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The Orange Audio Thorsten Fennel

The Orange Audioöhrenverstärker-als... · Selbstbau-Magazins „Costruire HiFi“ ist er gewissermaßen Kollege und jemand, dessen Publikationen ich sehr schätze, sofern mir das

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  • The Orange Audio Thorsten Fennel

  • 14 Test: Lautsprecher Albedo Acclara

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  • Lautsprecher 15

    Nr_1-2020

    Die beiden Herren jedenfalls sind ob ihrer Leidenschaft für originalgetreu reprodu-zierende Dinge schon lange gemeinsam tätig, ihren ersten gemeinsam entwickelten Lautsprecher gab‘s schon 1995 zu kaufen. Albedo, die aktuelle Unternehmung der beiden Herren, gibt‘s seit 2008 und fertigt Lautsprecher mit höchsten Ansprüchen, die sich durch diverse technische Beson-derheiten auszeichnen. Trotz allen italie-nischen Flairs, den die Lautsprecher von Albedo ohne Zweifel verströmen, fußen die Entwicklungen auf unerschütterlichen physikalischen Grundlagen. Hier wird si-muliert, probeaufgebaut und gemessen. Tatsächlich geben sich die Herren recht freimütig bezüglich dessen, was sie bei ih-ren umfangreichen Grundlagenarbeiten zum Thema Lautsprecher herausgefunden haben, verbunden mit der Erkenntnis, dass es keinen eindeutig richtigen Weg zum op-timalen Ergebnis gibt. Wohl aber Strate-gien, die man für sich als richtig erkannt und die man mit aller nur erdenklichen Konsequenz umgesetzt hat. Im Wesent-lichen sind es drei Punkte, die Albedo sich ganz oben auf die Fahne geschrieben hat: Erstens gilt es unbedingt, einen möglichst linearen akustischen Phasenverlauf über das gesamte Hörspektrum zu realisieren. Zweitens soll die Basswiedergabe über eine akustisch korrigierte Transmissionline erfolgen und drittens erachtet man eine

    An dieser Stelle dürften Freunde italienischer Gestaltungs- und Verarbeitungstradition voll auf ihre Kosten kommen: Mit Albedo betritt ein bei uns bislang weitgehend unbekannter Hersteller internationales Terrain

    Wenn schon, denn schon

    Anlage

    Plattenspieler:• Clearaudio Master Innovation

    Tonabnehmer:• Accuphase AC-6

    Phonovorstufen:• D‘Agostino Momentum

    Vorstufe:• Accuphase C-2450

    Endstufen:• Accuphase A-48

    Mit einem Gardemaß von gut einem Meter vierzig zählt die Acclara von Albedo ganz eindeutig zur Abteilung „groß“ im Lautsprecherzoo. Und mit einem Listenpaarpreis von 49.500 Euro eindeutig zum Luxussegment. Und doch gibt‘s im sechs Modelle umfassenden Port-folio des an der italienischen Ostküste, un-weit von Rimini angesiedelten Herstellers noch zwei deutlich größere Kaliber, was in Anbetracht des schon bei der Acclara getriebenen Aufwandes kaum vorstellbar erscheint. Das hier sind nämlich 134 Kilo-gramm Lautsprecherbaukunst vom Aller-feinsten. Netto und pro Seite, versteht sich.Wer tut so was in der heutigen Zeit? Zwei Herren, die schon ziemlich lange in Diensten des guten Klangs unterwegs und entsprechend beleumdet sind: Guiseppe Pu-cacco ist Physiker an der Universität in Rom und beschäftigt sich von Berufs wegen mit der Materie, tatsächlich hat er sich inten-siv mit dem Verhalten von Lautsprechern nach dem Transmissionline-Prinzip aus-einandergesetzt und das erste verlässliche Simulationswerkzeug dafür entwickelt. Bei Massimo Costa zeigt sich mal wieder, dass die Welt ein Dorf ist: Als Chefredakteur des Selbstbau-Magazins „Costruire HiFi“ ist er gewissermaßen Kollege und jemand, dessen Publikationen ich sehr schätze, sofern mir das bei praktisch nicht existenten Italie-nischkenntnissen möglich ist.

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  • Sicherlich einer der extremsten Tieftöner, die der Markt derzeit zu bieten hat: einer der drei „Cell“-Bässe von Accuton

    16 Test: Lautsprecher Albedo Acclara

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    MusikDire Straits

    S/T (MFSL 45)

    Tsuyoshi Yamamoto TrioMisty

    Steely DanAja

    The Clouds Will ClearRecollection of What Never Was

    Electric MoonLive in Kosmos

    Dir

    e St

    rait

    s –

    S/T

    (MFS

    L 45

    )

    maximal steife Kopplung aller mechanisch wirksamen Komponenten für essenziell.Was heißt das in der Praxis?Einen linearen Phasengang erreichen die Italiener damit, dass sie die fünf Lautspre-cherchassis der Box so anordnen, dass ihre akustischen Zentren in einer Ebene liegen. Das erreichen sie zum einen mit einer leicht nach hinten geneigten Schallwand und zum anderen mit dem dem Einsatz solcher Treiber, die diesen „Abgleich“ ohne einen aufwendigen Tiefenversatz ermöglichen. Die topaktuelle „Cell“-Baureihe des deut-schen Lieferanten Accuton ist genau dafür konzipiert, weshalb die Acclara komplett mit diesen Preziosen bestückt ist. Die ul-traleichten und steifen, im Falle der Tieftö-ner mit einer Aluminium-Wabenstruktur verstärkten Membranen kommen zudem dem Ideal eines rein kolbenförmig schwin-genden Strahlers ziemlich nahe, gelten aber als schwierig in den Griff zu bekommen. Die Acclara benimmt sich vor dem Mikro-fon praktisch mustergültig, sodass wir den Italienern schon vor dem Vernehmen des ersten Tons ein Kompliment machen müs-sen – das kann nicht einfach gewesen sein.Die Acclara arbeitet als Dreiwegesystem.

    Will sagen: Die drei Sechseinhalbzoll-Tieftöner mit den charakteristischen kon-vex geformten Membranen arbeiten par-allel und auf ein und dasselbe Gehäuse. Zumindest fast, tatsächlich wurden hier nämlich zwei gleich lange, sich konisch zum Schallaustritt auf der Rückseite hin verjüngende Transmissionlines realisiert. Wir erinnern uns: Die Transmissionline ist prinzipiell ein langes Rohr, in dem die Luftsäule bei bestimmten Frequenzen vom rückwärtigen Schallanteil des oder der Tieftöner(s) zum Mitschwingen angeregt wird. Bei korrekter Auslegung addieren sich diese Schallabteile konstruktiv zu dem, was die Membran nach vorne abstrahlt. Resultat: Bass. Deutlich tiefer als das, was man mit anderen Gehäusen hinbekäme. Da die Transmissionline von Hause aus eine gut funktionierende, aber keine be-sonders lineare Angelegenheit ist, ersan-nen die Italiener einen Kunstgriff, um den resultierenden Frequenzgang zu begradi-gen: Genau auf eine „Problemfrequenz“ abgestimmte Helmholtz-Resonatoren bedämpfen das, was des Guten zu viel ist, auf rein akustischem Wege. Helmholtz-Resonatoren sind nichts anderes als genau defi nierte Volumina mit einer exakt be-rechneten Öffnung.Bleibt die effektive mechanische Kopplung aller wesentlichen Komponenten. Das be-ginnt bei der absolut beeindruckenden Gehäusekonstruktion. 40 bis 50 Millime-ter Materialstärke sind ein Wort, doch da-mit nicht genug: Links und rechts auf den Seitenwänden sind massive Stahlplatten mittels schwerer Verschraubungen gegen-einander verspannt, die dem Gehäuse auch die letzte Schwingneigung austreiben. Das Resultat ist ein akustisch so totes Gehäu-se, wie es das vielleicht noch bei einigen Steinkonstruktionen gibt, sonst aber nicht.

    Hochwertige Furutech-Terminals in Bi-Wiring-Ausführung sind für den Anschluss der Lautsprecherkabel zuständig

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  • Lautsprecher 17

    Nr_1-2020

    derhaut geschlagen. Die Front des Acclara ist zudem großzügig profi liert, will sagen: breite Fasen neben den Lautsprecherchas-sis machen das Ganze nicht nur optisch, sondern auch akustisch stromlinienför-mig.Die Rückwand wird von senkrecht profi -lierten Gittern gebildet, die die ungefähr auf Kniehöhe angeordneten Öffnungen der beiden akustischen Leitungen perfekt kaschieren. Ganz unten ist das Anschluss-terminal angeordnet. Zwei Paar exzellenter Furutech-Terminals sind für die Signalzu-fuhr zuständig. Gute Kabelbrücken für die Bi-Wirig-Anordnung gehören natürlich zum Lieferumfang des Lautsprechers.Bei der erfreulich wenig kritischen Aufstel-lung der schweren Albedos haben sich die mitgelieferten Transportrollen als extrem hilfreich erwiesen: Auf Spikes sind die Bo-xen kaum sinnvoll manövrierbar. Ist die optimale Position gefunden, sollte man nicht der Versuchung erliegen, die Rollen an Ort und Stelle zu belassen: Der klang-liche Zugewinn nach dem Umbau auf die Spikes ist erstaunlich gut nachvollziehbar: Auf Rollen klingt die Acclara merklich we-niger explosiv.Weil ich mich rezensionsbedingt gerade mit den MFSL-Neuaufl agen dreier klas-sischer Dire-Straits-Alben auseinanderzu-setzen hatte, wanderte zuerst der mit 45 Umdrehungen geschnittene Erstling der Briten auf den Teller – und ja, den „Sul-tans of Swing“ sollte der erste Durchgang gegönnt sein. Das ist ein großer Lautspre-

    Der berüchtigte Knöchelklopftest fördert fast nichts zutage, noch nicht einmal ein trockenes „Tock“. Sehr beeindruckend. Die Cell-Treiber werden über eine trickreiche Spannkonstruktion rundherum in ihre Einbauöffnungen gepresst, was eine beson-ders effektive Kopplung an die Schallwand darstellt. Einmal in die Wände eingeleitete Schwingungen schaffen es vielleicht noch bis zur dicken massiven Aluminium-Fuß-platte der Box, um dann von kaum we-niger beeindruckenden Metallauslegern über Spikes an den Hörraumboden über-antwortet zu werden. Viel mehr Aufwand kann man in diesem Zusammenhang nicht mehr treiben.Dass das Ganze nicht wie eine seelenlose Hightech-Angelegenheit aussieht, ist den gelungenen Proportionen der Box und dem Einsatz von typisch italienischen Zu-taten zu verdanken: Nussbaumfurnier und schwarzes, genarbtes Leder. Ersteres ziert die Seitenteile, alles andere inklusive der Stahlplatten ist in feinst verarbeitete Rin-

    Die Keramikmembran der Tieftöner wird von einer Aluminium-Wabenstruktur stabilisiert

    Charakteristisches Merkmal der Bässe sind ihre konvexen Membranen

    Trotz 134 Kilogramm Gewicht und 140 cm Höhe eine absolut gelungene Erscheinung: die Albedo Acclara

    Die Öffnungen der beiden Trans-missionlines verbergen sich hinter dem Gitter auf der Rückseite

    Die drei Bässe arbeiten parallel und sorgen für mächtig Schub untenherum

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  • Der Frequenzgangschrieb der Albedo offenbart weitgehende Linearität, von einer merklichen Überhöhung im Bereich um 60 Hertz abgesehen. Das Rundstrahlverhalten ist vorbildlich, der Wirkungsgrad der Vier-Ohm-Box liegt bei 85 Dezibel. Das Klirrverhalten ist ausgezeichnet, auch bei lauten 95 Dezibel verzerrt die Box extrem wenig.

    18 Test: Lautsprecher Albedo Acclara

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    cher und so klingt er auch. Zuallererst ma-chen die tiefen Lagen klar, dass wir es hier keinesfalls mit einer anämisch klingenden Konstruktion zu tun haben – es schiebt

    ordentlich im Frequenzkeller. Die Dire Straits swingen im schönsten runden und war-men Siebziger-Sound. Aber es ist nicht die schiere Fülle, die hier die Aufmerksamkeit für sich beansprucht, sondern die Mühelosigkeit, mit der Start- und Stopp-Prozeduren darge-stellt werden: Anrisse der Bass-saiten kommen bei aller Wucht völlig ansatzlos. Und was bereits jetzt auffällt: Ich höre keine Laut-sprecher, hier steht einfach Musik im Raum.Vor dem Hörtest war ich etwas in Sorge, dass die Bauhöhe der Box mit der Platzierung des Hochtö-ners weit oben möglicherweise die Abbildung zu weit hochschiebt, dem ist in der Praxis aber defi nitiv nicht so: Mark Knopfl ers Stimme tönt präzise auf Ohrhöhe, da gehört sie hin. Auch perkussives Material rutscht nicht merklich weiter hinauf,

    die Addition der Schallanteile funktioniert hier offensicht-

    lich sehr gut.Fordern wir die Acclara mal

    mit betont „fi esem“ Material: „Misty“ vom Tsuyoshi Yamamoto Trio ist eine ex-trem anspruchsvoll zu reproduzierende Jazz-Einspielung des berüchtigten Labels „Three Blind Mice“ aus dem Jahre 1974, meine 45er-Version stammt aus dem Jahre 2004. Die knüppelharten Klavieranschläge klingen auf einem Großteil aller Lautspre-cher ziemlich unerträglich – hier nicht. Die Acclara wahrt die Balance zwischen

    energetischer Hochleistung und Stress-freiheit absolut mustergültig, hier machen sich die hochpräzise arbeitenden Keramik-membranen eindeutig bezahlt. Das Kla-vier perlt bei aller Energie wunderbar ent-spannt und steht großartig frei halblinks im Raum, genau da gehört‘s hin. Auch Bass und Schlagzeug sind bestens lokalisierbar, der hier gebotene Realismus ist schon ein bisschen unheimlich. Wer solchen Dinge in vollen Zügen genießen will, der muss für entsprechenden Antrieb sorgen: Die Acclara ist in Sachen Verstärker kein Kost-verächter. Klar geht‘s auch mit einer Röhre, aber dann bitte kein zarte Single-Ended-Konstruktion. Dieser Lautsprecher will eine starke Hand, eine Accuphase-End-stufe vom Typ A-48 hat sich als genau das richtige Mittel der Wahl erwiesen.

    Wandstärke ist Trumpf: Die Gehäusewände der Acclara sind zwischen 40 und 50 Millimeter dick

    Die Neigung des Lautsprechers hilft beim zeitlichen Abgleich der schall-abstrahlenden Zentren der Treiber

    Albedo Acclara· Paarpreis 49.500 Euro· Vertrieb Orange Audio, Fulda· Telefon 0661 93350800· Internet www.orange-audio.de· Garantie 2 Jahre· B x H x T 27,5 x 140,5 x 65,6 cm· Gewicht 135 kg· Ausführungen Walnuss, schwarzes Leder

    FazitPräszision, Wärme, Wucht – die Acclara ver-eint alle audiophilen Tugenden in beeindru-

    ckendem Maße und schafft zudem das Kunststück, auch große Räume völlig stressfrei mit von den Laut-sprechern losgelöster Mu-sik zu versorgen.

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  • Lautsprecher 19

    Die Front der Acclara ist in feinstes Echtleder gehüllt, die Verarbeitungsqualität herausragend

    Albedo darf als einer der spannendsten Newcomer auf der internationalen Lautsprecherbühne gelten

    Es läuft „Josie“ von Steely Dans „Aja“. Wie-der fällt dieser wunderbare, trotz aller Fülle „schnelle“ Bass auf und hilft bei der Wür-digung der exzellenten Rhythmusarbeit der Herren Becker und Fagen. Perfekt frei-gestellt: Gitarre und Gesangsstimme, wie-derum bleiben die beiden Schall abstrah-lenden Protagonisten dieser Darbietung völlig unhörbar – große Klasse.

    Wieder einmal erweist sich die Accuton‘sche Keramikmembran als Mei-ster der hohen Töne: Kaum ein Hochtöner schafft eine so überzeugende Selbstver-ständlichkeit in der Wiedergabe. Er wedelt einfach nicht mit dem Aufl ösungsstab und wirkt auch nicht ausgesprochen energisch und das ist gut so: Er integriert sich perfekt und klingt so, wie es das Material gerade erfordert.Gewiss, das hier ist kein billiges Vergnügen. Allerdings ist es auch ein überzeugendes Beispiel dafür, wie weit modern konzi-pierte passive Lautsprecher heutzutage ge-kommen sind. Für mich ganz klar eines der Top-Highlights des Lautsprecherjahres!

    Holger Barske

  • hifi& records

    hochwertige Musikwiedergabe

    Das Magazin für

    Sonderdruck Ausgabe 4/2019

    Albedo Aptica II:

    Verführerisch

  • L A U T S P R E C H E R

    Eigentlich stellt sich mir jetzt, nach dem Test der Aptica IIvon Albedo Audio, nur noch eine Frage: Warum ist dieseritalienische Lautsprecher-Hersteller, immerhin schon seit1995 am Markt, bis zum Frühsommer diesen Jahres meiner Auf-

    merksamkeit entgangen? Damals erzählte mir Thorsten Fennel,

    seines Zeichens Vertriebschef von »The Orange Audio« und be-

    stens bewandert in Sachen Elektronik, Lautsprecher und Zubehör,

    dass er den Deutschland-Vertrieb für Albedo Audio übernommen

    hat. Hellhörig machten mich bei seiner Beschreibung dieses Her-

    stellers drei Aspekte: zum einen die lange Unternehmens-Histo-

    rie, dann technische Argumente – Transmissionline und Keramik-

    Chassis – und schließlich die verführerische Ästhetik, welche vom

    kleinsten Lautsprecher Amira bis zum größten, im sechsstelligen

    Preisbereich zu findenden Modell Atesia gegeben ist. Warum hat

    sich für diese Marke bisher kein deutscher Vertrieb gefunden? Die-

    se Frage wird wohl für immer unbeantwortet bleiben.

    Bereits bei ihrer Anlieferung hinterlässt die Aptica Mk 2 einen

    hervorragenden ersten Eindruck: Der Lautsprecher selbst, die ein-

    zeln verpackten Bodenplatten, das Spikeset und die Bedienungs-

    anleitung – das ist alles professionell gemacht. Dieser Eindruck

    setzt sich fort beim Zusammenbau der Aptica, deren Formgebung

    mich an ein Ausrufezeichen erinnert: Präzise und geschmeidig

    lassen sich die Schrauben, die die Verbindung zwischen Boden-

    platte und Lautsprecher herstellen, sowie die vier konterbaren Spi-

    kes eindrehen. Das schräg in Richtung Boden zeigende Single-

    Wiring-Anschlussterminal wird von zwei kleinen Gittern flankiert

    – dahinter verbirgt sich die Öffnung der Transmissionline, die bei

    Albedo Audio eine lange Tradition hat.

    Zu Beginn der 90er-Jahre beschlossen Massimo Costa, damals

    Chefredakteur eines Selbstbaumagazins, und der Physiker Giusep-

    pe Pucacco, ein mathematisches Modell für die Konstruktion von

    Transmissionline-Gehäusen zu entwickeln. Bei diesem Prinzip

    wird der in das Gehäuse abgestrahlte Schall in eine

    Röhre von definierter Länge und Beschaffenheit ge-

    führt. Am Ende der Röhre sollen die frontal abge-

    strahlten Schallwellen mit denen, die durch die

    Transmissionline gelaufen sind, phasengleich ver-

    eint werden. Über die Länge und Beschichtung die-

    ses Kanals kann auf die Abstimmung der Bassver-

    stärkung Einfluss genommen werden.

    Das Entwickler-Duo experimentierte in der Folge

    mit verschiedenen Kanallängen und unterschied-

    lichen Materialien sowie deren Menge. Mit einem

    Clio-Mess-System wurden die Resultate überprüft,

    und dabei stellten die beiden fest, dass es zwischen

    ihrer Theorie und der Praxis teils erhebliche Abwei-

    chungen gab. Die Resonanzen innerhalb der Trans-

    missionline waren das Problem, und die Lösung

    bestand schließlich darin, die Wände mit einem po-

    rösen Material auszukleiden und störende Resonan-

    zen mit Helmholtz-Resonatoren herauszufiltern.

    Was im Bassbereich Wirkung zeigt, soll auch dem

    Hochton zu mehr Linearität verhelfen. Links und

    rechts des Aptica-Hochtöners befinden sich zwei

    mit vielen kleinen Öffnungen versehene Platten.

    Hinter jeder Öffnung befindet sich ein definierter

    Mini-Resonator. Die Entwickler wollen die in Rich-

    tung der Kanten laufende Schallenergie schwächen,

    um negative Beugungseffekte an den Gehäusekan-

    ten zu reduzieren. Öffentlich zugängliche Mess-

    ergebnisse der Italiener zeigen bei Verwendung des

    von ihnen »DSD« getauften Systems einen linea-

    reren Frequenzverlauf des Hochtöners.

    Bei den Chassis handelt es sich um Keramik-Aus-

    führungen des deutschen Herstellers Accuton. In

    einem aufwendigen Fertigungsprozess wird dünne

    Aluminiumfolie oxidiert und in einem Brennvor-

    gang zu einem Korund (Aluminium-Oxid) verwan-

    delt. Im folgenden dreistufigen Brennprozess mit

    Temperaturspitzen von 1.450 Grad entsteht die cha-

    rakteristisch weiße Membran, die per Laser in Form

    geschnitten wird und eine geringe Masse mit hoher

    Steifigkeit vereint. In der Aptica II arbeiten ein 15-

    Zentimeter-Tieftöner und ein 2,5-Zentimeter-Hoch-

    In Albedo Audios Aptica II finden Technik

    und Ästhetik zu einer spannenden Symbiose.

    Kommt der klangliche Reiz noch hinzu?

    Test: Lautsprecher Albedo Audio Aptica II

    Verführerisch4/2019 hifi & records

  • töner, die von der Weiche mit sechs De-

    zibel pro Oktave getrennt werden.

    Während ich mit der Aufstellprozedur

    beginne, richtet sich meine Aufmerk-

    samkeit erneut auf die exzellente Verar-

    beitung. Es sind vor allem die makellose,

    leicht nach hinten geneigte Schallwand

    und die hochwertige Lackierung des

    Gehäuses, welche meine Anerkennung

    finden. Alles andere als Standard und

    alles andere als alltäglich ist auch das,

    was die Italiener hier in puncto Form-

    gebung geschaffen haben.

    Bei den ersten Versuchen, die Apticas

    aufzustellen, werde ich nicht glücklich,

    da stimmt etwas nicht. Auf Nachfrage

    bei Thorsten Fennel stellt sich heraus,

    dass die Italiener mindestens hundert

    Stunden Einspielzeit empfehlen, bevor

    tatsächlich ernsthaft Musik gehört wer-

    den kann. Recht sollten sie behalten,

    denn in Dauerbeschallung ergab sich

    tatsächlich nach jeweils 24 Stunden eine

    nachvollziehbare Entwicklung zum Gu-

    ten. Nach fünf Tagen im Dauerbetrieb

    begann ich dann erneut mit der Aus-

    richtung. Bei allem Verschieben ist ein

    Kriterium sofort und dominant er-

    kennbar: Räumlichkeit. Unter-

    schiedliche Einwinkelungen,

    andere Kabel und auch der

    Wechsel des Verstärkers

    ändern nichts an die-

    ser grundsätzlichen

    Charakteristik.

    So schön die

    Ital ienerin

    auch ist,

    a b e r

    b e i m

    Watt-

    L A U T S P R E C H E R

    Konsum stellt der Wirkungsgrad von

    nur 82 Dezibel eine Hürde dar – sie

    braucht zum Aufspielen einen potenten

    Amp. Einen Vollverstärker wie den Pass

    INT-60 beispielsweise, dessen Anzeige

    mir den niedrigen Wirkungsgrad der

    Aptica II noch vor der entsprechenden

    Rückmeldung aus dem Messlabor ver-

    riet. Schließlich stellte ich noch fest, dass

    das sonst von mir für die Klasse als pas-

    send erachtete HMS-Lautsprecherkabel

    Armonia nicht funktionierte: Es fehlte

    an Lebendigkeit und Frische, die das

    Tyr 2 von Nordost dann auf erfrischende

    Art und Weise ins Klangbild brachte.

    Von dieser Frischzellenkur profitiert

    der amerikanische Singer-Songwriter

    Slaid Cleaves. Sein Song »Below« liefert

    eine kraftvolle Vorwärtsbewegung

    durch akustische Gitarre, Streicher und

    Stimme, und hier gilt: Je besser die An-

    lage aufspielt, desto intensiver ist die

    Wirkung. Aufgrund seiner positiven En-

    ergie sorgt dieser Titel eigentlich immer

    für eine Verbesserung meiner Laune,

    und dies gelingt mit der Aptica II durch

    ihre vor allem in die Tiefe gehende, wun-

    derbare Abbildung der Bühne und ihre

    sich als übergreifendes Charakteristi-

    kum herauskristallisierende krisp-pla-

    stische Gangart.

    Dass sie nicht für Bassorgien gemacht

    ist, sieht man ihrem Gehäuse bereits an.

  • Die wunderschöne Al-

    bedo Audio Aptica II

    bietet eine bemer-

    kenswerte Mischung aus anziehender

    Klangqualität, sorgfältiger Technik und

    zeitloser Ästhetik. Für ihren Antrieb wird

    ein Verstärker mit ein paar Watt unter der

    Haube benötigt, dann steht dem musika-

    lisch-optischen Genuss nichts mehr im

    Wege. Die Zukunftsaussichten dieser für

    mich neuen italienischen Marke sind

    vielversprechend. Olaf Sturm ■

    Fazit

    Eine kluge Entscheidung

    bei der Abstimmung der

    Aptica II war jedoch, ihr

    nicht diesen ansonsten

    gerne mal vorkommen-

    den »Pseudo-Bumms«

    zu verpassen, der zwar

    im ersten Augenblick

    spektakulär wirkt, sich

    aber kurze Zeit später als

    nervig erweist. Doch

    reicht das vorhandene

    Bass-Fundament aus, um

    Musik der schwedischen

    Elektro-Band Covenant

    mit Kontrolle und gleichzeitiger Wucht

    zu reproduzieren? Zur Beantwortung

    dieser Frage komme ich zunächst gar

    nicht, denn meine Aufmerksamkeit

    wird von der Geschwindigkeit gefangen

    genommen, mit der die Rhythmen des

    Drum-Computers durch den Hörraum

    wandern, sowie der grandiosen Stimm-

    abbildung des Sängers Eskil Simons-

    son. Auf die physische Komponente die-

    ser Musik zu verzichten, fällt mir

    angesichts der gebotenen Präzision

    leicht.

    Von dieser Akkuratesse profitiert Jo-

    han Söderkvists Soundtrack zum 2012

    erschienenen Film »Kon-Tiki«. Es ist die

    Geschichte über Thor Heyerdahls 1947

    durchgeführte Expedition, die ihn und

    fünf weitere Männer per selbst gebau-

    tem Floß von Peru aus in 101 Tagen

    7.000 Kilometer durch den Pazifik

    bringt. Kaum vorstellbar, dass heute je-

    mand ein solches Risiko eingehen wür-

    de. So schwankt die Musik zwischen den

    Labor-Report

    Die Albedo Aptica II ist ein ausgewo-gen abgestimmter Lautsprecher, diegemittelte Linearität liegt für das horizon-

    tale Abstrahlverhalten (0/15/30 Grad, für

    300Hz -10kHz) bei sehr guten ±2,0dB

    und ist unter 15 Grad (leicht eingewinkelt)

    mit ±1,8dB am besten – klasse. Im Was-

    serfall zeichnen sich ganz leichte Reso-

    nanzen der harten Hochtöner-Membran

    ab, im Raum gemessen zeigt die Aptica

    keinerlei Betonung im Oberbass und geht

    recht tief. Entsprechend gering ist die

    Empfindlichkeit, die liegt im Mittel bei nur

    82,0dB (2,83V /1m, 500-5.000 Hz). ■

    Frequenzgang horizontal 0°/15°/30°

    Impedanz Albedo Audio Aptica II

    Wasserfall Albedo Audio Aptica II

    Tonale Balance im Raum, auf Achse

    Messabstand 1,0 Meter, 1/1 Oktave

    Minimum: 4,7 Ω @ 178 Hz

    großen Gefühlen Angst und Zuversicht,

    zwischen Hoffnung und Aufgabe und

    entführt in dieser Qualität den Hörer

    direkt in die Welt dieses Abenteuers.

    Den Streifen muss ich mir gar nicht

    anschauen, denn die Musik führt dazu,

    dass ich meinen eigenen Film schaffe.

    Wenn sich Rickie Lee Jones auf ihrem

    jüngsten Album »Kicks« um die »Mori-

    tat von Mackie Messer« (»Mack The

    Knife«) kümmert, entsteht ein filigra-

    nes akustisches Gemälde, das ich un-

    übertrefflich finde. Bereits fasziniert

    von der Natürlichkeit der Klangfarben

    und der klaren Abbildung ihrer Stim-

    me, wird mir spätestens mit dem Ein-

    setzen des Fingerschnippens klar, wie

    gut der Aptica II die glaubhafte Abbil-

    dung gelingt. Hinzu kommt, dass die

    Italienerin keinen Hang zu Übertrei-

    bungen hat. Ich kann mit ihr folglich

    Musik hören, so lange ich möchte – sie

    gibt keinen Anlass, ermüdet oder gar

    genervt aufzugeben.

    Albedo Audio

    Aptica II

    BxHxT 26 x 101 x 19 cm

    Garantie 5 Jahre

    Preis 9.990 Euro

    Vertrieb The Orange Audio

    Bahnhofstraße 27

    36037 Fulda

    Telefon 0661 -93350800

    Sorgfalt im Detail: oben die toll verarbeiteten Spikes

    der Aptica, links die Chassis-Bestückung und die klei-

    nen Resonatoren auf beiden Seiten der Kalotte.

    © monomedia Verlag, Schwabstraße 4, D-71106 Magstadt, Telefon 07159 / 949853, Fax 949530, www.monomedia.de

    hifi & records erscheint viermal jährlich, Jahres-Abonnement Inland v 46, Ausland v 56 4/2019 hifi & records

    L A U T S P R E C H E R

  • The Orange Audio Thorsten Fennel

    Frankfurter Strasse 23b36043 [email protected]: 01715387393