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Cathrin Tusche Virales Marketing Virales Marketing verstehen — ansteckende Kampagnen planen und umsetzen Ein Webmasters Press Lernbuch Version 1.4.1 vom 13.01.2020 Autorisiertes Curriculum für das Webmasters Europe Ausbildungs- und Zertifizierungsprogramm — www.webmasters-europe.org —

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Cathrin Tusche

Virales MarketingVirales Marketing verstehen — ansteckende Kampagnen planen undumsetzen

Ein Webmasters Press Lernbuch

Version 1.4.1 vom 13.01.2020

Autorisiertes Curriculum für das Webmasters Europe Ausbildungs- und Zertifizierungsprogramm

— www.webmasters-europe.org —

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Inhaltsverzeichnis11Vorwort

12Die Grundlagen des viralen Marketings

12Was versteht man unter viralem Marketing?

13Von One-to-Many- zur Many-to-Many-Kommunikation

13Funktioniert virales Marketing nur im Business-to-Consumer-Bereich (B2C)?

13Ist virales Marketing ein Internet-Phänomen?

14Verbreitung in Echtzeit

15Die Vorteile einer viralen Kampagne

15Verlagerung der Werbetätigkeit auf den Nutzer

15Die hohe Verbreitungsgeschwindigkeit

15Abgrenzung von traditionellen Werbeformen

16Erreichen von neuen Zielgruppen

17Die Dynamik des viralen Marketings

17Virale Verbreitung oder Kontrollverlust?

17Die kritische Masse

19Testen Sie Ihr Wissen!

20Abgrenzung des viralen Marketings gegenüber anderen Marketingformen

20Überblick über verwandte Marketingformen

21Empfehlungsmarketing

22Word-of-Mouth-Marketing/Mundpropaganda

24Buzz-Marketing

25Guerilla-Marketing

28Branded Entertainment

29Content-Marketing

31Social-Media-Marketing

33Influencer-Marketing

37Testen Sie Ihr Wissen!

39Erfolgskriterien für eine virale Verbreitung

39Die Merkmale erfolgreicher Inhalte

39Eigenwerbung ist ein No-Go

40Die Einfachheit der Botschaft und der Weiterleitungsmöglichkeit

40Ein wirklich gutes Produkt

41Kostenlose Nutzung ohne Verpflichtung

41Verknappung des Angebots

41Authentizität

43Der richtige Zeitpunkt

43Erfolgskriterium Hashtag

46Testen Sie Ihr Wissen!

47Die Strategie für eine virale Marketingkampagne

47Die Ist-Analyse

48Die Zieldefinition

48SMARTE Ziele

49Die Key Performance Indicators

1

1.1

1.1.1

1.1.2

1.2

1.2.1

1.3

1.3.1

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1.4

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2.8

2.9

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3

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3.5

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3.9

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4

4.1

4.2

4.2.1

4.2.2

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51Die Zielgruppendefinition

51Das Bestimmen von Personas

52Die Zielgruppe der Influencer

54Planung einer viralen Kampagne

54Testen Sie Ihr Wissen!

56Die Weiterempfehlungsanreize — warum Inhalte im Internet geteilt werden

56Emotionen mit viralem Charakter

57Der Zusammenhang zwischen Gefühlen und Viralität

58Marken erfolgreich emotionalisieren

59Motivatoren - Anreize für die Weiterleitung der Kampagne

60Testen Sie Ihr Wissen!

62Die Rahmenbedingungen und technischen Voraussetzungen

62Von Hypes und Trends profitieren

62Newsjacking

67Das richtige Umfeld

67Von der Aufmerksamkeit bei Großereignissen profitieren

69Die technischen Voraussetzungen

69Testen Sie Ihr Wissen!

70Das Kampagnengut — eine geschickte Verpackung für die Werbebotschaft

70Die verschiedenen Formate für Kampagnengüter

70Videoclips

77Erfolgreiche Videoserien

79Erfolgreiche Nachahmer

81Bilder und Animationen — nur lustig reicht nicht

85Memes

87Artikel, Blogbeiträge, Studien, E-Books und mehr

88Online-Spiele, Apps und Quizze

94Netzwerke und Software

95Mitmach-Aktionen (User Generated Content)

97Personalisierung

99Testen Sie Ihr Wissen!

100Das Seeding

100Verbreitungskanäle

101Einfaches und erweitertes Seeding

101Einfaches Seeding

102Erweitertes Seeding

102Begleitende Werbemaßnahmen

103Testen Sie Ihr Wissen!

105Risiken und Stolpersteine im viralen Marketing

105Keine starke Idee oder keine gelungene Umsetzung

105Ungenügende Verbreitungsmaßnahmen

106Zu lange Planungsphasen oder unpassender Zeitpunkt

107Schwierige Erfolgsmessung

107Explodierende Kosten

107Rechtliche Aspekte

107Fehlendes Branding

108Eine Welle der Empörung — die Angst vor dem Shitstorm

4.3

4.3.1

4.3.2

4.4

4.5

5

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5.1.2

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9.8

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116Tipps für das Krisenmanagement

116Testen Sie Ihr Wissen!

118Die Erfolgsmessung

118Die quantitative und qualitative Erfolgsmessung

119Die quantitative Erfolgsmessung

119Die qualitative Erfolgsmessung

119Kostenlose oder kostenpflichtige Tools?

120Ein Tool für alle Fälle?

120Social-Media-Marketing Tools

121Die Statistiken der Social-Media-Plattformen

121Social-Media-Management-Tools

122Social-Media-Monitoring oder Social-Media-Listening-Tools

124Social-Analytics-Tools

125Tools für die Hashtag-Recherche

126Webanalyse-Tools

126E-Mail-Marketing-Software

127Presse-Clipping-Dienste

127Testen Sie Ihr Wissen!

129Fazit

130Lösungen der Übungsaufgaben

131Lösungen der Wissensfragen

137Index

9.8.1

9.9

10

10.1

10.1.1

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10.1.3

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10.2

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10.2.7

10.2.8

10.3

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1.1

1 Die Grundlagen des viralenMarketings

In dieser Lektion lernen Sie

➤ was die wesentlichen Merkmale des viralen Marketing sind.➤ welche Rolle der Konsument bzw. Internet-Nutzer spielt.➤ wie die Werbebotschaft gestaltet sein muss.➤ in welcher Form sich das Marketingvirus verbreitet.➤ welche Vorteile das virale Marketing für Unternehmen hat.

Was versteht man unter viralem Marketing?

Das virale Marketing zielt, wie andere Werbemaßnahmen auch, darauf ab, die Aufmerksamkeit derÖffentlichkeit auf ein bestimmtes Produkt oder Marke zu ziehen. Es spielt eine wichtige Rolle in derMarkenkommunikation und hat zum Ziel, die Marketingbotschaft so zu gestalten, dass sie sich wie einhochansteckendes Virus innerhalb kürzester Zeit ausbreitet. Damit eine epidemische Ausbreitung über-haupt möglich ist, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein.

Der Nutzer als Werbeträger

Das wesentliche Merkmal im viralen Marketing ist, dass die Werbebotschaft nicht nur vom Unterneh-men selbst verbreitet wird, sondern der Mensch als Werbeträger dient, indem er die Botschaft teilt, bei-spielsweise in den sozialen Netzwerken oder per E-Mail.

Die hintergründige Werbebotschaft

Das zweite Merkmal ist, dass die Werbebotschaft dabei nicht im Vordergrund stehen und nicht einmalunbedingt als Werbung wahrgenommen werden soll. Die Schaffung einer kreativen Kampagne, die die-ses Kriterium erfüllt, ist durchaus eine Kunst. Die Inhalte müssen wie Viren infektiös sein, was in derPraxis dadurch erreicht wird, dass die Kampagnen originell, unterhaltsam, skurril, witzig, rätselhaft odercool sind. Der Spaßfaktor steht in jedem Fall im Vordergrund, nicht die Werbebotschaft an sich. Dasvirale Marketing gilt als eine nicht einfach zu realisierende Marketingform, weil es nicht jedem Unter-nehmen gelingt, eine originelle Kampagne zu konzipieren.

Typisch menschlich — Emotionen und Motive

Das dritte Merkmal ist, dass beim viralen Marketing die technischen Eigenschaften des Internet genutztund mit typisch menschlichen Bedürfnissen kombiniert werden. Dies sind Motive, die einen Menschendazu bringen, die Marketingbotschaft weiterzuleiten, was durch die technischen Möglichkeiten imInternet erleichtert wird. Auch wenn nicht zwangsläufig das Internet bei einer viralen Kampagne ein-gesetzt werden muss, ist es durch seine Schnelligkeit prädestiniert dafür. Ein Klick auf einen Weiterlei-tungsbutton in den sozialen Medien ist eben schnell erledigt.

Das Gabler Wirtschaftslexikon sieht folgende Grundvoraussetzung für eine virale Verbreitung:

»Eine große Bedeutung kommt dem Inhalt der Botschaft zu, welche sowohl für Sender und Empfänger emotionalansprechend oder nutzenstiftend sein muss.«1

12 1 Die Grundlagen des viralen Marketings

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1.1.1

1.1.2

1.2

Von One-to-Many- zur Many-to-Many-Kommunikation

Traditionelle Werbemedien wie Fernsehen, Radio- oder Printwerbung basieren auf dem One-to-Many-Kommunikationsprinzip, bei dem das Unternehmen die Werbebotschaften und Inhalte verfasst undstreut. Dieses Prinzip nennt man umgangssprachlich auch Gießkannenprinzip, da es mit hohen Streu-verlusten einhergeht. Ein klassisches Beispiel dafür sind der Versand von Katalogen oder Werbebriefen,die mehr oder weniger gezielt an Haushalte gehen und die eine Bestell- oder Kontaktmöglichkeit ent-halten. Andere direkte Feedbackmöglichkeiten existieren hier nicht, genauso wenig wie lange Zeit beiFernseh- oder Radiowerbung. Auch Websites und Portale bedienten sich der Massenkommunikationund verfügten praktisch kaum über direkte Feedback-Möglichkeiten. Die Zielgruppen sind bzw. warenlange Zeit nur passives Publikum, was sich aber immer mehr ändert.

Von dieser Einbahnstraßen-Kommunikation sollten sich Unternehmen im Social-Media-Zeitalter grund-sätzlich verabschieden. Denn heute geht es um eine bidirektionale Kommunikation, die Many-to-Many-Kommunikation. Die Zielgruppen sind nun nicht mehr nur einfach Empfänger der vom Unternehmenverfassten Werbebotschaft, sondern sie können sofort mit dem Unternehmen interagieren oder aucham Unternehmen vorbei untereinander darüber reden. Auch vor dem Fernseher oder dem Radio ist dasHandy nur noch ein Griff entfernt, und viele Sender bieten mittlererweile direkte Kommunikationsmög-lichkeiten, beispielsweise über WhatsApp an. Die Konsumenten sind somit aktive Gestalter in der Kom-munikation. Deshalb funktioniert es auch nicht, wenn negative Kommentare von den Unternehmengelöscht werden. Die direkte Austauschmöglichkeit mit Konsumenten bietet den Unternehmen vieleChancen, sich Glaubwürdigkeit zu verschaffen, eine gute Beziehung zu Kunden aufzubauen und echtepositive Bewertungen und Empfehlungen zu erhalten.

Dieses Many-to-Many-Prinzip macht sich das virale Marketing zunutze. Es lebt geradezu davon, dass dieNutzer die Marketing-Botschaft mit anderen teilen, mit dem Unternehmen diskutieren und eine posi-tive Nutzererfahrung machen.

Funktioniert virales Marketing nur im Business-to-Consumer-Bereich(B2C)?

Es ist unstrittig, dass virales Marketing eher auf den Business-to-Consumer- (B2C) als auf den Business-to-Business- (B2B) Bereich zugeschnitten ist. Die Ziele, die ein Unternehmen mit viralem Marketing errei-chen möchte, sind jedoch im B2B-Bereich die gleichen wie im B2C-Bereich. Durch die Verbreitung derviralen Marketingbotschaft möchte man den Bekanntheitsgrad der eigenen Marke(n) erhöhen, einenImagegewinn erzielen und letztlich neue Kunden gewinnen. Dabei stellt sich im B2B-Geschäft dieFrage, wer im Unternehmen angesprochen werden soll, Entscheider, Einkäufer oder Nutzer? Wichtig istes auch, die Multiplikatoren zu erreichen, also Leute, die über einen gewissen Einfluss sowie ein großesNetzwerk verfügen. Vielleicht erreicht eine virale Marketingkampagne hier nicht gerade Millionen vonKontakten, aber trotzdem kann sie auf die Ziele des Unternehmens einzahlen.

Ein Beispiel für einen erfolgreichen viralen Marketingclip im B2B-Umfeld ist das Video »The Epic-Split«(https://www.youtube.com/watch?v=M7FIvfx5J10) von Volvo Trucks, dessen Zielgruppen Speditionsfir-men oder andere Unternehmen mit großen Fahrzeugflotten sind.

Ist virales Marketing ein Internet-Phänomen?

Das Phänomen der Viralität nicht neu. Zu allen Zeiten haben sich neue Ideen oder Errungenschaftendurchgesetzt, die mit Begeisterung angenommen wurden und sich dadurch viral verbreitet haben.Noch vor ein paar Generationen waren es Bilder, Zeichnungen, Fotografien oder Poster, über die aller-seits gesprochen wurde und die in kürzester Zeit bekannt wurden.

1. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/viral-marketing-50227/version-273449, Abruf am 05.11.2019

1.2 Ist virales Marketing ein Internet-Phänomen? 13

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1.2.1

Denken Sie nur an das berühmte Foto von Alfred Eisenstadt2, auf dem ein vom Zweiten Weltkrieg heim-kehrender Matrose eine wildfremde Frau mitten auf dem Time Square küsst. Das Bild wurde damalsinnerhalb kürzester Zeit berühmt. Warum war das so? Man kann davon ausgehen, dass es in einemüberwiegenden Teil derjenigen, die sich das Foto damals ansahen, eine starke emotionale Reaktion,nämlich die Erleichterung über das Ende des Krieges, hervorrief. Und genau das ist die Essenz, aus derViralität entstehen kann. Diese emotionalen Faktoren werden wir im späteren Verlauf der Lektüre nochgenau untersuchen.

In der Natur breiten sich Viren besonders rasch aus, wenn sie einen Wirt (z.B. den Menschen) infizierenund einen effektiven Übertragungsweg nutzen können. Die Spanische Grippe, die durch ein unge-wöhnlich virulentes Influenzavirus verursacht wurde, forderte zwischen 1918 und 1920 mindestens 25Millionen Todesopfer. Ganz ähnlich kann man sich die Telekommunikation und natürlich vor allem dasInternet als effektive Übertragungswege für bestimmte Inhalte vorstellen. Die zahlreichen Kommuni-kationsmöglichkeiten von E-Mail bis zu den sozialen Netzwerken sorgen dafür, dass diese populärenInhalte sich noch schneller, nämlich wie ein Virus, verbreiten.

Das Internet bietet also im Vergleich zu früheren Verbreitungsmedien die Möglichkeit, innerhalb kür-zester Zeit und zu sehr geringen Kosten sehr viele Menschen zu kontaktieren — einen besseren Über-tragungsweg für digitale Informationen jeder Art hat es nie gegeben.

Verbreitung in Echtzeit

Durch die Möglichkeiten des Internets kann man dieses Phänomen nun auch in Echtzeit beobachten.Durch den Einsatz diverser Tools lässt sich genau beobachten, wie eine virale Kampagne einschlägt.Und so ist es kein Wunder, dass Unternehmen, Blogger oder Selbstständige die Mechanismen des vira-len Marketings verstehen und für sich nutzen möchten.

Wie sich Bilder oder Videos beispielsweise auf Facebook verbreiten, kann man in einem Video von Sta-men sehen. Dieses Unternehmen ist auf Datenvisualisierung spezialisiert und hat die explosionsartigeVerbreitung der drei am meisten geteilten Bilder des Schauspielers und politischen Aktivisten GeorgeTakei (Mr. Sulu aus der Serie Raumschiff Enterprise) dargestellt. Die Visualisierung startet bei einer einzel-nen Person und erfolgt dann durch die Darstellung einzelner Äste. Diese teilen sich und wachsen beimTeilen der Bilder auf Facebook immer weiter. Die unterschiedlichen Farben stellen die Geschlechter dar.Je mehr Zeit vergeht, umso weißer werden die Äste.

2. Quelle: http://www.smithsonianmag.com/smart-news/woman-iconic-v-j-photo-died-age-92-heres-her-story-180960435/,Abruf am 29.01.2017

14 1 Die Grundlagen des viralen Marketings

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1.3

1.3.1

1.3.2

1.3.3

Abb. 1 Dieser Screenshot aus dem Video von Stamen verdeutlicht die Visualisierung der Weiterverbreitung eines Bildes von Marvin theMartian, das George Takei auf Facebook veröffentlichte. Es wurde von Hunderttausenden Facebook-Nutzern geteilt. 3

Die Vorteile einer viralen Kampagne

Verlagerung der Werbetätigkeit auf den Nutzer

Da die Werbetätigkeit beim viralen Marketing im besten Fall auf den Nutzer verlagert wird und dieserdie Werbebotschaft weitertragen soll, ergeben sich exponentielle Verbreitungschancen. Es soll einehohe Reichweite erzielt werden, wie sie normalerweise nur mit reichweitenstarken Medien wie Fern-sehen, Radio oder den Printmedien zu erreichen ist. Diese klassischen Werbeschaltungen haben aller-dings gravierende Nachteile: Sie sind ziemlich teuer und eine Aussteuerung auf bestimmte Zielgruppenist nur begrenzt möglich. Dadurch entstehen hohe Streuverluste.

Eine Verbreitung durch den Empfänger oder Nutzer ist bei den klassischen Werbeformen eher unwahr-scheinlich. Deshalb versuchen Unternehmen zusätzlich durch virales Marketing zu erreichen, dass dieEmpfänger die Botschaft weitertragen. Es ist viel wahrscheinlicher, dass die Werbebotschaft als Emp-fehlung wahrgenommen wird, wenn man sie von einem Freund, Bekannten, Kollegen oder auch einemMeinungsführer erhält, als wenn sie direkt von einem Unternehmen verbreitet wird.

Die hohe Verbreitungsgeschwindigkeit

Das Internet mit seiner Schnelllebigkeit kommt viralen Kampagnen zugute, denn dadurch kann die Bot-schaft des Unternehmens äußerst schnell viele Personen erreichen. Die einfachen Weiterleitungsfunk-tionen der Social-Media-Plattformen ermöglichen eine Ausbreitungsgeschwindigkeit und Reichweiten,die mit den klassischen Medien in dieser Form kaum zu erreichen sind.

Abgrenzung von traditionellen Werbeformen

Kampagnen, die sich viral verbreiten, können wesentlich kostengünstiger sein als traditionelle Werbe-maßnahmen. Allerdings muss man sich von dem Mythos verabschieden, dass ein billig produziertesVideo ein Viralhit werden könnte. Während das vielleicht Mitte der 2000er Jahre noch möglich war, istheutzutage der Qualitätsanspruch enorm. Die Internetnutzer haben schon viel gesehen und lassen sichnicht mehr so einfach vor den (Werbe-)Karren spannen. Trotzdem kann auch ein professionell gedreh-

3. Quelle: https://stamen.com/work/facebook-flowers/, Abruf am 09.09.2019

1.3 Die Vorteile einer viralen Kampagne 15

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1.3.4

tes Video, das sich auf Youtube oder anderen sozialen Netzwerken verbreitet, immer noch kostengüns-tiger als TV-Werbung sein.

Ein weiteres Problem für die Werbetreibenden ist die Aversion vieler Empfänger gegen Werbung. ImFernsehen werden die Werbeblöcke übersprungen und für andere Aktivitäten genutzt. Bei der Internet-Nutzung setzen aktuellen Studien zufolge bereits ca. ein Drittel aller Nutzer sogenannte Adblocker ein,um den unerwünschten Werbebotschaften zu entgehen. Gründe dafür ist unter anderem die schiereAnzahl an Anzeigen, die als störend oder irrelevant empfunden wird. Gerade auf mobilen Geräten sindNutzer der Meinung die Anzeigen nehmen zu viel Platz weg oder verlangsamen die Ladezeiten. 4

Erreichen von neuen Zielgruppen

Traditionelle Werbeformen wie TV, Radio oder Anzeigen in Printmedien haben vor allem Probleme, diewerberelevanten Zielgruppen der 14- bis 49-Jährigen zu erreichen. Laut einer Statistik des Fernsehsen-ders NDR liegt in diesen Altersgruppen die tägliche Dauer der Internetnutzung vor der Fernsehnutzungauf dem ersten Rang. Die folgende Statistik weist die allgemeine Internetnutzung und die Nutzung desmedialen Internet, also von Youtube oder Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime, getrenntaus. 5

Abb. 2 Für das TV-Programm sind junge Menschen wenig zu begeistern. Sie verbringen ihre Zeit lieber im Internet.

Der Fernsehkonsum ist in den letzten Jahren gesunken, während der Internetkonsum, beispielsweiseauch die Nutzung von Diensten wie Youtube oder Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime,immer mehr zunimmt. 6. In den USA übertrifft die Smartphone-Nutzung der Zielgruppe der18-24-jährigen sogar die Fernseh-Nutzung.

4. Vgl. Ahmad, Irfan: Global Ad Blocking Behaviour 2019 (Infographic) (https://pagefair.com/blog/2017/adblockreport/(https://www.socialmediatoday.com/news/global-ad-blocking-behavior-2019-infographic/551716/) ) vom 02.04.2019, Abrufam 30.09.2019

5. Vgl. NDR https://www.ndr.de/der_ndr/daten_und_fakten/Wie-lange-nutzen-die-Deutschen-Fernsehen-Radio-und-Internet,ndrdaten101.html, Abruf am 30.09.2019

6. Vgl. Statista https://de.statista.com/themen/101/medien/, Abruf am 10.03.2017

16 1 Die Grundlagen des viralen Marketings

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1.4

1.4.1

1.4.2

Abb. 3 Für das TV-Programm sind junge Menschen wenig zu begeistern. Sie verbringen ihre Zeit lieber mit dem Smartphone. Source:https://infographic.statista.com/normal/chartoftheday_8660_smartphone_vs_tv_usage_n.jpg and https://www.statista.com/chart/3613/tv-usage-by-american-teens/, Abruf am 04.09.2017.

Das virale Marketing hingegen ist eine Werbeform, mit der auch diese Zielgruppen erreicht werdenkönnen. Denn ein humorvolles, überraschendes Video, dessen Werbebotschaft nicht vordergründig ist,wird auch von Werbemuffeln gerne geteilt. Daher setzen viele Unternehmen auf das virale Marketing,um die internetaffinen Zielgruppen zu erreichen.

In der Praxis kommt das virale Marketing eher selten als einzige Kommunikationsstrategie in einemUnternehmen zum Einsatz. Seine Wirkung wird durch Cross-Media-Kampagnen verstärkt werden, beidenen mehrere Instrumente parallel zum Einsatz kommen.

Die Dynamik des viralen Marketings

Virale Verbreitung oder Kontrollverlust?

Wenn sich Unternehmen für den Einsatz des viralen Marketings entscheiden, sollten sie sich bewusstsein, dass das Kernmerkmal dieser Werbeform, nämlich das selbstständige Verbreiten der Werbebot-schaft, einer hohen Eigendynamik unterliegt. Das entspricht auch dem Sinn und Zweck des viralen Mar-ketings, die Botschaft soll sich von alleine verbreiten. Allerdings ist eine konkrete Steuerung des Kommu-nikationsprozesses ab einem gewissen Punkt nicht mehr möglich. Ist der virale Prozess erst einmal imGange, ist er kaum noch zu stoppen. Im positiven Fall kann das zu einer sehr erfolgreichen Kampagneführen und eine Steigerung des Bekanntheitsgrads und die Aufwertung des Images für das Unterneh-men bedeuten. Sollte allerdings die Dynamik des viralen Marketings dazu führen, dass sich negativeReaktionen verbreiten, können Versuche dagegenzusteuern die Sachlage oft noch verschlimmern.

Die kritische Masse

Der Begriff kritische Masse stammt ursprünglich aus der Kernphysik und bezeichnet die für eine Ket-tenreaktion nötige Mindestmasse spaltbarer Stoffe. Im Zusammenhang mit dem viralen Marketing

1.4 Die Dynamik des viralen Marketings 17

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bezeichnet die kritische Masse einen Punkt, ab dem ein selbsttragender Effekt ausgelöst wird, sodassdie Nutzerzahlen oder Abverkäufe exponentiell steigen.

Der Punkt, ab dem diese kritische Masse überschritten wird, nennt man Schwellenwert oder auch Tip-ping Point7. Der Begriff stammt aus der Epidemiologie und wird verwendet, wenn eine ansteckendeKrankheit einen Punkt erreicht, an dem sie nicht mehr zu kontrollieren ist. In anderen Bereichen, wie derDemografie, wird er verwendet, um einen Punkt zu benennen, an dem eine Umkehr nur noch schwervorstellbar ist, beispielsweise bei der Akzeptanz bestimmter gesellschaftlicher Phänomene. Er spieltalso eine wesentliche Rolle bei der selbstständigen Verbreitung der Werbebotschaft.

Auf dem Prinzip der kritischen Masse basieren übrigens die Nutzung von Produkten wie das Telefon,Internetdienste oder der Mobilfunkt. Auch soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter konnten davonprofitieren. Der Nutzen, den jeder Einzelne hat, steigt hier mit der Anzahl der übrigen Nutzer. Diesbezeichnet man auch als Netzwerkeffekt.

Abb. 4 Eine einfache Darstellung des Netzwerkeffekts bei viralen Videos (Abbildung in Anlehnung an: Vincenzini, Adam: Viral VideoMarketing Obsession Won't Vanish, https://kamber.com.au/social-media-trends-2014-part-ten-viral-video-marketing/)

Das Marketingvirus kann sich natürlich nicht nur wunschgemäß verbreiten, sondern auch in seiner Wir-kung verpuffen. Denn wenn sich die Werbebotschaft nicht wie erwartet exponentiell verbreitet, werdendie dadurch erreichten Kontakte keine kritische Masse erreichen. Eine genaue Zielgruppen-Analyse istdeshalb erforderlich, um herauszufinden, ob es genügend Potenzial und Anreize bei den Konsumentengibt, dass die Botschaft geteilt wird.

Für die Erreichung einer kritischen Masse spielt auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit eine wesentlicheRolle. Je mehr Zeit seit dem Veröffentlichungsdatum vergangen ist, desto geringer sind die Verbrei-tungschancen.

Schauen Sie sich noch einmal Abb. 1 an, die die explosionsartige Verbreitung von Bildern in Facebookvisualisiert. Sie werden feststellen, dass die ältesten, in weiß dargestellten Äste keine weiteren neuenAbleger hervorgerufen haben. Der Reiz liegt im Neuen und nur wenige werden beispielsweise ein Videoteilen, das schon mehrere Monate alt ist und bei dem die Gefahr besteht, dass alle Freunde es bereitsgesehen haben.

7. Vgl. Gladwell, M. (2000): The Tipping Point: How Little Things Can Make a Big Difference, Little, Brown and Company

18 1 Die Grundlagen des viralen Marketings

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1.5 Testen Sie Ihr Wissen!

1. Was sind die Hauptmerkmale des viralen Marketings?

Bitte ankreuzen:

2. Welches Merkmal bzw. welche Merkmale zeichnen das »Many-to-Many-«Kommunikationsprinzipaus?

Bitte ankreuzen:

3. Was sind die Voraussetzungen für den Erfolg einer viralen Kampagne?

Bitte ankreuzen:

Beim viralen Marketing steht die Werbebotschaft im Hintergrund.

Die Werbebotschaft wird vom Unternehmen verbreitet.

Die Konsumenten sind reine Empfänger der Werbebotschaft des Unternehmens.

Beim viralen Marketing steht die Werbebotschaft im Vordergrund.

Die Werbebotschaft wird durch den Konsumenten verbreitet.

Die Konsumenten können sich mit dem Unternehmen austauschen.

Unternehmen bedienen sich der Massenkommunikation.

Unternehmen tauschen sich nicht mit den Konsumenten aus.

Die Konsumenten können sich untereinander austauschen.

eine kreative Umsetzung der Kampagnenidee

ein hohes Budget für die Kampagne

eine emotionale und leicht zu erfassende Botschaft

zu den ausgewählten Zielgruppen passende Kampagne

1.5 Testen Sie Ihr Wissen! 19