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montaigneself-alienation
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HELMUT PFEIFFER Humboldt
Universität Berlin
Montaignes Enteignungen
Abstract: Montaigne's Essais have always been considered an important text in the hi-story of subjectivity; they also have been thought essential for the discussion of the structural fundamentals of subjectivity. The present contribution is not intended, however, as an overall reconstruction of Montaigne's thought about the subject and its subjectivity. The focus is instead on a close discussion of the discursive move-ment in a small number of centrally relevant essays (especially De lapraesumption and De la vanité). It is shown that in using the languages of philosophy and theology Montaigne is spelling out a problematics of subjectivity which goes beyond the ty-pical Renaissance position of topics like the dignitas et miseria hominis. Montaigne's no-tion of subjectivity is a subjectivity on the way to its autonomy, and this autonomy is articulated in its ambivalence between self-presence and self-loss. These findings help to demonstrate how Montaigne is led to reflect on the thematics of recognition and distortion in connection with his project of self-portraiture.
I. Hegel, Subjektivität, bürgerliche Gesellschaft
Die Verwendung von Begriffen wie Subjekt, Person, Individuum, Individualität,
Subjektivität, ist immer auch symptomatisch für anthropologische Optionen, juristische
Normierungen, ethische und geschichtsphilosophische Orientierungen, ästhetische
Präferenzen. Vor allem in jenen reflexiven Begriffsbildungen, in denen von der
Individualität von Individuen oder der Subjektivität von Subjekten die Rede ist, bringen
sich epochale Diskurse zur Geltung, zeichnet sich durch metaphorische
Überzeichnungen der Schatten des Unbegrifflichen am Begriff ab. Die Vieldeutigkeit
des Subjektivitätsbegriffs eröffnet nicht in jeder Hinsicht sogleich die Chance
historischer Profilierung. Als formale Kategorie des Selbstbewußtseins und der
Selbstreflexion ist der Begriff der Subjektivität weder zu historischer Trennschärfe noch
auch zu rezenter Konjunktur disponiert. Es liegt daher nahe, ein spezifisches
Subjektivitätskonzept heuristisch in Erinnerung zu rufen, das den Begriff bei aller
Formalisierung immer schon mit epochalen Umbruchsituationen zusammendenkt — ich
meine
642 Renaissance Pfeiffer: Montaignes Enteignungen 643
Hegels Konzept der Subjektivität beziehungsweise seine Akzentuierung in der Rezeption durch Joachim Ritter und seine Schule. Bekanntlich unterliegt der Hegeischen Konzeption der Subjektivität eine geschichtsphilosophische Kon-struktion, in der- etwas anachronistisch formuliert - mentalitätsgeschichtliche und gesellschaftsstrukturelle Gesichtspunkte ineinanderspielen. Der frühen Neuzeit billigt Hegels Philosophie der Geschichte subjektivitätsgeschichtlich eis ne Scharnierfunktion zu, weil in ihr die spätere, durch die französische Revolfe tion und die .bürgerliche Gesellschaft' bzw. die deutsche Philosophie geleistete Durchsetzung des Prinzips der Subjektivität im Bereich des Religiösen durci) die Reformation vorweggenommen wurde. Andererseits steht für die Heget sehe Ästhetik die Kunst seit dem Mittelalter und der romantischen Kunstform unter dem Primat der .inneren Subjektivität'. Es empfiehlt sich, die Logik die-ses Zusammenhangs kurz in Erinnerung zu rufen.
Die Reformation gilt Hegel, wie es in der „Philosophie der Geschichte" heißt; als die „verklärende Sonne" einer neuen Zeit, sie faßt das geschichtsphilosophi-sehe Moment der frühen Neuzeit in sich zusammen. Der Kern der Luther-schen Lehre liegt demzufolge in der Aufhebung aller Verhältnisse der Äußer: lichkeit, aller Autorität des Amtes und der Tradition durch ein „unmittelbares Verhältnis im Geiste"1, durch die nicht mehr heteronom vermittelte Beziehung von unendlicher und endlicher Subjektivität. Das „Herz", die „empfindende Geistigkeit" des Menschen, kann und soll in den Besitz der Wahrheit kommen, und „diese Subjektivität ist die aller Menschen" .2 Den einzelnen in seiner Subjek-tivität zu erörtern, heißt immer, ihn als allgemeine Person und nicht in nationa-ler, sozialer, religiöser und intellektueller Partikularität aufzufassen - unà àasist eben das Ergebnis von Reformation und Renaissance. Es ist kaum zu überse-hen, in welchem Ausmaß diese Bestimmung seit Jacob Burckhardt in den Epc,i chenbeschreibungen der Renaissance material angereichert und verallgemeinert wurde.3
1 Hegel: Philosophie der Geschichte, S. 495.
2 Ebenda S. 496. - Zum geschichtsphilosophischen Nexus von Christentum insgesamt und Subjektivität vgl. Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 185 (Zusatz): „In der chtisdichen Religion ist vornehmlich das Recht der Subjektivität aufgegangen [...]". 5 205 bringt dann die berühmte, auf die Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft gemünzte For-mulierung, nach der das Ich nunmehr als „allgemeine Person" aufgefaßt werde: „Der Mensch gilt so, weil er Mensch ist,, nicht weil er Jude, Katholik, Protestant, Deutscher,Italiener usf., ist."
3 Erinnert sei nur an die notorisch einschlägigen Formulierungen in Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 131: Im Mittelalter habe der Mensch sich nur erkannt „[...] als Rasse, Volk, Partei, Korporation oder Familie oder sonst in irgendeiner Form des Allgemet,
Die Subjektivität, die sich in der Reformation religiös zur Geltung bringt, ist freilich, wie die „Vorlesungen über die Ästhetik" befinden, als „Prinzip der in-neren Subjektivität" bereits vorher zum Prinzip der romantischen Kunstform geworden. Subjektivität meint dort die Art und Weise, in der sich die Innerlich-keit selbst zum Gegenstand macht, um ihrer Freiheit inne zu werden: „Der wahre Inhalt des Romantischen ist die absolute Innerlichkeit, die entsprechen-de Form die geistige Subjektivität, als Erfassen ihrer Selbständigkeit und Frei-heit."4 In der romantischen Kunst werden religiöse und weltliiche Motive (wie Ehre und Liebe) gleichermaßen dem Prinzip der Subjektivität unterworfen -bis hin zu dem absehbaren Endpunkt des Romantischen, der „Zufälligkeit des Äußeren wie des Inneren"5, der seelenlosen Wirklichkeit einerseits und der in ihrer Besonderheit verharrenden Subjektivität andererseits; letzteres bedeutet für die Kunst die Dissoziation ihrer konstitutiven Momente und signalisiert da-durch dem Bewußtsein die Notwendigkeit, angesichts des bevorstehenden En-des der Kunst sich nach anderen Formen der Erfassung des Wahren umzuse-hen. Die Konstruktion ist bekannt.
Die Binnenmodellierung der Subjektivitätskonzeption im Ästhetischen kann hier nicht nachgezeichnet werden, die Vorstellung der Einheit der romantischen Kunstform ist mit der sie tragenden geschichtsphilosophjschen Konstruktion außer Kurs geraten. Eine Perspektive Hegels aber gilt es im Blick zu halten, die gerade aus der Überlappung und Interferenz unterschiedlicher Ver-wendungen des Subjektivitätskonzepts resultiert: sie öffnet sich, wenn man — wie J. Ritter- den religiös (und ästhetisch) interpretierten Begriff der Subjekti-vität mit dem Konzept der „bürgerlichen Gesellschaft" zusammenbringt, den Hegel in den „Grundlinien der Philosophie des Rechts" «entfaltet, Folgt man dieser Interpretationslinie (die bezeichnenderweise auf den historisch sehr großräumig angelegten VerwendungsSpielraum des Begriffs in der Ästhetik kaum zu sprechen kommt), dann ist Subjektivität in ihrem vollen Umfang nicht denkbar ohne die durch die bürgerliche Gesellschaft realisierte Struktur der ,Versachlichung'. Die Freiheit der Subjektivität bedarf demnach der ausgebilde-ten bürgerlichen Gesellschaft als eines Systems rationaler Herrschaft über die Natur. Gerade deren ausschließlich instrumenteller Charakter setzt die persön-liche Existenz des Individuums zu ästhetischer, ethischer und religiöser Selb-
nen. In Italien zuerst verweht dieser Schleier in die Lüfte; es erwacht eine objektive Betrach-tung und Behandlung des Staates und der sämtlichen Dinge dieser Welt überhaupt; daneben aber erhebt sich mit voller Macht das Subjektive; der Mensch wird geistiges Individuum und erkennt sich als solches."
4 Vorlesungen über die Ästhetik, Bd. II, S. 129.5 Ebenda S. 142.
ständigkeit frei. So kann sich das Subjekt in der Form ,geistiger Subjektivität'' auf den Reichtum seiner Innerlichkeit beziehen. Diese wird zu einem Raum für die Diskriminationen, die die auf ihre Bestände zurückgewendete Subjektivität vollzieht. Die Subjektivität ist die freie, unkonventionelle und nicht autoritativ, sanktionierte ,Form' der Zuwendung zu den Inhalten der Innerlichkeit.
Die sich im Gefolge der französischen Revolution realisierende bürgerliche Gesellschaft legt Diskontinuität zwischen Herkunft und Zukunft, kassiert tra-ditionale Verbindlichkeiten oder drängt sie in die Privatsphäre ab. Genauer: ge-rade weil die bürgerliche Gesellschaft - unter dem Aspekt eines ,,System[s] der Bedürfnisse"'' - alle substantiellen Ordnungen der Vergangenheit entwertet be-ziehungsweise sie auf den einen Zweck der Naturbeherrschung reduziert, er-öffnet sie die neuen und unerhörten Spielräume der Subjektivität, in deren Ver-arbeitung die Innerlichkeit bei sich selbst bleiben kann. Es wird sich zeigen, daß eine strukturell analoge, mit dem Konzept der Selbsterhaltung statt mit dem der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Naturbeherrschung operierende Argumen-tation in der frühen Neuzeit bereits zu vergleichbaren Ergebnissen wie denen geführt hat, die J. Ritter im Anschluß an Hegel geltend gemacht hat, wenn er festhält: „In der Befreiung des Menschen aus der Macht der Natur schafft did Gesellschaft die Bedingung der Freiheit für alle. Aber sogleich löst sie in ihrer ] Beschränkung auf das Versachlichte und aus allen geschichtlichen Zusammen-hängen des Menschseins herausgehobene ,abstrakte' Naturverhältnis den ein-zelnen in seinem von ihr abgetrennten Selbstsein aus allen Formen der Unfrei-heit heraus, die in der Bindung der Freiheit an ihr vorgegebene Ordnungen des Standes wie der Geburt gehört. Sie setzt ihn in seiner Subjektivität frei."7
Natürlich sollte man die fundamentalen Unterschiede, das frühneuzeitliche Fehlen einer geschichtsphilosophischen Perspektive und der skeptische Zwei-fel, der die Selbsterhaltung gerade nicht gesellschafdich organisierter Naturbe-herrschung zutraut, nicht aus dem Auge verlieren. Im Verhältnis zu der - so-wohl geschichdich durchgesetzten als auch philosophisch reflektierten --Position der modernen Subjektivität seit Hegel eignet frühneuzeitlicher Subjek-tivität noch eine ambivalente und partielle Struktur. Inhaldich heißt das zu-nächst, daß ihre Freiräume regional unterschiedlich sind, im Ästhetischen wei-ter fortgeschritten als im Religiösen, im Ethischen und Politischen unablässig" auf Verhandlungen mit gegebenen, aber prekären Ordnungen angewiesen. For-mal verkörpert Montaignes essayistisches Verfahren sicherlich ein zentrales Pa-radigma, und zwar sowohl in der Diskontinuität seiner Negationen als auch im
gebrochenen Spiel seiner Affirmationen. Aber der frühneuzeitliche Essay mu-"ter^slch keinen geschichtsphilosophischen Fortschritt zu. Wo sich die Versach-lichungsstruktur der bürgerlichen Gesellschaft mit ihrer Macht der Differenz und Entzweiung weder real noch spekulativ durchgesetzt hat, bleiben die Spielräume der Subjektivität regional umgrenzt und ihres systematischen Anspruchs unsicher. Was Hegel schließlich an der sich aufspreizenden Subjektivität der bürgerlichen Gesellschaft zu tadeln weiß, die Besonderheit des Willens als bloße Willkür und zufälliger Inhalt beliebiger Zwecke,8 so kann sich diese Blasiertheit dort noch kaum zur Geltung bringen, wo der Gestus der Distanznahme noch vom Selbstzweifel, ja von der Selbstinkulpation überlagert bleibt. Insgesamt läßt sich die essayistisch-moralistische Literatur der frühen Neuzeit als Ort von Verhandlungen begreifen, in dem der Verpflichtungsgehalt von Traditionen und Institutionen in die Distanz gespielt wird, und andererseits die Subjektivität in ihrem Selbstbezug gar nicht umhin kann, sich immer wieder auf das von ihr Negierte zu beziehen. „De l'utile et de l'honneste", „Du repentir", „De mesnager sa volonté" - schon die Titel einzelner Essays zeigen, wie Montaigne immer wieder die Geltungsansprüche ethischer, politischer und religiöser Traditionen, die er hinter sich gelassen hat oder lassen will, zitiert und zitieren muß, weil er anders dem Anspruch der eigenen Subjektivität gar keine Prägnanz verleihen könnte. Montaignes Thema ist nicht die Entzweiung, der Antagonismus von Subjektivität und Gesellschaft, sondern das Spiel wechselnder Distanzen, das die Subjektivität im ausgehöhlten Rahmen überkommener Ordnungen inszeniert.
IL Außen und Innen, Ruhm und „culture de l'ame" („De la gloire", „De la praesumption")
Der Essay „De la gloire" präsentiert sich als massive Kritik des Strebens nach Ruhm, nach fortdauernder Präsenz im Gedächtnis der Nachwelt. Unausge-sprochen steckt darin eine Polemik gegen den Humanismus und die dort dem Poeten und Philologen vindizierte Funktion für das kulturelle Gedächtnis. Die Verschränkung von eigenem Ruhmerwerb und Funktion der Ruhmdistribution, von der schon Jacob Burckhardt unter dem Stichwort „Der moderne Ruhm" in seiner „Kultur der Renaissance" in Italien handelt, bezeichnenderweise in dem Abschnitt über die „Entwicklung des Individuums", zerfällt bei Montaigne in die Inkommensurabilität von Selbstwahrnehmung und kulturel-
6 Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 188.7 Ritter- Subjektivität, S. 28-29. 8 Grundlinien, § 25.
646 Renaissance Pfeiffer: Montaignes Enteignungen 647
lern Gedächtnis. Die potentielle Manipulierbarkcit der subjeküvierten, von öffentlichen
Parametern wie der Standesehre losgelösten Präsenz im kollektiven Gedächtnis gibt der
Kategorie des modernen Ruhms im Zusammenspiel von persönlich errungener und
poetisch-philologisch distribuierter Notorietät eine ambivalente Qualität. Montaigne ist
demgegenüber an einer Opposition interessiert. Die Art und Weise, wie ein im
Gedächtnis bleibender Name tradiert wird, ist für ihn Indiz für die „vanité des jugemens
humains"9. Auch die „Essais" als Buch des Selbst haben es mit dem Urteil zu tun -
Montaigne redet be-kanndich von den „essais" seines „jugement" - aber in ihnen ist die
Urteilskraft in ihrem genuinen Element, dem Eigenen oder Angeeigneten. Das Urteil
über den anderen, von dem nur noch der Name bleibt, und das Urteil über das eigene Ich
operieren mit heterogenen Parametern. Steht auf der einen Seite die Un-Zuverlässigkeit
der Überlieferung und des Wissens, kurz: Äußerlichkeit und Distanz, so auf der anderen
eine Nähe der Vertrautheit und Selbstpräsenz, die. Zugänglichkeit und verläßliches
Zeugnis garantiert: „Voylà comment tous ces jugemens qui se font des apparences
externes, sont merveilleusement incertains et douteux; et n'est si asseuré tesmoing
comme chacun à soy-mesme" (S. 626). Die apodiktische Opposition von Innen und
Außen betrifft essentiell die Möglichkeit eines Textes, dessen „matière" das eigene Ich
sein soll und dessen Form; die „essais" der Urteilskraft darstellen, so daß sich im
„essayer" die Subjektiv' tat der Selbstthematisierung zur Geltung bringen kann.
Zur Begründung der Opposition rekurriert Montaigne in „De la gloire" — wie auch
schon in dem thematisch verwandten „Des noms"10 - auf Positionen eines
sprachphilosophischen Nominalismus. Vor der Empfehlung, sich weniger um die Welt
als um das eigene Ich zu kümmern, steht die Erörterung des Verhältnisses von Wörtern
und Dingen. ,Les mots et les choses' gehorchen aber bei Montaigne keiner Episteme der
Ähnlichkeit mehr. Das Wort bezeichnet, Repräsentiert' das Ding, aber es gehört ihm
nicht über einen ähnlichkeitsvermittelnden dritten Term wirklich an. Die Sprache meint
zwar die Welt, aber sie trifft sie nicht. Der Ruhm ist dafür ein schlagendes Beispiel, das
Ruhmstreben Illustration der Illusionsaffinität des Urteilsvermögens. Die Sprache des
Ruhms redet über Dinge, die sie nicht erreicht, und die sie gerade deshalb imaginär ins
Grenzenlose zu steigern vermag: „Il y a le nom et la chose: le nom, c'est une
voix qui remerque et signifie la chose; le nom, ce n'est pas une partie de la chose ny de
la substance, c'est une piece estrangere joincte à la chose, et hors d'elle" (S. 618).
Jedenfalls gehört der Name dem Individuum nicht wirklich, wie Montaigne am
Beispiel seines (seiner) Namen verdeutlicht: der eine (Montaigne oder Eyquem) bezieht
sich auf die Familie (oder „race"), der andere (Michel) ist jedem verfügbar, der ihn
verwenden will. Konsequenz: „[...] je n'ay point de nom qui soit assez mien [...]" (S.
626).
Wenn das Verhältnis zu fremden Ruhmansprüchen sich über die Äußerlichkeit der
Namen einspielt, so profiliert Montaigne demgegenüber die Selbstvermittlung des
Subjekts als eine sprach- und zeichenlose Wahrnehmungsgewißheit. Natürlich bedarf
das Selbstporträt, das Montaigne dem anonymen Leser offeriert, selbst sprachlicher
Vermittlung. Montaigne hat den Übergang von vorgängiger, durch den Text erneuerter
Vertrautheit, zur Anonymität der Lektüre, in der ein Bild entsteht, das keinen
Wiederholungscharakter trägt, wiederholt als Problem zur Sprache gebracht, so schon
im „Avis au lecteur". In „De la gloire" aber steht eine andere Opposition im
Vordergrund. Den Fiktionen, die durch den Ruhm entstehen, steht das Privattheater der
Seele gegenüber, für das es nur einen privilegierten Beobachter gibt: „Ce n'est pas pour
la montre que nostre ame doit jouer son rolle, c'est chez nous, au dedans, où nuls yeux
ne donnent que les nostres [...]" (S. 623).
Fremdwahrnehmung (und Äußerlichkeit des Namens) versus Selbstwahrnehmung
(im innengerichteten Blick) — dieser eindeutig markierte Gegensatz wird zunächst
sprachkritisch, im weiteren aber auch anthropologisch begründet. Montaigne bemüht
die Motive einer Anthropologie des ,armen' Menschen". Wenn die Seele vor dem nach
innen gewendeten Blick ihre Rolle spielt, so tut sie das gerade nicht, um mit ihrem
Reichtum zu paradieren. Anders als die Selbstwahrnehmung Gottes kann sich der Blick
der Subjektivität nicht auf die „plenitude" einer substantiellen Fülle beziehen, sondern
ist mit einem Mangel konfrontiert, der das anthropologische Ausgangsdatum bildet.
„Nous sommes tous creux et vuides [...]" (S. 618). Diese Leere mit den „ornemens
externes" des Ruhms zu füllen, heißt nur, Leere auf Leere zu türmen.12 Substantielle
9 Montaigne: Essais, Villcy/Saulnicr (Hrsg.), S. 629 (im folgenden mit Seitenzahl im Text zitiert). 10 Vgl- S.
279: „Où asseons nous cette tenommée que nous allons questant avec si grand peine? C'est en somme Pierre ou
Guillaume qui la porte, prend en garde, et à qui elle touche [...] Et ce Pierre ou Guillaume, qu'est-ce, qu'une
voix pour tous potages?" Vgl. zu dem Thema auch Compagnon: Montaigne, h. 53-97.
11 Vgl. dazu Blumenbeig. Anthropologische Annäherung. — In: Blumenberg-. Wirklichkeiten, S. 104-136
12 Vgl. S. 618: „[...] ce n'est pas de vent et de voix que nous avons à nous remplir, il nous faut de la
substance plus solide à nous reparer." Vgl. De la vanité: „Je reviendrais volontiers de l'autre monde pour
démentir celuy qui me foimeroit autre que j'estols, fut ce pour m'hono-rer. Des vivans mesme, je sens
qu'on parle tousjours autrement qu'ils ne sont." (S. 983) Der Ruhm steigert also die in jeder Fremdrede
inhärente Deformations- und Transformations-, tendenz.
Fülle ist erst das Ergebnis der Selbstbearbeitung, der „culture de l'ame" (S 658) Fur die
diskursive Ökonomie der in „De la gloire" (ex negativo) vorbereiteten, in „De la
praesumption" postulierten „culture de l'ame" ist es charakteristisch, daß der Reichtum
der Subjektivität keine Ausgangsgroße ist, sondern selbst produziert werden muß Ist der
Vorrang der Selbstbeobachtung sprachkritisch begründet, so die Dringlichkeit der
Selbstkultur über eine Anthropologie des Mangels Die Fülle des Individuums verdankt
sich weder der Natur noch der Äußerlichkeit distnbuierten Ruhms, sondern der Sorge,
mit der sich die Subjek tivitat des Selbst auf sich bezieht, um sich durch
Selbststeigerung anzureichern „Je veux estre riche par moy, non par emprunt " (S 625)
Selbstbeobachtung und Selbststeigerung — zu eigenen, nicht zu fremden
Konditionen — mögen eine Wurzel in der Natur des Menschen haben, von der
Gesellschaft, von der „ineptie de nostre institution" (S 660), werden sie jedenfalls nicht
gefordert, sondern allenfalls verhindert Wiederholt, insbesondere in „De l'exercitation"
und „De la praesumption", hat Montaigne das gesellschaftliche Tabu der Selbstrede
kritisiert „La coustume", so heißt es in „De l'exercitation", „a faict le parler de soy
vicieux, et le prohibe obstineement en hayne de la ventance qui semble tousjours estre
attachée aux propres tesmoignages " (S 378) Die Gesellschaft behandelt sozusagen das
bloße Faktum des über sich selbst Redens als „praesumption" Der Fssay dieses Titels
macht wiederum die „loix de la cérémonie" fur das Verbot der Selbstrede verantwortlich
Wie auch immer die verantwortliche Instanz aussieht, die Konsequenz des Verbots ist
jedenfalls, daß die Formen der Selbstreferenz und der Selbstzuwendung einer subjektiven
Willkür überlassen bleiben, ohne in der gesellschaftlichen Kommunikation eine Rolle zu
spielen Zwar gibt es institutionell geforderte Formen der Selbstthemaüsie-rung, am
ausgeprägtesten natürlich in der kirchlich verordneten Beichtpraxis, auf die Montaigne in
„Du repentir" zu sprechen kommt Aber die Intentionen und Aktionen, die weder
heilsrelevant noch ruhmvoll sind, und die den Zentral-bereich von Montaignes
Selbstbeobachtung ausmachen, sind aus dem Raum öffentlicher Kommunikation
ausgesperrt Die gesellschaftlichen Sprachen liefern dem Individuum, das sich obstinat
den gesellschaftlichen Rollenspielen verwei gert, keine Modelle des „self-fashioning"
Montaignes Situation ist nicht die der Tulle modellgebender Diskurse und
exemplarischer Vorgaben, sondern ein Redeverbot, das die Selbstthematisierung
orientierungslos werden laßt und daher ganz zur Leistung der Subjektivität macht Die
„Essais" wenden diese Negativi tat ins Positive weil es keine fraglos normativen Modelle
der Selbstbeobachtung und bearbeitung gibt, ist die Subjektivität in der Konstruktion
und Beobachtung des Eigenen freigesetzt, alle Ressourcen aus sich selbst zu beziehen
Die gesellschaftliche Konventionalltat der ,Zeremome' erzeugt also eine Opposition
von Innen und Außen, sie setzt auf Zeichenhaftigkeit, Äußerlich
keit und Schein, sie interessiert sich nicht fur die Selbstkultur des Subjekts Ganz im
Gegenteil sie erzeugt einen zentrifugalen Sog, „la cérémonie nous emporte, et laissons
la substance des choses [ ]" (S 632) Der gesellschaftlich sanktionierte Blick ist der Blick
auf die anderen in ihrer Äußerlichkeit, paradig mansch im Interesse am Ruhm Dort stoßt
dieser Blick auf eine trügerische Welt der Zeichen, der Fiktionen des Selbst Die
Innenrichtung des Blicks in der Selbstbeobachtung hat aus der Perspektive der
Ublichkeiten, der „coustume", keineswegs den Charakter des Natürlichen und
Naheliegenden, sondern den provokativer Reaktion Montaigne macht es seinen Lesern
unmißverständlich deutlich „Chacun regarde devant soy, moy, je regarde dedans moy je
n'ay affaire qu'a moy, je me considère sans cesse, je me contrerolle, je me gouste " (S
657) Die Insistenz der selbstreferentiellen Metaphortk veranschaulicht Mon taignes
Bewußtsein, daß es sich um em gegenüber den gesellschaftlichen Ublichkeiten
exzentrisches Verhalten handelt Der Vorrang der Selbstkultur be gründet die Polemik
gegenüber der Äußerlichkeit des Ruhms „De la praesumption" aber wird von einer
spezifischen Pathologie der Selbstthematisierung handeln, die die Selbstkultur zu
verzerren droht
III Selbstvergroßerung und Selbstverklemerung („De la
praesumption")
Montaignes bevorzugte „estude", der Mensch, ist fur ihn ein Gegenstand, der angesichts
eines labyrinthischen Durcheinanders der Meinungen und Urteile hoffungslos im
Dunkeln liegt Der Ursprung des Wissens in den Vermögen der Menschen ist notorisch
kein Gegenstand des Wissens Die Gesellschaft wendet sich lieber der Äußerlichkeit des
Ruhms zu Die weltverfallene „curiosité" ver meidet das Thema des Menschen und
seiner Selbsterkenntnis So drangt sich der Befund auf, daß die Weisen der
Selbstzuwendung keinen Halt in einem ge sicherten anthropologischen Wissen haben
Diese Haltlosigkeit setzt einerseits die Subjektivität frei, bildet aber andererseits die
Voraussetzung der „présomption", durch die das Ich in seiner Selbstbezuglichkeit in die
Irre geht Montaig ne definiert die „présomption" als einen Affekt, der imaginäre
Selbstvergroße rung hervorruft, als „affection inconsidérée, dequoy nous nous
chérissons" (S 631)n Mit dieser Formulierung ergibt sich natürlich die Schwierigkeit,
daß
13 Montaigne unterscheidet zwei Aspekte des Affekts „Il y i deux parties en cette gloire sçi voir est, de s estimer trop, et n'csomei pas assez autruy ' (S 633) Der Fssay behandelt auch beide Aspekte, allerdings steht der erste eindeutig im Vordergrund — Die „Apologie de Rai mond Sebond" macht den theologischen und traditionell kosmologischen Hintergrund des
650 Renaissance Pfeiffer Montaignes Enteignungen 651
Montaignes Beschreibung einen Maßstab unterstellt, dessen Verfugbarkelt sie zunächst
verneint hatte Sieht man von diesem argumentationslogischen Problem ab, so ist
unschwer zu erkennen, daß Montaignes „présomption" mit dem augustinischen „amor
sui", der erasmianischen Philautle beziehungsweise dem moralistischen „amour-propre"
eine Familienähnlichkeit aufweist Auch La Rochefoucauld wird in der Selbsdiebc ein
Moment der Selbstentzogenheit ausmachen 14 Was Montaigne an dem Thema vorrangig
interessiert, ist der Aspekt der affektiv verzeirten Repräsentation Falsche
Vergegenwartigung charakterisierte ja exemplarisch die Beziehung zu den anderen über
das Medium des Ruhms. Nun wird deudich, daß das Selbstverhaltnis des Subjekts
keineswegs so unproblematisch transparent ist, wie der Gegensatz zu den Fiktionen des
Ruhms nahegelegt hatte.
In seiner Substanz stammt der Essay „De la praesumption" aus der Zeit zwischen
1578 und 1580, liegt also vor der Ruckkehr Montaignes in den Raum politischer
Offendichkeit durch die Übernahme des Bürgermeisteramts von Bordeaux Die
Erfahrung des Amtes, die in den Texten des dritten Bands der „Essais" ein
unhintergehbarer Bezugspunkt ist, und die die Relation von Oüum und Negotium,
Selbstkultur und engagement' erheblich komplizieren wird, kann in „De la
praesumption" keine Rolle spielen Der lissay steht noch ganz im Zeichen des 1571
vollzogenen Ruckzugs in den Turm und der resoluten Abwendung von
den ,Hypotheken' der öffentlichen Beziehungen Die Konzentration auf den Selbstbezug
wird deshalb auch dadurch erleichtert, daß die Vermutung der gesellschaftlichen und
geschichtlichen Ortlosigkeit und Un-brauchbarkeit der Vermögen des Michel de
Montaigne unangefochten scheint: „Les qualitez mesmes qui sont en moy non
reprochables, je les trouvois inutiles en ce siècle." (S 646) Damit werden von vornherein
die Ansprüche der „cérémonie" oder der Politik beiseitegeschoben- Was auch immer
den naturhaften oder erworbenen Bestand des Individuums ausmacht, fur die Zeitlaufe
ist er jedenfalls nicht brauchbar So legitimiert sich der Ruckzug in die Privatsphare des
Turms, so erklart sich ein unübersehbarer Schematismus in der Argumentation wie in
der Behandlung des exemplarischen Matenals
Der Eingang des Textes evoziert eine quasiallegorische Figur der Wahrheit, die sich
dem Subjekt zuwendet und es über sich selbst aufklart Erst mit der
Themas deutlich „I a presomption est nostie maladie naturelle et originelle La plus calami-teuse et halle de
toutes les creatines, c'est l'homme, et quant et quant la plus oigueilleuse " (S 452) 14 Vgl La Rochefoucauld
OEuvrcs, S 356 „L'amout propre est l'amour de soi même et de toutes choses pour soi [ J On ne peut sonder la
profondeur ni percei les ténèbres de ses abîmes [ ]"
„présomption" kommt ein „jugement trouble et altere" ins Spiel, das nicht sehen will
„ce que la vente luy présente" (S 632). Dem spielt naturlich die Cérémonie' als
gesellschafdich sanktionierte Form zentrifugaler Selbstabwendung in die Hand
Gesteigert wird die Virulenz det „présomption" durch die ihr von Montaigne allegorisch
assoziierte „ambition" Es geht nicht nur um imaginäre Selbstvergroßerung, sondern
zugleich um Reputation und Ruhrtl „Ambition", ein Grundbegriff der politischen
Theone seit Machiavelh, meint eine Dynamik des Individuums, dessen
Selbsterhaltungsanspruch etablierte Oidnungen ge fahrdet Montaigne laßt die Kehrseite
dieses Anspruchs sichtbar werden die grenzüberschreitende Unruhe der „ambition"
produziert eine Weltverfallen-heit, die er vermittels einer ökonomischen Metapher des
Kredits und der Hypothek veranschaulicht und kritisiert15 Ein über „présomption" und
„ambition" organisiertes Selbst- und Weltverhaltnis gefährdet demnach sowohl die
zeitlich horizontale Kontinuität des Individuums als auch vertikal seine Selbst
transparenz16 Das Ich verliert seine bildhafte Identität, es wird dezentriert und
maskenhaft, es folgt der von Montaigne verabscheuten machiavellistischen Devise des
„se faindre et contrefaire sans cesse"17
Wie kann sich die „présomption" im Ich einnisten? Angesichts der postulierten
Selbstprasenz des Ich in der Subjektivität seiner Selbstzuwendung scheint eine solche
Besetzung eher unwahrscheinlich Montaigne fuhrt das Thema deshalb zunächst auch in
der Perspektive der Fremdzuschreibung ein Der vom jeweiligen Gegenüber beobachtete
Korper, die expressive Außenhaut des Ich, wird zum Trager der Zeichen der
„piesomption", die sich der Selbstwahrnehmung entzieht Diese Lesbarkeit von Mimik
und Gestik habe ein tradiertes Deutungswissen hervorgebracht Ciceros gerümpfte Nase
sei etwa als Zeichen eines „naturel moqueur" zu verstehen Das Faktum der „presompti
on" gehört fur Montaigne zu einer sozusagen anthropologischen Doxa, die die
expressiven Zeichen des Korpers im Blick auf die m ihnen zur Geltung kom-
15 S 645 „Car, de me mettre en peine pout un' espérance incertaine et me soubmctltc a toutes les difficultéz
qui accompaignent ceux qui cerehent a se pousser en eiedit sul le commence ment de leurs progrez, je ne
l'eusse sçeu faite [ ]" Dabei ist sich Montaigne, wie ei spater einraumt, über einen unhintergehbaren
fundus eigener „ambition" duichaus im klaren „Je me sens fumer en Finie pai fois aucunes tentations vers
l'ambition, mais je me bande et ob sune au contraire [ ]' (S 992)
16 Dieses Thema wird im folgenden bssay, „Du démentir", im Blick auf die „société politique wiedei
aufgenommen
17 Die Grundmaxime machiavellistischer Politik lautet lur Montaigne „qui ne scan se faindre, ne sçatt pas
régner" (S 648) bine solche Maxime übersehe aber die Zeitdimension politi sehen Handelns man schließe
im 1 aufe der Zeit mehr als einen Vertrag ab, der „premier gain" bringe „infinis dommages suivants"
hervor
menden Dispositionen lesbar macht; kommentarlos zitiert er die ihn selbst be-treffende
Expertise dieses tradierten Wissenshabitus: „Il me souvient donc que, des ma plus
tendre enfance, on remarquoit en moy je ne scay quel port de corps et des gestes
tesmoignants quelque vaine et sotte fierté." (S. 632—633) Die iri den „bransles du
corps" lesbaren Zeichen entziehen sich dem Zugriff ihres Trägers, er erfährt sie als
etwas Fremdes. Von der eigenen „présomption" kann jeder nur im Blick auf die der
Selbstbeobachtung zugänglichen „bransles de Tarne" sprechen. Allerdings liegt dieser
Beobachtung eine Paradoxic zugrunde: „Présomption" ist für Montaigne eine Form des
Nichtwissens und daher der Selbstvermeidung, sie konvergiert mit den Empfehlungen
der .Zeremonie' und steht im Gegensatz zur Selbsterkenntnis.18 Wie aber soll eine
solche Selbstvermeidung als Selbstbeobachtung ihres eigenen Grundes funktionieren?
Als Parteigänger einer Anthropologie des ,armen' Menschen, die die „trop bonne
opinion que l'homme a de soy" (S. 634) korrigieren möchte, und als Virtuose der
Selbstbeobachtung steht Montaigne der „présomption" fern. Die Beobachtung seiner
„bransles de l'ame" konstatiert eine Inversion des Affekts, die Neigung zur
Selbstverkleinerung, also sozusagen zur ,anti-présomption'. Das anthropologische
Wissen von der Negativität des Menschen erzeugt einen Habitus, der seinerseits die
Selbstwahrnehmung orientiert. In der Art und Weise, wie er dies tut, illustriert er aber
weniger ein vorgegebenes Wissen als eine „erreur d'ame", die einen immer wieder
erneuerten, aber letztlich erfolglosen Versuch der Korrektur motiviert.19 Das
anthropologische Wissen färbt die Selbstpräsenz, die Allgemeinheit des Diskurses wird
in der Anwendung auf das Individuelle zum Zerrspiegel. Das Verhältnis von Eigenem
und Fremdem, von Nähe und Ferne, unterliegt einer Verkehrung, die von der
Applikation des Wissens ausgelöst wird, aber von diesem nicht mehr gedeckt ist: „C'est
que je diminue du juste prix les choses que je possède, de ce que je les possède; et
hausse le prix aux choses, d'autant qu'elles sont estrangeres, absentes et non miennes."
(S. 633—634) Das Eigene, das das Subjekt in seiner Selbstkultur anreichert und
vergegenständlicht, wird durch den Habitus der Selbstverkleinerung einer permanenten
Negation unterzogen. „De la vanité", dessen Titelkonzept der „présomption" nahe steht,
diagnostiziert die Neigung „de nous plaire plus des cho-
18 Vgl. die folgende Beschreibung: „[...] ces gens là n'ont peu se résoudre de la connoissance d'eux mesmes et de leur propre condition, qui est continuellement présente à leurs yeux, qui est dans eux; puis qu'ils ne sçavent comment branle ce qu'eux mesmes font branler, ny com-ment nous peindre et deschiffrer les ressorts qu'ils tiennent et manient eux mesmes [...]" (S. 634).
19 S. 633: „J'essaye à la [die „erreur de l'âme", von der die Rede war] corriger; mais l'arracher, je ne puis."
ses estrangeres que des nostres" als eine strukturelle Möglichkeit der „conditions
humaines" (S. 984) und illustriert sie am Gegensatz von Haushalt und Reise. Dabei
treten Montaignes Erfahrung als Schloßherr und seine große Reise nach Deutschland, in
die Schweiz und nach Italien in eine Konfrontation ein, die im Gegensatz von Nähe und
Ferne die Opposition des Eigenen und des Fremden chiastisch verkehrt: Das Nahe, der
Haushalt, erscheint dann als Ort drohender Fremdbestimmung und Heteronomie,
während die Ferne fremder Länder zum Gegenstand des Selbstgenusses der
Subjektivität im Fremdgenuß der „diversité" wird. Die unter Bedingungen der Muße
und der Freiheit erfahrene Fremde wird gleichsam zum Eigenen der Subjektivität, die in
der Vielfalt der Sitten die Vielfalt des Menschen erfährt; das unter Bedingungen der
Unfreiheit (des Erbes) übernommene Eigene des Hauses entfremdet sich dem um seine
Freiheit besorgten Erben. Ich komme darauf zurück. Zunächst ist festzuhalten:
Montaigne beobachtet seine Selbstbeobachtung; in dieser macht sich - so die Diagnose
— ein Habitus der Selbstverkleinerung geltend, in dem sich anthropologische Doxa und
Selbstwahrnehmung überkreuzen. „De la praesump-tion" exponiert dieses Thema, nicht
ohne dem Leser implizit nahezulegen, die Darstellung im Akt der Lektüre zugunsten
Montaignes zu korrigieren; kaum ein Leser der „Essais" hat Montaigne diese
,Gerechtigkeit' der Rezeption verweigert.
Dem kommt natürlich entgegen, daß Montaigne den affichierten Habitus der
Selbstverkleinerung in „De la praesumption" selbst sabotiert. Diese Tendenz zeigt sich
beispielsweise, wenn er auf die Qualität seines „esprit" zu sprechen kommt. Zunächst
greift auffällig der Gestus der Negation. Montaigne handelt von seinen poetischen
Versuchen als mediokren „effects de l'esprit", genauer: von der Unfähigkeit, poetisch
etwas herzustellen, was dem Anspruch seines an der Antike geschulten Urteils genügen
würde. Aller „approbation d'autruy" zum Trotz: „il n'est jamais party de moy chose qui
me remplist [...]" (S. 635), allenfalls der Vergleich mit Schwächerem könne günstig
ausfallen. Der Vielleser und Experte ästhetischer Wahrnehmung vernichtet den
Produzenten, die Beobachtung kritisiert die Produktion, Aisthesis schlägt Poiesis:
Montaigne hat Maßstäbe im Blick, aber er bringt nichts hervor, was dem entspräche. Als
Dichter habe er nie etwas zustandegebracht, was dem Anspruch seines Urteils
standgehalten hätte: „J'ay la veue assez claire et réglée; mais, à l'ouvrer, elle se trouble;
comme j'essaye plus évidemment en la poésie." (S. 635)
Man muß diese und andere notorische Gesten der Selbstverkleinerung nicht in allen
Details verfolgen. Aufschlußreicher ist, wie sie den Raum einer Gegenbewegung
eröffnen: in der vertikalen Urteilsstruktur macht sich eine horizontale Differenz geltend,
die in der ,anti-présomption' den Raum potentieller „présomption" schafft. Wenn
Montaigne im folgenden die Qualität seines Stils
654 Renaissance Pfeiffer: Montaignes Enteignungen 655
erörtert, so steht neben der N egation aus dem Blickwinkel des rhetorischen Urteils (der
eigene Stil ist regel- und formlos)20 die Affirmation aus der Perspektive der natürlichen
Form', die keiner Rechtfertigung bedarf. Die rhetorische Norm empfehle die
Nachahmung Plutarchs und damit einen „Stile aequable, uny et ordonné" (S. 638); die
eigene Neigung treibt Montaigne zur Nachahmung Scnecas und damit zu einem „parier
informe". Die Diskussion der Machart („farcisseure") des Essay in „De la vanité" wird
das Spiel von Negation und Position schließlich zu einer sehr viel offensiveren
Verteidigung des eigenen „esprit" und seines Stils umkehren: der unaufmerksame Leser
könne sich in seinem Text verlieren, der Autor habe das Thema stets präsent21. Wenn
dann dort von einer spezifischen „alleure poétique" mit ihrer „merveilleuse grace" die
Rede ist, und Piatons „Phaidros" als Beispiel zitiert wird, dann ist offensichtlich gegen
rhetorisch-poetologische Normen der Sog unterschwelliger Selbstvergrößerung gesetzt.
Der essayistische Parcours in „De la praesumption" ist zurückhaltender, aber in
seiner antirhetorischen Rhetorik kaum weniger effektiv. Der Text setzt mit dem Motiv
der Selbstverkleinerung an, zitiert eingespielte Urteilsnormen im Blick auf den Stil der
Poesie und bringt dann die Differenz eines eigenen, in der .Neigung' der „forme
naturelle" manifestierten Stils zur Geltung. Die natürliche Form' des Individuums
Montaigne sperrt sich gegen die im Kanon des ästhetisch-rhetorischen Urteils präsenten
Normen;22 die im Gestus der Selbst-
20 S. 637: „[...] un parler informe et sans regle, un jaigon populaire et un procéder sans definition, sans
parution, sans conclusion, trouble [...]"
21 S. 994: „C'est l'indiligent lecteur qui pert mon subject, non pas moy; il s'en trouvera tousjours en un coing
quelque mot qui ne laisse pas d'estre bastant [...]"
22 Ähnliches gilt fur die litorterung des Korpers. Auch hier spricht „De la praesumption" zunächst eine
normative Rede. Gerade im Blick auf die körperliche Gestalt halt sich Montaigne für defizient. Da et
„d'une taille un peu au dessoubs de la moyenne" ist, geht ihm die „aut-honté que donne une belle presence
et majesté coiporelle" (S. 640) ab, die sowohl fur den Hofmann wie fur den Krieger von Bedeutung sei.
Nun weist zwar das Portiat seiner „condition corporelle" vor allem negative Parameter auf — geringe
liignung zu körperlichen Übungen, zum Fechten oder zum Tanz, schlechter Gesang und mangelnde
Beherrschung vori Musikinstrumenten, unlesbate Handschrift wie Unverstandhchkeit beim Vorlesen. Aber
diese Deskriptionselcmente konvergieren doch wesentlich in der Negation sozialer Kompetenzen, wie sie
das 16. Jahrhundert vor allem mit der Figur des Hofmanns assoziiert (nicht umsonst spielt Montaigne auf
Castighone an). Dem steht eme gegenläufige Bcschreibungs-tendenz gegenüber, die eine in sich ruhende
Mitte konnotiert: „J 'ay au demeurant la taille forte et ramassée; le visage, non pas glas, mais plein; la
complexion, entre le jovial et le melan-cholique, moiennement sanguine et chaude [...]" (S. 641) In ihr
erfüllt sich gegen die negierte soziale Normativität der Anspruch einer engen Verbindung von Korper und
Seele, wie er nach dem Beispiel der bhe in der christlichen Lehre, aber auch in Teilen der antiken Philoso -
phie formuliert worden sei. Wenn es also heißt: „Mes conditions corporelles sont en somme
Verkleinerung eingeführte individuelle Defizienz erspielt sich im antirhetorischen Stil
den Freiraum entlasteten und reflektierten Selbstgenusses:
Au demeurant mon langage n'a nen de facile et poly: il est aspte et desdaigneux, ay-ant ses dispositions Libres et déréglées; et me plaist ainsi, si non par mon jugement, par mon inclination: Mais je sens bien que par fois je m'y laisse trop aller, et qu'à force de vouloir éviter l'art et l'affectation, j'y retombe d'une autre part [...] (S. 638).
Die Rhetorik der Negativität und Selbstverkleinerung macht einer Rhetorik affirmativer
Differenz Platz. Gegen die Normativität disziplinaren Wissens lauft der Selbstgenuß
der Differenz, in dem Maße, daß der Wille zur Natürlichkeit in die Affektation der
Natur und in die Erfindung des Eigenen kippt. Montaignes Verfahren läßt sichtbar
werden, daß es neben der Vertikalität der „présomption" eine horizontale Relation des
Selbstgenusses gibt, die sich dem Schema von Vergrößerung und Verkleinerung
entzieht und die die Differenz von Hervorbringung und Beobachtung, von Poiesis und
Aisthesis negiert.
IV. Das Eigene und das Fremde („De la
praesumption", „De la vanité")
Im § 43 der „Grundlinien der Philosophie des Rechts" weist Hegel auf eine
fundamentale Ambivalenz geistiger Geschicklichkeiten (Wissenschaften, Künste,
Kenntnisse, Fähigkeiten) hin. Sie haben sozusagen eine Außen- und eine Innenseite.
Einerseits fungieren sie als Sachen, insofern sie Gegenstände des Verkehrs, des
Vertrags und Verkaufs werden können; andererseits sind sie ein „Inneres und
Geistiges", subjektiver Bestand und Eigentum der Subjektivität. Sie sind dazu
disponiert, in den Code des Eigenen und des Fremden hineingezogen zu werden.
Montaigne läßt diese Doppelseitigkeit produktiv werden, wenn er auf die Dimensionen
seines Wissens und Könnens zu sprechen kommt. Wiederum wird der Habitus der
Selbstverkleinerung funktionalisiert, und zwar im Flinblick auf die Grenzen des
Eigenen und des Fremden. Wenn die landläufige Selbstvergrößerung dem eigenen
Wissen und Können zu viel zutraut und sich seiner mächtig wähnt, so entledigt sich
Montaigne des Anspruchs, über seine Bestände und Potentiale zu verfügen. Er betreibt
was man eine Politik der Enteignung nennen könnte: „Je n'ay point mes moyens en pro-
position et par estât; et n'en suis instruit qu'après l'effect: autant doubteux de
tresbien accordantes à celles de l'ame. Il n'y a rien d'allègre: il y a seulement une vigueur plei ne et ferme
[...]" (S. 642), dann erfüllt Montaigne die exemplarisch in der Schönheit Christi realisierte Allianz von
Korper und Seele.
moy que de toute autre chose. D'où il advient, si je rencontre louablement en une
besongne, que je le donne plus à ma fortune qu'à ma force [...]" (S. 634). Die zitierte
Stelle hat exemplarischen Charakter. Das eigene Wissen und Können ist eben kein nur
Inneres und Geistiges, sondern eine äußerliche Sache, über deren Einsatz und Erfolg
die wankelmütige Glücksgöttin, nicht die sich selbst steuernde Subjektivität
entscheidet. Der Habitus der Selbstverkleinerung manifestiert sich noch einmal, nun als
Modus der Dezentrierung und Enteignung. Das Fremde der Fortuna macht sich auf dem
Terrain der Selbstkultur breit. Die Strategie der Enteignung ist die Kehrseite des
hypertrophen, in „De l'exercitation" formulierten Anspruchs: „[...] je n'use que du
mien." (S. 377) Sie erkennt und benennt im Eigenen das Fremde. Die eigenen
Vermögen, das Wissen und Können des Subjekts werden einem Sog der Enteignung
ausgesetzt. Die unsichere Grenze des Eigenen schränkt nicht nur den Radius des
Weltzugriffs ein, sie eröffnet der Fortuna den Weg in die Arkana der Subjektivität. Das
Eigene des Eigenen zu pflegen bedeutet in der Konsequenz, im Eigenen das Fremde zu
lesen. „Je n'ay rien mien que moy et si en est la possession en partie manque et
empruntée." (S. 968)23 Ich möchte die Operation des binären Codes: das Eigene/das
Fremde, der diese Bewegung steuert, an drei thematischen Beispielen erläutern.
1. Politik
Im Hinblick auf sein politisches Verhalten sieht Montaigne immer wieder Anlaß, seine
Entschlußunfähigkeit zu konstatieren. Die Position der „ambition" oder der
Selbstvergrößerung würde darin eine Schwäche sehen, Montaigne macht daraus keine
Stärke, wohl aber eine plausible, ja unvermeidliche Option. Er zeigt, daß auch die
politischen Verhältnisse (die „forme de société") ein Moment des Eigenen besitzen - ein
Aspekt, der häufig erst dann ins Bewußtsein tritt, wenn etablierte Formen ihre
Selbstverständlichkeit verlieren und mit Innovationsansprüchen überzogen werden. Der
Essay „De l'utile et de l'honneste" ist explizit dem (natürlich antik vorgegebenen)
Thema gewidmet, daß es ehrenhaft sei, dem eigenen Gemeinwesen zu dienen. Wenn
aber Montaigne der Forderung „de servir au publiq" (S. 952) nicht Folge leistet, dann
schlägt sich darin nicht nur der Zweifel an der eigenen politischen Kompetenz und
fehlenden Prudentia nieder, sondern vor allem eine systematische ,Enteignung' der
Form des eigenen Gemeinwesens.
23 Die Stelle aus „De la vanité" fährt fort: „Je me cultive et encourage, qui est le plus fort, et en-cores en fortune, pour y trouver de quoy me satisfaire quand ailleurs tout m'abandonnerait."
Montaignes Unentschiedenheit wurzelt in der „infinie contexture de de-bats" (S.
653), die politische Entscheidungssituationen eröffnen. Mögliche Gründe politischer
Entscheidungen wurzeln in der Erfahrung, die aber zeugt von nichts anderem als der
„diversité des evenemens humains", die unzählige und widersprüchliche Beispiele
hervorbringt. Montaignes Skepsis gegenüber der Orientierungsleistung des Exemplums
ist bekannt. Er geht nun gerade nicht den Weg der ingeniös-innovativen Konstruktion,
den Machiavelli, auf den er sich bezieht, gegangen ist. Er überantwortet vielmehr
die ,Form' der politischen Ordnungen dem Zugriff der Fortuna. Die
Entscheidungssituationen der Politik lassen Montaignes Urteil in der Schwebe; jeder
Entschluß zur Handlung entspräche der Aleatorik des Würfelspiels.24
Im radikalen Dementi der Prudentia durch die Aleatorik manifestiert sich kein bloß
subjektives Unvermögen mehr. Montaignes hier entspringender poli-
tischer ,Konservativismus' hat ein anderes Motiv. Verfassungen, politische ,For-men', so
könnte man ihn resümieren, verkörpern keine substantielle Vernünftigkeit (so wie es die
politische Utopie zu imaginieren pflegt), sondern stellen émergente Formen der
Selbsterhaltung dar, deren Fortdauer oder Untergang sich jenseits planmäßiger Eingriffe
vollzieht. Die Notwendigkeit der Selbsterhaltung bringt die Menschen, ob sie es wollen
oder nicht, zusammen. Die anfängliche „cousture fortuite" des Gemeinwesens gewinnt
später in Gesetzen Explizität und sekundäre Motivation, aber nicht unbedingt größere
Funktionstüchtigkeit. Nichts spricht schließlich dafür, daß normwidrige ,Formen'25
Selbsterhaltung schlechter vollziehen als die imaginierten Idealstaaten. Im Gegenteil:
faktische Kontinuität ist ein Nachweis von Selbsterhaltungsdienlichkeit — ein
Nachweis, den jede Innovation, da sie erst bevorsteht, zu erbringen außerstande ist.
Daraus resultiert der Geltungsvorrang des Gegebenen: „Rien ne presse un estât que l'in-
novation: le changement donne seul forme à l'injustice et à la tyrannie." (S. 956)
In „De la praesumption" wird dieses skeptische Argument, das dem Veränderer eine
(nicht erbringbare) Beweispflicht auferlegt, durch ein verfallsgeschichtliches Argument
untermauert: die Sitten der Zeit seien ohnehin schon verdorben, sie neigen zu weiterer
Verschlechterung. Die Situation der Gegenwart ist die Permanenz einer Instabilität (also
ein Fortunaanal ogon), die nicht
24 Vgl. S. 654: „L'incertitude de mon jugement est si également balancée en la pluspart des oc-currences que je compromettrais volontiers à la decision du sort et des dets [...]".
25 Vgl. hierzu die ambivalente, zwischen Faszination und Abscheu pendelnde Beschreibung in „De la vanité": „Je vois, non une action, ou trois, ou cent, mais des meurs en usage commun et reçeu si monstrueuses en inhumanité sur tout et desloyauté, qui est pour moy la pire espèce des vices, que je n'ay point le courage de les concevoir sans horreur; et les admire quasi autant que je les desteste. L'exercice de ces meschancetez insignes porte marque de vigueur et force d'ame autant que d'erreur et desreglement." (S. 956)
658 Renaissance Pfeiffer: Montaignes Enteignungen 659
nur die Kontinuität der ,Form' der Sitten — ihre (objektive) Stabilität als „cous-tume"
und ihre (subjektive) Kondensierung in der „accoustumance" — verhin- dert, sondern
darüber hinaus einen verfallsgeschichdichen Index trägt. So muß Montaigne extreme
Varianten des Aleatorischen ins Spiel bringen, denen allein zuzutrauen ist, daß sie
defizitäre Selbsterhaltung zu korrigieren vermögen, aber eben jenseits der Prudentia der
Handelnden. „De la vanité" greift die einschlägigen Motive wieder auf, wenn Montaigne
noch einmal die politischen Utopien, „ces descriptions de police, feintes par art" (S.
957), kritisiert. Als Fiktionen oder Konstrukte suggerieren sie eine Machbarkeit
politischer Institutionen und ,Formen', die keine Rücksicht auf etablierte Sitten und
Gebräuche nimmt. In Wirklichkeit gebe es aber kein anderes Kriterium für die Güte
einer politischen ,Form' als eben das Faktum kontinuierender Selbsterhaltung, „[...]
l'excellente et meilleure police est à chacune nation celle soubs laquelle elle s'est
maintenue" (S. 957). Abstrakte Sittlichkeit kennzeichnet die politische Utopie,
Selbsterhaltung oder Untergang das Schicksal faktischer Ordnungen. Die Selbsterhaltung
ist keine Leistung der Subjekte, die deren Mechanismus ohnehin nicht zu begreifen
vermögen: „La conservation des estats est chose qui vray-semblable-ment surpasse
nostre intelligence." (S. 959) Dafür muß nun Fortuna eintreten: Montaigne kehrt das
machiavellistische Phantasma der Bändigung und Zähmung der Fortuna durch „virtü"
geradezu um: weil die Zuständigkeit für die Selbsterhaltung der politischen Ordnung an
die launenhafte Instanz der Fortuna delegiert wird, wird das Ich zum Genuß der Welt, die
es ohnehin nicht zu verändern vermag, freigesetzt. „Le monde est inepte à se guérir [...]"
Aber: „Je me contente de jouir le monde [...]" (S. 952). Der Genuß ist am reinsten, wenn
die Welt in ihrer Erscheinung als Vielfalt und Diversität selbst schon anzeigt, daß sie als
Schauspiel und nicht als Vorwurf des Handelns genommen werden will, im Reisen.26
Dann vermag, nach der Enteignung der „forme de société", Fremdgenuß in Selbstgenuß
umzuschlagen.
2. Haushalt
Eine ähnliche Struktur kommt zur Geltung, wenn Montaigne den eigenen Abstand zur
Vollkommenheit der ,universellen Seelen' zur Sprache bringt. Er entwirft die
Perfektionsinstanz der ,,[...]ames universelles, ouvertes et prestes à
26 Auch das „plaisir de voyager" zeugt, wie Montaigne einräumt, von „irresolution". Was in der Politik noch
als Malum erscheinen konnte, wird hier zum Ausweis des Selbstgenusses im Fremdgenuß: „[...] la seule
variété me paye, et la possession de la diversité, au moins si aucune chose me paye." (S. 988)
tout, si non instruictes, au moins instruisables[...]" (S. 652). Eine Vorstellung dieser
Vollkommenheit vermittelt das skizzierte Porträt seines verstorbenen Freundes Etienne
de La Boétie.27 Damit ist ein Anspruch gesetzt, der die Selbstverkleinerung zur
Selbstanklage vorantreibt. Montaigne inkriminiert die eigene Ignoranz, auch und
insbesondere in den „choses vulgaires" seines Eigentums. Vorrangig bedeutet das vor
allem seine Unkenntnis in Haushaltsdingen: er versteht nichts von Buchhaltung - „je ne
sçay conter ni à get ny à plume" (S. 652) —, die Unterscheidung der Münzen, der
Gemüse- und Getreidesorten entzieht sich ihm, selbst die Grundzüge der Brot- und
Weinherstellung sind Montaigne unbekannt. Alles, was ihm seine Vorfahren
hinterlassen haben, bleibt ihm fremd. Nicht umsonst zögert der Vater, dem Sohn das
Erbe zu überlassen.28
Mit dem Eigentum, so wird wiederum Hegel festhalten, gibt sich die Person eine
„äußere Sphäre ihrer Freiheit': „Das Vernünftige des Eigentums liegt nicht in der
Befriedigung des Bedürfnisses, sondern darin, daß sich die bloße Subjektivität der
Persönlichkeit aufhebt. Erst im Eigentum ist die Person als Vernunft."29 Man muß diese
Äußerung nicht in ihrem systematischen Zusammenhang, der Abstraktheit der
bürgerlichen Gesellschaft und der Freisetzung der Subjektivität, erörtern, um zu sehen,
daß das Eigentum, der „mesnage", ein privilegiertes Terrain für den Code des Eigenen
und Fremden darstellen muß. Einerseits ist der Haushalt Eigentum und wird als Eigenes
behandelt; andererseits ist das Eigentum (als ererbtes) fremde Zumutung. So versteht
Montaigne sein Eigentum zunächst als Eigenes im Kontext der Selbstverkleinerung; wie
sein Geist und sein Körper, so ist auch der Besitz ein Proprium und wird als solches
behandelt: „LŒconomie, la maison, le cheval de mon voisin, en esgale valeur, vault
mieux, de ce qu'il n'est pas mien." (S. 634)
Der hohe Anspruch der „ame toute sienne, accoustumée à se conduire à sa mode"
kann aber für das Verhältnis zum eigenen Flaushalt nicht konsequenzlos bleiben. Die
biographischen Voraussetzungen einer sich in Muße und Freiheit selbst steuernden
Seele liegen sowohl in der Erziehung („institution"), die eine Einübung in die Freiheit
und Unabhängigkeit eines „gentilhomme" war, als auch in der fortwährenden Gunst der
Fortuna,'" die Montaigne nie dem
27 Vgl. S. 659: „[...] c'estoit vrayement un' ame pleine et qui montroit un beau visage à tout sens; un' ame à la
vieille marque et qui eut produit de grands effects, si sa fortune l'eust voulu, ayant beaucoup adjousté à ce
riche naturel par science et estude."
28 S. 998f: „Celuy qui me laissa ma maison en charge prognostiquoit que je la deusse ruyner, re gardant à mon humeur si peu casanière [...]".
29 Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 41 (und Zusatz).
30 „De la vanité" leitet daraus die Vermutung einer reziproken Generosität von Ich und Fortuna ab: „je doibs
beaucoup à la fortune dequoy jusques à cette heure elle n'a rien fait contre
Zwang der Arbeit unterworfen hat So erlaubt es die soziale und familiale Stabilität vor
dem Hintergrund einer zur Konstanz geronnenen Fortuna, das eige-ne Leben als ein
autarkes zu stilisieren- „Je n'ay eu besoin que de la suffisance de me contenter [ ]" (S
643) Der „ame toute sienne" gemäß zu leben bedeutet fur Michel, den Erben von
Schloß Montaigne, sich mit der bislang ungefährdeten Große des Besitzes zu begnügen
und jedenfalls nicht den Versuch zu unternehmen, daran etwas zu andern Weil sich aber
diese Autarkie über alle biographischen Voraussetzungen hinaus letztlich der Gunst der
Fortuna verdankt, zwingt sie zur Reflexion ihrer Kontingenz nach stoischem Vorbild
und im Gefolge des Schemas Eigenes/Fremdes, auf die Preisgabe dessen vorbereitet zu
sein, worauf Fortuna Anspruch erheben konnte Fine „culture de Tarne", die jeden über
Prudentia oder „ambition" laufenden Weltbezug negiert, die auch den ererbten Haushalt
nicht zum Gegenstand einer die Selbstkultur von außen her irritierenden Sorge werden
lassen will, liefert alles, was nicht durch Natur oder Kunst der sich selbst gehörenden
Seele eignet, in vorlaufender Be-dingungslosigkeit dem potentiellen Zugriff der Fortuna
aus Da nun der „mes-nage", das ererbte Eigentum, Fremdes und Eigenes zugleich ist,
gilt es, seinen Anspruch auf die Sorge der Subjektivität von vornherein durch ein Spiel
palliativen Scheins und beruhigender Fiktionen zu neutralisieren „J'ayme a ne sça-voir
pas le conte de ce que j'ay, pour sentir moins exactement ma perte Je prie ceux qui
vivent avec moy, ou l'affection leur manque et les bons effects, de me piper et payer de
bonnes apparences " (S 644)
Das ist die Nonchalance des Haushalters Montaigne Wenn der eigene Haushalt eine
Enteignungsstruktur besitzt, dann bedarf es der wohltatigen Fiktion, um die
Subjektivität bei sich selbst zu lassen Der Haus- und Gutsbesitzer Montaigne praktiziert
deshalb im Einklang mit dem Habitus der Selbstverkleinerung imaginär eine Strategie
des ,niedngen' Weges " Die Sorge (im Sinne der antiken Epimeleia)32 um das Selbst und
die sich selbst gehörende Seele schlagt sich in einer elabonerten Vermeidungsstrategie
nieder, die die Kontingenz des Weidaufs zu ignorieren sucht Gegen eine Strategie der
Grenzuberschreitung und der Besitzexpansion, der „ambition" und „présomption", setzt
Montaigne auf eine Strategie des niedrigen Weges, die zugleich metaphorisch eine
Strategie der Nahe, der Zuganghchkeit fur Auge und Hand, ist „Je m'atache à ce que je
moy outrageux, au moins au delà de ma portée Seroit ce pas sa façon de laisser en paix ceux de qui elle n'est point importune?" (S 998)
31 S 644 „Tout ainsi que des chemins, |'en évite volontiers les costez pendans et glissans, et me jette dans le battu le plus boueux et enfondrant, d'où je ne puisse aller plus bas, et y cherche seurte [ ]"
32 Vgl dazu z. B Vernant Mythe et pensée, S 279 und Foucault 1 Zusage des plaisirs, S 85
voy et que je tiens, et ne m'eslongne guiere du port [ ]" (S 645) Montaignes Wiederaufnahme der Schiffsmetaphorik markiert mit der Betonung des sicheren Hafens einen massiven Kontrapunkt zu dem humanistischen Selbstvertrauen der Weltbemachtigung, das sich im Bild des Menschen am Ruder seines Schiffes niedergeschlagen hatte " Die sowohl topische als auch epochale Grenzuberschreitung der Schiffahrt wird im Bild sieht- und greifbarer Nahe aufgefangen
Erst spat, so nimmt Montaigne in „De la vanité" die Thematik des Oikos wieder auf,
habe er sich dem Haushalt zugewendet „Ceux que nature avoit faict naistre avant moy
m'en ont descharge long temps " (S 949) Die apostrophierten Vol fahren hatten, wie das
Zogern des Vaters zeigt, offenbar Grunde, ihm das Erbe lange Zeit vorzuenthalten
Montaigne tritt dieses Erbe zwar als pietätvoller Sohn an, achtet aber entschieden
darauf, davon in den Belangen der Selbstkultur nicht berührt zu werden Die chiastische
Spiegelung von Nahe und Ferne im Eigenen und Fremden fuhrt dazu, daß das Eigentum
in „De la vanité" von vornherein unter der Perspektive des Fremden erscheint Montaig-
nes Haltung markiert einen Nullpunkt der Kontinuitatsfigur des Erbes, das
Verschwinden des Erben in der Kontinuität des Erbes „[ ] je ne pretens acquérir que la
reputation de n'avoir rien acquis, non plus que dissipé, conformément au reste de ma vie,
impropre a faire bien et a faire mal [ ]" (S 949)
Die Bilanz des Haushalters Montaigne soll sich in die Unsichtbarkeit verlieren Die
beanspruchte Reputation ist das Gegenteil der Figur des Ruhms, die auf die Sichtbarkeit
der Taten setzt Einnahmen und Ausgaben halten sich ho-moostatisch die Waage, die
Notwendigkeit, den Reichtum zu vermehren, entfallt, da Montaigne nur eine Tochter hat
In der Reihe der Erben tritt Montaigne als derjenige auf, dessen Handeln spurlos
verlauft was er geerbt hat, gibt er ohne den Eingriff der Veränderung weiter ,4 Was von
Montaigne bleiben soll, ist das Selbstbildnis im Text, nicht die Zeugnisse der Sorge um
den Haushalt Immer noch gibt es diese Zeugnisse allzusehr, denn das vorhin Zitierte soll
nicht heißen, daß Montaigne um die Angelegenheiten des Hauses gänzlich un-
33 Vgl zu diesem Thema ausführlicher Warburg Trancesco Sassettis letztwillige Verfugung — In ders, Ausgewählte Schriften, S 129—152, und Cassirer Individuum und Kosmos, S 77, zum Kontext auch Blumenberg Schiffbruch mit Zuschauer
34 Allerdings stoßt diese Strategie der Unsichtbarkeit an Grenzen 1) wegen der ungesicherten Nachfolge, da Montaigne nur eine Tochter, aber keinen Sohn hat „[ ] je suis en grans termes d'en estre le dernier possesseur de ma race et d'y porter la dernière main " (S 951) Offenkun dig beunruhigt Montaigne die Aussicht der ,Letzthandlgkelt', die ja nicht umhin kann, Spuren zu hinterlassen 2) Daraus erklart sich auch der Wunsch, einen Schwiegersohn als ,Endastung', ja als ,Droge' einzusetzen „L'un de mes souhaits pour cette heure, ce seroit de trouver un gen dre qui sçeut appaster commodeement mes vieux ans et les endormir [ ]" (S 953)
Renaissance
bekümmert bliebe. Aber diese Sorge zeigt nicht den eigenen, sondern einen fremden
Willen an, den des Vaters, der als fremder Wille im eigenen wuchert. Was die
Subjektivität gegen ihren Willen, „despiteusement", tut, verkörpert die Präsenz eines
der Selbstkultur heteronomen Willens. Dieser ist sowohl fremde Zumutung als ererbtes
Eigentum. In der Tat macht Montaigne deutlich, daß er sich den paradoxen Ruhm eines
fügsamen Erben zuschreiben möchte, der ein transparentes Medium geworden ist, durch
den der fremde Wille ungebrochen durchstrahlt: „Mon père aymoit à bastir Montaige,
où il estoit nay [...] Si je pou-vois mieux pour luy, je le feroys. Je me glorifie que sa
volonté s'exerce encores et agisse par moy." (S. 951)
3. Memoria
„De la vanité" berichtet davon, daß man in seiner Umgebung Montaignes Unfähigkeit in
den Dingen des Haushalts einem Streben nach höheren Wissensformen, „quelque plus
haute science" (S. 952), zuzurechnen pflege. Nichts aber liege ihm ferner, als sich mit
der Universalität und Allgemeinheit abstrakten Wissens zu beschäftigen. Lieber wäre er
ein guter Reiter als ein guter Logiker. Das abstrakte Wissen, das für die Gelehrten den
Königsweg der SelbsterkenntT nis darstellt, sei in Wirklichkeit eine Region der Ferne
und des Fremden, die die Aufmerksamkeit von der Nähe des Eigenen abzieht: „Nous
empeschons noz pensées du general et des causes et conduittes universelles [...] et
laissons en arrière nostre faict et Michel, qui nous touche encore de plus près que
l'homme." (S. 952) Die Vernachlässigung der Angelegenheiten des Hauses verdankt
sich also keiner philosophischen Verachtung der transitorischen Dinge dieser Welt.
Vielmehr ist die inkriminierte „insuffisance" des Haushälters Montaigne offensichtlich
auf eine spezifische „suffisance" der sich selbst gehörenden Seele bezogen.
Selbstbeobachtung und Selbstkultur, innengerichteter Blick und inne--res Handeln,
sollen in ihr autonom interagieren.
Aber gerade auch in dieses Zusammenspiel von Selbstbczüglichkeiten treibt das
Schema Fremdes/Eigenes einen Keil: Die Selbstbeobachtung versachlicht die eigenen
Vermögen und gibt ihnen damit (oder beobachtet an ihnen) eine sperrige
Eigenständigkeit und Unverfügbarkeit. Das gilt insbesondere für jenen äußeren Bereich
des Eigenen, den Körper, der über eine Sphäre eigenen Rechts zu verfügen scheint.35
Aber auch der „esprit", den seine Leichtigkeit zentrifugal
35 S. 650: „Au corps mesme, les membres qui ont quelque liberté et jurisdiction plus particulière sur eux, me
refusent par fois leur obeyssance, quand je les destine et attache à certain point et heure de service
nécessaire."
Pfeiffer: Montaignes Enteignungen
macht,36 pflegt nicht immer den Regungen: des Willens zu entsprechen, so wie auch der
Wille selbst sich der Steuerung entzieht. Ähnliches gilt, wie „De la force de
l'imagination" zeigt, für die Einbildungskraft. Die Versachlichungslei-stung der
Selbstbeobachtung führt den Code des Eigenen und Fremden auch in die Binnenwelt
subjektiver Vermögen und läßt dort eine heterotope Plurali-tät allegorischer
Personifikationen entstehen. In „De la praesumption" aber geht es Montaigne im Zuge
seiner Auseinandersetzung mit einer machiavellisti-schen Politik der Simulation und
Dissimulation (des „se faindre") vor allem um das Gedächtnis, jener Instanz, die neben
der Gewohnheit die zeidiche Kontinuität des Ich organisiert. Gerade das Gedächtnis
aber tritt in der Selbstbeobachtung als eine eigenständige Instanz auf, die einer
undurchdringlichen Eigenbewegung folgt: „[...] elle (d. h. das Gedächtnis) me sert à son
heure, non pas à la mienne." (S. 650) Solche Feststellungen finden sich häufig.37
Selbstbeobachtung und Selbststeuerung verhalten sich sozusagen umgekehrt
proportional zueinander: das Unbeobachtete funktioniert stumm, das Beobachtete führt
ein Eigenleben. Das Ich wird zu einem Terrain räumlicher Vielfalt und zeidicher
Diskontinuität: „Moy à cette heure et moy tantost sommes bien deux [...]" (S. 964) heißt
es in „De la vanité".
Dieser erstaunliche späte Text, der das Titelkonzept der „vanité" auch auf seine
eigene Textur bezieht, ist ein Essay, der diskursive Unordnung, Regel- und
Formlosigkeit („desreiglement") nicht nur thematisch, sondern in seiner Bewegung
anschaulich machen will. FJn „mouvement d'yvroigne, titubant, vertigineux, informe"
(S. 964) soll zur Darstellung gebracht werden, eine „profonde nonchalance et des
mouvemens fortuites et impremeditez [...]" (S. 963). Gerade weil Montaigne resolut
vorgegebene Ordnungen des Wissens oder die Wiederholung allgemeiner Prinzipien
und Grundsätze38 beiseite schiebt, legt er das
36 Vgl. dazu z. 13. „De l'expérience", S. 1068: „Nul esprit généreux ne s'arreste en soy: il pretend tousjours et va outre ses forces |...] C'est un mouvement irregulier, perpétuel, sans patron, et sans but".
37 Etwa in der „Apologie de Raimond Sebond": „[...] la memoire nous représente, non pas ce que nous
choisissons, mais ce qui luy plaist." (S. 494). In „De la vanité" erzählt Montaigne eine Anekdote, die ihn
„d'un ressentiment propre et naturel" getroffen habe: Lynccstes, der Verschwörung gegen Alexander
angeklagt, soll sich vor dem versammelten Heer verteidigen, bringt aber nur zögerlich und stammelnd
einige Worte einer vorbereiteten Rede hervor. Der vergebliche Kampf mit dem eigenen Gedächtnis wird
als Schuldgeständnis genommen, der vermeintliche Verschwörer hingerichtet (vgl. S. 962).
38 Das tadelt Montaigne gerade an Seneca, dessen Schreibart er nach eigenem Geständnis doch gern
nachahmt, und an der Stoa generell, „[...] l'usage de son escolc stoïque me desplaît, de redire sur chaque
matière tout au long et au large les principes et presuppositions qui servent en general (...]" (S. 962).
66266:-
Gedächtnis gleichsam in seiner Reinheit frei, losgelöst von allen Schemata, die es
wiederholen und auf die es sich stützen könnte. Dem Gedächtnis wird zugemutet, die
Aleatorik eines der Produktivität subjektiver „ravasseries" (S. 962) entspringenden
formlosen Schreibens zu speichern. Ein solches Schreiben aber ist permanent
vom ,Verrat' des Gedächtnisses bedroht, das seine Funktion als das Schreiben
begleitender Speicher gerade nicht mehr erfüllt. „Je hay à me re-connoistre [...]" (S.
962) schreibt jener Autor, der seinem Text doch ständig die Aufgabe der
Wiedererkennbarkeit aufbürdet, der hier aber gerade an jene unwillkürlichen
Wiederholungen denkt, mit denen ausfallendes Gedächtnis seinen Text gefährdet, ein
Text, der mehr als es der Autor meist einzuräumen bereit ist, in seiner Poetik der
„diversité" auch einer Norm der Innovation gehorcht. Das Versagen des Gedächtnisses
ist das Einfallstor unwillkürlicher Selbstwiederholung. Die Essays des dritten Bandes
sind der Wiederholungsgefahr nach dem Urteil des Autors am meisten ausgesetzt, wird
doch mit zunehmendem Alter die Leistung des Gedächtnisses immer unzuverlässiger:
„Ma memoire s'empire cruellement tous les jours f...]" (S. 962). Je mehr sich der
alternde Montaigne auf sein Gedächtnis verläßt, um so mehr gerät er außer sich, wird er
sich selbst fremd. Je mehr der Autor dem Gedächtnis abverlangen will, desto mehr
verweigert es sich. Je stärker aber die Eigenbewegung des Gedächtnisses den Text
strukturiert, desto mehr verliert sich die gegenwärtige Spontaneität der Subjektivität, die
im Akt des Schreibens abgebildet werden soll.
Die Unverfügbarkeit des Gedächtnisses deformiert Beziehungen innerhalb und
außerhalb des Ich. Montaigne weiß die Namen seiner Bediensteten nicht mehr, er
verliert den Faden seiner Rede, er vergißt unterwegs, was er in seiner Bibliothek sucht;
würde er noch länger leben, wäre er vom Vergessen des eigenen Namens (der aber
ohnehin, wie man weiß, kein wirklich eigener ist) bedroht; als unabdingbares
„receptacle et [...] estuy de la science" reduziert mangelndes Gedächtnis Montaignes
Verhältnis zu den Wissenschaften auf ein oberflächliches Wissen der Namen. Er besitzt
eine Bibliothek, von der er stolz und zugleich ironisch bemerkt, sie gehöre zu den
schönsten „libreries de village". Ihr Inhalt verdankt sich weder den Institutionen des
Wissens und den durch Wissenschaften vorgegebenen Ordnungen und Relevanzen,
sondern allein den Bildungs- und Unterhaltungsansprüchen des Besitzers. Der aber ver-
gißt nicht nur auf dem Weg in den Turm der Bibliothek, weshalb er die Bücher
konsultiert, in der Bibliothek verwischen sich die Dimensionen des Eigenen und des
Fremden, fremde Erfahrungen werden beim Lesen zu eigenen, die eigenen werden auf
dem Papier versachlicht und entfremdet. Die Unverfügbarkeit des Gedächtnisses löscht
damit die Spuren der Differenz. Die Bibliothek ist der Ort einer Metamorphose, einer
Durchstreichung der Eigentumsansprüche an den Ergebnissen der Selbstkultur, und
damit ein Ort der Vernichtung des
Codes Eigenes/Fremdes. Wenn Montaigne in der folgenden Äußerung die
Nachahmungstheorien der Renaissancepoetik mit ihrem ausgeprägten Spiel des Eigenen
und des Fremden anklingen läßt, so verformt er sie doch in der Absicht der
Verwischung des Ursprungs, des Eigentums, der Identität ganz erheblich:
Je feuillette les livres, je ne les estudie pas: ce qui m'en demeure, c'est chose que je ne reconnois plus estre d'autruy; c'est cela seulement dequoy mon jugement a faict son profict, les discours et les imaginations dequoy il s'est imbu; l'autheur, le lieu, les mots et autres circonstances, je les oublie incontinent f...] Et suis si excellent en l'oubliance que mes escrits mesmes et compositions, je ne les oublie pas moins que Je reste [...] Ce n'est pas grand merveille si mon livre suit Ja fortune des autres Jivres et si ma memoire desempare ce que j'escry comme ce que je ly, et ce que je donne comme ce que je reçoy. (S. 651)-"
Für den Privatmann Montaigne ist die Bibliothek kein Speicher des Wissens, dessen
Struktur der des eigenen Gedächtnisses entspräche. Schon sein bevorzugter Modus der
Lektüre, das Durchblättern der fremden Texte, nicht ihr angestrengtes Studium, erweist
sich als eine Identitätsverwischung, in der Autor, Topoi, „res"' und „verba" ihre Identität
verlieren. Vor allem verliert sie der Autor Montaigne selbst, dessen Ich sich im Prozeß
von Lesen und Schreiben in die Ungreifbarkeit entzieht. In der biographisch definitiven
Option für den—rezeptiven wie produktiven —„plaisir du texte" hat er das
Deutungsschema Eigenes/Fremdes schließlich hinter sich gelassen, ohne daß freilich der
Diskurs der „Essais" davon je freikäme.
5. Selbstdarstellung als „présomption"
1) Die Selbstdarstellung, die Montaigne in „De la praesumption" und „De la vanité"
praktiziert, will als ein Bekenntnis („confession") der Defizienz verstanden werden:
Mangel an körperlicher Schönheit und Weisheit, Mangel an Fähigkeiten und
Kenntnissen, Unfähigkeit zu poetischer Produktion. Daraus resultiert die
unausweichliche „bassesse du sujet", der die „propos si bas et frivoles" eines niedrigen,
aber individuellen Stils angemessen sind. Oder, wie „Du démentir" bemerkt: Montaigne
sei ein „subject [...] si sterile et si maigre", daß daraus kein „soupçon d'ostentation" (S.
664) entstehen könne. Aber gerade die affichierte Niedrigkeit von Gegenstand und Stil
erlaubt es, einen singulären
39 In „Du démentir" wird das Verhältnis zu den fremden Texten demgegenüber noch als eines der List
verstanden, die das Eigene anwendet, um sich mit dem Fremden zu verstärken: „Quoy, si je preste un peu
plus attentivement l'oreille aux livres, depuis que je guette si j'en pourray friponner quelque chose de quoy
esmailler ou estayer le mien?" (S. 665 f.)
Renaissance
Anspruch der Mimesis des Individuellen zu formulieren: „[...] quel que je me face
connoistre, pourveu que je me face connoistre tel que je suis, je fay mon effect." (S.
653) Die „présomption" des Selbstporträts liegt darin, die Form des Individuums dem
Leser zu vermitteln. Der Zweifel, ob dieses Vorhaben gelingen kann, zeichnet sich dem
Text als beständige Unruhe der Selbstreflexion ein.
2) Die „Essais" präsentieren sich als Übungen der Urteilskraft, die sich vorrangig
auf die Vorstellungen („fantasies") des Individuums, nicht auf seine Handlungen,
beziehen. An seiner (zu neuartigen Zwecken eingesetzten) Urteilskraft aber kann
Montaigne so wenig zweifeln wie irgendwer sonst: „[...] qui a jamais cuidé avoir faute
de sens?" (S. 656) Im Grunde kann Montaigne noch weniger als andere an seinem Urteil
zweifeln, weil es sich ja gerade dem eigenen Binnenbestand und nicht dem Fremden und
Äußerlichen zuwendet und damit sozusagen bei sich selbst bleibt. Montaignes Frage
bemüht natürlich einen Topos. Der Montaigneleser La Rochefoucauld wird ihn
wiederaufnehmen und notieren: „Tout le monde se plaint de sa mémoire, et personne ne
se plaint de son jugement."4" Selbstvergrößerung oder -Verkleinerung, die Pathologien
des Urteils und der Imagination, sind nicht im Vollzug, sondern nur nachträglich
beobachtbar. Das Auge kann sein Sehen nicht beobachten. Die Verzerrung der
Selbstwahrnehmung ist eine „maladie qui n'est jamais où elle se voit" (S. 656).41 Im
Hinblick auf die Richtigkeit des eigenen Urteils laboriert jeder, auch der Urteilskritiker,
an „présomption". Indem er von ihr handelt, stellt er sie unvermeidlich aus. Indem es
eine individuelle Form vergegenwärtigen will, reproduziert das Selbstporträt eine
anthropologische Struktur der Selbstverkennung.
3) „Et puis, pour qui escrivez vous?" (S. 657) fragt Montaigne in einer nach-
träglichen Selbstapostrophe in „De la praesumption". Die Frage begleitet die „Essais"
seit dem „Avis au lecteur", der bekanndich auf das Wiedererkennen, auf Erneuerung
vorgängiger Vertrautheit durch Freunde und Verwandte, gesetzt hatte. „De la
praesumption" richtet demgegenüber die Aufmerksamkeit auf das diskursive Umfeld
und seine Selbstverständlichkeiten: gegen dessen Allgemeinheit steht die individuelle
Differenz. Für die Gelehrten, zu denen er sich nicht rechnen kann, zählen nur
schulmäßiges Wissen, Gelehrsamkeit und
40 La Rochefoucauld: Œuvres complètes, S. 415.
41 In der „Apologie de Raimond Sebond" hieß es noch: „Finalement, il n'y a aucune constante existence, ny de
nostre estre, ny de celuy des objects. Et nous, et nostre jugement, et toutes choses mortelles, vont coulant
et roulant sans cesse. Ainsin il ne se peut establir rien de certain de l'un à l'autre, et le jugeant et le jugé
estans en continuelle mutation et branle." (S. 601) Die Subjektivität des Urteils wie die Partikularität des
Beobachteten sind in beständiger Bewegung. Das ist die renaissancetypische Behauptung universeller
„mutabilitas". Als allgemeine These geht sie die Instanz des Urteils von außen an und postuliert seine
Inkonstanz. Das Problem des Beobachtens des Beobachtens bleibt damit noch unerörtert.
Pfeiffer: Montaignes Enteignungen 667
Kunstfertigkeit, „doctrine", „erudition" und „art". Selbsterkenntnis hat sich dort noch
nicht von Textkenntnis, der Kenntnis des Aristoteles, emanzipiert: „Qui ignore Aristote,
selon eux s'ignore quand et quand soymesme." (S. 657) Das Wissen um das Selbst
bleibt diskursiv in einer Sphäre allgemeinen und schulförmigcn Wissens. Andererseits
markiert Montaigne aber auch entschieden Distanz zu den „âmes communes et
populaires", die einem „discours hautain et deslié" nicht zu folgen vermögen — sie sind
jedenfalls nicht die verständnisvollen Leser, auf die er hofft. Der von den
Diskursüblichkeitcn ,entbundene' Diskurs wendet sich vielmehr an namen- und ordose
„âmes réglées et fortes d'elles-mesmes". Damit erweist sich die Frage nach dem
Adressaten des Textes als rhetorisch: die behauptete Niedrigkeit des Gegenstands
schlägt in die „présomption" eines Anspruchs an, der in den Kategorien des Wissens
(des philosophischen Diskurses) und der sozialen Ordnung (der historischen Größe und
des Ruhms) keinen Platz hat. Als Register eines Prozesses der Selbstkultur appellieren
die „Essais" an die kontrafaktische Instanz eines Publikums, das sich immer schon in
Kategorien der Selbstkultur versteht.
4) Der Essay „Du démentir" geht einen anderen Weg. Montaigne imaginiert jene
Steigerung der Selektivität des Publikums, die darin bestünde, daß er zum einzigen
Leser seines Textes würde, „quand personne ne me lira" (S. 665). Was geschieht beim
Blick in das Selbstporträt, bei der Lektüre des Registers der eigenen Gedanken und
Phantasien? Eine solche Selbstkonfrontation beschränkt sich nicht auf das
Wiedererkennen, sondern gewinnt pragmatischen Charakter. Montaigne beschreibt
nunmehr einen Prozeß der Selbstformung durch den Text, der als solcher doch bereits
immer schon mimetisches Selbstbild sein soll. Die „Essais" werden in den Prozeß der
Selbstkultur hineingezogen. Das Porträt für die anderen schlägt um in eine Dynamik
reziproker Produktion von Autor und Text. In der verschriftlichten und gedruckten
Selbstdarstellung gewinnt das dargestellte Selbst damit eine unvordenkliche ,Form':
„Moulant sur moy cette figure, il m'a fallu si souvent dresser et composer pour
m'extraire, que le patron s'en est fermy et aucunement formé soy-mesmes. Me peignant
pour autry, je me suis peint en moy de couleurs plus nettes que n'estoyent les miennes
premieres." (S. 665)
Montaignes Buch ist ein „livre consubstantiel à son autheur", weil es anders als die
anderen Bücher keinem fremden Zweck („fin tierce et estrangere") dient, sondern sich
einer „occupation propre" - autonomer Selbstkultur, Subjektivität der Selbstzuwendung
— verdankt. Die „Essais" sind Register von Phantasien, Träumen und Gedanken; die
Niederschrift verleiht ihnen Gewicht und körperhafte Konsistenz. Montaigne hört auf
die innere Stimme, um ihre Flüchtigkeit in das schwerere' Medium der Schrift zu
bringen: „J'escoute à mes resveries par ce que j'ay à les enroller." (S. 665) Das in
aufmerksamer Sclbstwahrnehmung Vernommene verwandelt in der Vcrschrifdichung
seinen Aggregatzustand und
666
668 Renaissance
Pfelfter Montaignes Enteignungen 669
konfrontiert das Ich mit dem Spiegel einer Festigkeit, die es vorgangig nicht be
saß. Als Medium ist die Schrift affin zur „présomption" jede Selektivität der
Verschriftlichung ist dann allerdings kontmgentes Moment einer Selbstfot-
mung, die keine vorgangige oder übergreifende Ratio hat i
5) Vielleicht ist es ja deshalb die „vanitas vamtarum", potenzierte „présomption",
„vainement" über „vanité" zu schreiben „Il n'en est à l'avanture aucune plus expresse que
d'en escrire vainement [ .]" (S 945) lautet der erste Satz des Essays „De la vanité", mit
dem Montaigne kommentierend auf den Titel Bezug nimmt Die eitle Nichtigkeit aber ist
die der Subjektivität, genauer der Subjektivität, die ihre Zustande und Bewegungen
registriert, insofern und gerade dort, wo sie nicht vom Gewicht der Welt beschwert sind,
als Phantasien und nicht als Taten, als „continuelle agitation et mutation de mes pensées"
(S. 946). Das Gewicht des Mediums der Schrift setzt sich an die Stelle des Gewichts der
Welt Ein solches „registre de ma vie" muß haltlos, da ohne Orientierung an den
Ordnungen und Relevanzsetzungen der Welt, sein, aber auch potentiell ohne Ende, da
ziel und richtungslos- „Qui ne voit pas que j'ay pris une route par laquelle, sans cesse et
sans travail, j'iray autant qu'il y aura d'ancre et de papier au monde?" (S 945) Form und
Richtung bekäme der Text nur durch die Ordnung des Diskurses, durch „art" und
„affectation" In der Verschriftlichung schwereloser Phantasien und Gedanken
manifestiert sich eine „vanité", deren Alternative nur die „présomption" der Form und
ihrer Artifizialitat ware. „De la vanité" blickt bereits auf die 1580 publizierten ersten zwei
Bucher der „Essais" zurück Diese Konfrontation provoziert den heftigsten Ausfall gegen
das eigene Schreiben, der sich bei Montaigne findet „Ce sont icy, un peu plus civilement,
des excremens d'un vieil esprit, dur tantost, tantost lache et tousjours indigeste." (S 946)
Die Bemerkung steht im Anschluß an das Beispiel eines Zeitgenossen, der seine
jeweiligen Befindlichkeiten nur über die Ausstellung der Produkte seiner Verdauung
mitgeteilt hat Ihr folgt die Evokation einer platonischen Utopie der Kommunikation-
demnach seien die „écrivains ineptes et inutiles" (Montaigne ist einer von ihnen) wie
Vagabunden aus dem Gemeinwesen zu werfen. Immerhin- Wenn sie schon
gesellschaftlich nutzlos sind, so sind sie doch immerhin symptomatisch fur den Zustand
der Zeit- „L'escrivaillerie semble estre quelque simptome d'un siècle desbordé " (S 946)
Der Symptomcharakter des Selbstportrats, der in der retrospektiven Konfrontation mit
dem gedruckten Text beobachtbar wird, wird dadurch sinnfällig, daß er auf gesell-
schaftliche Zustande, von denen er sich doch fernhalten will, verweist Noch einmal zeigt
sich dann die „présomption" autonomer Selbstkultur, in deren Verschnfdichung sich
unweigerlich die als fremd apostrophierte ,Form' der Gesellschaft manifestiert Das
nutzlose, aus gesellschaftlicher Funktionalitat entlassene Schreiben illustriert den
Niedergang der vom Gemeinwesen gefor-
derten Officia die m der Operation des Codes Eigenes/Fremdes ausgetriebene
Gesellschaft kehrt wieder, indem sie sich dem zum Symptom entfremdeten Text
einprägt
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