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Research Collection Doctoral Thesis Über die fraktionierte Destillation im Laboratorium, mit einigen Anwendungen aus dem Gebiete der Zwischenprodukte Author(s): Stähelin, Friedrich Rudolf Publication Date: 1937 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000099684 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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  • Research Collection

    Doctoral Thesis

    Über die fraktionierte Destillation im Laboratorium, mit einigenAnwendungen aus dem Gebiete der Zwischenprodukte

    Author(s): Stähelin, Friedrich Rudolf

    Publication Date: 1937

    Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000099684

    Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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    https://doi.org/10.3929/ethz-a-000099684http://rightsstatements.org/page/InC-NC/1.0/https://www.research-collection.ethz.chhttps://www.research-collection.ethz.ch/terms-of-use

  • Diss. E T H \ ^'U J>

    Über die Fraktionierte Destillation

    im Laboratorium, mit einigen Anwendungen

    aus dem Gebiete der Zwischenprodukte

    Von der

    Kidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich

    zur Erlangung der Würde eines Doktors der technischen

    Wissenschaften genehmigte Promotionsarbeit

    vorgelegt von

    Referent: Herr Prof. Dr. H. E. Fierz

    Korreferent: Herr Prof. Dr. L. Ruzicka

    ETHICS ETH-BIB

    00100004134167

    Karl Werner, Buchdruckerei in Basel • 1937

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  • Meinen lieben Eltern

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  • Meinem hochverehrten Lehrer,

    Herrn Prof. Dr. H. E. Fierz= David

    möchte ich für sein stets reges Interesse und die wertvollenRat¬

    schläge, mit denen er mich bei der Ausführung der vorliegenden

    Arbeit unterstützte, den wärmsten Dank aussprechen.

  • Inhaltsübersicht

    Seite

    Einleitung 7—8

    Theoretisdie Grundlagen der Destillation 9

    Das Gleidigewidit von Flüssigkeit und Dampfund seine kinetische Deutung 10

    Ideale Lösung 11

    Die Bestandteile sind nidit ineinander löslidi 12

    Allgemeinere Fälle 13

    Theorie der frakt Destillation und ihre Anwendung auf den Bauder Kolonnen und deren Bedienung 16

    Ermittlung der theoretischen Bodenzahl 18

    Versdiiedene Typen von Fraktionierkolonnen 21

    Die einzelnen Elemente der Benetzungskolonnen 22

    Besdireibung der für das Laboratorium geeigneten Apparate ... 29

    Praktischer Teil: Trennungen 31

    Aethylalkohol-Wasser 31

    Essigsäure-Wasser 32

    Entwässerung von Aethylalkohol durdi Zusatz von Benzol ... 34

    Anwendungen der frakt. Destillation bei der präparativenDarstellung von Zwischenprodukten 39

    o= und p=NitrodhlorbenzoI 39

    m-Chlornitrobenzol 45

    Quantitative Ermittlung der entstehenden Nebenprodukte ... 51

    Chlorbenzol 56

    Zusammenfassung 62

  • 7

    Einleitung.

    Man kann immer wieder und auf allen Wissensgebieten die

    Beobachtung machen, daß es oft unverhältnismäßig lange geht, bis

    die durch wissenschaftliche Forschung errungenen Erkenntnisse in

    der Praxis fruchtbringende Verwendung finden.

    Ein besonders deutliches Beispiel hiefür stellt die Anwendungder fraktionierten Destillation im Laboratorium, speziell im organi¬schen Laboratorium dar, wo oft noch mit von der Theorie längst

    überholten, unzureichenden Hilfsmitteln gearbeitet wird und nur mit

    einem gewissen Widerwillen an das Arbeiten mit modernen, hoch-

    wirksamen Apparaten herangegangen wird. Diese Abneigung ist

    zum Teil berechtigt und findet ihre Begründung in der Tatsache,daß die auf Grund neuerer Forschungsergebnisse gebauten Kolon¬

    nen für den universellen Gebrauch im Laboratorium im allgemeinenviel zu kompliziert sind und an die Bedienung zu große Ansprüchestellen. Die raffiniert konstruierten Apparaturen kommen tatsäch¬

    lich bis an die Grenze des theoretisch Erreichbaren, doch ist ihr

    Aufbau, speziell die Isolation, recht kostspielig und ihre Bereit¬

    stellung nimmt zu viel Zeit in Anspruch. Außerdem müssen sie

    sehr genau reguliert werden, was besonders bei der Fraktionierungunbekannter Substanzgemische oft ziemlich schwierig ist und nur bei

    großer Übung und Erfahrung im Destillieren sofort mit genügender

    Annäherung durchgeführt werden kann. Solche Apparate eignensich deshalb sehr gut zur Ausführung wissenschaftlicher Unter¬

    suchungen, wo Serienversuche mit ein und demselben oder doch sehr

    ähnlichem Gemisch gemacht werden. Sie sind jedoch für die Aus¬

    führung von Praktikumsarbeiten, wo rasche Reinigung und Bereit¬

    stellung der Apparatur für neue Aufgaben verlangt wird, zu um¬

    ständlich im Gebrauch und werden sich nicht als Universalinstru¬

    mente einführen.

  • 8

    Wenn ich bei meinen Versuchen nicht mit solchen, bis an die

    Grenze der theoretisch möglichen Trennschärfe reichenden Säulen

    gearbeitet habe, bin ich mir wohl bewußt, daß ich so nicht die

    absolut beste Trennwirkung erzielen konnte. Das soll ja auch nicht

    die Aufgabe der vorliegenden Arbeit sein; denn hierüber liegenschon zahlreiche ausgezeichnete Veröffentlichungen vor. Ich habe mir

    vielmehr vorgenommen, auf Grund des neuesten Standes der Theorie

    über die fraktionierte Destillation, den Bau wirklich universell ver¬

    wendbarer Kolonnen zu studieren und anhand einiger praktischer

    Beispiele die Möglichkeiten und Grenzen der fraktionierten Destil¬

    lation als Methode des präparativen Arbeitens und der Analyse im

    organisch-technischen Laboratorium zu untersuchen. Es soll gezeigtwerden, daß die fraktionierte Destillation im Laboratorium noch viel

    zu wenig Anwendung findet. Sie ist eine sehr bequeme Art der

    Trennung und stellt in vielen Fällen, speziell bei der Zerlegungvon Isomeren-Gemischen, wo die sonst angewendeten Methoden oft

    ganz versagen, den einzig gangbaren Weg dar. Zudem bereitet sie

    beim Gebrauch der richtigen Apparate keine besonderen Schwierig¬keiten und führt meist verhältnismäßig rasch zum Ziele.

  • 9

    Theoretische Grundlagen der Destillation.

    Um entscheiden zu können, ob eine gestellte Aufgabe mit Hilfevon Destillation, eventuell fraktionierter Destillation, gelöst werdenkann und wie dieselbe am besten durchgeführt werden soll, ist es

    unbedingt notwendig, daß man sich mit der Theorie über die dabeisich abspielenden Vorgänge vertraut mache.

    Es sind gerade in neuerer Zeit eine Reihe hervorragenderArbeiten veröffentlicht worden, die die Vorgänge bei der Ver¬

    dampfung in wissenschaftlich exakter Form erfassen und in leichtverständlicher Art wiedergeben. Auf Grund dieser theoretischen

    Erkenntnisse, verbunden mit den durch praktische Versuche er¬mittelten Einflüssen verschiedener Füllkörper, sind wir heute durch¬aus imstande, für ein bestimmtes Gemisch, dessen physikalischeEigenschaften bekannt sind, die günstigste Kolonne zur Trennungohne weiteres anzugeben.

    Von den Abhandlungen über die Theorie der Destillationmöchte ich in erster Linie die Werke von Young !), Thormann2)und Hausen3) erwähnen, die mir bei den nachfolgenden Darstel¬

    lungen speziell richtunggebend waren. Auch auf die neueren Ar¬beiten von Fenske (vgl. z. B. Industrial and Engineering Che¬

    mistry, 28, 644, 1936) und auf das Buch von Clark S. Robinson

    „The Elements of Fraktional Destillation" (2. Auflage, Cleveland,Ohio) sei besonders hingewiesen. Das Buch von Hausbrand4), demdas bleibende Verdienst der ersten wissenschaftlichen Bearbeitungdes Gebietes zukommt, ist von den heutigen Ergebnissen der For¬

    schung überholt. Die Gesetzmäßigkeiten sind darin oft noch recht

    kompliziert dargestellt; einzelne Voraussetzungen stimmen nicht ge¬nau, und die darauf basierenden Formeln geben daher unrichtigeResultate.

    Um eine Destillation sinngemäß ausführen zu können, genügtes im allgemeinen, daß man sich über die Gesetze und Vorgängeein qualitatives Bild machen kann. Ich habe mich daher im folgen-

    1) Young-Prahl, Theorie und Praxis der Destillation.2) Kurt Thormann, Destillieren und Rektifizieren.

    3) Hausen, in Eucken-Jakob, Der Chemie-Ingenieur, 3. Teil.

    4) Hausbrand-Hirsch, Verdampfen, Kondensieren und Kuhlen.

  • 10

    den im Interesse einer kurzen, leichtfaßlichen Darstellung absicht¬lich bemüht, möglichst ohne mathematische Ableitungen auszukom¬men. Die quantitativen Formulierungen der Verhältnisse sind inoben erwähnten Werken abgeleitet.

    I. Das Gleichgewicht von Flüssigkeit und Dampfund seine kinetische Deutung.

    Nach der Phasenregel von Gibbs hat ein System von zweiineinander löslichen Flüssigkeiten zwei Freiheitsgrade. Wenn wirz. B. als Druck eine Atmosphäre wählen, was dem praktisch häufig¬sten Fall entspricht, so kann die Zusammensetzung des Dampfesim Gleichgewichtszustand noch entweder von der Zusammensetzungder Flüssigkeit oder von der Temperatur abhängig sein. In derPraxis sind wir in der Regel genötigt, die Zusammensetzung der

    Flüssigkeit zu wählen. Dadurch sind also die Dampfzusammen¬setzung, sowie die Temperatur des Systems im Gleichgewicht ein¬

    deutig bestimmt.Bei zwei vollständig ineinander unlöslichen Flüssigkeiten sind

    nach Wahl des Druckes die Dampfzusammensetzung, die Tempe¬ratur und die Flüssigkeitszusammensetzung bereits eindeutig be¬stimmt. Das heißt die Zusammensetzung des Dampfes ist in jedemFall nach gewähltem Druck unabhängig von der Zusammensetzungder Flüssigkeit. Man kann das auch so ausdrücken: zwei ineinanderunlösliche Flüssigkeiten verhalten sich wie zwei durch eine Scheide¬wand getrennte flüssige Komponenten. Ihre beiden Dampfräumestehen miteinander in Verbindung. Es ist völlig gleichgültig, wie¬viel von der einen Flüssigkeit vorhanden ist, ihr Dampfdruck istimmer gleich groß. Der gemeinsame Dampfdruck ist die Summeder beiden Einzeldrucke (Partialdrucke) und ist also auch seinerseits

    unabhängig von der Menge der einzelnen Bestandteile.

    Vollständige Unlöslichkeit zweier Flüssigkeiten ineinander kommt

    streng genommen in der Praxis nie vor. Es gibt aber immerhin

    häufige Fälle, wo nur minime Löslichkeit vorliegt und solche Ge¬

    menge gehorchen daher obiger Gesetzmäßigkeit mit größter An¬

    näherung.Aus dem bisher Gesagten geht hervor, daß eine Flüssigkeit,

    die aus mehreren Komponenten zusammengesetzt ist, mit einer ganzbestimmten Zusammensetzung ihres Dampfes im Gleichgewicht steht.Wenn dieser Dampf nicht dieselbe Zusammensetzung hat wie die

    Flüssigkeit, so liegt hierin eine Möglichkeit, die eine der Kompo-

  • 11

    nenten im Destillat (kondensierter Dampf) resp. in der zurück¬bleibenden Flüssigkeit anzureichern, im Extremfall rein zu erhalten.

    Im folgenden sollen nun die wichtigsten Gleichgewichtsfälledurch Verbindung mit möglichst anschaulichen physikalischen Vor¬

    stellungen kurz erläutert werden.Wenn eine Flüssigkeit mit ihrem Dampf im Gleichgewicht

    steht, so treten in der Zeiteinheit ebenso viele Moleküle aus der

    Flüssigkeit in den Dampf über wie umgekehrt. Dem thermischenDruck, der die freie Bewegung aller Moleküle anstrebt, steht derKohäsionsdruck der Moleküle entgegen, der seinerseits als Summe

    der anziehenden und abstoßenden Kräfte der Moleküle unter¬

    einander betrachtet werden kann. Nur der Überschuß des ther¬

    mischen Druckes macht sich als Dampfdruck geltend.Dieses Gleichgewicht kann nun bei Anwesenheit fremdartiger

    Moleküle durch die gegenseitige Beeinflussung der beiden Molekül¬arten in verschiedenen Richtungen verändert werden. Wir beschrän¬ken uns nur aus Gründen der Einfachheit auf binäre Gemische;prinzipiell können die nachfolgenden Erörterungen auch auf Mi¬

    schungen von mehreren Komponenten ausgedehnt werden.Die Kraft der gegenseitigen Anziehung, die die Moleküle des

    ersten Bestandteils in der Flüssigkeit auf einander ausüben, sei a1?die des zweiten Bestandteils a2, und die Kraft, welche die Mole¬küle des ersten auf denjenigen des zweiten Bestandteils ausüben,werde entsprechend ax . 2 genannt.

    Der Dampfdruck von Mischungen verschiedener Zusammen¬

    setzungen steigt direkt proportional mit dem Gehalt an der leicht¬

    flüchtigen Komponente (vgl. Abb. 1).

    a) Ideale Lösung.

    a^ — a2 — a^ . 2.

    Da ja die gegenseitige Anziehungskraft der fremdartigen Mole¬küle genau gleich groß ist wie die Anziehung der gleichartigenMoleküle unter sich, so ist es für das Verdampfungsbestreben einesMoleküls völlig gleichgültig, ob dasselbe von mehr fremden oder

    gleichartigen Molekülen umgeben ist. Es richtet sich einzig nachdem Partialdruck der reinen Komponenten.

    Solche Flüssigkeiten kommen streng genommen nicht vor. Siefinden sich aber recht häufig mit großer Annäherung verwirklicht.Bei der Mischung der zwei Komponenten darf weder Mischungs¬wärme noch Kontraktion auftreten. Die beiden Bestand¬

    teile können durch fraktionierte Destillation

    quantitativ getrennt werden.

  • 12

    b> Die flüssigen Bestandteile sind nicht löslich ineinander.

    a1. 2 « at und a2 (ax und a2 sollen der Einfachheit halber un¬

    gefähr gleich groß sein).

    Abb. 1. Partialdrucke pi

    und ps und Gesamtdruck P

    einer idealen Lösung bei

    konst. Temperatur. Gehalt der Flüssigkeit am flüchtig. Bestandteil

    Die Flüssigkeit entmischt sich und kann, wie das schon oben

    angedeutet worden ist, wie zwei gesonderte Flüssigkeiten mit ge¬meinsamem Dampfraum behandelt werden. Die Zusammensetzung

    Abb. 2. Gleidigewidit sidi

    nidit lösender Flüssigkeitenbei konstantem Drude.

    o

    x —>- Gehalt der Flüssigkeit

    am flüchtigeren Bestandteil

  • 13

    des Dampfes ist unabhängig von der Zusammensetzung der Flüssig¬keit. Sein Gehalt an der einen Komponente ist dem Dampfdruckderselben direkt proportional (Abb. 2). Von diesem Verhalten der

    heterogenen Gemenge wird in der Praxis bei der Wasserdampf¬destillation Gebrauch gemacht.

    c) Allgemeinere Fälle.

    ax. 2 =j ax und a2.

    Hierher gehören die meisten der praktisch vorkommenden Flüs¬

    sigkeitsgemische. Ist a1 . 2 bedeutend kleiner als ax und a2, so handelt

    es sich in der Regel um teilweise mischbare Flüssigkeiten. Ist a1 . 2größer oder nur wenig kleiner als ^ und a2, so sind die Flüssig¬keiten unbegrenzt löslich.

    Betrachten wir zunächst den Fall a.1.2 < a1 und a2 etwas

    genauer :

    Die Flüssigkeiten sind auf Grund der molekularen Anziehungs¬kräfte nur schlecht löslich. Es ist leicht einzusehen, daß diese Eigen¬schaft im allgemeinen weniger bei Zusammensetzungen, die ameinen Bestandteil sehr arm sind, hervortritt. Sie macht sich be¬

    sonders bei Konzentrationen um 50 °/o stark geltend. Die Mischung

    700

    660

    600

    660

    600

    450

    400

    33300

    SE 260

    g 200

    Q )60

    J<

    100

    50

    0

    0,1 0,2 0,3 0.4 0,6 0,6 0,7 0,8 0,9 1

    —>- Molenbruch des Schwefelkohlenstoffes

    Abb. 3. Partialdrudce und Gesamtdruà einer Lösung mit Maximumdampfdrudtbei konst. Temp.

    P,

  • 14

    ist in dieser Gegend dem Zustand, wie wir ihn für die völlig an¬löslichen Flüssigkeitsgemenge geschildert haben, am nächsten. DiePartialdrucke beeinflussen sich hier am wenigsten und nehmen da¬her den relativ größten Wert an. Ihre Summe, die den Dampf¬druck des Gemisches ergibt, stellt an dieser Stelle ein Maximumdar (Abb. 3).

    Gemische, die in ihrer Druckzusammensetzungskurve ein Ma¬ximum enthalten, sind durch Destillation auch bei bester Fraktio¬

    nierung nicht quantitativ in die beiden Bestandteile zerlegbar. Wirerhalten im günstigsten Fall zuerst das dem Maximumpunkt ent¬

    sprechende Gemisch und zurück bleibt diejenige Komponente, vonder anfänglich mehr als die dem konstant siedenden Gemisch ent¬

    sprechenden Menge vorhanden war. Aus Abb. 4 geht hervor, daßdie Dampfflüssigkeits-Gleichgewichtskurve die 45 "-Diagonale berührt.Das bedeutet nichts anderes, als daß der Dampf, sobald er dieseKonzentration erreicht hat, die-gleiche Zusammensetzung wie die

    Flüssigkeit besitzt, wodurch jede weitere Trennung ausgeschlossen ist.

    a100

    ©

    % 90- Alkoholgehalt der Flüssigkeit in Gew. °/o

    Abb. 4. Gleichgewichtskurve für AethylalkohoUWasser.

    Es muß noch beigefügt werden, daß der Einfluß der Schwer¬löslichkeit nicht immer so groß ist, daß ein Maximum in der Dampf¬druckkurve resultiert. Auch muß auf die Temperaturabhängigkeitdes ausgezeichneten Punktes hingewiesen werden. Werewsky hatdarüber folgende Regel aufgestellt: Bei Erhöhung der Temperatur

  • 15

    von Lösungen, deren Dampfspannungskurve ein Maximum besitzt,wächst im unveränderlich siedenden Gemisch der relative Gehalt

    derjenigen Komponente, deren Verdampfung mit dem kleineren

    Energieverbrauch verbunden ist1). Es ist dies im Grunde einfacheine Anwendung des Prinzips von Le Châtelier.

    Eine Regel, deren Gültigkeit allgemeiner ist, hat v. Rechenbergaufgestellt2): Bei homogenen Gemischen mit Minimumsiedepunktverschieben sich die Dampfzusammensetzungen bei Druckänderungenin der gleichen Richtung wie die Quotienten aus den Dampfdruckender reinen Komponenten.

    Das Gemisch Äthylalkohol - Wasser beispielsweise, das bei760 mm Hg (78,15 ° C.) in der Dampfdruckkurve ein Maximumaufweist von der Zusammensetzung 95 °/o Alkohol, verliert den aus¬

    gezeichneten Punkt bei 70 mm Hg und 28 ° C. vollständig und läßtsich dann in die reinen Komponenten zerlegen.

    Ist a1. 2 > als aj und a2, so ist ebenfalls zu erwarten, daß

    sich auch in diesem Falle im Gebiete mittlerer Konzentrationen die

    großen Anziehungskräfte der fremdartigen Moleküle am stärkstenauswirken. Dieser Einfluß auf die Dampfdruckkurve kann wieder-

    o 1

    x —>• Gehalt der Fluchtigkeit am flüchtigeren Bestandteil

    Abb. 5. Gleichgewichtskurve eines Gemisches mit Minimumdampfdruck.

    um so bedeutend sein, daß ein Minimum in der Kurve auftritt. DieX-Y-Kurve berührt wieder die Diagonale (Abb. 5). Auch solcheGemische können nicht quantitativ in ihre Bestandteile zerlegt wer-

    !) 2. f. Physik. Chem. 1913, S. 1 und 551.2) Einfache und frakt. Dest. in Theorie und Praxis, 1923.

  • 16

    den; es sei denn, der ausgezeichnete Punkt könne durch Temperatur¬änderung zum Verschwinden gebracht werden.

    Im Unterschied zu den Gemischen mit Minimumsiedepunkt gehtbei der fraktionierten Destillation einer Mischung mit Maximum¬

    siedepunkt zuerst derjenige Bestandteil rein über, von dem im An¬

    fangsgemisch mehr \orhanden war, als der azeotropen Mischungentspricht. Zurück bleibt das konstant siedende Gemisch.

    In den bisherigen Darlegungen ist gezeigt worden, unter wel¬chen theoretischen Voraussetzungen sich zwei als Mischung vor¬

    liegende Substanzen durch fraktionierte Destillation prinzipiell tren¬nen lassen. Im folgenden soll nun näher auf die theoretischen Grund¬

    lagen der fraktionierten Destillation eingegangen werden, um darausabzuleiten wie eine solche Trennung am zweckmäßigsten durch¬

    geführt wird.Über den Grad der Schwierigkeit einer durchzuführenden Tren¬

    nung kann, wenn man von der Einstellung des Gleichgewichtes ab¬

    sieht, was in erster Linie von der Zähigkeit des Gemisches ab¬

    hängig ist, folgendes bemerkt werden : Die Durchführung einer

    Trennung ist umso leichter, je weiter sich die X-Y-Kurve von der45 °-Linie entfernt. Die Größe der Entfernung ist im allgemeinender Differenz der Dampfdrucke der beiden Bestandteile direkt

    proportional. Prinzipiell ist es jedoch auch möglich, daß bei be¬sonderer gegenseitiger Beeinflussung der Komponenten, trotz großerDifferenz in den Dampfdrucken derselben, ihre X-Y-Kurve ganzmit der Diagonalen zusammenfällt, oder sich nur sehr wenig davon

    entfernt, wie es z. B. beim Gemisch Benzol-Toluol der Fall ist.Der größte Abstand der Kurve von der Geraden liegt im Gebietemittlerer Konzentration.

    IL Theorie der fraktionierten Destillation und ihre

    Anwendung auf den Bau der Kolonnenund deren Bedienung.

    Wir gehen am besten von der Darstellung des Gleichgewichtesder Flüssigkeit mit ihrem Dampf aus (vgl. Abb. 4 und 5). An¬statt das Gleichgewicht durch eine einzige Kurve darzustellen,können wir es z. B. auch in zwei Kurven aufgelöst wiedergebet!(Abb. 6). Bei dieser Art der Darstellung wird der Unterschiedzwischen der Zusammensetzung der Flüssigkeit und der des Damp¬fes, welcher mit dieser Flüssigkeit im Gleichgewicht steht, am

    augenscheinlichsten.

  • Über die Fraktionierte Destillation

    im Laboratorium, mit einigen Anwendungen

    aus dem Gebiete der Zwiscnenprodukte

    Von der

    Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich

    zur Erlangung der Würde eines Doktors der technischen

    Wissenschaften genehmigte Promotionsarbeit

    vorgelegt von

    Friedrich Rudolf Stähelin

    aus Basel

    Referent: Herr Prof. Dr. H. E. Fierz

    Korreferent : Herr Prof. Dr. L. Ruzioka

    Karl Werner, Buchdruckerei in Basel 1937

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  • Meinen lieben Eltern

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  • Meinem hochverehrten Lehrer,

    Herrn Prof. Dr. H. E. Fierz= David

    möchte ich für sein stets reges Interesse und die wertvollen Rat¬

    schläge, mit denen er mich bei der Ausführung der vorliegendenArbeit unterstützte, den wärmsten Dank aussprechen.

  • Inhaltsübersicht

    Seite

    Einleitung 7—8

    Theoretisdie Grundlagen der Destillation 9

    Das Gleidigewidit von Flüssigkeit und Dampfund seine kinetische Deutung 10

    Ideale Lösung 11

    Die Bestandteile sind nidit ineinander löslid» 12

    Allgemeinere Fälle 13

    Theorie der frakt. Destillation und ihre Anwendung auf den Bau

    der Kolonnen und deren Bedienung 16

    Ermittlung der theoretisdien Bodenzahl 18

    Versdiiedene Typen von Fraktionierkolonnen 21

    Die einzelnen Elemente der Benetzungskolonnen 22

    Besdireibung der für das Laboratorium geeigneten Apparate ... 29

    Praktisdier Teil: Trennungen 31

    Aethylalkohol-Wasser 31

    Essigsäure »Wasser 32

    Entwässerung von Aethylalkohol durdi Zusatz von Benzol ... 34

    Anwendungen der frakt. Destillation bei der präparativen

    Darstellung von Zwisdienprodukten 39

    o= und p=NitrodilorbenzoI 39

    m=Chlornitrobenzol 45

    Quantitative Ermittlung der entstehenden Nebenprodukte ... 51

    Chlorbenzol 56

    Zusammenfassung 62

  • 7

    Einleitung.

    Man kann immer wieder und auf allen Wissensgebieten die

    Beobachtung machen, daß es oft unverhältnismäßig lange geht, bis

    die durch wissenschaftliche Forschung errungenen Erkenntnisse in

    der Praxis fruchtbringende Verwendung finden.

    Ein besonders deutliches Beispiel hiefür stellt die Anwendungder fraktionierten Destillation im Laboratorium, speziell im organi¬schen Laboratorium dar, wo oft noch mit von der Theorie längst

    überholten, unzureichenden Hilfsmitteln gearbeitet wird und nur mit

    einem gewissen Widerwillen an das Arbeiten mit modernen, hoch¬

    wirksamen Apparaten herangegangen wird. Diese Abneigung ist

    zum Teil berechtigt und findet ihre Begründung in der Tatsache,daß die auf Grund neuerer Forschungsergebnisse gebauten Kolon¬

    nen für den universellen Gebrauch im Laboratorium im allgemeinenviel zu kompliziert sind und an die Bedienung zu große Ansprüchestellen. Die raffiniert konstruierten Apparaturen kommen tatsäch¬

    lich bis an die Grenze des theoretisch Erreichbaren, doch ist ihr

    Aufbau, speziell die Isolation, recht kostspielig und ihre Bereit¬

    stellung nimmt zu viel Zeit in Anspruch. Außerdem müssen sie

    sehr genau reguliert werden, was besonders bei der Fraktionierungunbekannter Substanzgemische oft ziemlich schwierig ist und nur bei

    großer Übung und Erfahrung im Destillieren sofort mit genügender

    Annäherung durchgeführt werden kann. Solche Apparate eignensich deshalb sehr gut zur Ausführung wissenschaftlicher Unter¬

    suchungen, wo Serienversuche mit ein und demselben oder doch sehr

    ähnlichem Gemisch gemacht werden. Sie sind jedoch für die Aus¬

    führung von Praktikumsarbeiten, wo rasche Reinigung und Bereit¬

    stellung der Apparatur für neue Aufgaben verlangt wird, zu um¬

    ständlich im Gebrauch und werden sich nicht als Universalinstru¬

    mente einführen.

  • 8

    Wenn ich bei meinen Versuchen nicht mit solchen, bis an die

    Grenze der theoretisch möglichen Trennschärfe reichenden Säulen

    gearbeitet habe, bin ich mir wohl bewußt, daß ich so nicht die

    absolut beste Trennwirkung erzielen konnte. Das soll ja auch nicht

    die Aufgabe der vorliegenden Arbeit sein; denn hierüber liegenschon zahlreiche ausgezeichnete Veröffentlichungen vor. Ich habe mir

    vielmehr vorgenommen, auf Grund des neuesten Standes der Theorie

    über die fraktionierte Destillation, den Bau wirklich universell ver¬

    wendbarer Kolonnen zu studieren und anhand einiger praktischer

    Beispiele die Möglichkeiten und Grenzen der fraktionierten Destil¬

    lation als Methode des präparativen Arbeitens und der Analyse im

    organisch-technischen Laboratorium zu untersuchen. Es soll gezeigt

    werden, daß die fraktionierte Destillation im Laboratorium noch viel

    zu wenig Anwendung findet. Sie ist eine sehr bequeme Art der

    Trennung und stellt in vielen Fällen, speziell bei der Zerlegungvon Isomeren-Gemischen, wo die sonst angewendeten Methoden oft

    ganz versagen, den einzig gangbaren Weg dar. Zudem bereitet sie

    beim Gebrauch der richtigen Apparate keine besonderen Schwierig¬keiten und führt meist verhältnismäßig rasch zum Ziele.

  • 9

    Theoretische Grundlagen der Destillation.

    Um entscheiden zu können, ob eine gestellte Aufgabe mit Hilfevon Destillation, eventuell fraktionierter Destillation, gelöst werdenkann und wie dieselbe am besten durchgeführt werden soll, ist esunbedingt notwendig, daß man sich mit der Theorie über die dabeisich abspielenden Vorgänge vertraut mache.

    Es sind gerade in neuerer Zeit eine Reihe hervorragenderArbeiten veröffentlicht worden, die die Vorgänge bei der Ver¬

    dampfung in wissenschaftlich exakter Form erfassen und in leichtverständlicher Art wiedergeben. Auf Grund dieser theoretischen

    Erkenntnisse, verbunden mit den durch praktische Versuche er¬mittelten Einflüssen verschiedener Füllkörper, sind wir heute durch¬aus imstande, für ein bestimmtes Gemisch, dessen physikalischeEigenschaften bekannt sind, die günstigste Kolonne zur Trennungohne weiteres anzugeben.

    Von den Abhandlungen über die Theorie der Destillationmöchte ich in erster Linie die Werke von Young *), Thormann2)und Hausen3) erwähnen, die mir bei den nachfolgenden Darstel¬

    lungen speziell richtunggebend waren. Auch auf die neueren Ar¬beiten von Fenske (vgl. z. B. Industrial and Engineering Che¬mistry, 28, 644, 1936) und auf das Buch von Clark S. Robinson

    „The Elements of Fraktional Destillation" (2. Auflage, Cleveland,Ohio) sei besonders hingewiesen. Das Buch von Hausbrand i), demdas bleibende Verdienst der ersten wissenschaftlichen Bearbeitungdes Gebietes zukommt, ist von den heutigen Ergebnissen der For¬

    schung überholt. Die Gesetzmäßigkeiten sind darin oft noch recht

    kompliziert dargestellt; einzelne Voraussetzungen stimmen nicht ge¬nau, und die darauf basierenden Formeln geben daher unrichtigeResultate.

    Um eine Destillation sinngemäß ausführen zu können, genügtes im allgemeinen, daß man sich über die Gesetze und Vorgängeein qualitatives Bild machen kann. Ich habe mich daher im folgen-

    !) Young-Prahl, Theorie und Praxis der Destillation.2) Kurt Thormann, Destillieren und Rektifizieren.3) Hausen, in Eucken-Jakob, Der Chemie-Ingenieur, 3. Teil.é) Hausbrand-Hirsch, Verdampfen, Kondensieren und Kuhlen.

  • 10

    den im Interesse einer kurzen, leichtfaßlichen Darstellung absicht¬lich bemüht, möglichst ohne mathematische Ableitungen auszukom¬men. Die quantitativen Formulierungen der Verhältnisse sind inoben erwähnten Werken abgeleitet.

    I. Das Gleichgewicht von Flüssigkeit und Dampfund seine kinetische Deutung.

    Nach der Phasenregel von Gibbs hat ein System von zweiineinander löslichen Flüssigkeiten zwei Freiheitsgrade. Wenn wirz. B. als Druck eine Atmosphäre wählen, was dem praktisch häufig¬sten Fall entspricht, so kann die Zusammensetzung des Dampfesim Gleichgewichtszustand noch entweder von der Zusammensetzungder Flüssigkeit oder von der Temperatur abhängig sein. In derPraxis sind wir in der Regel genötigt, die Zusammensetzung der

    Flüssigkeit zu wählen. Dadurch sind also die Dampfzusammen¬setzung, sowie die Temperatur des Systems im Gleichgewicht ein¬

    deutig bestimmt.Bei zwei vollständig ineinander unlöslichen Flüssigkeiten sind

    nach Wahl des Druckes die Dampfzusammensetzung, die Tempe¬ratur und die Flüssigkeitszusammensetzung bereits eindeutig be¬stimmt. Das heißt die Zusammensetzung des Dampfes ist in jedemFall nach gewähltem Druck unabhängig von der Zusammensetzungder Flüssigkeit. Man kann das auch so ausdrücken : zwei ineinanderunlösliche Flüssigkeiten verhalten sich wie zwei durch eine Scheide¬wand getrennte flüssige Komponenten. Ihre beiden Dampfräumestehen miteinander in Verbindung. Es ist völlig gleichgültig, wie¬viel von der einen Flüssigkeit vorhanden ist, ihr Dampfdruck istimmer gleich groß. Der gemeinsame Dampfdruck ist die Summeder beiden Einzeldrucke (Partialdrucke) und ist also auch seinerseits

    unabhängig von der Menge der einzelnen Bestandteile.

    Vollständige Unlöslichkeit zweier Flüssigkeiten ineinander kommt

    streng genommen in der Praxis nie vor. Es gibt aber immerhin

    häufige Fälle, wo nur minime Löslichkeit vorliegt und solche Ge¬

    menge gehorchen daher obiger Gesetzmäßigkeit mit größter An¬

    näherung.Aus dem bisher Gesagten geht hervor, daß eine Flüssigkeit,

    die aus mehreren Komponenten zusammengesetzt ist, mit einer ganzbestimmten Zusammensetzung ihres Dampfes im Gleichgewicht steht.Wenn dieser Dampf nicht dieselbe Zusammensetzung hat wie die

    Flüssigkeit, so liegt hierin eine Möglichkeit, die eine der Kompo-

  • 11

    nenten im Destillat (kondensierter Dampf) resp. in der zurück¬bleibenden Flüssigkeit anzureichern, im Extremfall rein zu erhalten.

    Im folgenden sollen nun die wichtigsten Gleichgewichtsfälledurch Verbindung mit möglichst anschaulichen physikalischen Vor¬

    stellungen kurz erläutert werden.Wenn eine Flüssigkeit mit ihrem Dampf im Gleichgewicht

    steht, so treten in der Zeiteinheit ebenso viele Moleküle aus der

    Flüssigkeit in den Dampf über wie umgekehrt. Dem thermischenDruck, der die freie Bewegung aller Moleküle anstrebt, steht derKohäsionsdruck der Moleküle entgegen, der seinerseits als Summe

    der anziehenden und abstoßenden Kräfte der Moleküle unter¬

    einander betrachtet werden kann. Nur der Überschuß des ther¬

    mischen Druckes macht sich als Dampfdruck geltend.Dieses Gleichgewicht kann nun bei Anwesenheit fremdartiger

    Moleküle durch die gegenseitige Beeinflussung der beiden Molekül¬arten in verschiedenen Richtungen verändert werden. Wir beschrän¬ken uns nur aus Gründen der Einfachheit auf binäre Gemische;

    prinzipiell können die nachfolgenden Erörterungen auch auf Mi¬

    schungen von mehreren Komponenten ausgedehnt werden.Die Kraft der gegenseitigen Anziehung, die die Moleküle des

    ersten Bestandteils in der Flüssigkeit auf einander ausüben, sei al5die des zweiten Bestandteils a2, und die Kraft, welche die Mole¬küle des ersten auf denjenigen des zweiten Bestandteils ausüben,werde entsprechend a.± . 2 genannt.

    Der Dampfdruck von Mischungen verschiedener Zusammen¬

    setzungen steigt direkt proportional mit dem Gehalt an der leicht¬

    flüchtigen Komponente (vgl. Abb. 1).

    a) Ideale Lösung.

    al = a2 — al • 2-

    Da ja die gegenseitige Anziehungskraft der fremdartigen Mole¬küle genau gleich groß ist wie die Anziehung der gleichartigenMoleküle unter sich, so ist es für das Verdampfungsbestreben einesMoleküls völlig gleichgültig, ob dasselbe von mehr fremden oder

    gleichartigen Molekülen umgeben ist. Es richtet sich einzig nachdem Partialdruck der reinen Komponenten.

    Solche Flüssigkeiten kommen streng genommen nicht vor. Siefinden sich aber recht häufig mit großer Annäherung verwirklicht.Bei der Mischung der zwei Komponenten darf weder Mischungs¬wärme noch Kontraktion auftreten. Die beiden Bestand¬

    teile können durch fraktionierte Destillation

    quantitativ getrennt werden.

  • 12

    b> Die flüssigen Bestandteile sind nidit löslich ineinander.

    ax . 2 « at und a2 (ajl und a2 sollen der Einfachheit halber un¬

    gefähr gleich groß sein).

    Abb. 1. Partialdrucke pi

    und p2 und Gesamtdruck P

    einer idealen Lösung bei

    konst. Temperatur.

    TC2

    Gehalt der Flüssigkeit am flüchtig. Bestandteil

    Die Flüssigkeit entmischt sich und kann, wie das schon oben

    angedeutet worden ist, wie zwei gesonderte Flüssigkeiten mit ge¬meinsamem Dampfraum behandelt werden. Die Zusammensetzung

    Abb. 2. Gleichgewicht sich

    nicht lösender Flüssigkeitenbei konstantem Druck.

    m

    o

    x —>- Gehalt der Flüssigkeit

    am flüchtigeren Bestandteil

  • 13

    des Dampfes ist unabhängig von der Zusammensetzung der Flüssig¬keit. Sein Gehalt an der einen Komponente ist dem Dampfdruckderselben direkt proportional (Abb. 2). Von diesem Verhalten der

    heterogenen Gemenge wird in der Praxis bei der Wasserdampf¬destillation Gebrauch gemacht.

    c) Allgemeinere Fälle.

    al • 2 =£ al unc^ a2-

    Hierher gehören die meisten der praktisch vorkommenden Flüs¬

    sigkeitsgemische. Ist ax . 2 bedeutend kleiner als ax und a2, so handeltes sich in der Regel um teilweise mischbare Flüssigkeiten. Ist a1. 2größer oder nur wenig kleiner als a1 und a2, so sind die Flüssig¬keiten unbegrenzt löslich.

    Betrachten wir zunächst den Fall a1.2 < a3 und a2 etwas

    genauer :

    Die Flüssigkeiten sind auf Grund der molekularen Anziehungs¬kräfte nur schlecht löslich. Es ist leicht einzusehen, daß diese Eigen¬schaft im allgemeinen weniger bei Zusammensetzungen, die ameinen Bestandteil sehr arm sind, hervortritt. Sie macht sich be¬sonders bei Konzentrationen um 50 °/o stark geltend. Die Mischung

    700

    660

    600

    560

    600

    450

    400

    350ttf)

    33300

    £S 250

    g 200

    Q160

    "

    100

    50

    0

    0,1 0,2 0,3 0.4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1

    —>- Molenbruch des Schwefelkohlenstoffes

    Abb. 3. Partialdrudte und Gesamtdrudi einer Lösung mit Maximumdampfdrudibei konst. Temp.

    pj

    '

    /

    /

  • 14

    ist in dieser Gegend dem Zustand, wie wir ihn für die völlig un¬löslichen Flüssigkeitsgemenge geschildert haben, am nächsten. DiePartialdrucke beeinflussen sich hier am wenigsten und nehmen da¬her den relativ größten Wert an. Ihre Summe, die den Dampf¬druck des Gemisches ergibt, stellt an dieser Stelle ein Maximumdar (Abb. 3).

    Gemische, die in ihrer Druckzusammensetzungskurve ein Ma¬

    ximum enthalten, sind durch Destillation auch bei bester Fraktio¬

    nierung nicht quantitativ in die beiden Bestandteile zerlegbar. Wirerhalten im günstigsten Fall zuerst das dem Maximumpunkt ent¬

    sprechende Gemisch und zurück bleibt diejenige Komponente, vonder anfänglich mehr als die dem konstant siedenden Gemisch ent¬

    sprechenden Menge vorhanden war. Aus Abb. 4 geht hervor, daßdie Dampfflüssigkeirs-Gleichgewichtskurve die 45 °-Diagonale berührt.Das bedeutet nichts anderes, als daß der Dampf, sobald er dieseKonzentration erreicht hat, die gleiche Zusammensetzung wie die

    Flüssigkeit besitzt, wodurch jede weitere Trennung ausgeschlossen ist.

    e100

    ©""

    IS 90V

    o

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    o.

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    olg 40-co

    -K 30

    <

    . v20

    10

    t**0

    10 20 30 40 60 60 70 80 90 100

    x —>- Alkoholgehalt der Flüssigkeit in Gew. °/o

    Abb. 4. Gleidigewiditskurve für AethylalkohoUWasser.

    Es muß noch beigefügt werden, daß der Einfluß der Schwer¬löslichkeit nicht immer so groß ist, daß ein Maximum in der Dampf¬druckkurve resultiert. Auch muß auf die Temperaturabhängigkeitdes ausgezeichneten Punktes hingewiesen werden. Werewsky hatdarüber folgende Regel aufgestellt: Bei Erhöhung der Temperatur

  • 15

    von Lösungen, deren Dampfspannungskurve ein Maximum besitzt,wächst im unveränderlich siedenden Gemisch der relative Gehalt

    derjenigen Komponente, deren Verdampfung mit dem kleineren

    Energieverbrauch verbunden istx). Es ist dies im Grunde einfach

    eine Anwendung des Prinzips von Le Châtelier.

    Eine Regel, deren Gültigkeit allgemeiner ist, hat v. Rechenberg

    aufgestellt2) : Bei homogenen Gemischen mit Minimumsiedepunktverschieben sich die Dampfzusammensetzungen bei Druckänderungenin der gleichen Richtung wie die Quotienten aus den Dampfdruckender reinen Komponenten.

    Das Gemisch Äthylalkohol - Wasser beispielsweise, das bei

    760 mm Hg (78,15 ° C.) in der Dampfdruckkurve ein Maximumaufweist von der Zusammensetzung 95 o/0 Alkohol, verliert den aus¬

    gezeichneten Punkt bei 70 mm Hg und 28 ° C. vollständig und läßt

    sich dann in die reinen Komponenten zerlegen.Ist ax. 2 > als ax und a2, so ist

    ebenfalls zu erwarten, daß

    sich auch in diesem Falle im Gebiete mittlerer Konzentrationen die

    großen Anziehungskräfte der fremdartigen Moleküle am stärkstenauswirken. Dieser Einfluß auf die Dampfdruckkurve kann wieder-

    o 1

    x —>- Gehalt der Flüchtigkeit am flüchtigeren Bestandteil

    Abb. 5. Gleidigevrithtskurve eines Gemisdies mit Minimumdampfdruck.

    um so bedeutend sein, daß ein Minimum in der Kurve auftritt. Die

    X-Y-Kurve berührt wieder die Diagonale (Abb. 5). Auch solche

    Gemische können nicht quantitativ in ihre Bestandteile zerlegt wer-

    x) Z. f. Physik. Chem. 1913, S. 1 und 551.2) Einfache und frakt. Dest. in Theorie und Praxis, 1923.

  • 16

    den; es sei denn, der.ausgezeichnete Punkt könne durch Temperatur-ânderung zum Verschwinden gebracht werden.

    Im Unterschied zu den Gemischen mit Minimumsiedepunkt gehtbei der fraktionierten Destillation einer Mischung mit Maximum¬siedepunkt zuerst derjenige Bestandteil rein über, von dem im An¬

    fangsgemisch mehr vorhanden war, als der azeotropen Mischungentspricht. Zurück bleibt das konstant siedende Gemisch.

    In den bisherigen Darlegungen ist gezeigt worden, unter wel¬chen theoretischen Voraussetzungen sich zwei als Mischung vor¬liegende Substanzen durch fraktionierte Destillation prinzipiell tren¬nen lassen. Im folgenden soll nun näher auf die theoretischen Grund¬

    lagen der fraktionierten Destillation eingegangen werden, um darausabzuleiten wie eine solche Trennung am zweckmäßigsten durch¬

    geführt wird.Über den Grad der Schwierigkeit einer durchzuführenden Tren¬

    nung kann, wenn man von der Einstellung des Gleichgewichtes ab¬

    sieht, was in erster Linie von der Zähigkeit des Gemisches ab¬

    hängig ist, folgendes bemerkt werden : Die Durchführung einer

    Trennung ist umso leichter, je weiter sich die X-Y-Kurve von der45 °-Linie entfernt. Die Größe der Entfernung ist im allgemeinender Differenz der Dampfdrucke der beiden Bestandteile direkt

    proportional. Prinzipiell ist es jedoch auch möglich, daß bei be¬sonderer gegenseitiger Beeinflussung der Komponenten, trotz großerDifferenz in den Dampfdrucken derselben, ihre X-Y-Kurve ganzmit der Diagonalen zusammenfällt, oder sich nur sehr wenig davonentfernt, wie es z. B. beim Gemisch Benzol-Toluol der Fall ist.Der größte Abstand der Kurve von der Geraden liegt im Gebietemittlerer Konzentration.

    IL Theorie der fraktionierten Destillation und ihre

    Anwendung auf den Bau der Kolonnenund deren Bedienung.

    Wir gehen am besten von der Darstellung des Gleichgewichtesder Flüssigkeit mit ihrem Dampf aus (vgl. Abb. 4 und 5). An¬statt das Gleichgewicht durch eine einzige Kurve darzustellen,können wir es z. B. auch in zwei Kurven aufgelöst wiedergeben(Abb. 6). Bei dieser Art der Darstellung wird der Unterschiedzwischen der Zusammensetzung der Flüssigkeit und der des Damp¬fes, welcher mit dieser Flüssigkeit im Gleichgewicht steht, amaugenscheinlichsten.

  • 17

    Wenn wir nun einen so kleinen Teil der Flüssigkeit Fx ver¬dampfen, daß dabei die Zusammensetzung derselben während der

    Verdampfung als konstant betrachtet werden kann, so erhalten wirdurch die Kondensation des Dampfes Dx eine Flüssigkeit F2,

    0 l

    —>- Gehalt am fluchtigeren Bestandteil

    Abb. 6. Gleidigewichtskurve einer idealen Mischung bei konst. Drude.

    welche die gleiche Zusammensetzung wie D1 hat. Durch unend¬liche Wiederholung dieses Vorganges kann die leichter flüchtigeKomponente im letzten Destillat 100 o/o ig rein durch Wieder¬

    holung in bestimmter Anzahl beliebig angereichert werden. (EineMethode der quantitativen Bestimmung der Zusammensetzung desDestillates auf graphischem Wege, bei Veränderung der Zusammen¬

    setzung in der Destillationsblase, d. h. im praktisch vorliegendenFall der diskontinuierlichen Verdampfung ist in Eucken-Jakob, der

    Chemie-Ingenieur 1933, Bd. I, 3. Teil, S. 99 und 100, angegeben.)Dieses Prinzip der wiederholten Verdampfung und Konden¬

    sation bildet die Grundlage der sogenannten fraktionierten Destil¬lation. Das ganze Verfahren wird hierbei in einem Arbeitsgangdurchgeführt. Der sich in der Destillationsblase bildende Dampfwird nicht sofort abgeführt, sondern zunächst durch eine auf dieBlase aufgesetzte Säule oder Kolonne geleitet. Zur Erklärung deshier stattfindenden Vorganges eignet sich am besten die sogenannteSprudelkolonne. Bei dieser Art der Ausführung befinden sich imInnern der Säule in bestimmtem Abstand voneinander eine gewisseZahl nach nebenstehendem Schema konstruierter Zwischenböden

    (Abb. 7). Sie sind mit feinen Löchern durchsetzt, durch welcheder Dampf aufsteigt, die Flüssigkeit hingegen nicht zurückfließen

  • 18

    kann. Der richtige Stand derselben auf jedem Boden wird durchdas Niveaurohr eingehalten. Am Kopfe der Kolonne befindet sichein Dephlegmator genannter Kühler, mit dessen Hilfe ein beliebiger

    Abb. 7.

    Teil des aufsteigenden Dampfes kondensiert werden kann und aufdie Böden und schließlich in die Blase zurückfließt. Die Kolonne

    ist gut gegen Wärmeverluste isoliert, um jeden wilden Rückfluß,der störend wirken würde, nach Möglichkeit einzuschränken. DieBöden sollen so konstruiert sein, daß das Gleichgewicht zwischender darauf befindlichen Flüssigkeit und dem aufsteigenden Dampfmöglichst gut erreicht wird. Praktisch wird das nie vollkommen

    zutreffen; wir können es aber zur Berechnung der Bodenzahl, die

    notwendig ist, um ein Gemisch von bestimmter Zusammensetzungaus zwei Bestandteilen, deren X-Y-Kurve bekannt ist, auf eine ge¬wünschte Zusammensetzung des Destillates anzureichern, doch vor¬aussetzen.

    Ermittlung der theoretischen Bodenzahl.

    Die Berechnung der für eine bestimmte Anreicherung benötig¬ten Zahl der theoretischen Böden geschieht am einfachsten auf gra¬phischem Wege. Es müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • 19

    Die Gleichgewichtskurve des Gemisches muß bekannt sein. DasRückflußverhältnis (Menge des Rückflusses zur Menge des Destil¬

    lates) muß konstant gehalten werden. Die thermische Isolation der

    Abb. 8. Zusammensetzungen in der Kolonne eines absatzweise arbeitenden

    Apparates.

    Säule muß so gut sein, daß die Menge des Rückflusses in Ver¬

    dampfungswärmeeinheiten (VWE), gemessen in der ganzen Ko¬

    lonne, als konstant betrachtet werden kann.

    Die Bestimmungsmethode folgt dem Prinzip der wiederholten

    Verdampfung und Kondensation. Wir benützen am besten neben¬stehende graphische Darstellung des Gleichgewichtes in Form derX-Y-Kurve zur Erklärung (Abb. 8).

    Die sich in der Blase befindliche Mischung habe den Gehalt xan leichtflüchtigem Bestandteil. Ihr Dampf hat demnach die Zu¬

    sammensetzung, die dem Punkte 1 entspricht.Durch vollständige Kondensation dieses Dampfes würden wir

    eine Flüssigkeit erhalten, die ebenso viel vom leichtflüchtigen Be¬standteil enthält wie dieser Dampf; wir würden über den Hilfs¬

    punkt 2' auf der 45 °-Linie zu Punkt 3' gelangen. Dieser Punkt

    gibt demnach die Zusammensetzung der aus dem Kondensat des

  • 20

    ersten Dampfes erhaltenen Flüssigkeit und die Zusammensetzungdes ihr entsprechenden Dampfes wieder. Da wir jedoch durch Be¬

    handlung des ersten Dampfes mit dem entgegenströmenden Rück¬fluß nicht ganz denselben Effekt erzielen, den vollständige Kon¬densation ergeben würde, so gibt nicht Punkt 2' den Gehalt derkondensierten Flüssigkeit an Leichtsiedendem an, sondern Punkt 2auf der Geraden A—B. Der mit dieser Flüssigkeit im Gleich¬

    gewicht stehende Dampf wird durch Punkt 3 wiedergegeben. Durch

    Fortsetzung dieser Stufenführung bis zu Punkt B, welcher der Zu¬

    sammensetzung des gewünschten Destillates entspricht, erhalten wirdirekt die Zahl der zur Erzeugung dieses Produktes notwendigentheoretischen Böden als Summe der gezeichneten Stufen.

    Die Gerade A—B hängt nur vom Rückflußverhältnis ab undwird daraus durch einfache Berechnung bestimmt.

    Umgekehrt kann auch bei gegebener Zahl der theoretischenBöden (Zahl der praktischen geteilt durch den Wirkungsgrad) das

    notwendige Rückflußverhältnis auf entsprechende Art durch Pro¬bieren annähernd ermittelt werden.

    Die Gerade fällt bei unendlichem Rückflußverhältnis, d. h.bei vollständiger Kondensation des Dampfes am Kopfe der Kolonnemit der 45 °-Linie zusammen.

    Bei der weiter unten zu besprechenden Benetzungskolonne kannan Stelle eines theoretischen Bodens diejenige Höhe der Säule ge¬setzt werden, welche der Wirkung eines solchen gleichkommt. Die

    wirkungsvollste Kolonne ist dann die, bei welcher ein theoretischerBoden durch die kleinste Höhe ersetzt wird.

    Durch Teilung der theoretischen Bodenzahl, durch die für die

    gleiche Anreicherung notwendige Zahl der praktischen Böden er¬halten wir den Wirkungsgrad des praktischen Bodens. Derselbe istvon der Erfüllung des Gleichgewichtes auf dem Boden abhängig.Er kann für ein bestimmtes Gemisch nahezu den Wert 1 haben und

    für ein anderes bedeutend kleiner sein. Es spielen für die Einstel¬

    lung des Gleichgewichtes verschiedene Momente eine Rolle, die wirnicht theoretisch erfassen können, wie z. B. die Zähigkeit der Sub¬

    stanzen, wodurch der Austausch zwischen Flüssigkeit und Dampfstark gehemmt werden kann. Die von verschiedenen Autoren ge¬fundenen Werte differieren hauptsächlich aus diesem Grunde sehrstark: Peters1) fand in seinen Versuchen Werte von 0,5—0.7;C. S. Robinson2) gar nur 0,24—0,56; wahrend Rausbrand nochdie vollkommene Erfüllung des Gleichgewichtes annahm.

    x) Ind. & Eng. Ch. 14, 476—479 (1922).2) Ind. &n Eng. Ch. 14, 480 (1922).

  • 21

    Die theoretische Bodenzahl gibt uns daher nicht mehr als einen

    Anhaltspunkt für den Bau einer Kolonne. Indem wir auf Grund

    großer Erfahrung den Einfluß der Viskosität des zu destillierendenGemisches in Verbindung mit der spezifischen Bauart der Böden

    einigermaßen abzuschätzen imstande sind, gelingt es allerdings dieZahl der für eine Trennung notwendigen praktischen Böden mit

    befriedigender Genauigkeit anzugeben. Die sicherste Grundlage bleibtaber immer der Versuch.

    Verschiedene Typen von Fraktionierkolonnen.

    Obschon also die Einstellung des Gleichgewichtes von Flüssig¬keit und Dampf sehr stark von der Art des zu destillierenden Ge¬misches abhängig ist, kann als allgemein gültige Regel gesagt wer¬den, daß dieselbe in jedem Fall der Innigkeit der Berührung des

    Dampfes mit der Flüssigkeit proportional ist. Es ist daher beim Bauvon Kolonnen speziell darauf zu achten, daß der aufsteigende Dampfin möglichst intensive Berührung mit der zurückströmenden Flüssig¬keit gebracht wird.

    Dieses Ziel kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden.Man kann die gebräuchlichsten Konstruktionen in drei Typen ein¬teilen: 1. die zur Erläuterung bei der Berechnung der Bodenzahlbeschriebene Sprudelkolonne; 2. die sogenannte Regenkolonne, beiwelcher der Dampf zwischen den Böden hin und her geleitet wird,während er durch den von den Böden in feinen Tröpfchen herunter¬rieselnden Rückfluß gewaschen wird (Kubierschky-Kolonne) ; 3. die

    Benetzungskolonne, die in ihrer ganzen Höhe mit Füllkörpern be¬schickt ist, an deren großer Oberfläche das Kondensat fein verteiltherunterläuft und von dem ebenfalls auf vergrößertem Wege her¬

    aufsteigenden Dampf durchsprudelt wird.Die beiden ersten Bauarten werden fast ausschließlich in der

    Technik verwendet. Für den Betrieb in kleinerem Maßstab werden

    sie heute kaum mehr gebraucht, und zwar stehen ihrer Verbreitungrein praktische Gründe entgegen: Die Konstruktion aus Glas istziemlich kostspielig und ihre Reinigung ist schwierig, weshalb sienicht gut für ständig wechselnde Aufgaben verwendet werden kön¬nen. Außerdem vertragen sie naturgemäß nicht allzu große Tem¬

    peraturschwankungen. Ihr Vorteil liegt besonders darin, daß sierelativ wenig Substanz zurückhalten.

    Als Universalapparat eignet sich für das Laboratorium die Be¬

    netzungskolonne am besten. Ihre Vorzüge sind: 1. niedrige Her¬

    stellungskosten ; 2. leichte Reinigung; 3. der einfachen Konstruktion

  • 22

    wegen ist die Gefahr des Zerbrechens auf ein Minimum reduziert;4. ihre Verwendbarkeit ist besonders groß, weil sie je nach derBeschaffenheit des Destillationsgutes leicht mit einem speziell ge¬eigneten Füllkörper versehen werden kann. (Man destilliere, wenn

    größere Ansprüche an die Trennwirkung gestellt werden, wennimmer möglich mit feinen Füllkörpern, da dieselben eine relativ

    größere Oberfläche haben und verwende nur für ausgesprochen zäh¬

    flüssige Produkte, bei denen sich der Rückfluß in der Säule stauenwürde, gröbere.)

    Die einzelnen Elemente der Benetzungskolonne.

    1. Der Füllkörper.

    Über die Eignung der verschiedenen in Betracht kommendenFüllmaterialien liegen mehrere zuverlässige Arbeiten vor: 1), 2), 3),aus denen zusammenfassend folgende Resultate entnommen seien:

    Hohe Durch-

    messer

    cm

    Dicke

    cm

    Oberfläche Wirksamkeit

    pro cm bei 40 cm

    Hohe Schichthohe

    Wirksamkeit

    bei 100 cm

    Schichthohe

    0,85

    0,7

    0,02

    0,02

    17,0-5-18,1 1

    19,0-5-20,4 1,03

    i,ii

    1,18

    Eisenringe 0,75-H),8

    Aluminiumringe 0,7-H),75

    Glasringe 0,5-5-0,6 0,5-5-0,6 0,03-5-0,04 27,3-5-39,7 1,03 1

    Glasperlen — 0,55-5-0,6 — 36,0-5-42,4 1,08 1,31

    (Die Wiedergabe der Wirksamkeit durch eine Zahl ist von Dienernach der durch Grimm3) aufgestellten Berechnungsweise aus demVerlauf der Gleichgewichtskurven und dem Trennungsergebnis aus¬

    geführt worden.)Wenn wir statt der gleichen Höhe des Füllmaterials Mengen

    gleicher Oberfläche miteinander vergleichen, so erhalten wir noch

    größere Übereinstimmungen unter den verschiedenen Materialien:

    Eisenringe Aluminiumringe Glasringe Glasperlen

    Wirksamkeit: 1,29 1,29 1,23—1,26 1,24—1,26

    !) Diss. Diener Ad. Würzburg 1930.2) Jantzen Ernst: Das frakt. Dest. und das frakt. Verteilen als Me¬

    thoden zur Trennung von Stoffgemischen. 1932.3) Grimm H. G.. Zur Physik. Chemie. 14.0, 321, 1929, und Habili¬

    tationsschrift, München 1923.

  • 23

    Auch andere Autoren haben gefunden, daß Füllkörper mitrauher Oberfläche besser trennen als solche mit glatter. Da einerauhe Oberfläche gleichzeitig eine größere darstellt, ist das nichtweiter erstaunlich. Doch steht diesem, wie aus den Tabellen hervor¬

    geht, recht geringen Vorteil ein für den Zweck des Laboratoriumsnicht unbedeutender Nachteil gegenüber: Füllkörper mit rauherOberfläche halten mehr Substanz zurück. Hierin sind auch die sonst

    sehr wirksamen Glasperlen bedeutend ungünstiger als die Glasringe.Außerdem ist der Widerstand, den sie dem aufsteigenden Dampfbieten, für nicht besonders dünnflüssige Substanzgemische eher zugroß. Die Metallringe werden von vielen Flüssigkeiten angegriffenund können deshalb nicht allgemein verwendet werden. Aus allendiesen Gründen möchte ich für den Gebrauch im Laboratorium die

    Glasringe an erste Stelle setzen. Für die meisten Destillationen kön¬nen nämlich in Apparaten mit nicht allzu großer Höhe des Auf¬satzes noch kleinere Ringe als die oben zum Vergleich herange¬zogenen Verwendung finden. Ihre Wirksamkeit ist dadurch be¬deutend größer. So fand Jantzen, daß sich bei isodiametrischen

    Glasringen von 10,6 und 4,5 mm Durchmesser die Wirksamkeit,ausgedrückt durch die Zahl, der bei einer Schichthöhe von 100 cmerzielten theoretischen Böden wie 1 :1,52 bis 1,70 verhalten.

    Die von mir verwendeten Ringe hatten folgende Abmessungen:Sorte /.- 0,8 X 0,8 cm; Sorte II : 0,5 X 0,5 cm; Sorte III :

    1,0 X 1,0 cm.

    Daß die spezifische Trennwirkung des Füllmaterials von derSchichthöhe abhängt, mag bei Versuchen mit unvollständig iso¬lierten Kolonnen zwar der Fall sein; bei Versuchen, wo mit kon¬

    stantem Rückfluß gearbeitet wird, ist dies aus theoretischen Grün¬den unmöglich, weshalb die Werte der ersten Tabelle für eineSchichthöhe von 100 cm, für eine Kolonne mit Dephlegmator und

    guter Isolation nicht zutreffend sein können und auch die Werte für

    die Schichthöhe von 40 cm wohl eher noch näher zusammenliegen

    dürften für die verschiedenen Benetzungskörper.Für kleinere Kolonnen kann auch die von Widmer *) vor¬

    geschlagene Glasspirale bestens empfohlen werden. Sie ist zwarnicht ganz so wirksam wie die kleinen Ringe (Sorte II), hältaber weniger Substanz zurück und eignet sich speziell fürviskose Gemische, wo letztere ein zu geringes Durchsatzvermögenhaben. Ihr äußerer Durchmesser soll etwa 2 mm kleiner als die

    lichte Weite der Kolonne sein, dann läuft der Rückfluß auf dem

    weitesten Weg, der Spirale entlang, in die Blase zurück.

    i) Widmer, Diss. E. T. H. 1923.

  • 24

    2. Isolation der Kolonne.

    Aus dem theoretischen Teil geht hervor, daß die beste Wir¬

    kung einer Kolonne mit Dephlegmator bei absoluter Wärmeisolationerzielt wird. Wird überhaupt nicht isoliert, so kann das Rückflu߬verhältnis erstens nicht reguliert werden und ist durch die Differenzzwischen der mittleren Siedetemperatur des aufsteigenden Dampfesund der Zimmertemperatur, in Verbindung mit der Verdampfungs¬wärme des Gemisches, gegeben. Da sich der Rückfluß in diesemFalle naturgemäß nach unten stark vergrößert, während er am

    Kopfe der Kolonne, wo er sinngemäß am stärksten sein sollte, amkleinsten ist, so sind auch in dieser Beziehung für die Trennungungünstige Verhältnisse geschaffen.

    Die von Jantzen (S. 22 *) verwendeten Kolonnen sind durchVakuummäntel mit Metallspiegel, in äußerer Hülle siedende Flüssig¬keit, durch elektrische Aufheizung, Umwicklung mit Asbest, durch

    Kieselgur und ähnliche Isolationsmaterialien gegen Wärmeabgabe ge¬schützt. Bei Kombination von mindestens drei solchen Isolierungenwird gewiß ein sehr guter Wärmeschutz erreicht, doch kommt so

    komplizierte Isolation für Universalapparate nicht in Betracht.Besonders bei kleinen Kolonnen, die vornehmlich zu analyti¬

    schen Zwecken gebraucht werden, ist es außerdem wichtig, daß dieIsolation durchsichtig ist, damit beobachtet werden kann, wie großder Rückfluß und wie das Füllmaterial für ein Gemisch, dessen

    physikalische Eigenschaften meist unbekannt sind, gewählt werden

    muß, damit keine Stauungen auftreten oder solche durch Verkleine¬

    rung des Rückflusses sofort behoben werden können.

    Für die kleine Kolonne habe ich daher zur Isolation einen

    direkt angeschmolzenen Vakuummantel gewählt. Derselbe kann miteiner Hochvakuumpumpe entleert werden und ist dann bedeutendwirksamer als ein Luftmantel.

    Die Freykolonne von 75 cm wirksamer Höhe habe ich miteiner zirka 0,5 cm dicken Schicht Watte und satt gewickelter,grober Asbestschnur isoliert.

    Die 2 Meter hohe Kolonne, welche bei der Entwässerungvon Alkohol durch Benzolzusatz (vgl. S. 34 *) verwendet wurde,war durch zahlreiche Umgänge mit grobem Packpapier isoliert.

    Widmer verwendete für die Isolation seiner Kolonnen einen

    Luftmantel um die Destillation gegen störende Luftströmungen,die dieselbe unregelmäßig gestalten würde, zu schützen. Da er je¬doch keinen Dephlegmator einbaut, wird dadurch die Rückflu߬

    menge verkleinert, was eine prinzipielle Verschlechterung der Trenn¬

    wirkung zur Folge hat.

  • 25

    3. Der Dephlegmator, das Rückflußverhältnis und die

    Destillationsgeschwindigkeit.

    Das Prinzip der vollständigen Kondensation des Destillates undder kontinuierlichen Rückführung eines bestimmten Teiles desselbenals Rücklauf wird in der Technik heute fast allgemein angewendet.Da dadurch das Rücklaufverhältnis am genauesten bestimmt werden

    kann, ist dieser Methode auch für Destillationen im kleinen, welchedie Ermittlung der Schwierigkeit einer Trennung von verschiedenen

    Flüssigkeiten zum Ziele haben, unbedingt der Vorzug zu geben.Wo es sich aber wie im chemischen Praktikum nicht darum handelt,die wissenschaftlichen Voraussetzungen für eine gewisse Destil¬lation zu ermitteln, sondern wo es einfach darauf ankommt, eine

    möglichst gute Trennung zu bewirken, wird der Rückfluß, unter

    Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Zeit, im allgemeinenso groß als eben möglich gewählt. Dadurch wird nach dem ajfSeite 20 * Gesagten die größte Trennwirkung erzielt. Für die mei¬sten Trennungen ist ein Rückflußverhältnis von 5:1 bis 10 :1 amzweckmäßigsten (vgl. S. 26*).

    Ich verwendete ein einseitig geschlossenes Glasrohr, in wel¬chem in der aus Abb. 10 ersichtlichen Weise Leitungswasser zir¬kulieren gelassen werden kann, als Dephlegmator. Der Boden desRohres wird besonders bei der kleinen Kolonne mit Vorteil zu

    einer Spitze ausgezogen. Dadurch wird bewirkt, daß das Kondensatin feinen Tröpfchen zurückfließt.

    Die Menge des Rückflusses wird erstens durch den Strom des

    Leitungswassers reguliert, zweitens durch mehr oder weniger tiefesEintauchen des Phlegmators in die Säule. Er wird für gewöhnlichbis etwa zur Höhe der Ansatzstelle des Zweigrohres hineingesteckt.Auch durch Verwendung eines Dephlegmators von größerem Durch¬messer wird dessen Wirkung verstärkt. Bei Destillationstemperaturenwesentlich oberhalb 100 ° C. muß der beschriebene Dephlegmatordurch ein gewöhnliches, unten geschlossenes Rohr ohne Ansatzersetzt werden, wenn die gewünschte Rückflußmenge so klein ist,daß das Wasser zu sieden beginnt. Es wird darin eine Flüssigkeitvon entsprechendem Siedepunkt eingefüllt, die durch einen auf¬

    gesetzten Rückflußkühler fortwährend wieder kondensiert wird.

    Der Dephlegmator ist vielleicht als das wichtigste Element einer

    guten Fraktionierkolonne zu bezeichnen. Er ist sehr einfach ein¬

    zubauen, und man sollte nie darauf verzichten. Erst mit seinerHilfe kann die Wirksamkeit der Kolonne richtig ausgenützt werden.Die Destillation wird durch ihn sozusagen gesteuert. Wenn die

    Säule dagegen nicht isoliert ist, so daß die Dephlegmation durch

  • 26

    Luftkühlung bewirkt wird, so wird erstens, wie schon erwähnt,

    wegen der unrichtigen Verteilung des Rückflusses in der Kolonnein keinem Falle eine sehr gute Leistung erzielt werden. Zweitensist es vollständig dem Zufall überlassen, ob ein gutes Rückflu߬verhältnis resultiert oder nicht, da wir ja keinen der Faktoren, vondenen dasselbe abhängig ist, beeinflussen können. Höchstens durch

    Verkleinerung der Destillationsgeschwindigkeit läßt sich dasselbeetwas vergrößern. Trotzdem leisten solche Kolonnen, weil sie nocheinfacher sind, für die Fraktionierung leicht zu trennender Ge¬mische gute Dienste und sind für diese Zwecke durchaus zu ge¬brauchen und zu empfehlen.

    Aus der Abhandlung über die theoretischen Grundlagen gehtweiter hervor, daß die Trennwirkung einer Kolonne, gute Isolation

    vorausgesetzt, prinzipiell unabhängig ist von der Destillationsge¬schwindigkeit. Sie hängt bei gegebener Säule und für ein bestimmtesGemisch nur vom Rückflußverhältnis ab. Besonders bei Sprudel¬kolonnen wird bei einer ganz bestimmten, relativ großen Dampf¬geschwindigkeit die beste Trennung erzielt. Bei zu kleiner Ge¬

    schwindigkeit wird die Flüssigkeit auf den Böden zu wenig auf¬

    gewirbelt und das Flüssigkeitsdampfgleichgewicht kann sich dadurchnicht so gut einstellen. Man muß sich jedenfalls klar sein darüber,daß eine Verkleinerung der Destillationsgeschwindigkeit auch beiKolonnen ohne Dephlegmator die Trennung nicht direkt, sondernhöchstens indirekt durch Vermehrung der relativen Rücklaufmengebegünstigt.

    Einer bedeutenden Vergrößerung des Rücklaufverhältnisses steht,da nur eine beschränkte Menge Kondensat abfließen kann, letztenEndes die Zeit im Wege. Da nämlich außer der Begrenzung der

    Rücklaufmenge die Trennwirkung bei Steigerung des Rücklauf¬verhältnisses immer weniger verbessert wird, steigt dann die Zeitzur Ausführung einer Destillation sehr bald auf Wochen an.

    Für die praktische Ausführung einer Destillation halte ich esdaher am zweckmäßigsten, bei Beginn der Destillation, wo nochrelativ viel von der leichtflüchtigen Komponente vorhanden und die

    Trennung aus diesem Grunde noch relativ leicht ist, mit kleinemRückflußVerhältnis, d. h. großer Geschwindigkeit zu destillieren underst mit allmählich eintretender Verarmung des Gemisches in derBlase die Destillationsgeschwindigkeit bei gleichbleibendem Rückflußsukzessive zu verringern. Auf diese Weise wird in der kürzestenZeit die beste Trennung erreicht. In vielen Fällen, besonders wennder zweite Bestandteil wesentlich höher siedet oder eine bedeutend

    größere Verdampfungswärme besitzt, was nach der Regel von Trou-

  • 27

    ton *) bei zwei Flüssigkeiten mit ähnlichem Molekulargewicht immermehr oder weniger Hand in Hand geht, stellt sich diese Verlang¬

    samung der Destillationsgeschwindigkeit bei konstant gehaltenerWärmezufuhr selbsttätig ein und muß eventuell nur durch Vermin¬

    derung der Heizung noch verstärkt werden.

    4. Die Höhe der Kolonne.

    Bei ideal isolierten Säulen geht die Trennwirkung der Schicht¬höhe des Füllmaterials direkt proportional; denn einem theoretischenBoden entspricht ja eine ganz bestimmte Säulenhöhe. Diese Gesetz¬

    mäßigkeit gilt auch für die gebräuchlichen, gut isolierten Kolonnenmit genügender Annäherung. Nur bei schlecht oder gar nicht be¬sonders isolierten Säulen nimmt die Wirksamkeit nicht ganz pro¬

    portional der Schichthöhe zu, da der vermehrte wilde Rückfluß be¬kanntlich nicht so günstig wirkt wie der am Kopfe der Säule er¬

    zeugte.5. Querschnitt der Säule.

    Über denselben ist folgendes zu bemerken: Die Vergrößerungdesselben hat im allgemeinen nur eine unbedeutende Verbesserungder Trennwirkung der Kolonne zur Folge (leichte Verlängerung des

    Dampfweges!). Ihr Vorteil liegt besonders in der Möglichkeit, die

    Destillationsgeschwindigkeit entsprechend zu vergrößern. Da aberanderseits die Zwischenfraktionen naturgemäß zunehmen und außer¬dem bei praktisch gleichbleibender Trennwirkung im Verhältnis zur

    Vermehrung des Querschnittes mehr Substanz zurückgehalten wird,sind für den Gebrauch im Laboratorium, im Gegensatz zur Ver¬

    wendung in der Technik, wo die zitierten Nachteile fast ganz außerBetracht fallen, möglichst enge Kolonnen zu empfehlen. Eine untereGrenze von zirka 1,2 cm Durchmesser sollte immerhin nicht unter¬

    schritten werden, da sonst durch die zusätzliche Verringerung des

    Querschnittes durch den Füllkörper bei nicht ganz leichtflüssigenSubstanzen Stauungen unvermeidlich sind.

    6. Die von der Kolonne zurückgehaltene Substanzmenge.

    Ihrer Verringerung steht die Trennwirkung des Apparates im

    allgemeinen direkt entgegen. Ein Füllkörper mit großer Oberfläche,

    großer Benetzung, hält eben entsprechend mehr Substanz zurück.Die Wichtigkeit der möglichst vollständigen Abdestillierung wird

    jedoch nach meiner Ansicht meist überschätzt. Da es sich geradebei der Fraktionierung kleiner Mengen und kostbarer Substanz-

    2) Die molekulare Verdampfungswärme ist der absoluten Siedetempe¬ratur proportional.

  • 28

    gemische darum handelt, eine möglichst saubere Trennung zu er¬

    reichen, finde ich es besonders in diesen Fällen als angezeigt, beibesserer Reingewinnung der leichtsiedenden Bestandteile die Zurück-

    Abb. 9. Frei-Kolonne

  • 29

    gehaltenen Menge aus der Kolonne mit einem geeigneten Lösungs¬mittel und nachfolgende Verdampfung desselben kann ja auch dieser

    Teil, wenn nötig, noch sozusagen quantitativ gewonnen werden.Als zweckmäßigster Apparat kann demnach diejenige leicht zu

    bedienende Kolonne gelten, welche die reinsten Fraktionen undkleinsten Zwischenfraktionen liefert.

    Die Abbildungen 9 und 10 stellen die beiden von mir verwen¬deten Kolonnen dar. Abb. 9 gibt die von Frey vorgeschlageneBenetzungskolonne wieder. Sie ist nach den Grundsätzen der besten

    Trennwirkung, der Einfachheit und leichten Bedienbarkeit speziellfür die Aufgaben im Laboratorium gebaut und in dieser Hinsichtwohl kaum zu überbieten.

    Ihre wirksame Höhe beträgt 75 cm. (Für einige Destillationenwurde eine kleinere von nur 40 cm Säulenhöhe verwendet; vgl. die

    Vorbemerkungen zu den einzelnen Arbeiten im praktischen Teil.)Der innere Durchmesser der Säule mißt 31 mm. Der freie Raum

    des mit Glasringen von Sorte I angefüllten Teiles mißt 475 ccm,ohne Ringe 610 ccm. Ihr Durchsatzvermögen (freier Raum proInhalt der Säule) ist somit 0,78. Der von mir verwendete Dephleg-mator hat einen äußeren Durchmesser von 19 mm. Die Blase faßt

    750 ccm.

    Abb. 10 stellt die von mir selbst konstruierte Abart der Frey¬kolonne für kleine Substanzmengen (bis 50 ccm) dar. Ihre wirk¬

    same Höhe mißt 15 cm; der Innendurchmesser der Säule 1,25 cm.

    Der Inhalt des wirksamen Teiles mißt 23 ccm. Nach dem Einfüllen

    der Glasringe (Sorte II) bleiben noch 16 ccm freier Raum. Das

    Durchsatzvermögen beträgt somit 0,70, der Durchmesser des Va¬kuummantels 28 mm, der des verwendeten Dephlegmators 9 mm.

    Die Beschreibung der weiteren Teile der beiden Kolonnen, ihreDiskussion und Bedienung findet sich Seite 21* ff.

    Für einzelne Versuche betreffend die Entwässerung von Alko¬

    hol durch Benzolzusatz verwendete ich eine Kolonne von 2 m wirk¬

    samer Höhe aus Eisen. Der innere Durchmesser derselben mißt

    45 mm, der äußere des Dephlegmators 28 mm. Als Füllkörperwurden hier Steingutringe von 1 X 1 cm gebraucht, die ein Durch¬

    satzvermögen von 0,61 hatten.

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  • 31

    Praktischer Teil.

    I. Ausführung verschiedener Trennungen mit denin Abb. 9 und 10 dargestellten Kolonnen.

    Es wurde in der zur Erreichung bester Resultate zweckmäßig¬sten Art destilliert. Der Zeitaufwand sollte in annehmbaren Gren¬

    zen gehalten werden. Das RücklaufVerhältnis wurde, wo nicht aus¬drücklich etwas anderes bemerkt wird, nicht konstant gehalten,sondern in der auf S. 26 * beschriebenen Weise sinngemäß variiert.Mit Rücksicht auf die Zeit wurde nicht über ein Verhältnis von

    15 :1 hinausgegangen. Die einzelnen Versuche sind nicht in ersterLinie mit dem Ziele der Prüfung der Kolonnen ausgeführt worden,sondern sollen der Aufgabe der vorliegenden Arbeit entsprechenddie Grenzen und Möglichkeiten der fraktionierten Destillation als

    allgemeine Trennungsmethode im Laboratorium illustrieren.

    a) Aethylalkohol — Wasser.

    1. Versuch.

    Ansatz : 50 ccm H20 -f 1,2 ccm C2H5OH 95 o/o ig.Das geeichte Thermometer zeigt für die ersten Tropfen 77 ° C.

    Dann steigt die Temperatur während einer Zwischenfraktion vonzirka 1 ccm auf 98 ° C. Es kann bei der vorhandenen Menge vonnur 1,2 ccm Alkohol kein hochprozentiger Alkohol abgetrennt wer¬den, weil diese Menge zum größten Teil als Dampf, Rücklaufund Kondensat im Ablaufrohr des Apparates zurückgehalten wirdund erst durch eine nachfolgende, stark wasserhaltige Mischung indie Vorlage übergetrieben wird. Das gestellte Problem, aus 20 %-igem Alkohol hochprozentigen abzutrennen, scheitert also an dem

    geringen Fassungsvermögen der Destillationsblase und nicht an derWirksamkeit der Kolonne.

    2. Versuch.

    Ansatz: 20 ccm C2H5OH 95 o/0 ig + 20 ccm H2G\1. Fraktion: 75 °—77 0 C. (0,5 ccm), 77° C. (19 ccm).2. Fraktion: 77 °—98 ° C. (0,5 ccm).3. Fraktion: 98° C. (17 ccm).Fraktion 1 hat eine Dichte von D" = 0,819. Ihr Gehalt an

    Äthylalkohol beträgt 90 o/0 i).

    x) Landolt-Bornstein, V 450; Beobachtungen von Mendeléef.

  • 32

    Das Wasser konnte somit bei ausgeschaltetem Dephlegmatorbis auf zirka 3,5 ccm abdestilliert werden. Am Anfang der Destil¬lation zerfloß die sich an der Außenwand der Säule aus dem auf¬

    steigenden Dampf kondensierende Flüssigkeit gleichmäßig. Nach¬dem die Hauptmenge des Alkohols abdestilliert war, bildeten sicham untersten Teil der Kolonne die charakteristischen sphäroidenWassertröpfchen. Die Destillationstemperatur blieb konstant, bisdieselben ungefähr 10 cm hoch in der Säule angestiegen waren,und begann dann plötzlich rasch zu steigen. In diesem Momentwurde die Fraktion entfernt. Die restlichen 5 ccm Säulenhöhe

    stellen diejenige Schichthöhe dar, die zur Fraktionierung eben nichtmehr genügt.

    Um einen Begriff von der oberen Grenze der für diese Tren¬

    nung noch zulässigen Destillationsgeschwindigkeit zu erhalten, führteich folgenden Versuch aus:

    3. Versuch.

    Ansatz: 25 ccm C2H5OH 95o/0ig + 25 ccm H20.Die Destillationstemperatur blieb bei einem Rücklauf von zirka

    2 ccm/Min. und einer Destillationsgeschwindigkeit von 5 ccm/Min.eben noch konstant auf 77 ° C. Wenn die Geschwindigkeit nochweiter vergrößert wurde, am Anfang der Destillation über 6 ccm/Min.,so stieg die Temperatur merklich an. Als 20 ccm abdestilliert waren,zeigten sich am untern Ende der Säule wieder die Wassertröpfchen(vgl. S. 32 *), die nur bei starker Verminderung der Destillations¬

    geschwindigkeit wieder vorübergehend verschwanden, um aber nach

    einigen weiteren ccm Destillat bleibend aufzutreten.

    b) Essigsäure — Wasser.

    Dieses Gemisch, dessen Trennung nicht ganz leicht ist und

    praktisches Interesse hat, wurde auch deshalb gewählt, weil die Zu¬

    sammensetzung der Fraktionen durch Titration rasch und genaubestimmt werden kann.

    1. Versuch (kleine Kolonne)

    Ansatz : 40 ccm 50 °/o ige Essigsäure.Die Destillationsgeschwindigkeit betrug möglichst genau 5 ccm

    in 9 Minuten, das Rückflußverhältnis bei maximalem Rücklauf

    ungefähr 10 :1. Das Destillat wurde in gesonderten Fraktionenvon je 5 ccm aufgefangen. Davon wurde jeweilen 1 ccm nach Ver¬

    dünnung mit Wasser mit normaler Kalilauge titriert.

  • 33

    Vol. °/o Essigsäure

    1. Fraktion (5 ccm) : Temp. 99° C. 29,32. Fraktion (5 ccm) : Temp. 99° c. 32,63. Fraktion (5 ccm) : Temp. 99,5 ° c. 35,34. Fraktion (5 ccm) : Temp. 100° c. 40,85. Fraktion (5 ccm) : Temp. 100° c. 42,56. Fraktion (5 ccm) : Temp. 103° c. 52,57. Fraktion (5 ccm) : Temp. 105° c. 75,68. Fraktion (5 ccm) : Temp. 106« c. 78,5

    2. Versuch {Kolonne von 75 cm wirksamer Höhe).

    Ansatz: 480 ccm Essigsäure 49,7 °/o ig-Das Rückflußverhältnis betrug anfangs ungefähr 8 :1 und ver¬

    größerte sich gegen Ende der Destillation bis auf etwa 15 :1. Die

    Destillationsgeschwindigkeit wurde möglichst konstant auf 1 ccm /Min.

    gehalten. Den Gehalt der Fraktionen bestimmte ich wie im erstenVersuch durch Titration mit n. KOH.

    i/ol. °/o Essigsäure

    1. Fraktion (20 ccm) : Temp. 98,5° C. 23,02. Fraktion (20 ccm) : Temp. 98,5° c. 23,23. Fraktion (20 ccm) : Temp. 98,5° c. 24,04. Fraktion (20 ccm) : Temp. 98,5° c. 24,85. Fraktion (20 ccm) : Temp. 98,7° c. 26,26. Fraktion (20 ccm) : Temp. 98,7° c. 27,67. Fraktion (20 ccm): Temp. 98,7» c. 28,28. Fraktion (20 ccm): Temp. 98,7° c. 29,09. Fraktion (20 ccm) : Temp. 98,9° c. 30,410. Fraktion (20 ccm): Temp. 98,9° c. 30,911. Fraktion (20 ccm) : Temp. 98,9° c. 31,512. Fraktion (20 ccm) : Temp. 99,2 0 c. 34,213. Fraktion (20 ccm): Temp. 99,4° c. 37,614. Fraktion (20 ccm): Temp. 99,5 0 c. 41,515. Fraktion (20 ccm): Temp. 99,8° c. 45,516. Fraktion (20 ccm): Temp. 100,0 0 c. 49,217. Fraktion ( 20 ccm): Temp. 100,3 0 c. 52,518. Fraktion (20 ccm): Temp. 101,0° c. 63,519. Fraktion (20 ccm) : Temp. 101,5 0 c. 67,420. Fraktion (20 ccm). Temp. 103,3 ° c. 73,021. Fraktion (20 ccm) : Temp. 105,2 0 c. 88,822. Fraktion (20 ccm): Temp. 108,0 0 c. 99,423. Fraktion (20 ccm) Temp. 110,0° c. 99,9

    (460 ccm)

  • 34

    c) Entwässerung von Aethylalkohol durch Zusatz von Benzol.

    Das von S. Youngx) entdeckte Verfahren hat seit ein paarJahren in der Großtechnik Eingang gefunden und die früherenMethoden der Destillation mit wasserentziehenden Mitteln, wie ge¬branntem Kalk, Kaliumkarbonat etc., wohl fast ganz verdrängt. Esberuht auf der Tatsache, daß Wasser-Alkohol-Benzol ein Gemischmit Minimumsiedepunkt (64,85° C, 760 mm Hg.) bilden, dessen

    Dampf folgende Zusammensetzung hat:

    6,5 Vol. o/o H20; 20,3 Vol. o/„ C2HàOH; 73,2 Vol. o/„ C6H6.

    Das sind 24,2 o/o Wasser, auf das übergehende Wasser-Alkohol-Gemisch berechnet. Dadurch ist die Möglichkeit prinzipiell gegeben,aus dem durch einfache Fraktionierung erhältlichen 95 °/o igen Al¬kohol 100 o/o igen zu gewinnen.

    Das Verfahren wird heute am besten nach O. v. Keußler2) bei10 Atmosphären Überdruck durchgeführt. Nach der S. 14

    * zitier¬

    ten Regel von Werewsky wird dadurch das Gleichgewicht in gün¬stigem Sinne verschoben : der Gehalt an Benzol beim ausgezeichnetenPunkt wird vermindert (60,5 Vol. o/0) und der Gehalt von Wasser

    gesteigert (15,8 Vol. o/0). Alkohol 23,7 Vol. o/0. Für das Labo¬ratorium kommt das Arbeiten bei Überdruck nicht in Betracht. Es

    war aber interessant, zu untersuchen, ob nicht das ursprüngliche von

    Young angegebene Verfahren bei gewöhnlichem Druck mit Erfolgdurchgeführt werden kann.

    Dies hängt vom Grad der Schwierigkeit ab, den die Tren¬

    nung des ternären, azeotropen Gemisches und die Trennung even¬tuell im Überschuß vorhandenen Benzols vom reinen Alkohol der

    fraktionierten Destillation bietet. Schon nach verschiedenen Be¬

    schreibungen des Verfahrens war zu erwarten, daß die Sache nicht

    ganz einfach sei. Der nach sämtlichen Angaben erwähnte erheb¬liche Überschuß an Benzol, der über die dem ausgezeichneten Ge¬misch entsprechende Menge hinaus zugesetzt wird, deutet daraufhin (vgl. 3) und 4). Außerdem sollen die Ausbeuten nach diesemVerfahren nur 35,2 Liter wasserfreier Alkohol aus 100 Liter An¬

    satz betragen, gegenüber einem theoretischen Wert von 51 Liter,wenn ein Alkohol von 95 Vol. o/0 als Ausgangsmaberial voraus¬

    gesetzt wird. Auch die von J. Barbaudy ermittelten Gleichgewichts¬kurven lassen auf schwierige Trennung schließen. Ebenso wird all-

    1) Journal Chem. Soc. London, Bd. 8i, 707 und 717; 1902.2) O. v. Keußler, Diss., Darmstadt 1925; ferner Z. Verein. Deutsch.

    Ing. 71; 925. 1927.3) , K. Thormann: Destillieren und Rektifizieren, Leipzig 192S.4) Jean Barbaudy, Journal Chim. Phys. Paris 24; 1—23.

  • 35

    gemein darauf hingewiesen, daß die Apparatur sehr sorgfältig regu^liert werden müsse, wenn gute Resultate erzielt werden sollen.

    Ich führte zuerst mit der Freykolonne (75 cm wirksame Höhe)zahlreiche Versuche aus, durch welche die Schwierigkeit der Tren¬

    nung und die richtige Menge des zuzusetzenden Benzols ermitteltwerden sollten. Bei einem Ansatz von 200 ccm Alkohol 95 o/o igund 100 ccm Benzol beispielsweise zeigte die fraktionierte Destil¬

    lation, die ich sehr sorgfältig ausführte (kleine Destillationsgeschwin¬digkeit, großes Ruckflußverhältnis), bei gewöhnlichem Druck

    (715 mm) folgendes Bild:1. Fraktion: Die zuerst übergehenden 50 ccm (64,2° C. konst.)

    stellten eine Emulsion dar, welche sich in der Vorlage in zweiSchichten zerlegte, eine obere von 40,5 ccm und eine untere von9,5 ccm. Von da an wurde das Destillat im Kühler merklich klarer.Nachdem insgesamt 95 ccm übergegangen waren, hörte die Trü¬

    bung des Destillates ganz auf. Die Temperatur war stetig bis66 ° C. gestiegen, obschon das Rücklaufverhältnis durch Verkleine¬

    rung der Destillationsgeschwindigkeit vergrößert worden war. Dieseerste Fraktion enthielt ungefähr 62 ccm Benzol.

    2. Fraktion: Die Siedetemperatur des Destillates stieg ständigan: 65,2° C. (25 ccm); 66,7« C. (40 ccm); 68,6° C. (50 ccm);71,5° C. (60 ccm); 75,8° C. (70 ccm); 76,7° C. (80 ccm). Diese80 ccm enthielten noch etwa 38 ccm Benzol.

    3. Fraktion: Sie ging bei 76,7 ° C. konst. über, enthieltkeine nachweisbaren Spuren von Benzol mehr und stellte nach ihrerDichte 96,5 o/0 igen Alkohol dar.

    Auch aus diesem relativ niedrigen Gehalt geht, abgesehen vom

    stetigen Anstieg der Destillationstemperatur, hervor, daß die Ab¬

    trennung des azeotropen, ternären Gemisches bei weitem nicht quan¬titativ erfolgt ist.

    Bei weiteren Versuchen, in denen noch weniger Benzol zuge¬setzt wurde, zeigte sich einfach eine entsprechende Verkleinerungder ersten Fraktion, welche das ternäre Gemisch darstellt und alsEmulsion übergeht. Wesentlich mehr Benzol zuzusetzen, als theo¬retisch erforderlich ist, hat aber keinen Sinn, weil dadurch bei der¬maßen unvollständiger Trennung die Ausbeute an reinem Alkohol

    unbedingt zu gering würde.Um mir ein abschließendes Urteil bilden zu können, führte

    ich in der auf S. 29 * erwähnten Kolonne (System Frey) die frak¬tionierte Destillation mit einem größeren Ansatz durch. Als Blasediente ein Kupferkessel, auf welchem die Kolonne mit Flanschen

    aufgeschraubt war. Abgedichtet wurde mit einer Bleipackung und

  • 36

    geheizt mit einem gewöhnlichen Fletscher-Brenner. Der Dephleg-mator (vgl. S. 30 *) wurde mit Leitungswasser gespiesen und bismehrere cm unterhalb der Ansatzstelle des Zweigrohres in dieSäule hineingesteckt. Dadurch resultierte eine durchschnittliche

    Rücklaufmenge von ungefähr 80 com/Min. Da die Destillations¬

    geschwindigkeit von Fraktion 3 weg im Mittel 300 ccm/Stundebetrug, ergab sich ein Rückflußverhältnis von etwa 15 :1.

    Die Fraktionierung wurde über Nacht unterbrochen und dauertemehrere Tage. (Im Gegensatz zu Jantzen, der angibt, daß die Ver¬

    änderung der Wärmezufuhr sich auf die Destillationsgeschwindig¬keit bei hohen Säulen nur langsam auswirkt, konstatierte ich beider kleinsten Drosselung des Gasstromes eine momentane Verklei¬

    nerung der Destillationsgeschwindigkeit.)Daß die Abtrennung des ternären Gemisches, solange noch

    große Mengen Benzol in der Blase sind, möglich ist, war aus denVersuchen mit der 750 cm hohen Freykolonne hervorgegangen.Die Trennung wird aber mit fortschreitender Verarmung des Blasen¬inhaltes offenbar immer schwieriger. Dieses Gebiet stellt das Kri¬terium für die Möglichkeit der Fraktionierung dar. Ich wählte da¬her für den Versuch folgende Ausgangsmischung:

    24 Liter C2HbOH 95 o/o ig + 2,5 Liter CeHG.1. Fraktion: 62,8° C. bis 64,4° C. (3 Liter).Bis zur Temperatur von 63,2 ° C. schied sich das Destillat in

    zwei Schichten. Die oberhalb dieser Temperatur übergehende Flüs¬

    sigkeit war zwar im Kühler noch leicht trübe; die Schichten imDestillat verschwanden aber immer mehr, ein Zeichen, daß der

    Wassergehalt darin abnahm. Durch Verdünnung mit 2 Liter Wasserwurde festgestellt, daß die Fraktion aus etwa 2140 ccm Benzol

    (71,5 °/o) und 860 ccm wässerigem Alkohol bestand.Es wurden noch weitere 4600 ccm Benzol in die Blase ein¬

    gefüllt. Die Destillationstemperatur sank sofort wieder auf 63,1 ° C.2. Fraktion: 63,1 ° C. bis 63,2 0 C. (520 ccm) wurde folgender¬

    maßen auf ihre Zusammensetzung geprüft: Ich verdünnte sie zu¬nächst mit 200 ccm Wasser, schüttelte kräftig durch und ließ dieEmulsion im Scheidetrichter sich in zwei Schichten trennen. Die

    obere Flüssigkeit (Benzol) wurde noch mehrmals mit wenig Wasser

    behandelt, um die letzten Spuren Alkohol daraus zu entfernen.Sie maß schließlich 390 ccm. Die untere Schicht (wässeriger Al¬

    kohol) war ebenfalls durch mehrmaliges Versetzen mit Wasser vonden letzten Rest Benzol befreit worden. Sie betrug nun 312 ccm.Davon wurden zwei Proben von je 50 ccm der fraktionierten Destil¬lation in der kleinen Kolonne unterworfen und ergaben überein-

  • 37

    stimmend 19 ccm 91 °/o igen Alkohol. Die gesamte wässerige Lösung,ursprünglich 130 ccm, enthielt daher 108 ccm 100 o/0 igen C2H5OHund 22 ccm H20.

    Die Zusammensetzung von Fraktion 2 ergibt sich also zu:4,5o/o H20; 20,8o/o C2H5OH; 75 o/„ C6H6.

    Die Abtrennung des azeotropen Gemisches gelang also trotzder immer noch vorhandenen Menge von etwa 4 Liter Benzol in23 Liter Alkohol bereits bei weitem nicht mehr quantitativ. DieDestillation wurde fortgesetzt:

    3. Fraktion: 3,5 Liter ergab nach dem Verdünnen mit Wasserzirka 2500 ccm Benzol.

    4. Fraktion: 64,3° C. (1,5 Liter); 62,2° C. (2 Liter); 66,0 °C.

    (2,5 Liter); 66,5° C. (2,9 Liter); 67,7° C. (3 Liter); 73,0° C.

    (3,5 Liter); 76,2" C. (4,0 Liter); 76,4" C. (4,5 Liter); 76,5« C.

    (5,1 Liter). Jetzt konnte im Destillat kein Benzol mehr festgestelltwerden.

    5. Fraktion: Der in der Blase zurückgebliebene Rest von 19 Literwurde nun rasch bei ausgeschaltetem Dephlegmator übergetrieben.Seine Dichte wurde wieder pyknometrisch bestimmt: D2° = 0,8033.Der Gehalt stellt sich auf 96 o/0 C2H5OH.

    Um sicher zu sein, daß durch Verdünnung der Fraktionen mitWasser und Messen der Schichten ihr Benzolgehalt mit genügenderGenauigkeit bestimmt werden kann, ermittelte ich in zwei Ver¬suchsreihen die gegenseitige Löslichkeit von verdünntem Alkohol,verschiedener Konzentrationen in Benzol und von Benzol in ver¬

    dünntem Alkohol :

    a) In 20 ccm verdünnt C2H5OH sind klar löslich :In 20 ccm C2H6OH 30 Vol. o/o; weniger als 0,05 ccm BenzolIn 20 ccm C2H5OH 40 Vol. o/o; 0,3 ccm BenzolIn 20 ccm C2H5OH 50 Vol. o/o; 0,5 ccm BenzolIn 20 ccm C2H5OH 60 Vol. % ; 1,1 ccm BenzolIn 20 ccm C2H5OH 70 Vol. °/o; 3,3 ccm BenzolIn 20 ccm C2H5OH 80 Vol. o/o ; 8,3 ccm BenzolIn 20 ccm C2H5OH 85 Vol. o/o ; 16,2 ccm BenzolIn 20 ccm C2H5OH 90 Vol. % ; 33,8 ccm BenzolIn 20 ccm C2H5OH 95 Vol. 0/o : 80,0 ccm Benzol

    b) Verdünnter Alkohol wird mit Benzol bis zum Verschwindender Trübung titriert:5,5 ccm CaEUOH (90 Vol. %) sind in 100 ccm C6H6 noch nicht löslich

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  • 38

    Aus der ersten Versuchsreihe ist ersichtlich, daß Benzol erstin über 60 °/o igem Alkohol merklich löslich ist.

    Der Fehler, der bei angemessener Verdünnung und Abmessender überstehenden Benzolschicht zur Ermittlung des Benzolgehalteseiner Fraktion gemacht wird, ist daher nur unbedeutend. Die Lös¬lichkeit von verdünntem Alkohol in Benzol ist so gering, daß sie fürmeine Zwecke schon gar nicht in Betracht fällt. Umgekehrt sindwir in der Lage, Benzol in einem Gehalt von nahezu 1 o/o imAlkohol durch Verdünnen mit Wasser noch sicher festzustellen.

    Mengen unterhalb 1 o/0 werden am besten geschmacklich nachge¬wiesen.

    Das Ergebnis der Versuche beweist eindeutig, daß die Ent¬

    wässerung von Alkohol durch Zusatz von Benzol für den Betrieb

    in kleinem Maßstab nicht in Frage kommt. Sobald der Gehalt anBenzol ein gewisses Minimum erreicht hat (vgl. Fraktion 1 und 4des Großversuches), beginnt die Temperatur merklich zu steigen;die Fraktionen entsprechen nicht mehr dem ternären Gemisch, ob-schon noch genügend Wasser vorhanden ist. Auch das zweite, von

    Young erwähnte azeotrope Gemisch (34,5 Vol. o/0 C2H5OH; 65,5Vol. o/o C6H6; 68,25° C; 760 mm Hg), mit dessen Hilfe der Über¬schuß an Benzol entfernt werden soll, wird nicht erhalten. Es würdedeshalb bei großer Vermehrung des Benzolzusatzes, auch wenn da¬durch das Wasser vollständig entfernt werden könnte, welche Tren¬

    nung sicher auch mit der Abnahme des Gehaltes an Wasser immer

    schwieriger wird, bei der Entfernung des überschüssigen Benzolsnoch so viel Alkohol mit abdestilliert, daß die Ausbeute an wasser¬freiem Produkt viel zu gering würde; ganz abgesehen von der Zeit,welche eine solche Trennung beanspruchen würde.

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    IL Anwendungen der fraktionierten Destillationbei verschiedenen Darstellungen aus dem Gebiete der

    Zwischenprodukte.

    a) Darstellung von Ortho* und Para^Nitrochlorbenzol durch

    Nitrierung von Chlorbenzol und Trennung der beiden Iso*meren nach dem Verfahren des D.R.P. 97013.

    Nachdem es der Firma Griesheim im Jahre 1897 gelungen war,durch ein Verfahren, das eine Kombination von fraktionierter Destil¬lation und fraktionierter Kristallisation darstellt, die beiden bei derdirekten Nitrierung von Chlorbenzol sich bildenden Isomeren zu

    trennen, kommt heute für die Herstellung der beiden Produkte inder Technik nur dieser Weg in Betracht.

    Da das Kombinationsverfahren an und für sich interessant ist

    und vielleicht auch in anderen Fällen Anwendung finden könnte,habe ich mir die Mühe genommen, es einem eingehenden Studiumzu unterziehen, hauptsächlich mit dem Ziele zu prüfen, ob undwie weit es sich für die Herstellung der beiden Substanzen inkleinem Maßstabe eignet.

    Die Entscheidung dieser Frage liegt offenbar bei der fraktio¬nierten Destillation. Wenn es gelingt, schon durch einmaligeFraktionierung eine befriedigende Ausbeute, besonders an demin geringerer Menge entstehenden O-Isomeren, zu erhalten, so dürftedieser Darstellungsmethode, da die Nitrierung sehr leicht auszuführenist und auch die Kristallisation, verbunden mit der Abschleuderung,keine zeitraubende Operation bedeutet, für die Ausführung im

    organisch-technischen Laboratorium nichts mehr im Wege stehen.Im grundlegenden Patent der Firma Griesheim (D. R. P. 97013,

    Friedländer V, 47) finden sich leider keine Angaben über die Aus¬beute nach einmaliger Anwendung des Kombinationsverfahrens, was

    ja begreiflicherweise für den Großbetrieb, wo das noch ungetrennteGemisch einfach wieder dem Destillationsgut des nächstfolgendenAnsatzes zugegeben werden kann, auch nicht von so ausschlaggeben¬der Bedeutung ist, wenn nicht die zur Destillation aufzuwenden¬den Energiemehrkosten allzu hoch sind. Wie leicht einzusehen

    ist, wird die Großtechnik die Isolierung im ersten Arbeitsgangnur