH2

    CH2-OH2-CH2

    In der Reihe des Cyclooctans fehlt das Cycloocten, während

    mehrere andere wasserstoffärmere Glieder der Reihe, wie dies in

    einem früheren Abschnitt gezeigt wurde, bekannt sind. Gerade das

    Cycloocten wäre für die wichtigen Untersuchungen von C. Harries1)über die Einwirkung von Ozon auf ungesättigte cyclische Kohlen¬

    wasserstoffe ein erwünschtes Material.

    Auf der leichten Zugänglichkeit des Suberons beruht auch die

    leichte Beschaffungsweise des Oycloheptens, das sich auf eine ganzeReihe von Arten gewinnen läßt. Es bildet sich leicht und in guterAusbeute aus dem Dimethylaminocycloheptan beim H o fm a n n'schen

    ') C. Harries und H. Neresheimer, Ber. 39, 2846 (1906); C. Harries und L.

    Tank, Ber. 41,1701 (1908); C.Harries und H.v. Splaiwa-Neymann, Ber. 41, 3552 (1908).

  • — 32 —

    Abbau; zuerst wurde es dargestellt von W. Marko wnikoff1) bei

    Behandlung des Suberyljodids mit alkoholischem Kali. Alle diese

    Reaktionen konnte und kann man zur Darstellung des Gyclooctensnicht verwenden, solange das Dimethylaminocyelooctan nicht bekannt

    war und das Cyclooctanon so schwer zugänglich ist. Aus dem letzten

    Grunde konnte auch die schöne Methode von K o n o w a 1 o ff nicht

    angewendet werden. Sie besteht darin, daß man den Ringkohlen-wassentoff mit verdünnter Salpetersäure im Einschlußrohr nitriert,

    das Nitroderivat reduziert und die so erhaltene Aminobnse erschöpfend

    methyliert. Marko wnikoff2) erhielt auf diese Weise Cyclohexenaus Cyclohexan.

    Nachdem jedoch die Reduktion des Dimethylaminoeyclooctens

    gelungen war, bot der weitere Abbau der gesättigten Base zum

    Oycloocten keine Schwierigkeiten mehr. Durch Entjoden ihres Jod-

    methylates mit Silberoxyd und Destillation des entstandenen quater-Tiären Ammoniumhydroxyds erhält man den Kohlenwasserstoff neben

    Trimethylamiu in Ausbeuten bis zu 60 0/0 der Theorie.

    OH CH CH2

    CH2 C1I2

    CH2—CH2-CH2Cycloocten

    Das Cycloocten erweist sich als wasserhelles, leichtes Oel von

    starkem, aber nicht unangenehmem, an Petersilie erinnerndem Geruch

    und vom Siedepunkt 145° corr. [Cyclohepten 114—115° 3)J. Der

    Kohlenwasserstoff zeigt sich sehr unbeständig gegen Perraanganatund addiert quantitativ die entsprechende Brommenge, während ein

    weiterer Zusatz von Brom unter Bromwasserstoffentwicklung sub¬

    stituierend wirkt.

    Beim Erwärmen oder bei längerem Stehen zeigt der Körpereine merkwürdige Neigung zur Polymerisation, er steht damit im

    Gegensatz zu dem beständigen /9-Cyclooctadiën und erinnert an das

    >) J.pr. I'll. [2j 49, 409 (1894).') Ann. 301, 190 (1898); 302, 16, (1898).

    3) R. Willstätter, Ann. 317, 221 (1901).

    OHv /CH3N(CH3)2 ^OH

    CHa—CH—CH2 CH2—CH—CII2

    CH2"

    CH, -> CH2 CH2 -

    CH2-CH2~CH2 CH2—CH2—CH2Dimethylaminocyclooctan quat. Ammoniumhydroxyd

  • — 33

    freilich noch weit unbeständigere « - Cyciooctadiën, das nach

    C. Harries1) die Doppelbindungen in J-1,5 enthält.

    Beim häufigen Destillieren von 3 verschiedenen Präparatenwurde Schäumen beobachtet, das bald schwächer, bald heftiger hervor¬

    trat und die Destillation mitunter sehr erschwerte. Im Kolben blieb

    eine kleine Menge gallertiger Substanz zurück, die sich beim An¬

    reiben mit Lösungsmitteln in ein weißes Pulver verwandelte. Die

    Polymerisationsprodukte waren übrigens nicht rein, denn wie die

    Analyse mehrerer Präparate zeigte, waren sie sauerstoffhaltig.Es ist hier vielleicht am Platze, von der Möglichkeit einer

    ßingerweiterung des Achtringes in den Kohlenstoffneunring zu

    sprechen, weil das Cycloocten ein geeignetes Ausgangsmaterial hiefür

    zu sein scheint. Man kann zu diesem Zwecke verschiedene Methoden

    ins Auge fassen, von denen die eine mehr, die andere weniger Aus¬

    sicht auf Erfolg hat.

    Benzol gibt nach Büchner2) mit Diazoessigester ein Pyrazolin-derivat und dieses Additionsprodukt zerfällt unter Stickstoffabspaltungin die Pseudophenylessigsäure oder Sorcaradiencarbonsäure, aus der

    man nach verschiedenen Methoden Cycloheptatriencarbonsäuren und

    isomere Verbindungen erhält.

    Eine ähnliche Additionsreaktion wollte ich auch mit dem

    Cycloocten vornehmen; durch Addition des von Pechmann ent¬

    deckten und in zahlreichen Abhandlungen in seiner "Wirkungsweisebeschriebenen Diazomethans sollte ein Pyrazolinderivat entstehen,

    CIL-CIL—CH„—CH /N CR.-CH,—CIL—CH—CH„-N

    :2 2 2

    ,' +CH,< r = i2 2 2

    i2

    II

    CH2-CIT2—CH2-CH '\N CIIt—CH8—CH2—CH N

    und dieses sollte nun durch Stickstoffabspaltung den bicyclischen

    Kohlenstoffncunring bilden, aus dem durch Sprengung der Brücke

    1.3 das Cyclononen oder durch Sprengung der Bindungen 1 . 2 oder

    2.3 ein Methylcycloocten entstehen sollte :

    CH, CI^-CHg-CH—CH2-N CIL.—CH8—CHa—CH-OH,

    CH,—CH.—CH.-CH N^CH,,—0H2—CHg-CH7 + N2/

    "

    3

    / Bicyclo [016] nonau

    CH,,—CH,—CH8 -CH=CH CHg—OHg—CHS—CH—CH,

    CHj—CH2-CH2 -CHS°',ei

    CH2—CH2—CH2—CHCyclononen 1 -Methylcycloocten-1

    ») Ber. 41. 671 (1P08V 2) Literatur zahlreich.

  • -- 34

    E. Büchner1) erhielt zum Beispiel, als er auf Jj-Cyclohepten-carbousäureäthylester Diazomethan einwirken ließ, in glatter Weise

    ein als Chlorhydrat isoliertes, öliges Additionsprodukt, das er als

    ein Pyrazolinderivat ausprach. Nur war es ihm auf keine Weise

    möglich, aus dem stickstoffhaltigen Produkt den Stickstoff abzuspalten.Ich wandte in der gleichen Absicht statt der Carbonsäure das

    einfach ungesättigte Cycloocten an und ließ unverdünntes Diazo¬

    methan darauf einwirken. Leider verlief die Addition trotz mehr¬

    facher Einwirkung des Diazomethans so wenig glatt, daß ich stets

    unverändertes Cycloocten zurückerhielt, neben einem stickstoffhaltigenAdditionsprodukt, dessen Stickstoffgehalt am ehesten einer Ver¬

    bindung von 2 Mol. C8 H14 -)- 1 Mol. CH2 J5T2 entsprach.Zwei andere Methoden der Ringerweiterung wurden nicht an¬

    gewendet, um nicht in das Arbeitsgebiet anderer Autoren zu dringen.Es ist dies die Methode von Curtius2) und E. Buchner3) mitHilfe von Diazoeswigeater und die von Wallach4) ausgebauteDemjanow'sche Methode5) der Einwirkung von salpetriger Säure

    auf die „Cyclylmethylamine"4).Eine letzte Methode mit Natriummalonester, die von W. H.

    Perkin jun. stammt, soll erst in einer ev. spätem Publikation be¬

    sprochen werden, da sie nicht auf Achtringe angewendet worden ist.

    3. Cyclooctan C8H16.

    CH2-CH2-CH2

    CH2 CH2

    CH2-CH2^CH2Der Portschritt in der Reduktionstechnik erlaubte mir, das

    Cyclooctan aus dem einfach ungesättigten Kohlenwasserstoff reindarzustellen. Es dürfte dies das erste Beispiel der Reduktion eines

    cyclischen Kohlenwasserstoffes sein, einer Reduktion, deren Unmöglich¬keit S. Fokin6) unterstützt von 0. Wallach7) betont hat.

    ') Ber. 37, 931 (1904).

    a) Curtius J. pr. C'h. [2] 88, 394 (1888)

    J) Literatur zahlreich.

    *) Ann 353, 318 (1907).

    5) Journ. russ. ph. eh. Ges. 35, 26 (1903); 3(i, 166 (1904).

    «) L. angew. Ch. 22. 1502 (1909).

    7) loc. cit.

  • - 35 —

    Bei der Darstellung des Cyclobutans aus Cyclobuten beobach¬

    teten R. Will s tat ter und J. Bruce1), daß der gesättigte Kohlen¬wasserstoff bei Anwendung der Methode von Sabatier und Sen¬

    derens bei 180—200° weiter reduziert wird; diese Ringöffnung

    geht unter ähnlichen Bedingungen beim Cyclopropan schon bei 80 bis

    100° vor pich2). Es war uun interessant, zu untersuchen, ob die

    Spannungsverhältnisse, die bei Ringen mit drei und vier Kohlen¬

    stoffatomen groß sind, beim Sechsring fast verschwinden (Cyclohexan

    gibt beim Ueberleiten mit Wasserstoff über Nickel kein Hexan,sondern zersetzt sich bei 270—280° unter Bildung von Methan und

    Benzol3), beim Sieben - und beim Achtring wieder auftreten.

    R. Wills tat ter und H. Veraguth stellten aus dem beständigen

    /5-Cyclooctadiön4) unter Anwendung der Nickelmethode das Cyclo-octan dar; die Temperatur des Nickels betrug 180°, das Hydrierungs-

    pi\>dukt war ohne weitere Reinigung pernianganatbeständig, jedochuicht vollständig homogen, da nur die höchst siedende Fraktion

    (S. P. 146,3—148° uncorr.) krystallinisch erstarrte (F. P. 11,5°). Beider Oxydation mit konzentrierter Salpetersäure ergab allerdings jedeFraktion reine Korksäure vom F. P. 140°.

    R. Willst ätter und T. K a m e t a k a5) untersuchten hierauf

    nochmals sowohl das Cycloheptan als auch das Cyclooctan. Beim

    Cycloheptan stellten sie fest, daß sich auch bei einer Temperaturvon 200 — 250° niemals Heptan, wohl aber sehr wahrscheinlich ein

    Hexahydrotoluol bildet. Eine ähnliche Iaomerisation erhielt schon

    Markownikoff6) bei der Reduktion des Suberyljodids zu Cyclo¬heptan. Erhitzt man nämich Suberylalkohol mit konzentrierter Jod¬

    wasserstoffsäure auf 230—235°, so wird der Kohlenstoffsiebenringisomerisiert und es entsteht hauptsächlich Methylcyclohexan.

    Cyclooctan wird noch merklich leichter umgewandelt, es ver¬liert schon bei 205—210° sein Krystallisationsverrnögen, während

    Siedepunkt und Dichte beträchtlich sinken. Es entstehen dabei sehr

    wahrscheinlich neben Dimethylcyclohexan noch alkylierte Cyclopentane.

    ') Ber. 40, 3979 (1907).

    2) Ber. 40, 4456 (1907).

    3) P. Sabatier und J. B. Seuderens, Ann. chim. phys. [8] 4, 363, 457 (1905).

    4) Ber. 40, 957 (1907).

    5) Ber. 41, 1480 (1908).

    6) C'ompt. rend. 110, 466 (1890) ; J. pr. Oh. [2] 49, 430 (1894) ; J. russ. ph.eh. Ges. 25, 364, 547 (1893) ; 34. 904, 917 (1902) ; Ann. 327, 59 (1903).

  • — 36 —

    Die Reduktion mit Platin und Wasserstoff in der Kälte ist der

    Hydrierung nach S aba tier und Senderens überlegen, wenn essich um nicht flüchtige Substanzen handelt, oder um solche, die bei

    höherer Temperatur und uameatlich bei Gegenwart von katalytischwirkendem Metall Zersetzung oder Isomerisation erleiden.

    Die Reduktion des Cyclooctens mit Platinmohr und Wasserstoff

    wurde ebenso wie die der ungesättigten Base ohne Lösungsmittel

    ausgeführt, sie dauerte 2 Arbeitstage und lieferte Gyclooctan in völligreinem Zustand. Der so bereitete Kohlenwasserstoff destilliert im

    Gegensatz zu dem nach der Methode von S ab a ti e r und Sender ens

    dargestellten Präparat vom ersten bis zum letzten Tropfen in engenGrenzen bei 149,6—150,6° (corr.). Das ganze Destillat krystallisiertleicht und zeigt bei eingetauchtem Thermometer den Schmelzpunkt

    14,5°. Gyclooctan ist bei Zimmertemperatur eine leicht bewegliche,

    farblose, ölige Flüssigkeit von mildem, nicht unangenehmem Geruch,in Eisessig gegen Permanganat beständig. Daß im Gyclooctanwirklich ein Ring von acht Kohlenstoffatomen vorhanden ist, wurde

    schon von R. Willstätter und H. Veraguth1) durch Oxydationmit konzentrierter Salpetersäure und Identifizierung der entstandenenKorksäure bewiesen.

    4. Bromcyclooctan C8H]5Br.

    CHBr—CH2—CH2

    CH2 CH2

    CH2 CH2-CH2

    Gycloocten addiert in Eisessiglösung schon bei gewöhnlicher

    Temperatur mit Leichtigkeit ein Molekül Bromwasserstoff und gehtdabei über in das Hydrobromid C8H15Br:

    CH-=CH CH2 CHBr—CH2—CH2

    CH2 CH2 +HBr= OH2 CH2

    CH2- CH2— CH, CH2 CH2—CH2

    Das Bromcyclooctan ist ein schweres, wasserklares Oel von

    süßlichem, pfeffermünzartigem Geruch, das auch bei längerem Stehenkeine Neigung zu Zersetzung zeigt und sich daher unverändert auf-

    ') Ber. 40, 957 (1907).

  • — 37 -

    bewahren läßt. Sein Siedepunkt liegt unter 10 mm Druck bei

    90,5—91,5°."Wie alle derartigen Bromide, kann man auch das Bromcyclo-

    octan der Grignard'schen Reaktion unterwerfen, doch erhält manbeim Behandeln mit Magnesium und Einleiten von Kohlensäure unterden gewöhnlichen Bedingungen1) nur wenig Cycloocfcancarbonsäure:

    CH2-CH2-CHBr CH2-CH2-CH.Mg.Br CH2-CH2-CHi!.COOH

    CH2 CH2 +Mg>CH2 CH2 + H20>CH2 CH2

    CH2-CH2-CH2 CH,-CHS-CH, +C02 CH2-CH2-CH2+ Mg(OH)Br

    In der Hauptsache entstehen neutrale Reaktionsprodukte, ver¬mutlich Kohlenwasserstoffe, die durch Einwirkung von einem Atom

    Magnesium auf 2 Moleküle des Halogenalkyls entstehen. Z. B. :

    CH2—CH2- GH,—OH, CH2—CH2—CH2—CH2CH2—CH,—CH2 CHBr CH2 CH2—CH,—CH2

    +Mg - I +MgBr2CH2—CH2—CH,—CHBr CH,-OH,—CH,—CH

    CH2—CH2—CH2—CH2 GH,—CH,-CH,—CH,Dicyclooctyl

    Die Untersuchung über diese Produkte der Grignard'schenReaktion ist noch nicht abgeschlossen.

    Zu einer besseren Gewinnung der Carbonsäure läßt sich viel¬

    leicht mit mehr Erfolg eine Methode anwenden, die auf Anlagerungvon Blausäure an das Cycloocten und Verseifung des entstandenen

    Nitrils beruht.

    ') s. z. B. N. Zelinsky, Ber. 35,2687 (1902); 36, 208 (1903); J. runs. ph. eh.

    Ges. 35, 399 (1903); Centr. Bl, 1903, II, 277.

  • — 38 —

    III. Kapitel.

    Abbauprodukte des N Methylgranateniris.

    1. a- und /2-dcs-Dimethylgranateniii, C10H18N.

    Aus dem Pseudo-Pelletierin entsteht bei der Reduktion mit

    .Natriumamalgan oder besser mit Natrium und Alkohol ein Alkamin,das von Ciamician und Silber1) als Methylgranatolin bezeichnet wurde.

    CH2—CH — CH2 CH8-CH —CHj

    CH2 N.CH3CO iH,->rils N.CH3C

  • — 39 -

    Es ist dabei natürlich gleichgültig, welches der beiden Alkamine

    man zu der Reaktion benutzt. Ciamician und Silber1) wandten zu dieser

    inneren Kondensation die etwas umständliche Methode des Erhitzen«

    mit Jodwasserstoffsäure und I'hosphor im Einschlußrohr auf 140° anund bekamen dabei fast theoretische Ausbeuten. Ich befolgte in

    meiner Arbeit die wesentlich einfachere Methode von A. Ladenburg2),die dieser Forscher schon beim Tropin mit Erfolg benutzt und aus¬

    gearbeitet hat. Da sie beim Methylgranatolin bei richtig geleiteterReaktion zu Ausbeuten von 80 — 90% der Theorie an Methylgranateninführt, so ist sie, da sie große Mengen auf einmal zu verarbeiten

    gestattet, der Ciamicianischen Methode vorzuziehen.

    Der von Ciamician und Silber (loc. cit.) gegebenen Beschreibungder Base ist vor allem nachzutragen, daß sie sehr leicht erstarrt undbei eingetauchtem Thermometer den Schmelzpunkt 12,6—13° zeigt.Den Siedepunkt habe ich unter 9 mm Druck bei 62,0—62,2° undunter 760 mm Druck bei 184,2-185,2° gefunden. Für die Be¬

    schreibung der übrigen Eigenschaften der Base verweise ich auf den

    experimentellen Teil.

    Außerordentlich merkwürdig ist das Verhalten des N-Mett>yl-granatenin - Jodmetbylates. Bisher war von ihm nur bekannt1),daß es bei der Behandlung mit Silberoxyd und nachfolgender De¬stillation des entstandenen quaternären Ammoniumhydroxyds in eineBase übergeht, die durchaus dem von G. Merling8) beschriebenen

    /?-Methyltropidin entspricht. Genau wie die Merling'sche Basezerfällt auch die von Ciamician und Silber entdeckte beim Kochen

    mit verdünnter Salzsäure in Dimethylamin und ein sauerstoffhaltigesOel: Granatal (entspricht Mer ling's Tropilen). Es schien von

    größter Wichtigkeit, auch das isomere, dem «-Methyltropidin ent¬

    sprechende des-Dimethylgranatenin aufzufinden, denn erst dann konnte

    es möglich sein, das Cyclooctatriën, das bis jetzt nur auf einem

    großen Umweg äußerst mühsam dargestellt werden konnte4), ohne

    Anstrengung in großem Maßstabe rein zu gewinnen, analog der

    berühmten Tropilidenspaltung des a-Methyltropidins5).

    ') Ber. 20, 2741 (1893).

    ') Ann. 217, 117, (1882).

    s) Ber. 24, 3108 (1891).

    4) R. Willstätter und H. Veraguth, Ber. 38, 1975 (1905).

    5) G. Merling, Ber. 24, 3108 (1891).

  • — 40 —

    Ciamician und Silber geben an, daß sie bei der Destillation

    ihres des-Dimethylgranatenins niemals das von Merlin,g erwähnte,

    plötzliche und freiwillige Hinaufgehen der Temperatur (von 150— 190°),welches die Umwandlung des a-Methyltropidins in sein Isomeres

    anzeigt, beobachten konnten. Dennoch war die Möglichkeit nicht

    ausgeschlossen, daß Ciamician und Silber bei ihren Versuchen

    die ganz sicher auch entstehende isomere Base übersehen hatten

    und so unternahm ich mehrere Versuche, die auf die Entdeckungdieses wichtigen Ausgangsmaterials für den Kohlenstoffachtring mit

    drei Doppelbindungen hinzielten.

    Bei meinen ersten Versuchen, die genau nach dem Vorbild

    Ciamician's (Entjoden des Jodmethylates mit Silberoxyd und Zer¬

    setzung des quaternären Ammoniumhydroxyds durch Destillation unter

    gewöhnlichem Druck) vorgenommen wurden, erhielt ich jedes.tial eine

    Flüssigkeit, die nach dem Isolieren und Trocknen einen ganz un¬

    scharfen Siedepunkt aufwies, da die Temperatur während der Destil¬

    lation andauernd langsam anstieg. Die Hauptmenge des so erhaltenen

    des-Dimetbylgranatenins ging allerdings innerhalb einiger wenigerGrade über (von ca. 217—220° unter 720 mm Druck), während nach

    jeder Destillation im Kolben ein ziemlich beträchtlicher, höhersiedender,

    dunkelgefärbter und syrupöser Rückstand hinterblieb. Es sind dies

    genau die Erscheinungen, die auch von Ciamician und Silber

    beobachtet wurden.

    Bei oberflächlicher Untersuchung schien diese Base wirklich

    keine Spur einer andern, ev. dem «-Methyltropidin entsprechenden

    Verbindung zu enthalten; ich erhielt kein Platinsalz, beim Hinzu¬

    fügen von Pikrinsäure entstand eine ölige, leicht zersetzliche Fällungund das Jodmethylat erwies sich in der Hauptsache als Tetramethyl-

    ammoniumjodid. Nun wurde auch die schon von Ciamician und

    Silber (loc. cit.) beschriebene Granatalbildung genauer angesehenund hier machte ich die Beobachtung, daß beim Kochen mit ver¬dünnter ca.

    -jN Salzsäure offenbar nur ein Teil der Base sich sofort

    in Dimethylamin und Granatal zersetzt, während ein anderer Teil

    diese Zersetzung viel langsamer oder gar nicht erleidet. Es wardemnach nicht ausgeschlossen, daß in der Ciamician'schen Base— und dafür spricht auch der unscharfe Siedepunkt — ein Gemischder beiden isomeren Basen vorlag.

  • _ 41 -

    Es wurden nun sofort Isomerisierungs- und Trennungsversucheangestellt, leider ohne günstiges Ergebnis.

    Die zfj-Cycloheptencarbonsäure1) gibt beim Erhitzen mit Brom¬

    wasserstoff-Eisessiglösung leicht die gesättigte ^-Bromcycloheptan-carbonsäure, die beim Erhitzen mit Chinolin wieder Bromwasserstoff

    abspaltet und ein Gemisch von Jt- und J2-Cycloheptencarbonsäureliefert, letztere in einer Ausbeute von ca. 30 °/0 der angewandtenSäure.

    Der gleiche Versuch in der Kälte wurde auch auf diese Base

    übertragen, jedoch wurde dabei die Beobachtung gemacht, daß diese

    sogar zweifach ungesättigte Base den Bromwasserstoff nicht quanti¬tativ addiert, wenigstens zeigt die Base nach der Isolierung aus der

    Bromwasserstoff-Eisessiglösung nur ganz geringe Bromreaktion.

    Hierauf wurde versucht, die Base mit einem Ueberschuß ankonzentrierter Schwefelsäure zu isomerisieren, die daraus regenerierteBase zeigte sich nur zum kleinern Teil gegen das Kochen mit ver¬dünnter Salzsäure unbeständig, während ein größerer Teil beständigblieb. Dieser Versuch gab dann die Veranlaßung, das jedenfallsvorhandene Basengemisch durch Kochen mit verdünnter Salzsäure,dem ja die schon bekannte Base keinen Widerstand entgegenzusetzen

    vermag, zu trennen. Allein auch dadurch wurde nicht das eigent¬liche Ziel, die dem ß-Methyltropidin von Mer ling entsprechendeBase, erreicht, sondern die auf diese Weise abgetrennte Base erwies

    sich bei genauerer Untersuchung als ein Körper von der Zusammen¬

    setzung eines N-Methylgranatenins, jedoch nicht identisch mit diesem.

    (S. exper. Teil).

    Durch einen einfachen Kunstgriff gelang es mir dennoch, die

    lang gesuchte, beständige Base zu erhalten.

    Das N-Methylgranateninjodmethylat wird wie gewöhnlich mit

    Silberoxyd entjodet. Das so erhaltene quaternäre Ammoniumhydioxydwird jedoch — und darin liegt das Neue der Versuchsanorduung —

    im Vakuum zersetzt. Man erhält in der gekühlten Vorlage ein auf

    dem Wasser schwimmendes, farbloses Oel, das nach Isolierung und

    Trocknung ebenfalls im Vakuum destilliert wird. Zur Vorsicht wurde ein

    Willstätter'scher Fraktionierkolben2) angewendet, doch gelang es nicht,

    J) R. Willstätter, Ann. 317, 209, 240 (1901).

    2) R. Willstätter und E. Huni, Ann. 378, 150 (1910)

  • -42 -

    das in ganz geringem Maße bei der erschöpfenden Methylierung

    zurückgebildete N-Methylgranatenin auf diese Art abzutrennen.

    Die Base entsteht in einer Ausbeute von 75 °/0 der theoretischen

    und stellt ein leicht bewegliches, stark lichtbrechendes Oel von

    schwachem, nicht unangenehmem Geruch nach Dimethylpiperidin

    dar, das sich in schwefelsaurer Lösung als völlig ungesättigt gegen

    Kaliumpermanganat erweist und sich erst bei längerem Stehen an

    der Luft schwach gelblich färbt. Der Siedepunkt der ganzen Menge

    liegt scharf und konstant bei 71,0—71,5° unter 8 mm Druck, im

    Destillationskolben hinterbleibt fast kein Rückstand. In der Kälte

    löst sich die Base in verdünnter Salzsäure klar auf und gibt erst bei

    längerem Kochen schwachen Granatalgeruch; Granatalabscheidungfindet nicht statt.

    Durch diese völlige Uebereinstimmung ihrer Eigenschaften mit

    dem a-Methyltropidin scheint es gerechtfertigt, die neue Base als

    a-des-Dimetbylgranatenin zu bezeichnen, während die alte C i am i c i a n'-

    sche Base aus Analogie zum /?-Methyltropidin den Namen ß-des-Di-

    mefyylgrcmatenm erhalten soll.

    Für die beiden isomeren Basen kommen, wenn man von der

    Möglichkeit von Alienbindungen absieht, 11 Konstitutionsformen von

    Dimethylaminocyclooctadiënbasen in Betracht. Während für die

    beiden Methyltropidine1) mit großer Wahrscheinlichkeit die beiden

    Formeln

    N(CH3)2 N(CH3)2

    CH2-CH—CH CH—C_CH

    iH und CHL

    CH2—CH=CH CH~CH2—CH2a-Methyltropidin /3-Methyltropidin

    aufgestellt sind, kann man für die Konstitution der beiden Dimethyl-

    granatenine nur aus Analogie ähnliche Schlüsse ziehen. Die vonR. Wills tat ter angeführten Beweise der Bildung des-«-Methyl-

    tropidins aus Tropiliden, ferner die Umwandlung der Salzsäureadditions¬

    produkte des «-Methyltropidins in Isotropidin- und Tropidinchlor-

    methylat und die Umwandlung in Pseudomethyltropin fallen hier alleaußer Betracht, da diese Reaktionen in der Granatreihe bisher noch

    nicht wiederholt worden sind.

    ') R. Willstätter, Ann. 217, 271 (1901).

  • _ 43 -

    In dem durch Bindungswanderung entstandenen ,9-des-Dimethyl-granatenin liegt sehr wahrscheinlich das J-l,3-Dimethylaminocyclo-octadiën vor, denn die leichte Abspaltung des basischen Restes deutetdarauf hin, daß der Stickstoff in diesem Amin an einem doppeltgebundenen Kohlenstoffatom sitzt. Da nun bei der vorsichtigenOxydation des Granatals, dem Spaltungsprodukt der Base, die nor¬male Adipinsäure entsteht1), muß die zweite Doppelbindung in

    J3=zJ6 liegen. Daraus geht hervor, daß bei der stabilen Atom¬

    gruppierung der /3-Base die Doppelbindungen der Aminogruppe sehr

    genähert sind:

    N(CH3)2

    .CH2—C=CH

    CH2 OH

    CH2—CH2-CH/3-des-Dimethylgranatenin.

    Die auf dem soeben geschilderten Wege primär entstehendelabile Base ist möglicherweise das //-2,4-Dimethylaminocyclooctadiën,was sich zwanglos aus seiner Bildung erklären läßt:

    N(CH3)2

    CH2—CH — CH2 OH2—OH— CH CE2—CH-CH

    CH2 N-CH3C CH2 KCH8CH -> CH2'

    CH

    CH2 - CH— CH2 CH2—CH—CH2 CH2-CH=CHMethylgranatolin. N-Metbylgranatenin. ec-des-Dimethylgranafcenin.

    Doch möchte ich diese Formel, wie auch die vorhergehende,nur mit allem Vorbehalt aufstellen, da einzig und allein die Bildungs¬weise kaum das Recht gibt, unter einer ganzen Anzen Anzahl von

    Konstitutionsmöglichkeiten eine willküriliche Auswahl zu treffen.

    Ciamician und Silber haben die Bildung des «-des-Dimethyl-

    granatenins übersehen, weil sie die bei dem Hofmann'schen Abbau

    entstandene Base der Destillation unter gewöhnlichem Druck aus¬setzten. Ich bin überzeugt, daß man aus dem Rohprodukt der er¬

    schöpfenden Methylierung bei der Behandlung mit Jodmethyl in

    reichlicher Ausbeute das zur Cyclooctatriëndarstellung erforderliche

    Jodmethylat neben Tetramethylammoniumjodid erhalten kann. Bei

    ') Ciamician u, Silber, Ber. 29, 481 (1896); Gazz. eh. ital. 26, II 131 (1896).

  • — 44 —

    einem Versuch, der im experimentellen Teil ausführlicher beschrieben

    ist, erhielt ich bei der Befolgung der Ciamician'schen Vorschriftein Gemisch von Basen, das ich jedoch durch Vakuumdestillation

    reinigte und das zum größten Teil aus der labilen Form des Dimethyl-aminocyclooctadiëns bestand, während die Verunreinigungen wie

    Granatal, zurückgebildetes N-Methylgranatenin und /?-des-Dimethyl-

    granatenin in den Hintergrund traten.Daraus geht hervor, daß sich die «-Base immer neben der

    /?-Base bildet, daß sie sich aber in die letztere umlagert, wenn sie

    zu hohen Temperaturen ausgesetzt wird. Will man sie aber möglichstrein und reichlich erhalten, so muß man jedes unnötige Erhitzen

    vermeiden und alle eventuellen Destillationen im Vakuum vornehmen.

    Auch die Zersetzung des quaternären Ammoniumhydroxyds nimmt

    man, wie dies oben schon geschildert wurde, zweckmäßig im Vakuum

    vor, da hiedurch die Zersetzungstemperatur um einen sehr wesent¬lichen Betrag heruntergedrückt wird.

    2. Granatal-Azelaon.

    Bei der Zersetznng des /7-Methyltropidins entsteht unter Wasser¬aufnahme und Dimethylaminabspaltung ein sauerstoffhaltiger Körpervon aldehyd- oder ketonähnlicher Struktur, dessen Formel die ver¬schiedensten Wandlungen durchmachte1), bis in neuester Zeit eineArbeit von Koetz und Rosenbusch erschien2), die auf Grundder Reduktion des Körpers mit Palladiumsol und Wasserstoff zuSuberon ihm die Formel eines a-/?-Cycloheptenons erteilten, wie diesschon früher von R. Willstätter8) vermutet worden war.

    CH-

    N(OH3)2

    -C=CH

    OH,

    CH-i

    OH

    -C=CH

    CH.

    0H-CH,-CHo

    OH-CO—CH

    "| CHCH2~CH2- CH2

    Tropilen

    CH2-CO-CH2"

    | CH2I I

    CH2-CH2 -CH2Suberon

    OH-CH2-CH2/3-Methyltropidin

    !) s z.B. die Arbeiten von A. Ladenburg, Ber. 14, 2130, 2408 (1881); 15,1028,1140 (1882); Ann. 217,138 (1883); C. F. Both, Ber. 15, 157 (1884); G. Merling,Ann. 216, 329 (1882); Ber. 24, 3108 (1891); Ciamician u. Silber, Ber. 29, 486 (1896);Gazz. chim. ital. 26, II, 151 (1896).

    2) Ber. 44, 464 (1911).

    3) Ber. 31, 1544 (1898) ; Ann. 317, 249 (1901).

  • - 45 —

    Auch die Formel des von C i a m i c i a n und Silber1) entdecktenGranatais machte die gleichen Umwandlungen wie diejenige des

    Tropilens durch; heute ist es am wahrscheinlichsten, daß ihm dieFormel eines /5y-Cyclooctenons zukommt, da es sich bei vorsichtigerOxydation zu normaler Adipinsäure abbauen läßt und bei der Reduktionmit Platinmohr und Wasserstoff neben einem flüssigen, noch nichtnäher untersuchten Körper Coclooctanon oder Azelaon ergibt.

    N(CH3)2~

    OH

    CH=-C—CH2> CH^C—CH, >CHi-CO-CHJ>CHi-CO-CHïCH2 CH CH2 CH + NH(CH3)2 CH2 CH CH2 CH2

    OH2-CH2-CH _CH2-CH2-CH_

    GH2-CH2-CH CH2-CH2-CH2ß-des-Dimethyl- Granatal Azelaon

    granatenin

    Das Azelaon wurde bis jetzt nur durch seinen Schmelzpunkt— bei eingetauchtem Thermometer 29,6—29,8°, nach dem Abpressenauf Ton 32,3—32,8° - und durch seinen Siedepunkt - 78,6 bis

    78,8° unter 13 mm — charakterisiert. Wallach2) gibt als Schmelz¬

    punkt nach dem Abpressen auf Ton 25—26° und als Siedepunkt195—197° an.

    Der bei der Reduktion nebenbei entstehende flüssige Körperbesitzt einen etwas niedrigeren Siedepunkt, er scheint die Zusammen¬

    setzung C6H140 zu besitzen, doch deuten die Analysenzahlen darauf

    hin, daß er noch nicht vollkommen rein ist.

    3. Cyclooctatriën C8H10.

    R. Willstätter und H. Veraguth3) benützten zur Bildungdes Triëns nach dem Scheitern der Bromwasserstoffabspaltungsversuchemit Chinolin aus dem Bromidgemisch des Cyclooctadiëns die aller¬

    dings recht umständliche und wenig ergiebige Methode der er¬

    schöpfenden Methylierung, wie sie schon von R. Willstätter beim

    Oyclohepten4) mit Erfolg angewandt worden war. Sie ließen aufdas bei der Bromierung des /?-Cyclooctadiëns entstehende Gemisch

    >) Ber. 26, 2738 (1893); 29, 481 (1896).

    2) Ann. 353, 318 (1901).

    3) Ber. 38, 1983 (1905).

    4) Ann. 317, 208 (1901).

  • - 46 -

    von Bromiden zwei Moleküle Dimethylamin einwirken, wobei das

    eine Atom Brom substituiert wird, während das andere als Brom¬

    wasserstoff abgespalten wird. Bei dieser Substitutionsreaktion ent¬stand nun ein Gemenge von mindestens 3 isomeren Monoaminobasen,während Diaminobasen, die sich sonst ebenso gut bilden können1),merkwürdigerweise nicht beobachtet wurden. Es wurden eine niedrigsiedende (64 — 79° unter 11 mm Druck) und eine höher siedende

    Fraktion (110 — 127° unter 11 mm Druck) abgetrennt, welch letztere

    bei der erschöpfenden Methylierung unter heftiger Reaktion stark

    ungesättigte, nicht weiter untersuchte Produkte lieferte. Die niedrigsiedende Fraktion ließ sich weiter als aus zwei Isomeren bestehend

    erkennen, die mit Hilfe ihrer Jodmethylate getrennt werden konnten.Das eine Jodmethylat (F. P. 296-297°), schwer löslich in Alkoholund ziemlich schwer in Chloroform, ergab bei der erschöpfendenMethylierung wohl ein sauerstoffhaltiges Oel (vielleicht Granatal?)aber keinen Kohlenwasserstoff, während das andere, in Wasser,Alkohol und Chloroform spielend lösliche Jodmethylate vom Schmelz¬

    punkt 135 — 140° bei der erschöpfenden Methylierung das Cyclo-octatriën in befriedigender Ausbeute lieferte.

    Die Eigenschaften des letztern Jodmethylates, namentlich seine

    große Löslichkeit und der niedere Schmelzpunkt machen es sehr

    wahrscheinlich, daß es identisch ist mit dem Jodmethylat des vonmir neu dargestellten a-des-Dimethylgranatenins (F. P. 172—173°).

    Wenn man das Jodmethylat des labilen zweifach ungesättigtenAmins mit Silberoxyd entjodet und die quaternäre Ammoniumbase

    statt wie bisher unter gewöhnlichem Druck im Vakuum zersetzt, soerhält man das Cyclooctatriën in Ausbeuten bis zu 60 °/0 der Theoriein so reinem Zustand, daß eine einzige Destillation im Vakuum

    genügt, es analysenrein zu machen.

    Cyclooctatriën ist ein leicht bewegliches, auf dem Wasser

    schwimmendes, farbloses Oel von süßlichem, an /?-Cyclooctadiën er¬

    innerndem, Kopfweh verursachendem Geruch, das sich anscheinendnicht polymerisiert, wohl aber bei längerem Stehen Luftsauerstoff

    aufnimmt und sich dann gelblich färbt. Mit den gewöhnlichenorganischen Solventien ist der Kohlenwasserstoff mischbar, in Wasserist er äußerst schwer löslich. Sein Siedepunkt liegt scharf und kon¬stant unter 9 mm Druck bei 32,0°, unter 11 mm bei 33,3° Und unter

    ') Ann. 317, 258 (1901).

  • - 47 —

    760 mm bei 147,2—148,2°. Gegen das Ende jeder Destillation

    steigt der Siedepunkt um 1—2° höher, wahrscheinlich weil dieletzten Reste schwer aus dem gelatinösen Rückstand herausgehen.

    Es war nicht unnötig zu zeigen, daß im Triën der Achtringwirklich noch unversehrt vorkanden ist. Dies geschah durch Reduktion

    de3 Triëns mit Platin und "Wasserstoff und durch Oxydation desentstandenen Cyclooctans mit konzentrierter Salpetersäure zu Kork¬säure vom Schmelzpunkt 139 — 140°.

    Für das Cyclooctatriën liegen, wenn man von Körpern mit

    Allenbindungen absieht, zwei Konstitutionsmöglichkeiten vor:

    CH =

    ICIL

    CH— CÏÏ

    III. CH

    CH2—CH=CHA 1.3.5.-Cyclooctatrien

    CH=CH—CH

    1 1und CH2 II. CH

    I I

    OH=CH-CH2A 1.3.6.-Cyclooctatrien

    Da die Konstitution der a-Base selbst noch nicht genügendaufgeklärt ist, so sind vorderhand beide Formen noch sehr wohldenkbar :

    CH2

    CH„

    N(CH3)3OH

    -CH—CH

    CH

    CH2—CH==CHl.-Dimethylaminoeyclooctadien-2.4

    N(CH3)8-OHI

    CH2—CH-CHI IICH9 CH ->

    I"

    ICH = CH-CH2

    l-Dimethylaminocyclooctadien-2,5

    CH =

    I

    CH2!CH,

    CH=

    I

    CH2ICHr

    : CH—CH

    c:H -+- N(CH3)3+ H20

    -CH=CH

    A 1.3.5 Cyclooctatriën

    = CH-CH

    liCH

    = CH-CH.

    -N(CH3)3+H20

    A 1.3.6-Cyelooctatrien

    Die Aufklärung ist zu erwarten von der Oxydation des ausdem Cyclooctatriën entstehenden Dibromidea, das im nächsten Ab¬

    schnitt näher besprochen werden soll.

  • - 48 —

    4. Kohlenwasserstoff C8H8.

    Der nächstliegende Gedanke, das Triën weiter zu dehydro-genisieren war natürlich der, zwei Atome Brom anzulagern und mit

    Chinolin nach dem Vorbild R. Willstätters1) beim Cycloheptadiënzwei Moleküle Bromwasserstoff abzuspalten, um zu dem langgesuchtenTetraën zu kommen. Z. B. :

    H\/BrCH = CH—CH C —CH=CH CH-CH=CH

    I I! I ! II !CH2 CH+2Br>CH2 CH+2C9H7N>2C9H7N-HBr+CH CH

    I I'

    J II I II

    CH2—CH=CH CH2-C—CH CH=CH—CH

    hAbi-A 1.3.5 Cyclooctatriën 1.6 Dibromoyclooctatriën Cyclooctatetraën

    Dabei ist es allerdings höchst unsicher, ob das Brom der

    Thiele'schen ßegel2) folgend, gerade in 1.6-Stellung addiert wird,oder ob es auf irgend eine andere Weise addiert wird. Wenn z. B.

    das Brom in 1.2-Stellung eintritt, wofür schon sichere Beispiele inder Literatur vorhanden sind3), so wird die Bildung des Tetraënskaum zu erwarten sein, da solche Körper erstens große Neigungzeigen, das Brom wieder als solches abzuspalten4) und da zweitens,wenn wirkliche Bromwasserstoffabspaltung eintritt (ohne Bindungs¬wanderung) ein Körper mit Allenbindung entstehen müßte, dessen

    Existenzfähigkeit bei der großen Labilität des Systems doch sehr in

    Frage steht:

    H\/Br H\/BrC—_-C_CH

    I II

    CH2 OH —>I I

    CH2-CH=CH

    Außerdem besitzt ein solcher unsymmetrisch gebauter Körperlange nicht das gleiche Interesse, wie ein Kohlenwasserstoff, dessenKonstitution durchaus die Symmetrie des Benzols aufweist.

    ') Ann. 317, 214, 260 (1901).2) Ann. 300, 87 (1899); 308, 333 (1899).3) VRl.F.W.Hinrichscn, Ann. 336, 128, 323 (1904); s. auch E. Willstätter,

    Ann. 317, 337 (1901).4) W. Markownikoff, J. pr. Oh. [2] 49, 430 (1894).

    CH--CH=C

    IICH

    IICH

    CH9--CH=CH

  • — 49 —

    Aus dem â 1.3.6-Cyclooctatriën entsteht das Tetraën mit viel

    größerer Wahrscheinlichkeit, da sich die beiden Bromatome dortdort höchstens in 1.4- oder dann in 6.7-Stellung anlagern werden. Ausden so resultierenden Formeln für beide Dibromide läßt sich der

    Uebergang in C) clooctatetracn zwanglos erklären:

    CH=cn—OH

    I ll

    CH2 OHI I

    CH-=CH—CH2

    oder:

    CH-=CH-CH

    CH, OH

    CH= CH-CH.

    Br,*

    CH

    OH

    -CH=CH CH—CH=CH

    CH

    CH

    ICH CH

    + Br2>

    CH=CH —CH

    CH

    CH

    H

    Br

    CH

    ICH-CH

    CH CH

    I I!CH^CH-CH

    CH=CH-CH

    I I!CH CH

    II ICH-CH=CH

    JBr H

    Läßt man nach der Vorschrift von J. Thiele1) für Butadiën-dibromid auf Cyclooctatriën bei —5 bis —10 genau ein Molekül

    Brom einwirken, so findet ohne Bromwasserstoffentwicklung glatteAddition statt und es entsteht ein wohl charakterisiertes Dibromid,das sich gegen Promanganat stark ungesättigt erweist und sich ander Luft in kurzer Zeit unter Dunkelfärbung anfängt zu zersetzen.Frisch destilliert ist es ein wasserklares Oel, das auf die Augenstark reizend einwirkt und einen retttigähnlichen Geruch besitzt. Es

    ist mischbar mit Aether, Petroläther, Chloroform und Chinolin, nicht

    mischbar, aber leicht löslich in Meth\l- und Aethylalkohol. Sein

    Siedepunkt liegt unter 9 mm Druck bei 129,6—130,2°.Für dieses Dibromid kommen nicht weniger als 7 Konstitutions¬

    möglichkeiten in Frage, zwischen denen eine Entscheidung zu treffenich noch nicht in der Lage war. Eine Oxydation mit Magnesium-

    permanganat, die ich in alkoholischer Lösung vornahm und die ein

    Resultat von weittragender Bedeutung hätte ergeben können, konnte

    leider wegen Mangel an Material nicht vollendet werden. Von einer

    Wiederholung des Versuches ist eine Konstitutionsaufklärung nicht

    ') Ann. 308, 339 (1899).

  • - 50 -

    nur dieses Dibromides, sondern auch des Cyclooctatriëns und even¬

    tuell des a-des-Dimethylgranatenins nach der einen Seite hin und

    des Kohlenwasserstoffes CgHg nach der andern Seite hin zu erwarten.

    Wenn man das Cyelooctatriëndibromid nach der ausgezeichnetenVorschrift von R. Willstätter') für Cycloheptadiëndibromid mit

    Chinolin erwärmt, so findet zwischen 100 und 150° Reaktion statt

    und zwischen 120 und 180° geht die Hauptmenge eines in Schwefel¬

    säure unlöslichen Oeles über. Es wird so lange weiter destilliert,bis alles Schwefelsäure-Unlösliche übergegangen ist. Der Kohlen¬

    wasserstoff wird in einem kleinen Tropftrichter angesammelt und

    nach dem Trocknen über Chlorcalcium im luftverdünnten Räume

    destillie.it. Sein Siedepunkt liegt unter 10 mm Druck bei 32°, also

    ein geringes, höher als derjenige des Cyclooctatriëns. Eine Siede¬

    punktsbestimmung nach Schleier mâcher2) ergab unter 737 mmden Siedepunkt 142,7—142,8°, corr. 143,7—143,8°. Der neueKohlenwasserstoff ist ein farbloses, auf dem Wasser schwimmendes

    Oel von benzolartigem Geruch, jedoch in Eisessig gegen Permanganatstark ungesättigt. Brom wird nicht in genügendem Maße addiert,nach dem mehr als 1 Mol. Brom hinzugefügt ist, tritt Substitution

    unter BromwasserBtoffentwicklung ein. In seiner Zusammensetzung

    entspricht der Körper eindeutig der Formel C8H8.Durch Reduktion mit Platinmohr und Wasserstoff wurde aus

    ihm ein permanganatbeständiger Kohlenwasserstoff gewonnen, dessen

    Siedepunkt (nach Schleierm acher bestimmt) bei 135,8° unter

    728 mm Druck liegt (137,2° corr.) und ungefähr dem Siedepunktdes Biclooctans von R. Willstätter und T. Kämetaka3) zu ent¬

    sprechen scheint. Das gesättigte Produkt wurde mit konzentrierter

    Salpetersäure zu oxydieren versucht, jedoch entstand das Oxydations¬

    produkt in derart geringer Menge, daß an eine sichere Ermittlungseiner Natur vorläufig nicht zu denken war.

    Wegen der großen Schwierigkeit der Materialbeschaffung ist

    es mir leider bis jetzt nur gelungen, die Existenz dieses analysen¬reinen Kohlenwasserstoffes, der zum mindesten ein Isomeres des

    Cyclooctatetraëns ist, festzustellen ohne seine Konstitution genügendaufklären zu können.

    ') Ann. 317, 259 (1901).

    2) Ber. 24, 944 (1891).

    3) Ber. 41, 1480 (1908).

  • - 51 -

    Für erneute Versuche zur Darstellung des Tetraëns wären

    jedenfalls noch zwei andere Wege in Betracht zu ziehen:1. Durch Einwirkung von Dimethylamin in indifferenten Lösungs¬

    mitteln auf das oben beschriebene Dibromid des Triëns müßte es

    gelingen, eine Mono- oder Di-aminobase zu erhalten, ähnlich wiedies schon bei der Bildung des Cyclooctatriëns von R. Willstätterund H. Veraguth oder bei der Bildung des Cycloheptatriëns vonR. Willstätter mit Erfolg versucht wurde. Aus dieser Base sollte

    nach der Hoffmann'schen Abbaumethode das Cyclooctatetraënerhältlich sein.

    N(CH3)8OHI

    CHBr — CH=CH CH— CH=CH CH-CH=CH

    I III II iCH2 CH->CH2 CH->2N(CH3)3+2H20+CH CH

    I II I II I IIOHa—CHBr—CH CH2—CH- CH CH-CH-CH

    A(CH3)3-OH2. Ein anderer Weg geht vom N-Methylgranatenin aus. Wenn

    man diese Base mit einem Molekül Brom absättigt, (dies ist zwar

    jedenfalls sehr schwer, da sich die Base mit Brom nicht einmal

    titrieren läßt) und auf irgend eine Weise Bromwasserstoff abspaltet,sollte man zu einer doppelt ungesättigten, bicyclischen Base kommen,die bei der erschöpfenden Methylierung eine dreifach ungesättigte,monocyclische Base liefert. Aus dieser Base kann dann, je nachdemsie konstituiert ist, ein Tetraën entstehen (siehe Cyclooctatriënspaltungdes a-des-Dimethylgranatenins) oder aber, und die Wahrscheinlichkeitist gleich groß, ein dem Granatal entsprechender sauerstoffhaltigerKörper :

    CH2—CH— CH2 CH2- CH - CH2 CH2—C—CHill III IIIÖH2 N.CH8CH 4 Br,->. OH, N.CH3 CHBr -> CH, N.CHaCH -

    I I II III I"

    I II

    CHa—CH—OH OH2—CH— CHBr CH2-C CH

    CH—CH=OH

    Jl ICH CH

    I IICH=CH-CH

  • — 52 —

    Experimenteller Teil.

    I. Kapitel.

    Dimethylaminobasen der Cyclooctanreihe.

    A. Abkömmlinge des N-Methylgranatanins.

    1. J4-des-Dimethylgraiiatanin.

    Bei der erschöpfenden Methylierung des N-Methylgranatanins,das ich nach der Vorschrift von R. Willstätter und H. Veraguthaus elektrolytisch reduziertem Pseudo-Pelletierin hergestellt hatte,und der nachfolgenden Destillation des Methylgranataninmethyl-ammoniumhydroxyds ent