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The Red Bulletin May 2013 - CH

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Traum-Job: Action Hero. Susi Mai, als eine von fünf Extremsportlern über ihr Erfolgsrezept aus der Szene.

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Willkommen! Winter wie der vergangene bauen eine Radfahr­geilheit auf, die nach besonders gepflegter ent­ladung verlangt. Wenn Sie also gerade auf der Suche nach ein paar sachdienlichen Routen­Tipps für den kommenden Urlaub sind, wir hätten da ein paar ideen. in British Columbia, Utah, nepal zum Beispiel oder in China und neuseeland. Vorgestellt von local Guides, in deren Hände man sein Schick­sal ohne Bedenken legen kann, wir sagen nur: Bran­don Semenuk, Darren Berrecloth, René Wildhaber. Und sollte ihr nächster Urlaub schon verplant sein, versorgt Sie die üppige Strecke ab Seite 26 mit so viel Fototapetenkraft, dass sich eine Weltreise locker auch im kopf ausgeht.

Gute Fahrt, viel Spaß! Die Redaktion

58 Revolte am HeRdStarköchin Meta Hiltebrand erneuert die Schweizer Kulinarik. Ein Restaurantbesuch in Zürich.

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SpektakuläR BeRgaB:downHillen im paRadieS

Die besten Bike-Trails von Utah bisNeuseeland. Plus: die Insider-Tipps der Locals.

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Die Welt von ReD Bull

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62 88Festival des Freien Falls450 BASE-Jumper, eine Brücke, sechs Stunden Zeit: Beim Bridge Day treffen blutige Anfänger auf eiskalte Profis.

training: Karim darwishFlinke Beine und „Killer“-Workout: Der ägyptische Squash-Großmeister erklärt seinen Trainingsplan.

74reportage: tanz dich FreiHip-Hop-Beats und spitze Stiefel: wie Mexikos verlorene Generation gegen Drogen und Gewalt ankämpft.

Bullevard 12 news  Das Wichtigste in Kurzform 14 mein Körper  Eis-König Derek Wedge 18 einst und jetzt Motorroller

20 meine welt  Bradley Cooper22 Formel  Die Physik des Kickflips24 GlücKszahlen  Ewige Sportrekorde

Features

26 Downhill-WeltreiseAcht Traumziele für Biker im Porträt.

38 Titus Dittmann  Ein Skate-Rebell erobert den Hörsaal.

42 Asperger Informatik Das Büro der genialen Autisten.

48 Traumjob ActionheroDeutsche Talente im Karrierecheck.

58 Meta HiltebrandKreativ-Feuerwerk im Kochtopf.

62 Bridge Day FestivalWo BASE-Jumper Woodstock feiern.

70 Unter HaienExtrem-Charity mit Katherine Sparkes.  

74 Stiefel statt Drogen Mexikos Tanz aus der Hölle.

More Body & Mind 84 reisetipp  Spektakuläre Pools 86 �Get the Gear  Spider-Mans Stuntman88 traininG  Squash mit Karim Darwish90 �niGhtliFe  Die Macht der Nacht 94 save the date  Nationale Top-Events95 cartoon  Kainraths spitze Feder 96 Fernsehen  Red Bulls TV-Fenster 98 Kolumne Ankowitschs Welt98 impressum

AUF eInen BlIck

der sKate-proFessorEinst brachte Titus Dittmann das Skateboardnach Deutschland. Heute referiert er an derUni über das „geilste Friedensmittel der Welt“.

38

90interview: talib KweliDer Hip-Hop-Gelehrte aus New York über sein neues Album und die Internet-Revolution im Musikgeschäft.

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DIe WelT von ReD BUll

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D u b a i , V e r e i n i gt e a r a b i s c h e e m i r at e

HöHentrainingDass seine Heli-Plattform am Superlativ-Hotel Burj

Al Arab einmal als Motocross-Spielplatz herhalten muss, hätte sich der britische Architekt Tom Wright gewiss nie

gedacht. Dem Spanier Dany Torres war das allerdings egal. Beim luftigen Warm-up für den Red Bull X-Fighters-Stopp in Dubai musste er lediglich den Bremsweg beachten: Die

Plattform liegt 210 Meter über dem Persischen Golf. Alle Tourstopps: www.redbullxfighters.com

Bild: Balazs Gardi/Red Bull Content Pool

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P u r m a m a rc a , a rg e n t i n i e n

ZielgeradeDer Auftrag eines Show-Run-Piloten: Formel-1-Atmo-sphäre an ungewöhnliche Orte exportieren. Etwa auf die staubige Hauptstraße des Indianerdorfes Purma-marca in der argentinischen Provinz Jujuy. Der Mann im Cockpit: Neel Jani aus der Schweiz. Sein Bolide: ein 800 PS starker RB7. Janis Resümee der Testfahrt: „Ich konnte nicht volles Tempo gehen – wir fuhren schließlich durch ein Dorf. Und dann brach da noch ein Gewitter los, und die Sache wurde richtig spannend.“Neel Janis Fahrtenbuch: www.neel-jani.comBild: Gustavo Cherro/Red Bull Content Pool

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A l-A i n , V e r e i n i gt e A r A b i s c h e e m i r At e

WüstenWelleDie Oasenstadt Al Ain liegt eine Autostunde land­einwärts an der Grenze zwischen Abu Dhabi, das zu den Ver einigten Arabischen Emiraten zählt, und dem Sultanat Oman – und ist dennoch ein Hotspot für Surfer. Die Wellen rollen jedoch auf Knopfdruck heran: Bis zu drei Meter hoch türmen sich die künstlichen Brecher dann im Becken des Wadi­Adventure­Parks. Australiens Surf­Ass Sally Fitzgibbons hat diesen Wüstenpool bereits getestet und war hingerissen: „Es ist wie Wellenreiten auf dem Mars.“www.wadiadventure.aeBild: Trent Mitchell/Red Bull Content Pool

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BullevardBeflügelndes in kleinen Dosen

New York BMX-Biker Edwin DeLaRosa cruist – wohl auch dank einer kleinen Stärkung – elegant durch die Straßen des Big Apple. Stan Evans

MoMeNt Mal!

BilDer Des MOnats

Unter den Einsendern der veröffentlichten Fotos wird eine Trinkflasche des Schweizer Herstellers SIGG im speziellen Red Bulletin-Design verlost.

Szenen aus dem abenteuerlichen Alltag unserer Leser. Einfach per Mail an:[email protected]

Venedig in FarbeAb 1. Juni präsentieren sich 150 Künstler aus 37 Ländern bei der

Biennale di Venezia, dem wichtigs-ten Kunstfestival der Welt. Hier

die vier größten Talente, auf deren Werke Sie ein Auge haben sollten.

1. SARAH SzE Sze kreiert aus Alltagsgegenstän-den wie Strohhalmen und Post-its

raumgreifende Installationen.

2. TAvARES STRAcHAn In einer 360-Grad-Videoinstalla-tion enthüllt er, wer wirklich der erste Mensch am Nordpol war.

3. JoAnA vASconcELoSDie Portugiesin baut meterhohe Kerzenständer aus Sektflaschen und Ungeheuer aus Stoffresten.

4. AkRAM zAATARI Der geheime Biennale-Star zeigt

die Schattenseiten der Nach-kriegsgesellschaft im Libanon.

eine Barockkommode aus dunklem holz, mit edlen Goldornamenten – und einem großen loch in pink. für den italiener fer-ruccio laviani ist Möbeldesign dann span-nend, wenn tradition auf Moderne trifft. oder besser: wenn zwei kunstepochen ohne airbag aufeinanderprallen. „ich fühle mich wie der rebellische sohn aus gutem elternhaus, der die erbstücke seiner oma in ein besetztes haus bringt und etwas neues da raus macht“, sagt der 52-Jährige. dieser ansatz spiegelte sich in seiner letztjährigen kollektion „f* the classics“ wider, aus der die erwähnte kommode stammt. Mit sei-nem aktuellen projekt „Good vibrations“ geht er noch einen schritt weiter: lavianis handgearbeiteter eichenschrank für das ita-lienische Möbelhaus fratelli Boffi (rechts) sieht aus, als wäre das Band im videorekor-der hängen geblieben. eine herausforde-rung fürs Gehirn. „Mir gefiel die idee, ein Möbelstück in der wohnung zu haben, das aussieht, als sei es eine Bildstörung“, sagt er. „ein kasten, der dir einen schlag ver-setzt, wenn du daran vorbeigehst.“ www.laviani.com

Gut HolzDie Möbel des Neo-Barock- Designers Ferruccio Laviani sehen aus, als sei der Video-rekorder stecken geblieben.

Möbel fürs digitale zeitalter: Lavianis neuer Holzschrank

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Die Wahl des Olympiasiegers

nach Jonas reckermanns rücktritt suchte der deut­sche Beachvolleyball­olympiasieger Julius Brink einen neuen part­ner. seine wahl (für die spiele in rio 2016): se­

bastian fuchs, 26, 2,03 Meter groß, lange arme, sprungkräftig, top athletisch. „das ist natürlich eine große Motivation, mit dem besten abwehrspieler der letzten vier Jahre ein team zu bilden“, freut sich der ex­hallenvolleyballer fuchs auf seine chance. „Julius ist ein äußerst professio­neller sportler, der bei jedem training oder Ballwechsel hundert prozent gibt – ein vorbild in sachen einstellung.“ und was schätzt fuchs am weltmeister von 2009 am meisten? „ich habe Julius als sehr hilfs­bereiten, lebensfrohen Menschen kennen­gelernt, dem Zusammenhalt extrem wich­tig ist … davon profitiere ich nun täglich.“www.fivb.org

Nogaro Sébastien Loeb startete in Frank-reich mit einer Qualifying-Bestzeit in die FIA GT Series-Saison. François Flamand

Pretoria Beim Red Bull Beat Battle-Qualifier in Südafrikas Kapitale waren mitunter mehr Arme als Menschen dazu zu sehen. Mpumelelo Macu

Colombo Gruppenbild mit Trophäe: die sechs Team-kapitäne beim Red Bull Campus Cricket World-Finale auf Sri Lanka. Dimitri Crusz

red bulletin: Du warst 2012 in der Nachwuchs­serie ADAC Formel Masters Gesamt­Achte, hast sogar ein Rennen gewonnen – als Rookie und einzige Frau im Fahrerfeld. Dieses Jahr zählt der Sieg, oder?beitske visser: Klar. Das ist auch realistisch, weil ich mich mittlerweile gut auf die schnelleren Formel-Renn-wagen eingestellt habe.Was kommt danach?Irgendwann der Formel-1-WM-Titel. Das ist mein Wunsch.Da wird Sebastian Vettel aber was dagegen haben.Mein Vorbild! Gegen ihn zu fahren wäre ein Traum. Wir sind ja auch „Teamkollegen“. Ich bin Mitglied des Red Bull Junior Teams, wie er es war.

Im Moment gilt NASCAR­Star Danica Patrick als schnellste Frau der Welt. Blickst du zu ihr auf?Klar, aber ich will natürlich besser werden als sie (lacht).Einen bekannten Racer hast du schon ins Schwitzen gebracht: Ralf Schumacher. Wie kam es dazu?Bei einem Kartrennen in Kem-pen (nordrhein­westfalen; anm.). Ich war lange Erste, er Zweiter. In der letzten Runde drängte er mich raus – und be-kam zehn Sekunden Zeitstrafe. Er war wütend und protestier-te, die Strafe wurde zurück-genommen, aber es machte Spaß, seinen Ärger zu sehen, dass ein junges Mädchen schneller war als er (lacht).www.redbulljuniorteam.com

Im VIsIer Sie gilt als Europas talentierteste Rennfahrerin: Beitske Visser (18) über Vorbild Sebastian Vettel und Gegner Ralf Schumacher.

Nach­gehört

3 Platten, die heute noch so frisch klingen

wie damals.

2,03 Meter groß, stark beim Block: Sebastian Fuchs (re.) ist der neue Partner von Julius Brink.

DAS GEWINNER-

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Beitske Visser träumt vom Formel-1-Titel.

Sebastian Fuchs

FouR TET: „RouNDS“ (2003)

Dieses zarte Elek­tronik­Meisterwerk von Four Tet klingt, als würde ein Spiel­

zeug­Orchester Jazz­Rock spielen.

TALKING HEADS: „SPEAKING IN

ToNGuES“ (1983)Das erfolgreichste und beste Album von David Byrnes

legendären Kunst schul­Punks.

PJ HARVEy: „RID oF ME“ (1993)

Eine Platte wie ein Wutschrei: Mit „Rid of Me“ spielte sich die damals 23­jäh­rige Harvey in den

Rock­Olymp.

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Mein Körper und ich

Rastalocken, Narben, brennende Oberschenkel. Ein Blick auf den Körper des Ice Cross Downhill-Weltmeisters. www.redbullcrashedice.com

Derek WeDge

1 Schmerzen: 100 ProMit 60 km/h auf Schlitt-schuhen durch den Eis kanal zu rasen – da sind harte Crashes unvermeidlich. Auch wenn du nicht stürzt, sind Schmerzen garantiert: Nach jedem Lauf brennen deine Oberschenkel vor Anstrengung minutenlang.

2 FokuS: SPeedIch wiege 69 Kilo und habe 100-Kilo-Koloss Kyle Croxall als Ice Cross Downhill World Champion abgelöst. Masse ist in unserem Sport nicht alles. Croxall räumt die Gegner aus dem Weg, ich setze auf Speed. Mein Plus: kräftige Beinmuskeln und relativ leichter Oberkörper.

SPätFolgen: akut 4Als Vierjähriger wurde ich

von einem Auto angefahren und brach mir ein Bein. Es wuchs danach langsamer als das andere. Die Spät-

folgen bekam ich mit 24 zu spüren: Bandscheiben-

vorfall. Am Eis tat mir zuletzt jeder Sprung weh.

Nun ist intensives Rücken-muskeltraining angesagt.

narben: Ja 5Beim Ice Cross Downhill

kam ich bisher mit blauen Flecken und Abschürfungen davon. Andenken am Körper

habe ich von anderen Dis-ziplinen: Die Narben an Ellbogen und Knie etwa

stammen vom Skaten. Das Hüft-Tattoo beinhaltet die

Initialen meiner Mutter.

haare: zu lang 3 Meine Haare sind mein

Markenzeichen. Seit fünf-zehn Jahren lasse ich sie

wachsen, seit zehn habe ich Dreads. Für Ice Cross Down-

hill leider unpraktisch. In den obligaten Rennhelm musste

ich hinten erst einmal ein Zopf-Loch schneiden.

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©2013 Oakley Icon | OAKLEY.COM

SEE THINGS DIFFERENTLY AT OAKLEY.COM/CHANGEPERSPECTIVE

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wo man am bestenRuhe und Kraft tankt?

Wollten Sie nicht schon immer einmal wissen,

Mikulov stories.czechtourism.com

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Mehr Apps für ActionWie man Profi-Sportfotos und heiße Insider-News aufs Handy kriegt? Zwei kostenlose Nokia-Apps helfen:(1) World of Red Bull App: die Highlights der Red Bull-Events weltweit, detaillierte Infos zu mehr als 400 Red Bull-Athleten, übersichtliche Filter-Funktion. Läuft auf: Nokia-Lumia- (Bild) oder -Asha-Smartphones. Download: www.redbullmobile.com/worldofredbull(2) Burton App: Ein Bild-Programm verwandelt Handy-Videos in Sequence-Shots. Läuft auf: Nokia Lumia. Download: www.windowsphonestore.comInfos: www.nokia.com

Mischt als Moderator (VIVA Zwei) und Come-dian („Comedystreet“

auf ProSieben) die hei-mischen TV-Schirme auf.

Machte als Mitglied der Fantastischen Vier deut-schen Hip-Hop massen-tauglich. Bilanz: 19 Gold- und 8 Platin-Alben.

DER KARRIERE-BONuS

Fährt Fingerboard und hat Motörhead-Front-

mann Lemmy Kilmister interviewt – mit ge-

spielter Kinderstimme.

Fliegt eine viersitzige Beechcraft Bonanza und war die deutsche Syn-chronstimme von Kult-Rapper Snoop Dogg.

DER COOLNESS-BONuS

Steht auf Karambolagen. 2008 Sieger von Stefan

Raabs TV total Stock Car Crash Challenge in der

Disziplin „Rodeo“.

Hat immerhin Porsche-Cup-Erfahrung. Fährt umweltfreundliche Bio-Concept-Cars für den Four-Motors-Rennstall.

DER GASFuSS-BONuS

Simon Smudo

„Weg vom Computer“Reggae-Philosoph Gentleman über Single-Akkorde amneuen Album und seine Hassliebe zum World Wide Web.

Der Kölner Tilmann Otto alias Gentleman: 500.000 Fans

Welche Kiste darf an den Start? Das Web-Votingab 10. 5. auf: www.redbullseifenkistenrennen.de

the red bulletin: „New Day Dawn“ handelt von Leidenschaft, Verlust und Identitätssuche. Ihr bisher persönlichstes Album? Gentleman: meine musik war schon immer persönlich, weil sie widerspiegelt, was ich bin. lyrisch ist „new day dawn“ sehr vom ver-gangenen Jahr geprägt. 2012 war für mich nicht so prickelnd.Meinen Sie damit Ihren Song „You Remember“ über ein Leben ohne Facebook und YouTube?es gibt etwas, das ich in dieser per-manent schneller werdenden Welt vermisse: individualität. ich stelle fest, dass gespräche, bei denen man sich in die augen sieht, immer mehr flötengehen. man muss dieser ständi-

gen erreichbarkeit entgegenwirken.Wie passt das: Sie haben mehr als 500.000 Fans auf Facebook … Ja – weil ich so direkt mit meinem publikum sprechen kann. es ist aber nicht so, dass ich ständig vorm com-puter sitze. da weiß ich Besseres mit meiner Zeit anzufangen. Welcher Song am neuen Album liegt Ihnen besonders am Herzen?„memories“ entstand aus einem einzigen akkord und hat trotzdem nichts weiter gebraucht – mit aus-nahme von ein paar streichern. und ganz ehrlich: ich höre die platte auch immer noch selbst, was ich eigentlich sonst nie mache.„New Day Dawn“ (universal) ist im Handelerhältlich; www.gentleman-music.com

Porsche vs. FingerboardComedian Simon Gosejohann (als Moderator) und

Hip-Hopper Smudo (als Jury-Mitglied) suchen am 14. 7. beim Red Bull Seifenkistenrennen 2013 die kreativsten Hobby-Racer. Was die beiden qualifiziert? Eine Menge:

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Die Sieger DeS MonatSDiese Athleten triumphierten doppelt, hauch-dünn oder aus beinah aussichtsloser Position.

Weltklasse-Boulderer Kilian Fischhuber (AUT) bewies mit der Military-Games-Gold-medaille gute Form. Eine Woche später fei-erte er in Millau (FRA) den 19. Weltcupsieg.

Olga Kharlan (UKR)

setzte sich in einem

spannenden Finale

des Säbel-Weltcups in

Antalya, Türkei, gegen

die zweimalige Olym-

piasiegerin Mariel

Zagunis (USA) mit

15:14 durch.

Nachdem Carissa

Moore bereits in Mar-

garet River gesiegt

hatte, ließ die 20-jäh-

rige Surferin aus

Hawaii beim Rip Curl

Pro am Bells Beach

einen weiteren Erfolg

in Australien folgen.

Unmittelbar nach dem Start des Indianapolis 250 Supercross war Marvin Musquin an letzter Stelle gelegen. Nach dramatischer Aufholjagd siegte der Franzose doch noch.

Startklar: Moto2-Rookie Sandro Cortese auf der Teststrecke in Jerez, Spanien

the red bulletin: Vom Moto3-Weltmeister zum Moto2-Rookie – was war die schwierigste Umstellung vor dem Saisonstart?sandro cortese: der gewichtsunterschied ist immens. meine 600-ccm-kalex-moto2 wiegt mit 140 kilogramm doppelt so viel wie mein altes motorrad (eine 250-ccm-KTM; Anm.). das ist völ-lig anderes rennfahren, vor allem beim anbrem-sen vor und rausbeschleunigen aus der kurve.

Wie hast du dieses Problem gelöst?ich habe mir noch ein paar muskeln zugelegt: nacken, rücken, arme. das wintertraining war hart, aber da muss man durch – sonst kannst du diese maschine nicht kontrollieren.Die Moto2-Klasse gilt als sehr zweikampfintensiv, weil das Niveau der Fahrer konstant hoch ist. Welche Lehren hast du bisher gezogen?ich bin noch immer in der lernphase. Zweikampfverhalten kannst du nicht trainieren – du musst es dir in der rennsituation aneignen. mein Vorteil ist, dass ich ein sehr geduldiger typ bin und nicht zur selbstüberschätzung neige.Kann man überhaupt fair bleiben, wenn man sich auf der Strecke am Limit bewegt?fairness sollte eine selbstverständlichkeit sein. Vor allem wenn du ans limit gehst, darfst du nie verabsäumen, den gegner zu respek-tieren. du muss ihm genügend platz lassen. sonst kracht es. Mit welcher Platzierung wärst du am Saisonende zufrieden?mein team intact gp macht mir keinen druck. aber ich will auf jeden fall vorne mitfahren.www.sandro-cortese.de; Moto2-Rennkalender: www.motogp.com

„SonSt kracht eS“Der Baden-Württemberger Motorradrennfahrer Sandro Cortese (23) über seine Moto2-Premiere, winterliches Muskeltuning und Duelle am Limit.

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Kumpel für Stadt und Land, treuer Lastesel, Gefährte für die kleinen Fluchten: Kraftvolle Scooter waren stets eine pfiffige Motorrad-Alternative.

Einst und jEtzt

Der italienische Hersteller Rumi war in Bergamo beheimatet und begann nach dem Zwei-ten Weltkrieg mit dem Bau von Motorrollern und -rädern, um das Land wieder mobil zu machen. Als Höhepunkt der Rollerkunst gilt der stilistisch und technisch spektakuläre „Formichino“, zu Deutsch: kleine Ameise. 1962 ging das Licht aus und Firmengründer Donnino Rumi fortan seiner eigentlichen Berufung als Bildhauer und Künstler nach.

Motorroller

Schlichte Eleganz der einzigen Armatur und ein Tank, der zu-gleich den einzigen Scheinwerfer hält.motorradmuseum.at

MoToRZweizylinder-Zweitakter mit Doppel-Fallstromvergaser: Das war Musik in den Ohren damaliger Rollerfahrer. 6,5 PS machten den kleinen Motorradschreck gut und gern 100 km/h schnell.

RAHMEnRumi hatte sich als Zulieferer der Flugzeugindustrie Know-how in puncto Aluminium-verarbeitung erworben. Man baute Alu-Druckguss-Rahmen, wo andere noch jahrzehntelang schnöde Bleche oder Rohre ver-schweißen sollten.

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FRonTZehn Zoll kleine Räder machen die Rumi wendig. Hightech anno 1954: Der Schein werfer ist per Seilzug mit der Gabel verbunden, das „Ameiserl“ leuchtet beim Lenken in die Kurve hinein.

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Antrieb2 Zylinder, 4 Takte, 8 Ventile, Automatikgetriebe, elektro­nische Benzineinspritzung, Katalysator: Der leise Motor des BMW leistet 60 PS und beschleunigt bis 175 km/h.

Maxi-Scooter vereinen die Autobahntauglichkeit eines Motorrads mit dem Wetterschutz und der Praktikabilität eines rollers. Sie sind häufig in den Speckgürteln rund um ballungs-zentren anzutreffen, haben aber gleichzeitig das Potential, gestandene Motorradfahrer auf kur vigen Landstraßen mehr als nur zu ärgern. Der C 600 Sport von bMW ist fast zehn-mal so stark wie der rumi, mehr als doppelt so schwer und gut eineinhalbmal so groß.

behagliche neue Welt: Das digitale Cockpit mit bord-computer ist gut geschützt.bmw-motorrad.de

2013 BMW C 600 Sport

FAhrWerkBMW kombiniert einen Alu­Druckguss­Rahmen mit Stahl; das 15­Zoll­Hinterrad wird von einer Einarmschwinge gehalten. Scheiben­bremsen mit ABS ankern verlässlich.

koMFortEin verstellbares Windschild, Stauraum unter dem Sitz und ABS machen Trips mit dem BMW C 600 Sport bequem. Gegen Aufpreis gibt’s Luxus: Topcase, Sitz­ und Griffheizung, Navi und Reifendruck­kontrolle.

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Page 20: The Red Bulletin May 2013 - CH

Meine Welt

Bradley CooperSelten war ein Hangover einer Karriere so förderlich wie jener von Bradley Cooper:

In gerade vier Jahren schaffte er es vom Nobody in die Hollywood-Elite.

www.facebook.com/thehangover text

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GeküsstAm Beginn seiner Schau-

spielkarriere wurde Cooper in „Sex and the City“ von Carrie

geküsst … und abserviert. Später präsentierte er ein TV-Reisemagazin (u. a. von

einem kroatischen Nudisten-Strand). Seine erste nennens-werte Rolle bekam Bradley in der US-Fernsehserie „Alias“.

Verkatert2005 spielte Cooper in „Die Hochzeits-Crasher“ einen

gehörnten Verlobten. 2009 reiste er mit Ed Helms, Zach

Galifianakis (& Justin Bartha) nach Las Vegas: „Hangover“

katapultierte „Coop“ end-gültig in die Mimen-Topliga.

GeschultCooper, der dank eines Aus-landssemesters in Aix-en-

Provence übrigens fließend Französisch spricht, war 2011

der erste Absolvent der be-rühmten New Yorker Actors Studio Drama School, der

als Gast in die Fernsehshow „Inside the Actors Studio“

geladen war.

VerletzlichWer den „Sexiest Man Alive“

2011 für ein allzu selbst-bewusstes Alphatier hält,

liegt grundfalsch. „Bradley ist extrem verletzlich“, ver-riet „Hangover“-Regisseur Todd Phillips. „Da ist eine

innere Wärme, die man ihm nicht zutrauen würde.“

Oscar-reifCoopers brillanter Verkörpe-rung eines tablettensüchti-gen Autors in „Ohne Limit“

(2011) folgte „Silver Linings“ (2013, Oscar-Nominierung). Es blieb wegen Daniel Day-

Lewis’ genialer „Lincoln“-Dar-stellung bei der Nominierung, was das Lob von „No Limits“-Kollege Robert De Niro nicht

schmälert: „Er ist wirklich gut und wird immer besser.“

VerliebtMit zwölf sah Cooper „Der

Elefantenmensch“: „Der Film ging mir nicht aus dem Kopf, ich musste dauernd weinen.“ 2012 spielte er die Rolle auf

der Bühne, 2013 will er damit sogar am Broadway auf-

treten. Außerdem arbeitet er aktuell an einem Skript der Sci-Fi-Novelle „Hyperion“.

VerhandeltDie ersten zwei „Hangover“-

Filme spielten rund eine Milli-arde Dollar ein. Ende Mai

kommt das Finale der Chaos-Trilogie in die Kinos. Nach

zähen Gagenverhandlungen freuen sich Cooper und seine kongenialen Kumpane Helms

und Galifianakis über je 15 Millionen Dollar Gage.

VernarbtBradley Charles Cooper wurde am 5. Januar 1975 in Philadelphia geboren.

Jugendliche Alkoholexzesse, Drogenprobleme und Prüge-leien hinterließen Narben an Leib und Seele. „Ich schämte mich für so viele Dinge“, ge-

stand er dem „Hollywood Reporter“.

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Page 21: The Red Bulletin May 2013 - CH

KÜHL, ERFRISCHENDUND IMMER MIT DABEI.

Hergestellt aus Zutaten 100% natürlicher Herkun� , besitztCarpe Diem Kombucha Fresh eine äusserst wohltuendeWirkung. Durch einen aufwendigen Fermentationsprozess,basierend auf uraltem Wissen um die Kraft der Kombucha-Kulturen, entwickelt sich eine besonders hohe Aromenvielfalt.Bekömmlich und kalorienarm ist Carpe Diem Kombucha Freshdas sinnvolle Erfrischungsgetränk für jede Gelegenheit.

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US-Skateboard-Profi Torey Pudwill: „Der Kickflip? Noch immer mein Lieblingstrick.“

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Ein BrEtt drEht durchDer „Kickflip“ ist der Klassiker der Skateboard- Trickschule. Unser Physiker* lüftet sein Geheimnis.

So dreht man ihn:Wer mit dem skateboard abheben will, muss dessen hebeleigen­schaften nutzen. durch Gewichtsverlagerung auf den hinteren fuß wird das brett über die hinterachse gekippt (Abb. 1 und 2). Weil der vordere hebel viel länger ist, bewegt sich der Körper­schwerpunkt (KsP) des boards, der etwa in der Mitte liegt, wesent­lich schneller in die höhe. berührt die „tail“ (das hintere board­ende) den boden, hört diese bewegung aber nicht auf. Aufgrund der trägheit schnellt das board nach oben und hebt ab – etwa so, als schlüge man auf die Zinken einer Gabel.

das board rotiert nun um die tiefenachse gegen den uhr­zeigersinn. Aber wie bringt man es dazu, sich auch um die längs­achse zu drehen? der drehimpuls L eines isolierten systems (zum beispiel des skateboards) ist konstant. Anders gesagt: das brett kann sich nicht von selbst um die längsachse zu drehen beginnen. Man muss es durch ein drehmoment M, also eine Kraft, die abseits vom KsP wirkt, in drehung versetzen. es gilt dann M = ∆L/∆t. der skater schafft das, indem er den vorderen fuß von uns aus gesehen nach rechts hinten über die „nose“ (das vordere board­ende) zieht. dadurch beginnt sich das brett ers­tens im uhrzeigersinn um die tiefenachse und zweitens um seine längsachse zu drehen (Abb. 2 bis 5).

nun fliegen skater und board isoliert durch die luft, bis sich letzteres einmal um seine längsachse gedreht hat. in dieser flugphase nutzt man wieder die trägheit aus. die horizontal­geschwindigkeit von skater und board bleibt während des freien flugs erhalten, weil der luftwiderstand zu vernachlässigen ist. Am ende des tricks – zeitlich knapp nach Abb. 4 – berührt der skater mit dem hinterfuß das board, stoppt es (erzeugt also wie­der ein drehmoment) und steigt drauf. Voilà!

in Zahlen heißt das: die längsdrehung des boards dauert etwa 0,2 s (von Abb. 2 bis kurz nach Abb. 4). es muss daher mit beachtlichen 5 u/s oder 300 u/min rotieren! Gleichzeitig dreht sich das board in dieser Zeit 90° im uhrzeigersinn um die tiefen­achse. Weil der skater am höchsten Punkt der flugbahn wieder „aufsteigt“, kann man die flughöhe des skateboard­KsP mit h = (g/2)t² = 0,2 m abschätzen. dazu ist eine vertikale „Abkick­geschwindigkeit“ von v = √ 2gh = 2 m/s nötig. Kickt man lang­samer, muss sich das board noch schneller drehen. die heraus­forderung: zwei schnelle teilbewegungen rasch zu koordinieren.

So Steht man ihn:„ein durchschnittlich begabter skater muss etwa ein Jahr üben, bis er den Kickflip beherrscht“, sagt us­Pro­skater torey Pudwill (links im bild). und der 22­jährige „t­Puds“ hat folgenden tipp: „trainiert den trick zuerst auf Gras. dort kann man ihn sicher landen und schrittweise selbstvertrauen aufbauen.“Das Video zur Formel: www.youtube.com – „Torey Pudwill Kickflip“ eingeben

* Mag. DDr. Martin Apolin, 48, Physiker und Sportwissenschaftler, arbeitet als AHS-Lehrer und Lektor an der Fakultät für Physik in Wien und ist mehrfacher Buchautor.

FormelSammlung

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Zahlen des Monats

Für die ewigkeitRekorde sind dazu da, um gebrochen zu werden?

Hier ein paar Beweise, dass das nicht ganz so stimmt.

Das Football-Spiel Georgia Tech gegen

Cumberland

Michael Phelps

Secretariat

Jack Burke

Wayne Gretzky

Wilt Chamberlain

100Am 2. März 1962 erzielte Basket-ball-Superstar Wilt Chamberlain

mit den Philadelphia Warriors im Spiel gegen die New York Knicks 100 Punkte. (Nur ein einziger an-derer Spieler – Kobe Bryant von

den L. A. Lakers – übertraf seither mit 81 auch nur die 75-Punkte-

Marke.) In jener Saison brachte es der berüchtigte Womanizer „Wilt the Stilt“ auf unerreichte

4029 Saison-Punkte.

31„Wie ein Rolls-Royce in einem Feld von VWs“, sagte Rennbahn- Manager Chick Lang über das schnellste Rennpferd der Ge-schichte. Der Hengst Secretariat, ein Englisches Vollblut, demütigte 1973 beim Belmont Stakes auf Long Island mit einer Siegerzeit von 2:24:00 Minuten die Konkur-renz mit 31 Längen Vorsprung. Kein anderes Pferd lief die 1½ Meilen je unter 2:26 Minuten.

222Am 7. Oktober 1916 trafen die

College-Teams von Georgia Tech und Cumberland aufeinander.

Cumberland hatte kurz zuvor sein Football-Programm ein gestellt.

Um einer Strafe wegen Nicht- Antretens zu entgehen, wurde

eine 14-köpfige Mannschaft aus Studenten zusammengewürfelt.

Die Folge: 222:0, das schlimmste Debakel der Football-Historie.

111Am 6. April 1893 traten Andy Bowen und Jack Burke in New Orleans’ „Olympic Club“ gegen-einander an. Nach 7:19 Stunden (damals gab es noch keine fest-gesetzte Rundenanzahl) stand noch kein Sieger fest. Die mittler-weile mit gebrochenen Hand-knöcheln boxenden Prügelknaben blieben beim Gong zu Runde 111 einfach in ihren Ecken sitzen. Um 4:43 Uhr befand der Ringrichter: „no contest“… ohne Wertung.

18Eine Olympia-Goldmedaille

ist der Traum jedes Sportlers. Ausnahmeathleten wie Larissa Latynina (Turnen), Mark Spitz (Schwimmen) oder Carl Lewis

(Leichtathletik) schafften neun. US-Schwimmstar Michael Phelps beendete nach den Spielen 2012

seine Karriere mit 18 Goldenen. Insgesamt räumte „The Ameri-

can Bullet“ 71-mal Edelmetall bei Olympia, WM und Pan-Pacific-

Meisterschaften ab.

2857Der beste Eishockeyspieler aller Zeiten? Natürlich ein Kanadier. Wayne „The Great One“ Gretzky sammelte in seiner aktiven Lauf-bahn (1979–1999) 61 NHL-Rekor-de. Nicht alle haben bis heute Bestand, unerreichbar bleiben aber wohl die 2857 Karriere-Punkte (Tore und Assists). Auf Platz zwei der ewigen Liste folgt Mark Messier … mit 1887.

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Biken, bis die Sonne untergeht: Trips zwischen Genuss und Adrenalin

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A t e m b e r a u b e n d e s P a n o r a m a , e n d l o s e S i n g l e t r a i l s , e x o t i s c h e K u l t u r e n : w o h i n f a h r e n , w e n n d i e H o m e t r a i l s l a n g w e i l i g w e r d e n , w e n n Z e i t u n d G e l d k e i n e R o l l e s p i e l e n ? W i r h a b e n a c h t T r a u m - D e s t i n a t i o n e n f ü r d a s e n d -g ü l t i g e A b e n t e u e r a u f z w e i R ä d e r n . Text: Werner Jessner

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1LocaL Guidedarren BerrecLothFreeride-Legende

„Mein Bike und ich sind auf der ganzen Welt unterwegs, immer auf der Suche nach dem perfekten Spot. der mächtige Fraser river, Lebensader von West-Kanada, liegt quasi in meinem Vorgarten und liefert perfekte Bedin-gungen. der unter-grund ist hart genug, um kranke Lines zu shapen, und doch weich genug für eine gute traktion.“

anreiSe British columbia ist der natur-spielplatz schlechthin. der Fraser river zieht sich über fast 1400 Kilometer von den rocky Mountains nach Van-couver. die Berrecloth-Spots sind nur per Boot erreichbar. einstiegspunkt ist Williams Lake, sieben Stunden nordöst-lich von Vancouver. Kontakt: www.jetboatadventures.comWohnen im Zelt am FlussBeSte Zeit Juli bis SeptemberaBSeitS VoM BiKeLachsfischen mit anschließen-dem Barbecue in Gesellschaft von adlern, dickhornschafen und Bären.

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Se ItS de S bI ke S.

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LocaL GuideBrandon Semenuk Gesamtsieger der Freeride mountainbike World Tour 2012

„Whistler hat mTB- Geschichte geschrieben. Hier wurde erstmals ein Skiresort im Sommer zum mTB-resort um-gemodelt. man hat auch mehr Zeit und Liebe in die Trails investiert als anderswo. die ganze Stadt lebt und atmet mountainbike. Jeder Biker sollte zumindest einmal im Leben in Whistler gewesen sein.“

anreiSe knapp zwei autostunden von Vancouver entfernt. WoHnen Von Hotel bis apartment: Whistler ist für jedes Budget und jede Gruppengröße bestens gewappnet.koSTenTagespässe ab 56 cad (ca. 42 €)BeSTe ZeiT Juni bis SeptemberaBSeiTS Vom Bikees gibt kein Leben abseits des Bikes. im Sommer dreht sich hier alles um den schönsten Sport der Welt. Trotzdem gut: im Zentrum bei Bier und Bur-ger menschen beobachten. bike.whistlerblackcomb.com

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E n d l o s E r G r i pB i G Wat E rU ta h , USa

3LocaL Guidedarren BerrecLoth Freeride-Legende

„nach dieser destina-tion für ‚Where the trail ends‘ habe ich drei Wochen lang gesucht. das terrain aus Bento-nit ist in alle richtun-gen fahrbar, und land-schaftlich gehört utah zu den schönsten Spots der Welt. Selbst wenn ich im feuchten British columbia groß gewor-den bin, entdecke ich doch immer mehr die Magie der Wüste.“

anreiSe Flug nach Las Vegas oder Salt Lake city, dann drei bis vier Stunden im auto. Big Water ist als „recreational area“ gewid-met, also ist Biken hier aus-drücklich erlaubt.Wohnen Big Water ist eine Kleinststadt mit nicht einmal 500 einwoh-nern. Wenige Zimmer treffen auf wenige touristen.BeSte Zeit nahezu das ganze Jahr überaBSeitS VoM BiKeder Grand canyon ist selbst für den geübtesten Freerider unfahrbar, lohnt aber in jedem Fall den abstecher (ca. 200 Meilen richtung Süden).

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Landsc haftLic h ge hört Utah zU de n sc hönste n fLec ke n

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Trai ls vor de m aTe m­be raube nde n Panorama de s H i malaya

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4LocaL GuideMads Mathiasen tourguide von himalayan-trails.com

„Kranke downhills, flowige singletrails und geschmeidige cross-country-strecken vor dem atemberaubenden Panorama des himalaya. Mein Lieblingstrail führt in die ehemalige Königsstadt von Mus-tang, Lo Manthang, die von der unesco – völ-lig zu Recht – als ‚ein-zigartig auf der Welt‘ beschrieben wurde.“

anReise Mustang liegt im schatten der annapurna, der nächste Flughafen heißt Jomsom, Kathmandu der nächst-größere. ab hier geht es mit Guides weiter.Wohnen in tea-houses, die von ein-heimischen betrieben werden. alternative: camping.Kosten das upper Mustang Permit kostet 500 us-dollar und gilt für 10 tage. Pro tag in nepal sollte man zwischen 100 und 250 usd kalkulieren.Beste ZeitMitte april bis ende JuniaBseits voM BiKenäher kommt man den acht-tausendern dhaulagiri und annapurna nicht und damit einigen Kapiteln der Geschichte des höhenbergsteigens.

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I n TI rol sI nd dI e Voraus seTzunge n zum BI ke n I deal .

Anreise Über die Flughäfen innsbruck oder MünchenWohnen reichhaltiges Angebot infolge einer überdimensionierten Wintertourismus-infrastrukturkostentagestickets für die Bikeparks bewegen sich rund um 30 €.Beste ZeitAltweibersommer (im septem-ber): klare Luft, bunte Farben und gut ausgefahrene trailsABseits voM BikeDie studentenstadt innsbruck setzt dem klischee des jodeln-den Lederhosenträgers nahezu italienische Leichtigkeit und Urbanität entgegen.

alpI n e VI e lfalTTI rolÖster r eich

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LocAL GUiDeGeorGy GroGGer Bikepark-entwickler bei www.trailsolutions.at

„in tirol sind die voraus-setzungen zum Biken dank unserer Berge ideal. Bislang ließ die in frastruktur noch zu wünschen übrig, aber das ändert sich gerade. nordkette innsbruck, steinach am Brenner oder serfaus vereinen Landschaftserlebnis mit Fahrspaß.“

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2500 HöH e n m ete r talwärts: i nte nsive r Ge nus s i m z e itraffe r für 2000 ri de r

Glüc k i m rude lalpe d’ Hue zFr a n kr eich

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„Mégavalanche in Alpe d’Huez ist der größte Downhill-Marathon der Welt, zugänglich für Amateure wie Profis. 2000 Biker fahren vom Gipfel des 3330 Meter hohen Pic Blanc 2500 Höhenmeter bergab. Die schnellen schaffen es in 50 Minuten, die langsamen brauchen einen halben Tag.“

Anreise Mit dem Auto über die be-rühmten 21 Kehren der Tour de France. nächstgelegener Flug-hafen: Turin oder Grenoble.WoHnen im Apartment oder Hotel, das man im Paket mit der Teil-nahme am rennen bucht.KosTen rennen plus Liftticket: 55 €. www.megavalanche.comBesTe ZeiT Mégavalanche-Woche ist vom 8. bis 14. Juli 2013.ABseiTs voM BiKeTartiflette. Bergfranzösische spezialität aus Zwiebeln, Kartoffeln und speck, kräftig mit Käse überbacken. sättigt Legionen.

LocAL GuiDerené WiLDHABer 6facher Mégavalanche-sieger

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E i n pitto ­rE skE r spi E l­

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für Downh i ll

„Die brennenden Berge von Turpan sehen aus, als wären sie fürs Downhillen geschaffen worden, ein pittoresker Spielplatz, wie man in ‚Where the Trail Ends‘ sehen kann: Turpan ist der heißeste Teil Chinas. Bei mehr als 40 Grad Celsius im Sommer verlieren selbst hart­gesottene Rider die Freude am Biken.“

UntE rm m E E rtUrpan, wüstE gobiChina

7LoCaL GuiDEJaCk Ho Tourguide und ­organisator

anREiSE Peking, inlandsflug nach Ürümqi, dann ca. drei Stun­den per auto nach TurpanWoHnEn im Hotel mit drei, vier oder fünf Sternen. 50 Dollar pro nacht sind eine realistische kalkulation. koSTEn Visa 120 Dollar, inlandsflug ca. 400 Dollar, Shuttles vor ort je nach Route, Größe und Personenanzahl.BESTE ZEiT im März/april bzw. oktober sind die Temperaturen am erträglichsten.aBSEiTS VoM BikETurpan liegt an der Seiden­straße, was den unter­schiedlichsten kulturen 2000 Jahre lang Gelegen­heit gab, ihre Spuren zu hinterlassen.

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Di e Trai ls li ege n nur

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ParaDi e s aM e nDe De r we lTroToruaN euseel a N d

8LocaL GuideBrook MacdonaLd Weltklasse-downhiller

„rotorua hat einfach alles: endlose Xc-Trails und einen großartigen downhill-kurs. Zudem liegt beides nur wenige Minuten von der Stadt entfernt und ist ganz-jährig befahrbar. allen-falls Whistler ist besser – vor allem der dortige downhill. aber rotorua ist im Vergleich viel günstiger.“

anreiSe auckland mit seinem inter-nationalen Flughafen liegt vier autostunden nördlich.Wohnen Motels, cottages und Lofts, die auf Biker eingestellt sind, in direkter nähe. alternative: Wohnmobil in auckland mieten.koSTen Bus-Shuttle kostet 10 neusee-land-dollar (ca. 6,50 €)BeSTe ZeiT der Winter der nördlichen hemisphäre ist der Sommer der südlichen. Wir empfehlen den Januar, wenn es bei uns richtig kalt und ungemütlich ist. www.riderotorua.comaBSeiTS VoM Bikeempfiehlt sich entspannung in rotoruas Thermalquellen.

Mehr Mountain-bike-action in der red Bulletin Tablet edition.

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Skateboard- Pionier Titus Dittmann (64): „Ich war ein hyperaktives Kind.“

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the red bulletin: Du bist vermutlich der einzige Vierundsechzigjährige in Münster, der auf dem Longboard zum Bäcker rollt. Schauen dich die Leute manchmal noch schief an?titus dittmann: Klar, ständig. Irgendwas läuft bei mir komplett anders als beim Rest. Oft denke ich mir: Warum bist du so bescheuert und schwimmst noch immer gegen den Strom? Deine Erklärung?Wenn alle sagen, dass etwas unmöglich ist, und man es trotzdem schafft – das war für mich immer das Größte. In der Volksschule sagte unser Lehrer: „Wenn aus euch nix werden soll, macht es wie Titus.“ Ich war ein hyperaktives Kind. Hätte es da-mals Ritalin gegeben, ich wäre bis heute süchtig. Dein „Titus Show Team“ war eine der ersten Skate-Mannschaften Europas. Du giltst als Urvater der deutschen Szene. Wie kann man sich deren Geburtsstunde vorstellen?Ich habe 1978 meine Staatsexamen als Gymnasial-lehrer gemacht. Das Thema meiner Arbeit lautete „Skateboarden im Schulsport?“. Die Professoren hatten keine Ahnung, wovon ich rede. Als Drei-

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T i T u s D i T T m a n n s c h u f e u r o p a sg r ö s s T e n s k a T e b o a r D - h a n D e lu n D p r ä g T e D i e s z e n e a l su n T e r n e h m e r u n D e w i g j u n g e r r e b e l l . e i n g e s p r ä c h ü b e rf i n a n z i e l l e T a l f a h r T e n ,s k a T e p a r k s i n a f g h a n i s T a n u n Ds e i n e u n i - m i s s i o n i n m ü n s T e r .Interview: Manuel Kurzmann Bilder: Christoph Voy

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Page 40: The Red Bulletin May 2013 - CH

ßigjähriger habe ich mit Schülern die Skateboard Arbeitsgemeinschaft gegrün-det. Ich habe ihnen Billigboards aus China besorgt und zum Selbstkostenpreis über-lassen. Die Dinger konntest du nach ein paarmal fahren in die Tonne treten. Kein guter Start für ein Imperium.Um Nachschub zu besorgen, bin ich in den Ferien in die USA geflogen. Ich hab Bretter gekauft und durch den Zoll ge-schmuggelt. Meine Tasche war randvoll (lacht). Die Skateboards hab ich an die Jungs der AG weitergegeben. Irgendwann wollten deren Freunde auch eins.Als Nächstes kamen ein Skate-Magazin, ein Modelabel und der Titus-Versand-

handel. Wie hast du den Boom Mitte der neunziger Jahre erlebt?Ich hab mich gefühlt wie ein König. Aber das klassische Unternehmertum war für mich als Kind der 68er-Generation erst mal ein No-Go. Deswegen hab ich die Kohle fast zu hundert Prozent wieder rausge-schmissen: für eine Halfpipe, das Magazin, die Organisation einer WM.2002 drohte der Titus Unternehmens-gruppe nach einem geplatzten Börsen-gang der Bankrott. Wenn du als Unternehmer auf die Fresse fällst, geht das Leben weiter – voraus-gesetzt, du bist ein einigermaßen cleveres Kerlchen. Ich habe zu meiner Frau gesagt: Als Studenten hatten wir 600 D-Mark im Monat – davon haben wir Weltreisen ge-macht und geguckt, wo’s die billigsten Omeletts gibt. Wir waren glücklich.Aber die Bank stand vor deiner Tür. Hattest du keine Angst vor der Pleite? Klar, man ist ja erpressbar. Aber wenn du den Schritt machst und dich von allem löst, wirst du angstfrei. Wenn du sagst:

„Gut – dann geh ich halt nach Afrika und fange von vorn an“, dann kriegen plötz-lich alle Schiss, die vorher auf dir rum-getrampelt sind. Ich hab noch nie so viele verängstigte Banker gesehen wie in dem Moment, wo ich gesagt hab: „Hey, dann macht doch!“ (Lacht.) Die wussten nicht mehr, was sie mit mir anfangen sollen. Und plötzlich lief alles in eine positive Richtung. (2007 schaffte Dittmann die Sanierung seines Unternehmens; Anm.) Du bist mittlerweile als Dozent an der Uni Münster tätig. Was können künf-tige Sportlehrer von dir lernen?Ich versuche ihnen beizubringen, dass Skateboarding eine sinnstiftende Jugend-kultur ist, die man nicht „verpädagogi-

D i t t m a n n s m u lt i p l e R o l l e nTitus Eberhard Dittmann wird am 8. Dezem-ber 1948 im rheinland-pfälzischen Kirchen geboren. Nach seinem Sport- und Geografie-Studium gründet er 1978 die Titus Arbeits-gemeinschaft, die er zu Europas größtem Skateboard- Unternehmen ausbaut. 1983 erscheint die erste Ausgabe seines „Monster Skateboard Magazins“. Mit skate-aid unter-stützt er Entwicklungsprogramme von Afgha-nistan bis Tan sania. 2010 übergibt Dittmann die Unter nehmensführung seinem Sohn Julius. Seit 2011 leitet Dittmann senior das Praxisseminar „Skateboarding“ an der West-fälischen Wilhelms-Universität in Münster. Seine Autobiografie „Brett für die Welt“ (Bastei Lübbe) ist im Buchhandel erhältlich.

„ s k a t e n f ö R D e R t k R e a t i v e sD e n k e n . e t w a w e n n D u e i n e t R e p p e g e g e n e i n e nH a u s m e i s t e R e R o b e R s t. “

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Page 41: The Red Bulletin May 2013 - CH

geländer kaputtgeshreddet haben. Das fanden sie cool. Seither rollen die Mitt-dreißiger um die Seen der Republik. Die Oldies haben den Kids den Sport geklaut, deshalb müssen sich Jugendliche ständig neue Ausdrucksmittel suchen.Warum sieht man kaum Erwachsene auf Skateboards? Weil Skateboarden feinmotorisch zu an-spruchsvoll ist. Kein Erwachsener tut sich die Mühe an, das zu lernen. Die stellen sich nicht zehn Stunden ans Geländer, springen drauf, fallen auf die Fresse, kom-men zurück und versuchen’s noch mal.Deine Stiftung skate-aid hilft unter anderem Kindern in Afghanistan. Welche Erfahrungen habt ihr im Krisen-gebiet gemacht?Wir haben in Karokh im Westen Afghanis-tans eine Skate-Anlage gebaut. Wir nutzen die vom Grünhelme e.V. (deutsche Hilfs­organisation; Anm.) aufgebauten Schul-strukturen, um Kinder für den Sport zu begeistern. Die schreien nach einem Wertesystem. Wenn wir es ihnen nicht geben, übernehmen sie das vorhandene und landen mit der Kalaschnikow in der Hand im Krieg. Das Skateboard hingegen vermittelt ein Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmung. Es ist das geilste Frie-densmittel der Welt.Wann wirst du dein eigenes Board in den Keller stellen?Solange ich gehen kann … gar nicht. Momentan steige ich wieder aufs Slalom-Brett um. Ich bin in der Slalom-Technik amtierender Nordrhein-Westfalen-Meister – weil’s seit den achtziger Jahren keine Meisterschaft mehr gab (lacht). Und dann gibt’s noch die Stiftung. Den Kids zu hel-fen gibt mir einfach ein saugutes Gefühl.Bretter für die Welt: www.skate-aid.org

sieren“ soll. Lehrer haben meist keine Ahnung von der Szene oder sehen nur die negativen Seiten. Dabei vermittelt das Skaten positive gesellschaftliche Werte. Charakterbildung am Skateboard? Ein Skater, der jeden Tag die Treppe vor einer Schule gegen einen Hausmeister erobert, muss leistungsbereit und kreativ sein. Da findet eine Willensbildung statt. Er muss unter Druck Ergebnisse liefern und seinen Trick stehen, bevor der Haus-meister zurückkommt. Was lernt er dabei?Zielorientiertes Handeln und Fehlertole-ranz – weil auf die Schnauze fallen zum Skaten gehört. Wenn es passiert: nicht jammern, sondern aufstehen und den Trick wieder versuchen. Das sind Eigen-schaften, über die unsere Gesellschaft jammert, dass sie unserer Jugend fehlen. Die Skateboard-Industrie ködert junge Talente mit Riesensummen. Beunruhigt dich dieser Trend?Wenn die Aussicht auf Geld zum Haupt-argument wird, dann ist alles, was ich gerade gesagt habe, hinfällig. Früher war’s noch einfach: Wir waren eine homogene Masse im positiven Sinn: Unser Ausdrucksmittel war das Skateboard, wir hörten Hip-Hop und trugen Hosen, die uns am Gehen hinderten. Die Szene präsentiert sich heute viel-fältiger. Skater hören Heavy Metal …… manche sogar Elektro (lacht). Skate-boarden ist ein breites Universum gewor-den. Wir leben in einer Welt, in der alle Erwachsenen jung sein wollen. Beispiel Inline-Skating: Das wurde als Jugend-kultur geboren – bis die Erwachsenen die Rotzlöffel entdeckten, wie sie die Treppen-

Dittmann in Münster (oben links) und als selbstbewusster Bartträger im Film „Brett vor’m Kopp“.

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Page 42: The Red Bulletin May 2013 - CH

Das ist Susan Conza, 40, Schweizerin. Bis sie 32 Jahre alt war, dachte sie: Irgendwas stimmt mit mir nicht. Dann erfuhr sie, dass das, was mit ihr nicht stimmt, einen Namen hat: Autismus, Asperger-Syndrom.Mit 35 traf Conza die mutigste und verrückteste Entscheidung, die ein Asperger treffen kann: Sie wurde Unternehmerin. Seither lebt sie vom Handel mit Genialität in ihrer sperrigsten Form.Text: Stefan Wagner, Bilder: Manfred Klimek

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Page 43: The Red Bulletin May 2013 - CH

Susan Conza, Grün­derin und Geschäfts­führerin der Asperger

Informatik AG in Stäfa bei Zürich. „Ich brachte

kein Wort raus. Ich hätte fast zu heulen

begonnen.“

Page 44: The Red Bulletin May 2013 - CH

usan Conzas Mimik ist ein bisschen wie das Deutsch von Wladimir Klitschko. Manchmal wirkt es im Gespräch so, als müsste sie den passenden Gesichtsaus­druck erst in einem Vokabelheft in ihrem Kopf nachschlagen, die Vokabeln im Heft heißen „freundlich lächeln“, „dem Ge­sprächspartner in die Augen schauen“ oder „beim Zuhören interessiert die Augenbrauen heben und den Kopf ein wenig schief legen“.

Wenn das Nachschlagen ein bisschen länger dauert, verspätet sich Susan Conzas Mimik, als wäre in einem Film die Videospur verrutscht. Das sieht dann nicht nach einer Frau mit einem IQ über 130 und präzisem, souverän trockenem Humor aus, und nicht nach der Gründe­rin eines Unternehmens, das vier Men­schen ernährt, die kaum anderswo einen Job gefunden hätten, ihren Sohn, ihre drei Hunde und sich selbst.

Gesichtsausdrücke zu beherrschen heißt für Susan Conza, Gesichtsaus drücke zu pauken. „Ich habe mir die Fähigkeit angeeignet, meinem Gesprächspartner in die Augen zu schauen“, so formuliert sie das. Vielleicht hätte sie gerne eine kleine Sprachmelodie in den Satz gewoben, um die Selbstironie deutlich zu machen, die darin steckt, denn sie hat auch gelernt, dass sich Selbstironie gut macht, wenn man über sich selbst spricht, aber ein Gespräch ist Stress, und ihre Stimme neigt unter Stress dazu, nach Stanniol­papier und Metronom zu klingen.

Dann ordnet Susan Conza ihren Mund­winkeln noch ein Lächeln an, dem du nicht genau ansiehst, ob es Unsicherheit ausdrücken soll oder Gelassenheit oder ob sie nur eine beiläufig freundliche Geste nachwerfen möchte.

Lächeln überhaupt, die Königsdiszi­plin. Als wären zwischen überheblich­ bösartig­liebevoll­schüchtern­freundlich­kokett nicht schon genug Fallstricke gespannt, stolpert ein Asperger­Lächeln

Ssind – bei intaktem Gefühlshaushalt und

wesen –hÖfliChemaspeRGeR

EMPATHIE.zu Diplomatie ebenso wenig fähig wie zu

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mit ein bisschen Pech schnell ins Zähne-fletschen.

„Ich muss jetzt mal raus eine rauchen“, sagt Susan Conza. Das ist ihr Trick, wenn ein Gespräch ihre Kraft aufgebraucht hat, mal raus, eine rauchen. Sie könnte sich das Rauchen nicht mal abgewöhnen, wenn sie wollte, denn beim Rauchen kann sie durchatmen.

Susan Conza weiß seit acht Jahren, dass sie Autistin ist, da wurde bei ihr das Asperger-Syndrom dia-gnostiziert. Asperger sind wegen ihrer sozialen Einschränkungen kaum in herkömmliche Arbeits-

abläufe integrierbar, trotz häufig bemer-kenswerter Fähigkeiten. Das Asperger-Syndrom ist behördlich gesehen eine Behinderung, die zum Bezug einer Rente berechtigt.

Susan Conza hatte, Asperger-untypisch, eine erstaunlich erfolgreiche Berufskarri-ere als Angestellte geschafft, es war Kraft-akt und Versteckspiel über viele Jahre.

Wie haben denn die Kollegen auf ihren Autismus reagiert?

„Ich habe die Diagnose verheimlicht.“2008 kollabierte der Versuch eines

Lebens wie ein Nicht-Asperger, „es wurde irgendwann unerträglich“. Susan Conza kündigte und wusste, dass sie in einem herkömmlichen Job in einem herkömm-lichen Unternehmen mit herkömmlichen Kollegen in diesem Leben nicht mehr glücklich werden würde. Das war frustrie-rend, aber zugleich irgendwie befreiend.

Ziemlich bald kam dann die Idee für das neue Kapitel: auf die mögliche Rente zu verzichten und stattdessen ein Unter-nehmen zu gründen, das Aspergern ein ideales Umfeld schafft und damit ihre verborgenen Fähigkeiten so sehr zur Ent-faltung bringt, dass sie im freien Wett-bewerb bestehen können. Informatik war die naheliegende Branche, „ich hatte in den Jahren davor bemerkt, dass die besten Programmierer in den Firmen, in denen ich gearbeitet hatte, versteckte Asperger waren“.

So wurde Susan Conza per Firmen-registereintrag vom 24. September 2008 zur Unternehmerin, bis heute ist sie Europas einzige Asperger-Autistin, die ein Unternehmen führt.

Unternehmerin zu werden, Frau Conza, als Asperger … wie bringt man so viel Mut auf?

„Naivität hilft“, sagt sie, tadellos offenes Lächeln, sie ist erfrischt von der Zigarette.

Startkapital waren 30.000 Franken, davon ließ sich nicht einmal das erste Büro einrichten.

Ein „Deine Zeichnung ist hässlich“ eines Aspergers bewertet die Zeichnung, nicht den Zeichner. (Dafür können Asperger Zeichnungen hintergedankenfrei loben, wenn sie den Zeichner nicht mögen.)

Wie sehr Aspergern das Talent zur Lüge fehlt, erklärt Conza mit einer Anekdote:

„Es war ein Fernsehteam hier, für einen Beitrag über unser Unternehmen. Ich sollte für die Schlusseinstellung eine Zeichnung unserer Grafikerin loben, ‚das ist aber schön geworden‘, so wünschte sich das der Redakteur. Ich ging also hin, sah die Zeichnung … aber konnte nichts sagen. Ich brachte kein Wort raus. Ich hätte fast zu heulen begonnen.“

Weil …?„Weil die Zeichnung nicht schön war.“Englischsprachige Asperger nennen

das Asperger-Syndrom „Wrong Planet Syndrome“.

Kleine Exkursion in die Neurologie, Ende.

Es macht Spaß, sich Asperger als Gebrauchtwagenhändler vorzustellen, als Lobbyist eines Pharma-Konzerns, als Animateur in einem Ferienclub, als Gauner, Seelsorger, Jäger oder Politiker.

Das Büro der Asperger Informatik im kleinen Ort Stäfa am Zürich-see sieht aus wie gestern bezogen: Tische, Stühle, Computer, aus. Keine Bilder an den Wänden, keine Zimmerpflanzen, kein

Radio, keine Pinnwände mit fröhlichen Ansichtskarten. „Würde alles nur ab-lenken“, sagt Susan Conza. Ein früheres Büro, Marmorboden, musste mit Tep-pichen ausgelegt werden, weil die Mit-arbeiter das Klacken der Schritte nicht ertragen hätten. Da waren auch die Regale in der Küche beschriftet: Tassen, Teller, Löffel, überall kleine Zettel, „Zettel bedeuten Sicherheit“.

Die Asperger Informatik hatte schon bis zu neun Leute, derzeit sind vier Asperger beschäftigt, darunter ein Software-Spezia-list, der extern arbeitet, vor Ort beim Kunden: Der 26-jährige Peter Vollenweider, Asperger-Diagnose mit 20, sorgt dafür, dass die 17.000 Rechner der Stadt Zürich aus einem Arsenal von 3000 verschiedenen Software-Paketen bespielt werden. Vollen-weider testet, konfiguriert, installiert die Pakete, High-End-Fließband arbeit, Milli-arden von Nullen und Einsern 32 Stunden pro Woche, seit eineinhalb Jahren.

„Ich mag gerne, wenn etwas funktio-niert“, sagt er.

Hand aufs Herz, Herr Vollenweider: Fehler passieren doch unweigerlich bei dieser Menge an Daten. Wie geht man damit um, als Asperger?

Kleine Exkursion in die Neuro logie, Anfang.

Das Asperger-Syndrom kann nicht behandelt werden und ist nicht endgültig erforscht; gesichert sind genetische Ursachen, zwei bis

vier Betroffene pro 10.000 Geburten und ein weites Feld der Symptome, das sehr vereinfacht gesagt aus drei Bereichen besteht.

Erstens: Asperger sind Opfer einer 360-Grad-Aufmerksamkeit, alle Luken immer offen. Kein Filter im Kopf, der Unwichtiges abblockt und Wichtiges heranzoomt. Asperger leben in einem Wahrnehmungsgewitter, jeder Ton, jede gesprochene Silbe, jeder Geruch, jedes Bild an der Wand schießt als Blitz ins Ge-hirn. Zugfahrten, Besprechungen, im Kino neben einem Typen zu sitzen, der quatscht und Chips knuspert: So sieht die Hölle aus.

Ihre schutzlose Empfindsamkeit drängt Asperger ebenso in eine Isolation wie in ihre herausragende Fähigkeit: Sie, denen Konzentration unter herkömmlichen Bedingungen bis über die Schmerzgrenze hinaus unmöglich ist, können sich in eine Tätigkeit, eine, mit konkurrenzloser Aus-dauer, Intensität und Präzision vertiefen. Sie arbeiten dann fehlerlos, nicht aus Ehrgeiz, sondern weil sie Fehler nicht ertragen.

Zweitens: Bemerkenswert viele Asper-ger verbinden hohe Intelligenz mit einer sehr spezialisierten Begabung. Manchmal ist es ein „Wetten, dass …?“-Talent (alle deutschen Zugsverbindungen genauer ken-nen als die Deutsche Bahn, zum Beispiel), manchmal ist es ein unverhältnismäßiges Faible für Modellflug oder Mangas, häufig leben Asperger in einem geradezu sym bio-tischen Verhältnis zu Computern. (Bill Gates und Mark Zuckerberg werden als versteckte Asperger gehandelt.)

Drittens: Im Einsatz der eigenen Mimik sind Asperger ziemlich limitiert, fremde Mimik zu verstehen geht so sehr nicht, dass sie nicht unterscheiden kön-nen, ob ihr Gesprächspartner lächelt oder in eine Zitrone gebissen hat. Das bleibt auch für immer so, da hilft kein Pauken.

Asperger verstehen – bei häufig weit überdurchschnittlicher Intelligenz – keine Andeutungen oder Zwischentöne. Wenn es regnet und ein Nicht-Asperger sagt: „Na, heute ist aber wieder tolles Wetter“, dann ist der routinierte Asperger still verwundert, der im Umgang mit der Welt ungeübte Asperger fordert die Umgebung mit einer Antwort heraus, zum Beispiel: „Wieso denn? Es regnet doch.“

Asperger sind – bei intaktem Gefühls-haushalt und höflichem Wesen – zu Diplo-matie ebenso wenig fähig wie zu Empathie.

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„Ich fürchte immer, dass ich irgend­etwas vergesse oder übersehe“, sagt Peter Vollenweider. „Es ist auch zwei oder drei Mal etwas schiefgegangen. Doch in die­sen Fällen hat sich herausgestellt, dass der Fehler in einem anderen Bereich g elegen ist.“

Einziges Geräusch im Büroalltag der Asperger Informatik ist Tastaturen­klacken. Selbst die beiden Mitarbeiter, die im selben Raum sitzen, kommunizieren per E­Mail. Gesprochen wird nur zu un­verrückbar vereinbarten Zeiten, täglich um 12 Uhr mittags exakt 30 Minuten lang. Ein Asperger­Meeting klingt wie ein vom Blatt gelesenes Protokoll.

Was passiert, wenn das Telefon läutet? „Ich selbst hebe nur ab, wenn es sein muss“, sagt Conza. Dass einer der Mit­arbeiter abheben würde …

„… ist undenkbar.“

Unternehmer zu sein heißt, ziem­lich unabhängig von der Branche, Gebrauchtwagenhändler, Lobby­ist, Animateur, Gauner, Seelsorger, Jäger und Politiker in einem zu sein.

Davon hatte Susan Conza vor dem 24. September 2008 freilich keine Ahnung; die Logik einer Geschäftsidee zur Produk­tion einer überlegenen Dienstleistung schien ihr ausreichende Qualifika tion für ein Unternehmen.

Conzas Idee vernachlässigte, dass rund 9995 von 10.000 Kunden keine Asperger sind und die betriebswirtschaft­liche Praxis daher ein wankelmütiges Verhältnis zur reinen Logik unterhält: Der Alltag sind Kunden, die um Honorare feilschen, Behörden, Banken, Intrigen, Politik, Strategie, Sympathie und Anti­pathie, Macht, Angst.

Erschwerend kommt hinzu, dass Asperger nicht nur nicht die Unwahrheit sagen können. Sie schöpfen auch keinen Verdacht, wenn sie angeflunkert werden.

Wie alles genau abläuft im Geschäfts­leben, hat sie bis heute nicht verstanden, gesteht Susan Conza. „Man kann uns leicht übers Ohr hauen“, sagt sie, und: „Ich kann nicht verhandeln. Ich schicke Angebote per E­Mail, weil ich mich nicht wehren kann, wenn ein Kunde sein Spiel durchzieht. Ich verstehe auch dieses Spiel nicht, das man Kundenbetreuung nennt.“

Frau Conza, man könnte treue Kunden einladen, zum Essen, zum Beispiel, oder zu einem Besuch im Büro.

„Und was sollen sie dann hier tun?“ Wie findet Asperger Informatik neue

Kunden, Frau Conza?„Es ist erfahrungsgemäß überwiegend

so, dass neue Kunden uns finden.“

Und wie sieht so eine Zusammenarbeit dann aus?

„Kunden sind zumeist erstaunt und zu­frieden.“ Pause. „Erstaunt sind sie immer. Zufrieden, wenn sie sich auf uns einstellen können.“

Das heißt: Wenn sie mit konsequenter Ehrlichkeit umgehen können?

„Wenn wir Software testen, entsteht manchmal eine eigenartige Atmosphäre. Ich vermute, das liegt daran, dass wir als Softwaretester auf die Schwächen des Produkts unseres Kunden hinweisen. Wir geben uns Mühe, unsere Bewertung höf­lich zu formulieren. Aber wir wissen nicht genau, ob es uns immer gelingt.“

Conza hatte bis vor kurzem einen neurotypischen Mitarbeiter, „er war sehr nett“, aber sie kündigte ihm, „weil es eben nicht ideal gepasst hat“. Das Kündigungs­gespräch hat Susan Conza als befreiend empfunden. Sie kann nicht nachvollziehen, wieso der Neurotypische den Eindruck erweckte, von der Situation emotional berührt zu sein. „Wenn ich jemandem kündige, ändert das doch nur was an unserem beruflichen Verhältnis, nichts an unserem persönlichen.“

Dass Asperger Informatik nun As­perger pur ist, hat den Nachteil, dass es

keinen Übersetzer mehr zwischen den Welten gibt: Conzas Kunde muss seine eigenen Umgangsformen um herkömm­liche Höflichkeiten bereinigen, und selbst seine bescheidensten Erwartungen an die diplomatische Qualität der Beziehung werden unweigerlich enttäuscht.

Das Fehlen von Neurotypischen hat aber auch Vorteile: Niemand kann sich ausdauernder auf eine Tätigkeit konzen­trieren als Asperger, niemand kann so sehr in einem Werk aufgehen, Asperger kennen keine Motivationsschwankungen, keine Stimmungstiefs, Aspergern fehlt das Talent, Fehler zuzulassen, die durch privaten Tratsch verlorene Arbeitszeit ist überschaubar, Brutto­Arbeitszeit ist Netto­Arbeitszeit.

„Es war nicht immer leicht“, sagt Susan Conza beim Rückblick auf die letzten viereinhalb Jahre, „und wenn ich die Wahl hätte, noch mal von vorne zu beginnen, ich würde es mir mit dem heutigen Wissen darum, wie hart es ist, nicht mehr antun.“

Aber so, wie es jetzt ist? „So ist es gut. Wir lernten, uns zu behaupten, auf unsere Art. Es blieb uns ja nichts anderes übrig.“

Susan Conza lächelt, ein wenig müde, und geht dann mal raus, eine rauchen.www.asperger-informatik.ch

hebt Susan Conza nur ab, wenn es unbedingt

„Dass einer der Mitarbeiter abheben würde, istsein mUss.

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LIVE IN DER ARD

SPIELBERG31.05. – 02.06.2013

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Text: Andreas Rottenschlager Bil

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Motocross-Weltmeister Ken Roczen

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Wie man als Extremsportler durchstartet: Fünf deutsche Jung-Athleten offenbaren die Erfolgsrezepte ihrer Szene – vom Express-Workout für Weltmeister bis zur Klick-Explosion auf YouTube.

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Die zehnteilige Doku „WildOnes – Junge Helden“auf ProSieben Fun und MyVideo.de begleitet die fünf Protagonisten dieser Geschichte auf ihren Reisen rund um den Globus. Infos: www.wild-ones.de

TV-Tipp

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The Red BulleTin: Du fährst seit 2012 Supercrossrennen in den größten Sta-dien der USA. Wie wird man als Deut-scher Publikumsliebling in Amerika?ken Roczen: vor jedem rennen sind zwei Stunden nur fürs autogramme­schreiben vorgesehen – die schreibe ich jedes mal durch. gerade als neuer Fahrer aus dem ausland solltest du offen auf die Fans zugehen – was gott sei dank nie ein problem für mich war.Bei Interviews und Twitter-Posts: lieber zweimal vorher nachdenken oder frei drauflosreden?die leute hier mögen es, wenn man ihnen einblicke ins privatleben gibt. ich nutze dafür twitter oder instagram und hau alles ungefiltert raus. ich hab sogar Fotos meiner Hand­op getwittert. Dein Rat für den Umgang mit Medien?du kannst es ohnehin nie allen recht ma­chen. darum: Sag immer deine meinung. der Sport braucht typen mit charakter. Dein bestes Fan-Erlebnis in den USA?die leute basteln Flaggen und Bilder von dir. ich werde jedes mal überrascht.

„ Ich hab sogar Fotos meiner Handoperation getwittert.“

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dIe Fans Ken roczen, Motocrosser Der Weltmeister aus Mattstedt (Thüringen) erfreut seine Anhänger mit radikal ehrlichen Twitter-Posts und Marathon-Autogrammstunden.

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Ken roczen, 19Wurde 2011 jüngster Motocross-Weltmeister der MX2-Klasse. Fährt: eine KTM 250 SX-F

Die besten drei Fahrer der Klasse AMA Super-cross Lites East 2012 liefern sich auch im Netz ein Rennen um die Fans. Die Twitter-Follower im Vergleich (Stand bei Redakti-onsschluss).

Kann auch andere feiern: Ken Roczens (li.) Siegerdusche für Teamkollege Antonio Cairoli (2011)

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ol am 16. märz 2013 postet Jason paul ein

Foto auf twitter: es zeigt einen jungen mann, der über eine Häuserschlucht in Bangkok hechtet. „dive roll“ kommen-tiert Jason den Sprung. das Foto zeigt ihn bei der arbeit. Freerunner nutzen den urbanen raum als Hindernisstrecke. Sie klettern Wände hoch, schlagen Salti über geländer. „dank des internets sehen die richtigen leute, was ich mache“, sagt Jason. 2400 anhänger folgen ihm auf twitter, 11.100 auf Facebook. Sein video „Human-powered Freerunning machine“ wurde 6,2 millionen mal geklickt. Was einen clip erfolgreich macht? „der user muss die Botschaft verstehen, die Hand-lung muss überraschen.“ und die angst am Häuserdach? „ich stelle mir vor, ich hätte den Sprung schon hundertmal ge-macht – auch wenn es gar nicht stimmt.“

„ Der User muss deine Botschaft verstehen.“

jasons WEB-TakTik

Lass Dich kLickEn jason paUL, Freerunner Kein Erfolg ohne die richtige Strategie im Netz: wie man seine YouTube-Videos über die Millionenmarke pusht und Stuntfotos richtig teilt.

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jason paUL, 22Dreifacher Sieger des Red Bull Art of Motion. Verbraucht zwölf Paar Sportschuhe pro Jahr.

„Ich genieße es, mir keine Gedanken ma-chen zu müssen, wie ich meinen Film auf DVD brenne und in die Läden bringe“, sagt Jason übers Internet-Marketing. So nutzt der Top-Freerunner seine Kanäle im Web:

Freerunner Jason Paul auf Santorin: die Stadt

als Hinderniskurs

präsEnTaTionYouTube: Videos sind unsere Herzblut-Projekte.

DisTriBUTion Facebook: Links teilen und mit Fotos aufwerten.

inTErakTion Twitter: Fans fragen, ich antworte.

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Den Tag, der ihr Sportlerleben für immer veränderte, hat sich Susi Mai im Kalender markiert: 2. Dezember 2010, Camsur Watersports Center in Naga, Philippinen. „Ich war müde vom Fliegen, ging trotz-dem gleich aufs Wasser. Ich sprang über einen Kicker. Bei der Landung konnte ich nicht abfedern. Das rechte Knie knickte nach hinten.“ Die Diagnose: Kreuzband-riss, beschädigter Meniskus, angebrochene Kniescheibe. Susi Mai war damals 26, Kiteboard-Profi, dreifache Gewinnerin des Queen of the Air auf Maui. „Zwei Wochen später wurde ich in Hochrum in Tirol operiert. Ich wusste, ich muss mir eine zweite Karriere schaffen. Nach der Reha habe ich mehr gearbeitet als je zuvor. Ich dachte mir: Die Sponsoren müssen sehen, dass du noch da bist.“ Susi moderierte TV-Sendungen, entwickelte Ausrüstung für Frauen und startete ein Projekt, das bald für Schlagzeilen sorgt. Gemeinsam mit Harvard-Absolvent Bill Tai leitet sie die MaiTai-Camps: Networking-Treffen für sportaffine Wirtschaftsbosse und Inves-toren aus der IT-Branche, die gemeinsam kiten und Geschäftsideen austauschen. „Golf für Geeks“, schreibt das „Forbes“-Magazin. Sony-Electronics-Präsident Phil Molyneux gilt als Fan, Ken Goldman, Chief Financial Officer bei Yahoo, ebenso. Susi ist mittlerweile CEO der Camp-Serie. 2013 sind Stopps auf Maui und in Cabarete geplant. Was Kite-Anfänger und Firmen-gründer eint: „Die Lust am Risiko. Die Rückschläge zu Beginn und die Freude, wenn das Projekt läuft.“

Bau dir ein netzwerk SuSi Mai, kitesurferin Eine falsche Bewegung beendete ihre Profi-Karriere. Heute leitet Susi Mai (28) Kite- Camps für die Investoren-Elite aus Silicon Valley.

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SuSiS MeilenkontoFotoshootings, Kite-Camps, Meetings mit Ausrüstern. In ihrer Wahlheimat Cabarete in der Dominikanischen Republik ver-brachte Susi 2012 nur drei Wochen. Wir haben ihre Reisestatistik ausgewertet.

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12 Länder

60Flüge

145.212 Meilen

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SuSi Mai, 28Geboren in München, mit fünf Jahren Umzug nach Cabarete in der Dominikanischen Republik. Profi-Kitesurferin, danach Profi-Kitesurf-Camp-Betreiberin, Weltreisende: www.twitter.com/SusiKite

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„Unser Geschäfts­modell: Firmengründer treffen Top­Athleten.“

Kite-Queen und Firmen-chefin Mai: 145.212 Flug-meilen in zwölf Monaten

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„ Viele Fahrer denken: Jetzt holen sich die Funktionäre ihr Stück vom Kuchen.“

SurF den MainStreaM Bene Mayr, Freeskier Wie man Rebellen und Funktionäre vereint – und seiner Szene trotzdem treu bleibt. Die heiß diskutierte Olympia-Premiere in Sotschi.

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The Red BulleTin: Mit den Slopestyle- und Halfpipe-Bewerben feiert Free-skiing 2014 sein Olympiadebüt. Warum finden das nicht alle in der Szene gut?Bene MayR: Weil wir den sport ohne das olympische Komitee, die Fis und deren regeln groß gemacht haben. viele mei-nen: die Funktionäre wollen jetzt ein stück vom Kuchen.Du bist ja Deutschlands heißester Anwärter für ein Slopestyle-Ticket. Wie reagieren deine Freunde?von denen findet’s keiner scheiße. es ist gut, dass es beide lager gibt: die unab-hängigen und die Wettbewerbsfahrer. olympia ist für mich das nonplusultra. aber ich werde auch danach wieder frei fahren und Filme drehen. Was können die Freeski-Szene und FIS-Funktionäre voneinander lernen?unser sport bekommt bei olympia die größtmögliche Bühne. Wir bringen junges publikum vor die tv-schirme. Was möchtest du in Sotschi erreichen?dass wir als profisportler wahrgenommen werden. nicht als partywütige spinner.

Bene Mayr, 24Kämpft um die Olympia-Quali für Sotschi; dreht Filme mit seiner Firma Legs of Steel.

Freeskier Bene Mayr: Wettkämpfer und Big-Mountain-Profi

BeneS olyMpiSche SyMBioSeOrganisierte Wettkämpfe gegen freies Fahren, Punkterichter gegen Stil-Ästheten, Skifunktionäre gegen Freaks: Die Premiere als Olympia-Sportart spaltet die Szene der Freeskier – doch es gibt auch Gemeinsam-keiten. Eine Interessenübersicht.

olyMpiSche Spiele

FreeSKi- Szene

Individualität Organisation

Öffentlichkeit

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RED BULL MEDIA HOUSE BRAIN FARM DIGITAL CINEMAIN ASSOCIATION WITH

NICOLAS MÜLLER JOHN JACKSON SCOTTY LAGO JEREMY JONESPAT MOORE DCP JAKE BLAUVELT BJORN LEINES

AND MORE EERO NIEMELA KYLE CLANCY AND EDITEDDIRECTED CURT MORGAN

PRODUCERSEXECUTIVE SCOTT BRADFIELD CIRCE WALLACE CHARLIE ROSENE RYAN RUNKE

SUPERVISIONMUSIC CHRISTOPHER S. PARKER & TIM SCANLINSUPERVISION

POST ERIC HANSEN

CINEMATOGRAPHYAERIAL CURT MORGAN DESIGNER

MOTION GFX CHRIS MURPHY DISTRIBUTIONHEAD OF GREG JACOBS

DIRECTORMARKETING ART JOEL BRINSONAND DISTRIBUTION

BUSINESS DEVELOPMENT BEN BRYAN

CURT MORGAN TRAVIS RICE JOE SORGE BYPRODUCED CHAD JACKSON CURT MORGAN

CINEMATOGRAPHYPRINCIPAL CURT MORGAN JARED SLATER GABE LANGLOIS GREG WHEELER

A CURT MORGANPRESENTS FILM TRAVIS RICE MARK LANDVIKSTARRING

JETZT IN DEN SCHWEIZER KINOS – MEHR INFOS AUF REDBULL.CH

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pump dich fit dominik Gührs, Wakeboard Wie man seinen Körper für den Wettkampf stählt. Und wie die korrekte Balance zwischen Training und Party danach aussieht.

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The Red BulleTin: Angenommen, du triffst einen Sponsor im Lift. Beschreib deinen Sport in zehn Sekunden.dominik gühRs: Wir fetzen mit 50 km/h über künstliche Hinderniskurse auf dem Wasser. Du hältst dich am Kabel fest. Der Elektromotor zieht.Das Anforderungsprofil an Athleten?Eine Mischung auf Kraft, Ausdauer und Koordinationsfähigkeit. Mit welchem Trick gewinnst du?„Double Halfcab Role“ – ein doppelter Rückwärtssalto mit 180-Grad-Drehung. Besonders gefährdete Körperteile?Kreuzbänder, Knie- und Schultergelenke. Deshalb ist Dehnen Pflicht. Deine Trainingswoche?25 Stunden am Wasser Tricks üben. Zwei bis vier Mal ins Fitnessstudio für Rücken-, Bein- und Schultermuskeln. Wie feierwütig sind Wakeboarder?Vor dem Finale gar nicht. Wir sind lockere Jungs – mit der Einstellung von Profis.Sende-Infos zu „WildOnes“: www.wild-ones.de

dominik Gührs, 23 Cable-Wakeboard-Weltmeister aus München: „Keine Party vorm Finale.“

Dominik Gührs beim Foto-shooting in Istanbuls Cis-terna Basilica (Yerebatan Sarnıcı): „Du hältst dich fest, der Motor zieht.“

dominiks WorkoutKeine Hanteln zur Hand? Keine Zeit fürs Training? Null Bock aufs Fitnessstudio? Wakeboard-Weltmeister Dominik Gührs verrät sein 20-Minuten-Workout für zu Hause. Das Ergebnis? Siehe Bild rechts.

Sit-ups4 × 40

Klimmzüge4 × 13

Liegestütze 4 × 40

Kniebeugen4 × 40

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facebook.com/ixs.downhill.cup

22.06.-23.06. European Cup #1 Leogang (AUT)

29.06.-30.06. European Cup #2 Spicak (CZE)

03.08.-04.08. European Cup #3 Pila (ITA)

17.08.-18.08. European Cup #4 Wiriehorn (SUI)

07.09.-08.09. European Cup #5 Châtel (FRA)

28.09.-29.09. European Cup #6 Maribor (SLO)

19.05.-20.05. German Cup #1 Winterberg

01.06.-02.06. German Cup #2 Steinach a. Brenner (AUT)

20.07.-21.07. German Cup #3 Bad Wildbad

10.08.-11.08. German Cup #4 Ilmenau

21.09.-22.09. German Cup #5 Thale

08.06.-09.06. Swiss Cup #1 Morgins

24.08.-25.08. Swiss Cup #2 Anzère

05.10.-06.10. Swiss Cup #3 Bellwald

17.05. Rookies Cup #1 Winterberg (GER)

13.07.-14.07. Rookies Cup #2 Ochsenkopf (GER)

31.08.-01.09. Rookies Cup #3 Steinach (GER)

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EigEnEr ChEfkoCh.Seit 2011 führt Meta Hiltebrand das von Kritikern hochgelobte Restaurant „Meta’s Kutscherhalle“ in Zürich.

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Die junge Schweizer Köchin Meta Hiltebrand zeigt den Eidgenossen, wie man die unmöglichsten Zutaten perfekt kombiniert. Sie steht damit für eine selbstbewusste Kulinarik, die keinen Moden gehorcht und jeder Bevormundung widersteht.Text: Manfred Klimek, Bilder: Dan Cermak

E s ist Mittagszeit, und wir sind bei einer Starköchin zu Gast, bei Meta Hiltebrand, einer der auffälligsten Persönlichkeiten der modernen Schweizer Kulinarik. Ihr kleines

Lokal namens Kutscherhalle im Zürcher Stadtteil vier ist von der Geldmeile Bahnhofstrasse noch fußläufig zu erreichen. Und es ist voll. Berstend voll.

Die erste Überraschung: Meta Hiltebrand ist per­sönlich anwesend und kocht. Das ist kein Muss bei berühmten Köchen, denn sie haben ihre Assistenz­köche oder Küchenchefs, im Branchenjargon „Sous“ genannt, die genauso gut brühen, schmoren, braten und anrichten können müssen wie der Chef selbst. Ein Stammgast (und das sind augenscheinlich fast alle hier) oder Restauranttester darf keinen Unter­schied merken.

Die zweite Überraschung: Hiltebrand kocht nicht nur, sie bringt die Speisen auch zu Tisch, serviert die

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leeren Teller ab, schenkt Wein und Mine­ralwasser ein und macht auch den Kaffee. Dazwischen läuft sie in die einsehbare Küche zurück und schaut, wie weit die Speisen sind, die ihre Mitarbeiterin Nadia gemeinsam mit ihr zubereitet.

Zwei Leute in der Küche, zwei im Ser­vice, einer macht den Abwasch und den ganzen Rest. Von Montag bis Freitag, mit­tags und abends. Da muss man starke Ner­ven haben – auch wenn die Kutscherhalle nur 32 Gäste aufnehmen kann. Doch der Stress, den diese Minimalbesetzung ver­ursacht, überträgt sich nicht in den Raum: Hiltebrand hat ihre knapp 150 Quadrat­meter fest im Griff, sie kommt körperlich nahe, fasst die Gäste an, drückt bekannten Essern wie einem zufällig gerade anwesen­den Gourmet­Autor ein Küsschen auf die Wange und bringt mit entwaffnendem Lächeln die Rechnung an den Tisch. Diese ist die größte Überraschung: Sie fällt deutlich geringer aus, als man annehmen würde. Meta Hiltebrands Kutscherhalle ist das wohl günstigste Spitzenrestaurant einer Schweizer Großstadt.

D ie Geschichte der Meta Hilte­brand ist eine, wie Medien sie lieben: eine Geschichte vom Aufstieg eines einfachen Mäd­

chens zum Superstar der Schweizer Kuli­narik. Nur stimmt das nicht, denn Hilte­brand kommt aus sicheren Verhältnissen: Ihr Vater leitete ein Elektrounternehmen, die ältere Schwester ist Eigentümerin einer Werbeagentur, die Familie lebt in mittlerem Wohlstand. Meta – als eines von drei Geschwistern bekam sie von den Eltern bewusst einen kurzen, schnell aus­zusprechenden Namen verpasst – war die Nachzüglerin, das Nesthäkchen. Die Schule brachte die Pubertierende in die Krise, eine klassische Biografie: Beste in allen Nicht­Pflichtfächern, auffälligste Mitarbeiterin der Schülerzeitung, Gelang­weilteste, wenn die Schule zu alltäglich wurde. Und schließlich der Ausstieg. Das Einzige, was Meta wusste, war, dass sie mit ihren Händen arbeiten wollte.

So schnupperte sie in viele handwerk­liche Berufe hinein, wie etwa eine Maurer­lehre, die sie aber nach zwei Tagen wieder abbrach. Oder sie versuchte sich als Floristin. Doch auch dieser Beruf machte sie nur wenige Tage glücklich. Für das schnelle Verzagen gab es einen guten Grund: Als Maurerin und Floristin macht man jeden Tag nahezu das Gleiche. Ein Leben lang. Was für ein Horror!, dachte Hiltebrand, sah sich ein weiteres Mal um und fand das Kochen.

Das Kochen sollte es werden, denn beim Kochen kommt keine Langeweile auf. Als

Koch kann man jeden Tag auf Teufel komm raus kreativ sein, jeden Tag alte und neue Zutaten neu kombinieren und neue Speisen erfinden, die – erstaunlicher­weise – vorher noch nicht ausprobiert wurden. Und man bekommt auch augen­blicklich eine Reaktion auf sein Tun: Der Gast bewertet, was die Kreation taugt. Hiltebrand studiert die Gesichter, wenn sie

eine neue Speise hinstellt. Und sie stellt fast jeden Tag eine neue Speise hin.

In der Berufsschule, so meint Hilte­brand, müsste man sich noch gut an sie erinnern können, denn sie war sicher eine der mühsamsten Schülerinnen: offensiv an der Materie interessiert, ständig mit neuen Fragen präsent. Weil dieses Ver­halten bald als streberhaft aufzufallen

Metas Speisen kommen nicht gestelzt hervor. Sie richtet klassisch an, die Gäste sollen keine Kunstwerke bestaunen, sondern die Kreationen in einem Akt genussvoller Zerstörung zum Mund führen.

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Beunruhigend selBstsicher.

Mit nur 22 Jahren war Hiltebrand Küchenchefin

im Monte Primero, ehe sie mit eigener Koch­

sendung bekannt wurde.

brand kontrolliert die Oberflächen der Bänke und stochert auch in den Ritzen zwischen Lehne und Kissen. Da darf sich kein Brotkrümel verbergen, alles muss sauber sein. Dieses Pedantische setzt sich bei den Speisen fort: Auch sie wirken auf-geräumt, jede Zutat ist am Platz, jede Kombination stimmig.

Etwa die Oliven-Schokolade-Panna-cotta, eine salzige Vorspeise, die einen staunen lässt, wie man Gewohntem eine neue Richtung gibt. Oder die nur für diesen Tag kreierte in Honig gebackene Wachtelbrust, die auf einem kleinen Salatbett liegt und mit einer Waldbeeren-Balsamico-Reduktion beträufelt wurde.

Danach ein Medaillon vom Rind mit einer Kruste aus Zitronenkuchen (!), Entenleber und Trüffel. Dazu ein Erdbeer-Risotto und ein Kaffee-Portwein-Jus.

Wer nun glaubt, Metas Speisen kämen auf dem Teller allzu gestelzt hervor, der irrt: Die Hiltebrand richtet meist klassisch an, ihre Gäste sollen keine Kunstwerke bestaunen, sondern die Kreation ohne Scheu in einem Akt der genussvollen Zer-störung zum Mund führen.

So auch die genialen Kabeljau-Medail-lons, die mit Fenchelgemüse in einem Per-gament-Schiffchen gebacken wurden und mit einer Safran-Caotina-blanc-Creme zu Tisch kommen. Das Wichtigste ist, dass die Zutaten zusammengehen und ein neues Geschmacksbild ergeben.

n ach Ende der Lehre wanderte Hiltebrand – wie es sich gehört – durch einige Schweizer Küchen, sie stand bei Anton

Mosimann (dem immer noch berühmtes-ten Schweizer Koch) in Olten am Herd, im Zürcher Luxushotel Widder oder im Zürcher Restaurant Monte Primero, wo sie mit nur 22 Jahren jüngste weibliche Küchenchefin der Schweiz wurde.

Manchmal erscheint Meta beunruhi-gend selbstgewiss. Doch bei ihrer rebel-lischen Persönlichkeit ist die Angriffs-fläche groß, und man muss bedingungslos hinter dem stehen, was man tut. Dieses ständig Selbstreferenzielle hat für die kulinarische Ausrichtung nur Vorteile: Die Köchin sieht sich als Mittelpunkt der Küchenwelt, Moden wie etwa die Mole-kularküche eines Ferran Adrià (elBulli, Roses) oder die neue skandinavische Produktküche eines René Redzepi (Noma, Kopenhagen) streifen sie nicht einmal. Auch legt sie keinen Wert auf zur Schau gestellte kulinarische Ethik, die sie für verlogen hält. Manche Zutaten, sagt Hilte-brand, müssen über Monate eine ver-lässliche Qualität aufweisen, etwa die Erdbeeren. Deswegen kommen die aus zuverlässiger südeuropäischer Liefer-quelle. Und nicht von einer Hochebene im Wallis, wo sie nur drei Wochen im Jahr richtig schmecken.

Es wird Abend, und Meta muss wieder in die Küche. Wenn das Lokal voll ist, darf sie sich keine Fehler leisten. Seit ihrer Kochshow, die sie schweizweit bekannt machte, schaut man ihr noch genauer auf die Finger. Sie nimmt kleines, kenntlich handgemachtes Teegebäck aus einer Schachtel. Diese Petitessen serviert sie zum Kaffee. Gebacken hat sie die Mutter, sie schmecken herrlich. Jetzt keine Frage zum Talent und einfach glücklich gehen.www.metas­kutscherhalle.ch

begann, ging Hiltebrand dazu über, all ihre Fragen während des Unterrichts zu notieren. Und nach der Stunde die Lehrer zu konfrontieren. Was jenen nicht immer angenehm war, denn Hiltebrand roch den Erfolg, den ihr dieser Beruf bringen würde. Und sie spürte, dass ihr Verlangen nach Schöpfung und Kreation sie groß machen kann. Das spürten auch die Lehrer, die bald von ihrer ehrgeizigen Schülerin belehrt wurden: Diese Karriere endet nicht mit Ende der Lehre.

Blick zurück ins Restaurant: Die letzten Mittagsgäste sind gegangen, der einzige anwesende Kellner beginnt die Tische für den Abend neu zu dekorieren. Meta Hilte-

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Am seidenen

FAden

4 5 0 B As e-J u m p e r st ü r z e n s i c h vo n e i n e r B r ü c k e i n d i e n e w- r i v e r -s c h lu c h t i n w est v i r g i n i A . d i e p r o F i s

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Das Freifallfest: „Du fühlst dich wie ein Spieler, der den

Jackpot knackt.“

t est e n i h r M e n s c h e n - K ata p u lt, n e u l i n g e z i t t e r n b e r e i ts i M h ot e l . W i l l Ko M M e n b e i M b r i d g e day F est i va l .Text: Andreas Rottenschlager, Bilder: Julie Glassberg

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Links oben: Exit-Training am Gummiseil. Die richtige Körperhaltung kann lebens-rettend sein. Rechts oben: Falten, zupfen, sichern – Ace Henderson packt seinen Fallschirm. Links: Warten an der Absprung-plattform. „Manche ver-halten sich wie Süchtige.“

A m A b e n d i m H ot e l : dAs PAc k e n d es FA l ls c H i r m s i st e i n r i t uA l – j e d es m A l Au F s n e u e . d i e Au Fg A b e

cott Haynes steht auf einem drei Meter hohen Metallgerüst im Garten des Holi-day Lodge Hotels und holt noch einmal tief Luft. Er will seinen Absprung üben. Ein allerletztes Mal.

Scott trägt sein schwarzes Haar kurz geschoren. Sein Gesicht versteckt er hinter einer grüngerahmten Sonnenbrille. Er ist nicht besonders groß, wirkt aber durch-trainiert. Scott steckt in einem Kletter-gurt, an dessen Rückseite zwei Gummi-seile befestigt sind. Die Seile sollen seinen Sprung abfedern.

Er streckt seine Arme im 45-Grad- Winkel zur Seite und blickt geradeaus. Er sagt: „Three, two, one – see ya!“ Dann hopst er von der Plattform. Die Gummi-seile dehnen sich – Scott landet sanft auf einer Matratze.

Was aussieht wie eine Kinderturn-übung, soll im Ernstfall Scotts Leben ret-ten. Der 23-jährige New Yorker trainiert für seinen ersten BASE-Jump. Seine Ab-

sprungposition wird entscheiden, ob der Flug angenehm verläuft oder in einem Desaster endet.

BASE-Jumping gilt als gefährlichste Variante des Fallschirmspringens. Die Ab-kürzung steht für Sprünge von Buildings, Antennas, Spans and Earth (Gebäuden, Antennen, Brücken und Klippen). Der freie Fall dauert nur wenige Sekunden, Reserveschirme hätten da keinen Sinn – die Zeit in der Luft (airtime) würde nicht ausreichen, um sie rechtzeitig zu öffnen.

„BASE-Jumper sind glückliche Men-schen“, sagt Scott, nachdem er seinen Klettergurt abgelegt hat. Er studiert Eng-lisch am Utica College im US-Bundesstaat New York. Nach seinem Abschluss möchte er Kinder unterrichten.

Scott ist einer von 450 Springern, die einen Platz beim Bridge Day Festival ergattert haben. Sechs Stunden lang stürzen sich die Objektspringer dabei von der Brücke über der New-River-Schlucht in West Virginia – völlig legal, vor den Augen von bis zu 80.000 Zusehern. Der Bridge Day ist das Woodstock der Szene: eine große Sprungshow, an der abgeklärte Veteranen ebenso teilnehmen wie nervöse Anfänger oder furchtlose Haudegen. Im Holiday Lodge Hotel im nahe gelegenen Oak Hill haben die Sportler ihr Quartier aufgeschlagen. Das 8000-Einwohner-Nest wird zwei Tage lang zum größten BASE-Jumper-Treffpunkt der Welt.

Wer beim Bridge Day mitspringen will, muss mindestens 100 Skydives absolviert haben. Skydiving ist die Vorstufe zum BASE-Jumpen. Man wirft sich aus Flug-zeugen, der Freifall dauert Minuten. Man lernt, sich in der Luft zu stabilisieren und den Schirm kontrolliert zu steuern. Scott

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zum Beispiel hat 110 Skydives in seinem Logbuch stehen, dazu den Kurs für BASE-Jump-Anfänger: „Du lernst, wie du Not-fallsituationen meisterst, etwa wenn sich eine deiner Leinen um den Schirm wickelt und du ins Trudeln gerätst.“ Scott sagt, es gebe zwei Sorten von Menschen: „Die einen stehen lieber mit beiden Füßen am Boden. Die anderen träumen schon als Kind vom Fliegen.“ Scott gehört eindeutig zu letzterer Gruppe.

„Fürchtest du dich vor morgen?“„Ich habe absolute Panik.“„Warum springst du dann?“„Weil ich mich dabei lebendig fühle.

Wer dieses Glücksgefühl einmal erlebt hat, kommt nie mehr davon los. Es ist wie bei einem Spieler, der den Checkpot geknackt hat.“

Scott erzählt, manche Skydiver würden ihre Kleidung verkaufen, um sich neue Schirme leisten zu können. „Sie zeigen klassische Symptome von Süchtigen.“

Scott ist nach Oak Hill gereist, obwohl in dem Ort kein einziges Hotelzimmer mehr frei war. Die Nacht vor seinem aller-ersten BASE-Jump verbringt er in einem Zelt im Garten.

In der Lobby der Holiday Lodge haben die Springer mittlerweile jeden Quadrat-zentimeter in Beschlag genommen. Men-schen knien am Teppichboden vor ihren Schirmen, zupfen Falten zurecht und breiten ihre Leinen fein säuberlich neben-einander aus. Die meisten Sprünge abseits des Bridge Day finden in der Illegalität statt. Selten erlebt man die Szene so offen wie hier.

Wer BASE-Jumper werden möchte, muss sich in einer Art Kastensystem beweisen: Man assistiert befreundeten Springern. Dann sucht man sich einen Mentor: einen erfahrenen BASE-Jumper, der den Novizen auf seinen ersten Sprung vorbereitet, Gefahren erkennt und falsche Erwartungen dämpft.

Dan Blakeley ist ein solcher Ausbilder. Gerade packt er seinen Schirm. Dan ist ein bulliger Kerl mit kräftigem Hände-druck und weichen Gesichtszügen. Er hat mehr als 6000 Skydives und 500 BASE-Jumps absolviert und rund 50 Springer in die Kunst des Objektspringens eingeführt.

Dan sagt: „Mir ist es egal, wie viel Er-fahrung jemand mitbringt. Manche Men-schen sollten schlicht und ergreifend keine BASE-Jumper werden.“

l au t e t: Fa lt e e i n St ü c k Sto F F S o m a k e l lo S i n d e i n e n R u c kSac k , daSS d u d e i n l e b e n da R a n h ä n g e n k a n n St.

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„Wie wählst du deine Schüler aus?“„Ich finde heraus, wie schnell der Be-

treffende Entscheidungen trifft. Beispiel: Jemand kippt einen Drink um, das Glas rollt vom Tisch. Bist du derjenige, der es auffängt? Es gibt Menschen, die von Natur aus tollpatschig sind. Zu denen muss ich sagen: ‚Leider nein.‘“

Dan erzählt: „Das Schlimmste, was meinem Sport passieren konnte, war You-Tube. Die Kids sehen einen spektakulären BASE-Jump. Was sie nicht sehen, sind die jahrelange Arbeit und die Vorbereitung, die dem Sprung vorausgehen.“

Dan hat Freunde sterben sehen und wäre vor ein paar Jahren fast ertrunken, als er nach einem missglückten Sprung im Wasser landete. Ans Aufhören hat er nie gedacht: „BASE-Jumping ist mein Leben. Ich liebe es, wenn mein Herz zu rasen beginnt.“

Dan hat es aufgegeben, mit anderen Leuten über die Gefahren seines Sports zu diskutieren. Aber wer ehrlich inter-essiert sei, dem erkläre er es gern: „BASE-Jumper sind keine lebensmüden Irren“, sagt er. „Ich werde alt und grau auf mei-ner Veranda sterben.“

Der Abend vor dem Event. Eine seltsame Mischung aus Hektik und Anspannung befällt die Springer im Hotel. Jeder hat seine eigene Methode, um mit dem Druck fertig zu werden: früh

schlafen gehen, Gleichgesinnte um Rat bitten, die dritte Dose Bud Light knacken.

Im Flur im ersten Stock ist es schon still, als Ace Henderson beginnt, seinen Schirm zu packen. Es ist ein Ritual – jedes Mal aufs Neue. Die Aufgabe: Falte ein zelt-großes Stück Stoff so makellos in deinen Rucksack, dass du bedenkenlos dein Leben daran hängen kannst.

Ace ist ein stiller Meister seines Fachs. Ihm zuzusehen hat etwas Meditatives. Er legt sich bäuchlings auf seinen Schirm, um die Luft herauszupressen. Er streicht Falten glatt. Er sichert den gefalteten Schirm mit Klammern. Ace bewegt seine Finger mit der Präzision eines Chirurgen, wenn er die Leinen parallel am Boden spannt und sie danach zu einer Achter-schlaufe legt. Man hat das Gefühl, er kümmere sich gerade um einen guten Freund. Rund 25 Minuten dauert die gesamte Prozedur. Dann schließt Ace

seinen Rucksack. „Ich wollte es ordentlich machen“, sagt er.

Der nächste Morgen: Bridge Day. Die Autofahrt vom Hotel zur New River Gorge Bridge dauert keine fünf Minuten – dann steckt der Wagen in einer Menschenmenge fest. Der Bridge Day ist auch ein Volksfest: Hotdog-Stände säumen die Straße. Eltern tragen ihre Kinder auf den Schultern. Foto-apparate klicken. Man bestaunt die Wage-mutigen bei ihrem verrückten Hobby.

Die New River Gorge Bridge spannt sich auf knapp einem Kilometer Länge über den New River. Die Zuseher drängen Richtung Brückenmitte, wo die Absprung-plattform vom Rand der Fahrbahn ragt. Die Falldistanz bis zum Flussbecken: 267 Meter.

Den Springern bietet sich ein beein-druckendes Panorama: Rotbraune Laub-bäume säumen eine Hügellandschaft, die sich bis zum Horizont erstreckt. Unten im Fluss ziehen die Boote der Wasserrettung ihre Kreise. Von der Brücke aus betrachtet, sind sie kleine Spielzeugschiffchen.

Ab neun Uhr werfen sich die BASE-Jumper im Minutentakt von der Brücke. Ein surreales Schauspiel: abstürzende Körper, aufpoppende Schirme, danach ein gemächliches Gleiten Richtung Fluss. Die Springer tapsen zaghaft von der Brücke oder schlagen selbstbewusst Saltos. Sie blicken ernst oder schneiden Grimassen. Viele schreien „See ya!“ – „Wir sehen uns, bis dann!“ –, bevor sie sich hinunterstür-zen. Es klingt, als würden sie sich selber Mut machen.

Um zehn Uhr der erste Höhepunkt des Tages: Donald M. Cripps erklimmt die Plattform. Donald ist 83 Jahre alt – der älteste Teilnehmer im Feld. Ein kleiner Mann mit freundlichem Gesicht. Donald hat in der Pension mit Skydiven begon-nen, zuvor diente er als Techniker in der US-Marine. Er versucht heute seinen zweiten BASE-Jump. Donald zeigt keine Anzeichen von Nervosität. Er ist wahr-scheinlich der entspannteste Teilnehmer in diesem Jahr. Seine ersten beiden Fall-schirmsprünge absolvierte er Anfang der 1950er Jahre im Korea-Krieg. Die meisten Leute hier waren damals noch gar nicht geboren.

Donald winkt ins Publikum. „Have a nice day!“, sagt er – und springt prompt von der Brücke.

Links oben: Brautpaar Erika und Patrick – erst die Heirat, dann der Absprung. Links unten: Anspannung in der Warteschlange. Rechts: Exit-Plattform auf der New-River-Gorge- Brücke: „Wir sind keine lebensmüden Irren.“

D o n a l D i st 8 3. E i n K l E i n E r M a n n M i t f r E u n D l i c h E M G Es i c h t. h E u t E

a b s o lv i E rt E r s E i n E n z w E i t E n bas E-J u M p.

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Wer glaubt, das Schauspiel an der Absprungplattform könne nicht mehr getoppt werden, wird beim Abfeuern des Menschen-Katapults eines Besseren be-lehrt. 24 Plätze haben die Veranstalter für das Teufelsding freigegeben: ein auffällig rot gestrichener Prototyp, der in seiner Bauweise stark an Maschinen erinnert, die wir von Bildern mittelalterlicher Bela-gerungen kennen. Angetrieben wird das Ding mit Druckluft.

10.45 Uhr: Joe Nesbitt macht es sich rücklings auf dem Katapultsitz bequem. Fragen Umstehender beantwortet er nur

noch in Halbsätzen. Mit „Wollte mal was Neues ausprobieren“ erklärt er wortkarg, was ihn hierher getrieben hat. Nein, sei-ner Familie habe er nichts davon erzählt, das klingt bei ihm so: „Schicke ihnen nachher ein Foto.“

Pffffft! Ein kurzes, heftiges Pfauchen, der stählerne Arm fährt aus, Joe wird in hohem Bogen von der Brücke geschleu-dert. Der Mann erweist sich als Vollprofi. Er demonstriert drei Rückwärtssalti und öffnet seinen Schirm. Man möchte das Gesicht seiner Eltern sehen, später, wenn sie das alles auf Foto sehen.

E r i k a b E ko m m t i h r E n ta n d E m - G u rt a n G E l EGt. W E n i G E m i n u t E n n ac h i h r E r t r au u n G st ü r z E n s i c h b r au t u n d

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Wer ohne Fallschirm zum New River will, zwängt sich in einen der gelben Shuttle-Schulbusse. Quietschend quält sich das Gefährt über die Serpentinen 20 Minuten

talwärts. Unten erwartet die Zuschauer eine Mischung aus Drama und Freude: Springer, die es bei der Landung mit dem Speed übertreiben, werden am Schirm hängend über den Schotter des Ufers ge-schleift. Daneben zieht die Wasserrettung jubelnde BASE-Jumper aus dem Fluss.

Am Rand der Landezone, patschnass und mit breitem Grinser im Gesicht: Scott Haynes, unser Student aus New York.

Patschnass … also gesprungen?Jawoll, zweimal.Vorbereitung?Ein Müsliriegel zum Frühstück. Mehr

brachte er nicht runter. Was hat er als Nächstes vor? „Du weißt, wofür die Abkürzung BASE

steht?“, fragt Scott – und fährt gleich fort: „Ich suche mir ein Gebäude, eine Antenne und eine Klippe.“www.o∞cialbridgeday.com

11 Uhr: Der emotional-skurrile Höhe-punkt des Events – die festliche Trauung am Abgrund. Erika Terranova zieht alle 30 Sekunden nervös an ihrer Wasser-flasche. Sie trägt einen weißen Kapuzen-pulli. In ihrem Haar steckt ein kleiner Schleier. Erika wird in wenigen Augen-blicken Patrick heiraten. Und danach von der Brücke springen. Festgeschnallt an ihren frisch angetrauten Ehemann.

Von der Plattform weht der Wind Wort-fetzen des Treuegelöbnisses ins Publikum: „Ich werde dich immer stärken … an dich glauben … dich respektieren …“ Um

Punkt 11.15 Uhr sind Erika und Patrick Mann und Frau. Die Braut bekommt ihren Tandemgurt angelegt.

„Ja“, sagt Erika, „die Angst vor dem Sprung war größer als die Anspannung wegen der Hochzeit.“

Kurz darauf stürzen sich Bräutigam und Braut gemeinsam Richtung New River in die Tiefe. Die Zeremonie ist somit perfekt. Die Menge auf der Brücke jubelt ihnen hinterher.

14 Uhr: noch eine Stunde bis zum Ende des Events. Die Schlange vor der Sprungplattform reißt nicht ab.

Links: BASE-Jumper beim Absprung von der Brücke über die New-River-Schlucht: zaghaftes Tapsen und selbstbewusste Saltos. Rechts: Scott Haynes nach seinem Premierensprung: „Es gibt Menschen, die träumen vom Fliegen.“ Unten: nass, aber weich – der New River wird zur Landezone.

– d i e M e n g e j u b e lt.b r äu t i g a M vo n d e r b r ü c k e

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An einem ungewöhnlich küh-len frühlingsdienstag sitzt Katherine sparkes in einem café im englischen bristol, beobachtet schwimmer im

frostigen Wasser des außenpools und fragt sich: Wird meine eigene schwimm-technik gut genug sein?

gut genug, um im september wie geplant von alcatraz nach san fran-cisco zu kraulen, durch berüchtigt starke strömungen und an Haien vor-bei? „bis jetzt bin ich schon mal ganz gut darin, mit den beinen im Wasser zu strampeln“, lacht die 32-Jährige. „scherz beiseite, vor mir liegt noch ein weiter Weg. Wann immer ich Wasser sehe, schießt mir ein: ‚Kathe-rine, du musst üben!‘“

das gilt übrigens auch für den nächtlichen rollerblade-marathon in Paris, das radrennen über 260 Kilo-meter in italien und die besteigung eines berges in brasilien. bei all diesen bewerben tritt die britin im zuge von 13 challenges im Jahr 2013 an, deren erlös sparkes’ charity-organisation the flamingo foundation zugutekommt.

Katherine sparkes leitet nicht nur die foundation, sondern parallel dazu auch ihre firma flamingo, die sie gründete, als sie gerade mal 22 war. unternehmens-inhalt: companys mit unternehmerischer sozialverantwortung ausstatten.

Klingt trocken, ist aber hoch spannend. „noch vor fünf Jahren wusste in groß-britannien niemand etwas mit der ab-kürzung csr – corporate social respon-sibility – anzufangen. ich auch nicht“, sagt sparkes. „ich nannte das damals

der ganzen Welt oder 20.000 bHs für firmengründerinnen in afrika, die diese dann in ihren kleinen läden verkauften.

Katherines firma wächst und wächst. und das, obwohl sparkes, als sie flamingo im Keller ihrer studenten-Wg gründete, als Publizistik-absolventin zwar eine gelinde ahnung von Pr, aber nicht die

geringste davon hatte, wie man eine company leitet. „die leute glauben, dass es sehr schwierig ist, unter-nehmer zu werden“, sagt Katherine. „aber das ist ein mythos. ich hatte kein geld – und schon gar keinen 5-Jahres-geschäftsplan. ich hatte nur einen gebrauchten computer und die vision dieser Win-win-situa-tion, dass menschen etwas tun, das anderen zugutekommt.“

sparkes’ erster Klient war der besitzer der Pub-Kette, in der sie als teilzeitkraft gearbeitet hatte. er ist bis heute ihr Kunde. an ein gemein-sames Projekt erinnert sich Katherine

besonders gerne: „er wollte promoten, dass man in seinen Pubs fußballspiele live im tv sehen kann. aber kein medium hätte diese nachricht gebracht. das war nicht interessant genug. deshalb dachten wir uns die ‚fair Play‘-Kampagne aus. Wir riefen dazu auf, alte fußballtrikots für Kinder in afrika zu spenden.“

der erfolg der aktion war enorm. „stars und Politiker machten mit. in den Pubs wurden insgesamt mehr als 20.000 shirts abgegeben!“, erzählt sparkes. „da-nach flogen wir mit zehn Pub-geschäfts-führern nach Kapstadt, um Kinder zu tref-fen, die solche trikots bekommen hatten. es war fantastisch. so etwas hatten die

„Ich hatte kein Geld. Nur einen alten Computer

und eine Vision.“

Katherine SparKeS

Typisch FlamingoSie schwimmt mit Haien, sammelt 20.000 Fußballtrikots und bäckt Gebäude in

Thailand: Katherine Sparkes ist die Frischzellenkur der Charity-Bewegung. Text: Ruth Morgan, Bild: Shamil Tanna

auch noch nicht so. ich hatte einfach nur etwas getan, das mir logisch erschien: Wenn eine firma etwas gutes tut, bringt ihr das genauso viel wie den menschen, denen sie hilft. sie bekommt tolle und bil-lige Werbung durch die mediale bericht-erstattung, Preise für ihr engagement, ein besseres Profil – und junge leute heuern

lieber bei unternehmen mit sozialer ver-antwortung an. Kurz: jeder profitiert.“

ein schlaues modell, das funktioniert. Katherine baute in afrika schulen wieder auf, errichtete in thailand aus gebrann-tem schlamm spielhäuser für Kinder, sammelte anzüge für obdachlose arbeits-suchende in großbritannien, musikinstru-mente für junge talente ohne geld auf

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Linke Seite: Katherines helfende Hand beim Projekt „Bau eine Schule innerhalb eines Monats“ in Kenia

NameKatherine Sparkes

Alter32

GeburtsortBristol, Großbritannien

Top TenWurde von JCI als eine der „Ten Outstanding Young Persons“ 2012 ausgezeichnet.

Top-TippWerde Treuhänder einer Charity-Organisation: „Die lieben es, junge dynamische Menschen dabeizuhaben. Plus: Du lernst, eine Firma zu leiten.“

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manager noch nie erlebt.“ das ist übrigens typisch flamingo: „Wir wollen nicht, dass unsere Klienten einfach nur überdimensio­nale schecks überreichen. Wir wollen, dass sie an den Projekten aktiv teilnehmen.“

auch typisch flamingo, weil charakte­ristisch für Katherine: die vielfalt der auf­gaben und Projekte und der damit verbun­denen anforderungen. „aus mir ist eine allrounderin geworden“, sagt sparkes. „eben bin ich noch mit firmenbossen in einem businessmeeting, im nächsten moment stehe ich auf einer leiter und verfuge fliesen in einem altersheim oder schlafe in einer Hängematte in Kenia.“

Heute, im café in bristol, ist sie ganz firmenchefin: elegant gekleidet, make­up, beige Hochhackige an den füßen. Wohler fühlt sie sich aber in Khakihosen und zwischen Kindern in afrika: „mitten im nirgendwo mit zerzausten Haaren mit

den Kids auf dem boden herumzutollen – da bin ich glücklich!“

ein erhebender moment war auch, als Katherine 2012 erfuhr, dass sie für ihre arbeit ausgezeichnet werden sollte. Junior chamber international (Jci), die größte Jungunternehmer­ und Junge­führungs­kräfte­organisation der Welt, der immer­hin John f. Kennedy, Kofi annan oder al gore als aktive mitglieder angehörten, prämierte sie für ihre herausragenden leistungen im bereich „social entrepre­neurship“ (siehe auch den Kasten „in bes­ter gesellschaft“ auf dieser seite).

„der Preis war eine große sache. ich hätte nie im leben erwartet, dass ich aus­gewählt werde“, erzählt sparkes. „ich flog nach taipeh zur award­zeremonie und verbrachte eine sehr inspirierende zeit mit den anderen Preisträgern. sich mit menschen auszutauschen, die Ähnliches bewegen wie man selbst, ist genial.“

Sparkes hat nun zwar einen internationalen Preis, ein büro in bristol, fünf fixe teammit­glieder und bis zu zwanzig freie mitarbeiter, aber auch nach

zehn Jahren hat sie ihre grundlegende geschäftsphilosophie nicht geändert.

„ich habe immer noch kein unterneh­menskonzept“, lacht sie. „Jeder Plan, den ich aufstelle, wird spätestens nach einer Woche von der realität überholt. ich denke, viel hängt vom bauchgefühl ab. außerdem muss man schnell sein und sich weiterentwickeln. als unternehmen können wir schrumpfen oder wachsen – je nachdem, wie viele leute wir gerade brauchen –, und die bürokratie habe ich sowieso immer minimiert. Wir halten uns erst gar nicht mit langen, ineffizienten meetings auf: Wir arbeiten einfach immer weiter. du musst eine saat in den unter­nehmen säen, die hoffentlich gedeiht. man muss etwas bewegen und selbst in bewegung bleiben.“

spricht’s, sieht zum fenster des cafés hinaus und denkt beim stichwort „bewe­gung“ heute vermutlich vor allem an die perfekte Kraultechnik für die bucht von san francisco.www.flamingo-creative.co.ukwww.jci.cc

Oben: „Shade Aid“ – Katherine ließ Sonnenbrillen für Menschen in Entwicklungsländern sammeln. Unten: das „Little Learners“-Projekt – Lesen und Schreiben lernen und dabei auch noch Spaß haben!

In bester GesellschaftKatherine Sparkes ist eine von zehn Gewinne-rinnen & Gewinnern des Awards, den die globale Jungunternehmer-Organisation JCI für heraus-ragende Leistungen im Bereich „Social Entrepre-neurship“ vergibt. Hier drei weitere Preisträger:

Bobby Kensah, GroßbritannienUnterstützt junge Menschen auf deren Weg aus der Kriminalität. Gründete das „Phase One“-Netzwerk, durch das benachteiligte Jugendliche Jobs finden.

Tendai Concilia Wenyika, SimbabweRief das Zimbabwe Young Women’s Network ins Leben und die Zimbabwe Entrepreneurs Youth Association. Inspiriert Jugendliche, in der eigenen Gemeinde aktiv zu werden.

Aisling Neary, IrlandSetzt ihr medizinisches Know-how als Hebamme für bedürftige Menschen auf der ganzen Welt ein. Sammelte nebenbei 26.000 Euro und ließ damit in einem ghanaischen Dorf eine Schule bauen.

„Wir halten uns nicht mit langen,

Meetings auf. Wir arbeiten einfach

immer weiter.“

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illkommen in Matehuala“, steht in über­dimensionalen Lettern auf einem impo­santen Zementbogen über der Einfahrts­straße zur Stadt, was der Besucher nur als Ausdruck von unerschütterlichem Opti­mismus oder ausgeprägtem Zynismus ver­stehen kann. In Matehuala fühlt man sich im Wesentlichen von zwei Gasthöfen will­kommen geheißen, deren kulinarische Philosophie sich in ihren Namen verbirgt – El trailero („Der Lastwagenfahrer“) und Las infieles („Die Untreuen“) –, sowie von Schrottplätzen, Bergen von alten Reifen und Müllhalden.

Es ist nicht lang her, da sah hier alles anders aus. Sogar aus Europa kamen Jour­nalisten nach San Luis Potosí, der Haupt­stadt des gleichnamigen Bundesstaats im Norden Mexikos. Angelockt hatte sie Tribal Guarachero, eine farbenfrohe Mischung aus elektronischer und traditioneller lateinamerikanischer Musik.

Es war nicht nur die Musik, die dem Tribal Guarachero Aufmerksamkeit ver­schaffte. Es waren auch die Tänzer, ihre aufwendigen Choreografien und vor allem ihre atemberaubenden Schuhe mit den spektakulär langen aufgebogenen Spitzen.

Heute bestimmen nicht die pointy boots respektive botas picudas, wie dieses Schuhwerk genannt wird, die Geschichten über San Luis Potosí, nicht die Tänzer und auch nicht die Musik. Die Geschichten handeln von Drogen, Gewalt und Ver­zweiflung. Und von Menschen wie Édgar Morales, Matehualas neu gewähltem Bürgermeister, der am Vormittag des 12. August erschossen wurde, als er eben von einer Hochzeit kam.

Tanz aus dem

SUMPFWie sich Mexikos verlorene Genera tion mit einem neuen Musikstil und spitzen Schuhen aus dem Teufelskreis aus Drogen und Gewalt befreit.Text: Aníbal Santiago, Bilder: Katie Orlinsky

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Die Tribal-Musik tragen sie im Herzen,

die pointy boots an den Füßen: Daran er-

kennt man Hip-Hop „hecho en México“.

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„Das ist unser Hip-Hop“La Dichos heißt die etwas desolate Straße, die von Matehuala gen Süden führt. Hier wollen wir das Tribal-Guarachero-Quin-tett Los Parranderos („Die Partylöwen“) fotografieren. Vereinbarter Treffpunkt ist Mesquit Rodeo, ein imposanter Club mit-ten in der Wüste. Die Luft flimmert in der Sonne, als ein in die Jahre gekommener blauer Dodge Grand Caravan in einer Staubwolke herandröhnt und scheppernd abbremst.

Im Inneren des Vans spielt Musik, ein paar junge Leute nicken rhythmisch mit den Köpfen. Pascual Escobedo – er ist der Bandleader der Parranderos – kurbelt das Autofenster hinunter, das fröhliche Schnarren eines mexikanischen Akkor-

Seit dieSer Nacht SiNd Sie StarS, waS Sich vor allem daraN zeigt, daSS heerSchareN voN FraueN zu ihreN auFtritteN pilgerN.

deons schwappt uns entgegen, das Chun-ta-ta eines Schlagzeugs und ein ausgelas-sener Refrain: „Ich habe Schmetterlinge im Bauch, wenn mein Handy klingelt und ich sehe, dass du es bist.“

Die Partylöwen schälen sich aus dem Auto und blinzeln in die Sonne.

Mesquit Rodeo spielt eine wichtige Rolle in ihrer Band-Geschichte. Hier gewannen sie, angetan mit hautengen Jeans, T-Shirts, Hüten und pointy boots, vor mittlerweile drei Jahren ihren ersten Tribal-Disco-Contest. Seit dieser Nacht sind Pascual, Miguel, Jonathan, Erick und Luis Stars, was sich vor allem daran zeigt, dass Heerscharen von Frauen zu ihren Auftritten bei Messen, in Discos und auf Rodeos pilgern.

Weiß der Himmel, wie die beiden Frauen Wind davon bekommen haben, dass Los Parranderos jetzt hier sind, aber Tatsache ist, dass sich Lucy Méndez, eine 30-jährige extrovertierte Texanerin, und die 23-jährige Mayra Rivera aufgeregt zappelnd der Szene nähern. Lucy, deren Kurven mühevoll von einem schwarzen Top gebändigt werden, wirft sich bemer-kenswert offensiv an ihre Idole ran. Ein wenig dezenter legt es Mayra an, die sich von ihrem Job als Verkäuferin davon-gestohlen hat, um ein paar Blicke der Band zu erhaschen. „Für uns Mexikaner in den USA ist Tribal unser Hip-Hop“, erklärt Lucy, während sie abwechselnd mit ihrer Freundin tuschelt und den Parranderos verzückte Blicke zuwirft.

„Sie machen einen auf harte Jungs, aber in Wahrheit sind sie einfach nur süß. Und diese engen Hosen machen mich ganz nervös“, sagt Lucy und läuft rot an. Sie mustert die Jungs in ihren schwarzen und rosa pointy boots und den T-Shirts

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vielleicht sogar noch ein bisschen besser. Aber der Traum kann jede Sekunde zer-platzen. Denn Mexikos Norden ist Narco-Land, in der Hand von Drogenbossen.

Tribal wird immer weiter in den Norden gedrängt, bis an den Rio Grande, und über den Grenzfluss hinaus, hinüber nach Texas.

„Ich mag deine Schuhe“Joel überblickt den dicht bevölkerten Dancefloor im Kalúa, einer Disco im Nor-den von Dallas. Seine enge Hose klebt an den Oberschenkeln, um den Hals baumelt ein goldenes Kreuz. Eine Aura der Ernst-haftigkeit umgibt Joel, die auch nicht von den Dutzendschaften junger Frauen zu er-schüttern ist, die um ihn herumschleichen. Joels Gesichtsausdruck ist erhaben, seine schwarzen Schuhe sind aufregend spitz und glänzen. „Man zieht pointy boots an, geht damit aus, dann kommen die Mädels und sagen: ‚Ich mag deine Schuhe.‘ So läuft das.“ Seine drei Freunde nicken mit ihren Federhüten Beifall, als hätte Joel soeben eine der großen Wahrheiten des Lebens ausgesprochen.

„Wo sind die Leute aus Tamaulipas?! … aus Zacatecas?! … aus Chihuahua?!“, schallt es aus den Boxen. Das Publikum des Kalúa besteht zum größten Teil aus Mexikanern – acht Millionen Menschen mit mexikanischen Wurzeln leben in Texas, das sind 30 Prozent der Bevölkerung des US-Bundesstaats –, und die Nennung des jeweiligen Heimat-Bundesstaats wird mit vergnügtem Gejohle quittiert. Oben in der

mit aufgedruckten riesigen Bierflaschen. Der Sand unter den Sohlen ihrer Stiefel knirscht bei jedem Schritt, sie haben die Daumen an den Hosentaschen ihrer Jeans eingehakt, lachen über ihre eigenen Scherze und blicken drein wie routinierte Herzensbrecher in Soap Operas.

Das Leben besteht für Los Parranderos aus Tanz, Musik, Geld, Mädchen, Spaß. Also ziemlich genau so, wie sie es sich erträumt hatten, als sie sich vor ein paar Jahren ein tolles Leben ausmalten, und

Links: Luis Puente, Jonathan Castillo, Erick Castillo, Pascual Escobedo und Miguel Hernández (v. li.) sind Los Parranderos.Oben: Jonathan Castillo bei Proben im Mesquit Rodeo. Unten: Miguel Hernández düst durch seine Heimatstadt.

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Erika heißt das Geschäft in Mate­

huala, wo die spitzen Schuhe produziert

werden, maßgefertigt für Männer, Frauen

und Kinder.

„Ihr sorgt für den Style“Es ist gerade drei Jahre her, da begannen Los Parranderos, drei Mal die Woche in den staubigen Straßen ihres Viertels zu proben. Es folgten kleine Engagements, Auftritte bei Hochzeiten und bei Geburts-tagsfeiern.

2011 meldete sich Erick Rincón von 3Ball MTY via Facebook: „Jungs, ich will ein Video mit euch machen. El Bebeto und América Sierra werden singen. Ihr seid cool. Ihr übernehmt den Style-Part.“

Ein paar Tage später reisten Los Par-randeros nach Monterrey. Produzent Tony Selectah verpasste ihnen für das Video zu „Inténtalo“ (mittlerweile 37 Millionen YouTube-Klicks) einen neuen Look. Un-mittelbar nach dem Dreh ging es weiter: Gemeinsam mit 3Ball MTY eroberten sie Mexiko, füllten ganze Stierkampfarenen mit Fans. „Tribal in den Straßen, Tribal in den Geschäften, Tribal im Fernsehen“, sagt Pascual Escobedo, Bandleader der Los Parranderos, „so war das.“

„Aber die Mädchen schauten dich nur an, wenn du auch die richtigen Schuhe trugst“, erinnert Erick von 3Ball MTY.

Sound-Box dreht DJ Nando die Musik des mexikanischen Schnulzensängers Julión Álvarez leiser, um Platz zu machen für 3Ball MTY.

Und wenn es um Tribal geht, macht man gerne Platz für 3Ball MTY.

Raus aus der Gewalt3Ball MTY – der Name ist eine Lautmalerei von „Tribal Monterrey“ – gewannen 2012 den Latin Grammy Award als „Best New Artist“, ohne freilich eine wirklich neue Band zu sein. Die gemeinsame Geschichte von Erick Rincón, Alberto Presenda (a/k/a DJ Otto) und Sergio Zavala (alias Sheeqo Beat) hatte schon Jahre zuvor in ihrer nordmexikanischen Heimatstadt Antiguo de Monterrey begonnen, als sie auf Teenagerpartys spielten.

Aber die Situation wurde immer un-gemütlicher, und als eines der Band-Mit-glieder im Jahr 2011 einen Auftritt ver-passte, weil Drogendealer die Straße mit einem Bus versperrt hatten, war die Zeit gekommen, sich anderswo umzusehen.

2012 lösten 3Ball MTY tatsächlich ihr Ticket raus aus der Gewalt ihrer Heimat, als sie es mit ihrer Single „Inténtalo“ auf Platz eins in den Latin-Charts des „Bill-board“-Magazins schafften; 3Ball MTY spielten im El Zócalo in Mexico City, im Staples Center von Los Angeles und sogar in Europa, beim Worldtronics-Festival in Berlin.

Im Kalúa im Norden von Dallas hat die Nacht in der Zwischenzeit Fahrt auf-genommen. Frauen schmiegen sich an Männer und schwingen ihre Hüften im Tribal-Rhythmus. Bald bilden die Paare einen Kreis um den Dancefloor und be-wegen sich langsam gegen den Uhrzeiger-sinn, die Ellbogen angewinkelt, ein Bier in der Hand.

„Mexikanische Musik war nicht mehr zeitgemäß, bis Tribal kam“, erklärt DJ Nando, während er am Regiepult des Kalúa an den Reglern dreht.

Niemand verlässt die Ordnung des Kreises im Kalúa. Nur hie und da löst sich ein Bursche aus der Reihe und macht ein paar Moves in der Mitte der Tanzfläche.

So mexikanisch die Party auch ist, die Gesetze sind amerikanisch: Pünktlich um zwei Uhr fährt DJ Nando die Regler runter.

„Ich hab’s geschafft“Nachts füllen die F-150 Ford, die 1500er-Ram und andere übergewichtige Pick-ups die Disco-Parkplätze in Dallas, tagsüber jagen sie den Harry Hines Boulevard hin-unter, eine belebte mexikanische Ein-kaufsstraße. Viele halten bei Nummer 11253, „Gómez Western Wear“. Jeder Zentimeter der Wände, der Regale, des

„Keiner Kann an organisierte Kriminalität denKen, während er tanzt.“

Fußbodens im Laden ist voll mit Produk-ten, die Mexikaner, so betont Gómez, „wie echte Mexikaner“ kleiden sollen. Anders gesagt: Es geht in Gómez’ Laden um Stiefel und Hüte.

Auf einem Regal stehen vierzig Paar pointy boots. Die spitzen Schuhe blitzen und funkeln purpur, silber, rot und blau, es gibt welche aus Satin und welche mit Pailletten, solche mit Glitzersteinen, goldenen Haken und falschen Diamanten.

Gómez arbeitete bis ins Jahr 2000 als Kellner, ehe er sich selbständig machte. Er schwört auf pointy boots aus gebräuntem Kalbsleder und Kalbshaut, „es gibt keine besseren Materialien“. Die Spitzen der Schuhe sind so lang, so weit die Fantasie reichen kann. „Ich habe schon welche mit zwei Metern Länge gemacht.“ Da konnte man dann nach den Spitzen greifen, ohne sich zu bücken.

„In Dallas kriegt der Mexikaner alles, was er braucht“, sagt Gómez. Was er in Mexiko nie kriegen könnte: einen guten Truck – und ein gutes Paar Schuhe. „Wenn du sie trägst, heißt das: ‚Seht her, ich hab’s geschafft.‘“

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Oben: Tribal-Tänzer bei einem Spaziergang in den Straßen von Matehuala.Links: Pascual Esco bedo, Frontmann der Parranderos

„Wir wollen unser Visum“Das Klacken der Schritte hallt im riesigen, spärlich beleuchteten Mesquit Rodeo, die Parranderos machen sich bereit zur Probe für ihre Show heute Abend.

Wie jeder Auftritt wird es mehr als ein Auftritt sein. Denn Tribal ist mehr als Musik: Tribal ist ein Statement für Lebens-freude und Optimismus, Tribal gibt Hoff-nung, Tribal ist Ablenkung vom Alltag des Drogenkriegs in San Luis Potosí. „Keiner kann an organisierte Kriminalität denken, während er tanzt“, sagt Escobedo.

Doch obwohl die lokalen Radiostatio-nen Tribal rauf und runter spielen, sinkt die Zahl der Live-Shows.

„Ausgehen heißt nicht nur Spaß. Aus-gehen heißt auch Angst“, gibt Escobedo zu. „Keiner von uns trinkt Alkohol, weil wir einen klaren Kopf behalten müssen. Wir bleiben immer in Gruppen, bewegen uns nur auf beleuchteten Hauptstraßen. Wir hören von den Morden und den Lei-chen … was, wenn während einer Show etwas passiert?“

Um der Angst in Matehuala zu entkom-men, muss man 340 Kilometer nordwärts

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fahren: Dort ist das neue Tribal-Paradies, Texas. 160.000 Menschen taten das in den letzten paar Jahren, sie verließen ihre Heimat San Luis Potosí für immer.

Auch Los Parranderos wollen raus. Miguel Hernández erzählt: „Einer unserer Fans hat ein YouTube-Video hochgeladen, in dem er sagt: ‚Lasst diese Jungs in Ruhe. Sie sind aus meiner Heimat Matehuala, und dank ihnen geht es Matehuala besser.‘ Doch wir wollen unser Visum. Die Leute auf der anderen Seite warten auf uns.“

Der blaue LamborghiniAuf den Stufen des Club Rio in Dallas sind heute Eiscreme, Tacos und Tortillas die Renner. Es ist Sonntagnachmittag, Tribal-Party, viele Kinder sind da. Doch nicht mal das kann Don Pepe, den mächtigen Mode-rator mit rotem T-Shirt und Doppelkinn, von einem Seitenhieb abbringen: „Die mexikanische Band, die heute spielt, ist nicht für den Grammy nominiert, sie wird Gramm für Gramm nominiert, hahaha.“

Er hebt sein Bierglas in Richtung eines Cowboys mit schwarzem Hut, Koteletten und einem überdimensionalen Abbild von Folk-Held Jesús Malverde auf der Brust; Malverde gilt als Schutzpatron der Drogen-händler. „Jungs, bis dass die Zirrhose uns scheidet“, ruft Don Pepe. Auch der Cow-boy hebt sein Glas und lacht.

Sonntage bieten Mädchen und Jungs hier kaum mehr als zwei Möglichkeiten: sich die Zeit mit Kinderspielen zu vertrei-ben oder Tanzschritte zu üben. Und wie

jeden Sonntag entscheiden sich Dutzende von ihnen fürs Tanzen auf dem riesigen Dancefloor im Inneren des Clubs.

Ihre alten Schuhe bieten nicht sehr viel Halt auf dem glatten Boden, die Kids rutschen aus, stolpern, stoßen sich ihre Köpfe, schlagen sich die Knie auf. Aber es ist eine Frage der Ehre, den Hut auf dem Kopf zu behalten, passiere, was wolle.

Die Kinder, die hier ihre Sonntage ver-bringen, sind solche wie Carlos Zaragoza: Carlos ist neun Jahre alt und gewann be-reits sechsmal den Kiddie Tribal Contest. Vielleicht hat er ein paar Kilo zu viel auf den Rippen, aber er tanzt mit der Ge-schmeidigkeit einer Katze.

Tribal ist sein Leben, Tribal ist seine Zukunft. Hie und da gewinnt Carlos bei Contests ein wenig Preisgeld, und er legt jeden Cent auf die Seite, um irgendwann seinen Traum wahr werden zu lassen: „Wenn ich einmal groß bin, will ich reich genug sein, um mir einen blauen Lam-borghini kaufen zu können“, erzählt er.

Ein Bild von einem MannFernando Martínez, Bandleader von Tribal Matehuala, hat sein schwarzes Pontiac- Cabrio im Zentrum der Stadt geparkt.

„Kann ich ein Bild machen, mit dir auf der Motorhaube?“, fragt ihn die Fotografin unserer Story, als er mit seinem hautengen T-Shirt und leuchtenden pointy boots, in eine After-Shave-Wolke gehüllt, an ihr vor-beischreitet. Fernando ziert sich ein wenig, ehe er einwilligt. Mit seiner Zurückhaltung

Oben: Im Kalúa Club von Dallas drehen die

mexikanisch-amerika-nischen Tribal-Fans ihre traditionellen Runden. Rechts: Alle Besucher des Clubs werden ge-filzt – selbst jene mit

vertrauenerwecken-dem Schuhwerk.

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ren die Augen auf und werfen staunende Blicke auf die Schuhe der Band. „Los Par­randeros!“, flüstert ihnen ihre Mutter von der Türschwelle aus erklärend zu.

Ein paar Augenblicke später, während die Tänzer vor einer graffitibesprühten Wand für den Fotografen posieren, sieht sich der dreijährige Ángel ein Video auf einem Smartphone an.

„Jetzt pass auf, wie du diesen Rhyth­mus tanzt / ein Fuß hier, ein Fuß da / mit den langen Schuhen dran / so tanzt du, so tanzt du Tribal“, lautet sinngemäß der Text zum Song, gemeinsam inter­pretiert von El Rey del Tribal und Los Parranderos.

Der kleine Junge blickt auf das Display des Phones, hinüber zur Band. Dann fängt er an mit seinen Armen und Füßen zu kreisen: Tribal, die ersten Schritte. Pascual Escobedo, der berühmte Band­leader der Los Parranderos, zwinkert dem Knirps zu. Mit diesem Video sorgte 3Ball MTY für Furore: www.youtube.com/watch?v=LRYNWfJzfVE

ist es dann aber erstaunlich schnell vor­bei: Denn aus der Traube an Passanten, die sich in wenigen Minuten bildet, tritt eine schwarzäugige Schönheit mit engen Hosen. Ein koketter Blick, die Einladung, mit ihm zu posieren, ein Lächeln, und sie sinkt in seine Arme. „Mit meinem Körper und dem hier“, grinst Fernando und deutet auf den Pontiac, „können sie mir einfach nicht widerstehen.“

Martínez und seine Band verzichten übrigens auf Hüte, und sie tragen anstelle der pointy boots gerne „Tribal Sneakers“, knallbunte Turnschuhe. Martínez’ Band gehören sogar zwei Frauen an – ein Tabu­bruch im Tribal.

Einige Blocks weiter stehen dreißig be­waffnete Polizisten in Alarmbereitschaft. Denn dort treffen sich die Parranderos für ein Fotoshooting. Die Ecke von Juárez und Cinco de Febrero ist trostlos wie jede andere in der Stadt, staubig, schäbig, ein paar vertrocknete Bäume.

Drei kleine Kinder – offensichtlich Brü­der –, die gerade ihr Haus verlassen, spe­

Links: In Texas leben an die acht Millionen Menschen mexikani-scher Abstammung. Jede Woche strömen Hunderte von ihnen in die Clubs von Dallas, wo sich Tribal zum König der Tanzfläche entwickelt hat.

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Mai 2013

Das Magazin abseits Des alltäglichen

F Ü N F A C T I O N - H E L D E N

I M K A R R I E R E - C H E C K

M E TA H I LT E B R A N DZ U G A S T

B E I M Z Ü R C H E R

K Ü C H E N G E N I E

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B I K E R S PA R A D I S ED I E B E S T E N

M O U N T A I N B I K E -

S T R E C K E N

D E R W E L T K I T E - S U R F E R I N

& F I R M E N C H E F I N

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Besuch im Stunt-Labor: Wer die Luftauftritte von „Spider-Man“-Darsteller Andrew Garfield perfektio-niert, sehen Sie auf Seite 86.

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Inhalt

84 REISE-TIPPSwimmingpools der Superlative

86 GET THE GEARStunt-Guru Andy Armstrong öffnet

seine Trickkiste.

88 TRAININGmit Squash-Profi

Karim Darwish

90 NIGHTLIFEOut Now: Talib

Kweli/Laufen bei Nacht/Club: Das

Fabrik/Take 3: Phoenix

94 SAVE THE DATE

95 KAINRATH

96 RED BULL TV-FENSTER bei ServusTV

98 KOLUMNE von Christian

Ankowitsch

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Pool extrem1 Kilometer lang, 200 meter hoch, im eis,

im Paradies und wild wie der Ozean. Wir präsentieren: sechs Schwimm- becken der Superlative.

1. Das HöcHsteMarina Bay SandS, Singapur Vom Hotelpool aus verfolgen die Badegäste gelassen das hek­tische Treiben der Metropole – 200 Meter unten ihnen.

Auf und dAvon Der reise-Tipp

Des MonaTs

6. Das IDyllIscHstealila uBud, Bali glänzt inmitten von Balis regenwalddickicht, hoch über dem ayung­Fluss.

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2. Das WilDesteBondi iceBergs, AustrAlien direkt am legendären Bondi Beach in sydney gelegen, sorgt die Brandung für dramatische Frischwasserzufuhr.

4. Das tiefstenemo 33, Brüssel, Belgien das 35 meter tiefe indoor-tauchbecken ist speziell für tauchlehrgänge konzipiert.

3. Das

grösstesAn AlFonso,

chile Bei 1013 meter länge fasst die

Badelandschaft 250.000 Kubik-

meter Wasser.

5. Das eisigsteBlue lAgoon,

grindAvíK, islAnd Besonders im isländischen

Winter eine Wohltat: das knapp 40 °c warme, mineral-

reiche thermalwasser.

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Andy Armstrong, 59, und sein Sohn James (re.) arbeiten gerade am Set von „The Amazing Spider-Man 2“.

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1. Elektronische WindeMittels dieser an einem Kran angebrachten Winde schwingt Spider-Man durch die Häuser-schluchten von Manhattan. Der Stuntman hängt dabei an einem sehr dünnen Seil, das ihn über eine Spanne von fünf Häuserblocks befördert.

2. Crashtest-DummyEin Stunt muss möglichst spektakulär aussehen, dabei aber wiederholbar und absolut sicher sein. Diesen schmalen Grat ermitteln wir anhand von Hartplastikpuppen mit dem Gewicht eines Erwachsenen.

3. RatchetDie Ratchet ist ein über Druck-luft gesteuerter Zylinder, der den Stuntman mit einer Gurt-korsage schlagartig nach hin-ten zieht. Das Gerät wird u. a.verwendet, um die Druckwelle einer Explosion zu simulieren.

4. Amspec-Stunt-MattenFrüher musste man die bis zu einen Meter dicken Matten am Set geschickt tarnen. Heute entfernt man sie einfach in der digitalen Nachbearbeitung.

5. Action Fire JelBei Feuerszenen wird das Gel auf jene Körperstellen aufge-tragen, die nicht von der Klei-dung bedeckt sind. Ungefähr 40 Sekunden schützt die Salbe die Haut vor den Flammen, dann muss sofort gelöscht werden.

6. Nomex-SchutzanzugBei Feuerszenen verwenden wir die gleichen Schutzanzüge wie Rennfahrer. Man trägt sie unter der Kleidung, damit der Stunt möglichst echt aussieht. Beim Dreh von „Hoffa“ warnte ich Regisseur Danny DeVito im Vorfeld vor der Feuerszene. Und

trotzdem fiel er aus der Rolle, als er mich brennen sah. Er brüllte: „Löscht ihn!“

7. SpielzeugautosJede Verfolgungsjagd wird mit Spielzeugautos vorbereitet und ausgearbeitet. Wir malen einen Straßenplan auf Papier. Dann nimmt jeder Stuntfahrer das Auto, das er in der Szene fahren wird, und fährt die Sequenz nach. Da fühlt man sich wie in die Kindheit zurückversetzt.

8. FeuerlöscherBei großen Explosionen bren-nen zehn Personen gleichzeitig. Für jeden Stuntman stehen sechs Feuerlöscher bereit. Je zwei am Ausgangs- und Zielort, zwei auf halbem Weg, falls der Stuntman stürzt – macht pro Film gleich mal 100 Flaschen. 9. Apple iPad Schon vor dem ersten Drehtag filme ich mit meinem Team alle Stunt-Szenen des Films im Stu-dio probehalber auf Video. Am Set zeige ich der Crew auf mei-nem iPad, wie die Szene aus-sehen soll. Bei einem Film wie „The Amazing Spider-Man“ hab ich 200 vorproduzierte Szenen auf meiner „Bibel“ gespeichert.

10. StützkorsettRücken und Hals sind die Achillesferse eines Stuntmans. Deshalb ist dieses Karbonfaser-Stützkorsett vor allem bei Autostunts ein Muss. In „The Green Hornet“ rasierte mein Sohn einem Bus mit seinem Auto das Dach weg und über-schlug sich. Dank diesem Gurt-geschirr stieg er aus, als wäre nichts gewesen.

So schwingt Spider-ManEr lässt Schauspieler Feuer fangen und Spider-Man oder Thor durch die Luft fliegen: Stunt-Koordinator Andy Arm-strong zeigt uns seine Wirkungsstätte.

get the gear

Die Ausrüstung Der Profis

Taurus World Stunt Awards:10. Mai, Hollywood; Details:taurusworldstuntawards.com

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„squash ist mein leben“, beschreibt Karim darwish, der 2009 elf monate die nummer 1 der Welt war, die Passion für seinen sport. Kraft, schnelligkeit und Grundlagenaus-dauer erarbeitet sich der mannschaftswelt-meister 2009 und 2011 in der Wettkampf-pause im Juni und Juli in seiner heimat. sein rezept: „in jedem training 120 Prozent

geben, um im Wettkampf 100 abrufen zu können. manchmal tut es weh, morgens aufzustehen … aber genau das liebe ich, weil es mir zeigt, dass ich Fortschritte mache“, verweist dar-wish auf schmerzvolle trainingseinheiten wie „Killer of the champs“ (siehe mittwochvormittag). www.psaworldtour.com

Gegen die WandKarim Darwish. der 31-jährige ägyptische squash-Profi gibt in jedem training 120 Prozent, liebt seine arbeit … und schmerzen.

Bewegung ist allesDas Um und Auf im Squash-Sport ist die Beinarbeit. Die fängt bereits bei der Wahl des richtigen Schuh-werks an – es muss extrem leicht (ca. 350 Gramm), gut gedämpft und rutschfest sein (ich verwende aktu-ell den Asics Gel-Blade 3). Während eines Squash-Matches läuft man rund 15 Kilometer (Maße eines Squash-Courts: 6,4 × 9,75 m). Umso wichtiger ist es daher, zu lernen, sich ökonomisch zu bewegen – am besten beim „Trockentraining“ auf dem Court. Hier eine kleine Anleitung: jeweils in der Feldmitte beginnend, rund 30-sekündige Sprints in alle vier Ecken des Courts … und das Ganze 30-mal.

mein Trainings-Tipp

work out

Trainieren wie die profis

MonTAG

9 Uhr: 2 km Aufwärmlauf (4 Min./km), danach 15 Min. Stretching (Fokus: Oberschenkel und Rücken)9.45 – 10:30 Uhr: Beinarbeit-Drills am Squashfeld. 50 Whg. zu je 30 Sek. mit 10 Sek. Pause (Puls: 180)11.30 – 13 Uhr: Techniktraining18 – 19.30 Uhr: Trainingsmatches mit dem äpyptischen Nationalteam

DiEnSTAG

18 – 20 Uhr: Nationalteamtraining, Stretching, eine Stunde Massage

MiTTWoCH

9.30 Uhr: 40 Minuten Training auf der Laufbahn („Killer of the Champs“): 4-mal 800 Meter (jeweils in 2:30–2:40 Min.), 5-mal 400 Meter (70–75 Sek.), 6-mal 200 Meter (30 Sek.)12 – 13 Uhr: Techniktraining allein auf dem Court (z. B. Drop Shots)18 – 19:30 Uhr: Nationalteamtraining

DonnErSTAG

9.30 – 11.00 Uhr: Fitnesseinheit: 4 Sätze zu je 12–15 Whg. Beinpresse, Schulterheben, Bizeps-/Trizeps-Curls, 4× 30 Whg. Kreuzheben, 4× 40 Sit-ups 11 – 12.30 Uhr: Techniktraining (z. B. Drillübungen von Angriffsschlägen)

FrEiTAG

Ruhetag

SAMSTAG

9.30 Uhr: 8-mal 400 Meter (jeweils in 68–72 Sek. mit 1 Min. Pause), Aus-laufen und Stretching11.30 – 13 Uhr: Technik-/Taktiktraining13 – 13.45 Uhr: Schlagtraining allein18.30 – 20 Uhr: Trainingsmatches

SonnTAG

9 Uhr: Fitness (siehe Donnerstag)11 – 12.30 Uhr: Technik-/Taktiktraining18 – 20 Uhr: Trainingsmatches mit dem Nationalteam

meine Trainings-wocherund 20 Stunden pro Woche verbringt der 22fache Turniersieger in der Vorbereitungs-zeit auf dem Court.

Karim Darwish im red Bull Diagnos-tics & Training Center Thalgau (Sbg.)

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Page 90: The Red Bulletin May 2013 - CH

NightlifeDie Macht der Nacht

Night quote

” Leben ist das, was passiert, wenn du nicht schlafen kannst. “Fran Lebowitz (US-amerikanische Schriftstellerin)

ActioN

NachtlaufIn MOde: In vielen Städten etablierten sich in den letzten Jahren zunehmend Laufveranstaltungen bei nacht (von der Kurzdistanz bis zu Marathons).

VOrteILe: Gerade in den Sommermonaten sind die temperaturen in der nacht erträglicher. Gut für Allergiker: der Pollenflug ist nächtens vermindert.

zU beAchten: Stirnlampen sind nützlich. Ach-tung: Wegen der dunkelheit erfordert Laufen bei nacht eine höhere Konzentration. Auch der bio-rhythmus muss sich erst auf die späten Laufzeiten einstellen – das gehört im training beachtet.

out Now

Als talib Kweli 1995 die bühne betrat, war er ein Außenseiter. der new Yorker stellte anfangs mit den poetischen und sozialkritischen texten seines „conscious rap“ einen Gegenpol zur Gangsta-Szene dar. heute ist der 37-Jährige einer der erfolgreichsten rapper der Welt. er gilt als hip-hop-Gelehrter, der bei aller tiefgründigkeit weiß, wie man eine Party zum Kochen bringt. Im zeichen dieses Spagats steht auch sein sechstes Album.

The Red Bulletin: das Intro der Platte erinnert mit seinen Anfeuerungsrufen an eine demonstration.Talib Kweli: die Kraft des Arabischen Frühlings hat mich sehr beeindruckt. das spiegelt sich auf der Platte wider. das Album ist wie ein tag in meinem Leben. es geht um Politik, um die Liebe und meine rolle im Musikgeschäft. du veröffentlichst auf deinem eigenen Plattenlabel. Wieso?In den neunziger Jahren war mehr Geld da. damals verbrachte ich viel zeit im tonstudio, während ich heute auch als Geschäfts-mann agieren muss. Ich mag

die herausforderung, weil sie Unabhän-gigkeit bringt. Leute wie Kendrick Lamar, der auf meiner Platte als Gast-rapper dabei ist, haben den durch-bruch via Internet geschafft – ohne große Plattenfirma im rücken.du hast Schauspielerei studiert. des-halb die Frage: Wäre dein neues Album ein Film, wer würde regie führen?Wes Anderson. Weil ich seinen eigen-willigen Stil bewundere und weil wir beide – ich in meinen texten, er in seinen Filmen – eine Vorliebe für bemitleidenswerte helden haben.

„Ich mag bemitleidens-werte Helden“Talib Kweli holt Hip-Hop aus der Halbwelt. Der Rapper über den Arabischen Frühling und die Musikrevolution im Internet.

„Prisoner of Conscious“ (Javotti Media) von Talib Kweli ist bereits erschienen. www.talibkweli.com

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Club

Das Fabrik ist mehr als ein Club. 3500 Tänzer machen aus der alten Fabrik am Stadt-rand Madrids jedes Wochen-ende ein Rave-Dorf, regiert von den besten DJs der Welt.

„Das Tor zu einer anderen Dimension“

Chill-out- und VIP-Bereiche. Einen sogar im Freien mit eigenem Ententeich.Derartiges Übermaß verlangt natürlich nach den entsprechenden Zeremonien-meistern. Samstags legen mit DJs wie Uroš Umek, Steve Bug, Ben Sims und Carl Cox die größten Namen aus Techno und Progressive auf, der Geheimtipp aber sind die Sonntagspartys mit ihren Kostüm-themen wie „Tim Burton“. Denn wenn Alice im Wunderland und Edward mit den Scherenhänden zu pumpenden House-Beats tanzen, steht das Tor zur fünften Dimension wirklich sperrangelweit offen.

Muskulöse Kerle speien Feuer, leicht bekleidete Damen tanzen in überdimen-sionalen Cocktailgläsern. Laserstrahlen zischen durch den Raum, riesige Kano-nen an der Decke schießen Trockeneis-salven auf die Tanzfläche. Aus den gigan-tischen Boxentürmen dröhnt der Bass, auf der Bühne thront der DJ und „pre-digt“ den 3500 Nachtwesen vor ihm. Das Fabrik ist der Inbegriff des Super-clubs. Ein Club, der mit seinen bunten Lichtern anmutet wie ein Tor zu einer an-deren Dimension. So beschreibt Manager Daniel Perellón sein Reich am liebsten. 2003 eröffnete er das Fabrik am Stadt-rand von Madrid mit dem Ziel, einen Club zu eröffnen, der den Megaclubs auf Ibiza Paroli bieten kann. Und das ist ihm gelun-gen: Neben den drei Floors – jeder von ihnen für sich würde schon als Großclub durchgehen – gibt es kleine Restaurants, eine hauseigene Boutique und etliche

Vanille-garten

CoCktail

Zutaten 12 cl Ginger Ale2 Spritzer Angostura 2 Barlöffel Vanille-zucker4 Limettenachtel10 PetersilienblätterCrushed Ice

Der Cocktail des Monats Mai entstand als gewagtes Experiment, erzählt dessen Erfinder Michael Steinbacher, Barkeeper in der Mayday Bar im Salzburger Hangar-7: „Mit Petersilie ist in diesem Drink eine Zutat enthalten, die auf den ersten Blick so gar nichts mit Cocktails zu tun hat. Dabei harmoniert das Küchen-kraut perfekt mit Ginger Ale und Angostura.“ Anfangs leicht säuerlich im Geschmack, ent-wickelt der alkoholfreie Drink im Mund ein unvergleichbar würziges Aroma, das von Petersilie und Vanille dominiert wird. Club

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Fabrikavenida de la industria 82 28970 Humanes de Madrid, Spanienwww.grupo-kapital.com/fabrik

Zubereitung Limettenstücke, Peter-silie und Vanillezucker in einem Caipirinha-Glas zerdrücken. Angos-tura, Ginger Ale und Crushed Ice beifügen. Zutaten verrühren, bis sich der Zucker auf-gelöst hat. Als Deko: die Spitzen eines Peter-silienblatts in Vanille-zucker tunken.

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Nightlife

Edward ruscha (* 1937)Neben seiner Kunst schätze ich vor allem die Interviews mit dem Pop-art-Titanen. weil er darauf hinweist, wie

unnötig es ist, Kunst zu zerreden. wenn ihn Leute zu seinen Bildern befragen, sagt er gern: „da gibt’s nichts zu erklären.“ Ich finde diese Einstellung toll. Er sagt quasi: schau einfach hin, lass es auf dich wirken. dann verstehst du’s. Oder auch nicht.

daN FLavIN (1933 – 96)Meine Frau schenkte mir eine seiner skizzen. Ich finde Flavins minimalisti-sche Installationen inspirierend. Für

unsere neue Lichtshow haben wir uns einiges bei ihm abgeschaut. spannend finde ich, dass seine werke ein natürliches ablaufdatum haben, denn Neonfarben leuchten nicht ewig. seine arbeiten werden immer teurer, gleichzeitig verblassen sie.

dONaLd Judd (1928 – 94)Er war einer der besten designer seiner Generation. heute findet man im Inter-net anleitungen, wie man Judds Möbel

selbst bauen kann. das wirft die Frage auf: was ist wichtiger, Konzept oder ausführung? diese dis-kussion gibt’s auch in der Popmusik. Jeder kann heute daheim eine Platte produzieren. Ich denke: Ohne gute Ideen hilft das beste handwerk nichts.

2009 war ein großes Jahr für Phoenix. Das Pariser Quartett verkaufte eine Million Exemplare seiner Platte „Wolfgang Amadeus Phoenix“ und gewann den Grammy Award für das beste Alternative-Album. Verdiente Lor-beeren für eine Band, die schon seit 13 Jah-

ren mit perfekten Indie-Pop-Songs, angesie-delt zwischen zeitloser Eleganz und großer Emotion, begeistert. Inspiration schöpft die Band aus benachbarten Kunstfeldern. Sänger Thomas Mars schreibt regelmäßig die Musik für die Filme seiner Ehefrau, der Regisseurin Sofia Coppola. Außerdem sind er und seine Bandkollegen Fans zeitgenössischer Kunst. „Wir lieben amerikanische Künstler wie Dan Flavin und Edward Ruscha. Ihre Werke sind so minimalistisch wie frisch“, sagt der 36-Jähri-ge. Während der Arbeiten an „Bankrupt!“, dem fünften Phoenix-Album, habe die Band versucht, deren Werke in Musik umzusetzen. „Wenn mich Leute nach der Bedeutung des Plattentitels fragen, bin ich immer wieder versucht, eine Antwort im Stil von Ed Ruscha zu geben: ‚Da gibt’s nichts zu erklären‘“, sagt Mars amüsiert – und nennt drei zeitgenössi-sche Meister, die das neues Album formten.www.wearephoenix.com

Phoenix. Die französische Indie-Band liebt Kunst. Sänger Thomas Mars über seine liebs-ten zeitgenössischen Musen.

„Da gibt’s nichts zu erklären“

Take 3

Phoenix-sänger Thomas Mars (li.): Inspiration durch Kunst

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Ein EngEr VErwandtErEine abwandlung des Shrimps-Cocktails, in der auch Krabben-fleisch und Hummer vorkommen, heißt in Veracruz „Vuelve a la vida“, was „Zurück ins Leben“ bedeutet. Und warum? weil die-ser Cocktail ein äußerst beliebter Kater vertreiber ist.

SHrimpS, SHrimpS, SHrimpSminutenlang konnte Bubba, der Freund von Forrest gump, Shrimpgerichte aufzählen. im mexikanischen Bundesstaat Veracruz, einem paradies für Seafood-Liebhaber, funktioniert das auch: Es gibt tacos mit Shrimps, Omelettes mit Shrimps, reis mit Shrimps; man kann sie grillen und kochen, backen oder roh belassen. aber überall wird, sozusagen als pflichtübung, der lokale Cocktail serviert, egal ob im kegelförmigen glas, im teller oder auf den Straßen im pappbecher.

NightsNack

Mexiko Shrimps-Cocktail VeracruzAn Mexikos Karibik-küste dominieren Shrimps & Limetten, Tomaten & Korian-der die Kultur des Streetfood.

SO gEHört SiCH daSder Cocktail, als „coctel de camarones“ auf menükarten von restaurants und Schildern von Snack-Ständen (die heißen in Veracruz „palapas“) ange-priesen, hat zwei fixe Begleiter: salzige Cracker (hier natürlich manchmal auch maistortillas oder nachos) und danach den toro oder El torito, einen milchshake mit exotischen Früchten (wobei: in Veracruz sind sie ja gar nicht exotisch) und rum.

„VEraCrUZ“ FaSt FOrwardmit der ziemlich üppigen Cock-tailsauce aus mayonnaise und Ketchup hat man im tropischen

mexiko nicht viel am Hut. der Shrimps-Cocktail Veracruz ist wesentlich leichter und frischer. im Schnelldurchlauf: Shrimps kochen, mit Knoblauch, Jung-zwiebeln, Chili, Olivenöl und Limettensaft marinieren; toma-ten pürieren, avocados würfeln und Koriander hacken; alles mit Chilisauce vermischen. Fertig.

Shrimps-Cocktail: der Grund für die Schlange vor Veracruz’ Straßenhändlern

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6. Mai – 31. august, landesweit

Red Bull DIYDas Kürzel DIY im Skater-Vokabular steht für «Do it yourself» – oder für den durchaus gängigen Brauch, sich seinen Skate-Spot mit Zement selbst zu bauen. Nun sucht Red Bull DIY die besten «Architekten» unter den Schweizer Skatern. Wie man mitmacht? Ganz einfach: a) geeignete Location – etwa Industriefläche, Parkplatz oder indoor – suchen, b) in einem der Event-Partnershops kostenlos einen Zementsack abholen, c) den DIY-Spot bis Ende Juli bauen und d) ihn auf der sk8map-App verfügbar machen. Die fünf besten Spots werden im August von einer Jury beskatet, die danach die Sieger-Baumeister kürt. Letzteren winkt als Belohnung eine Reise nach Kalifornien. Genaue Infos und Partnershops auf: www.redbull.ch/diy

Mai 2013

Save the Date

Bis 1. septeMBer, schaulager, Basel

Steve McQueen1999 erhielt Steve McQueen für seine Fotografien den Turner-Preis, seine Filme «Hunger» (2008) und «Shame» (2011) machten ihn über die Kunstszene hinaus bekannt. Nun zeigt das Schaulager die bis-lang grösste Ausstellung des britischen Künstlers, dessen Werke im Wechsel zwischen Erzählung und politisch-kritischer Dokumentation den Betrachter herausfordern. «Ich will, dass die Menschen die Normen hinterfragen», sagt McQueen. Zu sehen sind über 20 Videos, Fotos, Installationen sowie selten zuvor gezeigte Werke des 43-Jährigen.www.schaulager.org

30. Mai – 2. Juni, erzBerg, Österreich

ErzbergrodeoDas Erzbergrodeo gilt weltweit als ultimative Hard-Enduro-Veranstaltung. Ein Indikator: 2012 sahen von 500 Startern, die sich via Prolog für den Königsbewerb, das Red Bull Hare Scramble, qualifiziert hatten, gerade einmal sieben das Ziel. Titelverteidiger 2013 ist Jonny Walker. Der Brite hatte letztes Jahr die 20 Checkpoints mit den furchteinflössenden Namen à la Devil’s Kitchen oder Hell’s Exit am schnellsten passiert. www.erzbergrodeo.at

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In nur fünf Jahren hat sich das kleine Aarauer hip-hop-festival zu einer festen Grösse in der Schweizer open-Air-Landschaft entwickelt: Brachte man bei der Premiere 2009 noch weniger namhafte Künstler auf die Bühne, wartet man 2013 mit einem erlesenen Line-up auf. Rap-Ikone Redman wird als headliner den fans auf dem grossteils überdachten fes-tivalgelände Dampf machen, zu ihm gesellen sich neben anderen die Rap-Legenden Lords of the underground und der deutsche Shooting-Star

megaloh. Liebhaber des schweizer-deutschen Sprechgesangs kommen zudem bei Gigs nationaler Grössen wie Pyro, Vokabularphysik oder chilli mari voll auf ihre Kosten. www.hoodlookgood.ch

11. Mai, pferderennBahn, aarau

Make the Hood Look Good

Raue Töne von Redman in Aarau

Wer kürt sich zum besten Breakdancer des Landes? 16 B-Boys werden die Fans in der Zürcher Här-terei mit Powermoves, Spins und Freezes in Atem halten – und in packenden Tanz-Duellen im K.-o.-System den Sieger er-mitteln. Dieser löst das Ticket für das Red Bull BC One-Europa-finale. Mit am Start: Yu-Seng, Schweizer Champion von 2012. Der Eintritt kostet CHF 15.www.redbull.ch/BCone

2. Juni, härterei cluB, zürich

Red Bull BC One Cypher Schweiz

B-Boy-Battle in

Zürich

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Sie finden ServusTV mit dem Red Bull TV-Fenster nicht auf Ihrem Fernsehgerät? Rat und Hilfe zum Nulltarif unter 0800 100 30 70So sind Sie im Bild

Sonntag, 12. Mai, 17.00 Uhr

Bullit – Valencia in FlammenAlljährlich basteln die Bewohner Valencias farben-frohe Statuen – um sie anschließend im Rahmen des Fallas genannten Frühlingsfests abzubrennen.

Sonntag, 19. Mai, 23.25 Uhr

Bon Jovi – Live on StageUm ihr neues Album „What About Now“ feierlich vorzustellen, luden Bon Jovi 350 Fans zu einem exklusiven Privatkonzert. ServusTV war mit dabei.

SaMStag, 25. Mai, 12.00 Uhr

Red Bull X-Fighters: USADie weltbesten Freestyle-Motocrosser machen Halt im kalifornischen Glen Helen, wo Lokalmatador Todd Potter seinen Vorjahressieg verteidigen will.

Das Red Bull TV-Fenster bei ServusTV: Jede Menge Action auf Ihrem Bildschirm.

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www.servustv.com

Mittwoch, 29. Mai, 21.15 Uhr

Das Wunder am Mount Everest2006 geht für den australier lincoln Hall ein traum in erfüllung: der erfahrene Bergsteiger erreicht den gipfel des Mount everest – woran er 22 jahre zuvor noch gescheitert war. Beim darauf folgenden abstieg bricht Hall plötzlich zusammen, wird von den sherpas, die ihn begleiten, für tot gehalten und zurückgelassen. am nächs-ten Morgen findet ihn eine gruppe Bergsteiger im schnee – lebendig.

SaMStag, 25. Mai, 11.30 Uhr

UCI Mountain Bike World Cup 2013Kraft, ausdauer und siegeswille sind grundvoraussetzungen für den erfolg in der Mountainbike-disziplin cross country. der startschuss für die diesjährige weltcup-saison fällt in albstadt (Baden-württemberg), wo die ersten sieger im cross country und cross country eliminator ermittelt werden. natürlich auch mit am start: die tirolerin lisi osl (Bild), die sich 2013 zumindest unter die top ten kämpfen will.

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Must-haves!

1 Vans authentic (naVy) Der erste Vans-Schuh wurde im Jahr 1966 unter dem Namen #44 Deck Shoe verkauft. Heute ist dieser Vans-Klassiker besser bekannt als Authentic.Verkaufspreis: CHF 85.– www.vans.ch

2 Red Bull ZeRo caloRies energie und Flügel gefällig? Red Bull Zero calories verleiht beides und verzichtet dabei auf Zucker, Kalorien und Kohlenhydrate. Wie der originale Red Bull energy drink belebt auch Red Bull Zero calories Körper und Geist und sorgt für einen energieschub. Red Bull Zero calories ist per sofort in der 250-ml-dose ab chF 1.70 im schweizer handel erhältlich.www.redbull.ch/zerocalories

3 PRo-tec classic sKate indePendent

Das Original von Protec aus den 70ern in Kollaboration mit dem Independent Label. Aussenschale mit High-Impact-ABS.Verkaufspreis: CHF 79.–www.pro-tec.net

4 ReeF leatheR FanninGLedersandalen mit anatomisch geformtem Fussbett und einem dämpfenden Fersen-Luft-kissen. Neben dem Tragekomfort verfügt der Fanning über einen praktischen Flaschen-öffner in der Aussensohle.Verkaufspreis: CHF 79.–www.reef.com

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Christian Ankowitsch, 53, ist ein öster­reichischer Journalist, Schriftsteller und Lebenshelfer. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

Wie gut mein Zeugnis wurde, entschied sich bereits in der allerersten unterrichts-minute jedes neuen

schuljahres. Davon war ich felsenfest überzeugt. Wenn ich da nicht aufpasste, wäre das Jahr gelaufen, gegessen, ver-geigt, versemmelt, verbaselt, versägt, verhaut und versaut. in dieser allerersten schulminute entschied sich nämlich regelmäßig, wo ich das Jahr über sitzen sollte, denn vergeben wurden unsere Plätze nach dem „First come, first serve“-Prinzip: Wer früh genug da war, konnte sich aussuchen, wo er sitzen wollte. und ich wusste genau, wo: am Fenster in der vierten reihe!

Hätte mich damals jemand gefragt, warum mir kein trick zu mies war, um genau diesen Platz zu ergattern, hätte ich darauf geantwortet: Da sieht mich keiner! Heute weiß ich, dass ich damals aus dem bauch heraus den ernst meiner lage erkannt hatte. Denn seit Jahren mehren sich die beweise, dass unsere schulischen und beruflichen triumphe bzw. unsere niederlagen weniger davon abhängen, ob wir wissen, wie man in einem term Variable faktorisiert, sondern vielmehr vom umstand, wo wir im unterricht sitzen und wann wir bei Prüfungen dran-kommen.

so hat sich bereits vor über dreißig Jahren erstmals angedeutet, dass zwischen den noten von studenten und deren sitz-plätzen ein enger Zusammenhang besteht. Dass ich das erst heute mitbekomme, hat damit zu tun, dass ich mich mit meiner Platzwahl (vierte Fensterreihe) ins päd-agogische nirwana manövriert hatte. ich hätte besser in der ersten reihe gesessen. Dort vorne nämlich schneiden studenten am besten ab; sitzen sie hinten, am schlechtesten; und lümmeln sie mittig herum, medioker. und zwar auch dann,

Wie erfolgreich wir sind, hängt nicht nur in der Schule davon ab, wo wir sitzen und

wann wir drankommen.

Ankowitschs Kolumne belebt Körper und Geist

wenn nicht die studenten ihre Plätze wählten, sondern die Professoren sie will-kürlich platzierten; es ist also nachweis-lich der sitzplatz, der unseren erfolg mitbestimmt.

Die gründe dafür sind mannigfach: Vorn sehen und hören wir besser, vorn sieht uns der lehrer in die augen, vorn melden wir uns mit Fragen und bemer-kungen, weil sich kein Mitschüler um-drehen und uns kuhäugig anstarren kann: Du streber! Das erklärt auch, warum auf eltern abenden ständig darüber debattiert wird, welche Kinder um- oder weggesetzt

werden sollen, ob die sitz-Karten nie, täg-lich oder wöchentlich neu gemischt wer-den sollten etc. Die eltern ahnen, dass es um die Wurst respektive das Zeugnis ihrer Johanns und Marlenes geht. und werden grundsätzlich. Zu recht.

auch unsere Chancen, einen Job bzw. studienplatz zu bekommen, hängen weniger von unserer Klugheit ab als davon, wann wir beim Vorstellungsgespräch an die reihe kommen. Das hat eine aktuelle studie ergeben, für die der Psychologe uri simonsohn von der university of Penn-sylvania und die betriebswirtin Francesca gino von der Harvard business school über zehn Jahre lang 9300 aufnahme-gespräche für einen studienplatz aus-werteten. Das resultat: Die beurteilung eines bewerbers richtet sich danach, wie die vorhergehenden gewirkt haben.

Das heißt: Waren vormittags schon zwei Hochbegabte dran, hatte der dritte Hochbegabte keine Chance mehr. so nach dem (unbewussten) Motto: irgendwann muss doch ein Doofer kommen! Die beiden Wissenschaftler knüpfen an ihre erkenntnis eine überaus schlimme Ver-mutung: was, wenn dieser Mechanismus auch bei gerichtsurteilen, Kreditvergaben und der beurteilung von schularbeiten wirkt? Die später Kommenden also benachteiligt …

Was diese Kolumne betrifft, brauchen sie freilich keine sorge zu haben: Hier sitzen alle leser gewissermaßen in der ersten reihe. und: sie dürfen jederzeit die Hand heben und Fragen stellen, denn der einzige, der hier kuhäugig drein-schaut, bin ich – und das auch nur, weil ich zum ende kommen muss.

Die nächste AusgAbe Des ReD bulletin eRscheint Am 4. juni 2013.

THE RED BULLETIN Schweiz: Herausgeber und Verleger Red Bull Media House GmbH General Manager Wolfgang Winter Verlagsleitung Franz Renkin Chefredakteur Robert Sperl Creative Director Erik Turek Art Director Kasimir Reimann Fotodirektion Fritz Schuster Chefin vom Dienst Marion Wildmann Redaktion Alexander Macheck (Stv. Chefredakteur), Werner Jessner (Leitender Redakteur), Ulrich Corazza, Florian Obkircher, Arek Piatek, Andreas Rottenschlager Mitarbeiter Stefan Wagner Grafik Martina de Carvalho-Hutter, Silvia Druml, Kevin Goll, Carita Najewitz, Esther Straganz Fotoredaktion Ellen Haas, Catherine Shaw, Rudi Übelhör Senior Illustrator Dietmar

Kainrath Autor Christian Ankowitsch Illustratoren Albert Exergian, Mandy Fischer Corporate Publishing Boro Petric (Ltg.); Christoph Rietner (CR); Dominik Uhl (AD); Markus Kucera (FD); Lisa Blazek (Red.); Christian Graf-Simpson, Daniel Kudernatsch (App) Lektorat Hans Fleißner Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Karsten Lehmann, Josef Mühlbacher Herstellung Michael Bergmeister Produktion Wolfgang Stecher (Ltg.), Walter Sádaba Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Finanzen Siegmar Hofstetter, Simone Mihalits Marketing & Country Management Barbara Kaiser (Ltg.), Stefan Ebner, Nicole Glaser, Johanna Jenewein, Klaus Pleninger, Elisabeth Salcher, Lukas Scharmbacher, Peter Schiffer, Julia Schweikhardt, Sara Varming Anzeigenverkauf Alfred Vrej Minassian (Ltg.), Thomas Hutterer, Romana Müller, Martin Olesch; [email protected] Anzeigendisposition Sabrina Schneider O∞ce Management Manuela Geßlbauer, Anna Jankovic IT Michael Thaler Firmensitz Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Sitz der Redaktion Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-28800 Fax +43 1 90221-28809 Kontakt [email protected] Web www.redbulletin.com Erscheinungsweise Das Red Bulletin erscheint monatlich als Eigenbeilage von und in Kooperation mit folgenden Partnerzeitungen – in Österreich: Kleine Zeitung, Kurier, Die Presse, Salzburger Nachrichten, Der Standard, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten. Deutschland: Leipziger Volkszeitung und Vertrieb an Hochschulen (CAMPUSdirekt Deutschland GmbH). Irland: The Irish Times. Frankreich: L’Équipe. Großbritannien, Neuseeland, Nordirland, Schweiz und Südafrika: alternativer Vertrieb. Kuwait: Kuwait Times. Mexiko: Milenio Diario. In den USA: New York Daily News, Chicago Tribune, LA Times, Houston Chronicle. Leserbriefe bitte an [email protected]

Erster sein!

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Das Magazin abseits Des alltäglichen / Mai 2013

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Page 100: The Red Bulletin May 2013 - CH

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