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Anzeige Frühjahr | 2011 Das Musikmagazin für Ärzte Udo Jürgens Tiefenwirkungen Jeff Beck Ina Müller Max Raabe Klaus Doldinger Ambrose Akinmusire Nelson-Marsalis-Jones Franz Liszt 2011 Jascha Heifetz Daniel Barenboim 30 Jahre High End Ultrasone Kopfhörer AirPlay Technologie pop jazz klassik hifi www.tonartmagazin.de

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Frühjahr | 2011 Das Musikmagazin für Ärzte

Udo JürgensTiefenwirkungen

� Jeff Beck

� Ina Müller

� Max Raabe

� Klaus Doldinger

� Ambrose Akinmusire

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� Franz Liszt 2011

� Jascha Heifetz

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inhalt | editorial | impressum3

Editorial | tonart

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Inhalt | Frühjahr 2011

Aktiver denn je – Entertainer Udo Jürgens Max Raabe liebäugelt mit dem Pop

Multitalent Ina Müller’s spitze Zunge

Zurück im Olymp – Herbert Grönemeyer Rumer – sensitive Frühlingsklänge aus London

Gitarre de luxe: Jeff Beck ehrt Les Paul

Ayo: Sängerin mit Herz und Seele

DVD Area – Hören & Sehen

Hot Spots –Tipps der Redaktion

Nelson & Marsalis treffen auf Norah Jones jazzahead-Symposium: „Der Ton macht die Musik“

Blue Note-Debüt mit Verve: Ambrose AkinmusireSymphonischer Seitensprung – Klaus Doldinger Jazz Thermometer – neue CDs im Hörtest

Fado-Sängerin Mariza: Zurück zu den Wurzeln

Klavier total – Franz Liszt zum 200.

Jascha Heifetz: Vermächtnis eines Wundergeigers

Blockflöte barock – Dorothee OberlingerLudovico Einaudi kommt auf Deutschland-Tour

Klassik Thermometer: neue CDs & DVDs im Test

Neues von der High End Messe 2011

„Airplay“ – Musikdaten per Funk

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Liebe Leserinnen und Leser !Hat angesichts der ernüchterndenEreignisse in Japan und Libyen das En-tertainment in ungewöhnlichen Zei-ten überhaupt eine Chance wirklichwahrgenommen zu werden? Anläss-lich der aufwändigen CD-Präsenta-tion seines neuen Albums, hatte ton-art -Titelheld Udo Jürgens unlängstim Münchner GOP Varieté Theaterfür die geladenen Medienvertreterdazu eine plausible Antwort parat.“Es ist schwer, in solchen Momentenauf die Bühne zu gehen, aber wirbrauchen Unterhaltung. In jenen Momenten erholen wir uns. Mu-sik ist gut gegen Angst“, so die Erklärung des Entertainers. Unse-re Redaktion kann sich dieser Meinung nur anschließen.

Unsere Entscheidung, Sie mit einer besonders abwechslungsrei-chen Ausgabe durch den kommenden Frühling zu begleiten, be-reuen wir daher nicht. Der Schwerpunkt gilt dem deutschspra-chigem Pop, respektive Künstlern wie Herbert Grönemeyer, InaMüller und Max Raabe, die mit ihren neuen Einspielungen diesemGenre hörbar Auftrieb verschaffen.

Darüber hinaus liefert Ihnen tonart – erstmals übrigens auch imePaper-Format lesbar – gewohnt niveauvolle Orientierung imDschungel des aktuellen Musikgeschehens. Sei es der Seitensprungdes Jazzers Klaus Doldinger ins Symphonische, die Ankündigungfür das besonders für Ärzte interessante Symposium „Der Tonmacht die Musik“ oder unsere beliebten Klassik- und Hifi-Beiträge.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, verehrte Leser, wieder vielVergnügen bei der tonart -Lektüre, erholsame Osterfeiertage so-wie einen wunderbaren Frühling !

Herzlichst Ihr Michael Möhring ll

Michael MöhringChefredakteur

Impressum | tonart

tonart das Musikmagazin für Ärzte ist ein Produkt von otello media.tonart (11. Jhg.) erscheint als Beilage im Deutschen ÄrzteblattDeutsches Ärzteblatt - Praxisausgabe IVW-geprüft

Herausgeber Christian Scharf email [email protected]

Chefredakteur Michael Möhring email [email protected]

Ressortleiter Klassik Manuel Brug email [email protected]

Ressortleiter HiFi Wolfgang Tunze email [email protected]

Marketing & Anzeigen mpc media mobil 0171-244 08 45

Anschrift Verlag otello media, Preysingstrasse 50 | 81667 Münchenfon ++49 (0)89 457098-70fax ++49 (0)89 457098-71email [email protected] www.tonartmagazin.de

Autoren Manuel Brug, Volker Doberstein, Michael Fuchs-Gamböck, Dagmar Leischow, Michael Loesl, Thorsten Schatz, Wolfgang Tunze, Ulrich Wienforth, Stefan Woldach

Internet-Redaktion (Ltg.) Michael Möhring

Grafik Agentur Scharf, Marina Královec

Druck Bayreuth Druck + Media GmbH & Co. KG

Titelbild Fotocredit Dominik Beckmann

Titelstory: Udo Jürgens

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Udo Jürgens76 und kein bisschen leise

Der Österreicher, der seit vielen Jahren in Zürich lebt, liebt es Brücken zwi-schen Schlager, Pop, Rock und Jazz zu schlagen. So bedienen sich einige Stückeseiner aktuellen Veröffentlichung aufwendiger Arrangements, andere, wie ‘Meinerster Weg‘, glänzen dagegen mit leichtfüßigem Bossa Nova, ‘Lass ein wenig Lie-be da‘ erinnert wiederum an Santana und die Ballade ‘Oktoberwind‘ vereinigtauf einfühlsame Weise Klavier und Streicher. Um dem Ganzen noch mehr Tie-fe zu verleihen, engagierte der 76-Jährige neben seiner Combo diesmal dasPhilharmonic Studio Orchestra Berlin sowie das Film Orchester Babelsberg.

Aufnahmen in Berlin

Dabei hatte er das alles zunächst gar nicht geplant. Eher zufällig sei es dannzur konkreten Entstehung des Albums gekommen, verrät Jürgens. Als er nacheiner Hüftoperation einzig das Sitzen als angenehm empfand, spielte er viel Kla-vier. Dabei entwickelten sich Tag für Tag Ideen für neue Lieder. Die poetischen,bisweilen satirisch-kritischen Texte folgten anschließend spontan und ohne in-neren Zwang, als er mehr als ein Dutzend Titel beieinander hatte. Diese nahmer mit seinem Co-Produzenten Peter Wagner und Michael Reed, dem Arran-geur seines Musicals ‘Ich war noch niemals in New York‘, im Berliner Hansa Stu-dio auf. Über viele Jahre hinweg hat er dort seine Alben produziert, längst istihm dieser Ort zu einem Stück Heimat geworden. Darum wollte er den ganznormalen Wahnsinn, der unseren Alltag zunehmend beherrscht, dort besin-gen, nirgendwo anders.

tonart Herr Jürgens, Ihrer neuen Einspielung DER GANZ NORMALE WAHN-SINN ist Ihr Faible für Jazz anzumerken. Vor allem bei dem Lied ‘Schenk' mir ei-nen Traum‘.Udo Jürgens In meinen Anfangsjahren war ich längere Zeit in Amerika. Habeals sehr junger Bursche in New York, Pittsburgh und anderen Städten in Jazz-clubs spielen dürfen. Das war eine wirklich prägende Zeit. Meine Jazzbegeister-ung ist bis heute geblieben. Deswegen zeigt das Stück ‘Schenk' mir einen Traum‘deutlich meine Liebe zum Big Band-Sound.tonart … auch der Titel ‘Mein erster Weg‘ besitzt leicht jazzige Elemente.Udo Jürgens Da geht es in Richtung Bossa Nova. Ich war früher ganz stark indieser Art von Musik verwurzelt. Als ich meine ersten Schallplatten gemachthabe, musste ich dann aber sehr kommerzielle Lieder aufnehmen. Ich habe

‘Mein erster Weg‘ damals zuerst für eine Sängerin geschrie-ben, später aber auch selber eingespielt. Und dann, nach vie-len, vielen Jahrzehnten, hörte ich diesen Titel zufällig irgend-wo und dachte: „Mein Gott, ist das ein guter Song!“ Darumhabe ich ihn jetzt für mein Album noch einmal neu bearbei-tet.tonart ‘Alles ist so easy‘ spielt dagegen mit eher rockigen Gi-tarrenriffs. Offensichtlich kritisieren Sie in diesem Stück die wach-sende Verwendung von Anglizismen in der heutigen deutschenSprache.Udo Jürgens Die deutsche Sprache hat Ecken und Kanten.Sie bietet zig Möglichkeiten, Feinheiten auszudrücken. Mit derPräzision eines Slalomfahrers, der sich elegant um die Stan-gen schlängelt. Nicht umsonst ist Deutsch die Sprache Goe-thes, Schillers und vieler anderer Geistesriesen. Trotzdem zie-hen einige von uns englische Ausdrücke den deutschen Be-griffen vor. Damit driftet man in die Belanglosigkeit ab – dasversuche ich mit Sätzen wie „Alles ist so easy, alles ist soleicht, alles ist so easy, alles ist so seicht.“ in diesem Lied aus-zudrücken.tonart Sie gelten auch als Zeitgeistkritiker. Spiegelt sich dasbesonders in ‘Du bist durchschaut‘ wider?Udo Jürgens Ich habe immer Themen aufgegriffen, die aufden Nägeln brennen. ‘Du bist durchschaut‘ ist natürlich wit-zig, hat aber einen ganz ernsten Hintergrund. Da guckenheutzutage Kameras in jeden Garten, in nahezu jede Woh-nung. Nichts kann mehr geheim bleiben. Andererseits ist ge-rade das unsere Chance. Dank moderner Medien tauschensich Jugendliche weltweit aus. Dabei stellen sie vielleicht fest,dass sie unterdrückt werden. Das kann Regierungen inSchräglagen bringen. Denn auf Dauer wird es nicht möglichsein, dort, wo es schwierig wird, alle Internetnetze abzustel-len. Und das ist gut so.tonart Werden wir die neuen Lieder auch bald live erleben kön-nen?

„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, hat Udo Jürgens einst gesungen. Jetzt ist er 76, klingt kein bis-schen gestrig und begibt sich genüsslich quer durch die Genres. Ob Orchestergrandeur oder Intimität,alles funktioniert tadellos. Mit vielen Ideen schlängelt er sich durch die 14 Songs DER GANZ NOR-MALE WAHNSINN. Er wünscht seinem Enkel eine ‘Gute Reise durch das Leben‘ oder kommt mit‘Schenk' dir einen Traum‘ musikalisch dem Genius seines großen Idols George Gershwin nahe. tonartsprach mit dem Musiker und Entertainer über sein neuestes Werk.

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„Solange ich die geistige, seelische und körperliche Kraft habe, wird mein Platz am Klavier sein.

Je mehr Menschen mir zuhören, desto glücklicher fühle ichmich. Denn es ist für einen Musiker die größte

Erfüllung, vor Publikum aufzutreten.“ Udo Jürgens

CD-Tipp | Entertainment

Udo JürgensDer ganz normale WahnsinnAriola/Sony 88697812482

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Udo Jürgens Sie schreien geradezu danach auf der Bühnegespielt zu werden. Ich beginne gerade, mich auf die Kon-zerte vorzubereiten: lerne Texte, entwickele ein Programm,eine Dramaturgie. Solange ich die geistige, seelische und kör-perliche Kraft habe, wird mein Platz am Klavier sein. Je mehrMenschen mir zuhören, desto glücklicher fühle ich mich.Denn es ist für einen Musiker die größte Erfüllung, vor Pu-blikum aufzutreten. Interview: Dagmar Leischow ll

Will seine neuen Lieder auch auf derBühne präsentieren: Udo Jürgens

Max RaabeOriginelle FortführungKeine Geringere als die NDW-Ikone und erfolgreichste deutsche Produzentin Annette Humpe über-redete den Sänger und Spiritus Rector des Palast Orchesters Max Raabe gemeinsam Songs zu schrei-ben. Herausgekommen ist mit KÜSSEN KANN MAN NICHT ALLEINE Raabes zweites Soloalbum, aufdem der Westfale geschliffen-humorvolle und melancholische Chansons im modernen Klanggewandmit unverkennbar poppigem Flair präsentiert.

CD-Tipp | Pop - Chanson

Max RaabeKüssen kann man nicht alleineDecca 275 539-5/Universal Classics & Jazz

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Annette Humpe, ehemalige Frontfrau der Band Ideal, Hit-Produzentin (u. a. die Prinzen, Rio Reiser, Udo Lindenberg)und eine Hälfte des Duos Ich + Ich, fiel Ende 2008 der Satz„Küssen kann man nicht alleine“ ein. Ein Titel, der gut alsChanson aus den 20er Jahren durchgegangen wäre und wiegemacht war für Sänger Max Raabe. Schließlich ist der staat-lich geprüfte Bariton ein Spezialist dieser Musik der Wei-marer Republik, die er seit 1986 mit seinem Palast Orche-ster rund um den Globus erfolgreich präsentiert.

Raabe sagte einer Zusammenarbeit zu und begab sichsomit auf für Ihn unbekannte neue Wege. Diesmal griff ernicht wie gewohnt auf altes Liedgut zurück, sondernschrieb zusammen mit Annette Humpe neue, zeit-genössischere Stücke, die jedoch melodisch undtextlich an den Kompositionsstil der 20er Jahre er-innern sollten.

Stilvolles mit Augenzwinkern

Das war für den 48-Jährigen, wie er selbst sagt,zwar Neuland, aber mit einem ver-trauten Hintergrund: „Es ist we-der reine Popmusik, noch das,was ich sonst gesungen ha-be. Es ist vielmehr eineFortführung dessen,was meine große Lie-be ist, nämlich dasOriginal-Reper-toire aus den20er und30er Jah-ren.“

DieneuenStückewurdennicht aufalt ge-trimmt,sondern be-kamen einenmodernen

Klang. Dafür sorgte Christoph Israel, Raabes langjähriger Pianist und Arran-geur des Palast Orchesters. Heraus kamen Chansons, bei denen ohne Schlag-zeugeinsatz stattdessen poppig swingende Streicher Ton und Rhythmus vor-geben und eine heiter-melancholische Stimmung verbreiten, die präzise zuden Texten passt, die Raabe gewohnt stilvoll und mit Augenzwinkern intoniert.

Meist geht es um Geschichten von nicht oder noch nicht erfüllter Liebe,die eine wehmütige Stimmung umweht, die aber mit Wortwitz und ironischemBlick gekonnt aufgebrochen wird. In Verbindung mit den passgenauen Arran-gements entsteht eine vergnügliche Spannung, der man sich auf Dauer kaumentziehen kann. Thorsten Schatz ll

Max Raabe befindet sich diesesJahr mit seinem neuen Programmauf ausgedehnter Deutschland-Tournee. Nähere Hinweise unterwww.palast-orchester.de

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www.tonartmagazin.de

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Ina MüllerFacettenreichWie kann jemand Bücher schreiben, TV-Sendungen moderieren und auch nochzugleich professionell Musik machen? Und alles auch noch bitteschön erfolg-reich! Die Antwort lautet: Ina Müller macht alles, was andere auch könnten,sich aber nicht trauen. Beispielsweise ihr neues Album pathosfrei DAS WÄREDEIN LIED GEWESEN nennen.

CD-Tipp | Pop

Ina MüllerDas wäre dein Lied gewesen105 Music/Sony Music 8679832262

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nen Müller’schen Chuzpe, singt sievon den Höhen und Tiefen des Al-leinseins. Eingebettet in ein noncha-lant inszeniertes Wechselspiel ausPop-Balladen und Uptempo-Num-mern, stellt die Müller viele Fragen,findet manche Antworten und lässtam Ende doch alles wieder so offen,wie es großartigen Alben zueigen ist.

Michael Loesl ll

Oh, du schöne Groteske! DieserSatz muss Ina Müller beim Aushek-ken ihres neuen Albums immer wie-der durch den Kopf gegangen sein.Als sie sich Gedanken über ranzigriechende Männer machte, bei-spielsweise, die behaupten, dassFrauen ab 40 keinen Esprit besäßen.Den Spieß dreht die 45-Jährige imlebenslustigen Song ‘Mit Mitte 20‘um, in dem sie die vielen Vorzügejunger Männer zum Manifest macht.Wer wollte ihr da widersprechen?

Entdeckungen und Wahrheiten

Die dreizehn neuen Songs stek-ken voller Entdeckungen und Wahr-heiten, die die Frau mit den vielenFacetten in drei Jahren Singledaseinerlebte und erfuhr. „Jedes bisherigeAlbum zeigt eine Lebensphase vonmir. Bei der ersten Platte war ichnoch in einer Beziehung, diesmal ha-be ich mich von meinen Erfahrungenals Single inspirieren lassen. Und daist in drei Jahren einiges zusammen-gekommen, zum Glück“, sagt InaMüller. Mal melancholisch, mal lei-denschaftlich, aber immer mit ge-wohnt spitzer Zunge und der schonfast zum Markenzeichen geworde-

Herbert GrönemeyerMonolith des DeutschpopHerbert Grönemeyer ist wieder da.Mit Humor, vielen Fragen, neuemSound und nagelneuem Album:SCHIFFSVERKEHR. Zielsicher formu-liert und popmusikalisch wertvollvertont, macht er sich Gedankenübers Wir.

CD-Tipp | Pop

Herbert GrönemeyerSchiffsverkehrGrönland/EMI Music 50999 095383 2 0

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jnFür die einen ist er Herbert, derKumpel-Typ. Für die anderen ist erGrönemeyer, der Monolith desDeutschpop. Tatsächlich gab es Zei-ten, in denen er so sexy und unan-tastbar war wie weiland die Mona Li-sa. 2002 zum Beispiel, als sich die Zi-vilisation längst am Vektor Techno-kratie entwickelte und auf Effizienzals Gegenentwurf zum Emotionalensetzte, sang er über den „Mensch“und zeigte sich so verletzbar wie niezuvor. „Weil er lacht, weil er lebt, Dufehlst“. Das saß. Tief eingebrannt inskollektive Gedächtnis. Viel mehrnoch als die Ode an seine Heimat-stadt ‘Bochum‘, das satirische ‘Män-ner‘ oder das schweinchenrosafar-bene ‘Kinder an die Macht‘, seine po-pulären Großtaten aus den 1980er-Jahren.

Zwischen Pathos und Poesie

Die Angies und Guidomobilbe-sitzer sind zwar längst an der Macht,aber sie werden vermutlich weit we-niger Langlebigkeit besitzen als Grö-nemeyer. SCHIFFSVERKEHR, seinneues Werk, bewegt sich zwischenPathos und Poesie, Du und Ich unddem erlösenden Glauben ans Wirdurch Momentaufnahmen des grö-nemeyerschen Instinkts. Der gerätmitunter ins Wanken, wie im Titel-stück, reagiert auf Entfremdung wie

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in ‘Kreuz meinen Weg‘ und ist oft aufder Suche, fühlt ‘Fernweh‘. Dass erein Suchender geblieben ist, machtihn sympathisch. Weil er den Glau-ben ans Finden nicht verloren hat,bleibt Grönemeyer monolithisch.

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Zurück mit neuen Songs und anste-hender Tour – Herbert Grönemeyer

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Wenn ein Künstler gleich auf seiner Debütveröffentlichung mit einer Zeile wie ‘I’ve Got The BluesIn Springtime‘ einen Satz für die Ewigkeit singt, dann ist die musikalische Stoßrichtung auf derPlatte klar: Es geht um pure Sehnsucht, um unerwiderte Liebe, um die Vergänglichkeit allen Seins.Rumer nennt sich die bis dato völlig unbekannte Künstlerin, die für diese Worte verantwortlichzeichnet, SEASONS OF MY SOUL heißt ihr Erstling, welcher schon jetzt als eines der besten Wer-ke des noch jungen Jahres bezeichnet werden darf.

RumerTherapie für die Seele

Rumer, eigentlich namentlich Sarah Joyce, ist die unehelicheTochter einer Engländerin und eines Pakistani. Sie wuchs zu-nächst in der Heimat des Vaters auf, kam als Teenager nachGroßbritannien, wo sich ihre Eltern dann trennten. Ein ein-schneidendes Erlebnis für Rumer, das auch in einigen Tex-ten ihres Debüts Einzug gefunden hat: “Mein Vater hat esnie verwunden, dass meine Mutter fremd gegangen ist under nicht mein leiblicher Daddy sein konnte. Daran ist letzt-lich die Ehe zerbrochen. Ich selbst habe mich lange Zeit fürdiesen Umstand schuldig gefühlt, obwohl niemand mirirgendeine Schuld zugewiesen hat. Vermutlich erklärt sichdadurch das Übermaß an Melancholie in meinen Stücken.”

Entdeckt von namhaftem Produzenten

Jahrelang versuchte das schüchterne Mädchen mit Ei-genkompositionen die Besucher in Londoner Clubs zu er-obern. Zunächst vergeblich, kaum jemand wusste ihre voll-endeten Songperlen, angesiedelt zwischen Carole King und©

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Unbekümmert und sanft, aber mitTiefe: Sängerin Rumer aus England

P.J. Harvey, vorgetragen mit dem glasklar-wehmütigenOrgan einer Karen Carpenter, zu würdigen. Doch ei-nes Tages geschah das Wunder, ein namhafter Pro-duzent saß zufällig im Publikum, nahm Rumerspontan unter Vertrag - “und jetzt habe ich dieeinmalige Chance, mit meinen Songs Seelen zuheilen”, strahlt die 31-jährige, “denn ich bin si-cher, eine Kombination aus Wehmut und pu-rer Schönheit frisst sich jedem sensiblen Men-schen nachhaltig ins Herz.”

In England funktioniert das bisher bestens:Das neue Album erreichte dort Rang 3 inden Charts. Der Ruhm auch außerhalbder britischen Insel scheint daher nurnoch eine Frage der Zeit.Michael Fuchs-Gamböck ll

CD-Tipp | Pop

Rumer Seasons Of My SoulAtlantic 5052498 455225/Warner Music

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In der Vita des britischen Gitarrenvirtuosen Jeff Beck ste-hen so prominente Wegbegleiter wie Jimmy Page und Er-ic Clapton, aber auch Sir George Martin, die „Graue Pro-duzenten-Eminenz“ der Beatles. Mit seiner neuen Ein-spielung ehrt der Brite jedoch die Vaterfigur der elektri-schen Gitarre - Les Paul.

Toto-Gitarrist Steve Lukather, selbst Ausnahmegitarrist mitHunderten von Studioaufnahmen, spricht aus, was vieleüber den britischen Saitenakrobaten denken: „Jeff spielt an-ders, als jeder andere Gitarrist auf dieser Welt. Als ich ihndas erste Mal live sah, wollte ich danach meine Gitarre ver-brennen.“ Nicht von ungefähr haben Becks Virtuosität undSoundvielfalt, seine Energie und sein ureigener Stil eine gan-ze Generation von Gitarristen geprägt. Zuletzt entdeckteer die Klassik und inszenierte mit ‘Emotion & Commotion‘ein Album mit großformatigen Orchesterarrangements, in-klusive Pavarottis Paradenummer ‘Nessun Dorma‘.

Les Paul als Inspiration

Nun widmet sich der inzwischen 66-Jährige wieder sei-nen Wurzeln. Und da spielte ein gewisser Lester Polfus, auchunter dem Namen Les Paul bekannt, eine tragende Rolle.Letzterer erfand in den Fünfzigerjahren unter anderem dasMehrspuraufnahmeverfahren, vor allem aber ein Instru-ment, das die Musikwelt nachhaltig prägen sollte: Die Les-Paul-E-Gitarre. „Les war meine Inspiration“, gesteht Beck,„seit Jahren schon wollte ich zeigen wie sehr ich ihn vereh-re.“

Dafür lud der unlängst gekürte Grammy-Gewinner(„Best Rock Instrumental Performance“ für ‘A Day In The

Jeff BeckPaul’s Party

CD- & DVD-Tipp | Rock ’n’ Roll

Jeff BeckRock ’n’ Roll Party (Honoring Les Paul)CD Atco 8122-79784-5/Warner

Jeff BeckRock ’n’ Roll Party (Honoring Les Paul)DVD Eagle Vision EREDV 824GV/Edel

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Life‘) eine illustre Riege zum Tribut-Konzert in den winzigen New Yorker JazzClub Iridium, wo Les Paul noch bis kurz vor seinem Tod 2009 wöchentlichauftrat. Für seine ROCK ‘N‘ ROLL PARTY lud Beck unter anderem die groß-artige Sängerin Imelda May, Stray Cats-Boss Brian Setzer, den Sänger Gary U.S.Bonds und den britischen Rock-abilly-Gitarristen Darriel Highram ein. Ge-meinsam intonieren sie die Klassiker der Fünfziger in auffallend authentischemSound. Les Paul, dem auf der beeindruckenden DVD in einem ausführlichenBonus-Feature gedacht wird, wäre stolz auf diese Ehrung.

Stefan Woldach ll

Jeff Beck mit Imelda May

Jeff Beck

Jeff Beck mit Brian Setzer

AyoSoul Sister

AyoBillie-EvePolydor 0602527643557/Universal

Diese Augen, dieser Glanz, diese Aura! Ayo empfängt zum Gespräch nicht inirgendeinem anonymen Hotelzimmer, sondern daheim, in einer Loft-artigenWohnung, nahe des Pariser Gare du Nord. Ihr fünfjähriger Sohn Nile sprichtEnglisch, Deutsch und Französisch. Ihre Tochter, Billie-Eve, im Juli 2010 geboren,spricht noch nicht, krabbelt aber neugierig auf den fremden Reporter zu. Be-rührungsangst hat in dieser Familie niemand. Warum auch? Das Pariser Viel-völkergemisch, die vielen verschiedenen Gerüche, die unterschiedlichen Ak-zente und Sprachen und deren sinnliche Anmutungen – all das spiegelt sich inAyos Kunst wieder. An der Wand hinter dem Flügel stehen Platin- und Gold-Awards, die sie für ihre beiden bisherigen Nummer-Eins-Alben bekam.

Tiefes Verständnis

Wenn die Sängerin und Komponistin spricht, klingt es wie Musik. Sie ak-zentuiert die Silben mit dem, was ihren Gesang ausmacht: Seele. Das Authen-tizitäts-Attribut ist eigentlich abgedroschen, aber an Ayo ist alles echt. Die Art,wie sie mit ihren Kindern redet, ihre Gesten und der Soul, auf dem die Songsihres neuen Album, BILLIE-EVE, benannt nach ihrer Tochter, fußen. Ihr Leben istMusik und ihre Familie, ihre Musik speist sich aus dem Leben und ihrer Fami-lie. „Wie viele Leute stehen heute überhaupt noch für etwas? Wie viele folgenallem, was man ihnen vorgaukelt blind, statt mit Würde zu sich selbst stehenzu können?“, fragt sie. „Ich suche nach beseeltem Ausdruck, nach Verständi-gung.“ Wie tief ihr Verständnis ist, unterstreichen nicht nur die vierzehn beein-druckenden Songs ihres neuen Albums. Michael Loesl ll

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www.tonartmagazin.de

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In Frechen bei Kölngeboren, in ihrem Ge-burtsland bislangsträflich unterbewer-tet, in Frankreich hin-gegen ein Star: Ayoist eine Kosmopolitin.Im wortwörtlichen,wie auch im musikali-schen Sinn. EinMensch, dessen SeeleAusdruck in der Mu-sik findet. tonart trafdie Sängerin zu Hausein ihrer französischenWahlheimat.

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Lebt für ihre Musik - Sängerin Ayo.

CD-Tipp | Pop

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DVD Area Musik in Bild und Ton

DVD-Tipp | Jazz

Ella Fitzgerald & Count BasieLive At Montreux 1979 Eagle Vision EREDV 843GV/Edel

Wo Ella und Basie draufsteht ist Swingdrin. So auch auf dieser nun wieder er-hältlichen DVD, aufgenommen 1979beim Montreux Jazz Festival. Auchwenn Orchester-Chef Basie selbsterst spät dazu kommt, so glänzt Ella inSongs wie ‘Sweet Georgia Brown‘, ‘Fly-ing Home‘ oder ‘St. Louis Blues‘ ge-wohnt souverän und liebenswürdig.

DVD-Tipp | Jazz - Blues - Soul

Nina SimoneLive At Montreux 1976Eagle Vision EREDV 836GV/Edel

Einer der ungewöhnlichsten Auftrittein der Geschichte des Festivals wurdewohl von Nina Simone absolviert. Inden beiden Mitschnitten wechselt dieexaltierte Sängerin/Pianistin zwischenGenie und Wahnsinn. Da wurde auchschon mal das Publikum beschimpft,um kurz darauf zu musikalischerHöchstleistung aufzulaufen.

DVD-Tipp | Country

Johnny CashLive In Montreux 1994Eagle Vision EREDV 851GV/Edel

Country Music auf einem Jazz Festival?Für das mittlerweile längst multistili-stisch ausgerichtete Montreux Jazz Fe-stival und dessen Macher ClaudeNobs kein Problem. 1994 gab sich der„Man In Black“ einmalig die Ehre, umneben seinen Klassikern wie ‘I Walk TheLine‘ und ‘San Quentin‘ auch neueSongs zum Besten zu geben.

DVD-Tipp | Folk - Pop

Celtic WomanSongs From The Heart - LiveManhattan Records/EMI 509996 07705 9 2

Die Mischung aus eingängigem Popund keltischer Folklore geriet bei demfünfköpfigen Frauenensemble zum Er-folgsrezept. Innerhalb von nur fünf Jah-ren eroberten sich die Irinnen welt-weit eine beachtliche Fangemeinde.Als Vorgeschmack auf die bevorste-hende Deutschlandtour (14. – 28. Ju-ni) empfiehlt sich die neue DVD.

DVD-Tipp | Rock

Pink FloydWhatever Happened To Pink Floyd?Sexy Intellectual SIDVD 562/in-akustik

Für beinharte Pink Floyd-Liebhaber –davon soll es bekanntlich ja nicht weni-ge geben - ist diese Veröffentlichung ge-dacht. Weshalb und warum sich diebeiden Kreativköpfe Roger Waters undDavid Gilmour nach ihrem Erfolgsal-bum ‘The Wall‘ heillos zerstritten, wirdhier von Zeitzeugen und z.T. von denBeteiligten selbst beantwortet.

DVD-Tipp | Rock ‘n’ Roll - Swing

Brian Setzer OrchestraIt’s Gonna RockSurfdog Records 233258/Membran

Im Fokus steht eine fulminante Showgespickt mit Rock ‘n‘ Roll der 50er undBig Band-Swing. Kein Halten mehr gabes beim Eröffnungskonzert des letzt-jährigen Montreal Festivals bei den150.000 Besuchern(!). Setzer‘s lässigerGesang, gepaart mit messerscharfenGitarrenlicks und knackigen Bläsernsind eine Offenbarung.

tonart verlost 3 DVDs - machen Sie mit!Gewinnen Sie eine von 3 DVDs Pasadena Roof Orchestra – Live In London (PRO Records). Senden Sie einfach einePostkarte mit dem Stichwort DVD AREA / ‘Pasadena‘ an die tonart-Redaktion, Verlag otello media, z. Hd. Christi-an Scharf, Preysingstrasse 50, 81667 München. - Der Rechtsweg ist ausgeschlossen! Einsendeschluss ist der 30.04.2011. Je eine DVD Liza Minnelli – ‘Liza At The Palace‘ aus der Verlosung in tonart IV/2010 haben gewonnen: Dr. med. B.Cebulla (04109 Leipzig), Dr. med. Christa Oritz (22145 Braak), Dr. med. Hanna Gschwendt (10963 Berlin).Wir gratulieren !

tonart | Gewinnspiel

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CD-Tipp | Pop

Caro EmeraldDeleted Scenes From The Cutting Room FloorPolydor/Universal 06025 27507897

In den Niederlanden bereits seit letztem Jahr in den Chartsein Dauergast, stößt die Sängerin Caro Emerald mit ihrersympathischen Mixtur aus Swing, Mambo, Tango und Popnun zunehmend auch außerhalb Hollands auf Resonanz.Kein Wunder, denn hier stimmt die Chemie. Das Erschei-nungsbild der sowohl von den Klängen der 40er und 50erals auch von modernem aktuellen Pop inspirierten Sänge-rin, passt perfekt zu den leichtfüßigen Grooves.

CD-Tipp | Blues

Gregg AllmanLow Country BluesConcord/Universal Classics & Jazz 0011661859524

Wer kennt nicht noch die seligen Allman Brothers, die vor al-lem während der Siebziger in der Rockwelt für Furore sorg-ten. Auf seinem neuen Soloalbum widmet sich der singendeKeyboarder nun ausschließlich dem Blues. Dabei greift er auchauf Klassiker von B.B. King, Muddy Waters und Junior Wellszurück, welche Allman mit seiner einfühlsamen Reibeisen-stimme veredelt. Neben Top-Produzent T-Bone Burnett istauch die New Orleans-Ikone Dr. John mit von der Partie.

CD-Tipp | Singer-/Songwriter

Stephan SulkeEnten hätt’ ich züchten sollenGlor/Sono Music4260158910293/Warner

Lang ist’s her als er noch unter der Rubrik „Liedermacher“geführt wurde. Nun kehrt der Sänger und Poet mit Witz nachlanger Pause mit voller Energie wieder zurück. Und wie! Ne-ben der im März begonnenen Tour, legt der Vollblutmusikerein inspirierendes Werk mit deutlichem Pop-Appeal vor. Daerstrahlen einige seiner älteren Favoriten, wie die urig-kultigeHymne ‘Uschi‘, in neuem Glanz. Höhepunkt ist das ergrei-fende Duett ‘La Rossa‘ mit der wunderbaren Milva.

CD-Tipp | Klezmer - Tango

Giora FeidmanDeep Notes Pianissimo PM0921/Edel kultur

Anlässlich seines 75. Ehrentages hat sich Giora Feidman et-was Besonderes ausgedacht. Seinem geliebten Zweit-In-strument, der Bassklarinette, setzt er auf dieser gelungenenZusammenstellung ein Denkmal. Für Liebhaber der tiefenTöne eine seltene Gelegenheit, sich in zwölf Stücken demFaszinosum dieses Klangs hinzugeben. Zwischen Tangoanlei-hen eines Piazzolla und Klezmer-Liedgut, schlägt der Musi-ker einen facettenreichen Spannungsbogen.

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4 CD-Tipps der Redaktion

14aktuell | jazz

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Willie Nelson – Wynton Marsalis – Norah Jones

Tribut an Ray Charles

Wie könnte ein Album, das HERE WEGO AGAIN – CELEBRATING THE GE-NIUS OF RAY CHARLES heißt, inhalt-lich vor stilistischen Grenzen halt ma-chen? Der Pianist, Sänger und Song-writer mit der markanten Stimmebündelte während seiner Karriereschließlich selbst Jazz, Pop, Soul,Rhythm & Blues und Country-Musikzu einem nachhaltig wirkenden Ge-samtwerk. Kein Wunder, dass ihmpostum Musiker huldigen, die aufden ersten Blick vieles trennt.

CD-Tipp | Jazz – Soul

Nelson - Marsalis - JonesHere We Go Again Blue Note 509990 96388 2 2/EMI

Der Jazz-Traditionalist und Trompe-ter Wynton Marsalis und die Coun-try-Legende Willie Nelson verbindetauf den ersten Blick eigentlich nichts.Der eine gilt als strikter Vertreter ei-ner neokonservativen Musikauffas-sung. Der andere nahm Musikpuri-sten und sich selbst nie so ernst, dasser nicht hier und da auch mit Musi-kern kooperieren konnte, die ihrenPluralismus-Glauben als Stilmittelverwendeten.

Norah Jones als prominente Gast-sängerin

Erstaunlicherweise klingen beide,Marsalis und Nelson, aber wie einmusikalisches Traumpaar. Als sie sichvor zwei Jahren zusammentaten, umihrem gemeinsamen Idol Ray Char-©

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les im Rahmen eines Konzertes zuhuldigen, entstand Musik aus einemGuss, ein deliziöses Amalgam. DasFundament aus Country-Balladen,Blues, Swing, Walzer, Boleros undGospel, lieferte den beiden Musi-kern das Quintett von Mr. Marsalis,aus dem das neue Tribut-Albumschöpft. Aber es gab noch eine wei-tere glanzvolle Klangfarbe an jenemFebruar-Abend 2009 im New YorkerRose Theater. Norah Jones folgte derEinladung von Nelson und Marsalisund reihte sich nonchalant ins Drei-gestirn der Charles-Bewunderer ein.Für sie muss das Konzert eine Reali-tätsübung gewesen sein. Die Songsvon Ray Charles kannte sie seit Lan-gem in und auswendig, mit WillieNelson verbindet sie eine langjähri-

ge Freundschaft und mit Wynton Marsalis wollte sie, nacheigenem Bekunden, immer schon musikalische Bekannt-schaft gemacht haben.

Zusammen belebt das Trio bekannte Stücke wie ‘Hit TheRoad, Jack‘ und den größten Ray-Charles-Hit, ‘What’d I Say‘.Es sind aber vor allem die Songs dazwischen, wie ‘Busted‘oder ‘Cryin’ Time‘, die Nelson, Marsalis und Jones zu einerintensiven Auseinandersetzung mit der Musik des Geniusveranlassen. Michael Loesl ll

jazz | aktuell15

Unter dem Titel „Der Ton macht die Musik“ wird die Fragenach dem richtigen Ton im allgemein zwischenmenschlichenwie im therapeutischen Dialog facettenreich erörtert.

Initiator Dr. Wolfgang Baumgärtner (Foto) ist als Arzt undMusiker der ideale Vermittler zwischen beiden Welten. AlsAllgemeinmediziner hat er früh auch musiktherapeutischeAnsätze verfolgt und entwickelt.

Für die Fachvorträge konnten namhafte Referenten ge-wonnen werden: Prof. Gunter Kreutz hat erstmals wissen-schaftlich nachgewiesen, dass Singen positive physiologischeReaktionen erzeugt. Frau PD Rosemarie Tüpker leitet denStudiengang Klinische Musiktherapie an der Universität

FachsymposiumMusik im therapeutischen DialogDie wichtigsten Künste, die wir ken-nen, sind die Heilkunst und die Mu-sik. Erstere ist die große Ermögli-cherin aller Künste, weil sie ihrewichtigste Voraussetzung schützt:das Leben selbst. Letztere ist in ihrerAbstraktheit die erhabenste. Wennbeide, wie nun beim 3. wissen-schaftlichen Symposium der Musik-messe jazzahead! in Bremen zu-sammenfinden, muss Spannendesentstehen.

Congress Centrum BremenSymposium „Der Ton macht die Musik“ am 30.04.201110:15 - 10:30 Musikalische Einführung: Quadre Jesperanto „wohinwennichtjazzt“10:30 - 10:50 Thematische Einführung: Dr. W. Baumgärtner „Jazz und Musiktherapie – Option oder ein Muss?“10:55 - 11:40 Fachreferat: Frau PD Dr. Rosemarie Tüpker „Der Ton macht die Musik – Musik im therapeutischen Dialog“11.40 - 12:25 Fachreferat Prof. Gunter Kreutz „Was macht Musik mit dem Menschen?“ Spannendes und Vergnügliches aus

Psychologie und Hirnforschung13:30 - 15:00 7 Workshops, nur für registrierte Fachteilnehmer Begrenzte Teilnehmerzahl (10-50 Personen)

Reha-Klinik am Sendesaal Neues Konzept - „Hybrid-Reha“Die Klinik (Neueröffnung 01.04.2011) mit den Bereichen Neurologie, Geriatrie, Kardiologie und Orthopädie ist ein europaweit einmaligesProjekt. Im Reha-Verlauf erfolgt ein fließender stationär-ambulanter Übergang – „ohne Wechsel der Einrichtung des Arztes und des vertrautentherapeutischen Teams“, so die ärztliche Direktorin Dr. med. Manju Guha (Foto). Zudem werden komplementäre Therapieformen wie Mu-siktherapie in die Regelbehandlung integriert.

16:00 - 18:00 Dr. med. Manju Guha: „Die Hybrid-Reha – ein neues, innovatives Rehabilitationskonzept“. Darstellung eines innovativen Rehabilitationsansatzes mit nahtlosem Übergang ambulant – stationär und Einbezug von Musiktherapie. Führungen durch die Klinik.

Sendesaal Bremen18:00 Fachvortrag (in englischer Sprache) und Konzert: Prof. Raymond MacDonald „Music, Health & Well-Being“ anschl.

Konzert Raymond MacDonald im Duo mit Günter „Baby“ Sommer (Foto)ca. 19.30 Uhr Ende des Symposiums

Weitere Infos unter : www.jazzahead.de

01RaymondMacDonald im Duo mitGünter „Baby“Sommer

02Dr. W.Baumgärtner

03Dr. med. Manju Guha

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Münster. Die Veranstaltung wird von der

Bremer Ärztekammer mit 9 Punktenzertifiziert. Volker Doberstein ll

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CD-Tipp | Jazz

Ambrose AkinmusireWhen The Heart EmergesGlisteningBlue Note 50999 070619 2 9/EMI

Veröffentlichung: 29.04.11

Wo hat sich dieser Mann bislang bloß versteckt? Mit derWucht eines Felsmassivs wirft der 28-jährige TrompeterAmbrose Akinmusire wie aus dem Nichts ein Album inden Ring, das zu den aufregendsten Ereignissen des Jazzder letzten Zeit zählen dürfte.

Die Dichte der Musik auf Akinmusires zweitem AlbumWHEN THE HEART EMERGES GLISTENING versetzt ei-nen in ein 54 Minuten andauerndes Staunen. Die kunstvol-le Kontrapunktierung von Trompete und Saxofon tut einÜbriges. Hier wird hörbar, dass Akinmusire und sein Saxo-fonist Walter Smith seit nunmehr 12 Jahren zusammenspie-len. Die schnellen Stücke sind geprägt von Präzision undIdeenreichtum, die Balladen luftig und von einer Tiefe, derenhypnotischer Sog einem beim Hören nahezu das Gefühl von

Ambrose AkinmusireHypnotischer Sog

Schwerelosigkeit vermittelt. DieseMusik hat etwas sehr kostbares: See-le.

Von den Besten gelernt

Akinmusire war noch keine 18Jahre alt, da hatte er schon mit derhalben Hall of Fame des Jazz gespielt,mit Joe Henderson, Joshua Redmanoder Steve Coleman. In den letztenJahren kamen die aktuelle Grammy-Gewinnerin und Bassistin EsperanzaSpalding sowie der großartige PianistJason Moran (auch Produzent dieserneuen Einspielung) hinzu. Dazwi-schen gewann der Trompeter nochrasch zwei der wichtigsten Jazz-Wettbewerbe der Welt und spieltesein erstes Album unter eigenemNamen ein, das 2007 weitgehendunbemerkt bei einer kleinen ameri-kanischen Plattenfirma erschien.

Der so kompliziert anmutendeName Akinmusire spricht sich dan-kenswerterweise genau so aus, wieman ihn schreibt, wobei die dritte Sil-be zu betonen ist. Üben Sie das ru-hig schon mal ein wenig, denn mitdiesem Tipp können Sie punkten. Ver-sprochen. Volker Doberstein ll©

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Ein Rising Star, der seinenWeg gehen wird: TrompeterAmbrose Akinmusire

Der renommierte Jazzsaxofonist, Film- und Fernsehkomponist Klaus Doldinger wird im Mai 75.Zugleich feiert das langlebigste seiner Ensembles, die Jazzband Passport, 40-jähriges Jubiläum.Zwei neue CDs runden das Jubeljahr ab: ein symphonisches Album im Zeichen der Filmmusikensowie eine Einspielung mit Passport.

Klaus DoldingerZwischen Klassik und Jazz

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In der internationalen Wahrneh-mung steht Klaus Doldinger ausdeutscher Sicht auf einer Stufe mitAlbert Mangelsdorff und WolfgangDauner. Zugleich ist der Bundesver-dienstkreuzträger neben Peter Her-bolzheimer der größte Talentförde-rer des deutschen Jazz. Allein im Um-feld seiner Band Passport hat er dut-zenden talentierter Jungmusiker eineProfilierungschance geboten – u.a.einem damals unbekannten Schlag-zeuger namens Udo Lindenberg. Mit seiner aktuellen Besetzung hatDoldinger nun ein neues Album ein-gespielt: INNER BLUE. Ein ebenso fi-ligranes wie kraftvolles und vor allemsehr perkussives Lebenszeichen. Mitdem Titelsong enthält es eine derschönsten Balladen des Saxofonistenüberhaupt. Aber auch wer eher dielateinamerikanisch inspirierte Rhyth-mik der Up-Tempo-Stücke, einenpumpenden E-Bass und jazzrock-typische Gitarrensoli liebt, kommthier auf seine Kosten.

Symphonisches Gewand

Die zweite NeuerscheinungSYMPHONIC PROJECT stellt den

musikalischen Geschichtenerzähler Doldinger in den Mittel-punkt. So hat er seine allseits bekannten Filmmusiken zu‘Tatort‘, ‘Das Boot‘ und ‘Die unendliche Geschichte‘ mitSymphonieorchester neu eingespielt. Höhepunkt des Al-bums jedoch ist das knapp 25-minütige ‘Jazzconcertino‘. Esist ein „Film noir“ in Musik. Handwerklich meisterhaft, äs-thetisch schlüssig und wunderbar bildhaft:

Doldinger ist kein altruistischer Förderer des Jazz. Er hat,und das macht seine Größe aus, immer darauf geachtet,auch zu vollenden, was er angestoßen hat. Wo andere Frag-mente hinterlassen, steht bei ihm ein Werk. Album für Al-bum baut er es aus, in unbestechlicher Qualität.

Volker Doberstein ll

CD-Tipp | Jazz

Klaus Doldinger’s PassportInner BlueWarner Music 5052498261123

CD-Tipp | Klassik

Klaus DoldingerSymphonic ProjectWarner Music 5052498261222

Veröffentlichung jeweils am 29.04.11

Vertieft in seine Partituren:BundesverdienstkreuzträgerKlaus Doldinger

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18rezensionen | cd

Bewertung | Thermometer

Jazz Thermometer tonart prüft Jazz-CDs & DVDs auf Herz und Nieren

Joe Lovano I Us FiveBird SongsBlue Note 509999 05861 2 5/EMI

Wie man noch immer innovativ Bezugauf Bebop-Legende Charlie Parkernehmen kann, zeigt uns Saxofonist Lo-vano und sein eingespieltes Ensemblemit Grammy-Winner Esperanza Spal-ding. - tonart-Höchstwertung.

The CookersCast The First StonePlus Loin Music PL 4536/Soulfood Distribution

Viele Köche verderben den Brei – je-doch nicht hier. Bei Namen wie BillyHarper, Eddie Henderson, CecilMcBee und Billy Hart horcht der Con-naisseur zu recht auf. Engagierter post-coltranesker Modern Jazz mit Niveau.

Weather ReportLive In Berlin 1975Art Of Groove/MIG 80020/Indigo

Die von Joe Zawinul und Wayne Shor-ter vor 40 Jahren gegründete BandWeather Report wird mit diesem ful-minanten, erstmals veröffentlichten Li-vemitschnitt gebührend in Erinnerunggerufen. Auch auf DVD!

Eumir DeodatoThe CrossingSoul Trade 233260/Membran/Sony

Mit der Strauss-Adaption ‘Also sprachZarathustra‘ feierte er einst Cross-over-Erfolge. Nun überrascht derKeyboarder aus Rio mit einer party-tauglichen Mixtur aus Jazz, Pop undFunk. Mit dabei Gaststar Al Jarreau!

Volker KriegelInside: Missing LinkMPS/Universal Jazz 06025 2714857

Dieses 1972 eingespielte Doppelal-bum gilt als Meisterwerk des inzwi-schen verstorbenen Frankfurter Gitar-risten. Unter Mithilfe von Albert Man-gelsdorff, Eberhard Weber u.a., impro-visiert man auf hohem Level. – Zeitlos!

Arturo Sandoval & WDR Big BandMambo NightsConnector Records59886-2/in-akustik

Afro-kubanische Klänge im Big Band-Kontext sind so neu nicht. Dennoch be-gibt sich der in Florida lebende kubani-sche Trompeter Sandoval auf dieses Ter-rain und setzt zwischen Routine undSolidität einige Glanzpunkte.

Albert Mangeldorff A Jazz Tune I HopeMPS/Universal Jazz 06025 1760235

Für ein weiteres tolles Re-issue ausdem Archiv des geachteten deutschenJazzlabels MPS steht diese Allstar-Combo. Wolfgang Dauner, Eddie Go-mez und Elvin Jones unterstützen Po-saunist Mangelsdorff ideal.

A. Zirner & Spardosen-TerzettDiagnose Jazz – LiveContent 0206048 CTT/Edel Kultur

Eine gelungene Kombination stellt dervon Schauspieler August Zirner (hieran der Querflöte) aus gesprochenemText und Musik angelegte Tribut an dieJazzgrößen Mingus, Monk und RolandKirk dar.

worldmusic | aktuell19

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Schwermut, Sehnsucht, Melancholie– der Fado kann zugleich entspanntund aufregend klingen. Und wie! Sei-ne derzeit berühmteste Interpretinkommt aus dem Epizentrum derEntspanntheit - Lissabon. Dort stehtein Museum, das dem Musikstil ge-widmet ist, der angeblich wegen sei-

CD-Tipp | Worldmusic

MarizaFado TradicionalWorld Connection/Capitol/EMI 5 099907 017322

MarizaLiebe und Schmerz

Mit Zahlen lässt sich Popularität,aber nicht zwangsläufig auch künst-lerische Qualität erheben. Im Fallder portugiesischen Fado-SängerinMariza stimmt ausnahmsweise bei-des – das Publikum liebt ihre Kon-zerte und Platten, weil sie Klasse im-mer vor Populismus stellte. Nachmehreren Etappen der Fado-Erneu-erung präsentiert Mariza jetzt einneues Album, das hält, was der Titelverspricht: FADO TRADICIONAL.

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Enes inhaltlichen Fatalismus und derzugehörigen Moll-Töne alle Portu-giesen verbinden soll: Fado. Wiezeitgemäß die Schicksalsmusik auchklingen kann, zeigte die 37-jährigeMariza in den letzten zehn Jahren aufzahlreichen Einspielungen.

Zurück zum Kern

Egal ob in New York, Amster-dam, Tokyo oder Lissabon – wennvom Fado die Rede ist, wird ehr-furchtsvoll ihr Namen genannt. Im-mer auf der Suche nach Verknüp-fungen, legte sie der traditionellenMusik im ersten Jahrzehnt ihrer Kar-riere immer neue Fährten, addierteunterschiedliche Instrumentierungenins eigentlich untastbare Fado-Gen-re. „Man kann über Heimweh, Liebeund Schmerz in vielen Weisen sin-gen. Aber nie treffender als im tra-ditionellen Fado. Deswegen habe ichmein neues Album dem Ursprunggewidmet“, sagt sie. Die Bilder, diesie in ihrem neuen Repertoire ver-wendet, sind durchweg von großerSehnsucht geprägt. Der Mond, dieStille, das Herzrasen, die Einsamkeitwerden spürbar, wenn Mariza durchdie melancholischen Gründemenschlicher Emotionen streift undam Ende die Gewissheit zurücklässt,dass aus Schmerz Hoffnung wächst.

Michael Loesl ll

haus von Adam List, Schäfereirechnungsführer des fürstlich EsterházyschenMeiereihofs, ist renoviert. Daneben erhebt sich würfelförmig, mit Beton undFichtenholz unauffällig in das Dorf eingefügt, ein 600-Plätze-Konzertsaal. Seit zweiJahren leiten das Klavierduo Johannes und Eduard Kutrovatz die Liszt-Lustbar-keiten. Auf vier Konzertblöcke sind die Termine jahreszeitlich aufgeteilt, ArcadiVolodos und andere Tastentitanen werden erwartet. Martin Haselböck führtdie visionären Tondichtungen der Weimarer Zeit komplett auf; mit historischenInstrumenten, was zudem eingespielt wird. Die erste CD ist bereits erschienen.Seit 17. März 2011 gibt es eine sechsteilige Ausstellung die Liszt in allen Facet-ten beleuchtet.

Ein Europäer in Weimar

Das Klavierfestival Ruhr lässt Liszt vom Stapel, Thüringen würdigt ihn mit ei-nem Themenjahr mit 200 Konzerten, Wettbewerben, Installationen. Dort, woer von 1848-1861 wichtige Komponisten-, Pädagogen- und Musikdirektoren-jahre verbracht hat, zeigt man im Schloss ab 24. Juni 2011 „Franz Liszt. Ein Eu-ropäer in Weimar“. Hier hat Liszts Urur- und Wagners Urenkelin Nike Wagnerschon seit einigen Jahren das in „Pèlerinages“ umbenannte Kunstfest auf FranzLiszt zentriert. Ab 19. August 2011 geht es los.

Auch in Bayreuth „Lust auf Liszt“

Auch in Bayreuth, wo die ungeliebte Tochter Cosima während der Festspiele1886 den Vater ziemlich unwürdig sterben ließ und wo erbegraben liegt, hat man „Lust auf Liszt“. Bei Hyperion isteben Leslie Howards Gesamteinspielung aller Klavier-werke erschienen – auf 98 CDs. Manuel Brug ll

Er hat uneheliche Kinder und lebt in wilder Ehe mit Hoch-adeligen. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms wird er zum My-stiker, Religion heißt nun sein Kult. Seine Hinterlassenschaftist populär, doch in vielem ihrer Zeit voraus. Was sich liest wiedie Biographie einer Popgröße von heute, ist die eines derexzentrischsten und folgenreichsten, aber auch unverstande-nen Genies des 19. Jahrhundert. Deshalb soll 2011 ein Jahrder Lisztomania werden - im Angedenken an den von Hein-rich Heine so benannten Liszt-Kult.

Tastentitanen im Burgenland

Liszts 200. Geburtstag wird am 22. Oktober 2011 be-gangen. Schon jetzt setzte man im burgenländischen DorfRaiding, wo er aufwuchs, einen imposanten Auftakt. „Born tobe a Superstar“, schreit die Werbung, die als Logo ein altesLiszt-Foto mit einer Sonnenbrille versehen hat. Das Wohn-

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Teenies kreischen. Seine Konzerte sind sofort ausverkauft. Bestens gehen auch die Souvenirartikel.Entert er die Bühne in buntgrellen, immer neuen Kostümen, kommt es zu Krawallen. Franz Lisztwar ein Wunderkind, komponierte seine Hits selbst.

Lisztomania 2011Der 200. Geburtstag des Tastengenies wird groß gefeiert

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Neu renoviert: Franz Liszts Geburtshaus im burgenländischen Dorf Raiding„Lust auf Liszt“ in Bayreuth:Markgräfliches Opernhaus

Martin HaselböckFranz Liszt: Dante Symphonie

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Leslie HowardFranz Liszt: Gesamteinspielung – KlavierwerkeHyperion/Codaex

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Das Erbe in der BoxDer Jahrhundertgeiger Jascha Heifetz103 CDs, davon drei mit mehr als zweieinhalb Stunden bisher nicht veröf-fentlichten Aufnahmen, eine DVD, ein 330-Seiten-Buch, eine repräsentati-ve Box – mehr ist von einem einzigen Klassik-Künstler noch nie auf Silber-scheiben verpackt worden.

Der Geiger Jascha Heifetz, geboren 1899 im litauischen, damals russischen Vil-nius, gestorben 1987 in Los Angeles, war freilich in vielerlei Hinsicht, ein beson-derer, ein Ausnahme-, ein Jahrhundertkünstler. Bereits als Sechsjähriger debü-tierte er mit dem Konzert von Felix Mendelssohn (die berühmte Guaneri-Gei-ge, auf der es uraufgeführte wurde, war später die seine), danach schien ihm dasKonzertpodium wie das Wohnzimmer. Er studierte beim legendären LeopoldAuer in St. Petersburg, trat 14-jährig erstmals mit den Berliner Philharmonikernunter Arthur Nikisch auf. 1917 war er dann erstmals auch in der Carnegie Hallin New York zu hören, in dem Land, das durch die Zeitläufe zur zweiten Heimatvieler jüdischer Emigranten wurde. Die Nazis denunzierten seinen kühlen, „see-lenlosen“ Ton, doch was da aufschien, war Eleganz und Delikatesse, die hinterfeinem Linienspiel durchaus Melancholie versteckte. In Deutschland ist er nach1933 nie wieder aufgetreten, doch er gehörte als unermüdlich reisender Kos-mopolit längst der Welt. Dabei verleugnete er nie seine bescheidenen osteuro-päischen Wurzeln.

„Millionen-Dollar-Trio“

Er unterrichtete seit 1958 in Kalifornien und trat mit Artur Rubinstein undEmanuel Feuermann, später auch Gregor Piatigoski kammermusikalisch auf. Mannannte die Formation von Berühmtheiten wegen ihrer hohen Gage auch das„Millionen-Dollar-Trio“. Jascha Heifetz hat die Violinkonzerte von William Wal-ton, Erich Wolfgang Korngold und Miklos Rosza uraufgeführt und - ähnlich wieFritz Kreisler – mehr als 250 Bearbeitungen herausgegeben. Das und noch vielmehr findet sich in dieser großartigen Box, die ein ganzes Geigenleben umspannt– fast: denn für wenige Jahre war er auch bei der Decca fremdgegangen.

Manuel Brug ll

CD-Tipp | Klassik

Jascha HeifetzThe Complete Album CollectionSony Classical 88697700502/Sony

Wie ein SingvogelDie Blockflötistin Dorothee Oberlinger

Der Titel ist griffig und die Dame längst nicht nur in ihremengen Wirkungsbereich ein Star. Dorothee Oberlinger hatdie Blockflöte wieder salonfähig gemacht. Ohne ins Fip-sige zu geraten, mit sattem Ton schlägt sie das Kapitel "Ver-sailles" in gleichnamiger CD an und spielt Kammermusikvom französischen Hof. Umspannt wird die Zeit zwischenLudwig XIV., dem Prinzregenten Philipp D’Orleans unddem dann volljährigen Ludwig VX. Da tanzen nicht nur Ro-kokopüppchen. Und der Hörer ist klanglich wie künstle-risch auf der Sonnenkönigseite.

CD-Tipp | Klassik

Dorothee OberlingerVersaillesDHM 88697735092/Sony Classical

Indendiert war solches freilich nicht. Doch Dorothee Ober-linger sagt: „Es gibt wenig Konkurrenz, deshalb bin ich ziem-lich frei in meiner Karriereplanung. Solange mir das Publikumfolgt. Das freilich hatte die 1969 in Aachen geborene schonziemlich früh in der Kirche, wo ihr Vater als Pfarrer amtierte.So war Öffentlichkeit für sie nie ein Problem. Zunächst stu-dierte sie Schulmusik, Germanistik und Blockflöte in Köln, esfolgten instrumentale Aufbaustudien in Amsterdam und Mai-land. Für ihre künstlerischen Darbietungen erhielt sie bereitsin jungen Jahren zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Ihrinternationales Konzertdebüt gab sie 1997 in der LondonerWigmore Hall.

Barock und Zeitgenössisches

Seither ist Dorothee Oberlinger regelmäßig zu Gast beiden großen Festivals und Konzertreihen in ganz Europa, Ame-rika und Japan und spielt als Solistin mit dem von 2002 ge-©

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klassik | aktuell23

gründeten Ensemble 1700 sowie mit führenden Barockformationen und Or-chestern wie den Sonatori de la Giosa Marca, Musica Antiqua Köln, London Ba-roque oder der Academy of Ancient Music. Neben ihrer intensiven Beschäfti-gung mit der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts widmet sich als Blockflöten-virtuosin von heute auch konsequent der zeitgenössischen Musik. Sie lehrt zu-dem als Professorin an der Universität Salzburg und ist dort auch die Leiterindes Instituts für Alte Musik.

Fröhlicher Drive statt akademischer Trockeneisdunst

Bei ihrem Spiel begeistert immer wieder die pure Freude am Klang und derfröhliche Drive, jenseits des akademischen Trok-keneisdunstes so mancher Barockinterpreta-tion. Oberlingers fantastisch präzise Läu-fe in den schnellen Sätzen blitzen vor Fi-nesse, die getragen weiten Passagen ha-ben die nötige emotionaleGrundierung. Sie klinge wie „ein Sing-vogel in freier Natur“, lautete einesder charmantesten Komplimente, dieihr gemacht wurden.

Auf ihrer jüngsten CD, die von So-li, über Duo-Sonaten und Trios bis zueiner amüsanten Musiktheaterszenereicht, spiegelt sich freilich nicht nurdie Fülle der französischen Musik je-ner Zeit wider. Ganz im Sinne vonFrancois Couperin, der die musikali-sche Verschmelzung unterschied-licher Stile und Geschmäckerverteidigte, begegnet manimmer wieder dem Einflussder Italiener ArcangeloCorelli und Antonio Vi-valdi. Andere reizvolleStücke feiern hingegendas einfache und sorg-lose Landleben jenseitsder Zeremonielle amHof. Manuel Brug ll

Ihren Lieblingsdirigenten Alan Curtis hat Donna Leon jetzt auchgewonnen für ein so originelles wie Grenzen sprengendes Unter-nehmen, das erstmals Händel und die Schriftstellerin in Buchformvereint. Aus dem erstaunlichen Bestiarium, das in den diversenOpern- und Oratorienarien als Symbole für Liebe und Treue,Falschheit und Mut gern besungen wird, hat sie zwölf ausgewähltund samt Alan Curtis und seinem Il Complesso Barocco gebün-delt. Dem von dem versierten Michael Sowa so idyllisch wie spie-lerisch bebilderten Buch liegt eine eigens eingespielte CD bei. Le-on hat viele mittelalteriche Tierbeschreibungen gewälzt. Und soerfahren wir etwa, dass der Löwe erst spät zum Sinnbild des star-ken, aber gütigen Herrschers wurde. Bei Georg Friedrich Händelwurde er eher betörend als brüllend von dessen Lieblinsprima-

donna Margherita Durastini besun-gen. Die klingende Wahrheit überNachtigall und Frösche, Phönix,Nachtfalter, Turteltaube gibt es übri-gens auch in Konzertform. MB ll

Der gebürtige Turiner Ludovico Einaudi entstammt einer Fami-lie von Politikern und Musikern. Erste Erfolge hatte er mit Film-musiken, dann mit Soloprogrammen auf dem Klavier und zahl-reichen Kammermusik- und Orchesterwerken. 2009 veröffent-lichte Ludovico Einaudi sein letztes Album NIGHTBOOK, das erals musikalische Interpretation des Überganges von Licht undDunkelheit anlegte, als Meditation über das Bekannte und Un-bekannte. Im März 2010 hat Einaudi 'Nightbook' und anderes aufder Bühne der ausverkauften Londoner Royal Albert Hall vor4000 Zuhörern gespielt. Daraus wurden zwei Live-CDs und ei-ne DVD. Jetzt ist er in Deutschland auf Tournee: am 2. April in Bre-men, am 3. in Mülheim, am 8. in Stuttgart, am 9. in Karlsruhe, am5. August in Potsdam, am 16. November in Köln, am 4. Dezem-ber in Halle, am 7. in Hannover und am 8. in Heidelberg.

Manuel Brug ll

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Münchner Kammerorchester5. Münchner Aids-KonzertZu den großen Erfolgen des traditionsreichen Münchner Kam-merorchesters (MKO) in den vergangenen Jahren zählt das Benefiz-Konzert zugunsten der Münchner Aids-Hilfe, das sich im Klassiklebender Stadt etabliert hat.

Ludovico Einaudi mit CD und Tournee

Donna LeonTiere und TöneDiogenes, Hardcover Pappband, 144 Seiten

ISBN 978-3-257-06763-7, Euro 19.90

Händels kleine Klangmenagerie

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Künstlerischer Leiter des MKO: Alexander Liebreich

Nach der denkwürdigen Aufführung von Mahlers 4. Symphonie mit 60befreundeten Gastmusikern im Februar letzten Jahres steht das 5. Mün-chener Aids-Konzert am 6. Mai 2011 ganz im Zeichen großer Solistender jüngeren Generation: mit der technisch versierten Pianistin Alice Sa-ra Ott, der französischen Sopranistin Sandrine Piau, die mit Mozart-Arien singt, sowie mit dem österreichischen Schlagzeuger Martin Gru-binger, dem derzeit populärsten Protagonisten auf diesem Instrument.

Soziale Verantwortung eines öffentlich geförderten Kulturbetriebs

Das Anliegen des MKO-Chefdirigenten und Künstlerischen LeiterAlexander Liebreich war es, in München ein Zeichen der Solidarität zusetzen. Das MKO als international agierendes und renommiertes Kam-merorchester stellt sich mit dem „Aids-Konzert“ der sozialen Verant-wortung eines öffentlich geförderten Kulturbetriebs in seiner Heimat-stadt: Alle Erlöse unter der Schirmherrschaft von OberbürgermeisterChristian Ude kommen direkt der Münchner Aids-Hilfe zu Gute, die alserste Institution dieser Art in Deutschland seit mehr als 25 Jahren vor-bildliche Arbeit bei der Bekämpfung der Krankheit, der Aufklärung undder Betreuung der Betroffenen leistet. Von den vier Aids-Konzerten inden Jahren 2007 bis 2010 war das erste gut, die weiteren drei Konzer-te restlos ausverkauft. Der Gesamterlös für die Münchener Aids-Hilfewird mit dem 5. Aids-Konzert die 100.000 Euro-Marke erreichen. In-strumentalisten und Sänger von Weltrang wie Janine Jansen, AndreasScholl, Daniel Hope, Olli Mustonen, Steven Isserlis, David Fray, JulianeBanse und andere sind ohne Gage mit dem MKO aufgetreten und ha-ben ein Konzept mitgetragen,bei dem nicht Kurzauftrit-te mit Klassik-Häpp-chen, sondern großesymphonische Solo-Konzerte und sinn-volle programmati-sche Zusammenstel-lungen im Vorder-grund stehen. Für das6. Aids-Konzert am 27.April 2012 haben be-reits Star-Sopranistin Si-mone Kermes, BratscherNils Mönkemeyer sowieder Pianist Igor Levit zuge-sagt. MB ll

Ludovico EinaudiThe Royal Albert Hall ConcertDecca 28947641469/Universal Classics

Commissario Brunetti musste sich die Liebe seiner Mutter vonAnfang an mit Georg Friedrich teilen. Doch bisher hielt Don-na Leon beide streng getrennt. Er ermittelte in Venedig, sie rei-ste den Händel-Opern weltweit hinterher. Und sie sponsertesogar manches Aufnahmeprojekt.

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Barenboimlegt wieder los

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Früher war er auch ein Titan auf dem Tonträgermarkt, inden letzten Jahren war es um Daniel Barenboim ein we-nig still geworden. Das soll sich jetzt wieder ändern. Er hateinen langjährigen Vertrag mit Universal Classics ge-schlossen, der ihn sowohl bei der Deutschen Grammo-phon wie bei der Decca präsentiert.

Als erste CD veröffentlich er mit seinem langjährigen Lieb-lingsbassisten René Pape dessen langersehnte Wagner-Platte.Unterstützt von der Berliner Staatskapelle entfaltet das bal-samische Kompetenz, auch wenn der Hans Sachs vielleichtnur ein Silberscheiben-Versprechen bleibt. Barenboim warletztes Jahr in Sachen Chopin unterwegs, dieses Jahr sind vie-le Soloauftritte mit Musik von Franz Liszt geplant – auch dassoll sich multimedial widerspiegeln.

Politischer Denker und Pädagoge

Der Chefdirigent in Berlin und Mailand und der Solist wirseit längerem schon auch ergänzt von dem politischen Den-ker und dem Pädagogen Daniel Barenboim. Letzerer wiede-rum hat seinen Einsatz auf das West Eastern Divan Orche-stra sowie auf zwei damit verbundene humanitäre Stiftungenzentriert. Mit dem Orchester wird er alle Beethoven-Sinfo-nien auf DVD festhalten und – wie stets in den letzten Jah-ren – auf Sommertournee gehen. Neben Salzburg steht auchein sicher unvergessliches Konzert mit Beethovens 8. und 9.Sinfonie am 21. August in der Berliner Waldbühne an.MB ll

Rene Pape; Daniel BarenboimWagnerDG 28947766179 /Universal Classics

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Konzerthighlight 2011 -Daniel Barenboim mitseinem West EasternDivan Orchestra in derBerliner Waldbühne am 21. August.

26rezensionen | cd

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Bewertung | Thermometer

Klassik Thermometer tonart prüft Klassik-CDs & DVDs auf Herz und Nieren

Anna NetrebkoStabat MaterDG 4779337/Universal Classics

Primadonna gibt sich bescheiden. Mit hin-gebungsvoll ruhiger Sopranlinie, eingebet-tet in den Mezzosamt ihrer MitsängerinMarianna Pizzolato, gestaltet Anna Ne-trebko ihren technisch leichten Part im„Stabat Mater“. Antonio Pappano dirigiert.

GLOR Classics vocal

Joshard Daus

EuropaChorAkademie

Deutsche Romantik Chorlieder Rheinberger Schumann Brahms

Excellence by young voices

EuropaChorAkademieChoral HighlightsGlor Classics GC09201

Gute Chormusik und wertvolle Rund-funkmitschnitte. Darum rankt sich das Pro-gramm des Labels Glor. Lieder von Schu-mann, Brahms und Rheinberger singt dieprächtige, von Joshard Daus dirigierte Eu-ropaChorAkademie.

Ray ChenVirtuosoSony Classical 88697923303/Sony

Feuerwerk und Vergeistigung bietet deraustralische Geiger Ray Chen auf seinerDebüt-CD. 2009 gewann er den Reine-Elisabeth-Wettbewerb in Brüssel, auf sei-ner (Leih-)Stradivari spielt er klangfein Tar-tini und Bach, Franck und Wieniawski.

Thomas HampsonMahler: Des Knaben WunderhornDG 4779289/Universal Classics

Nun hat Thomas Hampson eine Lücke inseiner Mahler-Diskographie entdeckt: mitden beherzt musikantisch aufspielendenWiener Virtuosen singt er die 14 der Lie-der aus „Des Knaben Wunderhorn" in ei-ner Kammerorchesterfassung.

Diana DamrauPoesieVirgin Classics 62866408/EMI

Dieser hoher Sopran, der auch Farben hat,der mit Zärtlichkeit und Schmeicheln zulocken vermag, so werden Strauss-Or-chesterlieder zum Vergnügen. Die Münch-ner Philharmoniker unter Christian Thiele-mann zeigen sich ebenfalls sehr animiert.

Gustavo DudamelTschaikowsky: ShakespeareDG 4779355/Universal Classics

Bei Tschaikowsky hat Gustavo Dudamelmit seinem Bolivar-Jugendorchester stetsden richtigen Zugang gefunden. Ideale Vor-lagen für schönes Schwelgen liefern dieTondichtungen mit vollem Shakespeare-Drang.

Francesco TristanoBachCageDG 47641735/Universal Classics

Francesco Tristano ist klassischer Pianistund Techno-Fan. Auf seinem neuen Albumverbindet er Klavierstücke von Johann Se-bastian Bach und John Cage zu einem Re-cital, das Erstere moderner und Letztereweniger ungestüm klingen lässt.

Piotr AnderszewskiSchumannVirgin Classics 5099994862522/EMI

Das Schumann-Jahr ist vorbei, die besteNeuveröffentlichung wird nachgereicht.Der polnische Pianist hört die Humore-ske träumerisch-traurig aus, die Gesängeder Frühe klingen nach störrischen Zwei-feln. - tonart-Höchstwertung.

www.tonartmagazin.de

dvd | rezensionen27

Autor: Manuel Brug II

Claudio AbbadoMahler. 9. SinfonieAccentus ACC 20214/Naxos

Hier geht es um das Existenzielle an sich.Gerade diese Mahler-Sinfonie ist immerauch Bekenntnis und Reflektion über letz-te Dinge. Kein lebender Dirigent hat dasBesser verstanden als Claudio Abbadomit seinem Lucerne Festival Orchestra.

Eva-Maria WestbroeckPuccini: La Fanciulla del WestOpus Arte OA 1039/Naxos

Die Pferdeoper als Hollywoodschin-ken. In seiner Amsterdamer Inszenie-rung nimmt Nikolaus Lehnhoff Pucci-nis clever gebautes „Mädchen ausdem golden Westen“ ironisch in dieZange.

Pina BauschCafé MüllerL’Arche 2851817272/Arthaus

Es gibt von Pina Bauschs Arbeiten nurwenige Aufzeichnungen. Die 1980 ent-standene von „Café Müller“ ist davon ei-ne der wichtigsten. Weil die Bausch hierselbst tanzt. Ein fragiles, dabei kraftvollesWesen, nicht von dieser Welt. Berührend.

René FlemingArmidaDecca 0743416/Universal Classics

Für Soprandiva René Fleming hat dieMet eigens Gioachino Rossinis halbver-gessene Zauberoper „Armida“ insze-niert. Als großes Spektakel für fünf Te-nöre, Ballett und viel Koloratur. RenatoFrizza dirigiert – spritzig.

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28aktuell | hifi

Als die Vinylrille noch als das Maß aller musikalischen Dinge in den priva-ten vier Wanden galt, beschloss eine kleine, aber kompromisslose Schar ausHerstellern und Importeuren hochkarätiger HiFi-Komponenten, ihren Pre-tiosen einen angemessenen Rahmen zu verschaffen: Die FachmesseHigh End war geboren – zunächst als Idee, wenige Monate später als bahn-brechendes Event.

30 Jahre – und kein bisschen heiser:Die High End hat Geburtstag

Heute ist die High End nichts weniger als der größte europäische Marktplatzfür die feinsten elektronischen Musikmaschinen – ganz gleich, ob sie das Wohn-zimmer nach alter Väter mit Röhren heizen oder digitale Archive zu glanzvol-lem musikalischem Leben erwecken. Vom 19. bis zum 22. Mai lädt die High Endzu ihrem Jubiläum nach München – genauer, in die Hörraume, Atrien und Fla-niermeilen des M.O.C im Norden der Bayerischen Hauptstadt.

Über einen USB-Anschluss kann sogar ein Notebook andocken

Die Berliner Manufaktur MBL ist etwa so alt wie die High End, und seit ih-rer Gründung steht sie für ein einzigartiges Konzept der Schallwandlung: Radi-alstrahler verteilen die Musik vollkommen gleichmäßig im Raum, was für schwe-relose, plastische Klangbilder sorgt, ganz gleich, wo der Hörer sitzt. KongenialeElektronik verhilft den exquisiten MBL-Lautsprechern zu einzigartiger Klarheitund Präzision. Mit der neuen Corona Line präsentiert der Hersteller zur HighEnd 2011 neue anspruchsvolle Bausteine: einen CD-Player, einen Vollverstärkerund – für Freunde separater Komponenten – einen Vorverstärker und eine End-stufe. Im Herbst will MBL die Corona Line noch um einen Tuner und um eineMono-Endstufe erweitern. In den äußeren, massiven Gehäusen der neuen Ge-räte sitzen weitere, stahlverstärkte Container für die Elektronik. Netzteile undTrafos haben separate, magnetisch abgeschirmte Abteile. Im CD-Player arbei-tet ein modernes Slot-Laufwerk. Neben digitalen RCA- und Toslink-Eingängenfür weitere Digitalquellen gibt es auch einen USB-Eingang, der CD-Audio-Da-ten aus einem angeschlossenen Notebook entgegennehmen kann. In den Ver-stärkern sorgen hochpräzise Schaltendstufen für Saft und Kraft.

Erlesene Klänge aus der Wohnzimmerwand

Burmester, der andere bedeutende High-End-Herstelleraus der deutschen Hauptstadt, kommt gleich mit einer gan-zen Palette spannender Neuheiten nach München. Dazu zäh-len In-Wall-Lautsprecher, ein Musik-Server, ein Surround-De-coder, ein neuer Vorverstärker mit Digital-Analog-Wandlersowie eine vollständig neue Produktlinie, die sich auf das We-sentliche konzentriert. Besonders interessant: Die neuen In-Wall-Lautsprecher, Burmester B12 und B21 genannt, ver-wenden bewährte Technologien des Herstellers und ver-sprechen somit feinste Klangqualität. Burmester bietet seinenKunden auch individuelle Lösungen an: Fast jeder Wunschnach speziellen Abmessungen und äußerer Gestaltung ist er-füllbar.

Erlesener Kopfschmuck für Hifi-Gourmets

Ultrasone tritt zur High End mit seinem neuen Kopfhö-rer Edition 10 an. Das edle Stück gibt sich schon äußerlichkompromisslos: Zartes äthiopisches Schafsleder verleiht denOberflächen von Ohr- und Bügelpolstern traumhaft weicheOberflächen, die Hörkapseln schmücken sich mit Intarsienaus dem exotischen Zebranoholz, ein hölzerner Koffer dientals schützende Behausung, die Bügelmechanik schimmert inmattem Aluminium – alles ist vom Feinsten, sogar der mitge-lieferte hölzerne Ständer. Die offene Bauweise des Hörersfördert ein luftiges, transparentes Klangbild mit glitzerndenObertönen und wuchtigen Bässen.

Wenn der Digitalplayer mit analoger Stimme röhrt

Der Firmenname verrät es schon: Melody Valve, eine Hi-

Kopfhörer der Überflieger-Klasse: Edition 10 von Ultrasone

Röhren über alles: CD-Player von Melody Valve

Lautsprecher mit Jumbo-Charme: Gamma I-8 von Cessaro

Musik aus der Wand: In-Wall-Lautsprecher Burmester B12 und B21

hifi | aktuell29

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ZEIG

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Fi-Schmiede aus Melbourne, Australien, hat sich ganz derRöhrentechnik verschrieben. Dieser Ausrichtung folgt natür-lich auch eine besonders verwegene High-End-Neuheit, derCD-Player des Herstellers: Die analogen Ausgangsstufen despittoresken Scheibendrehers bedienen sich sechs glimmen-der Glaskolben, um so für besonders warme Klänge zu sor-gen. Darüber hinaus bringt Melody Valve zwei neue Röhren-verstärker nach München.

Musikalische Urgewalt aus 16 Hörnern mit 1,2 Tonnen Ge-wicht

Cessaro, Spezialist für mächtige Horn-Lautsprechersyste-me, lädt zur Premiere auf der High End: Erstmals musiziertdort das gewaltige Spitzenmodell Gamma I-8. Es bringt stol-ze 1,2 Tonnen Lebendgewicht auf die Waage, genug, um vorder Installation Rücksprache mit einem Statiker zu rechtfer-tigen. Die Gamma I-8 ist eine 5-Wege-Konstruktion, beste-hend aus acht Basshörnern und vier Kugelwellenhörnern jeKanal für die Bereiche Tiefmittel-, bis Super-Hochton.

Die Wand als wohltönender Flächenlaufsprecher

Der Traum vom unsichtbaren Lautsprecher ist so alt wiedie HiFi-Technik. Revox kann ihn jetzt erfüllen: Scheinbar ausdem Nichts füllen die jüngsten Schallaggregate des Herstel-lers den Raum mit Klängen. Die Flächenlautsprecher der Se-rie Re:sound I invisible sind nur wenige Millimeter stark. Solassen sie sich hinter Putz, Farbe oder Tapete verbauen, umdie Wände in Klangquellen zu verwandeln. Die Lautsprecherwerden einfach anstelle einer Gipskartonplatte in Wand oderDecke montiert und dann optisch veredelt.

Wolfgang Tunze ll

Feine Elektronik für die Radialstrahler: Corona Line von MBL

30aktuell | hifi

1 | 2011

Peu à peu öffnet Apple sein traditionell geschlossenes „Ökosystem“ fürDrittanbieter: Mit „Airplay“ können iPhone & Co. jetzt Musik in CD-Qua-lität zur HiFi-Anlage funken. Vergessen Sie das iPod-Dock! Der Apple-Por-ti ist nicht gemacht, um an der Strippe zu liegen. Schicken Sie stattdessendie Musikdaten per Funk zur Anlage. Mit Bluetooth und einem geeignetenEmpfangsadapter ging das zwar auch bisher schon – dies aber nur in einge-schränkter Klangqualität.

Den WLAN-Funk des iPhone, iPodTouch oder iPad hatte Apple bis da-to für die Musikwiedergabe gesperrt.Das hat sich mit dem neuen Be-triebssystem iOS 4.2 geändert: Dank„Airplay“ kann der Porti die Musik-Bits nun zum vorhandenen WLAN-Router funken, der sie drahtlos oderüber die LAN-Strippe zur HiFi-Anla-ge weiterreicht. Dort muss sie einAirplay-taugliches Gerät in Empfangnehmen. Wer Musik im unkompri-mierten WAV-Format auf dem iPodgespeichert hat, kommt so in denGenuss bitgenauer CD-Qualität.

Airplay-Unterstützer: Denon, Ma-rantz und Bowers&Wilkins

Für den Airplay-Empfang kom-men aus Apples eigenem Sortimentder Adapter „Airport Express“ oderdas Video-taugliche „AppleTV“ inFrage – beides nicht unbedingt Hig-hend-verdächtige Gerätschaften.Doch auch Drittanbieter könnenneuerdings eine Lizenz zum Airplay-Empfang erwerben. So bieten Denonund Marantz einige AV-Receiver undKomplettanlagen an, die sich perSoftware-Upgrade auf Airplay aufrü-sten lassen. Das kostet 49 Euro extra.Zu den Airplay-Unterstützern ge-hört auch Bowers&Wilkins mit dem

tragbaren All-in-one-System „Zep-pelin Air“. In der Vorgängerversionhatte der Zeppelin ein klassischesiPod-Dock – nun kann er die Musikper Funk vom Apple-Porti empfan-gen.

Musik auch von der iTunes-Biblio-thek auf dem Mac oder PC über-tragbar

Man muss sich also nicht mehrmit einer rudimentären Fernbedie-nung zufrieden geben, sondern hältden iPod wie gewohnt in der Handund navigiert in Original-Apple-Qua-lität samt Cover-Darstellung. iPhone& Co. erkennen die Empfangsstatio-nen und bieten sie zur Auswahl an.Airplay-taugliche Geräte könnenaber nicht nur Musik von Apples Por-tis entgegennehmen, sondern auchvon der iTunes-Bibliothek auf demMac oder PC. Bisher war es für Netz-werkspieler von außerhalb der Ap-ple-Welt nur über Umwege möglich,auf die iTunes-Musik zuzugreifen.Denn iTunes ist nicht mit dem gängi-gen „DLNA“-Standard kompatibel.Daran ändert sich auch in Zukunftnichts – dafür öffnet aber Apple deneigenen „Airplay“-Standard für Drit-te. Motto: Wenn der Prophet nichtzum Berg kommt…

Ulrich Wienforth ll

Tuner/Netzwerkspieler Marantz NA 7004

AV-Receiver Denon AVR-3311 Apple iPod Touch

Luftspiele

Apple Airport Express B&W Zeppelin Air

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