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Research Collection Master Thesis Kontrolle der Oberflächenqualität von anodisierten Titan- Implantaten mittels Reflexionsspektroskopie Diplomarbeit WS 97/98 Author(s): Widmer, Martin Publication Date: 1998 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-004312320 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Research Collection

Master Thesis

Kontrolle der Oberflächenqualität von anodisierten Titan-Implantaten mittels ReflexionsspektroskopieDiplomarbeit WS 97/98

Author(s): Widmer, Martin

Publication Date: 1998

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-004312320

Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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ETH-Zürich, Departement Werkstoffe , Oberflächentechnik

Prof. N. D. SpencerDr. M. Textor

In Zusammenarbeit mit:

Robert Mathys Stiftung (B. Gasser)Fachhochschule Reutlingen (Prof. R. Kessler)

Kontrolle der Oberflächenqualitätvon anodisierten Titan-Implantaten

mittels Reflexionsspektroskopie

Diplomarbeit WS 97/98

Martin Widmer

Zürich, Februar 1998

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Dank

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bedanken bei:

− Herrn Prof. N. D. Spencer für die Möglichkeit am Institut für Oberflächentechnik mitzuar-beiten und diese Diplomarbeit durchzuführen.

− Herrn Dr. M. Textor für die gute Betreuung, die Unterstützung und die überaus interessantenGespräche.

− Herrn Prof. R. Kessler für die Möglichkeit, an der Fachhochschule Reutlingen die Messun-gen der optischen Reflexionsspektroskopie durchzuführen.

− Herrn B. Gasser für die Einblicke in die Robert Mathys Stiftung und die grosszügige Unter-stützung.

− Herrn B. Quint für die kompetente Betreuung an der Fachhochschule Reutlingen− Frau I. Pfund, die mich bei den XPS-Tiefenprofilmessungen grosszügig unterstützt hat.− Frau C. Sittig, welche mir unter anderem auch die XPS-Messung näher gebracht hat.− Herrn M. Wieland, der mir bei der Laser-Profilometrie hilfreich zur Seite stand.− Nicht zuletzt allen Mitarbeitern des Instituts für die gute Aufnahme ins Team und die

Hilfsbereitschaft und Unterstützung.

Die ganze Arbeit war überaus interessant und es hat Spass gemacht, an diesem Institut zuarbeiten.

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Inhaltsverzeichnis

1. ZUSAMMENFASSUNG.......................................................................................................3

2. EINFÜHRUNG......................................................................................................................5

3. AUFGABENSTELLUNG ......................................................................................................7

4. GRUNDLAGEN.....................................................................................................................7

4.1. Die Oxidschicht auf Titanwerkstoffen ..............................................................................74.2. Oberflächentopographie..................................................................................................104.3. Methoden zur Oberflächenbehandlung...........................................................................124.4. Charakterisierung der Oxidschicht..................................................................................14

4.4.1. Optische Reflexionsspektroskopie (ORS) ...............................................................144.4.2. Weitere Oberflächenanalysemethoden .....................................................................16

5. EXPERIMENTELLES..........................................................................................................18

5.1. Materialien......................................................................................................................185.2. Herstellung der Proben...................................................................................................185.3. Messgeräte zur Oberflächencharakterisierung ................................................................21

5.3.1. Optische Reflexionsspektroskopie (ORS) ...............................................................215.3.2. Weitere Messgeräte..................................................................................................23

6. RESULTATE UND DISKUSSION.....................................................................................25

6.1. Visuelle Beurteilung der Proben .....................................................................................256.2. Optische Reflexionsspektroskopie (ORS)......................................................................26

6.2.1. Spekuläre Reflexion (Lambda 9)..............................................................................266.2.2. Diffuse Reflexionsmessung (MMS) und Oberflächentopographie.........................32

6.3. Weitere Oberflächenanalysemethoden............................................................................356.3.1. Photoelektronen-Spektroskopie (XPS) ....................................................................356.3.2. Rasterelektronenmikroskopie (REM).......................................................................406.3.3. Ellipsometrie............................................................................................................406.3.4. Laser-Profilometrie (UBM) .....................................................................................41

6.4. Korrelation der Resultate ................................................................................................426.4.1. Schichtdickenmessungen mit verschiedenen Methoden ...........................................426.4.2. Schichtdicke/Anodisationsspannung........................................................................436.4.3. Oberflächentopographie und diffuse Lichtreflexion.................................................44

6.5. Schlussfolgerung............................................................................................................46

7. AUSBLICK...........................................................................................................................47

8. LITERATURVERZEICHNIS...............................................................................................47

9. ANHANG .............................................................................................................................49

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1. Zusammenfassung

Titan wird heute erfolgreich als biokompatibler Werkstoff zur Herstellung von Hüftgelenk- undKnieprothesen, für Dentalimplantate und in der Osteosynthese eingesetzt. Die einsatzrelevantenEigenschaften Korrosionsbeständigkeit und Biokompatibilität hängen dabei eng mit den Eigen-schaften der Titanoberfläche zusammen.

Bestimmte Implantattypen werden oberflächenbehandelt, um die Oberfläche auf die Funktion imKörper hin masszuschneidern. Die Kontrolle der Oberflächenqualität im Produktions-Massstabist ein ungelöstes Problem. Oberflächenanalysen sind oft sehr aufwendig und zerstörend. Esbesteht ein allgemeiner Bedarf für betrieblich geeignete, objektive und zerstörungsfreie Untersu-chungs- und Prüfmethoden, die über die rein visuelle Kontrolle hinausgehen.

Im Rahmen dieser Diplomarbeit und in einer Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Reutlin-gen, Deutschland, und der Firma Robert Mathys Stiftung, Bettlach, wurde die Eignung deroptischen Reflexionsspektroskopie (ORS) zur Charakterisierung von Oberflächen auf cp (com-mercially pure) Titan-Proben abgeklärt. Probenkörper wurden mittels Strahlen, Beizen und A-nodisation oberflächenbehandelt, reflexionsspektroskopisch untersucht und mit den Ergeb-nissen weiterer Oberflächenanalysemethoden (Rasterelektronenmikroskopie, Photoelektronen-spektroskopie, Rauheitsmessung, Ellipsometrie) verglichen.

Die Hauptergebnisse:

• Aus den Interferenz-Maxima und -Minima in den spekulären Reflexionskurven (gerichteteReflexion) lässt sich mit hoher Reproduzierbarkeit die Dicke (und Farbe) von (anodischen)Oxidschichten auf Titan bestimmen. Die Schichtdicke steigt erwartungsgemäss proportionalzur gewählten Anodisationsspannung an.

Im Gegensatz zur Ellipsometrie ist die Messung nicht auf glatte Proben beschränkt. • Aus dem Anteil diffus gestreuter Intensität lassen sich „Fingerprint“-Informationen zur O-

berflächenrauheit mit hoher Empfindlichkeit erhalten. Die Rauheitsdaten der Laser-Profilometrie korrelieren mit den diffusen optischen Streuanteilen.

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• Die optische Reflexionsspektroskopie erlaubt es, mit relativ geringem Aufwand, kurzenMesszeiten (einige Sekunden) und zerstörungsfrei Informationen zur Oxidschichtdicke undRauheit von Titanoberflächen zu erhalten. Denkbar ist ein Einsatz als on-line Kontrolle aufeiner Fertigungsstrasse oder im Rahmen der End-Qualitätskontrolle. Vorerst müsste abernoch die Eignung der Methode bei komplexen Implantatformen (insbesondere Schrauben)geklärt werden (Folgeprojekt Robert Mathys Stiftung/FH Reutlingen).

Oxidschicht

Metall

Θe Θa=Θe

λ

I spektral

UV VIS IR

⇒ Oxidschichtdicke aus den Interferenzlagen im gerichteten Reflexionsspektrum

Oxidschicht

Metall

Θe Θa=Θe

λ

I diffus

UV VIS IR

rauh

glatt

⇒ Rauheitskennwerte aus dem diffusen Anteil im rückgestreuten Spektrum

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2. Einführung

In der Unfall- und wiederherstellenden Chirurgie gehören Implantate heute zum Alltag.Beispiele aus den Gebieten der Orthopädie, Prothetik und Osteosynthese sind künstliche Hüft-gelenke (Abb. 2.1), Kniegelenke, Knochenfixationsplatten und -schrauben, Marknägel und kie-ferorthopädische Teile. In der Zahnmedizin sind vor allem Wurzelimplantate sehr verbreitet [1].

Abbildung 2.1.: Hüftgelenk mit Titanschaft und Aluminiumoxid-Kugel

Für den klinischen Erfolg eines Implantates sind neben dem Design auch der Werkstoff sowieseine Oberflächeneigenschaften von grundlegender Bedeutung. Seit mehreren Jahren sind Rein-titan (Ticp) und Titanlegierungen mit Erfolg als Implantatmaterialien im Einsatz. Gründe hierfürsind deren Eigenschaften wie Festigkeit, Ermüdungsfestigkeit, geringes spezifisches Gewicht,vor allem aber eine herausragende Korrosionsbeständigkeit und Biokompatibilität, welche Titanals Implantatwerkstoff besonders geeignet machen.

Gerade die Korrosionsbeständigkeit und die Biokompatibilität sind mit der Oberfläche eng ver-knüpft. Sie basieren auf einer stabilen und dichten Oxidschicht, welche sich in Gegenwart vonSauerstoff spontan auf der Oberfläche bildet. Diese Oxidschicht ist unter physiologischenBedingungen genügend stabil, bzw. bildet sich nach Verlust der Passivität mit hoher Repas-sivierungsgeschwindigkeit sofort wieder neu [2]. Somit spielt die Oberflächenqualität eine

herausragende Rolle.

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Um einen reproduzierbaren und konstanten Oberflächenzustand sowie attraktive Farben zugewährleisten, können Titanteile unterschiedlichen elektrochemischen Oberflächenbehandlungenunterworfen werden wie z.B. dem Anodisieren. Das Anodisieren ist ein schichtbildendes Ver-fahren, wobei durch die Wahl des Elektrolyten, dessen Temperatur und vor allem der angelegtenSpannung die Zusammensetzung, die Dicke und damit die Farbe der Oxidschicht bestimmt wer-den kann.

Im weiteren spielt die Oberflächentopographie („Rauheit“) für die Anlagerung von Zellen unddie Ausbildung von Gewebe an der Grenzfläche Implantat/Körper eine grosse Rolle [3].Rauhigkeiten im Nanometer- und Mikron-Bereich beeinflussen z.B. im Knochengewebe dieAnlagerung, Proliferation und Differenzierung von Osteoblasten, während Rauhigkei-ten/Struktur im makroskopischen Bereich ≥ 0.1mm für die Fixierung und Stabilität desImplantates im Knochen wichtig sind [4]. Verschiedene Oberflächentechniken werden bereits

zur Strukturierung von Oberflächen von Titanimplantaten eingesetzt: beispielsweise Strahlen mitGlas, Stahl und Korund, Beizen (insb. HNO3/HF), Aetzen (z.B. HF/HCl, H2SO4/HCl),Laserbehandlung oder Plasmabeschichtung (z.B. Abscheidung von rauhem, porösem Titandurch Plasma- oder Hochgeschwindigkeitsspritzen).

Schichtdicke, Rauhigkeit und chemische Zusammensetzung der Oxidschicht bestimmen imwesentlichen die Oberflächenqualität von Titanwerkstoffen. Diese lassen sich mit modernenUntersuchungsmethoden wie Photoelektronen-Spektroskopie (XPS), Rasterelektronen-Mikroskopie (REM), Laser-Profilometrie (UBM-Gerät) und Ellipsometrie bestimmen. Da dieseMethoden mit den Anforderungen in der industriellen Praxis (rasch, kostengünstig, standardi-sierbar) allerdings schlecht verträglich sind, wird als Qualitätskontrolle bis heute die Oberflächeoft nur visuell nach den optischen Aspekten, z.B. der Reinheit der Farbe „geprüft“.

Eine mögliche zerstörungsfreie Methode zur Kontrolle der Oberflächenqualität ist die optischeReflexionsspektroskopie (ORS). Diese ist seit längerer Zeit prinzipiell bekannt [5, 6, 7], aber bis-

her u.W. nicht zur Charakterisierung anodisierter Titanoberflächen eingesetzt worden.Apparativ und bezüglich Auswertungssoftware wurde die Methode an der FH Reutlingenweiterentwickelt [8]. Als on-line Kontrolle wird sie vereinzelt in der Metallindustrie bei der Fer-tigung von Stahl- und Aluminiumbändern eingesetzt [5, 9, 10].

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3. Aufgabenstellung

Das Ziel dieser Arbeit ist es, die optische Reflexionsspektroskopie (ORS) auf ihre Eignung zurzerstörungsfreien Charakterisierung von Titanoberflächen zu untersuchen.

Dazu werden Proben aus Reintitan (Ticp) labormässig bei der Firma Robert Mathys Stiftungmit verschiedenen mechanischen- und chemischen Oberflächenbehandlungen hergestellt und mitden Oberflächencharakterisierungstechniken Photoelektronen-Spektroskopie (XPS), Raster-elektronen-Mikroskopie (REM), Laser-Profilometrie (UBM-Gerät) und Ellipsometrie an derETH-Zürich bezüglich Schichtdicke und Oberflächenbeschaffenheit/Rauheit untersucht. Dieerhaltenen Resultate sollen mit den ebenfalls gemessenen Werten aus der ORS verglichenwerden.

4. Grundlagen

4.1. Die Oxidschicht auf Titanwerkstoffen

Die Oberfläche ist im Zusammenhang mit der Biosicherheit von Implantaten (vgl. Kap. 2) vonenormer Bedeutung. Titan ist eines der Metalle, die in verschiedenen chemischen Umgebungenrasch eine kompakte, gut haftende Oxidschicht (Passivschicht) bilden. Der weite Stabilitäts-bereich der Titanoxidschicht ist aus dem Pourbaix-Diagramm in Abb. 4.1 ersichtlich.

E (mV)

pH

Abbildung 4.1.: Pourbaix-Diagramm von Titan in H2O (Potential E(mV) vs. pH)

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• Thermische Bildung der OxidschichtDie Oxidschicht auf Titan bildet sich spontan innerhalb von Sekundenbruchteilen und wächst innormaler Atmosphäre bis zu einer maximalen Dicke von 7-10 nm weiter [11]. Titan zeigt zudem

eine gewisse Löslichkeit für Sauerstoff. Da die Affinität des Sauerstoffs zu Titan grösser ist alsdiejenige des Stickstoffs absorbiert eine Titanoberfläche wesentlich mehr Sauerstoff als Stick-stoff, wobei die Aufnahmefähigkeit durch die temperaturabhängige, maximale Löslichkeit derentsprechenden Elemente begrenzt ist [12].

• Elektrochemische OxidationDie Oxidation von Titan kann kontrolliert durch elektrochemische Anodisation erfolgen. Durchdie Einstellung der entsprechenden Prozessparameter (Elektrolytart und -zusammensetzung, e-lektrische Spannung) kann die Schichtdicke, die Struktur und die Morphologie eingestelltwerden.Als Elektrolyt kommen beim Anodisieren hauptsächlich schwefelsäurehaltige (H2SO4) Lösun-gen, phosphorsäurehaltige (H3PO4) Lösungen oder entsprechende Mischungen zum Einsatz.Die Schichtdicke kann dadurch gegenüber der natürlichen Oxidschicht bis zu 50x verstärktwerden.

• SchichtwachstumDie Oxidschicht auf Titan bildet sich zuerst an der Oberfläche durch Reaktion der äusserstenOberflächenschicht mit dem Sauerstoff oder Wasser der Umgebungsluft oder des Elektrolyten.Offensichtlich wächst dann die Oxidschicht an der Grenzfläche zwischen Oxid und Umgebungweiter, indem Titanionen durch die bereits bestehende Oxidschicht an die Oberfläche diffundie-ren und mit Sauerstoffionen reagieren. Allerdings kann auch ein Oxidschichtwachstum im Inter-face zwischen Titan und Oxid als Folge einer Sauerstoffdiffusion durch die Oxidschicht nichtausgeschlossen werden [12].

• Zusammensetzung der OxidschichtDie Titanoxidschicht kann in unterschiedlicher stöchiometrischer Form (TiO, TiO2, Ti2O3,Ti3O5, etc.) und Struktur (amorph oder kristallin mit den Phasen Anatas, Rutil und Brookit) vor-liegen [13, 14]. Von den kristallinen Strukturen treten allerdings vorwiegend Anatas und Rutil

auf. Allgemein sind die dünneren Oxidschichten eher amorph, während bei dickeren Schichtender kristalline Anteil oft mit der Schichtdicke ansteigt [15].Dickere Oxidschichten lassen sich einerseits thermisch bei höheren Temperaturen [16], anderer-

seits durch elektrochemische Oxidation (Anodisation) erzeugen.

• Farbe der OxidschichtDie Titanoxidschicht verleiht dem metallischen Werkstück in Abhängigkeit seiner physikali-schen Eigenschaften unterschiedliche Färbungen, welche von metallischem Grau, über Blau,Blauviolett, Gelb, Grün bis Braun reichen.

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Die Farbgebung basiert auf Interferenzeffekten transparenter, dickerer Oxidschichten [12, 17].Mit zunehmender Schichtdicke bei Oxidschichten auf Titan werden eine Reihe von Farben ersterbis vierter Ordnung durchlaufen [18]. Die Farbe ist dabei von der Dicke und dem Brechungs-

index abhängig.Im Gegensatz zu anderen Oxiden (z.B. Al2O3) hat TiO2 einen hohen Brechungsindex (n = 2.5-2.7). Dies führt zu einem beträchtlichen Anteil Reflexion an der Grenzfläche Oxid/Luft, der mitdem Anteil des von der Grenzfläche Oxid/Metall reflektierten Lichts interferiert.

Die Oxidschicht von Titan nimmt beim Anodisieren in Abhängigkeit des Elektrolyten, dessenTemperatur und vor allem der angelegten elektrischen Spannung eine charakteristische Dickeund damit auch Farbe an. Somit kann bei konstanter Temperatur durch Variation der elektri-schen Spannung die Farbgebung verändert werden, wobei zwischen Spannung und Schichtdickeeine ungefähr lineare Beziehung besteht. Abgelöste Oxidschichten sind weitgehend transparent;die Farbe ist also ein reiner Interferenzeffekt dünner, transparenter Schichten (Abb. 4.2).

einfallendes Licht

Oxidschicht

Titan-"Bulk"

Abbildung 4.2.: Weg des Lichtes durch die Oxidschicht und Interferenz des reflektiertenLichtes

Das einfallende weisse Licht wird beim Eintritt in die Oxidschicht gebrochen, in seine Spektral-farben zerlegt und am Uebergang Oxidschicht/Metall reflektiert. Im Vergleich mit dem direkt ander Grenzfläche Luft/Oxidschicht reflektierten Lichts ergeben sich Wegunterschiede, die von derWellenlänge und der Oxidschichtdicke abhängen. Ist der Gangunterschied in der Oxidschichtmit der Dicke d gerade ein ganzzahliges Vielfaches der eingestrahlten Wellenlänge λ, so resul-

tiert daraus konstruktive Interferenz, also eine Verstärkung (nach der Bragg’schen Formel:2d sinΘ = nλ). Im Reflexionsspektrum zeigt sich dies durch ein Maximum, während man imGegensatz dazu bei einem Minimum destruktive Interferenz hat (Gangunterschied = (n⋅λ)/2).

Die Tatsache, dass bei mikroskopischer Betrachtung einzelner Körner und bei unterschiedlichenBetrachtungswinkeln unterschiedliche Farben und Farbeindrücke festgestellt werden, weist aufeine Abhängigkeit der anodischen Oxidschichtdicke von der Metallkornorientierung hin [12].

Als Anwendung wird zum Beispiel bei Osteosyntheseplatten aus Ticp mit der gold-gelblichenFarbgebung ein Durchschimmern der metallisch grauen Farbe der direkt unter der Haut liegen-den Implantate verhindert. Im weiteren dient die Farbgebung der Kennzeichnung verschiedenerImplantattypen (Verwechslungssicherheit).

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4.2. Oberflächentopographie

Auch die Rauheit der Oberfläche beeinflusst die Reaktionen im angrenzenden biologischenMilieu eines Implantates (siehe Kap. 2). Somit ist die Kontrolle der Rauheit ein wichtiger As-pekt der Qualitätssicherung.

Die Topographie von Oberflächen lässt sich sehr gut am Rasterelektronenmikroskop (REM)untersuchen. Nachteil ist jedoch die Tatsache, dass keine quantitativen Daten erhalten werden(ausser bei der wenig verbreiteten Stereo-REM Technik). Für die quantitative Messung vonRauhigkeiten werden insbesondere eingesetzt: mechanische Abtaster („Talysurf“), Laser-Profilometrie („UBM“), konfokale und Interferenz-Mikroskopie, sowie Rastersondentechniken(AFM, STM).

Aus den resultierenden Profilen (z.B. aus der Laser-Profilometrie) lassen sich eine Reihe vonverschiedenen Rauheitskennwerten ermitteln, wobei ein einfacher, aussagekräftiger statistischerParameter der Mittelrauhwert Ra ist, welcher sich nach der Formel 4.1 berechnet.

RL

zdxa

L

= ∫1

0

(4.1)

z: Höhe der Oberfläche oberhalb des Mittelwertesx: OberflächenkoordinateL: Messlänge

Ra ist dabei der arithmetische Mittelwert der absoluten Werte der Profilabweichungen z inner-halb der Messstrecke L (Abb. 4.3).

Abbildung 4.3.: Definition des Mittelrauhwertes Ra

Typische Ra-Werte (gemessen mit Laser-Profilometrie) für verschiedene Implantatoberflächensind in Tabelle 4.1 dargestellt [11].

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Oberfläche cpTi poliert cpTi feinge-strahlt

cpTi grobge-strahlt

Ti Plasma-gespritzt

HA beschich-tet

Ra (µm) 0.042 1.395 5.562 6.574 9.3495

Tabelle 4.1.: Ra-Werte für verschiedene Implantatoberflächen

Weitere Rauheitskennwerte, die oft ermittelt werden:

• RzDIN: Mittlerer Berg-Tal-Höhenunterschied Yi von 5 konstruktiven Abschnitten.

• Nr: Anzahl Peaks, welche ausserhalb zwei definierter Toleranzlinien liegen, auf einer auf10 mm normierten Messstrecke.

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• Lr: Verhältnis des gestreckten Profiles mit der Länge L0 zu der Messstrecke Lm (Formel 4.2).

LL

Lrm

= 0 (4.2)

Somit ist bei einer perfekten, glatten Oberfläche Lr =1, und bei zunehmender Oberflächenrauheitwird auch der Wert von Lr grösser.

4.3. Methoden zur Oberflächenbehandlung

Wichtige Oberflächenfertigungsverfahren bei Titanwerkstoffen sind:

• GleitschleifenEin ungezieltes, spanendes Fertigungsverfahren zur Oberflächenbearbeitung von Massenteilenauf chemisch-mechanischer Grundlage.

• PolierenDurch mehrmaliges Schleifen mit feinem Korn und Stoffpolieren mit Politurpaste bekommt dieOberfläche ein spiegelglattes Aussehen.

• StrahlenDabei kann man zwischen Feingestrahlt (Kugelstrahlen) und Grobgestrahlt (Korundstrahlen)differenzieren. Sowohl beim Kugel- wie auch beim Korundstrahlen wird das Werkstück mitdem jeweiligen Strahlgut beschossen (Materialspezifikationen des Strahlgutes in Anhang A).Dadurch befindet sich aber auch jeweils ein Rückstand des Strahlgutes auf der Oberfläche,abhängig von der Grösse und Energie der Strahlpartikel. Dieser kann mindestens teilweisedurch die nachfolgende chemische Behandlung entfernt werden.

• BeizenEin abtragendes Verfahren zur Reinigung der Metalloberfläche, um ideale Voraussetzungen fürden Aufbau einer sauberen Oxidschicht gewährleisten zu können. Das chemische Beizen erfolgtvorwiegend in wässerigen Lösungen, bei Titan hauptsächlich in einer Kombination von Salpeter-säure (HNO3) und Flussäure (HF) [19]. Um die Wasserstoffbildung zu hemmen und eine

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mögliche Wasserstoffversprödung des Titans zu verhindern, sollte das Verhältnis HNO3/HFungefähr 10/1 gewählt werden.

• AnodisierenEin elektrochemisches, schichtbildendes Verfahren nach dem Modell der Elektrolyse, wobei dasWerkstück anodisch geschaltet ist. Das Schichtwachstum erfolgt dabei am Metall/Oxid- und amOxid/Elektolyt-Interface durch Diffusion der Sauerstoffionen respektive Metallionen durch dieOxidschicht [19]. Dieses Verfahren ermöglicht eine gezielte und kontrollierte Herstellung von

Titanoxidschichten, welche je nach Wahl des Elektrolyten, dessen Temperatur und der angeleg-ten Spannung beeinflusst werden können. Durch das Anodisieren kann die Schichtdickegegenüber der natürlichen Oxidschicht bis zu 50x verstärkt werden [12].Beim Anodisieren werden Kathoden aus Titan verwendet, während die Titan Probe als Anodegeschaltet wird (Abb. 4.4).

+-

Ti

Ti-Probe

Titanoxid

Abbildung 4.4.: Anordnung der Elektrolysezelle bei der Anodisation von Titan

Dabei laufen folgende Reaktionen ab:

Anodische Reaktion (Oxidation): Ti → Ti4+ + 4e-

Kathodische Reaktion (Reduktion): 2H3O+ + 4e- → 2H2 + 2O2- + 2H+

Gesamtreaktion: Ti + 2H3O+ + 4e- → Ti4+ + 2H2 + 2H+ + 2O2- + 4e-

⇒ Ti + 2H2O → TiO2 + 2H2

Mit dem Anwachsen der Schichtdicke nimmt bei konstanter Spannung der Stromfluss ab, bisder Strom nur noch dem elektronischen und ionischen Leckstrom entspricht. Der Durchtritt der

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Ionen durch die Oxidschicht ist abhängig von der Spannung (Spannungsabfall über der Oxid-schicht) und der Oxidschichtdicke. Je höher die Spannung, desto dickere Schichten werdendadurch gebildet.Durch wiederholtes Anodisieren können Oxidschichten praktisch beliebig erneuert werden,wobei allerdings immer auf eine saubere Ausgangsoberfläche zu achten ist (→Beizen) [12].

4.4. Charakterisierung der Oxidschicht

4.4.1. Optische Reflexionsspektroskopie (ORS)

Bei diesem Verfahren wird weisses oder monochromatisches Licht unter einem definiertenWinkel eingestrahlt und aufgrund unterschiedlicher Brechungsindizes der (Umgebungs-) Luftund der Oxidschicht an der Grenzfläche Luft/Oxidschicht zum Teil direkt reflektiert, zum Teilunter Brechung in die Oxidschicht geführt. Am Interface Oxidschicht/Titan-Metall wird der ge-samte auftreffende Lichtstrahl spekulär und diffus reflektiert (Abb. 4.5). Sind in der OxidschichtInhomogenitäten (Defekte, Porosität, Phasen) in der Grössenordnung der Wellenlänge vorhan-den, kommen zusätzliche Beiträge durch diffuse Reflexion und Absorption innerhalb der Oxid-schicht dazu [8].

einfallendes Licht

Oxidschicht

Titan-"Bulk"

Abbildung 4.5.: Prinzipieller physikalischer Hintergrund für die Interferenz

Das resultierende spekulär reflektierte Licht, welches die Oberflächenschicht verlässt, hat unter-einander einen Oxidschichtdicken-abhängigen Gangunterschied und erzeugt somit ein Reflexi-onsspektrum, in dem Interferenzeffekte deutlich zu sehen sind (siehe Kap. 4.1).Diese Interferenzerscheinungen hängen von der Schichtdicke der Oberflächenschicht und vonden optischen Konstanten (Brechungsindex n und Absorptionskonstante k) dieser Schicht unddes Grundmaterials ab [20]. Somit ist nur die Lage der Extrema entscheidend für die Schichtdi-

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ckenbestimmung, während im generellen Verlauf des Spektrums weitere Informationenbetreffend optischen Eigenschaften der Oberfläche indirekt enthalten sind. Mit Hilfe eines ander Fachhochschule Reutlingen entwickelten Kurvensimulationsprogrammes, welches auf denFresnel’schen Gleichungen [21, 22] basiert, kann das gemessene Spektrum bei bekannten opti-

schen Konstanten möglichst optimal angenähert und daraus die Schichtdicke errechnet werden.Aus den komplexen Brechungsindizes ni* der Phasen i (Luft 1, Oxidschicht 2, Metall 3) undden Fresnel’schen Reflexionskoeffizienten r für senkrecht (s) und parallel (p) zur Einfallsebeneorientiertem E-Vektor ergibt sich für ein beschichtetes System (1/2/3) unter Berücksichtigungder Mehrfachreflexion r123 zu [23]:

rr r i

dn

r r id

n123

12 23 2 2

12 23 2 2

4

1 4=

+ −

+ −

exp * cos

exp * cos

πλ

α

πλ

α (4.3)

(α2: Brechungswinkel)

Der Exponent in Gleichung (4.3) beschreibt dabei die Phasenverschiebung der Lichtwelle beimAuftreffen auf die Phasengrenze, sowie deren Dämpfung bei absorbierenden Schichten. Durchdie unterschiedlichen zurückgelegten Wegstrecken des Lichtes in der Deckschicht, sowie denPhasensprüngen an den Grenzflächen entstehen schichtdickenabhängige Interferenzmaxima und-minima, deren Dämpfung exponentiell von der Schichtdicke d abhängig ist.

Bei der Messung der diffusen Reflexion wird bei einem Winkel ausserhalb des spekulärenWinkels (Glanzwinkel) detektiert. Die daraus resultierenden Reflexionsspektren enthalten kom-plementäre Informationen zu den spekulären Spektren:

− Diffuse Streuung abhängig von der Rauhigkeit der Luft/Oxid- und Oxid/Metall-Grenzfläche.− Diffuse Streuung an Inhomogenitäten der transparenten Schicht, falls diese in der Grössen-

ordnung der Wellenlänge liegen.− Absorption in der transparenten Schicht (Eigenfarbe).

Die Reflexionsspektren der ORS können mit verschiedenen Gerätetypen gemessen werden, wel-che allerdings alle auf dem selben Grundaufbau basieren, dessen Blockschaltbild inAbb. 4.6 dargestellt ist [5].

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Wollaston-Prisma

Opt. Bauteile

Lichtwellenleiter

A/D-Wandler

Holographisches Gitter

Dioden Array

Computer

Probe

Lichtstrahl

Polarisator

Halogen Lampe

Analysator

Abbildung 4.6.: Grundlegendes Blockschaltbild des Messgerätes für Reflexionsspektren

4.4.2. Weitere Oberflächenanalysemethoden

Heute steht eine riesige Auswahl mikroskopischer und spektroskopischer Methoden zur detail-lierten Analyse der Oberflächen, respektive zur Charakterisierung deren atomarer Zusammenset-zung und Struktur, zur Verfügung. Jede dieser Methoden zur Bestimmung von Eigenschaftenwie Oberflächentopographie, chemische Zusammensetzung, Morphologie, Gitterstruktur oderSchichtdicke weist Vor - und Nachteile auf und kommt bei ganz spezifischen Anwendungenzum Einsatz.

Die einzelnen Verfahren sind oft sehr aufwendig, da sie vielfach nur im Hochvakuum arbeitenund zudem spezifische Kenntnisse zur Durchführung der Analyse und deren Auswertungvoraussetzen.

• Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (XPS)Die Photoelektronen-Spektroskopie basiert auf dem Prinzip des Photoeffektes, nach welchemPhotonen die Emission von Elektronen verursachen, deren kinetische Energie dann in einem ho-chauflösenden Energieanalysator bestimmt wird. Das Auftragen der Intensität (Anzahl/sec) deremittierten Elektronen in Abhängigkeit ihrer Bindungsenergien ermöglicht eine Beurteilung derelektonischen Zustände der Oberflächenatome und der chemischen Zusammensetzung der Fest-körperoberfläche. Die qualitative Analyse gibt Aufschluss über die in der Oberfläche vorhande-nen Elemente (ausser Wasserstoff) und deren Bindungszustand, wobei eine Informa-tionstiefe von ca. 5-10 nm erfasst wird.

Indem die Probenoberfläche mittels einem Ionenstrahl abgesputtert und die XPS-Messungperiodisch wiederholt wird, kann ein Tiefenprofil der interessierenden Elemente (hier vor allemTi und O) aufgenommen werden. Somit ist eine Aussage über den Aufbau der Oberflächen-schicht (Verteilung der Elemente über die Tiefe) möglich.

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• Rasterelektronenmikroskopie (REM)Beim REM wird die Probenoberfläche mit einem fokussierten Elektronenstrahl „abgerastert“.Die Wechselwirkung dieser Primärelektronen mit der Probenoberfläche führt zu einer Rück-streuung dieser Elektronen oder zu einer Emission von Sekundärelektronen aus den Elektronen-hüllen der Oberflächenatome, welche mit einem Detektor erfasst werden. Die gemessene Inten-sität wird synchron in ein massstabgerechtes Rasterfeld auf dem Bildschirm übertragen. Diesermöglicht eine Abbildung von Oberflächen zur Darstellung der Oberflächentopographie undvon Materialkontrasten als Folge unterschiedlicher Materialzusammensetzungen.Hauptvorteile sind die erreichbare hohe Auflösung (< 0.01 µm) und die sehr hohe Schärfen-

tiefe.

• Laser-Profilometrie (UBM-Gerät)Das berührungslos arbeitende Verfahren erlaubt dank optischer Messtechnik mit dem Laser dieErfassung von Oberflächenprofilen, auch bei weichen und empfindlichen Materialien. DieProbe liegt dabei zum Messen auf einem Luftkissen-Lagertisch.Da das Autofokusmesssystem einen Abtastpunkt von nur 1 µm Grösse aufweist, ist somit auch

eine hohe laterale Auflösung in dieser Grössenordnung möglich. Die vertikale Auflösung liegtim Nanometerbereich. Neben den Profilmessdaten wird auch die reflektierte Lichtintensitäterfasst, was in vielen Fällen die Interpretation der Messwerte sehr erleichtert.Analog wie bei mechanischem Abtasten werden aus den 2D- oder 3D-Profilen Rauheits-kennwerte wie z.B. Ra, RzDIN etc. bestimmt (siehe Kap. 4.2).

• EllipsometrieEllipsometrie basiert auf der Analyse der Aenderung der Polarisation des eingestrahlten Lichtsnach der Reflexion oder Transmission z.B. an Oxidschichten. Dazu wird monochromatischesLicht eines Lasers unter einem bestimmten Winkel α auf die Probe gestrahlt, und im gleichenAusfallswinkel α wird das reflektierte Licht detektiert.

Mit dieser Messmethode kann man die optischen Konstanten des reflektierenden Materials oderaber, falls das reflektierende Material ein mit einer Oberflächenschicht beschichtetes Substrat ist,die Oberflächenschichtdicke bestimmen. Ellipsometrie kann dabei für Oberflächenschichtdickenim Bereich von Monolagen bis zu Mikrometern angewendet werden.

Um sinnvolle Resultate für die Schichtdicke zu erhalten, muss der Brechungsindex n und dieAbsorptionskonstante k des Substrats, der Oberflächenschicht und des umgebenden Mediumsmöglichst genau bekannt sein.

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5. Experimentelles

5.1. Materialien

• Probenmaterial: − Reintitan Ticp (commercial purity)

• GALVA-PREP-Konzentrat: − Waschlösung der Firma Robert Mathys Stiftung

• Titan-Beize: − 10% HNO3 konz. 65%-ig (Salpetersäure)− 2% HF konz. 38-40%-ig (Flussäure)− 88% deionisiertes Wasser (H2O)

• Elektrolyt-Lösung: − 80% H3PO4 konz. 85%-ig (Phosphorsäure)− 10% H2SO4 konz. 98%-ig (Schwefelsäure)− 10% deionisiertes Wasser (H2O)

5.2. Herstellung der Proben

Die Proben werden alle auf Anlagen der Robert Mathys Stiftung hergestellt. Das Grundmaterialfür die Proben stammt ebenfalls aus dem Lager der Robert Mathys Stiftung. Scheiben mit einemDurchmesser von 5 cm und 1.5 mm Dicke werden durch Stanzen hergestellt. Der Ablauf derProbenherstellung ist in Abb. 5.1 dargestellt.

• Gleitschleifen • mech. Oberflächenbehandlung - Poliert - Feingestrahlt (Kugelstrahlen) - Grobgestrahlt (Korundstrahlen) • chem. Oberflächenbehandlung - Waschen (Galva-Prep-Konzentrat: 94% Aethanol denat.) - Beizen (Titan-Beize: 10% HNO3, 2% HF, 88% H2O deion.) - Anodisieren (Elektrolyt: 80% H3PO4, 10% H2SO4, 10% H2O deion.)

Abbildung 5.1.: Ablauf der Probenherstellung

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Die Zusammensetzung der Beizlösung und des Elektrolyten sowie dessen Temperatur werdenso gewählt, wie es sich bei der Produktion der Implantate bei der Firma Robert Mathys Stiftungschon seit langem bewährt. Somit werden einzig die Parameter der mechanischen Oberflächen-behandlung, mit oder ohne Beizen, und bei der Anodisation die elektrische Spannung variiert.

• GleitschleifenAls Grundbehandlung werden alle Probenscheiben zuerst einmal gleitgeschliffen.Technische Angaben zum Gleitschleifen:

- Maschine TT90- Material der Steine: F.7.13 Cyl. (Gemisch)- Laufzeit: 30 Min. (80% Umdrehung)- Separieren 20 Min. inkl. Trocknen

• Mechanische OberflächenbehandlungNach dem Gleitschleifen folgen die drei mechanischen Oberflächenbehandlungen Polieren,Feinstrahlen und Grobstrahlen zur Erzielung unterschiedlicher, definierter Oberflächenrauheiten.

• Polieren: − KEWA Schleifmaschine− Schleifen grob 220 Korn− Schleifen fein 400 Korn− Bürsten− Stoffpolieren (Stoffscheibe 2 CF, polieren mit Dialux gris)

• Feinstrahlen: − Kugelstrahlen fein− Strahlgut: Inox Nr.2− Kugeldurchmesser: 0.1-0.3 mm (zul. Abweichung ±10%)

• Grobstrahlen: − Korundstrahlen (Nassstrahlen)− Strahlgut: Biloxit Nr.7− Körnung: 0.06-0.1 mm

Die Materialspezifikationen der Strahlmittel sind im Anhang A beigefügt.

• Chemische OberflächenbehandlungDie chemische Oberflächenbehandlung setzt sich aus den Schritten Waschen, Beizen undAnodisation zusammen. Dabei wird jeweils nach etablierten Vorschriften der Firma RobertMathys Stiftung für Implantatherstellung vorgegangen.

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• Waschen: − 2 Min. Waschen in 10%-iger GALVA-PREP-Lösungim Ultraschallbad (60°C)

− 2 Min. Spülen in Ethanol (94%-ig) im Ultraschallbad(Raumtemperatur)

− 2 Min. Spülen in reinem Trichlorethylen (im Ultra-schallbad bei Raumtemperatur)

− Trocknen mit Warmluft

• Beizen: − Während 2 Min. unter Bewegung in der Titanbeizebeizen (→Wasserstoffentwicklung)

− Trocknen mit Hilfe von Filterpapier− Nach dem Beizen sofort anodisieren

Zwischen allen Schritten werden dabei die Proben in deionisiertem Wasser unter Bewegengespült.Es werden Proben sowohl mit wie auch ohne Zwischenbeizen vor der nachfolgenden Anodisati-on hergestellt.

• AnodisationDie Proben werden trocken und stromlos in die Elektrolytlösung eingetaucht. Die Spannungwird anschliessend langsam auf den jeweiligen Sollwert hochgefahren und die Probe unterleichtem Bewegen während ca. 2 Min. anodisiert, worauf die Spannung wieder langsam herun-tergefahren und schliesslich ganz ausgeschaltet wird. Dies gewährleistet eine gleichmässige Bil-dung der Oxidschicht. Nach zweimaligem gründlichem Spülen in Ethanol (94%-ig) werden dieProben in Warmluft getrocknet. Zwischen allen Schritten wird dabei ebenfalls mit deionisiertemWasser gespült.

Zur Variation der anodischen Oxidschichtdicke werden drei Spannungen (30V, 63V und 90V)gewählt.

Abb. 5.2 zeigt den vollständigen Parameterbaum.

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Abbildung 5.2.: Parameterbaum der Proben

Dabei werden alle mit * gekennzeichneten Proben hergestellt, um eine möglichst repräsentativeAussage über den Einfluss der zwei Grössen Schichtdicke und Oberflächentopographie machenzu können.

5.3. Messgeräte zur Oberflächencharakterisierung

5.3.1. Optische Reflexionsspektroskopie (ORS)

• On-line MesskopfBei diesem Aufbau wird die Probenoberfläche unter einem Winkel von 45° mit weissem,parallel zur Probe polarisiertem Licht beleuchtet, und auch wieder unter 45° detektiert (Einfalls-winkel = Ausfallswinkel bei spekulärer Reflexion) (Abb. 5.3).

45°45° ComputerProbe

Lampe

Detektor (Dioden-Array)

Unterlage

Abbildung 5.3.: Aufbau des On-line Messkopfes

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Nach der Dunkelstrommessung wird eine Referenz-Probe gemessen. Bei dieser Arbeit dientjeweils die nicht anodisierte Probe (PoB, FoB, GoB) als Referenz für die jeweiligen „Proben-gruppen“ P, F und G.Die Messdauer dieses Verfahrens beträgt ca. 5 Sekunden.

• MMS (Monolithisches Miniatur Spektrometer)Hier ist der Aufbau gleich wie beim On-line Messkopf, nur dass die ganze Anordnung „lie-gend“ aufgebaut ist. So besteht die Möglichkeit, den Detektionswinkel zu variieren (Abb. 5.4).Damit kann man mit dieser Anordnung zusätzlich die diffuse Reflexion messen, was eine Aus-sage z.B. über die Oberflächenrauheit ermöglicht.

45°

45°

Probe

Lampe

40°30°

Abbildung 5.4.: Anordnung des MMS Gerätes

Als Referenz wird jeweils die zu messende Probe beim Detektionswinkel 45° gemessen. Für dieMessung wird dann einfach der Detektionswinkel variiert.

• Multi-InfoDer Aufbau ist identisch dem des On-line Messkopfes, nur dass hier nicht nur im 45°-Winkeldetektiert wird, sondern mehrere Detektoren in verschiedenen Winkeln angeordnet gleichzeitigmessen können (Abb. 5.5). Der Messbereich liegt zwischen 370-845 nm.

Ansicht von oben: S1 - S5: Detektoren

S3

S1 S4 S5

S2

45° geneigt

90° R (45° geneigt)90° L (45° geneigt)

-25° geneigt

Lampe

Probe

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Seitenansicht:

45°45°

Probe

Lampe

S3

S40°

Abbildung 5.5.: Anordnung des Multi-Info Messgerätes

• UV/VIS-Spektrometer (Lambda 9)Dabei handelt es sich um ein herkömmliches UV/VIS-Spektrometer (Gerät: Lambda 9 vonPerkin-Elmer), welches den ganzes Wellenlängenbereich von 190 bis 2200 nm erfasst.Auch hier dienen für die Referenzmessung, gleich wie beim On-line Messkopf und beim Multi-Info, die jeweils nicht anodisierten Proben PoB, FoB und GoB.Durch Einsetzen einer Ulbricht-Kugel hat man zudem die Möglichkeit, die Gesamtintensität desüber den ganzen Raumwinkel gestreuten Lichtes zu bestimmen, bzw. durch Ausblenden desspektralen Anteils (Lichtfalle), nur den gesamten diffusen Anteil zu messen.

5.3.2. Weitere Messgeräte

• XPS: − Gerät: XPS Sage 100, Firma Specs, Berlin− Anode: Mg− Spannung: 12kV, Emissionsstrom: 25mA, Leistung: 300W

• XPS Tiefenprofile: − Gerät: XPS PHI 5700− Sputtergas: Ar+-Ionen− Energie der Ionenkanone: 3 kV− Sputterfleck (Rasterfläche): 3x4 mm− Emissionsstrom: 25 mA,− Gasrate: 10x10-3 Pa− Sputtern in 3x2 Min., danach immer 5 Min. Schritte

• REM: − Gerät: JSM-840 (Hochauflösend)Die Proben müssen mit einer Trennscheibe und Wasserkühlungauf eine kleine Grösse zugeschnitten werden, damit sie ins REMhineinpassen. Für die Untersuchung der Bruchflächen werdenProben hinten angesägt und dann geknickt, was zum Bruch führt.Es werden Aufnahmen der Oberfläche (→ Struktur) und derBruchfläche (→ Schichtdicke) gemacht (Anhang E).

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• Laser-Profilometrie: − Gerät: UBM− Messstrecke: 2.05 mm, 1000 Punkte/mm− Linienmessung− Messbereich: ±50µm

− Schwellwert für Reflexion: 1.2%− gelagert auf Luftkissen-Tisch

• Ellipsometrie: − Gerät: PLASMOS SD 2300− Einstrahlungswinkel: 70°− Laser: λ=633 nm

− n(Ti) = 3.1, k(Ti) = -3.7− n(TiO2) = 2.6, k(TiO2) = 0

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6. Resultate und Diskussion

6.1. Visuelle Beurteilung der Proben

Grundsätzlich sind die Proben bei 30V anodisiert blau, bei 63V gelb und bei 90V rötlich bisbläulich gefleckt. Durch die unterschiedlichen Oberflächenbehandlungsmethoden sind dieseFarben mehr oder weniger intensiv. Bei den polierten Proben zum Beispiel ist die Farbe nur sehrschwach ausgebildet.Die optische Beurteilung ist in Tabelle 6.1 angegeben.

Probe Mech. O-berflächenbe-handlung

Gebeizt Anodisation(V)

Beschreibung

PoB poliert ja nein Spiegelnde Oberfläche, höchstens Spurenvom Bürsten zu erkennen

P1B poliert ja 30 Weinrot, mit glänzender Oberfläche, starkeReflexion

P2B poliert ja 63 Goldgelb, je nach Betrachtungswinkel viel-leicht ein Grünstich darin, glänzende Ober-fläche

P3B poliert ja 90 Stark gefleckt, rötlich mit gelben und grü-nen Flecken, unterschiedlich je nach Be-trachtungswinkel, glänzende Oberfläche,wirkt dadurch etwas matter

FoB feingestrahlt ja nein Grau, feinere Oberfläche als GoB

F2B feingestrahlt ja 63 Intensives, gleichmässiges Gelb

F3B feingestrahlt ja 90 Wie P3B, nur ohne glänzende Oberfläche

G2B grobgestrahlt ja 63 Mattes Gelb mit etwas Grünstich darin

G3B grobgestrahlt ja 90 Stark gefleckt, eher Grün mit rötlichen Fle-cken

G2NB grobgestrahlt nein 63 Grün mit schwachen gelben Flecken, jenach Blickrichtung

G3NB grobgestrahlt nein 90 Stark gefleckt, eher Rot mit einzelnenkleinen gelben Flecken

Tabelle 6.1.: Optische Beurteilung der Proben

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6.2. Optische Reflexionsspektroskopie (ORS)

6.2.1. Spekuläre Reflexion (Lambda 9)

Ein typisches Reflexionsspektrum, aufgenommen mit dem Lambda 9 Gerät (siehe Kap. 5.3.1),ist in Abb. 6.1 dargestellt.

1 0

2 0

3 0

4 0

5 0

6 0

7 0

8 0

9 0

100

200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200

λλλλ (nm)

%R

F2B

Abbildung 6.1.: Typisches spektral aufgelöstes Reflexionsspektrum(am Beispiel der Probe F2B)

Dabei sind deutlich die Interferenz-Effekte zu erkennen, welche sich durch die Minima (de-struktive Interferenz) und Maxima (konstruktive Interferenz) ausdrücken.

Das Maximum im Reflexionsspektrum der Probe F2B (Abb. 6.1) liegt im VIS-Bereich bei ca.600 nm, was der Wellenlänge des gelben Lichtes entspricht. Wie man leicht feststellen kann, istdie Probe F2B tatsächlich auch gelb.

Der Absorptionspeak bei etwa 360 nm tritt bei allen gemessenen Spektren auf. Dieser ist auf dieEnergielücke des Titans zurückzuführen, welche in diesem Bereich liegt. Die Wellenlänge mitEnergie grösser als die Energielücke wird absorbiert und die Elektronen gehen vom Valenzbandins Leitungsband über.

Für die Schichtdickenbestimmung ist nur die Lage der Maxima oder Minima von Bedeutung(siehe Kap. 4.4.1). Ein gemessenes und ein berechnetes Reflexionsspektrum sind in Abb. 6.2dargestellt.

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0

10

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200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200

λλλλ (nm)

%R

F3B

berechnet

Abbildung 6.2.: Gemessenes Reflexionsspektrum mit der berechneten Kurve (am Beispiel der Probe F3B)

Die Parameter werden dabei im Kurvensimulationsprogramm gefittet und die folgenden best-fitWerte erhalten:

- n(Luft): 1 k(Luft): 0- n(TiO2): 2.6 k(TiO2): 0.5- n(Ti): 3.1 k(Ti): 18

Mit diesen Werten erreicht man die beste Approximation, vor allem im Bereich der Extrema. Anden Flanken ist allerdings eine geringe Abweichung erkennbar, welche auf die Vernachlässigungweiterer Effekte (Absorption in der Schicht, Streuung an Defektstellen etc.) zurückzuführen ist.

Vergleicht man die Spektren der bei den drei verschiedenen Spannungen anodisierten Proben(Abb. 6.3), so ist die unterschiedliche Lage der Minima und Maxima deutlich zu erkennen.

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200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200

λλλλ (nm)

%R

P1B (30V)

P2B (63V)

P3B (90V)

Abbildung 6.3.: Polierte Proben bei unterschiedlicher Spannung anodisiert

Grössere Schichtdicken bedeuten dabei eine Verschiebung der Minima zu höheren Wellenlän-gen. Somit wird hier die Annahme bestätigt, dass eine grössere Spannung bei der Anodisationeine grössere Schichtdicke zur Folge hat.

Eine weitere Annahme, dass die Oberflächentopographie einen weit geringeren Einfluss auf dieSchichtdicke hat als die Anodisationsspannung, wird in Abb. 6.4 (63V) und Abb. 6.5 (90V)bestätigt. Dabei sind jeweils die Spektren für die drei verschiedenen Oberflächenrauheiten beiderselben Anodisationsspannung aufgetragen.

2 0

3 0

4 0

5 0

6 0

7 0

8 0

9 0

100

200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200

λλλλ (nm)

%R

G2B (grob, 63V)

F2B (fein, 63V)

P2B (poliert, 63V)

Abbildung 6.4.: Polierte, feingestrahlte und grobgestrahlte Probe bei 63V anodisiert

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3 0

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100

200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200

λλλλ (nm)

%R

F3B (fein, 90V)

G3B (grob, 90V)

P3B (poliert, 90V)

Abbildung 6.5.: Polierte, feingestrahlte und grobgestrahlte Probe bei 90V anodisiert

Bei genauer Betrachtung wird aber deutlich, dass die Schichtdicke und Oberflächenrauheit nichtvöllig unabhängig sind.

Eine mögliche Erklärung ist die Tatsache, dass die Feldstärken von der Topographie abhängen.An Spitzen bilden sich grössere Feldstärken aus, die vermutlich zu einer (lokal) erhöhtenSchichtdicke führen. Da im spekulären Reflexionsanteil bevorzugt die Spitzen beitragen, wirddie Interferenz auch bevorzugt die erhöhten Schichtdicken (und nicht die mittlere Schichtdicke)angeben (siehe Abb. 6.6).

Abbildung 6.6.: Reflexion des Lichtes an den Spitzen

Der Effekt ist jedoch relativ klein (siehe Tabelle 6.2).

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Anodisationsspannung(V)

Variation desMinimums

(nm)

Variation derSchichtdicken

(nm)

Relative Variationder Schichtdicken

(%)

63 zw. 1000 - 1120 100 - 113 ± 6

90 zw. 1700 - 2100 171 - 203 ± 8.5

Tabelle 6.2.: Variation der gemessenen Schichtdicken für verschiedene Oberflächentopo-graphien (poliert, feingestrahlt, grobgestrahlt) bei 63V bzw. 90V Anodisa-tionsspannung. Zugehörige Reflexionskurven: Abb. 6.4 bzw. 6.5

Auch zwischen gebeizten und nicht gebeizten Proben ist ein Unterschied in der Lage der Inter-ferenzminima und -maxima festzustellen (siehe Abb. 6.7).

1 0

2 0

3 0

4 0

5 0

6 0

7 0

8 0

9 0

100

200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200

λλλλ (nm)

%R

G2B (gebeizt, 63V)

G2NB (nicht gebeizt, 63V)

Abbildung 6.7.: Grobgestrahlte Proben bei 63V anodisiert, gebeizt und nicht gebeizt

Da zwischen gebeizt und nicht gebeizt nur geringe Differenzen in den Rauheiten festgestelltwerden (siehe Laser-Profilometrie Kap. 6.3.4), kann dies nicht derselbe Effekt sein. Hingegenist offensichtlich (siehe XPS-Analysen Kap. 6.3.1), dass die nicht gebeizten Proben systema-tisch mehr Strahlmittel-Rückstände aufweisen. Dies muss bei der Anodisation zu Fehlstellen inder Oxidschicht (fehlende oder stark reduzierte anodische Oxidschichtdicke) führen und dürftedie beobachtete Verschiebung in den Interferenzminima und -maxima und damit in der (mittle-ren) Schichtdicke erklären.

Weitere optische Reflexionsspektren sind in Anhang B beigelegt.

Die aus den Reflexionsspektren mit dem Kurvensimulationsprogramm berechneten Schichtdi-cken sind in Tabelle 6.3 in der Uebersicht aufgeführt. Neben den Messwerten des Lambda 9Gerätes sind auch diejenigen aufgeführt, die mit dem On-line Messkopf (siehe Kap. 5.3.1) be-stimmt wurden.

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Probe Schichtdicke [nm]

Lambda 9 GerätOn-line Messkopf Durchschnitt

P1B 42 42 42P2B 100 100 100P3B 173 169 171

F2B 110 112 111F3B 171 167 169

G2B 113 109 111G3B 203 193 198

G2NB 103 98 100.5G3NB 157 151 154

P1SB 62 62 62

Tabelle 6.3.: Die mit zwei verschiedenen Spektrometern (Lambda 9, On-line Messkopf) ge-messenen und mit dem Simulationsprogramm berechneten Schichtdicken.Reproduzierbarkeit: ±2-3 nm

Die Proben sind mit allen vier verschiedenen Messmethoden (siehe Kap. 5.3.1) gemessen wor-den. Die entsprechenden Werte sind innerhalb der typischen Toleranzgrenzen (±2-3 nm) gleich.

Die Farbe anodisierter Titanoberflächen ist eine sehr empfindliche Grösse, die mit den Schicht-dicken korreliert. Die aus der Literatur entnommenen Abhängigkeiten [18] stimmen gut mit den

in dieser Arbeit gefundenen Werten überein (Abb. 6.8).

Abbildung 6.8.: Zusammenhang der Schichtdicke von Titanoxidschichten (nm) mit derInterferenzfarbe [18]

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6.2.2. Diffuse Reflexionsmessung (MMS) und Oberflächentopographie

Während das Wellenlängen-aufgelöste Spektrum des spekulär reflektierten Lichts vor allemInformationen über die Schichtdicke (Interferenz) liefert, ist die Intensität des diffus gestreutenLichts stark von der Topographie (Rauheit) der Probenoberfläche abhängig. Der Grund ist, dassbei glatten Metalloberflächen ein grosser Teil des Lichts gerichtet innerhalb eines kleinen Oeff-nungswinkels gestreut wird und nur ein geringer Anteil diffus, d.h. ausserhalb des spekulärenWinkels, gestreut wird. Bei rauhen Metallprobenoberflächen hingegen ist der diffuseAnteil wesentlich höher. Dies ist schematisch in Abb. 6.9 anhand der Form der Lichtkegel desreflektierten Lichts für eine glatte und eine rauhe Oberfläche gezeigt.

Abbildung 6.9.: a) Lichtkegel des gestreuten Lichtes auf einer glatten, spiegelndenOberfläche

b) Lichtkegel des gestreuten Lichtes auf einer rauhen Oberfläche

Durch die Referenzwahl beim On-line Messkopf und beim Multi-Info Gerät (siehe Kap. 5.3.1)ist zwar ein Vergleich der Oberflächentopographien innerhalb der polierten, der fein- oder dergrobgestrahlten Proben möglich, jedoch lassen diese Geräte keinen direkten Vergleich derpolierten Proben mit z.B. den feingestrahlten oder mit den grobgestrahlten Proben zu.

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Der grosse Vorteil des Aufbaus beim MMS Spektrometer ist die Tatsache, dass man mit derjeweils zu messenden Probe eine Referenzmessung im 45°-Detektionswinkel (= Winkel derspekulären Reflexion) durchführt und anschliessend für die Messung den Detektionswinkelvariiert. Dadurch wird es möglich, die Oberflächentopographien über alle Proben hinweg direktzu vergleichen. Aufgetragen wird dabei der Wellenlängen-abhängige, diffuse Anteil bei einembestimmten Reflexionswinkel α normiert auf den Wert der spekulären Reflexion (α = 45°) (sie-

he Abb. 6.9).

RR

Rdiff λ λλ

α( )[ ] = ( )( ) ⋅

°

% %45

100

Die erhaltenen Reflexionsspektren bei verschiedenen Detektionswinkeln sind in Abb. 6.10, undfür alle Proben beim Detektionswinkel 30° in Abb. 6.11 dargestellt.

Abbildung 6.10.: Wellenlängen-abhängiger, diffuser Reflexionsanteil Rdiff normiert auf die spekuläre Reflexionsintensität bei verschiedenen Detektionswinkeln:α = 0°, 30°, 40°; Einstrahlwinkel: 45°

Proben: feingestrahlt (FoB, F3B)

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Abbildung 6.11.: Wellenlängen-abhängiger, diffuser Reflexionsanteil Rdiff normiert auf die spekuläre Reflexionsintensität beim Detektionswinkel 30°, gemittelte Werte über alle Oxidschichtdicken. Einstrahlwinkel: 45°Proben: poliert (P..), fein- (F..) und grobgestrahlt (G..)

Die über den gesamten gemessenen Spektralbereich (λ = 400 bis 760 nm) integrierten Werte

Rdiff sind in Tabelle 6.4 für die verschiedenen Oberflächentypen zusammengestellt.

Probe Reflexi onsantei l R d i f f (%)

α =40° α =30° α =0°

PoB 8 4.5 0

FoB 7 5 45.5 5 .75

F3B 7 6 48.5 7

GoB 8 5 6 8 27.5

G2B 81.5 65.5 22.5

G3B 8 0 62.5 2 3

G2NB 8 2 6 2 1 8

G3NB 7 8 5 7 16.5

Tabelle 6.4.: Ueber den ganzen gemessenen Wellenlängenbereich (λ = 400 bis 760 nm)

integrierte, diffuse Reflexionsanteile Rdiff (%) bezogen auf die spekulärenReflexionswerte (α=45°) als Referenz.

Austrittswinkel: 0°, 30° bzw. 40° zur Oberflächennormalen

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Die Intensitätsunterschiede im diffusen Streuanteil zwischen den Detektionswinkeln, wie sie inAbb. 6.10 und Tab. 6.4 zum Ausdruck kommen, basieren auf der unterschiedlichen Winkel-abhängigkeit des Streulichts wie bereits in Abb. 6.9 gezeigt. Dabei nimmt die Differenzierungzwischen den fein- und grobgestrahlten Proben mit abnehmendem Winkel α = 40°→0° zu. DasVerhältnis Rdiff (G-Proben) : Rdiff (F-Proben) steigt von ≈1.1 bei α = 40° auf ≈4 bei 0°. Gleich-

zeitig aber fällt die Gesamtintensität ab, so dass ein Kompromiss bei einem mittleren Winkelgefunden werden muss.

Betrachtet man Abb. 6.10 fällt auf, dass alle Proben mit derselben mechanischen Vorbehan-dlung (hier feingestrahlt), aber mit verschiedenen Oxidschichten, in einem relativ engen Bandliegen. Das heisst, dass der Einfluss der anodischen Oxidschicht auf den Anteil der diffus ge-streuten Lichtintensität gegenüber dem Rauheitseinfluss deutlich weniger wichtig ist. Dadurchwird es möglich, die Oberflächen aufgrund von Rdiff nach Rauheitsklassen einzuteilen(Abb. 6.11 mit den spektralen Mittelwertkurven; Tab. 6.4 mit den einzelnen Werten). Die ge-ringfügigen, aber signifikanten Unterschiede in den Rdiff-Werten von Proben gleicher mechani-scher Vorbehandlung, aber unterschiedlicher Oxidschichtdicke können auf eine Reihe von Ein-flüssen zurückzuführen sein, die anhand dieser Arbeit nicht quantifiziert werden können:

• Einfluss des Anodisationsprozesses auf die Rauheit der Grenzfläche Oxid/Metall. Sowohleine Zunahme wie auch Nivellierung des Rauheitsprofils ist denkbar. Folge: Zunahme oderAbnahme des diffusen Anteils Rdiff.

• Streuung von Licht innerhalb der Oxidschicht an Inhomogenitäten (Poren, eingebautePhasen, Einschlüsse, etc.). Die Konzentration solcher Fehlstellen sollte mit zunehmender O-xidschichtdicke zunehmen. Folge: Steigender diffuser Anteil Rdiff mit zunehmender Oxid-schichtdicke.

6.3. Weitere Oberflächenanalysemethoden

6.3.1. Photoelektronen-Spektroskopie (XPS)

• OberflächenanalyseIn Tabelle 6.5 sind die aus den XPS-Intensitäten bestimmten Atomverhältnisse der Proben füralle nachgewiesenen Elemente (Σ = 100%) zusammengestellt (XPS-Spektren in Anhang C).

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Probe O berflächenkonzentration (at-%)

C 1s N 1s O 1s Ti 2p P 2p S 2p Al 2p

PoB 14.77 0.81 59.55 24.19 0.24P1B 10.47 0.53 53.9 28.58 6.53P2B 10.03 2.84 60.43 12.65 13.94 0.11GoB 20.19 0.64 51.49 21.46 6.21G2B 11.01 1.92 59.07 13.87 13.82 0.3

GoNB 16.35 0.74 54.31 14.62 13.98G2NB 9.6 1.87 59.89 11.32 12.81 0.03 4.47

Tabelle 6.5.: Konzentrationen der Elemente in Atom-% (Σ = 100%) berechnet aus den XPS-

Intensitäten der einzelnen Elemente. Genauigkeit der Konzentrations-angaben: ca. ±10% relativ

Kohlenstoff (C) ist auf oxidischen Proben immer vorhanden (als Folge von Verunreinigungen,insbesondere adsorbierte Kohlenwasserstoffe (Bindungsenergie EB(C 1s) = 285.7 eV)). Stick-stoff (N) ist vermutlich auf Kontamination sowie auf Rückstände der Salpetersäure-Behandlung(HNO3) zurückzuführen (EB(N 1s) = 400.2 eV). Das Verhältnis zwischen Sauerstoff (O) undTitan (Ti) ist grösser als 2:1, da der Sauerstoff auf verschiedene Komponenten der Oxidschichtzurückzuführen ist:

- TiO2

- Hydroxide und eingelagertes/absorbiertes Wasser- Phosphat- Sulfat- Sauerstoff-haltige Kontaminationsschicht

Dies ist auch aus dem O (1s)-Signal ersichtlich mit Beiträgen bei der BindungsenergieEB(O 1s) = 530.7 eV.

Phosphor (P) und Schwefel (S) stammen von der Phosphorsäure (H3PO4) und der Schwefel-säure (H2SO4) des Anodisations-Elektrolyten. Die Anionen des Elektrolyten werden allgemeinin die Oxidschicht eingebaut (als Phosphat, EB(P 2p) = 129.9 eV und als Sulfat,EB(S 2p) = 164 eV). Aluminium (Al) ist auf Rückstände des Korundstrahlens (Al2O3) zurück-zuführen (EB(Al 2p) = 74.4 eV).

In Abb. 6.12 sind die Atomanteile von P und Al aufgezeigt.

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a)

0

2

4

6

8

1 0

1 2

1 4

1 6

PoB P1B P2B GoB G2B GoNB G2NB

(at-

%)

P 2p

b)

0

2

4

6

8

1 0

1 2

1 4

1 6

PoB P1B P2B GoB G2B GoNB G2NB

(at-

%)

Al 2p

Abbildung 6.12.: XPS-Atomkonzentration von a) Phosphor (Phosphat) undb) Aluminium (Al2O3) in der Oberfläche der verschiedenen Proben

Beim Phosphor ist deutlich zu erkennen, dass bei den anodisierten Proben P vorhanden ist, undbei den nicht anodisierten, die also nicht im Elektrolyten behandelt wurden, kein P vorhanden ist.Auch das Vorhandensein von Aluminium bei allen grobgestrahlten Proben ist deutlich erkenn-bar. Dabei nimmt der Al-Anteil mit zunehmender Schichtdicke ab, was auf ein Ueberwachsender eingelagerten Korundpartikel durch die anodische Titanoxidschicht zurückzuführen ist. E-benso sind die Korundverunreinigungen der Oberfläche bei den gebeizten Proben signifikantniedriger. Dies ist die Folge eines Reinigungseffektes durch das Zwischenbeizen;Aluminiumoxid wird durch HNO3/HF-Lösung aufgelöst. Allerdings ist die Entfernung der Ko-rundrückstände nicht vollständig (Abb. 6.12).

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• XPS-TiefenprofilIn Abb. 6.13 sind drei typische XPS-Sputtertiefenprofile durch die anodische Oxidschicht ge-zeigt (weitere XPS-Tiefenprofile sind in Anhang D beigelegt).

0

1 0

2 0

3 0

4 0

5 0

6 0

7 0

8 0

9 0

100

0 5 1 0 1 5 2 0 2 5 3 0 3 5 4 0 4 5 5 0 5 5 6 0

Sputterzeit (Min.)

Ato

m-%

O 1s

Ti 2p

P 2p

Abbildung 6.13.: Tiefenprofil der Probe P2B

Am Interface Oxid/Metall fällt der Sauerstoff erwartungsgemäss ab, während die Titankonzent-ration ansteigt.Aus dem Wendepunkt der Kurven von Titan bzw. Sauerstoff lässt sich die relative Oxidschicht-dicke errechnen. Ebenfalls gut zu erkennen ist der Befund, dass Phosphor durch die ganze O-xidschicht hindurch vorhanden ist.

Da für Titanoxidschichten keine Referenz vorhanden ist, kann man die Schichtdicke nicht direktaus der Sputterrate bestimmen. Aber man kann die Sputterrate bestimmen, falls die Oxidschicht-dicke aus anderen Messungen bekannt ist. Hierfür werden die Werte aus der ORS (siehe Kap.6.2.1) eingesetzt (Tabelle 6.6).

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Probe Sputterzeit (Min) Schichtdicken (aus ORS) Sputterrate (nm/min)

T i O (nm) T i O Mit tel

P1B 14.2 14.4 4 2 2.95 2.92 2.9P2B 31.2 31.8 100 3.2 3.14 3.2P3B 54.8 56.2 171 3.12 3.04 3.1

F2B 41.4 41.8 111 2.68 2.65 2.7

* PoB 2.61 2.58 5.8 2.22 2.25 2.24

Mittlere Sputterrate: 2.96nm/min (ohne *)

Probe Interfacebreite (Min.) mit Sputterrate (nm) rel. Interface-

T i O Mit tel Mit te l Mittel total breite

P1B 10.5 10.2 10.35 30.38 30.6 0.73P2B 13.3 1 2 12.65 40.1 37.4 0.37P3B 22.9 21.9 22.4 6 9 66.3 0.38

F2B 17.8 16.8 17.3 46.2 51.2 0.46

* PoB 3.1 3.2 3.15 7.06 9.32 1.22

rel. Interfacebreite = Interfacebreite (nm)/Schichtdicke (nm)

Tabelle 6.6.: Sputterrate und Interfacebreite aus der XPS-Tiefenprofilmessung

Bie Breite des Interface wurde wie allgemein üblich aus dem 84%/16%-Konzentrationsbereichfür Ti und O bestimmt. Dieser Wert setzt sich aus der natürlichen Interfacebreite von Titanoxid-schichten auf Titan (rel. gross aufgrund der hohen Löslichkeit von Sauerstoff im Titan), derRauhigkeit der Probenoberfläche, dem Einfluss des Sputterprozesses sowie der Informations-tiefe der XPS-Methode zusammen.Die absolute Interfacebreite (Min. bzw. nm) nimmt erwartungsgemäss zu mit der Dicke deranodischen Oxidschicht (P1B→P2B→P3B) und mit zunehmender Rauheit der Oberfläche(P→F).

Die relative Interfacebreite, d.h. bezogen auf die Gesamtsputterzeit bis zum Interface, ist hinge-gen in etwa konstant.

Da die Sputterraten innerhalb einer akzeptablen Toleranz von ±10% liegen, hat man eine erste

Bestätigung, dass die aus der ORS erhaltenen Werte für die Schichtdicke mindestens relativzueinander plausibel sind.Die grössere Abweichung der Probe mit der natürlichen Oxidschicht (PoB) liegt darin, dass dasInterface aus der Messung nur sehr schwer zu bestimmen ist aufgrund der sehr dünnen Schicht.Somit ist der Fehler dort auch grösser.

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6.3.2. Rasterelektronenmikroskopie (REM)

Die mit dem REM gemachten Aufnahmen sind in Anhang E beigelegt. Die durch Ausmessender Schichtdicke an den Bruchflächen ermittelten Schichtdicken sind in Tabelle 6.7 zusammen-gestellt.

Probe Oxidsch ichtdicke (nm)

REM 1 REM 2 Mittelwert

P1B 4 0 4 0

P2B 1 0 0 7 3 - 1 1 0 1 0 0

P3B 1 8 0 - 2 0 0 2 0 0 - 2 3 0 1 8 0 - 2 3 0

G2B 7 3 - 1 1 0 7 3 - 1 1 0

Tabelle 6.7.: Schichtdicken aus den REM-Aufnahmen bestimmt

REM1 und REM2 sind dabei zwei unterschiedliche Geräte.

6.3.3. Ellipsometrie

Die aus der Ellipsometrie erhaltenen Schichtdicken sind in Tabelle 6.8 dargestellt.

Probe Schichtdicke Sigma 1 Sigma 3 Min. Max. Max Min

( n m ) ( n m ) ( n m ) ( n m ) ( n m ) ( % )

PoB 5.6 0 .18 0.52 5.32 6.09 7

P1B 3 2 1.15 3.45 30.17 34.3 6 .5

P2B 75.8 2 .51 7.51 69.59 79.42 6.5

P3B 151.7

Parameter: n(Ti) = 3.1, k(Ti) = -3.7n(TiO2) = 2.6, k(TiO2) = 0

Tabelle 6.8.: Schichtdicken bestimmt mittels EllipsometrieSigma 1: StandardabweichungSigma 3: 3 x Sigma1 (95% der Werte liegen in diesem Bereich)MaxMin: Prozentuale Abweichung zwischen Min. und Max.

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Mit zunehmender Oxidschichtdicke nimmt auch die Standardabweichung zu. Dies ist durchInhomogenitäten in der Oxidschicht (Defektstellen, eingelagerte Phasen, Poren) erklärbar. Dierelative Unsicherheit ist jedoch für alle gemessenen Schichtdicken ähnlich (siehe MaxMin-Werte in Tab. 6.8).

6.3.4. Laser-Profilometrie (UBM)

Die folgenden, üblichen Rauheitsparameter bestimmt mittels Laser-Profilometrie sind in Tabelle6.9 dargestellt: Mittelrauheitswert Ra, RzDIN, Nr sowie Lr (Definitionen siehe Kap. 4.2).

Probe Rauheitswerte

Ra (µm) Lr Rz DIN (µm) Nr (1/cm)

PoB 0.074 1.0017 0.759 6.821P1B 0.071 1.0023 0.777 9.095P2B 0.087 1.0053 0.734 0P3B 0.085 1.0053 0.916 13.643

P1SB 0.596 1.094 6.489 170.532FoB 0.961 1.365 7.261 650.296

FoNB 1.005 1.133 9.4 252.387F2B 0.976 1.369 7.801 632.106F3B 1.081 1.371 9.153 577.535GoB 1.24 1.497 10.129 770.805

GoNB 1.259 1.53 10.615 770.805G2B 1.19 1.53 9.866 800.364

G2NB 1.177 1.506 9.108 825.375G3B 1.16 1.464 9.791 728.172

G3NB 1.151 1.49 9.427 809.459

Tabelle 6.9.: Rauheitswerte aus der Laser-Profilometrie (Definitionen siehe Kap. 4.2)

Beim Betrachten der Lr-Werte ist erkennbar, dass die polierten Proben sehr nahe an einer per-fekten, glatten Oberfläche liegen (perfekte Oberfläche: Lr =1).

Die erwartungsgemäss deutlichen Unterschiede in den Mittelrauhwerten (Ra) zwischen den O-berflächenzuständen poliert, fein- und grobgestrahlt sind in Abb. 6.14 graphisch dargestellt. Da-bei sind wiederum drei verschiedene Niveaus der unterschiedlichen Oberflächenbehandlungensichtbar, wobei der Unterschied zwischen fein- und grobgestrahlt vergleichsmässig gering ist.Dasselbe gilt auch für RzDIN und die Spitzenanzahl Nr.

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0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

PoB

P1B

P2B

P3B

P1S

B

FoB

FoN

B

F2B

F3B

GoB

GoN

B

G2B

G2N

B

G3B

G3N

B

Ra

(µµµµm

)

Ra

Abbildung 6.14.: Mittelrauhwert Ra aus der Laser-Profilometrie

Die Rauheitswerte bestätigen (siehe auch diffuse Reflexionsmessung), dass die Schichtdickekeinen grossen Einfluss auf die Oberflächentopographie hat. Dies kann man sich gut vorstellen,wenn man bedenkt, dass Ra etwa 10x grösser ist als die Schichtdicke d (bei den Proben mit 63Vanodisiert, bei der natürlichen Oxidschicht ist Ra sogar über 100x grösser).

6.4. Korrelation der Resultate

6.4.1. Schichtdickenmessungen mit verschiedenen Methoden

Alle gemessenen und bestimmten Schichtdicken sind in Tabelle 6.10 aufgeführt.

Probe Oxidschichtdicken (nm)

ORS REM Ellipsometrie Metallpeak XPS Mittelwert

PoB 5.6 5.8 5.7P1B 4 2 4 0 3 2 3 8

P2B 100 100 7 6 9 2P3B 171 180-230 152 174G2B 111 73-110 101

Tabelle 6.10.: Schichtdicken aller verwendeter Methoden. Reproduzierbarkeit der optischen Messungen ± 2-3 nm

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Die Schichtdicke der natürlichen Oxidschicht wurde über das Intensitäts-VerhältnisTi 2pOxid/Ti 2pMe bei der XPS-Messung berechnet [24].

Absolute Werte für die Schichtdicke sind, ausser mit dem REM, mit keiner Methode bestimm-bar. Mit der Schichtdicke gelangt man beim REM allerdings an die Auflösungsgrenze. Zudemist nicht garantiert, dass die Bruchfläche normal zur Bildebene steht, was bei der Schichtdicken-bestimmung der Oxidschicht zu relativ grossen Fehlern führen kann.

Gegenüber anderer Methoden, welche relative Werte für die Oxidschichtdicke angeben, hat dieoptische Reflexionsspektroskopie folgende Vorteile:

- Im Gegensatz zur Ellipsometrie können auch rauhe Oberflächen gemessen werden- Die optische Reflexionsspektroskopie ist sehr gut reproduzierbar (± 2-3 nm)

Aus diesen Gründen kann die optische Reflexionsspektroskopie als die genauste Methode zurSchichtdickenbestimmung von transparenten Schichten auf „technischen“ Oberflächen angese-hen werden.

6.4.2. Schichtdicke/Anodisationsspannung

Aus der Grafik in Abb. 6.15 wird bestätigt, dass mit zunehmender Spannung beim Anodisierenauch die Schichtdicke grösser wird. Auch ist hier wiederum sichtbar, dass die Oberflächen-topographie einen nur geringen Einfluss auf die Schichtdicke hat.

2 0

4 0

6 0

8 0

1 0 0

1 2 0

1 4 0

1 6 0

1 8 0

2 0 0

2 0 3 0 4 0 5 0 6 0 7 0 8 0 9 0 1 0 0

V [V]

d [n

m]

P B

F B

G B

G NB

Abbildung 6.15.: Oxidschichtdicke d aller Proben vs. jeweilige Anodisationsspannung V aufgetragen

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In Abb. 6.16 sind die polierten Proben aufgetragen. Innerhalb der Fehlergrenzen wird einlineares Schichtwachstum mit der Anodisationsspannung beobachtet.

2 0

4 0

6 0

8 0

100

120

140

160

180

200

2 0 3 0 4 0 5 0 6 0 7 0 8 0 9 0 100

V (V)

d (n

m)

P B

Linear (P B)

Abbildung 6.16.: Schichtdicke vs. Anodisationsspannung bei den polierten Proben, mit drei unterschiedlichen Spannungen anodisiert

6.4.3. Oberflächentopographie und diffuse Lichtreflexion

Die Rauheitswerte der Laser-Profilometrie sind in Tabelle 6.11 zusammen mit den Werten fürden diffusen Anteil Rdiff aufgeführt.

Proben R a (µµµµ m ) L r R d i f f (%)αααα = 3 0 °

PoB 0.074 1.0017 4.5

FoB 0.961 1.365 45.5

F3B 1.081 1.371 48.5

GoB 1.24 1.497 6 8

G2B 1.19 1.53 65.5

G3B 1.16 1.464 62.5

G2NB 1.177 1.506 6 2

G3NB 1.151 1.49 5 7

Tabelle 6.11.: Rauheitswerte Ra und Lr gemessen mit Laser-Profilometrie und Intensität des diffus gestreuten Lichts Rdiff gemessen mit MMS Gerät(Detektionswinkel 30°)

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Der diffus gestreute Reflexionsanteil Rdiff ist gegen den Rauheitswert Ra in Abb. 6.17 und gegenLr in Abb. 6.18 für die Detektionswinkel 0°, 30° und 40°aufgetragen.

0

1 0

2 0

3 0

4 0

5 0

6 0

7 0

8 0

9 0

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4

Ra (µµµµm)

Rdi

ff (%

)

G 40°

G 30°

G 0°

F 40°

F 30°

F 0°

P 40°

P 30°

P 0°

Abbildung 6.17.: Diffuser Reflexionsanteil Rdiff aus der Messung mit dem MMS Gerät vs. Rauheitswert Ra aus der Laser-ProfilometrieDetektionswinkel: 0°, 30°, 40°

0

1 0

2 0

3 0

4 0

5 0

6 0

7 0

8 0

9 0

1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6

Lr

Rdi

ff (%

)

G 40°

G 30°

G 0°

F 40°

F 30°

F 0°

P 40°

P 30°

P 0°

Abbildung 6.18.: Diffuser Reflexionsanteil Rdiff aus der Messung mit dem MMS Gerät vs. Rauheitswert Lr aus der Laser-ProfilometrieDetektionswinkel: 0°, 30°, 40°

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Resultate der least-square-fits:

Rdiff(α=40°) (%) = 65.84 ⋅ Ra (µm) + 4.569 R2 = 0.9861Rdiff(α=30°) (%) = 52.54 ⋅ Ra (µm) - 1.071 R2 = 0.961Rdiff(α=0°) (%) = 19.31 ⋅ Ra (µm) - 4.365 R2 = 0.5851

Rdiff(α=40°) (%) = 142.18 ⋅ Lr - 128.8 R2 = 0.9313Rdiff(α=30°) (%) = 117.62 ⋅ Lr - 113.35 R2 = 0.9756Rdiff(α=0°) (%) = 46.023 ⋅ Lr - 49.543 R2 = 0.6729

Daraus und aus den beiden Abb. 6.17 und 6.18 ist eine Zunahme der Steigung mit grösser wer-dendem Detektionswinkel (0°→ <45°) erkennbar. Obwohl die linearen Fits nur geringe Fehler

aufweisen, muss es nicht unbedingt ein linearer Zusammenhang sein, insbesondere da keineDaten zwischen Ra = 0 - ca. 1 µm vorhanden sind. Geht man aber von einem linearen

Zusammenhang aus, so ist der Fit beim Detektionswinkel 30° mit R2 = 0.9756 zumindest bei derAuftragung Rdiff vs. Lr am besten. Mit Sicherheit ist aber die Differenz der Rdiff-Werte der fein-und grobgestrahlten Proben beim Detektionswinkel 30° am deutlichsten.

Durch Definition eines Standards besteht nun die Möglichkeit, anhand der Spektren über denAnteil des diffus reflektierten Lichts Rdiff direkt eine Aussage über die Oberflächentopographiemachen zu können.

6.5. Schlussfolgerung

Die allgemeinen Vorteile der optischen Reflexionsspektroskopie als Methode sind:

- kurze Messdauer (kurze Messzeit, kurze Auswertungszeit ⇒ schnelles Resultat)

- zerstörungsfreie Prüfung- geringer materieller Aufwand, kostengünstig- keine speziellen Bedingungen nötig (kein Vakuum)- empfindlich auf dünne Schichten und optische Eigenschaften

Diese Arbeit zeigt, dass die optische Reflexionsspektroskopie geeignet ist, die Schichtdicken von(transparenten) Oxidschichten auf Oberflächen von Titanimplantaten mit hoher Reproduzierbar-keit zu messen sowie Informationen über die Oberflächenrauheit zu erhalten.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die optische Reflexionsspektroskopie eine einfache,rasche, zerstörungsfreie und kostengünstige Methode zur Bestimmung der Schichtdicke undvon Rauheits-Kennwerten von Implantatoberflächen aus Titan ist, und somit grungsätzlich dieVorausstzungen erfüllt, die man an ein betrieblich geeignetes (on-line) Qualitätsinstrument stellt.

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7. Ausblick

− Die optischen Reflexionsspektren enthalten weitere Informationen, die in dieser Arbeit nichtuntersucht wurden: Informationen über Defektstellen oder Partikel in der Oxidschicht, ggf.auch über die chemische Zusammensetzung der Oberflächen.

− Die Eignung für die Prüfung von komplexen Geometrien (z.B. Implantatschrauben) ist noch

zu prüfen. − Für eine on-line Qualitätssicherung auf der Basis der optischen Reflexionsspektroskopie wä-

re eine Anpassung bestehender Geräte notwendig. − Für die Qualitätsbeurteilung müssten Standards gemessen werden, deren biologische Eigen-

schaften bekannt sind.

8. Literaturverzeichnis

[1] N. Spencer, M. Textor, G. Hähner, M. Morstein, Funktionelle Oberflächenbehandlung, Vorlesungsskript WS 1997/98, Teil 4, p.13 ff

[2] P. Tengvall, I. Lundström, L. Sjöqvist, H. Elwing, L. M. Bjursten, Biomaterials, 1989,10, p. 166

[3] T. Albrektsson, The response of bone to titanium implants, CRC Crit. Rev. Biocomp.1, 1984, p. 53-84

[4] T. Albrektsson, H. A. Hansson, B. Kasemo, K. Larsson, I. Lundström,D. H. McQueen, R. Skalak, The interface zone of inorganic implants in vivo: titanium implants in bone, Anuals of Biomedical engineering, Vol. 11, 1983, p. 1-27

[5] W. Kessler, R. W. Kessler, Optical on-line control of very thin surface layers on aluminium by spectral interference in combination with a neural network

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[8] R. W.Kessler, W. Kessler, B. Quint, Intelligente Prozesssteuerung durch on-line-Analytik von Oberflächen (am Beispiel von Chromatschichten auf Aluminium), Galvanotechnik 87 (1996), Nr.11, p. 3590-3599

[9] T. Schram, J. DeLaet, H. Terryn, Non-destructive optical characterisation of chromium conversion layers on aluminium, Vrije Universiteit Brussel (VUB)

[10] R. W.Kessler, M. Brögeler, M. Tubach, W. Degen, W. Zwick, Optisches Verfahren zur Bestimmung der Korrosionsneigung von Automobilfeinblechen, Werkstoffe und Korrosion (40), 1989, p.539-544

[11] M. Wieland, C. Sittig, M. Textor, F. Birchler, J. Blum, S.-W. Ha, B. A. Keller,E. Wintermantel, N. D. Spencer, Surface characterisation of titanium alloy implants, Biomed. Technik, Vol. 41, Ergänzungsband 1, 1996, p. 446-447

[12] B. Gasser, Physiko-chemische Oberflächenanalysen sowie biomechanische und biologische Aspekte von Implantaten aus Reintitan im Hinblick auf die physiologische Funktionsweise, Dissertation, noch in Arbeit (voraussichtlich 1998)

[13] A. Felske, W. J. Plieth, Raman spectroscopy of titanium dioxide layers, Electrochimica Acta, Vol. 34, No.1 pp 75-77, 1989

[14] C. A. Melendres, A. Narayanasamy, V. A. Maroni, R. W. Siegel, Raman spectroscopy of nanophase TiO2, J.Mater. Res., Vol. 4, No.5, Sept/Oct 1989, pp 1246-1250

[15] B. Gasser, R. Mathys jun., R. Mathys sen., Zur Oberfläche der Ha-Ti-Implantate, Wissenschaftlicher Bericht, Dr.h.c.Robert Mathys Stiftung, 1994

[16] G. Rådegran, J. Lausmaa, L. Mattsson, U. Rolander, B. Kasemo, Preparation of ultra-thin oxid windows on titanium for TEM analysis, Journal of electron microscopy technique 19: p. 99-106, 1991

[17] N. Frey, T. Buchillier, V. D. Le, S. G. Steinemann, Properties of surface oxides on titanium and some titanium alloys, Seventh world conference on titanium 1992

[18] P. Pedeferri, Le „Apparenze elettrochimiche“ di Leopoldo Nobili e la luce del titanio, Politecnico, Vol. 2, No. 3, September 1989, p. 8

[19] B. Gasser, A. Frenk, Anodisieren medizinischer Titanimplantate, Metalloberfläche, 51.Jahrgang, 2/1997

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[20] D. Ende, W. Kessler, D. Oelkrug, R. Fuchs, Characterisation of chromate-phosphate conversion layers on Al-alloys by electrochemical impedance spectroscopy (EIS) and optical measurements, Electrochemica Acta, Vol. 38, No.17, 1993, p. 2577-2580

[21] W. G. Driscoll, W. Vaughan, Handbook of optics, Mc Graw-Hill, New York, NY, 1978,p. 10-7

[22] M. Kraus, Entwicklung einer neuen Methode zur Auswertung spektroskopischer Daten mittels Targetfaktorenanalyse und Projection Pursuit, Diplomarbeit Fachhochschule Reutlingen

[23] D. Ende, Elektrochemische und spektroskopische Charakterisierung von Grünchromatierschichten auf Aluminuim, Dissertation, 1993

[24] C. Sittig, Bestimmung der Oxidschichtdicke auf Titan, Intern Oberflächentechnik

9. Anhang

Anhang A: Materialspezifikationen der Strahlmittel (mechanische Oberflächenbehandlung)

Anhang B: Optische Reflexionsspektren

Anhang C: XPS-Uebersichtsspektren

Anhang D: XPS-Tiefenprofile

Anhang E: REM Aufnahmen