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Qur’ān und
Sunna in Relation
von Abū-r-Riḍā’
Muḥammad Ibn Aḥmad Ibn Rassoul
I s l a m i s c h e B i b l i o t h e k
Qur’ān und Sunna in Relation
2
Buchinformation
Auflage:
1. Auflage, Al-Muḥarram 1429 (Februar 2008)
Reproduktion:
Die Vervielfältigung, der Nachdruck und die Übersetzung dieses Buches in eine Fremdsprache sind erlaubt,
wenn dabei auf diese Quelle hingewiesen wird.
Qur’ān und Sunna in Relation
3
Ǧābir Ibn ‘Abdullāh,
Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete:
”Der Gesandte Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf
ihm, sagte:
»Die besten Worte sind die
Worte Allāhs, und die beste
Rechtleitung ist die
Rechtleitung Muḥammads.«“
(Überliefert bei Muslim)
Qur’ān und Sunna in Relation
4
I n h a l t s v e r z e i c h n i s
Abkürzungen 10
Erläuterung der Lautumschrift 14
Einleitung 17
Qur’ān und Sunna in Relation
Lies im Namen deines Herrn! 21
Der Feind Allāhs 23
Änderung der Gebetsrichtung 26
Muslime glauben an Allāh und an das, was herabgesandt worden ist 29
Das Hin- und Herlaufen zwischen Aṣ-Ṣafa und Al-Marwa 30
Verbergen von Beweisen und Rechtleitung 31
Esst von den guten Dingen 33
In der Wiedervergeltung ist Leben für euch 35
Die Schranken Allāhs 40
Gottesfurcht ist die beste Vorsorge 43
Wenn Übel größer ist als Nutzen 44
Qur’ān und Sunna in Relation
5
Frauen als Saatfeld 47
Unachtsamkeit in Schwüren 50
Haltet die Frauen nicht davon ab, ihre Gatten zu heiraten 52
Haltet die Gebete ein 53
Zinsen verschlingen 55
Und ich habe sie Maria genannt 58
Ein geringer Preis 59
Spendet, was ihr liebt! 61
Muḥammad ist nur ein Gesandter 66
Die Gefallenen von Uḥud 68
Das Vermögen als Riesenschlange 70
Wahre Zeichen für die Verständigen 71
Heiratet zwei, drei oder vier! 74
Mann und Frau als Erben 79
Gerechte Lage für Frauen 83
Propheten als Zeugen 85
Betrunkenheit, Gebet und Reinheit 87
Der Prophet als Richter 89
Qur’ān und Sunna in Relation
6
Gebet bei Furcht 91
Gleichgültigkeit des Ehemannes 93
Jesus und die Juden 95
Die seitliche Verwandtschaft 99
Die vollkommne Religion 101
Gehe du mit deinem Herrn und kämpft 103
Die ganze Menschheit töten 106
Leben um Leben 108
O du Gesandter! Verkünde! 109
Berauschendes und Glücksspiel 110
Fragt nicht! 115
Menschen, Vögel und Getier 117
Glauben und Ungerechtigkeiten 119
Satan will euch verführen! 120
Groll von Herzen entfernen 123
”Bin Ich nicht euer Herr?“ 124
Die Wurzel der Ungläubigen 126
Der Schlaf als Sicherheit 128
Qur’ān und Sunna in Relation
7
Die Gefangegenen von Badr 132
Ihnen wird niemals verziehen 133
Kein Tadel trifft Schwache und Kranke 135
Keine Verzeihung für Götzendiener 137
Allāh bringt die Schöpfung hervor 139
Der Edle, Sohn des Edlen 141
Der Griff deines Herrn 142
Gute Taten tilgen die bösen 143
Yūsuf im Gefängnis 145
Allāh stärkt die Gläubigen 146
Hochmut, Untreue und Schulden 147
Heilmittel für die Menschen 148
Die Nachtreise 151
Gekommen ist die Wahrheit 154
Sie befragen dich über die Seele 156
Die wahre Führung zum Heil 157
Und erwähne im Buch Maria 159
Auf den Befehl des Herrn 160
Qur’ān und Sunna in Relation
8
Die Fürsprache 162
Lobpreise deinen Herrn 165
Barmherzigkeit für alle Welten 167
Erfolgreich sind die Gläubigen 169
Der Mensch aus Lehm und Samentropfen 172
Wenn die Herzen beben 174
Wendet die Bestrafungen von den Muslimen ab 175
Der Fluch Allāhs 177
Gepriesen bist Du! 180
Wenn gesprochen wird: ”Kehrt um!“, dann kehrt um! 181
Um Einlass bitten! 183
Diener des Allerbarmers 185
Das Bittgebet 187
Allāh versorgt alle 189
Götzendienst ist gewaltiges Unrecht 191
Die Kenntnis des Verborgenen 194
Niemand weiß, welche Augenweide verborgen ist 198
Der Prophet als Vaterfigur 202
Qur’ān und Sunna in Relation
9
Der Gesandte als schönes Vorbild 204
Frauenwürde 205
Der Herr erweitert und beschränkt die Mittel 207
Engel mit Flügeln 209
Der Prophet und die Gemeinde 212
Flüchtlinge und der Islam 215
Allāh verbietet euch nicht, gütig zu sein 219
Frauenhände schütteln? 221
Barmherzigkeit auf Moses 224
Der beste Versorger 226
Neidisches Verhalten 228
Du Bedeckter! 233
Wehe denjenigen, die das Maß verkürzen 235
Wenn der Himmel zerbricht 237
Schau zu den Kamelen 239
Hungrige, Kranke und Gefangene 242
Sprich von der Gnade deines Herrn 243
Eine Nacht als tausend Monate 247
Qur’ān und Sunna in Relation
10
Abū Lahab ging zugrunde 249
Er ist Allāh, ein Einziger 252
Zuflucht zum Herrn des Frühlichts 255
Zuflucht zum Herrn der Menschen 260
Anhang
Erläuterungen der Termini 264
Fachliteratur 274
Qur’ān und Sunna in Relation
11
A b k ü r z u n g e n
a.a.O.: am angegebenen Ort.
a.s.: "‘alaihi-s-Salām" bzw. "‘alaihā-s-Salām" (Friede auf ihm bzw. auf ihr). Wird von Muslimen bei der Nennung von Engeln, Propheten und manchen Frauen, wie z.B. Maria, ehrend hinzugefügt.
a.s.s.: "‘alaihi-ṣ-Ṣalātu wa-s-Salām" (auf ihm seien Segen und Friede) oder "ṣalla-llāhu ‘alaihi wa-sallam" (Allāh segne ihn und schenke ihm Friede). Wird von Muslimen bei der Nennung des Propheten Muḥammad ehrend hinzugefügt.
ad: adjektiv.
arab.: arabisch.
Bai: Überliefert bei Al-Baihaqyy.
Baz: Überliefert bei Al-Bazzār.
Bd.: Band.
Bde.: Bände.
Bot.: botanisch.
Bu: Ḥadῑṯ-Sammlung von Al-Buḫāryy.
bzw.: beziehungsweise.
d.h.: (bzw. D.h.) das heißt.
Qur’ān und Sunna in Relation
12
d.i.: das ist.
Da: Ḥadῑṯ-Sammlung von Abū Dāwūd.
Dar: Ḥadῑṯ-Sammlung von Ad-Dāraquṭnyy.
dto: dito, dasselbe, ebenso.
Dy: Ḥadῑṯ-Sammlung von Ad-Dārimyy.
ebd.: ebenda.
etc.: et cetera / und so weiter.
f.: folgende (Nummer).
f: femininum.
FAZ: Frankfurter Allgemeine Zeitung.
ff.: fortlaufende (Nummer).
Gal: Tafsῑr Al-Ǧalālain von Ǧalālu-d-Dῑn As-Suyūṭyy.
Gät: Gätje, Helmut: Koran und Koranexegese, Zürich, Stuttgart 1971.
geb.: geboren.
gest.: gestorben.
gr.: gramm.
Ha: Ḥadῑṯ-Sammlung von Aḥmad Ibn Ḥambal.
Had: Ḥadῑṯ-Sammlung von Al-Ḥamῑdyy, Musnad.
Hag: Ḥadῑṯ-Sammlung von Ibn Ḥaǧar Al-‘Asqalānyy, Fatḥ Al-
Qur’ān und Sunna in Relation
13
Bārῑ.
Haikal: Muhammad Husain Haikal: Das Leben Muḥammads, Siegen 1987.
Hak: Al-Ḥākim.
Hib: Ibn Ḥibbān.
Hkl: Das Leben Muhammads von Muhammad Hussain Haikal, 1987.
HmF: Handbuch der muslimischen Frau, Islamische Bibliothek.
Huz: Ibn Ḫuzaima.
i.S.: im Sinne.
i.w.S.: im weitesten Sinne.
IB: Islamische Bibliothek.
Ibn Ishaq: Das Leben des Propheten, aus dem Arabischen von Gernot Rotter, Tübingen 1976.
IZ: Islamische Zeitung, Berlin.
Jh.: Jahrhundert.
Kat: Tafsῑr Ibn Kaṯῑr.
Keys: Kieys, David: Als die Sonne erlosch. Die Naturkatastrophe, die die Welt verändert hat, München 2002.
Ki: Abū Yūsuf: Kitāb Al-Ḫaraǧ.
KstA: Kölner Stadt-anzeiger.
Qur’ān und Sunna in Relation
14
Kulke: Kulke, Ulli: Die Krabbelgruppe, Die Welt 23. April 2002.
LAW: Lexikon der arabischen Welt, München 1972.
lt.: laut.
m: masculinum.
Ma: Ḥadῑṯ-Sammlung von Ibn Māǧa.
Mal: Ḥadῑṯ-Sammlung von Mālik: Al-Muwaṭṭa’.
med: medizinisch.
Mik: Ḥadῑṯ-Sammlung von Miškātu-l-Maṣābῑḥ.
Mu: Ḥadῑṯ-Sammlung von Muslim.
n.Ch.: nach der Geburt Jesu (a.s.).
n.H.: nach der Hiǧra (Auswanderung des Propheten Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm, von Makka nach Al-Madῑna); die Hiǧra ist der Beginn der islamischen Zeitrechnung.
n.Ztw.: nach der Zeitwende = nach Jesus (a.s.).
Na: Ḥadῑṯ-Sammlung von An-Nasā’yy.
Naw: Ḥadῑṯ-Sammlung von An-Nawawyy.
Nia: Niazi, Kausar: Towards understanding the Qur’an, Lahore 1980.
Nr.: Nummer.
o.J.: ohne Jahresangabe.
Qur’ān und Sunna in Relation
15
o.O.: ohne Ortsangabe.
pl: Plural.
Q: Qur’ān.
Qay: Ibn Qayyim Al-Ǧauziya, Zād Al-Ma‘ād.
qkm: Quadratkilometer.
Qud: Ḥadῑṯ-Sammlung von Ibn Qudāma, Al-Muġnῑ.
Qurt: Al-Qurṭubyy, Tafsῑr.
r: "raḍiya-llāhu ‘anh" bzw." ... ‘anhā" (Möge Allāh Wohlgefallen an ihm bzw. ... an ihr haben). Wird von Muslimen bei der Nennung der Prophetengefährten ehrend hinzugefügt.
r.A.: raḥimahu-llāh (Allāh möge Sich seiner erbarmen).
Raz: Faḫru-d-Dῑn Ar-Rāzyy, Tafsῑr.
Rtt: Gernot Rotter: Ibn Ishāq, Das Leben des Propheten, Tübingen 1976.
s.: siehe; siehe auch (→ ).
s.u.: siehe unten bzw. siehe unter.
Sa: As-Sayyid Sābiq: Fiqh As-Sunna.
Sab: Erläuterungen zur Sura Yā Sῑn von Muḥammad ‘Alyy Aṣ-Ṣābunyy (aus dem Titel: "Ṣafwat At-Tafāsῑr"), Karlsruhe 1420 / 1999.
Saf: Aš-Šāfi‘yy.
Qur’ān und Sunna in Relation
16
Sak: Aš-Šaukānyy: Nail Al-Awṭār.
sing.: Singular.
sog.: sogenannt.
SS: Šarḥu-s-Sunna.
ST: Muḥammad ‘Alyy Aṣ-Ṣābūnyy: Ṣafwat At-Tafāsῑr (Auslese der qur’ānischen Erläuterungen), Beirut 1402 n.H. (1981 n. Chr.).
t: "ta‘ālā" = der Erhabene (wörtlich: Er ist Erhaben). Wird von Muslimen bei der Nennung Allāhs als Verherrlichung hinzugefügt.
Tab: Aṭ-Ṭabarānyy.
Tai: Ibn Taimiyya: Fatāwa.
Tay: Aṭ-Ṭayālisyy.
Ti: At-Tirmiḏyy.
u.a.: unter anderem; und ähnliche.
u.v.a.: und verschiedene andere.
ÜB: Übersetzung des Bavaria-Verlags.
usw.: und so weiter.
v.Chr.: vor Jesus (a.s.).
vdZ.: vor der Zeit, d.h. vor der Geburt Jesu (a.s.).
vgl.: vergleiche.
Qur’ān und Sunna in Relation
17
w.: weiblich.
z.B.: zum Beispiel.
z.Zt.: zur Zeit.
Zam: Tafsῑr Az-Zamaḫšaryy.
Qur’ān und Sunna in Relation
18
Erläuterung der Lautumschrift
In der Umschrift arabischer Wörter und Namen wurde das allgemein
gebräuchliche System benutzt. Nachstehend wird jedes arabische Schriftzeichen durch einen lateinischen Buchstaben mit oder ohne
Zusatzzeichen wiedergegeben.
Qur’ān und Sunna in Relation
19
Qur’ān und Sunna in Relation
20
Gabriel hörte nicht auf, mich zu ermahnen,
dem Nachbarn Güte zu erweisen, bis ich dachte,
er würde ihn als erbberechtigt erklären.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
21
E i n l e i t u n g
Im Namen Allāhs, des Allerbarmers, des Barmherzigen;
alles Lob gebührt Allāh, dem Herrn aller Welten, und
Allāhs Segen und Friede auf dem Propheten Muḥammad,
dem analphabeten Gesandten Allāhs, der uns das
göttliche Wissen durch seine Sunna in wunderbarer
Weise vermittelte, die in Relation, d.i. in wechselweisen
Zusammenhängen, Anlässen, historischen und
gesellschaftlichen Beziehungen in voller Harmonie mit
dem Qur’ān steht, und die man nur auf die segenreiche
göttliche Offenbarung zurückführen kann.
Demnach stellt der Leser aus den hier ausgeführten
Relationen zwischen dem edlen Qur’ān (Al-Qur’ān Al-
Karῑm) und der reinerhaltenen Sunna (As-Sunna Al-
Muṭṭahara) fest, dass es keine Differenzen in jeder
Hinsicht gibt.
Dieses Werk enthält auch einige Passagen aus dem
Abschnit "‘Umars Übereinstimmungen" (Muwāfaqāt
‘Umar), der dem Titel "Al-Fārūq ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb"
(Allāhs Wohlgefallen auf ihm), von Halid Ünal,
entnommen wurde. Dieser besonders unter Qur’ān-
Kommentatoren bekannt gewordene Ausdruck bezieht
sich auf Meinung und Vorschläge ‘Umars, die durch den
Qur’ān und Sunna in Relation
22
Qur’ān bestätigt worden sind: ‘Umar (r) nahm an den
Predigten des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, teil und äußerte seine Meinungen, wenn er nach
etwas gefragt wurde. Manchmal ging er im Auftrage der
Gemeinde zum Propheten, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, wie es z.B. beim Konflikt des Propheten mit seinen
Frauen der Fall war und äußerte seine Meinung.
Derartige Ansichten wurden später, nach Angabe der
Historiker und Qur’ān-Kommentatoren, durch den
Qur’ān bestätigt.
Der Rest des vorliegenden Stoffes wurde dem Titel "Von
der Sunna des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf
ihm" entnommen. Der hiesige Inhalt wurde verbessert
und durch andere Ḥadῑṯe aus zuverlässigen Quellen -
überwiegend aus den sogenannten "Al-Kutub As-Sitta"
(die sechs Bücher) erweitert.
Dieser Titel - als Nachschlagwerk für Qur’ān und Sunna -
ist der erste in seiner Art in deutscher Sprache, der
endlich eine Lücke, sowohl im wissenschaftlichen Bereich
als auch in der alltäglichen Praxis der Muslime, schließt.
Man kann den vorliegenden Stoff sowohl für die
Ausbildung der deutschsprachigen Imame in
Deutschland, Österreich und der Schweiz als auch für den
Schulunterricht in den hiesigen Ländern.
Die Übersetzung der hier angebrachten Qur’ān-Verse und
Qur’ān und Sunna in Relation
23
deren Kommentierung wurden dem Titel "Tafsῑr Al-
Qur’ān Al-Karῑm" (Erläuterung des Al-Qur’ān Al-Karῑm in
deutscher Sprache) in seiner 27., verbesserten und
erweiterten Auflage (Islamische Bibliothek) entnommen.
Die Übersetzung derselben Qur’ān-Verse im Zuge der
Ḥadῑṯ-Überlieferung entstammt aber aus früheren
Übersetzungen, die in manchen Titeln in deutscher
Sprache vorhanden und hier ferner beibehalten sind, um
ihren Überlieferungscharakter nicht zu stören. Deshalb
findet der Leser einige stilistische Nuancen zwischen den
beiden Übersetzungen, die für die Benutzer ohne jegliche
Schwierigkeiten sind. In diesem Zusammenhang ist es
empfehlenswert, aus der bewährten Übersetzung des
Titels "Tafsῑr Al-Qur’ān Al-Karῑm" als maßgebend
auszugehen.
Was die Fundstellen angeht, so sind diese in der
Reihenfolge der Qur’ān-Verse numerisch angebracht,
auch dann, wenn die Überschriften verschieden sind und
die Themen mit einander in keinem Zusammenhang
stehen. Der Qur’ān-Text ist mittig in Fettdruck und Vers
für Vers durchgehend in der Weise so numeriert, dass die
Nummer der Sura vor dem Doppelpunkt, und die des
Verses nach dem Doppelpunkt erfolgt. Darauf erfolgen
die Überlieferungen aus der Sunna und anschließend
wird die Relation zum Qur’ān erläutert. Die hier
Qur’ān und Sunna in Relation
24
vorliegende Auswahl stellt nur einige Beispiele dar, und
beinhaltet nicht das gesamte Volumen der Sunna bzw.
der Qur’ān-Stellen, das vorhanden ist.
Allāh, Dem Erhabenen und Glorreichen Schöpfer, bin ich
für Seine Hilfe unendlich dankbar, dass Er mir gerade in
meinem hohen Alter und durch meine chronische
Erkrankung, mir die Bearbeitung des vorliegenden
Stoffes ermöglicht hat. Ihn flehe ich in aller Demut und
fester Überzeugung von Seiner Allmacht an, Er möge
vorhandene Fehler und Unzulänglichkeiten verzeihen,
und diese - ohne jegliche Beanspruchung von Copyright
und Verlagsrechten - gemachte Arbeit an diesem Werk
annehmen; denn sie wurde nur zur Erlangung Seines
Wohlwollens geleistet.
Den Lesern und Benützern aber wünsche ich, dass sie
hiervon eine große Bereicherung ihres Wissens erlangen
und von der Rechtleitung der Sunna unseres gütigen
Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, einen neuen
Weg zum Heil - sowohl im Diesseits als auch im Jenseits -
einschlagen mögen.
Āmῑn! Abū-r-Riḍā’
Muḥammad Ibn Aḥmad Ibn Rassoul
Köln, in Al-Muḥarram 1429 / Februar 2008
Qur’ān und Sunna in Relation
25
Qur’ān
und
Sunna
in Relation
Qur’ān und Sunna in Relation
26
Lies im Namen deines Herrn!
Im Namen Allāhs, des Allerbarmers, des Barmherzigen! (1:1)
Alles Lob gebührt Allāh, dem Herrn der Welten (1:2), dem Allerbarmer, dem Barmherzigen (1:3), dem Herrscher am Tage des Gerichts! (1:4)
Dir allein dienen wir, und Dich allein bitten wir um Hilfe. (1:5)
Führe uns den geraden Weg (1:6), den Weg derer, denen Du Gnade erwiesen hast,
nicht den Weg derer, die Deinen Zorn erregt haben, und nicht den Weg der Irregehenden. (1:7)
‘Ubāda Ibn Aṣ-Ṣāmit berichtete, dass der Gesandte Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Es zählt kein Gebet für denjenigen, der die Eröffnende
Sura des Qur’ān nicht rezitiert hat.“1
Und Abū Huraira berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Wenn der Imām sagt ›ġairi-l-maġḍūbi ‘alaihim wala-ḍ-
ḍālῑn‹,2 so sagt ihr ›āmῑn‹; denn demjenigen, von dem
›āmῑn‹ gerade mit dem ›āmῑn‹ der Engel ausgesprochen
1 - Bu
Qur’ān und Sunna in Relation
27
wird, werden alle von ihm in der Vergangenheit
begangenen Sünden vergeben.« ...“3
Aus dieser Kombination von Qur’ān und Sunna kommen
wir zu folgendem Ergebnis:
Die allererste Offenbarung des Qur’ān war in der Form
der ersten fünf Verse der Sura "Al-‘Alaq", welche mit dem
Wort "Lies!" anfangen; später wurde die oben
aufgeführten Sura "Al-Fātiḥa" offenbart und unser
Prophet (a.s.s.) wusste nicht von deren Anordnung im
Qur’ān-Einband, bis ihm Gabriel (a.s.) vor seinem Tod die
uns bekannte Folge der Suren beigebracht hat. Demnach
trägt die Sura "Al-‘Alaq" die Nummer "96" und die Sura
"Al-Fātiḥa" die Nummer "1".
Die Sunna belehrt uns, wie verbindlich die göttliche
Offenbarung für uns ist. Heute leben über 1,5 Milliarde
Muslime auf Erden, die verpflichtet sind, ihre Gebete mit
der ersten Sura zu verrichten und "Im Namen Allāhs, des
Allerbarmers, des Barmherzigen! ..." zu lesen, und zwar,
wie die allererste Offenbarung mit dem Imperativ "Lies"
erfolgte.
Wir sehen in dieser Relation zwischen Qur’ān und Sunna
eine Vollendung des göttlichen Willens, die sich kein
Mensch ersinnen kann. Zusätzlich erfahren wir durch die
2 - Qur’ān 1:7. 3 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
28
Sunna etwas aus dem Verborgenen, nämlich die frohe
Botschaft der "Sündenvergebung" und die Beteiligung
der Engel bei der Rezitation des Qur’ān. Eine derartige
Kunde kann uns keine Wissenschaft geben; denn es ist
nur durch das Prophetentum möglich.
Der Feind Allāhs
Sprich: ”Wer auch immer Gabriel zum Feind nimmt, so hat er ihn (den Qur’ān) doch mit Ermächtigung Allāhs in dein Herz herabgesandt als Bestätigung
dessen, was vor ihm war, und als Rechtleitung und frohe Botschaft für die Gläubigen.“ (2:97) Wer auch
immer zum Feind wurde gegen Allāh und Seine Engel und Seine Gesandten und Gabriel und Michael, so ist
wahrlich Allāh den Ungläubigen ein Feind. (2:98)
Diese Verse wurden wegen dem Rabbiner ‘Abdullāh Ibn
Ṣuriǧā’ herabgesandt. Er fragte den Gesandten Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, wer ihm die Eingebung
herabzubringen pflegte. Als der Prophet (a.s.s.) den Engel
Gabriel nannte, erwiderte jener: Dieser ist unser Feind. Er
ist mehrfach feindlich gegen uns aufgetreten, am
stärksten, als er unserem Propheten die Verkündigung
herabsandte, dass Nebukadnezar Jerusalem zerstören
werde. Wir haben damals jemand hingeschickt, der
Qur’ān und Sunna in Relation
29
Nebukadnezar töten sollte. Als er ihn in Babylon fand,
wies ihn Gabriel von Nebukadnezar ab und sagte: "Wenn
euer Gott ihm befohlen hat, euch zu vernichten, wird er
euch keine Macht über ihn geben. Liegt aber kein solcher
Befehl vor, warum sucht ihr ihn dann zu töten?"
Es wird auch folgendes überliefert:
‘Umar (r) kam eines Tages in die Tora-Schule der Juden
und befragte diese über Gabriel. Sie antworteten:
"Das ist unser Feind, der Muḥammad Kenntnis von
unserem geheimgehaltenen Offenbarungswissen gegeben
hat. Er bedient sich jeder Niedrigkeit und Quälerei.
Dagegen hält es Michael mit der Fruchtbarkeit und dem
Frieden."
Als ‘Umar (r) nun fragte, welche Stellung sie bei Allāh
hätten, sagten die Juden:
”Gabriel steht an der rechten und Michael an der linken
Seite Allāhs. Zwischen beiden aber herrscht Feindschaft.“
Darauf entgegnete ‘Umar (r):
”Wenn es sich so mit ihnen verhält, wie ihr sagt, dann sind
sie nicht Feinde. Ihr seid wahrhaftig ungläubiger als die
Esel. Wer nämlich einem von ihnen feind ist, der ist Allāhs
feind.“
Als ‘Umar nun zu Muḥammad (a.s.s.) zuruckkam, fand er,
dass Gabriel schon vor ihm mit der vorliegenden
Qur’ān und Sunna in Relation
30
Eingebung da gewesen war.4
Ibn Kaṯῑr5 berichtet:
”Ein Jude traf Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb, Allāhs Wohlgefallen
auf ihm, und sagte:
»Gabriel, den ihr als Freund bezeichnet, ist für uns ein
Feind.«
‘Umar sagte darauf:
»Wer ist ein Feind Allāhs?«
Die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 2.
Jahr n.H. in Al-Madῑna offenbart.“
Diese Überlieferung gehört zu den sogenannten "‘Umars
Übereinstimmungen" mit den qur’ānischen
Offenbarungen (arab.: "Muāfaqāt ‘Umar") in Verbindung
zu den historischen Anlässen der göttlichen Botschaft.
Wir lernen durch diese Relation zwischen Qur’ān und
Sunna die Möglichkeit einer Beteiligung der Gläubigen
selbst in ihrem Dasein, die von unserem Erhabenen
Schöpfer akzeptiert und nach Herzenswünschen
realisiert wird.
4 - Baid, Gät; vgl. Qur’ān 19:96-98. 5 - Tafsῑr I, 132.
Qur’ān und Sunna in Relation
31
Dem Toten folgen dreierlei,
von denen zwei zurückkehren und eins bei ihm bleibt:
Ihm folgen seine Leute, sein Besitz und seine Taten, von denen seine
Leute und sein Besitz zurückkehren, und mit ihm bleiben seine Taten.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
32
Änderung der Gebetsrichtung
Und als Wir das Haus zu einem Ort der Einkehr für die Menschen machten sowie zu einer Sicherheit
(sprachen Wir): ”Und nehmt euch die Stätte Abrahams zum Gebetsort.“ Und Wir haben Abraham und Ismael
auferlegt: ”Reinigt Mein Haus für die es Umkreisenden und (sich dorthin) Zurückziehenden, die Sich-
Verneigenden und Sich-Niederwerfenden.“ (2:125)
Das Haus ist die Al-Ka‘ba in Makka;6 sie war immer ein
Wallfahrtsort, zu dem alle arabischen Stämme pilgerten
und Handelsgeschäfte betrieben. Dort fanden auch
Dichterwettbewerbe statt. Sie galt und gilt als
Schutzgebiet für alle Menschen, die die Sicherheit des
Ortes gleichermaßen respektierten.
Ferner ist die Al-Ka‘ba ein Ort, an dem sich die Stätte
Abrahams befindet. Die Umschreitung der Al-Ka‘ba ist
eine wichtige Handlung für die Gültigkeit der Pilgerfahrt.7
Über die Änderung der Gebetsrichtung zur Al-Ka‘ba sagte
‘Umar zum Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm:
”Wenn wir doch den Standort Abrahams als Gebetsplatz
nehmen dürften!“ 6 - Über ihre Gründung und Wiederaufbau vgl. die beiden Titel: "Allāhs
Friede auf Ibrāhῑm" und "Zamzam, Geschichte eines Brunnens", Islamische Bibliothek.
7 - vgl. die Titel: "Lexikon der Pilgerfahrt" und "Labbaik, Bittgebete für Makka und Al-Madῑna", Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
33
Die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 8.
Jahr n.H. in Al-Madῑna offenbart. Die Al-Ka‘ba, wird
zumeist einfach als "das Haus" und eine "Stätte", an der
die Besucher Einkehr halten, bezeichnet. Oder: zu einer
Stätte der Belohnung, indem nämlich die Menschen dafür
den göttlichen Lohn erhalten werden, wenn sie diese
Stätte als Wallfahrer aufsuchen.
Man liest auch "zu Stätten der Einkehr", da es sich um
eine Stätte für jeden einzelnen Besucher handelt. Und zu
einer Sicherheit: und zu einer Stätte der Sicherheit, an der
die Menschen, die sich dort aufhalten, keiner Gefahr
ausgesetzt sind, wie Allāh (t) sagt: "Haben sie denn nicht
gesehen, dass wir im Gebiet von Makka einen heiligen
Bannbezirk gemacht haben, der sicher ist, während die
Leute in ihrer Umgebung mit Gewalt weggeholt werden."8
Oder: zu einer Stätte der Sicherheit, und zwar in dem
Sinne, dass die Menschen, die die Wallfahrt dorthin
unternehmen, vor der Strafe im Jenseits sicher sind, da die
Wallfahrt die vorangegangenen Sünden tilgt. Oder: zu
einer Stätte der Sicherheit, an der ein Verbrecher, der
dort Zuflucht sucht, solange nicht zur Rechenschaft
gezogen wird, bis er diesen Ort verläßt.
Die Stätte Abrahams ist der Stein, auf dem sich der
Abdruck seines Fußes befindet, und die Stelle, an der er
8 - Qur’ān 29:67.
Qur’ān und Sunna in Relation
34
sich aufhielt, als er sich erhob, um die Menschen zur
Wallfahrt oder zur Errichtung des Hauses, der Al-Ka‘ba,
aufzufordern. Es handelt sich dabei um den Ort, der noch
heute als die "Stätte Abrahams" (Maqām Ibrāhῑm) gilt.
In einem Ḥadῑṯ ist es überliefert, dass Muḥammad (a.s.s.)
die Hand ‘Umars ergriff und sagte: "Dies ist die Sätte
Abrahams."
Da fragte ‘Umar: "Wollen wir ihn nicht zu einer
Gebetsstätte machen?", worauf der Prophet antwortete:
"Das ist mir nicht befohlen worden."
Kaum war indessen die Sonne untergegangen, da kam der
vorliegende Vers herab. Man sagt auch, dass es sich hier
um den Befehl zu der Verrichtung eines Gebets aus zwei
Rak‘a nach der 7-maligen Umschreitung (Ṭawāf) der Al-
Ka‘ba während der Pilgerfahrt handelt; denn Gābir hat
überliefert:
"Als der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, mit
seinem Ṭawāf fertig war, begab er sich an die Stätte
Abrahams, verrichtete dort das genannte Gebet und
rezitierte:
›Macht euch aus der Stätte Abrahams eine Gebetsstätte.‹“"
Reinigt mein Haus!: Wir befahlen ihnen, das Haus zu
reinigen. Der Sinn des Wortes ist: Reinigt es von den
Götzenbildern, den Unreinlichkeiten und dem, was seiner
nicht würdig ist! Oder: Macht es frei für diejenigen, die
Qur’ān und Sunna in Relation
35
die Umgangsprozession um dieses Haus herum machen
und sich dem Kult hingeben, also für diejenigen, die dort
weilen oder sich dort dem Kult widmen!9
Muslime glauben an Allāh und an das, was herabgesandt worden ist
Sprecht: ”Wir glauben an Allāh und an das, was uns herabgesandt worden ist, und was Abraham, Ismael,
Isaak, Jakob und den Stämmen (Israels) herabgesandt wurde, und was Moses und Jesus gegeben wurde, und was den Propheten von ihrem Herrn gegeben worden ist. Wir machen zwischen ihnen keinen Unterschied,
und Ihm sind wir ergeben.“ (2:136)
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Die Leute der Schrift pflegten die Thora in hebräischer
Sprache zu lesen und diese den Anhängern des Islam auf
Arabisch zu erklären. Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen
und Friede auf ihm, sagte dann dazu:
»Glaubt den Leuten der Schrift nicht, haltet sie aber nicht
für Lügner und sprecht (zu ihnen): ›...Wir glauben an
Allāh und an das, was uns herabgesandt worden ist ...‹«“10
Darüber ist folgendes zu bemerken:
"Sprecht" ist ein Befehl, der an die Muslime gerichtet ist.
Hierdurch soll von ihnen die Überzeugung bekräftigt
9 - Baid, Gät (vgl. Qur’ān 22:26f.) 10 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
36
werden, dass alle Propheten zu diesem heilvollen Weg
gerufen haben. Die Einheit des Glaubens führt zur Einheit
der Menschen. "Wir machen zwischen ihnen keinen
Unterschied"11 ist ein göttliches Rezept für den
Weltfrieden.
11 - vgl. dazu Qur’ān 4:163.
Qur’ān und Sunna in Relation
37
Das Hin- und Herlaufen zwischen Aṣ-Ṣafa und Al-Marwa
Wahrlich, Aṣ-Ṣafā und Al-Marwa gehören zu den Kultstätten Allāhs; und wer zu dem Hause pilgert oder die ‘Umra vollzieht, für den ist es kein Vergehen, wenn
er zwischen beiden hin- und herschreitet. Und wenn einer freiwillig Gutes tut, so ist Allāh Erkenntlich,
Allwissend. (2:158)
‘Āṣim berichtete:
”Ich fragte Anas Ibn Mālik:
»Habt ihr es verabscheut, zwischen Aṣ-Ṣafa und Al-Marwa
zu schreiten?«
Er antwortete: »Ja, weil dies ein Kultbrauch der
ıāhiliyya12 war, bis Allāh folgenden Qur’ān-Vers
offenbarte: ›Wahrlich, Aṣ-Ṣafa und Al-Marwa gehören zu
den Kultstätten Allāhs; und wer zu dem Hause pilgert
oder die ‘Umra vollzieht, für den ist es kein Vergehen,
wenn er beide zwischen beiden hin- und
herschreitet..‹13«“
Hier handelt es sich um den Gang zwischen den beiden
Hügeln Aṣ-Ṣafā und Al-Marwa während der Pilgerfahrt; er
ist 395m lang und ist nicht weit von der Al-Ka‘ba in
12 - Unwissenheit in der heidnischen Zeit vor dem Islam. 13 - 2:158; Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
38
Makka entfernt. Die Offenbarung dieses Verses geschah
als die Muslime zur Zeit des Propheten Muḥammad
(a.s.s.) meinten, diese Handlung sei ein Überbleibsel aus
der heidnischen Zeit vor dem Islam.14
Verbergen von Beweisen und Rechtleitung
Diejenigen, die verbergen, was Wir von den klaren Beweisen und der Rechtleitung herabsandten, nachdem
Wir es den Menschen im Buch erklärt hatten, diese verflucht Allāh, und diese verfluchen auch die
Fluchenden (2:159); außer denjenigen, die sich reuevoll zuwenden, sich bessern und klarstellen, (was sie von der Offenbarung verbargen). Denen wende Ich Meine Gnade wieder zu; denn Ich bin der gnädig Sich-
wieder-Zuwendende, der Barmherzige. (2:160)
‘Urwa sagte, dass Ḥumrān folgendes berichtete:
”Als ‘Uṯmān seinen Wuḍū’ beendet hatte, sagte er: »Soll
ich euch etwas mitteilen, von dem ich euch niemals
mitgeteilt hätte, wenn ein Qur’ān-Vers15 nicht offenbart
worden wäre? Ich hörte den Propheten, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, sagen: ›Niemals wird einer den Wuḍū’
14 - Für die Vorgeschichte vgl. den Titel: "Zamzam, Geschichte eines
Brunnens", Islamische Bibliothek. 15 - arab.: Āya.
Qur’ān und Sunna in Relation
39
vornehmen, diesen in bester Weise tun und anschließend
das Gebet verrichten, ohne dass ihm die zwischen dem
ersten und dem zweiten Gebet begangenen Missetaten
vergeben werden; dies gilt entsprechend weiter, sobald
er das darauffolgende Gebet beendet hat.‹«“
‘Urwa sagte ferner:
”Die erwähnte Āya lautet: ›Diejenigen, die verbergen, was
Wir von den klaren Beweisen und der Rechtleitung
herabsandten ...‹“16
Der Anfang dieses Verses stellt eine bleibende Warnung
an alle Menschen zu allen Orten und Zeiten dar, die das
verheimlichen, was Allāh (t) in Seinem Buch - dem Qur’ān
- von den klaren Beweisen und der Rechtleitung
herabgesandt hat. Auf denjenigen, die trotz dieser
Warnung derartiges Verbrechen begehen, lastet der Fluch
Allāhs und der "Fluchenden", d.h. "der Engel und der
Menschen allesamt", deren Fluch dadurch wirksam wird,
weil sie die Übeltaten und das Unrecht gegen die
Menschheit verabscheuen.
Dies ist auch der Fall, wenn Menschen unterdrückt oder
ungerecht behandelt werden: Sie fluchen gegen den
Übeltäter und ihre Hilferufe steigen zu Allāh (t) empor
und rufen Seinen Zorn hervor.
Durch die tätige Reue und die Wiedergutmachung durch
16 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
40
Aufhebung der schädlichen Wirkung bleibt das Tor zur
Vergebung und Gnadenerweisung offen. Diese Aussage
des Qur’ān ist ein Beweis für die Barmherzigkeit Allāhs.
Qur’ān und Sunna in Relation
41
Esst von den guten Dingen
O ihr Menschen, esst von dem, was es auf der Erde an Erlaubtem und Gutem gibt, und folgt nicht den
Fußstapfen Satans; denn er ist euer offenkundiger Feind. (2:168) Er gebietet euch nur Böses und
Abscheuliches, und dass ihr über Allāh sagen sollt, was ihr nicht wisst. (2:169)
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Allāh, der Erhabene ist gut und nimmt nur Gutes an.
Allāh hat den Gläubigen befohlen, was Er den Gesandten
befohlen hat, und der Erhabene hat gesagt: ›O ihr
Gesandten, esst von den guten Dingen und tut Rechtes‹.17
Und der Erhabene hat gesagt: ›O ihr Gläubigen, esst von
den guten Dingen, mit denen Wir euch versorgt
haben‹«.18 Danach erzählte er von einem Mann, der eine
lange Reise machte, mit ungekämmtem Haar,
staubbedeckt, der seine Hände zum Himmel streckte (und
rief): ›O Herr, o Herr!‹ »...und seine Speise war von
Verbotenem, sein Trank von Verbotenem, sein Gewand
von Verbotenem, und er war mit Verbotenem ernährt.
17 - vgl. Qur’ān 23:51. 18 - vgl. Qur’ān 2:172.
Qur’ān und Sunna in Relation
42
Wie sollte er da erhört werden!«“19
Mit diesen Worten werden nicht nur Gläubige, sondern
alle Menschen angesprochen. Das Gebot, von der guten
und erlaubten Nahrung zu verzehren, bedeutet, dass
derjenige, der eine schlechte Speise stehen läßt, keine
Sünde begeht. Denn manche Muslime zwingen sich - aus
Dankbarkeit gegenüber unserem Erhabenen Schöpfer -
und verzehren jede (erlaubte) Speise, auch wenn diese in
ihrer Güte zweifelhaft ist; damit wollen sie kein schlechtes
Gewissen haben. Die Werke Satans haben das Ziel, den
Menschen - auch in seiner Nahrung - irrezuleiten. Wir
nehmen den Alkohol als Beispiel dafür. Die reine Substanz
vor der Gährung ist erlaubt. Nach Verwandlung derselben
in Alkohol ist sie verboten. Nun versucht Satan, sich ans
Werk zu machen und inspiriert dem Menschen, der
Alkohol sei ein Medikament, sogar gesund; Bier sei gut für
die Nieren und Harnwege, und Wein gehört zum "guten
Ton der modernen Gesellschaft".
Dass Satan uns Böses und Abscheuliches gebietet, liegt auf
der Hand; denn wir wissen, was Alkohol für Unheil in der
menschlichen Gesellschaft verursacht.20
Als unser Prophet (a.s.s.) von einigen seiner Gefährten
nach der Einnahme des Alkohols als Medizin gefragt
19 - Mu 20 - vgl. zu diesem Thema den Titel: "Der Muslim lebt nicht vom Brot allein",
Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
43
wurde, antwortete er, Alkohol sei Krankheit und keine
Medizin.21
21 - vgl. Qur‘ān 16:114-117.
Qur’ān und Sunna in Relation
44
In der Wiedervergeltung ist Leben für euch
O ihr, die ihr glaubt! Es ist euch die Wiedervergeltung vorgeschrieben für die Getöteten: der Freie für den
Freien, der Sklave für den Sklaven, das Weibliche für das Weibliche. Doch wenn jemandem von seinem
Bruder etwas vergeben wird, so soll der Vollzug auf geziemende Art und die Leistung ihm gegenüber auf
wohltätige Weise geschehen. Dies ist eine Erleichterung von eurem Herrn und eine
Barmherzigkeit. Wer nun von jetzt an (die Gesetze) übertritt, dem wird eine schmerzliche Strafe zuteil sein. (2:178) In der Wiedervergeltung ist Leben für
euch, o ihr, die ihr einsichtig seid! Vielleicht werdet ihr (Allāh) fürchten. (2:179)
Anas, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Die Tochter des An-Nuḍur ohrfeigte ein
Sklavenmädchen und brach dabei einen seiner
Schneidezähne. Die Leute begaben sich deshalb zum
Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, und er
veranlasste die Wiedervergeltung.“22
Hier werden wir uns mit einigen Bestimmungen des
islamischen Strafrechts23 beschäftigen. Es muss aber
bemerkt werden, dass "Wiedervergeltung" nicht gänzlich 22 - arab.: Qiṣāṣ; Bu. 23 - arab.: Ḥudūd.
Qur’ān und Sunna in Relation
45
mit "Rache" identisch ist. Das islamische Recht zieht nicht
nur die Verantwortung des Tötenden für seine begangene
Tat in Betracht, sondern legt ebensoviel Nachdruck auf
die zivilrechtlichen Verpflichtungen des Täters den
Angehörigen des Getöteten gegenüber. Dementsprechend
wird Tötung - im Gegenteil zum Raubmord oder
Kollektivterror - nicht so sehr als Verbrechen gegen den
Staat betrachtet, sondern in erster Linie als Unrecht an
den Familienangehörigen des Getöteten, woraus sich das
Recht der Angehörigen ergibt, falls sie von der
Verhängung der Todesstrafe absehen und von einer
angemessenen Entschädigung Gebrauch machen wollen.
Somit lassen diese Bestimmungen Raum - sowohl für eine
Bestrafung als auch für Gerechtigkeit in der Form einer
Wiedergutmachung, in der Sicherheit für die
Allgemeinheit liegt, da sie eine wirkungsvolle Maßnahme
darstellt, das menschliche Leben zu schützen. Somit trifft
der Islam einerseits Vorsorge für die Vorbeugung von
Verbrechen, andererseits Güte und Verzeihung zu
erweisen.
Nach ‘Umar Ibn ‘Abdul‘azῑz und Mālik Ibn Anas darf ein
Freier nicht für einen Sklaven und ein Mann nicht für eine
Frau getötet werden, und zwar auf Grund dieses Verses.
Sie sagen, dieser Vers kommentiere das, was unklar sei in
Allāhs Wort "Wir haben ihnen darin (das heißt in der
Qur’ān und Sunna in Relation
46
Thora) vorgeschrieben: Leben um Leben, Auge um Auge,
Nase um Nase, Ohr um Ohr, Zahn um Zahn".24
Jener letztgenannte Vers sei nämlich offenbart worden,
um davon zu berichten, was in der Thora deren Leuten
vorgeschrieben ist. Hier hingegen würden die Muslime
angesprochen und bekämen das in diesem Vers Stehende
als Vorschrift.
Nach Qatāda und Abū Ḥanῑfa soll dagegen der vorliegende
Vers durch Allāhs Wort "Leben um Leben" getilgt sein.
Somit bestünde Wiedervergeltung zwischen einem
Sklaven und Freien sowie Mann und Frau. Sie ziehen
Folgerungen aus dem Wort des Propheten (a.s.s.) "In der
Blutschuld sind die Muslime einander gleich", und aus
dem Umstand, dass hinsichtlich der Seelen keine
gegenseitige Vorzugsstellung in Erwägung gezogen ist,
um zu beweisen, dass eine ganze Schar von Menschen,
wenn sie einen einzelnen totgeschlagen hätte, um
seinetwillen getötet werden könne.
In einem Ḥadῑṯ ist überliefert, dass zwischen zwei
arabischen Stämmen in vorislamischer Zeit Blutfehde
bestand. Dabei hatte der eine Macht über den anderen
und schwor:
"Wir werden den Freien von euch für den Sklaven von
uns, den Mann für die Frau und zwei für einen töten."
24 - Qur’ān 5:45
Qur’ān und Sunna in Relation
47
Darauf wandte man sich mit dieser Angelegenheit an den
Gesandten Allāhs, und zwar zu der Zeit, da Allāh den
Islam brachte. Bei diesem Anlaß kam der vorliegende
Vers herab, und der Prophet befahl ihnen, sich gegenseitig
gleichzustellen.
"Und wenn einem der einen Totschlag begangen hat von
seiten seines Bruders, dem die Ausübung der
Wiedervergeltung obliegt, etwas nachgelassen wird": Der
Bruder ist der "Walyy"25 des Getöteten. Man nennt ihn
dessen Bruder, weil er ihm insofern nahesteht, sein
Bluträcher ist und seine diesbezüglichen Ansprüche
betreibt.
Oder Allāh (t) erwähnt den Walyy unter der Bezeichnung
einer Bruderschaft, damit der eine dem andern durch das
Denken daran zugetan sei, was zwischen beiden an
Gemeinsamkeit von Artverwandtschaft und Islam besteht.
"Soll die Betreibung des Blutgeldes durch den Rächer auf
rechtliche Weise und umgekehrt die Bezahlung an ihn auf
ordentliche Weise vollzogen werden": Dies ist eine
Anweisung, die denjenigen, dem Nachlaß gewährt wird,
und den Nachlaß Gewährenden gemeinsam betrifft. Das
heißt: Der Walyy soll den Totschläger auf rechtliche
Weise verfolgen, indem er ihn nicht zu hart behandelt und
von ihm nur das verlangt, was er auf gute Weise
25 - d.h.: der Beauftragte und Interessen-Inhaber.
Qur’ān und Sunna in Relation
48
verlangen kann. Und der Totschläger soll den Gegenwert
für das vergossene Blut auf ordentliche Weise erstatten,
indem er ihn nicht hinausschiebt oder vermindert. "Dies":
Der angeführte Entscheid über das Nachlassen und das
Blutgeld. Die Gemeinschaft der Muslime hat die Wahl
zwischen allen drei: Wiedervergeltung, Blutgeld und
Nachlassen, was eine Großzügigkeit und Erleichterung für
sie darstellt.
Nach Qatāda besteht die schmerzhafte Strafe darin, dass
man ihn mit Sicherheit töten und kein Blutgeld von ihm
annehmen wird, hat doch der Prophet gesagt:
"Ich werde dem keinen Nachlaß gewähren, der getötet
hat, nachdem er Blutgeld angenommen hat." "In der
Wiedervergeltung ist Leben für euch, o ihr, die ihr
einsichtig seid!": Der Sinn ist: In dieser Art von Regelung,
wie ihn die Wiedervergeltung darstellt, habt ihr
gewaltiges Leben. Man tötete nämlich vorher für einen
einzelnen Totschläger eine ganze Schar.
Wieviel hat doch der Dichter Al-Muhalhil für seinen
Bruder Kulaib getötet, sodass die Sippe von Bakr Ibn Wā’il
beinahe verschwunden wäre! Er tötete für den
Gemordeten auch solche Leute, die diesen nicht getötet
hatten. Dadurch kam es zu Bürgerkrieg und
gegenseitigem Zerfleischen.
Als nun der Islam das Gesetz der Wiedervergeltung
Qur’ān und Sunna in Relation
49
brachte, lag darin das Leben jeglichen Lebens oder einer
besonderen Art von Leben, nämlich das Leben, das sich
daraus ergibt, dass man sich vor dem Totschlag
zurückhält, weil man weiß, dass am Totschläger
Wiedervergeltung geübt wird. Wenn dieser nämlich einen
Totschlag plant und weiß, dass er der Wiedervergeltung
verfällt, und sich so vom Totschlag abhalten läßt, dann ist
sein Gefährte vor dem Totschlag und er selbst vor der
Wiedervergeltung sicher. So ist die Wiedervergeltung die
Ursache für das Leben zweier Menschen.26
26 - Zam, Gät.
Qur’ān und Sunna in Relation
50
Die Schranken Allāhs
Es ist euch erlaubt, euch in der Nacht des Fastens euren Frauen zu nähern; sie sind Geborgenheit für euch und
ihr seid Geborgenheit für sie. Allāh weiß, dass ihr gegen euch selbst trügerisch gehandelt habt, und Er wandte
euch Seine Gnade wieder zu und vergab euch. So pflegt nun Verkehr mit ihnen und trachtet nach dem, was
Allāh für euch bestimmt hat. Und esst und trinkt, bis der weiße Faden von dem schwarzen Faden der
Morgendämmerung für euch erkennbar wird. Danach vollendet das Fasten bis zur Nacht. Und pflegt keinen Verkehr mit ihnen, während ihr euch in die Moscheen
zurückgezogen habt. Dies sind die Schranken Allāhs, so kommt ihnen nicht nahe! So erklärt Allāh den
Menschen Seine Zeichen. Vielleicht werden sie (Ihn) fürchten. (2:187)
‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, kam
einmal im Ramaḍān zum Propheten, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, und sagte:
”Ich ließ mich verführen und wohnte meiner Frau bei,
nachdem ich geschlafen hatte. Ich will aber fasten.“
Er suchte damit die Erlaubnis um den Beischlaf in den
Nächten des Fastenmonats. Die Entscheidung Allāhs
darüber im Qur’ān wurde im 2. Jahr n.H. in Al-Madῑna
offenbart.27
27 - Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr I, 220.
Qur’ān und Sunna in Relation
51
Und ‘Adyy Ibn Ḥātim, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete:
”Als der Qur’ān-Vers ›..., bis der weiße Faden von dem
schwarzen Faden der Morgendämmerung für euch
erkennbar wird.‹ offenbart wurde, nahm ich einen
weißen und einen schwarzen Strick und legte die beiden
unter mein Kopfkissen. In der Nacht verglich ich laufend
die beiden gegeneinander und habe den Farbunterschied
nicht erkannt. Als der Morgen anbrach, suchte ich den
Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, auf
und erzählte ihm dies. Er sagte zu mir:
»Damit ist nur die Finsternis der Nacht und die Helligkeit
des Tages gemeint!«“28
Bevor dieser Vers offenbart wurde, herrschte unter den
Muslimen allgemein die Ansicht, dass Geschlechtsverkehr
während des Fastenmonats - selbst nachts nach dem
Fastenbrechen - zu meiden sei, was jedoch besonders für
junge Ehepaare sehr schwer war. So gab es also heimliche
Übertretungen, gefolgt von schlechtem Gewissen. Hier
nun ist eindeutig festgelegt, dass während der Nächte des
Fastenmonats nichts Sündiges im Verkehr mit dem
Ehepartner zu sehen ist.
Wer ein sehr enges Verhältnis zur Natur hat, kennt die
bezaubernden Erscheinungen der frühen
28 - Bu, Mu.
Qur’ān und Sunna in Relation
52
Morgendämmerung. Zuerst tauchen weiße, undeutliche
Streifen im Osten auf, dann werden diese überzogen von
einer dunklen Zone, der eine rosig-weiße folgt, die sich
ganz klar von der Dunkelheit abhebt. Dies ist die echte
Morgendämmerung, mit der das Fasten beginnt.
"Bis zur Nacht" bedeutet "bis zum Sonnenuntergang". Mit
dem Ausdruck "... während ihr euch in die Moscheen
zurückgezogen habt" ist eine besondere, nicht
obligatorische Form der Andacht während der letzten
zehn Tage des Ramaḍān gemeint. Man zieht sich in eine
Moschee zurück und widmet sich ganz dem Gebet und
dem Gedenken Allāhs, zusätzlich zu den vorge-
schriebenen religiösen Pflichtübungen. Dabei enthält man
sich aller weltlichen Tätigkeiten, Wünsche und Begierden.
Man sollte versuchen, sich in sicherem Abstand von
diesen Schranken zu halten und sie, nicht einmal zu
berühren, weil dann die Gefahr besteht, sie zu
überschreiten.
Der Prophet (a.s.s.) hat dazu folgendes Beispiel ange-
rührt:
”Jeder König hat ein von Grenzen eingefasstes Land und
Allāhs umgrenztes Land ist durch die Schranken Seiner
Gebote gekennzeichnet; wer seine Herde nahe an der
Grenze weidet, läuft Gefahr, dass sich seine Tiere jenseits
Qur’ān und Sunna in Relation
53
verirren.“29
29 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
54
Gottesfurcht ist die beste Vorsorge
Für den Ḥaǧǧ sind bekannte Monate (vorgesehen). Wer sich in ihnen zum Ḥaǧǧ entschlossen hat, der enthalte
sich des Beischlafs und begehe weder Frevel noch unziemliche Rede während des Ḥaǧǧ. Und was ihr an
Gutem tut, Allāh weiß es. Und sorgt für die Reise, doch wahrlich, die beste Vorsorge ist Gottesfurcht. Und
fürchtet Mich, o ihr, die ihr einsichtig seid! (2:197)
Ibn ‘Abbās, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete:
”Die Leute des Yemen unternahmen gewöhnlich den
Ḥaǧǧ, ohne Reiseproviant mitzunehmen; sie (versuchten,
ihr Verhalten zu rechtfertigen, indem sie) sagten:
»Wir sind Leute, die sich auf Allāh verlassen.«
Wenn sie aber in Makka ankamen, bettelten sie die
Menschen an. Da offenbarte Allāh der Erhabene: ›Und
sorgt für die Reise, doch wahrlich, die beste Vorsorge ist
Gottesfürchtigkeit.‹«“30
Die Monate für die Pilgerfahrt sind: Šawwāl, Ḏu-l-Qa‘da
und Ḏu-l-Ḥiǧǧa. Den Pilgern wird ans Herz gelegt, für ihre
Nahrung zu sorgen, damit sie nicht in der Fremde aufs
Betteln angewiesen werden müssen. Die Gottesfurcht ist
auf jeden Fall die beste Vorsorge auf allen Reisen, sowohl
im Diesseits, als auch auf der uns bevorstehenden Reise
ins Jenseits.
30 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
55
Wenn Übel größer ist als Nutzen
Sie befragen dich über Berauschendes und Glücksspiel. Sprich: ”In beiden liegt großes Übel und Nutzen für die
Menschen. Doch ihr Übel ist größer als ihr Nutzen.“ (2:219)
Die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 4.
Jahr n.H. in Al-Madῑna offenbart.31
Da Allāh (t) indessen auf die Frage mit einem Hinweis auf
die Sündhaftigkeit antwortet, liefert die spezielle
Ausrichtung der Antwort einen Beweis dafür, dass die
Frage sich auf die Erlaubnis und die Sündhaftigkeit
richtete. In dem Vers liegen verschiedene
Fragenkomplexe: Es wurde berichtet: Über das
Berauschende sind vier Verse herabgekommen. In Makka
kam folgendes Wort Allāhs herab: "Und Wir geben euch
von den Früchten der Palmen und Weinstöcke zu trinken,
woraus ihr euch einen Rauschtrank32 und schönen
Unterhalt macht".33
Nunmehr tranken es einige Leute, während andere es
unterließen. Damals lud ‘Abdurraḥmān Ibn ‘Auf einige
Leute ein, und sie tranken und wurden berauscht. Einer
von ihnen erhob sich, um das Gebet zu verrichten und
31 - Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr I, 255. 32 - arab.: Sakar. 33 - Qur’ān 16:67.
Qur’ān und Sunna in Relation
56
rezitierte falsch: "Sprich: Ihr Ungläubigen! Ich verehre"
(statt: Ich verehre nicht) "was ihr verehrt".34 Hierauf kam
herab: "Kommt nicht betrunken zum Gebet!",35 und die
Zahl derer, die das Berauschende tranken, nahm ab. Nun
kamen einige von den Al-Anṣār zusammen, darunter Sa‘d
Ibn Abῑ Waqqāṣ. Als sie betrunken waren, prahlten sie
und trugen sich gegenseitig Gedichte vor, bis schließlich
Sa‘d ein Gedicht hersagte, das eine Schmähung der Al-
Anṣār enthielt. Da nun einer der Al-Anṣār mit dem
Kinnknochen eines Kamels auf Sa‘d einschlug und ihm
eine tiefe Kopfwunde beibrachte, beklagte sich dieser
beim Gesandten Allāhs, und ‘Umar sagte:
"O Allāh! Gib uns eine zureichende Erklärung über die Al-
Ḫamr (das Berauschende)!"
Da kam herab: "Al-Ḫamr, das Glückspiel, die Opfersteine
und die Lospfeile sind ein wahrer Greuel und
Teufelswerk. Meidet es! Vielleicht wird es euch dann wohl
ergehen. Der Satan will ja durch Al-Ḫamr und das
Glückspiel nur Feindschaft und Hass zwischen euch
aufkommen lassen und euch vom Gedenken Allāhs und
vom Gebet abhalten. Wollt ihr denn nicht damit
aufhören?"36.
Abū Dāwūd hat weiterhin nach Nāfi‘ und dieser nach Ibn
34 - Qur’ān 109:1f. 35 - Qur’ān 4:43 36 - Qur’ān 5:90f.; vgl. Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr I, 255.
Qur’ān und Sunna in Relation
57
‘Umar folgendes überliefert:
Der Gesandte Allāhs hat gesagt, dass jedes berauschende
Getränk verboten sei. Der Sinn der Aussage des Gesandten
Allāhs besteht darin, dass jedes berauschende Getränk im
Hinblick auf die Sündhaftigkeit des Genusses zu
behandehn ist.
Von ‘Ā’iša (r), Gattin des Propheten (a.s.s.), wurde
folgendes überliefert:
”Man fragte den Gesandten Allāhs nach dem Bit‘-
Getränk,37 worauf er antwortete:
»Jedes Getränk, das berauscht, ist verboten.«“
Abū Dāwūd hat nach ıābir Ibn ‘Abdullāh ferner folgendes
überliefert:
”Der Gesandte Allāhs hat gesagt, dass von dem, welches in
großer Menge berausche, auch eine kleine Menge
verboten ist.“
Nach ‘Ā’iša (r) wurde ferner überliefert:
”Ich hörte, wie der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, sagte:
»Jedes Berauschende ist verboten. Was in der Menge eines
"Farq" berauscht, ist auch in der geringeren Menge einer
Handvoll verboten.«“
Al-Ḫaṭṭābyy hat gesagt, der Farq sei ein Maß, das
sechzehn "Raṭl" umfasse. Hier zeigt sich am
37 - Wein bzw. Alkoholischer Geträng bei den Arabern.
Qur’ān und Sunna in Relation
58
allerdeutlichsten, dass die Sündhaftigkeit sich auf alle
Teile des berauschenden Getränks erstreckt.38
38 - Raz, Gät; vgl. dazu Qur’ān 4:43, 5:90 und die beiden Begriffe
"Berauschendes" und "Glücksspiel" im Titel: Handbuch der Zakāh und der islamischen Wirtschaftslehre", Islamische Bibliothek).
Qur’ān und Sunna in Relation
59
Frauen als Saatfeld
Und sie befragen dich über die Menstruation. Sprich: ”Sie ist ein Leiden. So haltet euch von den Frauen
während der Menstruation fern und kommt ihnen nicht nahe, bis sie rein sind; und wenn sie rein sind, dann
geht zu ihnen, wie Allāh es euch geboten hat. Wahrlich, Allāh liebt diejenigen, die sich (Ihm) reuevoll
zuwenden und die sich reinigen.“ (2:222) Eure Frauen sind ein Saatfeld für euch; darum bestellt euer Saatfeld
wie ihr wollt. Doch schickt (Gutes) für eure Seelen voraus. Und fürchtet Allāh und wisst, dass ihr Ihm begegnen werdet. Und verheiße den Gläubigen die
frohe Botschaft. (2:223)
Anas berichtete:
”Wenn eine Frau von ihnen menstruierte, aßen die Juden
gewöhnlich nicht mit ihr gemeinsam und hielten sich
nicht mit ihr zusammen in den Häusern. Da fragten die
Leute den Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
und Allāh, der Erhabene, offenbarte: "Und sie befragen
dich über die Menstruation ..." Da sagte der Gesandte
Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm:
"Macht alles, mit Ausnahme des Geschlechtsverkehrs."39
Die kirchlichen Vorschriften für die Christen bestimmten:
"Wenn eine Frau Ausfluss hat, und zwar den montlichen
39 - Mu.
Qur’ān und Sunna in Relation
60
Blutfluss, dann bleibt sie sieben Tage in ihrer Unreinheit.
Jeder, der sie berührt, wird unrein bis zum Abend. Alles,
worauf sie während ihrer Unreinheit liegt, wird unrein,
ebenso wird alles unrein, worauf sie sitzt. Jeder, der ihr
Lager berührt, muss seine Kleider waschen und sich
baden; er ist unrein bis zum Abend."40
Im Gegensatz zu diesen Religionsgemeinschaften gab es
andere Leute, die sich ohne Bedenken geschlechtlich mit
menstruierenden Frauen verkehrten. Über diese Sache
suchten die Muslime Rat bei ihrem Propheten (a.s.s.). Die
Menstruation wird im Qur’ān sowohl als Leiden, als auch
Unreinheit bezeichnet; doch ist es lediglich das weibliche
Organ, das durch die Menstruation verunreinigt ist, nicht
der ganze Körper der Frau.
Die Muslime dürfen mit ihren Frauen essen und trinken
und sie während ihrer Periode auch umarmen und
küssen. Nur der Geschlechtsverkehr ist untersagt, und
zwar sowohl aus medizinischen wie auch aus
hygienischen Gründen. Hier handelt es sich nicht um eine
gesetzliche Vorschrift, sondern der natürliche Instinkt des
Menschen wird angesprochen, der ihm die richtige
Handlungsweise eingibt.41
Vor dem Ausdruck: "dann geht zu ihnen, wie Allāh es euch
40 - Leviticus 15:19-21. 41 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
61
geboten hat" müssen wir eine Weile stehen bleiben, um
herauszufinden, was damit gemeint ist. Denn der Qur’ān
lobt zwar an verschiedenen Stellen42 diejenigen, die ihre
Schamteile bewahren, eine offene Erklärung aber über die
Geschlechtsorgane, die für den Geschlechtsverkehr
zuständig sind, finden wir jedoch nicht. Wo steht also
dieses Gebot? Es liegt also auf der Hand; denn es steht in
der Schöpfungsart von Mann und Frau und in deren
Anatomie. Dort, wo man die Gefühle für einander hat, wo
die Erregung geschieht und wo das Verlangen für die
Befriedigung des Geschlechtstriebs möglich ist, so ist dort
die Stelle, die Allāh uns geboten hat. Mit anderen Worten
bedeutet all das, dass Homosexualität und Perversion, wie
z.B. der Anal- und Oralverkehr verboten sind.43
ıābir, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Die Juden pflegten zu sagen:
»Wenn der Beischlaf mit einer Frau von hinten (in der
Vagina) stattfindet, kommt das Kind mit schielenden
Augen zur Welt!«
Darauf wurde folgender Qur’ān-Vers offenbart: ›Eure
Frauen sind ein Saatfeld für euch; darum kommt zu
eurem Saatfeld wie ihr wollt ...‹“44
42 - vgl. 21:91; 23:5; 24:30-31; 33:35; 70:29; 66:12. 43 - vgl. dazu die Titel: "Handbuch der muslimischen Frau", Islamische
Bibliothek. 44 - Bu
Qur’ān und Sunna in Relation
62
Das Saatfeld ist der fruchtbare Boden, in den der Samen
eingesenkt wird. Der Ausdruck ist ein höflicher Vergleich
für den Geschlechtsverkehr mit der Frau, mit der
unentbehrlich die Fortpflanzung der Menschheit gemacht
wird. Die Ausdrucksweise "wie ihr wollt" wird von
manchen Kommentatoren als "wann ihr wollt" erklärt,
und das ist falsch.
Damit ist jedoch gemeint, in welcher Körperlage der
Geschlechtsverkehr auch immer geschieht, so soll dieser
mit den normalen Geschlechtsteilen geschehen; denn der
Anal- und Oralverkehr sind verboten.45
Unachtsamkeit in Schwüren
Und macht Allāh nicht bei euren Schwüren zum Hinderungsgrund, ehrlich und gottesfürchtig zu sein und Frieden zwischen den Menschen zu stiften. Und Allāh ist Allhörend, Allwissend. (2:224) Allāh wird euch nicht Unachtsamkeit in euren Schwüren zum
Vorwurf machen, doch macht Er euch das zum Vorwurf, was eure Herzen erworben haben. Und Allāh
ist Allverzeihend, Nachsichtig. (2:225)
‘Ā’iša, Allāhs Wohlgefallen auf ihr, berichtete:
”Der Qur’ān-Vers ›Allāh wird euch keine Unachtsamkeit in 45 - Näheres vgl. den Titel: "Handbuch der muslimischen Frau" [unter
"Geschlechtsverkehr"], Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
63
euren Schwüren zum Vorwurf machen [...]‹ wurde wegen
(der beiden Schwurformen) ›Nein, bei Allāh‹ und ›Doch,
bei Allāh‹ offenbart.“46
Unser Prophet Muḥammad (a.s.s.) hat gesagt:
”Wenn jemand einen feierlichen Schwur ablegt und dann
feststellt, dass etwas anderes die richtigere
Handlungsweise wäre, dann sollte er das tun, was
richtiger ist; er soll dann seinen Schwur brechen und
dafür Buße tun.“47
Für den Bruch eines Schwurs beträgt die Buße entweder
die Speisung von zehn Armen, oder die Einkleidung
derselben Zahl, oder die Befreiung eines Sklaven. Wenn
man bedüftig ist und die Mittel dazu nicht aufbringen
kann, so sind drei Fastentage einzuhalten. Unbedachte
bzw. "gerutschte" Schwüre sind nicht bußpflichtig.48
Grundsätzlich sollte man nicht den Namen Allāhs
missbrauchen, um billige Zwecke zu erreichen wie dies
die Götzendiener vor dem Islam zu tun pflegten.49
46 - Bu. 47 - Bu, Mu. 48 - vgl. Qur’ān 5:89; 16:91; 24:22. 49 - vgl. Qur’ān 5:89.
Qur’ān und Sunna in Relation
64
Allāh hat keine Krankheit herabkommen lassen,
ohne dass Er für sie zugleich ein Heilmittel herabkommen ließ.
Muḥammad der Prophet Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm.
Qur’ān und Sunna in Relation
65
Haltet die Frauen nicht davon ab, ihre Gatten zu heiraten
Und wenn ihr die Frauen entlasst und sie ihren Termin erreichen, dann haltet sie nicht davon ab, ihre Gatten zu heiraten, wenn sie sich in gütiger Weise einigen.
Dies ist eine Ermahnung für denjenigen unter euch, der an Allāh und an den Jüngsten Tag glaubt. Das ist besser für eure Lauterkeit und Reinheit. Und Allāh weiß, doch
ihr wisst nicht. (2:232)
Al-Ḥasan berichtete:
”Die Schwester von Ma‘qal Ibn Yasār wurde von ihrem
Mann geschieden, und er verließ sie solange, bis ihre
Wartezeit ablief; dann bat er (ihr Exmann) wieder um
ihre Hand, und ihr Bruder Ma‘qal lehnte es ab. Darauf
wurde folgender Qur’ān-Vers offenbart: ›..., dann haltet
sie nicht davon ab, ihre Gatten zu heiraten...‹“50
Mit dem "Termin" ist die gesetzliche Wartefrist gemeint.51
Unter "ihre Gatten zu heiraten" fällt entweder ein anderer
Gatte oder selbst der Ex-Ehemann, falls beide Parteien -
Mann und Frau - in einem neuen Ehevertrag in gütiger
Weise einigen. Diese göttliche Maßnahme gibt der Frau
eine freie Entscheidung über ihr eigenes Leben, und ist
damit besser und reiner für alle Beteiligten,
50 - Bu. 51 - vgl. Qur’ān 2:228.
Qur’ān und Sunna in Relation
66
insbesondere, wenn sie Kinder aus der Ehe mit ihrem
Exmann hat.
Qur’ān und Sunna in Relation
67
Haltet die Gebete ein
Haltet die Gebete ein, sowie das mittlere Gebet. Und steht in demütiger Ergebenheit vor Allāh. (2:238) Doch
wenn ihr in Furcht seid, dann betet zu Fuß oder im Reiten. Und wenn ihr in Sicherheit seid, gedenkt Allāhs,
wie Er euch das gelehrt hat, was ihr nicht wusstet. (2:239)
Zaid Ibn Al-Arqam berichtete:
”Gewöhnlich redeten wir während des Gebets zur Zeit
des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, indem
der eine von uns seinem Gefährten vom eigenen Anliegen
erzählte. Da wurde der Qur’ān-Vers ›ḤāfiΩu ‘ala-ṣ-
Ṣalawāt ...‹ (Haltet die Gebete ein...) offenbart. Daraufhin
wurden wir zum Schweigen während des Gebets
aufgefordert.“52
Neben dem allgemeinen Befehl zur Einhaltung der fünf
Pflichtgebete im Islam, wird hier besonders die
Einhaltung des mittleren Gebets betont. Wenn man davon
ausgeht, dass das Morgengebet das erste der fünf Gebete
ist, so ist das Nachmittagsgebet nach dem Mittagsgebet
das mittlere. Geht man davon aus, dass der neue Tag im
islamischen Kalender nach dem Sonnenuntergang
beginnt, so ist das Abendgebet vor dem Nachtgebet das
52 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
68
erste und das Morgengebet das mittlere. Beide Gebete -
Morgengebet und Nachmittagsgebet können als "mittleres
Gebet" genannt werden; sie fallen für den Betenden
schwer ein, weil das Nachmittagsgebet in der Freizeit der
Muse und Entspannung nach Beendigung der Arbeit
verrichtet werden muss, und weil man sich für das
Morgengebet aus dem Schlaf erheben und es in der
Morgendämmerung verrichten muss.53
Hier geht es ferner um das sog. "Gebet bei Furcht". In
derartigen Not ist man nach diesem Vers mit der
Einhaltung der Gebetsrichtung nicht gebunden. Die
vorgeschriebene Verbeugung und Niederwerfung im
Gebet kann dann nur angedeutet werden. Die Belehrung
hierzu gehört zum Wissen, das Allāh (t) uns in
Übereinstimmung mit der Sura 96:1ff. gegeben hat.
Es gibt unter den Menschen solche,
die von Allāh nicht geliebt werden,
und diese sind diejenigen,
die zank- und streitsüchtig sind.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
53 - vgl. dazu den Titel: "Aṣ-Ṣalāh - das Gebet im Islam", Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
69
Zinsen verschlingen
Diejenigen, die Zinsen verschlingen, sollen nicht anders dastehen als wie einer, der vom Satan erfasst und zum Wahnsinn getrieben wird. Dies (soll so sein) weil sie sagen: ”Handel ist dasselbe wie Zinsnehmen.“ Doch Allāh hat den Handel erlaubt und das Zinsnehmen
verboten. Und wenn zu jemandem eine Ermahnung von seinem Herrn kommt und er dann aufhört - dem soll
verbleiben, was bereits geschehen ist. Und seine Sache ist bei Allāh. Wer es aber von neuem tut - die werden
Bewohner des Feuers sein, darin werden sie ewig bleiben. (2:275)
‘Abdullāh Ibn Mas‘ūd, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Zinsen, gleichwohl wieviel sie sind, führen nur zur
Verringerung des Vermögens.«“54
Und Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete,
dass der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Haltet euch fern von den sieben vernichtenden Sünden.“
Die Leute sagten:
”O Gesandter Allāhs, und welche sind diese?“
Er sagte: 54 - Ma.
Qur’ān und Sunna in Relation
70
”Diese sind: Die Beigesellung Allāhs, die Zauberei, die
Tötung eines Menschen, dessen Leben Allāh unantastbar
gemacht hat, es sei denn, dies geschehe nach dem Recht.
Ferner das Verzehren der Zinsen, das Verzehren des
Besitzes einer Waise, die Flucht am Tage der Schlacht und
die Verleumdung der unbescholtenen, gläubigen und
arglosen Frauen.“55
Ferner berichtete Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf
ihm:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
Ȇber die Menschheit wird bestimmt eine Zeit kommen,
in der es keinen geben wird, der keine Zinsen nimmt. Und
wenn er nichts davon nehmen wird, so wird ihn ein
Hauch davon treffen.«“56
Und Abū Sa‘ῑd Al-Ḫudryy, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Gold für Gold, Silber für Silber, Weizen für Weizen,
Gerste für Gerste, Datteln für Datteln, Salz für Salz, ein
Gleiches für ein Gleiches, von Hand zu Hand. Wer mehr
gibt oder mehr verlangt, der hat bereits ein Zinsgeschäft
55 - Bu, Mu. 56 - Na.
Qur’ān und Sunna in Relation
71
betrieben. Der Zinsnehmer und der Zinsgeber sind (in der
Schuld) gleich.«“57
Ibn ‘Abbās, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete:
”Der zuletzt offenbarte Qur’ān-Vers war der Vers über
das Verbot der Zinsen (Ribā).“58
Und Ibn ‘Umar berichtete, dass der Gesandte Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, folgendes gesagt hat:
”Wenn die Menschen anfangen, mit ihrem Besitz zu
geizen und den Handel als Tarnmittel zum Zinsnehmen
missbrauchen; und wenn sie sich nur noch mit der
Landwirtschaft beschäftigen und den Kampf auf dem
Wege Allāhs unterlassen, dann wird Allāh sie mit einem
Unglück heimsuchen, welches nicht eher von ihnen
genommen wird, als bis sie zu ihrem Glauben
zurückgekehrt sind.“59
‘Abdullāh Ibn ḤanΩala, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Ein Dirham60 Zinsen, den man wissentlich nimmt, ist
schlimmer als sechsunddreißig unzüchtige
57 - Mu. 58 - Bu. 59 - Da, Ha. 60 - Silberne Münze, griechisch: Drachma.
Qur’ān und Sunna in Relation
72
Handlungen.«“61
Und ıābir Ibn ‘Abdullāh, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
verfluchte den Zinsnehmer, den Zinsgeber, sowie den
Schreiber und die Zeugen eines Zinsvertrags und sagte:
»Diese alle sind (in der Schuld) gleich.«“62
Und ich habe sie Maria genannt
Damals sagte die Frau ‘Imrāns: ”Mein Herr, siehe, ich gelobe Dir, was in meinem Leibe ist, zu weihen; so
nimm es von mir an; siehe, Du bist der Allhörende, der Allwissende.“ (3:35) Und als sie es geboren hatte, sagte
sie: ”Mein Herr, siehe, ich habe es als Mädchen geboren.“ Und Allāh wusste wohl, was sie geboren
hatte; denn der Knabe ist nicht wie das Mädchen. ”Und ich habe sie Maria genannt, und siehe, ich möchte, dass sie und ihre Nachkommen zu Dir Zuflucht nehmen vor dem gesteinigten Satan.“ (3:36) Und so nahm sie Allāh gnädig an und ließ sie in schöner Weise in der Obhut
des Zacharias heranwachsen. Sooft Zacharias zu ihr in den Tempel hineintrat, fand er Speise bei ihr. Da sagte er: ”O Maria, woher kommt dir dies zu?“ Sie sagte: ”Es ist von Allāh; siehe, Allāh versorgt unbegrenzt, wen Er
will.“ (3:37)
61 - Dar. 62 - Mu.
Qur’ān und Sunna in Relation
73
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete,
dass er den Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, folgendes sagen hörte:
”Es gibt unter den Menschen keinen Neugeborenen, der
nicht bei seiner Geburt von Satan berührt wird, und er
auf Grund der Berührung durch Satan zu schreien
beginnt. Nur Maryam (Maria) und ihr Sohn (Jesus) sind
die Ausnahme davon.“
Abū Huraira erwähnte darauf ›... und siehe, ich möchte,
dass sie und ihre Nachkommen zu Dir Zuflucht nehmen
vor dem verfluchten Satan.‹.63
Die Frau ‘Imrāns meinte innerlich, ihr Kind sei ein Knabe,
den sie Allāh (t) als Tempeldiener zur Verfügung stellen
will. Allāh wusste doch wohl, was sie geboren hatte; denn
der Knabe ist in seiner biologischen Funktion nicht wie
das Mädchen, das zu einer Frau wird und ein Kind in
ihrem Leib trägt.64
Die Kommentatoren berichten: Zacharias fand Obstsorten
bei ihr, die nicht ortsüblich und für die Jahreszeit
ungewöhnlich waren.
63 - Bu. 64 - vgl. 19:27f.; ferner den Titel: "Jesus, Sohn der Maria", Islamische
Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
74
Diejenigen Menschen, die am Tage der
Auferstehung am härtesten bestraft
werden, sind solche,
die die Schöpfung Allāhs nachahmen.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
75
Ein geringer Preis
Wahrlich, diejenigen, welche ihren Bund mit Allāh und ihre Eide um einen geringen Preis verkaufen, haben keinen Anteil am Jenseits, und Allāh spricht nicht zu
ihnen, und Er schaut sie nicht an am Tag der Auferstehung, und Er reinigt sie nicht, und ihnen wird
eine schmerzliche Strafe zuteil sein. (3:77)
‘Abdullāh Ibn Abῑ Aufa, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete, dass ein Mann einen Verkaufsstand auf dem
Markt erstellte und beim Feilbieten seiner Ware bei Allāh
schwor, dass er dafür weniger Geld verlange, als was er
dafür zahlte, um einen von den Muslimen in seine
Verkaufsfalle zu locken. Darauf wurde der folgende
Qur’ān-Vers offenbart: ›Wahrlich, diejenigen, welche
ihren Bund mit Allāh und ihre Eide um einen geringen
Preis verkaufen ...‹65
Und Abū Wā’il sagte:
”‘Abdullāh Ibn Mas‘ūd, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete uns, dass der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen
und Friede auf ihm, sagte:
»Wer einen festen Eid66 leistet, um für sich
ungerechterweise ein Stück aus dem Hab und Gut eines
65 - Bu. 66 - arab.: Yamῑn ṣabr.
Qur’ān und Sunna in Relation
76
muslimischen Menschen abzuschneiden, der wird Allāh
(am Tage der Auferstehung) begegnen und vorfinden,
dass Allāh auf ihn zornig ist.«“
Diese Aussage wurde von Allāh durch folgende
Offenbarung bestätigt: ›Wahrlich, diejenigen, welche
ihren Bund mit Allāh und ihre Eide um einen geringen
Preis verkaufen, haben keinen Anteil am Jenseits‹«.
Da trat Al-Aš‘aṯ Ibn Qais ein und fragte:
»Was erzählt euch da Abū ‘Abdu-r-Raḥmān?«67
Wir sagten: ”Er sagte zu uns:
»Diese Offenbarung ist meinetwegen wie folgt
herabgesandt worden: Ich besaß seinerzeit einen
Wasserbrunnen auf einem Grundstück, das einem meiner
Vetter gehörte. (In einem Rechtstreit zwischen uns) sagte
der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, zu mir:
»Entweder erbringst du den Beweis, oder er leistet den
Eid!«
Ich erwiderte:
›Dann soll er den Eid leisten, o Gesandter Allāhs!‹
Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte
darauf:
›Wer einen Yamῑn ṣabr leistet, um für sich
ungerechterweise ein Stück aus dem Hab und Gut eines
muslimischen Menschen abzuschneiden, und dabei
67 - Ein Beiname von ‘Abdullāh Ibn Mas‘ūd
Qur’ān und Sunna in Relation
77
schamlos handelt, der wird Allāh (am Tage der
Auferstehung) begegnen und vorfinden, dass Allāh auf
ihn zornig ist.‹«“68
68 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
78
Spendet, was ihr liebt!
Ihr werdet das Gütigsein nicht erlangen, solange ihr nicht von dem spendet, was ihr liebt;
und was immer ihr spendet, seht, Allāh weiß es. (3:92)
Anas Ibn Mālik, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Abū Ṭalḥa war unter den Al-Anṣār der reichste an
Palmen, und das ihm liebste Stück seines Vermögens war
das Gut von Bairuḥā’, das gerade gegenüber der Moschee
lag, und der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, pflegte es zu betreten und von dem guten Wasser
dort zu trinken.
Als der Qur’ān-Vers: ›Ihr werdet das Gütigsein nicht
erlangen, ehe ihr nicht von dem spendet, was ihr liebt ...‹
offenbart wurde, stand Abū Ṭalḥa auf, begab sich zum
Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, und
sagte:
»O Gesandter Allāhs! Wahrlich, Allāh, der Segensreiche
und Erhabene, sagt: ›Ihr werdet das Gütigsein nicht
erlangen, ehe ihr nicht von dem spendet, was ihr liebt ...‹,
und das mir liebste Stück meines Vermögens ist das Gut
von Bairuḥā’, das ich Allāh als Ṣadaqa (Mildtätigkeit)
widmen will, und das mir - wie ich hoffe - etwas Gutes an
Lohn von Ihm bringen mag; so nimm es an, o Gesandter
Qur’ān und Sunna in Relation
79
Allāhs, und verfahre mit diesem in der Weise, wie Allāh
dich durch die Eingebung verfahren läßt.«
Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Gut getroffen! Das ist ein gewinnreiches Gut! Das ist ein
gewinnreiches Gut! Ich habe vernommen, was du sagtest,
und ich sehe, dass du es deinen nächsten Verwandten zur
Verfügung stellst.«
Abū Ṭalḥa sagte:
»Ich werde es tun, o Gesandter Allāhs!«
Abū Ṭalḥa teilte es dann unter seinen Verwandten und
den Söhnen seines Onkels.“69
In diesem Vers steht die Tugend im Allgemeinen nicht zur
Diskussion. Was du um der Sache Allāhs willen ausgibst,
wird als Lohn sofort in das Register deiner Taten
eingetragen. Selbst wenn du deinen Bruder mit einem
Lächeln grüßt, wird es Allāh als "Ṣadaqa" bewerten und
dir den Lohn dafür geben. Hier wird die höchste Form der
Tugend beschrieben. "Al-Birr" im Arabischen bedeutet
Gesamtheit des Guten oder das Wesen der Tugend.
Entsprechend diesem Vers liegt die Vollkommenheit der
Tugend darin, um Allāhs willen etwas zu geben, was man
sehr liebt. Dies schließt ein Wissen, Eigentum und Zeit,
wie auch Ansehen und Rangstufen.
69 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
80
Die Plantage von Abū Ṭalḥa gilt nicht als Maß für das
Spenden von Reichtum im Wege Allāhs. Denn eines Tages
rief der Prophet (a.s.s.) die Muslime zu Beiträgen auf.
Einige Muslime brachten die Hälfte ihres Vermögens,
einige gaben ihr ganzes Vermögen her. Die Moschee des
Propheten war gefüllt mit Gold, Silber und Getreide. Unter
diesem Zustand kam ein bedürftiger Muslim zum
Propheten mit einigen Datteln in den Händen und sagte:
"O Prophet Allāhs! Ich habe den ganzen Tag hart
gearbeitet; ich erhielt meinen Lohn in der Form dieser
Datteln. Ich gebe sie dir um der Sache Allāhs willen." Jene,
die zugegen waren, beobachteten, dass das Gesicht des
Propheten aufstrahlte vor Glück. Er verstreute diese
Datteln auf die Haufen von Gold, Silber und Getreide und
sagte: "Möge Allāh all die anderen Dinge wegen der
Datteln annehmen."
All dies lehrt uns, dass Ausgeben des Liebsten um der
Sache Allāhs willen abhängt vom eigenen Vermögen und
von eigenen Mitteln. Reinheit der Absicht und
Aufrichtigkeit ist dafür ein Test, und nicht vergebliches
Zurschaustellen oder die Begierde, Ruhm und Ansehen zu
erwerben.70
Ibn ‘Abbās, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete:
”Die Mutter von Sa‘d Ibn ‘Ubāda, Allāhs Wohlgefallen auf
70 - Nia, vgl. Qur’ān 2:177.
Qur’ān und Sunna in Relation
81
ihm, starb zu der Zeit, als er von ihr abwesend war. Er
sagte zum Propheten:
»O Gesandter Allāhs, meine Mutter ist in meiner
Abwesenheit gestorben. Würde es ihr etwas nützen, wenn
ich etwas als Almosen an ihrer Stelle ausgebe?«
Der Prophet sagte: »Ja!«
Da sagte Sa‘d:
»Ich mache dich dafür zum Zeugen, dass ich die beiden
Obstgärten von Al-Miḫrāf als wohltätige Stiftung in ihrem
Namen mache.«“71
Und Ibn ‘Umar, Allāhs Wohlgefallen auf beiden,
berichtete:
”‘Umar stiftete ein Gut von ihm zur Zeit des Gesandten
Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, das aus Palmen
bestand und Ṯamġ genannt wurde. (Auf die Idee dieser
Stiftung kam er, als er zum Propheten) sagte: »O
Gesandter Allāhs, ich erwarb ein Gut, das bei mir eine
besondere Wertschätzung hat. Nun möchte ich es als
Spende hergeben.«
Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
»Stifte den Grund und Boden davon mit der Bedingung,
dass dieser weder verkauft noch verschenkt noch beerbt
werden darf, sondern, dass nur der Ertrag davon
ausgegeben wird.«
71 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
82
‘Umar (r) stiftete ihn dann, und diese seine Spende war
als solche auf dem Weg Allāhs für die Sklaven, die Armen,
die Gäste, die Reisenden und die Verwandten. Es ist für
den Verwalter des Gutes keine Sünde, wenn er auch
davon seinen Lebensunterhalt bestreitet, oder einen
Freund davon speist, der keine ungerechtfertigte
Bereicherung beabsichtigt.“72
72 - Bu, vgl. Qur’ān 2:177.
Qur’ān und Sunna in Relation
83
Muḥammad ist nur ein Gesandter
Und Muḥammad ist nur ein Gesandter; schon vor ihm gingen die Gesandten dahin. Und ob er stirbt oder
getötet wird - werdet ihr auf euren Fersen umkehren? Und wer auf seinen Fersen umkehrt - nimmer schadet
er Allāh etwas; aber Allāh wird wahrlich die Dankbaren belohnen. (3:144)
Abū Salama berichtete:
”‘Ā’iša, Allāhs Wohlgefallen auf ihr, Gattin des Propheten,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte folgendes zu mir:
»Abū Bakr, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, kam von seiner
Wohnung in As-Sunḥ, geritten auf seiner Pferdestute. Er
stieg ab und betrat die Moschee, ohne mit einem
Menschen gesprochen zu haben. Er trat bei mir ein und
ging weiter in Richtung des Propheten, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, der leblos in einem schönen Obergewand
lag. Abū Bakr machte das Gesicht des Propheten frei,
bückte sich und küsste ihn. Er weinte und sagte:
›Mein Vater und meine Mutter mögen für dich als Opfer
sein, o Prophet Allāhs! Allāh wird dich nicht zweimal
sterben lassen. Was das Sterben angeht, das Allāh für dich
vorbestimmt hat, das hast du jetzt erlebt.‹«
Auch Ibn ‘Abbās, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, sagte
folgendes zu mir:
Qur’ān und Sunna in Relation
84
Abū Bakr, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, ging dann hinaus
und fand dort ‘Umar, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, zu den
Menschen sprechend vor. Abū Bakr forderte ihn auf sich
hinzusetzen, er aber lehnte es ab und blieb bei seiner
Ablehnung, als er von ihm zum zweiten Mal zum
Hinsetzen aufgefordert wurde. Da sprach Abū Bakr,
Allāhs Wohlgefallen auf ihm, das Glaubensbekenntnis
(Šahāda), und die Menschen begaben sich zu ihm, indem
sie ‘Umar verließen. Hier dann sagte Abū Bakr:
»Sodann, wer von euch Muḥammad anbetet, der soll
wissen, dass Muḥammad tot ist. Wer aber von euch Allāh
anbetet, (der tut Recht); denn Allāh ist lebendig und
unsterblich. Allāh, Erhaben ist Er sagt: ›Und Muḥammad
ist nur ein Gesandter; schon vor ihm gingen die
Gesandten dahin. Und ob er stirbt oder getötet wird,
werdet ihr auf euren Fersen umkehren? Und wer auf
seinen Fersen umkehrt - nimmer schadet er Allāh etwas;
aber Allāh wird wahrlich die Dankbaren belohnen.‹« Bei
Allāh, es sah so aus, als ob die Menschen nicht wüssten,
dass Allāh diesen Vers offenbart hatte, bis ihn Abū Bakr,
Allāhs Wohlgefallen auf ihm, rezitierte. Die Menschen
nahmen das von ihm auf, und im nachhinein gab es
keinen Menschen, der nicht diesen Vers rezitieren
konnte.“73
73 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
85
Unter dem Wortlaut der Offenbarung versteht man, dass
Muḥammad nur ein Gesandter ist; schon vor ihm gingen
die Gesandten dahin: Er wird wie sie durch einen
natürlichen oder gewaltsamen Tod dahingehen. Werdet
ihr denn etwa eine Kehrtwendung vollziehen, wenn er
stirbt oder getötet wird!
Hier wird in Abrede gestellt, dass die Gläubigen sich von
der Religion abwenden und abkehren werden, weil der
Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, durch
einen natürlichen oder gewaltsamen Tod dahingeht. Denn
sie wissen ja, dass auch die Gesandten vor ihm
dahinschwanden, dass aber deren Religion als etwas
überdauert hat, an dem ihre Anhänger festgehalten
haben.
Allāh wird demjenigen nicht barmherzig sein, bei dem die Menschen kein Erbarmen finden.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
86
Die Gefallenen von Uḥud
Und betrachte nicht diejenigen, die auf Allāhs Weg gefallen sind, als tot. Nein! Sie leben bei ihrem Herrn, und sie werden dort versorgt. (3:169) Sie freuen sich
über das, was Allāh ihnen von Seiner Huld gab, und von Freude erfüllt (sind sie) über diejenigen, die ihnen
noch nicht gefolgt sind, so dass keine Furcht über sie kommen wird und sie nicht trauern werden. (3:170)
ıābir Ibn ‘Abdullāh, Allāhs Wohlgefallen auf beiden,
berichtete:
”Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, ließ unter
den Gefallenen von Uḥud jeweils zwei Männer in ein
Totentuch hüllen. Er fragte:
»Wer von den beiden pflegte am meisten nach dem
Qur’ān zu leben?«
Nachdem man auf einen von den beiden (Toten) gezeigt
hatte, gab er diesem den Vorrang in der Grabnische. Er
sagte hinzu:
»Ich werde Zeuge sein für diese (Menschen) am Tage der
Auferstehung!«
Der Prophet (a.s.s.) gab dann seine Anweisung, dass sie in
ihrem Blut beerdigt werden sollten, ohne dass sie
gewaschen, oder dass für sie ein Totengebet verrichtet
Qur’ān und Sunna in Relation
87
wurde.“74
Die Märtyrer freuen sich lt. Offenbarung über die
Herrlichkeit ihrer Rangstellung durch die Huld Allāhs und
erwarten ihre Kameraden, die noch folgen. Dem
Märtyrern wird nach der Sunna die Furcht vor dem
Weltuntergang und die Trauer über den Verlust seines
Vermögens und der Familienangehörigen genommen.75
Das Vermögen als Riesenschlange
Und diejenigen, die mit dem geizen, was Allāh (ihnen) von Seiner Huld gegeben hat, sollen ja nicht meinen,
das sei so besser für sie. Nein, zum Bösen soll es ihnen dienen. Als Halsband sollen sie am Tag der
Auferstehung das tragen, womit sie geizig waren. Und Allāhs ist das Erbe der Himmel und der Erde,
und Allāh kennt euer Tun. (3:180)
Hier wird ferner eine weitere Eigenschaft der Heuchler
aufgezeigt. Sie lieben Vermögen und weltlichen Reichtum
und horten diesen, statt ihn für die Sache Allāhs
einzusetzen.76
Abū Huraira (r) berichtete, dass der Gesandte Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
74 - Bu. 75 - vgl. Qur’ān 2:154. 76 - vgl. 9:34f., 55
Qur’ān und Sunna in Relation
88
”Wem Allāh Hab und Gut beschert, und er dafür keine
Zakāh entrichtet, dem wird sich sein Vermögen zu einer
Riesenschlange mit zwei kurzen schwarzen Hörnern
verwandeln, und ihn am Tage der Auferstehung
umschlingen, indem sie ihn an seinem Unterkiefer
anpackt und sagt: »Ich bin dein Vermögen, ich bin dein
Schatz.«“
Anschließend rezitierte er den Qur’ān-Vers: ›Und
diejenigen, die mit dem geizen, was Allāh (ihnen) von
Seiner Huld gegeben hat, ... ‹«“77
Wahre Zeichen für die Verständigen
Wahrlich, in der Schöpfung der Himmel und der Erde und in dem Wechsel der Nacht und des Tages, liegen
wahre Zeichen für die Verständigen (3:190), die Allāhs gedenken im Stehen und im Sitzen und (im Liegen) auf ihren Seiten und über die Schöpfung der Himmel und
der Erde nachdenken (und sagen): ”Unser Herr, Du hast dieses nicht umsonst erschaffen. Gepriesen bist
Du, darum behüte uns vor der Strafe des Feuers. (3:191)
‘Abdullāh Ibn ‘Abbās berichtete:
”Ich übernachtete beim Propheten, Allāhs Segen und
77 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
89
Friede auf ihm, und er stand in der Nacht auf, reinigte
seine Zähne, nahm den Wuḍū’ vor und sagte:
"Wahrlich, in der Schöpfung der Himmel und der Erde
und im Wechsel von Nacht und Tag sind Zeichen für die
Verständigen", und er las diese Verse bis zum Ende der
Sura. Dann erhob er sich und betete zwei Rak‘a, und blieb
lang bei Aufrechstehen, Beugen und Niederwerfung. Nach
dem Gebet schlief er tief und fest. Dies machte er dreimal,
sechs Rak‘a insgesamt, indem er die Zähne reinigte, den
Wuḍū’ verrichtete und jene Verse las.
Dann verrichtete er das Witr-Gebet mit drei Rak‘a. Dann
ertönte der Gebetsruf, und der Prophet begab sich zum
Gebet und sagte:
''O Allāh, gib Licht in mein Herz und Licht in meine Zunge
und Licht in meine Ohren und Licht in meine Augen und
Licht hinter mich und Licht vor mich und Licht über mich
und Licht unter mich. O Allāh, schenke mir Licht.''“78
In der Erklärung dieses Verses müssen zwei Aspekte
berücksichtigt werden: Der eine Aspekt bezieht sich auf
den Glauben und der andere auf die Praxis. Was den
Aspekt des Glaubens betrifft, sollte daran erinnert
werden, dass vor der Ankunft des Propheten (a.s.s.) die
Leute unzählige Objekte verehrten. Himmel, Erde, Nacht
und Tag waren auch Objekte der Verehrung. Der Qur’ān
78 - Mu; vgl. dazu Qur’ān 2:154-164; 9:112; 10:5-6.
Qur’ān und Sunna in Relation
90
erklärt, dass dieser Glaube unbegründet ist. Himmel, Erde,
Nacht und Tag sind von Allāh erschaffen worden. Daher,
anstatt sie zu verehren, sollte ihr Schöpfer verehrt
werden. Dieser Vers lehrt uns, dass der Fortschritt der
Wissenschaft eines der Ziele des Qur’ān ist. Daher ist es
die Pflicht der Muslime, ausgezeichnete Kenntnisse der
Wissenschaft zu gewinnen.79
Als einige Nicht-Muslime zum Propheten (a.s.s.) kamen
und sagten:
”Alle Propheten brachten das eine oder andere
Wunderzeichen mit. Zum Beispiel hatte Moses den
wunderbaren Stab und die leuchtende Hand, die er
vorzeigen konnte, und Jesus heilte die Blinden und
Aussätzigen. Sag uns, was für ein Zeichen du uns zum
Beweis deines Prophetentums mitgebracht hast.“
Der Prophet rezitierte diese Verse und sagte:
”Ich habe dies mitgebracht.“80
Die Körperhaltungen werden hier als legetim aufgeführt,
um dessen Verbieten durch menschliche Willkür späterer
Generationen zu unterbinden, welche behaupten könnten,
"Allāhs gedenken im Stehen und im Sitzen und (im
Liegen) auf Seiten" sei unhöflich. Darüberhinaus werden
die Körperstellen erwähnt, die man zu dem genannten
79 - Nia; vgl. dazu Qur’ān 2:154-164; 9:112; 10:5-6 80 - ÜB; vgl. dazu Qur’ān 9:112; 10:5-6.
Qur’ān und Sunna in Relation
91
Zweck benutzen darf; denn es gibt zwei Körperlagen, die
man nicht zum Liegen verwenden darf, nämlich die
Bauchlage und die Rückenlage.
Nach einem Ḥadῑṯ, ist die Bauchlage die von Allāh
gehasste Lage,81 und über die Rückenlage, durch die das
Gesicht des Liegenden gen Himmel richtet82, wird
folgender Ḥadῑṯ als Begründung wie folgt zitiert: Anas Ibn
Mālik berichtete:
”Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
»Was wollen die Leute, die ihre Blicke während ihres
Gebets hoch gegen den Himmel richten?«
Diese seine Aussage wurde immer wieder heftiger, bis er
sagte:
»Entweder hören sie damit auf, oder es wird ihnen die
Sehkraft weggenommen!«“83
Ausgenommen davon ist die Notlage der Šarῑ‘a, wenn
jemand wegen eines Leidens unbedingt die Rücken- bzw.
die Bauchlage im Liegen verwenden muss. Hier dann ist
empfehlenswert, dass man ein Bittgebet um Vergebung
ausspricht.
81 - Überliefert bei Ibn Māǧa. 82 - vgl. dazu Qur’ān 2:164; 9:112; 10:5-6, 12. 83 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
92
Der Gläubige darf nicht
vom selben Loch zweimal gestochen
werden.
Muḥammad, der Prophet Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm.
Qur’ān und Sunna in Relation
93
Heiratet zwei, drei oder vier!
Und gebt den Waisen ihr Gut, und tauscht nicht (euer) Schlechtes mit (ihrem) Guten ein, und zehrt nicht ihr
Gut zu dem eurigen hinzu; seht, das ist ein großes Verbrechen. (4:2) Und wenn ihr fürchtet, die
(weiblichen) Waisen nicht gerecht behandeln zu können, so heiratet, was euch an Frauen gut ansteht, zwei, drei oder vier. Doch wenn ihr fürchtet, sie nicht
gleich behandeln zu können, dann (heiratet) eine oder was im Besitz eurer rechten (Hand ist). So könnt ihr
am ehesten Ungerechtigkeit vermeiden. (4:3) Und gebt den Frauen ihre Brautgabe als Schenkung. Und wenn sie euch gern etwas davon erlassen, so könnt ihr dies
unbedenklich zum Wohlsein verbrauchen. (4:4)
‘Urwa berichtete, dass er sich bei ‘Ā’iša über den Qur’ān-
Vers erkundigte, in dem Allāh, Erhaben ist Er, sagt:
›Und wenn ihr fürchtet, nicht gerecht gegen die Waisen
zu sein, so heiratet, was euch an Frauen gut ansteht, zwei,
drei oder vier; und wenn ihr fürchtet, nicht billig zu sein,
(heiratet) eine oder was im Besitz eurer rechten (Hand
ist). So könnt ihr am ehesten Ungerechtigkeit vermeiden.‹
‘Ā’iša sagte zu ihm:
”Du, Sohn meiner Schwester! Es handelt sich dabei um
die Waisenmädchen, die sich in der Obhut ihres
Fürsorgeberechtigten befinden, und er die Heirat mit
ihnen wegen ihres Vermögens und ihrer Schönheit
Qur’ān und Sunna in Relation
94
begehrt und will dazu eine geringere Brautgabe leisten,
als die sonst für ihren Stand nach der Sunna üblich ist.
Darauf erging das Verbot, dass Waisenmädchen nicht
ungerechterweise verheiratet werden dürfen, es sei denn,
ihr Brautgeld wird ihnen vollständig geleistet.
Anderenfalls erging der Befehl, dass sie (die Männer)
andere Frauen außer den Waisenmädchen heiraten
sollen.“84
Vor der Berufung des Propheten (a.s.s.) hatte die
Gesetzlosigkeit in jedem Bereich des Lebens um sich
gegriffen. Da waren auch die Waisen mit unsagbaren
Zuständen konfrontiert. Mit dem Erscheinen des
Propheten jedoch, verbesserte sich ihre Lage; die
Menschen begannen zu begreifen, dass auch die Waisen
ihre Rechte hatten. Auf diese Art wurden die Waisen von
ihrer Last befreit.
Der größte Gefallen, der ihnen durch den Islam erwiesen
wurde, ist die Tatsache, dass der Prophet selbst vor seiner
Geburt seinen Vater verlor, und nach einiger Zeit starb
auch seine Mutter. Sein Großvater nahm ihn danach unter
seinen Schutz, aber bald starb auch er. Schließlich wurde
er von seinem liebevollen Onkel aufgezogen. Welch
bedeutendere Unterstützung für die Waisen und Hilflosen
könnte man sich vorstellen, als dass der Prophet selbst
84 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
95
eine Waise war!
Als der Prophet (a.s.s.) seiner Berufung folgte, schützte er
die Rechte der Waisen und bestimmte, dass man ihnen,
sobald sie das Pubertätsalter erreichten, ihr Vermögen
aushändigen solle. Für den Fall, dass der Vormund
wohlhabend ist, solle dieser das Vermogen bis zur
Mündigkeit des Waisen verwalten, ohne dafür eine
Entschädigung zu verlangen. Falls aber der Vormund arm
ist, solle er eine Entschädigung nur bis zu der Höhe
verlangen, die erforderlich ist, um seinen eigenen
Lebensunterhalt zu bestreiten.
Der Qur’ān sagt, dass wenn man das Gut der Waisen
verzehrt, es dasselbe ist, als wenn man seinen Bauch mit
dem Höllenfeuer anfüllt.85 Auch sagte der Prophet, der
den Qur’ān erläuterte, dass die Menschen, die das
Vermögen der Waisen verschlingen, in der Art von den
Toten auferweckt werden, dass Feuerflammen aus ihren
Mündern hervorkommen werden. Auf der einen Seite
wurden diese Bestimmungen denen verordnet, die
Ausschweifungen mit dem Gut der Waisen begingen: so
sorgten nun rechtliche Schutzmaßnahmen für die
Sicherung des Vermögens.
Auf der anderen Seite wurde den Menschen, die die
Waisen gütig und freundlich behandelten, die gute
85 - Qur’ān 4:10.
Qur’ān und Sunna in Relation
96
Botschaft zuteil, dass sie dadurch das Wohlwollen Allāhs
erlangen. Sie erfuhren, dass, wenn jemand als Zeichen der
Freundlichkeit seine Hand auf den Kopf einer Waise legt,
Allāh denjenigen für jedes einzelne Haar der Waise
belohnen wird. Der Prophet (a.s.s.) verkündigte auch,
dass das Paradies nur für diejenigen bereitsteht, die ein
weiches Herz haben; und der beste Weg, das eigene Herz
zu erweichen sei, die Waisen freundlich zu behandeln.86
Die Heirat von zwei oder mehr Frauen ist also demjenigen
freigestellt, der von sich selbst die Überzeugung hat, dass
er gerecht handeln wird, und zwar derart, dass er daran
nicht zweifelt oder dass er es vermutet und nur geringen
Zweifel daran hegt. Nachdem Allāh (t) gesagt hat "Doch
wenn ihr fürchtet, sie nicht gleich behandeln zu können,
dann (heiratet) eine ...", begründet Er das mit Seinem
Wort "So könnt ihr am ehesten Ungerechtigkeit
vermeiden", Unrecht zu tun, das heißt, so kommt ihr dem
Zustand am nächsten, in dem weder Ungerechtigkeit noch
Bedrückung gegeben sind. Somit hat Allāh (t) den
Umstand, dass man sich von der Ungerechtigkeit fernhält,
zu einer Voraussetzumg für Seine Gesetzgebung bezüglich
der Ehe gemacht. Dies bestätigt den Tatbestand, dass die
Gerechtigkeit als Bedingung auferlegt ist und dass die
86 - Nia; vgl. dazu Qur’ān 2:220.
Qur’ān und Sunna in Relation
97
Pflicht besteht, sie anzustreben.87
Die Brautgabe gehört der Braut und nicht etwa ihren
Eltern. Sie hat keinerlei Beziehung zu der Unsitte des
"Frauenkaufs" die wir im vorislamischen Arabien und bei
sehr vielen anderen Völkern bis in die neueste Zeit hinein
antreffen. Dieser Vers gibt der Frau eindeutig das Recht,
über ihre Brautgabe persönlich zu verfügen, nach dem es
ihr in vorislarnischer Zeit auf verschiedenen Weisen
vorenthalten worden war. So bekam beispielsweise ihr
Vormund diese Brautgabe für sich selbst, als ob er eine
Ware zu verkaufen hätte, deren Eigentümer er war, oder
sie wurde im Tausch gegen eine andere Frau hergegeben.
Der Islam verbot diese und andere Praktiken und machte
die Heirat zu einer Vereinigung von zwei Seelen in
Harmonie und Übereinstimmung. Und mit diesem
Beschluss gab er der Frau das Recht über sich selbst und
über ihren Besitz, ihre Würde und ihre gesellschaftliche
Stellung zurück. Das heißt, freudig und bereitwillig, als
freies Geschenk. Bereitwillig aus eigenem Antrieb, ohne
dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Zu beachten ist,
dass die Höhe der Brautgabe nicht vom Gesetz
vorgeschrieben ist, sondern von der Übereinkunft der
beiden Parteien abhängt.
Einigen authentischen Überlieferungen zufolge hat der
87 - Gät; vgl. Qur’ān 16:71; 33:51.
Qur’ān und Sunna in Relation
98
Prophet (a.s.s.) erklärt, dass "selbst ein eiserner Ring"
genügt, wenn die Braut bereit ist, ihn anzunehmen, oder
sonst sogar "dass du deine Braut einen Vers aus dem
Qur’ān lehrst." Das heißt ohne jeden Druck oder Einfluss
von dritter Seite.88
88 - ÜB; vgl. dazu den Titel: "Handbuch der muslimischen Frau", Islamische
Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
99
Mann und Frau als Erben
Den Männern steht ein Teil von der Hinterlassenschaft ihrer Eltern und Verwandten zu, und ebenfalls den
Frauen steht ein Teil von der Hinterlassenschaft ihrer Eltern und Verwandten zu. Sei es wenig oder viel. (Das gilt) als vorgeschriebener Anteil. (4:7) Und wenn bei der Teilung die Verwandten und die Waisen und die
Armen anwesend sind, so schenkt ihnen etwas davon und sprecht freundliche Worte zu ihnen. (4:8) Und
fürchten sollen sich diejenigen, die, wenn sie schwache Nachkommen hinterließen, für sie bangen würden;
Allāh sollen sie fürchten und geziemende Worte sprechen. (4:9) Wahrlich, diejenigen, die der Waisen
Gut ungerecht aufzehren, die zehren (in Wirklichkeit) Feuer in ihre Bäuche auf und werden in einem
Höllenfeuer brennen. (4:10)
ıābir Ibn ‘Abdullāh, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete:
”Ich war krank, und der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen
und Friede auf ihm, und Abū Bakr statteten mir einen
Krankenbesuch ab. Sie kamen zu Fuß zu mir, als ich
bewusstlos da lag. Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, wusch sich für das Gebet und goss das
Wasser von ihm auf mich; da kam ich wieder zu
Bewusstsein und sagte:
»O Gesandter Allāhs, wie soll ich mit meinem Vermögen
Qur’ān und Sunna in Relation
100
verfahren? Wie soll ich darüber entscheiden?«
Er gab mir keine Antwort (und diese blieb solange aus),
bis der Qur’ān-Vers über die Erbschaft offenbart
wurde.“89
Dies ist der Grundsatz, mit dem der Islam vor mehr als
vierzehn Jahrhunderten der Frau grundsätzlich ein Recht
auf Erbschaft gegeben und auch die Rechte der
Minderjährigen beachtet hat, die in vorislamischer Zeit
untergraben worden waren. Damals sah man den
Menschen, je nach seinem Wert im Krieg und seinem
Nutzen für die Produktivität.
Der Islam aber sieht in ihm zuallererst den "Menschen"
schlechthin und dies ist in jedem Fall die Basis seines
Wertes. Von diesem Vers werden fünf Erbschaftsregel
abgeleitet:
1. dass sowohl Männer als auch Frauen Anteil haben;
2. dass die Erbschaft unter allen Erben verteilt werden muss, wie geringfügig sie auch sein mag; jedoch kann ein Erbe nach gegenseitiger Absprache die Anteile anderer Erben erwerben;
3. dass das Gesetz sich auf Eigentum aller Art bezieht;
4. dass das Recht auf Erbschaft erst wirksam wird, wenn der Verstorbene Eigentum hinterläßt;
89 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
101
5. dass es deutlich wird, dass sich das Erbrecht in erster Linie auf die nächsten Verwandten bezieht.
Das islamische Erbrecht ist ein Meilenstein in der
Geschichte legaler und gesellschaftlicher Reformen. Im
vorislamischen Arabien haben Frauen aller Altersgruppen
sowie minderjährige Jungen überhaupt keinen Anteil am
Erbe ihres Ehemannes oder Vaters, nach dem Prinzip,
dass nur waffenfähige Männer auch erbfähig seien.
Ehefrauen, Töchter und Schwestern waren somit
grundsätzlich ausgeschlossen, auch minderjahrige Söhne
und Brüder.
In diesem Wortlaut handelt es sich um eine Empfehlung,
eine Art "ans-Herz-legen" aus Pietätsgründen für die
anwesenden Verwandten, Waisen und Arme, die keinen
rechtlichen Anspruch auf die Hinterlassenschaft haben,
vorausgesetzt, dass man ihnen bei diesem mildtätigen
Handeln freundliche Wort spricht. Die derartige
freiwillige Abgabe setzt logischerweise das
Einverständnis des erbberechtigten Erwachsenen. Vom
Erbanteil eines Minderjährigen ist die derartige Abgabe
nach islamischem Recht nicht erlaubt.
Ferner werden die Gefühle der Eltern angesprochen, die
selbst kleine Kinder haben, mit der Vorstellung, ihre
eigenen schwachen Nachkommen könnten ungeschützt
und unversorgt bleiben, ohne jemanden, der Erbarmen
Qur’ān und Sunna in Relation
102
mit ihnen hat und sie schützt. Auf diese Weise soll ihre
Sympathie mit den Waisen geweckt werden, die ihrer
Obhut anvertraut sind.90
Von Ibn ‘Abbās (r) wurde überliefert:
”Als der Vers »Wahrlich, diejenigen, die der Waisen Gut
ungerecht aufzehren...« offenbart wurde, beeilte sich
jeder, der eine Waise unter seiner Obhut hatte, und
trennte ihre Speise von seiner Speise und ihren Trank von
seinem Trank, und was daraus übrigblieb ließ er solange
stehen, bis sie es vezehrte oder es verdarb. Dies wurde
schließlich unerträglich, und man erwähnte es dem
Propheten gegenüber, woraufhin Allāh den Vers
offenbarte: ›Sie befragen dich über die Waisen.‹91. Seitdem
vermischte er seine Speise mit ihrer Speise und sein
Getränk mit ihrem Getränk.“92
90 - ÜB. 91 - 2:220. 92 - BÜ.
Qur’ān und Sunna in Relation
103
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
104
Gerechte Lage für Frauen
O ihr, die ihr glaubt, euch ist nicht erlaubt, Frauen gegen ihren Willen zu beerben. Und hindert sie nicht (an der Verheiratung mit einem anderen), um einen
Teil von dem zu nehmen, was ihr ihnen (als Brautgabe) gabt, es sei denn, sie hätten offenkundig Hurerei
begangen. Verkehrt gütig mit ihnen; und wenn ihr Abscheu gegen sie empfindet, empfindet ihr vielleicht Abscheu gegen etwas, in das Allāh reiches Gut gelegt
hat. (4:19) Und wenn ihr eine Gattin gegen eine andere eintauschen wollt und ihr habt der einen ein Talent (als
Brautgabe) gegeben, so nehmt nichts von ihm fort. Wollt ihr es etwa in Verleumdung und offenbarer Sünde fortnehmen? (4:20) Und wie könntet ihr es
fortnehmen, wo ihr einander bereits beiwohntet, und sie mit euch einen festen Bund schlossen? (4:21) Und
heiratet keine Frauen, die eure Väter geheiratet hatten, es sei denn, es geschah bereits zuvor. Wahrlich, es ist
eine Schande und eine Abscheu und ein übler Weg. (4:22)
Ibn ‘Abbās, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete:
”Der Qur’ān-Vers: ›O die ihr glaubt, euch ist nicht erlaubt,
Frauen gegen ihren Willen zu beerben ... ‹ wurde
offenbart, da folgender Brauchtum üblich war: Wenn ein
Mann starb, hatten seine Erben Vorrecht über seine
Witwe. Wenn einer unter ihnen sie heiraten wollte,
konnte er es tun; und wenn die Erben sie an einen
Qur’ān und Sunna in Relation
105
anderen verheiraten wollten, so konnten sie es auch tun.
Wollten sie es nicht, so stand es ihnen auch zu; denn sie
hatten mehr Recht auf sie als ihre eigenen
Familienangehörigen. Deshalb wurde dieser Qur’ān-Vers
offenbart.“93
In der vorislamischen Zeit war es Brauch, dass wenn einer
starb, sein nächster Verwandter kam und seinen Mantel
bzw. Gewandt über die Witwe warf und sie als sein
Eigentum bzw. seine Beute betrachtete. Falls sie hübsch
war, heiratete er sie, und wenn sie hässlich war, so hielt er
sie fest bis zu ihrem Tod, um sie zu beerben, oder sie
musste sich mit Geld loskaufen. Nach islamischem Recht
steht es der Frau zu, nach dem Tod ihres Mannes frei zu
wohnen, wo sie möchte und - nach Ablauf ihrer
Wartefrist94 zu heiraten, wen sie will. Mit den Worten: "...
und wenn ihr Abscheu gegen sie empfindet, empfindet ihr
vielleicht Abscheu gegen etwas, in das Allāh reiches Gut
gelegt hat" macht Allāh (t) von der Ehe eine soziale
Einrichtung. Ein Mann kam zum Zweiten Kalifen ‘Umar
Ibn Al-Ḫaṭṭāb (r) und begehrte die Scheidung von seiner
Frau mit der Begründung, er liebe sie nicht. ‘Umar sagte
zu ihm:
”Wehe dir, werden die Familien nur auf Liebe gegründet!
93 - Bu. 94 - arab.: ‘Idda.
Qur’ān und Sunna in Relation
106
Und wo bleiben dann die sozialen Bindungen und
Verpflichtungen?“95
Wenn das Zusammenleben trotz aller Geduld nicht mehr
möglich ist und es zur Scheidung kommen muss, so erhält
die geschiedene Frau ihre aufgeschobene Brautgabe im
vollen Umfang. Hier appeliert Allāh (t) an die Männer, die
Frauen gerecht zu behandeln, und erinnert dabei an den
abgeschlossenen Ehebund mit ihnen, durch den sie (die
Männer) Zugang zu ihrer Weiblichkeit durch den
Geschlechtsverkehr gefunden haben. Damit hebt der
Qur’ān Missstände aus der Zeit der Unwissenheit96 vor
dem Islam auf.
Propheten als Zeugen
Und wie, wenn Wir aus jedem Volk einen Zeugen herbeibringen und dich als Zeugen gegen diese
herbeibringen? (4:41)
Abdullāh Ibn Mas‘ūd berichtete:
”Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte zu
mir:
»Lies mir (etwas vom Qur’ān) vor!«
95 - vgl. dazu den Titel: "Die Scheidung nach islamischem Recht", Islamische
Bibliothek. 96 - arab.: ıāhiliyya.
Qur’ān und Sunna in Relation
107
Ich sagte:
»O Gesandter Allāhs, soll ich dir von dem vorlesen, was
dir selbst offenbart wurde?«
Er sagte: »Ja!« Da las ich ihm die Sura An-Nisā’ vor, und
als ich den Vers ›Und wie, wenn Wir aus jedem Volk einen
Zeugen herbeibringen und dich (o Muḥammad) als
Zeugen gegen diese herbeibringen?‹ erreichte, sagte er:
»Hör auf zu lesen!«
Da sah ich, dass Tränen aus seinen Augen flossen.“97
Diese Offenbarung beschreibt die Szene im Jenseits, wo
Sich Allāh (t) am Jüngsten Tag dem Gericht widmen wird.
Allāh hat angekündigt, dass Er alle Gemeinschaften und
Völker am Tage der Auferstehung vor Sich versammeln
wird. Dann wird Er ihnen ihre Propheten und Gesandten
als Zeugen vorführen, um diese bestätigen zu lassen, dass
Seine Botschaft wirklich alle Gemeinschaften erreicht hat.
Diese Propheten werden daraufhin bezeugen, dass alle
Gemeinschaften dazu aufgefordert wurden, nur an Allāh,
den Einen Gott zu glauben, und dass ihnen kundgetan
wurde, was wahrhaft und was falsch ist. Schließlich wird
der Prophet des Islam, der als Letzter, als Siegel der
Propheten kam, ihre Aussagen bestätigen und
bekräftigen, und er wird so für alle diese Propheten
Zeugnis ablegen.
97 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
108
Eine weitere Deutung dieser Worte ist, dass sich "diese"
auf die islamische Gemeinschaft bezieht. Danach wird der
Prophet Zeugnis dafür ablegen, dass alle Menschen, die
nach seiner Ankunft bis zum Jüngsten Tag auf die Welt
kamen, von der Botschaft des Qur’ān unterrichtet und vor
der Bestrafung im Jenseits gewarnt worden sind.
Die Gefährten des Propheten (a.s.s.) sagten aus, dass
jedesmal wenn der Prophet diesen Vers vortrug, ihn sein
Verantwortungsbewusstsein so sehr überkam, dass ihm
die Tränen herunterliefen. Dieser Vers beinhaltet vieles,
worüber wir nachdenken müssen.98
Betrunkenheit, Gebet und Reinheit
O ihr, die ihr glaubt, naht nicht dem Gebet, wenn ihr betrunken seid, bis ihr versteht, was ihr sprecht, noch
im Zustande der Unreinheit - ausgenommen als Reisende unterwegs, bis ihr den Ìusl vorgenommen habt. Und wenn ihr krank seid oder euch auf einer
Reise befindet oder einer von euch von der Notdurft zurückkommt oder wenn ihr die Frauen berührt habt
und kein Wasser findet, dann sucht guten (reinen) Sand und reibt euch dann Gesicht und Hände ab.
Wahrlich, Allāh ist Allverzeihend, Allvergebend. (4:43)
Über das Verbot der Gebetsverrichtung bei Betrunkenheit 98 - Nia; vgl. ÜB; ferner Qur’ān 5:109; 28:74f.
Qur’ān und Sunna in Relation
109
wurde die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān im 5.
Jahr n.H. in Al-Madῑna offenbart. "...wenn ihr betrunken
seid" ist ein Sammelbegriff für jeden Zustand geistiger
Untauglichkeit. Dies kann durch vorübergehende
Beeinträchtigungen des Bewusstseins durch Alkohol,
Rauschgift, Medikamente, Schwindelgefühl,
Schlaftrunkenheit usw. geschehen.
Aus diesem Grunde lehrte der Prophet (a.s.s.), dass
jemand, der sich sehr müde und schläfrig fühlt, so dass er
beim Gebet immer wieder einnickt, sein Gebet abbrechen
und erst einmal schlafen sollte. Auf den Reisenden
bezogen bedeutet dieser Text, dass zwischen der
größeren Unreinheit, die eine Gesamtwaschung des
Körpers erforderlich macht, und der kleineren
Unreinheit, die eine Gebetswaschung erfordert, nicht
unterschieden wird. Das gleiche gilt für den Kranken.99
‘Ā’iša (r) berichtete:
”Ich nahm von Asmā’ leihweise eine Halskette und verlor
sie unterwegs. Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, schickte einen Mann, um diese zu suchen,
und er fand sie doch wieder. Inzwischen wurde das Gebet
fällig, während kein Wasser für die Leute vorhanden war;
so beteten sie trotzdem, und als sie zurückkamen, klagten
99 - s. Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr I, 255; was die Gebetswaschung angeht vgl. den Titel:
"Aṣ-Ṣalāh - das Gebet im Islam", Islamische Bibliothek; vgl. ferner Qur’ān 5:6, 90f.
Qur’ān und Sunna in Relation
110
sie dies dem Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede
auf ihm. Auf Grund dessen wurde der Qur’ān-Vers über
den Tayammum offenbart.“
Und Usaid Ibn Ḥuḍair sagte zu ‘Ā’iša:
”Allāh möge dich mit Gutem belohnen; denn, bei Allāh:
niemals geschah etwas, das dich betrübte, ohne dass Allāh
es zum Anlaß machte, um dir und den Muslimen Gutes zu
bescheren.“100
Der Prophet als Richter
Und Wir haben keinen Gesandten geschickt, außer damit ihm gehorcht werde mit Allāhs Erlaubnis. Und wären sie zu dir gekommen, nachdem sie sich gegen sich selber vergangen hatten, und hätten sie zu Allāh
um Verzeihung gefleht, und hätte der Gesandte für sie um Verzeihung gebeten, hätten sie gewiss Allāh
Allvergebend, Barmherzig gefunden. (4:64) Doch nein, bei deinem Herrn; sie sind nicht eher Gläubige, bis sie
dich zum Richter über alles machen, was zwischen ihnen strittig ist, und dann in ihren Herzen keine
Bedenken gegen deine Entscheidung finden und sich voller Ergebung fügen. (4:65)
Es wird folgendes überliefert: Der Vers 4:65 wurde in
100 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
111
einem ganz bestimmten Zusammenhang offenbart. Zur
Zeit des Propheten (a.s.s.) hatten ein Jude und ein
Heuchler Streit miteinander. Der Fall wurde schließlich
dem Propheten zur Entscheidung vorgetragen, der die
Sache zugunsten des Juden entschied. Daraufhin trat der
Heuchler zusammen mit dem Juden an einen Gefährten
des Propheten (a.s.s.) heran und meinte, dass er mit dem
Urteil des Propheten nicht zufrieden sei. Deshalb ersuche
er nun den Gefährten, den Fall zu entscheiden. Als der
Gefährte des Propheten das hörte, sagte er, dass für den
Fall, dass eine Person sich Muslim nennt und trotzdem
nicht die Entscheidung des Propheten akzeptiert, die
Sache mit dem Schwert entschieden wird.
Nachdem er das gesagt hatte, erschlug er den Heuchler
mit seinem Schwert. Die Angehörigen des Erschlagenen
berichteten dem Propheten (a.s.s.) von dem Vorfall,
woraufhin aus diesem Anlaß der Vers offenbart wurde.101
Mit diesem Vers ist deutlich gemacht worden, dass es, um
ein wirklicher Muslim zu werden, nicht ausreicht, strittige
Fälle dem Propheten (a.s.s.) zur Entscheidung vorzulegen
Qur’ān und Sunna in Relation
112
oder sie mit Hilfe der Gesetzgebung des Propheten lösen
zu lassen.
Es ist darüber hinaus erforderlich, dass man, nachdem
eine Entscheidung getroffen worden ist, vollkommen mit
ihr zufrieden ist. Zwar ist es erforderlich, dass man ein
Gefühl von Unzufriedenheit im Herzen hat, wenn die
Entscheidung unvorteilhaft ausgefallen ist; doch sollte
man sowohl verstandesmäßig als auch vom Standpunkt
der islamischen Grundsätze her keine Einwände gegen sie
haben.
Die Rechtsgelehrten haben aus diesem Vers gefolgert,
dass man sich selbst außerhalb der Grenzen des Islam
stellt, wenn man Zweifel gegenüber einer Entscheidung
des Propheten (a.s.s.) hat oder es ablehnt, diese zu
akzeptieren. Natürlich darf man darüber diskutieren, ob
eine Vorschrift wirklich vom Propheten (a.s.s.) selbst
gegeben worden ist, und wenn ja, was ihr Sinn und ihre
Bedeutung ist. Doch sobald es außer Zweifel steht, dass
der Prophet diese Vorschrift wirklich gegeben hat, sollte
es keine weitere Fragerei darüber geben.102
101 - Die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 4. Jahr n.H. in Al-
Madῑna offenbart. 102 - Nia; vgl. dazu Qur’ān 4:80.
Qur’ān und Sunna in Relation
113
Gebet bei Furcht
Und wenn ihr durch das Land zieht, so ist es keine Sünde für euch, wenn ihr das Gebet verkürzt, wenn ihr
fürchtet, die Ungläubigen könnten euch bedrängen. Wahrlich, die Ungläubigen sind eure offenkundigen
Feinde. (4:101) Und wenn du unter ihnen bist und für sie das Gebet anführst, so soll ein Teil von ihnen (für das Gebet) bei dir stehen, doch sollen sie ihre Waffen tragen. Und wenn sie sich niederwerfen, so sollen sie
hinter euch treten und eine andere Abteilung, die noch nicht gebetet hat, soll mit dir beten; doch sollen sie auf
der Hut sein und ihre Waffen bei sich haben. Die Ungläubigen sähen es gerne, dass ihr eure Waffen und
euer Gepäck außer acht ließet, so dass sie euch auf einmal überfallen könnten. Und es ist keine Sünde für
euch, wenn ihr eure Waffen ablegt, falls ihr unter Regen leidet oder krank seid. Seid jedoch (immer) auf der
Hut. Wahrlich, Allāh hat für die Ungläubigen eine schmähliche Strafe bereitet. (4:102)
Der Ausdruck: "Und wenn du unter ihnen bist" bezieht
sich in erster Linie auf den Propheten (a.s.s.) und dann auf
jeden Führer der Gläubigen nach ihm.
‘Abdullāh Ibn ‘Umar, Allāhs Wohlgefallen auf beiden,
berichtete:
”Wir zogen mit dem Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, zu einer Schlacht in der Nähe von Naǧd.
Als wir uns dem Feind gegenüber sahen, stellten wir uns
Qur’ān und Sunna in Relation
114
(für den Kampf) in Reihen auf. Der Gesandte Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, stand auf, um uns beim
Gebet zu leiten, und mit ihm stand eine Gruppe zum
Beten, während sich eine andere Gruppe in Richtung des
Feindes begab.
Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
betete mit denjenigen, die mit ihm waren eine Rak‘a und
zwei Niederwerfungen; dann ging diese Gruppe zur Stelle
der anderen Gruppe, die noch nicht gebetet hatte. Als sich
diese (Kämpfer für das Gebet) hinstellten, betete der
Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, mit
ihnen eine Rak‘a und zwei Niederwerfungen, dann sprach
er den Taslῑm. Daraufhin standen die anderen, und jeder
von ihnen betete für sich eine Rak‘a und zwei
Niederwerfungen.“
Und Ibn ‘Umar fügte hinzu, bezogen auf die Anweisung
des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm:
”... und wenn (der Feind) eine größere Zahl (an
Kämpfern) aufweist, dann sollen die Muslime das Gebet
stehend und reitend verrichten.“103
103 - Bu; vgl. dazu den Titel: "Aṣ-Ṣalāh - das Gebet im Islam", Islamische
Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
115
Gleichgültigkeit des Ehemannes
Und wenn eine Frau von ihrem Ehemann rohe Behandlung oder Gleichgültigkeit befürchtet, so soll es
keine Sünde für beide sein, wenn sie sich auf geziemende Art miteinander versöhnen; denn
Versöhnung ist gut. Die Menschen sind auf Habsucht eingestellt. Tut ihr jedoch Gutes und seid
gottesfürchtig, dann ist Allāh eures Tuns kundig. (4:128) Und ihr könnt zwischen den Frauen keine
Gerechtigkeit üben, so sehr ihr es auch wünschen mögt. Aber neigt euch nicht gänzlich (einer) zu, so dass ihr die andere gleichsam in der Schwebe lasst. Und wenn ihr es wiedergutmacht und gottesfürchtig seid, so ist
Allāh Allverzeihend, Barmherzig. (4:129) Und wenn sie sich trennen, so wird Allāh beiden aus Seiner Fülle Genüge tun; denn Allāh ist Huldreich und Allweise.
(4:130)
‘Ā’iša, Allāhs Wohlgefallen auf ihr, berichtete:
”Beim Qur’ān-Vers ›Und wenn eine Frau von ihrem
Ehemann rohe Behandlung oder Gleichgültigkeit
befürchtet, ...‹ handelt es sich um eine verheiratete Frau,
deren Mann von ihr nicht genug haben kann, und er
demzufolge die Scheidung von ihr begehrt, um eine
andere Frau zu heiraten. Die Frau sagt dann zu ihm:
»Behalte mich und lasse dich nicht von mir scheiden und
heirate dennoch eine andere; denn du bist von meinem
Qur’ān und Sunna in Relation
116
Unterhalt und von deinen ehelichen Verpflichtungen mir
gegenüber entbunden. Dies geht auch wie folgt (aus
demselben Qur’ān-Vers) hervor: › ...so soll es keine Sünde
für beide sein, wenn sie sich auf geziemende Art
miteinander versöhnen; denn Versöhnung ist gut..‹“104
Die Offenbarung verlangt weder Gleichbehandlung in der
Liebe noch absolute Gerechtigkeit zwischen den
Ehefrauen; denn Liebe ist eine Sache des Herzens, über
die der Mensch keine Herrschaft hat. Deshalb ist der
Ausdruck: ”Und ihr könnt zwischen den Frauen keine
Gerechtigkeit üben, so sehr ihr es auch wünschen mögt“.
Die absolute Gerechtigkeit kann nur durch die Macht
Allāhs möglich sein. Der Mensch kann nur versuchen,
gerecht zu sein - soweit dies in seiner materiellen Kraft
liegt. Beispiel dafür ist die Gleichbehandlung in der
geschlechtlichen Beziehung und vermögensrechtlichen
Dingen, wie z.B. in der Wohnungsart, in der gleichen Höhe
des Geldes zum Lebensunterhalt usw. Unser Prophet
(a.s.s.) sagte:
”Wenn ein Mann zwei Frauen hat und er sich nur einer
von ihnen zuwendet, dann kommt er am Tag der
Auferstehung mit einer schiefen Körperseite.“105
Wenn keine Versöhnung mehr möglich ist und es
104 - Bu; Zu diesem Vers vgl. den Titel: "Die Scheidung nach islamischem
Recht", Islamische Bibliothek; ferner Qur’ān 4:34. 105 - Ti; vgl. dazu Qur’ān 4:3.
Qur’ān und Sunna in Relation
117
zwischen den Eheleuten keine Gerneinsamkeiten mehr
gibt, ist die Trennung ein erlaubter Ausweg. Der Islam
bindet Eheleute nicht mit Ketten aneinander, sondern mit
Barmherzigkeit und Güte. Wenn diese sich erschöpft
haben, befiehlt er ihnen nicht, in einem Gefängnis des
Hasses und der Abscheu zu bleiben oder ihre innerliche
Trennung durch den äußeren Anschein zu überdecken.
Allāh segnet den benachteiligten Partner entweder mit
einem guten Ehegefährten oder mit einem besseren
Zustand.106
106 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
118
Keiner ist mit dem Hören eines Übels geduldiger als
Allāh: sie behaupten, Er habe einen Sohn, und Er hält sie trotzdem gesund
und gibt ihnen den Lebensunterhalt.
Muḥammad, der Prophet Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm.
Qur’ān und Sunna in Relation
119
Jesus und die Juden
Als sie dann ihren Bund brachen und die Zeichen Allāhs verleugneten und die Propheten widerrechtlich töteten und sagten: ”Unsere Herzen sind hinter einem Schleier“
- aber nein, Allāh hat diese wegen ihres Unglaubens verschlossen, so dass sie nur wenig glauben. (4:155)
Und wegen ihres Unglaubens und wegen ihrer Behauptung, die sie gegen Maria mit einer enormen
Lüge vorbrachten (4:156) und wegen ihrer Rede: ”Wir haben den Messias, Jesus, den Sohn der Maria, den
Gesandten Allāhs, getötet“, während sie ihn doch weder erschlagen noch gekreuzigt hatten, sondern dies wurde
ihnen nur vorgetäuscht; und jene, die in dieser Sache uneins sind, sind wahrlich im Zweifel darüber; sie
haben keine Kenntnis davon, sondern folgen nur einer Vermutung; und sie haben ihn nicht mit Gewissheit
getötet. (4:157) Vielmehr hat Allāh ihn zu Sich emporgehoben, und Allāh ist Allmächtig, Allweise. (4:158) Und es gibt keinen unter den Leuten der
Schrift, der nicht vor seinem Tod daran glauben wird; und am Tage der Auferstehung wird er ein Zeuge gegen
sie sein. (4:159)
In diesen Versen werden die Verfehlungen der Kinder
Israels aufgeführt, derer sie sich schuldig gemacht haben.
Das Verschließen ihrer Herzen ist eine Folge ihres starren
Verhaltens. Dadurch sind sie so unempfindsam geworden,
Qur’ān und Sunna in Relation
120
dass sie dem Glauben nicht treu bleiben könnten.107
Die Juden haben nicht nur das Prophetentum Jesu
verleugnet, sondern auch falsche Behauptungen gegen
seine Mutter Maria (a.s.) verbreitet.
”Diese Verleumdung kommt besonders in dem
mittelalterlichen jüdischen Buch "Toledot Jeshu" zum
Ausdruck und wird auch im Talmud angedeutet.“108
”... und wegen ihrer Rede: »Wir haben den Messias, Jesus,
den Sohn der Maria, den Gesandten Allāhs, getötet«: Das
heißt, weil die Juden dies behaupteten. Es ist indessen
auch möglich, dass die Juden das nur spöttisch gesagt
haben, wie es in ähnlicher Weise bei dem Wort des
Pharao über Moses in 26:27, der Fall ist, und dass Allāh
(t) im Qur’ān diese Aussage der Juden wieder aufgegriffen
hat, um Jesus anschließend zu loben oder um ihren üblen
Bericht durch einen trefflichen zu ersetzen. Aber sie
haben ihn in Wirklichkeit nicht getötet und auch nicht
gekreuzigt. Vielmehr erschien ihnen ein anderer ähnlich,
so dass sie ihn mit Jesus verwechselten und töteten.
In einem Ḥadῑṯ ist es überliefert: Eine Gruppe von Juden
beschimpfte Jesus und seine Mutter, worauf dieser Allāh
gegen sie anrief. Als Allāh sie nun in Affen und Schweine
verwandelte, kamen die Juden überein, Jesus zu töten.
107 - vgl. Qur’ān 2:88; 3:21. 108 - ÜB; vgl. Qur’ān 19:27-28, 34-37; 24:4.
Qur’ān und Sunna in Relation
121
Darauf gab Allāh (t) ihm kund, dass Er ihn in den Himmel
erheben werde.
Es wurde ferner berichtet: Ein Mann heuchelte vor Jesus
und ging fort, um ihn anzuzeigen. Darauf verlieh Allāh
diesem Mann eine ähnliche Gestalt wie Jesus, und man
ergriff und kreuzigte ihn. Ferner sagt man: Der Jude
Titanus betrat in verräterischer Absicht ein Haus, in
welchem Jesus war, konnte ihn aber nicht finden. Darauf
verlieh ihm Allāh eine ähnliche Gestalt wie Jesus. Und als
er nun nach draußen kam, glaubte man, er sei Jesus, und
ergriff und kreuzigte ihn.
Ähnlich außergewöhnliche Dinge, wie man sie für die Zeit
des Prophetentums nicht unwahrscheinlich finden darf,
sind zu diesem Thema noch mehr berichtet worden.
Wenn Allāh die Juden hier tadelt, dann nur deshalb, weil
ihre Worte zeigten, dass sie sich Allāh gegenüber dreist
benahmen, Seinen Propheten trotz der Bestätigung durch
überwältigende Wunder töten wollten, und dabei
frohlockten. Allāh (t) hat sie nicht deshalb getadelt, weil
sie die Behauptung, Jesus getötet zu haben als ihre bloße
Meinung kundgegeben haben.
Als dieses Ereignis der Kreuzigung eines anderen an Jesu
Stelle stattfand, waren die Leute uneins. Einige Juden
sagten, Jesus sei ein Lügner, wir haben ihn wirklich
getötet. Andere zögerten, und einige von diesen sagten:
Qur’ān und Sunna in Relation
122
"Wenn dieser Gekreuzigte Jesus ist, wo ist dann unser
Gefährte, der ihn verraten wollte?"
Andere sagten:
"Das Gesicht ist das von Jesus, der Leib aber ist der
unseres Gefährten".
Diejenigen aber, die gehört hatten, wie Jesus sagte:
"Allāh wird mich in den Himmel erheben", sprachen: "Er
ist in den Himmel erhoben worden."109
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete,
dass der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, sagte:
”Ich schwöre bei Dem, in Dessen Hand mein Leben ist,
dass der Sohn der Maria alsbald zu euch als
Schiedsrichter entsandt werden wird; sodann wird er das
Kreuz brechen, das Schwein töten, den Krieg einstellen,
und das Geld wird sich so vermehren, dass keiner es wird
annehmen wollen. Stattdessen wird eine einzige
Niederwerfung (zur Anbetung Allāhs) besser sein, als die
Welt und das, was auf ihr ist.“
Abū Huraira fuhr fort:
”Lest, wenn ihr wollt: ›Und es gibt keinen unter den
Leuten der Schrift, der nicht vor seinem Tod daran
glauben wird; und am Tage der Auferstehung wird er ein
109 - Baid, Gät; vgl. Qur’ān 3:55; 5:116-117, 120.
Qur’ān und Sunna in Relation
123
Zeuge gegen sie sein.‹110“
110 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
124
Die seitliche Verwandtschaft
Sie fragen dich um Belehrung. Sprich: ”Allāh belehrt euch über die seitliche Verwandtschaft: Wenn ein Mann
stirbt und keine Kinder hinterlässt, aber eine Schwester hat, dann erhält sie die Hälfte seiner
Erbschaft; und er beerbt sie, wenn sie keine Kinder hat. Sind es aber zwei (Schwestern), dann erhalten sie zwei Drittel von seiner Erbschaft. Und wenn sie Geschwister sind, Männer und Frauen, kommt auf eines männlichen
Geschlechts gleichviel, wie auf zwei weiblichen Geschlechts.“ Allāh macht euch das klar, damit ihr nicht irrt; und Allāh weiß über alle Dinge Bescheid. (4:176)
Al-Barā’, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Der zuletzt offenbarte Qur’ān-Vers ist am Schluss der
(vierten) Sura An-Nisā’, in der Allāh sagt: ›Sie fragen dich
um Belehrung. Sprich: Allāh belehrt euch über die
seitliche Verwandtschaft ... ‹“111
Der Vers setzt die Bestimmungen des Erbrechts im Qur’ān
fort. Dieser Vers wurde lange nach der Offenbarung dieser
Sura herabgesandt, so dass einige Kommentatoren ihn für
den chronologisch letzten Vers des Qur’ān halten. Nach
authentischer Überlieferung wurde er jedenfalls im Jahre
9 der Hiǧra offenbart, als diese Sura bereits als ganze
rezitiert wurde. Aus diesem Grund wurde der Vers nicht
zu den übrigen Versen über Erbschaft hinzugefügt, 111 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
125
sondern als Nachtrag am Ende angehängt.
Die "seitliche Verwandtschaft" wird bereits erklärt: Es
handelt sich um eine Person, die weder Eltern noch
Kinder als Erben hinterläßt, sondern Brüder und
Schwestern mütterlicherseits. Bei der Erkrankung ıābir
Ibn ‘Abdullāhs, der weder Eltern noch Kinder aber
Geschwister väterlicherseits hatte, wurde eine Erklärung
bezüglich der Geschwister väterlicherseits und der
Vollgeschwister nötig.
Als ıābir den Propheten danach fragte, kam der Vers am
Ende der Sura als Vervollständigung des
Familienrechts.112
112 - Für ausführliche Information darüber vgl. ÜB; ferner Qur’ān 4:12, 13,
127.
Qur’ān und Sunna in Relation
126
Jedem Menschen obliegt die Pflicht einer Ṣadaqa (Almosen) für jedes
Gelenk seines Körpers und an jedem Tag, an dem die Sonne scheint; und das Schlichten
zwischen den Menschen ist von ihm eine geleistete Ṣadaqa.
Muḥammad, der Prophet Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm.
Qur’ān und Sunna in Relation
127
Die vollkommne Religion
Verboten ist euch das Verendete sowie Blut und Schweinefleisch und das, worüber ein anderer als
Allāhs Name angerufen wurde; das Erdrosselte, das zu Tode Geschlagene, das zu Tode Gestürzte oder
Gestoßene und das, was Raubtiere angefressen haben, außer dem, was ihr geschlachtet habt, ferner das, was
auf einem heidnischen Opferstein geschlachtet worden ist, und ferner (ist euch verboten), dass ihr durch
Lospfeile das Schicksal zu erkunden sucht. Das ist eine Freveltat. Heute haben die Ungläubigen vor eurem Glauben resigniert; also fürchtet nicht sie, sondern fürchtet Mich. Heute habe Ich euch eure Religion
vervollkommnet und Meine Gnade an euch vollendet und euch den Islam zur Religion erwählt. Wer aber
durch Hungersnot gezwungen wird, ohne sündhafte Neigung - so ist Allāh Allverzeihend, Barmherzig.
(5:3)
Von ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb (r) wurde berichtet, dass ein
Jude zu ihm sagte:
”O Führer der Gläubigen, es gibt einen Qur’ān-Vers113 in
eurem Buch, den ihr rezitiert. Wäre er auf uns Juden
herabgesandt worden, hätten wir den Tag seiner
Offenbarung zu einem Fest für uns gemacht.“
Er (‘Umar) fragte:
113 - arab.: Āya.
Qur’ān und Sunna in Relation
128
”Welche Āya ist diese?“
Der Jude nannte den Wortlaut wie folgt: ›Heute habe Ich
euch eure Religion vollendet und Meine Gnade an euch
erfüllt und euch den Islam zum Glauben erwählt...‹
‘Umar sagte:
”Wir kennen doch diesen Tag und wissen, an welchem
Ort diese Āya auf den Propheten, Allāhs Segen und Friede
auf ihm, herabgesandt worden ist! Es war an einem
Freitag während er in ‘Arafa stand.“114
Dieser Vers bezeichnet das nahende Ende der Wirkung
des Propheten Muḥammad (a.s.s.); er (der Vers) wurde
am Freitag, dem 9. Ḏul-Ḥiǧǧa (im Jahre 10 der Hiǧra) in
‘Arafāt offenbart, und zwar am Höhepunkt des Oferfestes,
als der Prophet Muḥammad (a.s.s.) mit 120.000 Muslimen
die sog. Abschiedspilgerfahrt vollzog.115
114 - Bu. 115 - vgl. dazu Qur’ān 2:173, 219; 5:90.
Qur’ān und Sunna in Relation
129
Wenn Fāṭima, die Tochter
Muḥammads, gestohlen hätte,
würde ich ihre Hand
abschneiden.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
130
Gehe du mit deinem Herrn
und kämpft
Und (damals) als Moses zu seinem Volk sagte: ”O mein Volk, besinnt euch auf Allāhs Huld gegen euch, als Er
aus eurer Mitte Propheten erweckte und euch zu Königen machte und euch gab, was Er keinem anderen auf der Welt gegeben hat. (5:20) O mein Volk, betretet das heilige Land, das Allāh für euch bestimmt hat, und kehret (Ihm) nicht den Rücken; denn dann werdet ihr als Verlorene umkehren.“ (5:21) Sie sagten: ”O Moses, siehe, dort lebt ein tyrannisches Volk, und wir werden
es (das Land) nicht betreten, ehe jene es nicht verlassen haben. Doch wenn sie es verlassen, dann wollen wir dort einziehen.“ (5:22) Es sagten zwei Männer von denen, die gottesfürchtig waren, und
denen Allāh Seine Gnade erwiesen hatte: ”Zieht durch das Tor ein und wendet euch gegen sie; seid ihr eingezogen, dann werdet ihr siegreich sein. Und
vertraut auf Allāh, wenn ihr Gläubige seid.“ (5:23) Sie sagten: ”O Moses, nimmermehr werden wir es betreten, solange jene dort sind. Gehe denn du mit deinem Herrn
und kämpft; wir bleiben hier sitzen.“ (5:24) Er sagte: ”Ich habe nur Macht über mich selbst und meinen
Bruder; darum scheide Du uns von dem aufrührerischen Volk.“ (5:25) Er sprach: ”Wahrlich, es (das Land) soll ihnen vierzig Jahre lang verwehrt sein; sie sollen auf der Erde umherirren. Und betrübe dich
nicht wegen des aufrührerischen Volkes.“ (5:26)
Qur’ān und Sunna in Relation
131
Mit diesen Worten nimmt der Qur’ān die Geschichte der
Kinder Israels wieder auf, dass sie ihren Bund gebrochen
und ihren Glauben geschwächt haben. Darüber hinaus ist
die Geschichte direkt mit dem Ausdruck verbunden,
indem Moses (a.s.) die Kinder Israels in seiner Eigenschaft
als Überbringer froher Botschaft und Warner anspricht.
Dies bezieht sich auf die lange Reihe der Propheten vor
Moses, beispielsweise Abraham, Isaak, Ismael, Jakob und
andere.116
Die mit dem Kampf verbundenen Unannehmlichkeiten
entsprachen nicht den Wunschvorstellungen der Kinder
Israels. Denn in ihren Herzen fehlte der Glaube.117 Auf
Allāh allein sollen die Gläubigen vertrauen. Gottesfurcht
und Menschenfurcht können nicht nebeneinander in
einem Herzen Platz finden.118 Die Kinder Israels befanden
sich im Aufstand gegen Moses und Aaron. Ihre Antwort
an Moses war eine Gotteslästerung im wahrsten Sinne.
Ibn Mas‘ūd berichtete:
”Ich erlebte von Al-Miqdād Ibn Al-Aswad etwas, das ich
mir von mir selbst gewünscht hätte. Ich wünschte, ich
wäre selbst derjenige gewesen, der eine solche Handlung
beging: Er kam zum Propheten, Allāhs Segen und Friede
auf ihm, während er ein Bittgebet gegen die Götzendiener
116 - ÜB. 117 - ÜB, vgl. dazu Qur’ān 5:12. 118 - vgl. Qur’ān 2:189.
Qur’ān und Sunna in Relation
132
sprach, und sagte zu ihm:
»Wir (Muslime) werden zu dir nicht dasselbe sagen, was
die Leute des Moses zu ihm sagten ›Gehe denn du mit
deinem Herrn und kämpft. ...‹ Vielmehr werden wir auf
deiner rechten Seite und auf deiner linken Seite und vor
dir und hinter dir kämpfen!«
Ich sah den Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
wie sein Gesicht strahlte und er sich über das freute, was
er sagte.“119
Diese ziellose Wanderung war eine Strafe für alle, die das
Gebot Moses' nicht folgen wollten und ihn nicht im Kampf
gegen die Amelekiter unterstützten. Die Wanderung
dauerte etwa 40 Jahre von 1440 bis 1400 v.Chr. Für die
jüngere Generation war es anscheinend eine Art Training,
bei dem sie sich an ein hartes Leben gewöhnen und
Qualitäten entwickeln sollten, die ihnen die Erfüllung
ihrer Aufgabe ermöglichten.120
119 - Bu. 120 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
133
Der wahre Starke ist nicht derjenige, der in einem Ringkampf
siegt, sondern der wahre Starke ist derjenige,
der sich in seinem Zorn beherrscht.
Muḥammad, der Prophet Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm.
Qur’ān und Sunna in Relation
134
Die ganze Menschheit töten!
Und verlies ihnen in Wahrheit die Geschichte von den zwei Söhnen Adams, als sie beide ein Opfer
darbrachten, und es von dem einen angenommen und von dem anderen nicht angenommen wurde. Da sagte
dieser: ”Wahrhaftig, ich schlage dich tot.“ Jener erwiderte: ”Allāh nimmt nur von den Gottesfürchtigen (Opfer) an. (5:27) Wenn du auch deine Hand nach mir ausstreckst, um mich zu erschlagen, so werde ich doch
nicht meine Hand nach dir ausstrecken, um dich zu erschlagen. Ich fürchte Allāh, den Herrn der Welten. (5:28) Ich will, dass du die Last meiner Sünde und
deiner Sünde trägst und so unter den Bewohnern des Feuers bist, und dies ist der Lohn der Frevler.“ (5:29) Doch er erlag dem Trieb, seinen Bruder zu töten; also erschlug er ihn und wurde einer von den Verlierern.
(5:30) Da sandte Allāh einen Raben, der auf dem Boden scharrte, um ihm zu zeigen, wie er den Leichnam seines Bruders verbergen könne. Er sagte: ”Wehe mir! Bin ich nicht einmal imstande, wie dieser Rabe zu sein und den
Leichnam meines Bruders zu verbergen?“ Und da wurde er reumütig. (5:31) Deshalb haben Wir den
Kindern Israels verordnet, dass, wenn jemand einen Menschen tötet, ohne dass dieser einen Mord begangen
hätte, oder ohne dass ein Unheil im Lande geschehen wäre, es so sein soll, als hätte er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben
erhält, es so sein soll, als hätte er der ganzen
Qur’ān und Sunna in Relation
135
Menschheit das Leben erhalten. Und Unsere Gesandten kamen mit deutlichen Zeichen zu ihnen; dennoch,
selbst danach begingen viele von ihnen Ausschreitungen im Land. (5:32)
Der Fall von den beiden Söhnen Adams, die im Qur’ān
nicht namentlich genannt werden, wird historisch als der
erste Mord in der Geschichte bezeichnet. Die Worte
zeigen die Belehrung Allāhs an den Menschen in hilflosen
Lagen. Hier geht es um das erste Menschenbegräbnis auf
Erden.121
‘Abdullāh, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete, dass
der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Kein Mensch wird ermordet, ohne dass der erste Sohn
Adams einen Teil derartige Schuld mitträgt!“122
Die Aussage des Propheten (a.s.s) stimmt mit dem Qur’ān
überein; denn dort wird dies mit dem Ausdruck
begründet: "Deshalb haben Wir den Kindern Israels
verordnet ...".
Man kann diese Schuld erst verstehen, wenn der erste
Mensch durch ein Unglück oder durch den Angriff eines
Raubtieres umgekommen wäre; hier dann wären die
heutigen Milliarden Menschen nicht zustande gekommen.
Mit dem Mord an einen Menschen wird seine 121 - Was die Belehrung des Menschen angeht, vgl. die Einleitung des Titels:
"Islam für Schüler", Islamische Bibliothek. 122 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
136
Nachkommenschaft von der Existenz auf dieser Erde
abgeschnitten.
Qur’ān und Sunna in Relation
137
Leben um Leben
Wir hatten ihnen darin vorgeschrieben: Leben um Leben, Auge um Auge, Nase um Nase, Ohr um Ohr und
Zahn um Zahn; und für Verwundungen gerechte Vergeltung. Wer aber darauf verzichtet, dem soll das eine Sühne sein; und wer nicht nach dem richtet, was
Allāh herabgesandt hat - das sind die Ungerechten. (5:45)
Anas, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Ein Jude schlug zwischen zwei Steinen in seinen Händen
den Kopf eines jungen Mädchens; es wurde dann befragt:
»Wer hat das mit dir gemacht? Ist es der Soundso, oder
der Soundso?«
Als der Name des Juden erwähnt wurde, nickte es mit
dem Kopf. Der Jude wurde dann verhaftet, und er gestand
die Tat. Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
ließ ihn dann abführen und seinen Kopf gleichermaßen
zwischen zwei Steinen schlagen.“123
Diese strafrechtlichen Bestimmungen der Thora gelten
entsprechend im islamischen Recht und werden in ihrem
Kern verwendet, jedoch unter Vorbehalt, dass das Opfer
einer verbrecherischen Tat dem Täter als Sühne für sich
selbst vergeben kann. Dies entspricht der
123 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
138
Vergebungslehre von Jesus und Muḥammad. Denn unser
Prophet (a.s.s.) sagte:
”Wenn jemand einen anderen verletzt und dieser auf die
Vergeltung verzichtet, werden ihm soviel von seinen
Sünden getilgt, wie seine Vergebung ausmacht.“124
O du Gesandter! Verkünde!
O du Gesandter! Verkünde, was zu dir von deinem Herrn herabgesandt wurde; und wenn du es nicht tust, so hast du Seine Botschaft nicht verkündigt. Und Allāh wird dich vor den Menschen schützen. Wahrlich, Allāh weist den ungläubigen Leuten nicht den Weg. (5:67)
Der Vers ist an Muḥammad, den Gesandten Allāhs, Allāhs
Segen und Friede auf ihm, gerichtet. Die Satzaussage
umreißt die Art des Verkündungsauftrags des Propheten.
Masrūq berichtete:
”‘Ā’iša, Allāhs Wohlgefallen auf ihr, sagte zu mir:
»Wer zu dir sagt, dass Muḥammad, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, ein Teil dessen verschwieg, was ihm
offenbart wurde, so wisse, dass er lügt; denn Allāh sagt:
›O du Gesandter! Verkünde, was zu dir von deinem Herrn
herabgesandt wurde ...‹“125
124 - vgl. Qur’ān 5:47-48; 42:40-43. 125 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
139
Und von ıābir und Ibn ‘Abbās wurde überliefert, dass der
Prophet (a.s.s.) ständig von seinen Gefährten bewacht
wurde, und dass sein Onkel täglich zu seiner Bewachung
Männer der Banū Hāšim mit ihm geschickt hat, bis dieser
Vers offenbart wurde. Der Prophet selbst sagte dann:
”O Onkel, da Allāh mich beschützt, brauche ich deine
Männer nicht mehr.“
Mit dem Wort "Menschen" in diesem Vers sind jene
Ungläubigen gemeint. Hier wird Bezug genommen auf die
Ereignisse der "Hiǧra".126
Wenn ihr nur wüsstet, was ich weiß,
würdet ihr wenig lachen und viel weinen.
Muḥammad, der Prophet Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm.
126 - vgl. den Titel: "Der Weg nach Yaṯrib", Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
140
Berauschendes und Glücksspiel
O ihr, die ihr glaubt! Berauschendes, Glücksspiel, Opfersteine und Lospfeile sind ein Greuel, das Werk
Satans. So meidet sie, auf dass ihr erfolgreich seid (5:90); Satan will durch das Berauschende und das Losspiel nur Feindschaft und Hass zwischen euch
auslösen, um euch vom Gedenken an Allāh und vom Gebet abzuhalten. Werdet ihr euch denn abhalten
lassen? (5:91) Und gehorcht Allāh und gehorcht dem Gesandten und seid auf der Hut. Kehrt ihr euch jedoch von ihm ab, dann wisst, dass Unserem Gesandten nur die deutliche Verkündigung obliegt. (5:92) Denen, die
glauben und gute Werke tun, soll als Sünde nicht angerechnet werden, was sie aßen, wenn sie
gottesfürchtig sind und glauben und gute Werke tun, und abermals fürchten und glauben, dann nochmals
fürchten und Gutes tun. Und Allāh liebt jene, die Gutes tun. (5:93)
Ṣuhaib berichtete:
”Anas Ibn Mālik, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, sagte zu
mir:
»Wir kannten nichts Berauschendes außer eurem Fadῑḫ,
das ihr Al-Fadῑḫ nennt. Seinerzeit diente ich sowohl Abū
Ṭalḥa als auch dem Soundso und dem Soundso als
Mundschenk. Da kam ein Mann und sagte zu uns:
Qur’ān und Sunna in Relation
141
»Habt ihr von der Nachricht gehört?«
Sie erwiderten:
»Worum geht es denn?«
Er sagte:
»Das Berauschende ist verboten worden!«
Darauf sagten sie:
»Vergieße den Inhalt dieser Krüge, Anas!«
Seitdem haben sie unmittelbar nach der Nachricht des
Mannes weder weiter gefragt noch danach getrauert.“127
Und Ibn ‘Umar berichtete:
”Ich hörte ‘Umar, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, sagen -
während er auf dem Podest des Propheten, Allāhs Segen
und Friede auf ihm - stand:
»Sodann, ihr Menschen! Wahrlich, das Verbot des Al-
Ḫamr (das Berauschende) ist offenbart worden, (und
dies ist) aus Weintrauben, Datteln, Honig (bzw. Sirup),
Weizen, Gerste; und Al-Ḫamr ist alles, was die
Geisteskraft des Menschen beeinträchtigt.«“128
Über das Alkoholverbot, wurde die Entscheidung Allāhs
darüber im Qur’ān im 6. Jahr n.H. in Al-Madῑna
offenbart.129 "Berauschendes" ist ein allumfassender
Begriff, der in diesem Vers Rauschmittel und alkoholische
Getränke einschließt. Glücksspiel, Opfersteine und
127 - Bu. 128 - Bu. 129 - Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr I, 255.
Qur’ān und Sunna in Relation
142
Lospfeile galten als Brauchtum aus der Zeit der
Unwissenheit vor dem Islam.130 Die Lospfeile wurden zum
Wahrsagen benutzt. Die Verbreitung der Glücksspielsucht
und ihre sozialen Folgen sind mit der Rauschgiftsucht zu
vergleichen.
Während aber der Drogensucht große Aufmerksamkeit in
der Öffentlichkeit zuteil werde, werde die Gefahr, die von
der Spielsucht ausgehe, unterschätzt. In Deutschland gibt
es nach Einschätzung etwa 2,5 Millionen Alkoholiker und
jeweils 100.000 Drogen- und Glücksspielabhängige. Die
Sucht nach dem Glücksspiel habe sich mit dem steigenden
Angebot von Spielhallen und Casinos ausgeweitet. Zu
Beginn dieses Jahrzehnts sei die Zahl der Abhängigen
noch auf 80.000 geschätzt worden. Während es 1974 erst
dreizehn Spielbanken in Deutschland gegeben habe, seien
es heute 42. Zwanzig weitere seien in Planung.
Allein in Hamburg soll es zehnmal so viele
Spielautomaten geben wie in ganz Bayern. Die
Glücksspielsucht sei als eigenständige Krankheit
anzuerkennen. Die stationäre Therapie koste je Einzelfall
mindestens 12.500 Euro. Jährlich ließen sich bis zu 1500
Süchtige stationär und bis zu 6000 ambulant behandeln.
Die Erfolgsquote liege mit 40% zwar nicht so hoch wie bei
Alkoholikern, aber höher als bei Rauschgiftsüchtigen
130 - arab.: ıāhiliyya.
Qur’ān und Sunna in Relation
143
(25%). Der Spieler werde unfähig zur Abstinenz, das Spiel
werde zum zentralen Inhalt seines Lebens, er rutsche
womöglich in die Beschaffungskriminalität ab. Ein
abhängiger Automatenspieler verbringe im Durchschnitt
an fünf Tagen in der Woche vier bis fünf Stunden am
Automaten.
Der mittlere Tageseinsatz betrage 175 Euro. Der Spieler
werfe mehr als 2.500 Euro im Monat in Automaten ein.
Die Fachleute berichteten von einem leitenden
Bankmitarbeiter, der als Systemspieler zehn Millionen
Euro beim Lotto verloren habe. Aus ihrer Beratungspraxis
berichteten die Therapeuten aber von einem Mann, der
seinen Arbeitsplatz aufgegeben habe, um 25.000 Euro
Abfindung zu erhalten. Das Geld habe er innerhalb von
zwei Wochen beim Lottospielen gesetzt und verloren.
Schulden in Höhe mehrerer hunderttausend Euro wegen
der Spielsucht seien keine Seltenheit. Auch begingen
Spieler Diebstahl in der eigenen Familie. Eltern sollten
achtgeben, wenn ihre Kinder sagten, sie gingen zum
Billardspiel. Das Suchtpotential steige mit der
Geschwindigkeit der Spielfolge. Gefährdet seien
Besuchern von Spielhallen, Casinos oder
Pferdewettstationen. Meist gerieten Männer im Alter
zwischen zwanzig und dreißig Jahren in den Teufelskreis
der Spielsucht.
Qur’ān und Sunna in Relation
144
In Spielhallen mit niedrigen Eintrittsbarrieren und auf
den ersten Blick niedrigen Spieleinsätzen sammeln sich
nach Angaben der Fachleute eher Angehörige der
Unterschicht oder der unteren Mittelschicht. Ein
Therapeut aus Süddeutschland schilderte den aus seiner
Sicht typischen Fall eines jungen Mannes, der regelmäßig
ein Drittel seines Nettoeinkommens von 750 bis 1.000
Euro verspiele. Irgendwann beginne für ihn der Zwang zu
spielen, weil er nur durch das Spiel den Geldverlust, den
er erfahre, meine ausgleichen zu können. Das
Einstiegsmotiv in die Spielsucht sei meist die Aussicht auf
Gewinn.
Dem Spieler werde vorgegaukelt, er könne mit den Tasten
am Gerät den Spielablauf entscheidend beeinflussen, in
Wahrheit stehe der Ausgang des Spiels aber fest. Das Spiel
selbst wecke Gefühle, es stimuliere, führe zu Euphorie,
erlaube die Flucht aus dem Alltag und versetze den
Spieler in einen Trancezustand, in dem er die Zeit nicht
mehr wahrnehme. Schließlich werde der Spieler
psychisch abhängig.131
131 - FAZ Nr. 267/97 (Geldsummen wurden hier zeitgemäß in Euro
umgewandelt); vgl. Qur’ān 2:219; 4:43; 5:4; ferner den Titel: "Handbuch der Zakāh und der islamischen Wirtschaftslehre", Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
145
Wem Allāh Gutes zuteil werden lassen will,
den prüft Er.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
146
Fragt nicht!
O ihr, die ihr glaubt! Fragt nicht nach Dingen, die, wenn sie euch enthüllt würden, euch unangenehm wären;
und wenn ihr danach zur Zeit fragt, da der Qur’ān niedergesandt wird, werden sie euch doch klar. Allāh
hat euch davon entbunden; und Allāh ist Allverzeihend, Nachsichtig. (5:101) Es haben schon vor euch Leute
nach solchen (Dingen) gefragt, doch dann versagten sie ihnen den Glauben.
(5:102)
Ibn ‘Abbās, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete:
”Es gab einige Menschen, die dem Gesandten Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, Fragen nur aus Spott
stellten: Einer z.B. fragte ihn:
»Wer ist mein Vater?« Und der andere, dessen Kamelstute
sich verirrte, fragte: »Wo ist meine Kamelstute?«
Darauf offenbarte Allāh folgenden Qur’ān-Vers: ›O ihr
Gläubigen! Fragt nicht nach Dingen, die, wenn sie euch
enthüllt würden, euch unangenehm wären ... ‹“132
Die überflüssigen Fragen nach etwas, was Allāh (t)
niemandem auferlegt hat: In diesem Sinne ist der
Ausdruck "ihre überflüssigen Fragen" in dem Ḥadῑṯ
aufzufassen. Es kann sein, dass sich aus den betreffenden
132 - Bu; vgl. ÜB; ferner Qur’ān 2:204.
Qur’ān und Sunna in Relation
147
Fragen entsprechende Verpflichtungen ergeben, die
Beschwerlichkeiten nach sich ziehen. Darauf zielen die
Worte des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
ab:
”Und Er (Allāh) hat euch aus Barmherzigkeit Dinge
verschwiegen. So fragt nun nicht danach.“
Von ‘Alyy, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, wird überliefert:
”Als der Qur’ān-Vers »Und die Menschen sind Allāh
gegenüber verpflichtet, die Pilgerfahrt nach dem Haus zu
machen, soweit sie sich auf den Weg dorthin machen
können«133 offenbart worden war, fragte ein Mann den
Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm: »Jedes Jahr, o
Gesandter Allāhs?« Darauf wandte sich der Prophet,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, von ihm ab, doch jener
wiederholte seine Frage zwei oder dreimal. Schließlich
sagte der Gesandte Allāhs:
»Ich bin nahe daran, "ja" zu sagen. Doch bei Allāh! Sagte
ich ja, so würde es zur Pflicht werden; und wenn es zur
Pflicht würde, könntet ihr sie nicht erfüllen. So lasst mich
(damit) in Ruhe, solange ich auch euch (damit) in Ruhe
lasse. Diejenigen aber, die vor euch waren, richteten ihre
überflüssigen Fragen und ihre
Meinungsverschiedenheiten mit ihren Propheten
133 - 3:97.
Qur’ān und Sunna in Relation
148
zugrunde.134 Wenn ich euch nun etwas anordne, so führt
davon aus, so viel ihr vermögt. Wenn ich euch jedoch
etwas verbiete, so haltet euch davon fern.«
Daraufhin offenbarte Allāh (t) diese Worte. Dieses Verbot,
Fragen nach Dingen zu stellen, die einem nachher Leid
tun, galt nur für die Zeit des Gesandten Allāhs. Nachdem
aber das offenbarte Gesetz in Kraft getreten war und man
vor weiteren Hinzufügungen sicher sein konnte, war das
Verbot mit dem Verschwinden seines Anlasses
aufgehoben.135
134 - z.B. die Streitfragen, die die Kinder Israels Moses (a.s.) stellten; vgl.
Qur’ān 2:68-71. 135 - vgl. den Titel: "Ḥadῑṯ für Schüler", Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
149
Schürt keinen gegenseitigen
Hass unter euch. Seid auf
einander nicht neidisch. Wendet
euch nicht voneinander ab und
seid Allāhs Diener, brüderlich
zueinander. Es ist dem Muslim
nicht erlaubt, seinen Bruder
länger als drei Tage zu meiden.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
150
Menschen, Vögel und Getier
Sie sagen: ”Warum wird nicht ein Zeichen zu ihm herabgesandt von seinem Herrn!“ Sprich: ”Allāh hat die
Macht, ein Zeichen herabzusenden, doch die meisten von ihnen wissen es nicht!“ (6:37) Es gibt kein Getier
auf Erden und keinen Vogel, der auf seinen zwei Schwingen dahinfliegt, die nicht Gemeinschaften wären so wie ihr. Nichts haben Wir in dem Buch ausgelassen. Vor ihrem Herrn sollen sie dann versammelt werden.
(6:38) Die aber Unsere Zeichen leugnen, sind taub und stumm in Finsternissen. Allāh führt, wen Er will, in die
Irre, und wen Er will, den führt Er auf einen geraden Weg. (6:39)
Die Götzendiener stellen Fragen ohne zu begreifen, dass
Allāh (t) der Allmächtige Schöpfer und kein
Vollzugsgehilfe für ihre Wünsche ist. In der Schöpfung
selbst liegen genug Zeichen und Beweise für Allāhs Macht,
wie z.B. hier das Getier und die Vögel, die in ihrem
wunderbaren Gemeinwesen menschenähnliche
Funktionen haben. Dazu ist noch zu bemerken, dass zum
"Getier" verschiedene Arten, wie z.B. Wassertiere,
Landtiere, Insekten und viele andere mannigfache
Gattungen, gehören. Ebenso ist es der Fall mit den Vögeln.
Allāh (t) gibt jedem die Gelegenheit, den rechten Weg zu
finden und zu befolgen; wenn aber ein Mensch seine
Qur’ān und Sunna in Relation
151
Augen, seine Ohren und seinen Verstand der Rechtleitung
verschließt, so gelten für ihn die Worte im Qur’ān.136
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete,
dass er den Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, folgendes sagen hörte:
”Eine Ameise biss einen der Propheten, der daraufhin
seinen Befehl gab, das ganze Ameisendorf zu verbrennen.
Und Allāh gab ihm folgendes ein: »Nur weil dich eine
einzige Ameise gebissen hat, hast du dafür eines der
Völker verbrennen lassen, das Allāh lobpreist?«“137
136 - vgl. Qur’ān 6:59; 7:203; 10:20, 41-44; 14:4. 137 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
152
Verrichtet einige eurer Gebete in euren
Wohnungen und macht sie nicht zu
Friedhöfen.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
153
Glauben und Ungerechtigkeiten
Die da glauben und ihren Glauben nicht mit Ungerechtigkeiten vermengen - sie sind es, die
Sicherheit haben und die rechtgeleitet werden. (6:82)
‘Abdullāh, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Als der Qur’ān-Vers ›Die da glauben und ihren Glauben
nicht mit der Ungerechtigkeit vermengen...‹ offenbart
wurde, empfanden die Muslime eine große Belastung und
sagten: »O Gesandter Allāhs, wer von uns begeht kein
Unrecht gegen sich selbst?«
Der Prophet sagte:
»Es ist nicht so; hier handelt es sich um die Beigesellung.
Habt ihr nicht davon gehört, was Luqmān zu seinem Sohn
sagte, indem er ihn ermahnte? Er sagte: ›O mein Sohn,
setze Allāh keine Götter zur Seite; denn Götzendienst ist
fürwahr eine schwere Sünde .‹138«“
Jede gute Tat ist ein Almosen. Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
138 - Qur’ān: 31:13; Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
154
Satan will euch verführen!
Er (Allāh) sprach: ”Was hinderte dich daran, dich niederzuwerfen, nachdem Ich es dir befohlen habe?“ Er
(Satan) sagte: ”Ich bin besser als er. Du hast mich aus Feuer erschaffen, ihn (den Menschen) aber erschufst Du aus Lehm!“ (7:12) Er sprach: ”Hinab mit dir von hier; es ziemt sich nicht für dich, hier hochmütig zu
sein. Hinaus denn; du bist wahrlich einer der Erniedrigten.“ (7:13) Er sagte: ”Gewähre mir Aufschub bis zu dem Tage, da sie auferweckt werden.“ (7:14) Er
sprach: ”Dir sei Aufschub gewährt.“ (7:15) Er sagte: ”Darum, dass Du mich hast abirren lassen, will ich ihnen gewiss auf Deinem geraden Weg auflauern.
(7:16) Dann will ich über sie von vorne und von hinten kommen, von rechts und von links, und Du wirst die Mehrzahl von ihnen nicht dankbar finden.“ (7:17) Er
sprach: ”Hinweg mit dir, (sei) verachtet und verstoßen! Wahrlich, wer von ihnen dir folgt - Ich werde mit euch
allesamt Ǧahannam füllen.“ (7:18)
Ṯaubān, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Wer ohne Hochmut,139 Untreue und unbezahlte
139 - Hochmut stellt ein großes Übel im Leben des Menschen dar, und dieser
ist der Grund im Qur’ān 7:12ff.; 15:37, dass Satan von seinem Schöpfer verdammt und verstoßen wurde.
Qur’ān und Sunna in Relation
155
Schulden stirbt, geht ins Paradies.«“140
Hier versucht das Geschöpf Iblῑs, sich anzumaßen und
kritisch gegen den Willen des Allmächtigen Schöpfers zu
argumentieren. Beachte, dass Iblῑs aus Feuer erschaffen
war, nicht aus Licht wie die Engel. Eine weitere falsche
Prämisse in seiner Argumentation. Feuer und Erde sind
beide träge materielle Substanzen, deswegen kann man
keine von den beiden als überlegen betrachten. Beachte
Iblis' tückische Argumentation; seinen Egoismus, der ihn
veranlasst, sich über den Menschen stellen zu wollen; und
seine Verlogenheit, mit der er die Tatsache ignoriert, dass
Allāh (t) nicht nur den Körper des Menschen aus Erde
erschaffen, sondern ihm auch eine Seele aus Seinem Geist
verliehen hat; mit anderen Worten, dass Er ihn das Wesen
der Dinge gelehrt und ihn über die Engel erhoben hat.141
Allāh (t) degradiert Iblῑs und verwehrt ihm den hohen
Rang mitten in der Gemeinschaft der Engel. Die
Beschaffenheit des Ortes, den Iblῑs verlassen musste, ist
im Qur’ān nicht in Details geschildert. Man kann davon
ausgehen, dass es sich entweder um das Paradies oder um
einen Ort der Wonne mit paradisichen Eigenschaften
handelt. Auch die Hochmütigen unter Menschen werden
dort keine Bleibe finden. Iblῑs bereute nicht einmal seinen
140 - Ti. 141 - ÜB; vgl. Qur’ān 7:11.
Qur’ān und Sunna in Relation
156
Ungehorsam, sondern besteht auf seinen erwähnten
Standpunkt und verlangt Aufschub, der ihm auch gewährt
wurde. Gemäß diesem Aufschub wird Iblῑs ein Leben auf
dieser Erde bis zum Tage der Auferstehung gewährt.142
Dennoch erklärte Iblῑs seine Rache nach dem ihm
gewährten Aufschub, indem er behauptete, Allāh (t) habe
ihn irregeführt, während doch in Wirklichkeit seine
Auflehnung gegen Allāh die ewige Verdammung
hervorgerufen hat; er droht nunmehr, die Nachkommen
Adams gegen ihren Erhabenen Schöpfer aufzuwiegeln.
Dies hat zur Folge, dass er sie zur Hölle treiben will.143 Es
folgt kurz und bündig das ewige Urteil Allāhs über das
Schicksal Satans und dessen, der ihm folgt. Im Höllenfeuer
namens Ǧahannam144 gibt es genug Platz für alle
Verachteten und Verstoßenen.
142 - vgl. dazu Qur’ān 7:40, 15:34-38. 143 - vgl. dazu Qur’ān 15:39-40; 17:61-65. 144 - Einer von mehreren Namen des Höllenfeuers im Qur’ān.
Qur’ān und Sunna in Relation
157
Allāh gab dem Menschen genug Zeit, um sich zu
entschuldigen, indem Er sein Lebensalter verlängerte, bis er sechzig Jahre alt wurde.
Der Gesandte Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
158
Groll von Herzen entfernen
Diejenigen aber, die glauben und gute Werke tun - Wir belasten keine Seele über ihr Vermögen hinaus, sie sind die Bewohner des Paradieses; darin sollen sie auf ewig verweilen. (7:42) Und Wir wollen alles hinwegräumen,
was an Groll in ihren Herzen sein mag. Unter ihnen sollen Bäche fließen. Und sie werden sagen: ”Alles Lob
gebührt Allāh, Der uns zu diesem (Paradies) rechtgeleitet hat! Wir hätten den Weg nicht zu finden
vermocht, wenn Allāh uns nicht rechtgeleitet hätte. Die Gesandten unseres Herrn haben in der Tat die
Wahrheit gebracht.“ Und es soll ihnen zugerufen werden: ”Das ist das Paradies, das euch zum Erbe gegeben wird für das, was ihr getan habt.“ (7:43)
Abū Sa‘ῑd Al-Ḫudryy, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete, dass der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, sagte:
”Die Gläubigen, die (am Tage des Jüngsten Gerichts) vor
dem Höllenfeuer gerettet worden sind, werden auf einer
Brücke zwischen dem Paradies und dem Höllenfeuer
angehalten. Dort erzählt jeder jedem über die
Beschwerden, die es einst zwischen ihnen im Diesseits
gab. Wenn sie zu dem Punkt gelangen, an dem sie ihre
diesbezüglichen Beschwerden abgeschüttelt haben und
von jedem Groll rein geworden sind, wird ihnen die
Erlaubnis zum Eintreten ins Paradies gegeben. Ich
Qur’ān und Sunna in Relation
159
schwöre bei Dem, in dessen Hand das Leben Muḥammads
ist, dass jeder von ihnen den Weg zu seiner Wohnstätte
im Paradies noch genauer kennen wird, als einst den Weg
zu seiner Wohnung im Diesseits.“145
Im Gegenteil zur Szene im Vers 7:38-39 hat Groll in den
Herzen der Gläubigen im Zustand der Glückseligkeit
keinen Platz. Unser Prophet (a.s.s.) sagte:
”Groll bleibt draußen vor den Toren des Paradieses wie
der Liegeplatz der Kamelstuten. Allāh wird ihn aus den
Herzen der Gläubigen entfernen.“146
145 - Bu. 146 - Qurt.; vgl. Qur’ān 7:199-200; 15:45-50.
Qur’ān und Sunna in Relation
160
Es wird auf die Menschen eine Zeit zukommen, in der das beste Vermögen eines muslimischen Mannes eine Schafsherde sein
wird, mit der er zu den Berghöhen hinaufzieht und zu
den Wasserstellen in den Tälern herabkommt, um mit seinem Glauben vor den Wirren zu
fliehen.
Muḥammad der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
161
”Bin Ich nicht euer Herr?“
Und als dein Herr aus den Kindern Adams - aus ihren Lenden - ihre Nachkommenschaft hervorbrachte und
sie zu Zeugen gegen sich selbst machte (indem Er sprach): ”Bin Ich nicht euer Herr?“, sagten sie: ”Doch,
wir bezeugen es.“ (Dies ist so) damit ihr nicht am Tage der Auferstehung sprecht: ”Siehe, wir wussten nichts davon.“ (7:172) Oder (damit ihr nicht) sprecht: ”Es waren bloß unsere Väter, die vordem Götzendiener waren; wir aber waren ein Geschlecht nach ihnen.
Willst Du uns denn vernichten um dessentwillen, was die Verlogenen taten?“ (7:173) Und so machen Wir die Zeichen klar, auf dass sie sich bekehren mögen. (7:174)
Anas Ibn Mālik, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete,
dass der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Allāh, Der Hocherhabene spricht (am Tage der
Auferstehung) zu demjenigen unter den
Höllenbewohnern, der mit der geringsten Pein bestraft
wird: »Wenn du auf der Erde noch etwas besessen
hättest, würdest du dich damit freikaufen?«
Dieser sagt: »Ja!« Allāh spricht dann zu ihm:
»Ich verlangte von dir etwas Leichteres, als du noch in
den Lenden Adams warst, nämlich dass du Mir nichts
beigesellst, doch du hieltest dich an nichts anderem fest,
Qur’ān und Sunna in Relation
162
als dass du Mir beigeselltest.«“147
Das Glaubensbekenntnis zur absoluten Einzigkeit Allāhs
ist in der Schöpfung bzw. in der natürlichen Veranlagung
des Menschen verankert; mit ihrer Antwort ”doch, wir
bezeugen es“ bestätigen sie diese Wahrheit in ihnen.148
Die Wurzel der Ungläubigen
Dies (genauso), wie dein Herr dich in gerechter Weise aus deinem Hause führte, während ein Teil der
Gläubigen abgeneigt war. (8:5) Sie streiten mit dir über die Wahrheit, nachdem sie (ihnen) doch deutlich kund geworden ist, als ob sie in den Tod getrieben würden
und (ihn) vor Augen hätten. (8:6) Und damals verhieß Allāh euch von einer der beiden Scharen, sie solle euch
zufallen, und ihr wünschtet, dass diejenige ohne Kampfkraft für euch bestimmt sei; Allāh aber will, dass die Wahrheit durch Seine Worte vollbracht werde und
dass die Wurzel der Ungläubigen ausgerottet werde (8:7), damit Er die Wahrheit an den Tag bringe und den Trug zunichte mache, mag es den Sündern auch
zuwider sein. (8:8)
Als der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sich vor
der Schlacht von Badr mit einem Gefährten beriet,
empfahl ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb, Allāhs Wohlgefallen auf
147 - Bu; vgl. dazu Qur’ān -Vers 36:60. 148 - vgl. Qur’ān 7:101-102; 10:18, 19; 13:20ff.
Qur’ān und Sunna in Relation
163
ihm, gegen den Feind aus Al-Madῑna auszuziehen. Die
Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 2. Jahr
n.H. in Al-Madῑna offenbart, welche lautet: ”Dies
(genauso), wie dein Herr dich in gerechter Weise aus
deinem Hause führte, während ein Teil der Gläubigen
abgeneigt war.“149
Einige Anhänger des Propheten (a.s.s.) waren nicht damit
einverstanden, sich mit der Armee der Banū Quraiš
auseinanderzusetzen statt mit der leicht zu
bewältigenden Karawane, die darüber hinaus noch reiche
Beute versprach. Die Mehrheit war jedoch auf der Stelle
bereit, dem Propheten zu folgen, wohin auch immer er sie
führte. Der Qur’ān sagt, dass Allāh (t) von Anfang an dem
Propheten befohlen hat, auszuziehen und für die
Wahrheit zu kämpfen, indem sich die Muslime den Banū
Quraiš zur Entscheidungsschlacht stellen. Die
entsprechenden Beratungen fanden vor ihrem Aufbruch
aus Al-Madῑna statt, nicht unterwegs. Daher die
Todesangst dieser Menschen bereits zu Beginn des
Unternehmens.150
Den Muslimen standen nur etwa dreihundert schlecht
ausgerüstete Männer zur Verfügung. Indem sie die
gegnerische Armee schlügen, könnten sie die
149 - Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr II, 287. 150 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
164
Vormachtstellung der Regierenden in Makka brechen.
Allāh (t) wollte durch die offene Konfrontation ihren
Glauben prüfen und ihren mächtigen Gegner aus dem
Weg schaffen. Der Sieg über die makkanische Armee bei
Badr war der erste Schritt zur Aufhebung aller
Feindseligkeiten gegen den Islam in seinem
Entstehungsgebiet im Laufe der nächsten paar Jahre. Auf
diese zukünftige Erfüllung des Versprechens Allāhs
beziehen sich diese Worte.151
Der Schlaf als Sicherheit
Da ihr zu eurem Herrn um Hilfe schriet, und Er euch erhörte und versprach: ”Ich will euch mit eintausend
Engeln nacheinander beistehen.“ (8:9) Allāh sagte dies nur als frohe Botschaft, damit eure Herzen sich
beruhigten. Jedoch die Hilfe kommt von Allāh allein; wahrlich, Allāh ist Erhaben, Allweise (8:10); denn Er ließ den Schlaf als eine Sicherheit von Ihm auf euch
niedersinken; und Er sandte Wasser auf euch aus den Wolken nieder, um euch damit zu reinigen und Satans
Befleckung von euch hinwegzunehmen, auf dass Er eure Herzen stärkte und (eure) Schritte festigte. (8:11) Da gab dein Herr den Engeln ein: ”Ich bin mit euch; so
festigt denn die Gläubigen. In die Herzen der
151 - ÜB; vgl. den Titel: "Muḥammad, Prophet der Barmherzigkeit", Islamische
Bibliothek, s.u. "Die große Schlacht bei Badr"; vgl. ferner Qur’ān 17:80f.
Qur’ān und Sunna in Relation
165
Ungläubigen werde Ich Schrecken werfen. Trefft (sie) oberhalb des Nackens und schlagt ihnen jeden Finger ab!“ (8:12) Dies (war so), weil sie Allāh und Seinem
Gesandten trotzten. Wer aber Allāh und Seinem Gesandten trotzt - wahrlich, Allāh ist streng im Strafen.
(8:13) Dies sollt ihr kosten; und (wisst), dass für die Ungläubigen die Feuerspein bestimmt ist. (8:14) O ihr, die ihr glaubt, wenn ihr auf die Ungläubigen stoßt, die
im Heerzug vorrücken, so kehrt ihnen nicht den Rücken. (8:15) Und derjenige, der ihnen an solch einem
Tage den Rücken kehrt, es sei denn, er schwenke zur Schlacht oder zum Anschluss an einen Trupp ab, der
lädt wahrlich Allāhs Zorn auf sich, und seine Herberge soll Ǧahannam sein; und schlimm ist das Ende! (8:16) Nicht ihr habt sie erschlagen, sondern Allāh erschlug sie. Und nicht du hast geschossen, sondern Allāh gab
den Schuss ab; und prüfen wollte Er die Gläubigen mit einer schönen Prüfung von Ihm. Wahrlich, Allāh ist
Allhörend, Allwissend. (8:17) Dies - und (wisst), dass Allāh die List der Ungläubigen kraftlos machen will.
(8:18)
Abū Ṭalḥa, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete:
”Ich gehörte zu denjenigen, die vom Schlaf am Tage der
Schlacht von Uḥud so überwältigt wurden, dass das
Schwert mehrmals aus meiner Hand herunterfiel. Es fiel
herunter, und ich nahm es wieder auf, und es fiel
abermals herunter, und ich nahm es wieder auf.“152
152 - Bu; vgl. dazu Qur’ān 3:154.
Qur’ān und Sunna in Relation
166
Und Ibn ‘Abbās (r) berichtete:
”In der obigen gefährlichen Situation erhob der Prophet
(a.s.s.) seine Hände und sprach folgendes Bittgebet aus:
»O Herr, erfülle Deine Verheißung von Hilfe und Sieg! O
Herr, wenn diese Deine kleine Schar heute geschlagen
wird, dann nimmt der Götzendiest überhand, und
niemand mehr wird übrigbleiben, der Dich allein
verehrt.«
Da sagte der Engel Gabriel zu ihm:
»Nimm eine Hand voll Staub und wirf sie auf die Gesichter
deiner Feinde.«
Der Prophet tat dies und es gab keinen Götzendiener,
dessen Augen, Nase und Mund von diesem Staub nicht
getroffen gewesen wäre. So liefen sie davon.“153
In den fogenden Versen werden uns die Umgebung, die
Begleiterscheinungen und die Szenerie des Kampfes vor
Augen geführt. Dabei kommt der Zustand der Leute zum
Ausdruck, und wie Allāh (t) sie geleitet hat und wie der
Sieg im Grunde genommen durch Allāhs Planung
zustande kam. Es gibt viele Berichte, die über die Anzahl
und die Rolle der Engel in der Schlacht von Badr
detailliert erzählen. Unseren Grundsätzen gemäß wollen
wir uns nur auf die sicheren Quellen des Qur’ān und der
Sunna stützen. In diesem Vers wird ihre Anzahl mit
153 - Kat.
Qur’ān und Sunna in Relation
167
tausend angegeben und in Sura 3:123-126 ist ihre Rolle
genau beschrieben.154
Dieselbe Erfahrung machten die Muslime bei der Schlacht
von Uḥud. In diesen beiden kritischen Situationen füllte
Allāh (t) die Herzen der Gläubigen mit Frieden und
Sicherheit.155 Der Regen, der für die Gläubigen ein Segen
darstellte, stellte für den Feind Probleme dar; denn sein
Lager befand sich in einem tiefen Teil des Tales, in dem
sich die Wassermengen ansammelten, den Grund in
Schlamm verwandelten und den Boden unter ihren
Füßen rutschig machten. Wir Muslime glauben an die
Existenz der Engel. Zusätzlich zu der Niederlage der
Ungläubigen im Diesseits ist die Feuerpein für sie im
Jenseits bestimmt.156
Diese qur’ānische Bestimmung ist ein unerlässlicher
Grundsatz für die muslimischen Kämpfer zu allen Zeiten
geworden. Die muslimischen Kämpfer sind demnach dazu
verpflichtet, bis zuletzt durchhalten und sich niemals dem
Feind als Kriegsgefangene zu ergeben. Tod oder Sieg heißt
die Parole. Davon gibt es Ausnahmen bei taktischem
Rückzug, um eine bessere Ausgangsposition zu gewinnen
oder den Gegner zu täuschen. Ferner, wenn sich einzelne
154 - ÜB; vgl. dazu Qur’ān 16:33-34; 54:45. 155 - ÜB. 156 - vgl. dazu Qur’ān 3:154; 25:48:50; ferner den Titel: "Was ist Islam?",
Islamische Bibliothek, s.u. "Der Glaube an die Engel".
Qur’ān und Sunna in Relation
168
oder mehrere Kämpfer von der Truppe entfernen, um
sich ihren Kameraden neu anzuschließen bzw. zu
formieren. Im Allgemeinen verbietet der Qur’ān nicht den
ordnungsgemäßen Rückzug, wenn es die Strategie
erfordert. Unser Prophet (a.s.s.) sagte:
”Zu den großen Sünden gehört: Die Beigesellung Allāhs,
die Ungüte gegenüber den Eltern und die Flucht am Tage
des Kampfes.“157
Es ist historisch bekannt, dass die Makkaner den
Muslimen zahlenmäßig um das dreifache überlegen
waren. Auch bezüglich der Ausrüstung waren die
Muslime weit im Nachteil und konnten nur auf wenig
Erfahrung zurückgreifen, während die Banū Quraiš ihre
besten Krieger ins Feld schickten. Diese Tatsache der
Auswegslosigkeit bestätigt, dass nur die göttliche
Übermacht zum Sieg führte.
Die Gefangegenen von Badr
Einem Propheten geziemt es nicht, Gefangene zu (be-) halten, sofern er nicht heftig auf dieser Erde gekämpft
hat. Ihr wollt die Güter dieser Welt, Allāh aber will (für euch) das Jenseits. Und Allāh ist Erhaben, Allweise.
(8:67) Wäre nicht schon eine Bestimmung von Allāh dagewesen, so hätte euch gewiss eine schwere Strafe 157 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
169
getroffen um dessentwillen, was ihr (euch) genommen hattet. (8:68) So esst von dem, was ihr erbeutet habt,
soweit es erlaubt und gut ist, und fürchtet Allāh. Wahrlich, Allāh ist Allvergebend, Barmherzig. (8:69)
In der Schlacht von Badr nahmen die Muslime siebzig
Gefangene und beschlossen, ein Lösegeld für sie
anzunehmen. Unter den Gefangenen befanden sich Al-
‘Abbās, der Onkel des Propheten, und ‘Alyys Bruder ‘Aqῑl,
die später Muslime wurden. Al-‘Abbās war der Ahnherr
und Begründer der späteren Abbassidendynastie, die in
der islamischen Geschichte eine bedeutende Rolle gespielt
hat. In seinem Fall ging das im Vers 8:70 ausgesprochene
Versprechen voll in Erfüllung. Soweit in den Herzen der
Gefangenen Gutes war, führte sie ihr Kampf gegen den
Islam und ihre Gefangenschaft dazu, dass sie schließlich
den Islam annahmen.158
Über die Gefangegenen von Badr äußerten die Gefährten
des Propheten (a.s.s.) ihre Meinungen: Abū Bakr (r)
plädierte für Vergebung und Freilassung der Gefangenen
gegen Lösegeld mit der Begründung, ein solches
Verhalten würde einige von ihnen veranlassen, die
Wahrheit des Islam zu erkennen. ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb (r)
plädierte dagegen für die Tötung der Gefangenen; er
sagte:
158 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
170
”Sie haben dich (o Prophet) geleugnet und vertrieben; so
stelle sie bereit und schlag ihnen den Kopf ab.“
Die Entscheidung Allāhs darüber in diesem Vers wurde
im 2. Jahr n.H. in Al-Madῑna offenbart.159
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
159 - vgl. den Titel: "Al-Fārūq ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb", Islamische Bibliothek; vgl.
ferner Qur’ān 47:4 und Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr II, 325; Musnad VII, 116.
Qur’ān und Sunna in Relation
171
Ihnen wird niemals verziehen
Ob du für sie um Verzeihung bittest oder nicht um Verzeihung für sie bittest, oder ob du siebzigmal für sie
um Verzeihung bittest, Allāh wird ihnen niemals verzeihen. Deshalb, weil sie nicht an Allāh und Seinen Gesandten glaubten. Und Allāh weist den frevelhaften
Leuten nicht den Weg. (9:80)
Ibn ‘Umar, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete:
”Als ‘Abdullāh Ibn Ubayy starb, kam sein Sohn ‘Abdullāh
zum Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
und fragte, ob ihm der Prophet sein Hemd geben würde,
in das er den Leichnam seines Vaters hüllen könnte. Und
er gab ihm auch ein Hemd. Dann fragte der Sohn, ob der
Prophet das Totengebet für seinen Vater verrichten
würde. Da stand der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, auf, um für ihn das Gebet zu verrichten.
Gleich darauf stand ‘Umar auf, packte den Propheten an
seiner Kleidung und sagte:
»Betest du für ihn, wo dein Herr dir verbot, das
Totengebet für ihn zu verrichten?«
Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Wahrlich, Allāh stellte es mir zur Wahl, indem Er sagte:
›Ob du für sie um Verzeihung bittest oder nicht um
Qur’ān und Sunna in Relation
172
Verzeihung bittest, oder ob du siebzigmal für sie um
Verzeihung bittest, Allāh wird ihnen niemals verzeihen.‹
Und ich werde für sie diese siebzigmal überschreiten.«
‘Umar sagte:
»Er ist doch ein Heuchler!«
Anschließend verrichtete der Gesandte Allāhs, Allāhs
Segen und Friede auf ihm, doch das Totengebet für ihn,
worauf Allāh folgenden Qur’ān-Vers160 offenbarte: ›Und
bete nie für einen von ihnen, der stirbt, noch stehe an
seinem Grab ...‹“161
Der Prophet (a.s.s.) war von Natur aus mildherzig und
bereit zu vergeben. Er betete sogar für seine Feinde um
Rechtleitung. Aber in einem solchen Fall macht ihre
ablehnende Haltung sein Gebet wirkungslos. Die Zahl
siebzig soll hier auf die Reichlichkeit seiner Fürbitte
hinweisen, nicht auf eine festgesetzte Zahl. Der Vers stellt
eine furchtbare Warnung für alle dar, die sich Allāhs
Sache in den Weg stellen.162
160 - 9:84. 161 - Bu. 162 - Bu; Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr II, 378; Musnad VII, 116.
Qur’ān und Sunna in Relation
173
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
174
Kein Tadel trifft Schwache und Kranke
Kein Tadel trifft die Schwachen und die Kranken und diejenigen, die nichts zum Ausgeben finden, wenn sie nur gegen Allāh und Seinen Gesandten aufrichtig sind. Kein Vorwurf trifft jene, die Gutes tun - und Allāh ist Allverzeihend, Barmherzig. (9:91) Noch (trifft) jene
(ein Tadel), die zu dir kamen, damit du ihnen die Möglichkeit zu reiten verschafftest, und (zu denen) du
sagtest: ”Ich kann nichts finden, womit ich euch beritten machen könnte.“ Da kehrten sie um, während
ihre Augen vor Tränen überflossen aus Kummer darüber, dass sie nichts fanden, was sie hätten
ausgeben können. (9:92) Ein Vorwurf trifft nur jene, die dich um Erlaubnis bitten, obwohl sie reich sind. Sie
sind damit zufrieden, bei den Zurückbleibenden zu sein. Allāh hat ein Siegel auf ihre Herzen gelegt, so dass
sie kein Wissen haben. (9:93)
Zur Zeit des Propheten (a.s.s.) gab es keine regulären
Truppen und Ausrüstungen für die Kriegsführung. Er war
auf die Hilfe Allāhs und die Beteiligung der Gläubigen mit
ihrem eigenen Potential an Reittieren, Waffen und Gütern
angewiesen. Die Mittellosen, die weder über
Transportmittel (Pferde, Maultiere, Kamele), noch über
Ausrüstungen und Reiseprovianten verfügten, haben den
berechtigten Wunsch, sich für die ehrenvolle Beteiligung
Qur’ān und Sunna in Relation
175
am Kampf zu melden. Einige von den Al-Anṣār in Al-
Madῑna kamen zum Propheten (a.s.s.) und baten
mindestens um Schuhe für den weiten Marschweg, den
sie nicht barfuß zurücklegen könnten. Der Prophet (a.s.s.)
entschuldigte sich, dass er keine Möglichkeit dazu hatte,
ihrem Wunsch zu entsprechen. "Da kehrten sie um,
während ihre Augen vor Tränen überflossen aus Kummer
darüber, dass sie nichts fanden, was sie hätten ausgeben
können."
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Ich hörte den Propheten, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, folgendes sagen:
»Ich schwöre bei Dem, in Dessen Hand mein Leben ist,
dass ich - wenn keine gläubigen Menschen da wären, die
sich nicht wohlfühlten, wenn sie (für den Kampf) hinter
mir zurückbleiben müssten, weil ich nichts (an Reittier)
fände, auf dem ich sie tragen könnte,163 nie bei einer
Kampftruppe fehlen würde, die auf dem Weg Allāhs
aufbricht. Ich schwöre bei Dem, in Dessen Hand mein
Leben ist, dass ich mir so sehr wünsche, dass ich auf dem
Weg Allāhs umkomme, alsdann wieder lebendig gemacht
werde, alsdann auf dem Weg Allāhs umkomme und
wieder lebendig gemacht werde, alsdann auf dem Weg
Allāhs umkomme und wieder lebendig gemacht werde,
163 - vgl. Qur’ān 5:83.
Qur’ān und Sunna in Relation
176
dann wieder auf dem Weg Allāhs umkomme.«“164
164 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
177
Keine Verzeihung für Götzendiener
Es kommt dem Propheten und den Gläubigen nicht zu, für die Götzendiener um Verzeihung zu flehen, und
wären es selbst ihre nächsten Verwandten, nachdem ihnen deutlich geworden ist, dass jene Bewohner der Al-Ǧaḥῑm sind. (9:113) Dass Abraham um Verzeihung
bat für seinen Vater, war nur wegen eines Versprechens, das er ihm gegeben hatte; doch als ihm klar wurde, dass jener ein Feind Allāhs war, sagte er
sich von ihm los. Abraham war doch gewiss zärtlichen Herzens und sanftmütig. (9:114)
Sa‘ῑd Ibn Al-Musayyab berichtete von seinem Vater, dass
dieser folgendes sagte:
”Als Abū Ṭālib im Sterben lag, trat der Prophet, Allāhs
Segen und Friede auf ihm, ein, während bei ihm Abū Ǧahl
und ‘Abdullāh Ibn Abῑ Umayya waren. Der Prophet, Allāhs
Segen und Friede auf ihm, sagte:
»Mein Onkel, sprich ›lā ilāha illa-llāh‹ (kein Gott ist da
außer Allāh), damit ich für dich bei Allāh eine
Rechtfertigung bringen kann.«
Da sagten Abū Ǧahl und ‘Abdullāh Ibn Abῑ Umayya:
»O Abū Ṭālib, willst du dich von dem Glauben des
‘Abdulmuṭṭalib abwenden?«
Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
»Ich werde für dich um Verzeihung flehen, solange mir
Qur’ān und Sunna in Relation
178
deinetwegen kein Verbot (von Allāh) erteilt worden ist!«
Darauf wurde offenbart: ›Es kommt dem Propheten und
den Gläubigen nicht zu, für die Götzendiener um
Verzeihung zu flehen, und wären es selbst ihre nächsten
Verwandten, nachdem ihnen deutlich geworden ist, dass
jene Bewohner der Hölle sind .‹“165
Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, handelt es sich
um die Verstorbenen, das heißt um solche, die ohne Reue
und Umkehr gestorben sind, nicht um diejenigen, die
noch am Leben sind; denn eine Fürbitte für einen
lebenden Menschen kommt einer Bitte um Rechtleitung
für ihn gleich. Hierbei handelt es sich nach dem gängigen
Verständnis um Fürbitte für die Toten, wenn sie ohne
Reue gestorben sind, nachdem ihnen der Islam
nahegebracht worden ist; ferner, wenn sie bis zuletzt
aktiv gegen den Islam opponiert haben, und wenn dem
Betenden bekannt ist, dass aufgrund willkürlicher
Ablehnung mit Recht angenommen werden kann, dass
ihnen Allāhs Barmherzigkeit endgültig verschlossen ist.166
165 - Bu. 166 - Abrahams Versprechen seinem Vater gegenüber wird in 19:47-48 und
60:4 erwähnt, das tatsächliche Gebet in 26:86-87 (ÜB); vgl. ferner 5:116ff.; 19:46-48; 26:83-89.
Qur’ān und Sunna in Relation
179
Allāh bringt die Schöpfung hervor
Sprich: ”Ist unter euren Teilhabern etwa einer, der eine Schöpfung hervorbringt und sie dann wiederholen
lässt?“ Sprich: ”Allāh ist es, Der die Schöpfung hervorbringt und sie wiederholen lässt. Wohin also lasst ihr euch abwenden?“ (10:34) Sprich: ”Ist unter
euren Teilhabern etwa einer, der zur Wahrheit leitet?“ Sprich: ”Allāh ist es, Der zur Wahrheit leitet. Ist nun Der, Der zur Wahrheit leitet, nicht der Gefolgschaft
würdiger als der, der den Weg nicht zu finden vermag, es sei denn, er wird selbst rechtgeleitet? Was fehlt euch also? Wie urteilt ihr nur?“ (10:35) Und die meisten von
ihnen folgen bloß einer Vermutung; doch eine Vermutung nützt nichts gegenüber der Wahrheit. Siehe,
Allāh weiß recht wohl, was sie tun. (10:36)
‘Ā’iša, Allāhs Wohlgefallen auf ihr, berichtete, dass der
Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Ihr werdet (am Tage des Jüngsten Gerichts) barfüßig,
nackt, und (bei Männern) mit der Vorhaut versammelt.“
‘Ā’iša, Allāhs Wohlgefallen auf ihr, berichtete weiter: ”Ich
sagte: »O Gesandter Allāhs, Männer und Frauen sehen
sich gegenseitig an?«
Der Prophet erwiderte:
»Das Ereignis wird gewaltiger sein, als dass sich die
Qur’ān und Sunna in Relation
180
Menschen dafür interessieren würden!«“167
Und Ibn ‘Abbās berichtete:
”Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, stand auf,
um uns eine Rede zu halten, und sagte: »Ihr werdet
wahrlich Allāh so begegnen: barfüßig, nackt, und (bei
Männern) mit der Vorhaut: ›Allāh ist es, Der die
Schöpfung hervorbringt und sie sich wiederholen läßt‹.
Es wird geschehen, dass Ibrahῑm Al-Ḫalῑl (Abraham der
Freund Allāhs) unter allen Geschöpfen der erste sein
wird, der bekleidet werden wird. Es wird auch
geschehen, dass einige Leute aus meiner Umma nach
links168 geführt werden, worauf ich sagen werde: »O Herr!
Diese sind doch meine Gefährten!« Und Allāh wird sagen:
»Du hast keine Kenntnis davon, was sie nach dir
begangen haben!« Ich werde dann die Worte sprechen,
die einst der rechtschaffene Diener169 Allāhs gesagt hatte:
›Und ich war ihr Zeuge, solange ich unter ihnen weilte,...‹
Danach wird mir gesagt: »Sie hörten nicht auf, sich davon
abzuwenden.«“170
Das Argument wird hier von einem andern Gesichtspunkt
her aufgenommen. Die falschen Gottheiten können
167 - Bu. 168 - Über die Leute der linken Seite am Tage der Auferstehung vgl. Qur’ān-
Vers 56:41. 169 - Diese sind die Worte Jesu, Allāhs Friede auf ihm, die im Qur’ān-Vers
5:117 vorkommen; es empfiehlt sich dort ab Vers Nr. 116 zu lesen. 170 - Bu; d.h. der Sache Allāhs den Rücken zu kehren.
Qur’ān und Sunna in Relation
181
werder Dinge aus dem Nichts erschaffen noch die kreative
Energie aufrechterhalten, die die Welt in Gang hält. Sie
können auch keine Leitung und Führung anbieten, die
dem zukünftigen Geschick der Menschheit dienlich sein
könnte, im Gegenteil, sie brauchen (sofern es sich um
vergötterte Menschen handelt) selbst Leitung und
Führung. Der Qur’ān fragt nun die Götzendiener und all
die Menschen, die die Lehren des Propheten verwerfen:
Gibt es irgendeinen unter den Götzen, der euch zur
Wahrheit führen kann? Die Antwort kann offensichtlich
nur ein "Nein" sein.171
171 - ÜB; vgl. Qur’ān 5:104; 10:59-60; 27:64.
Qur’ān und Sunna in Relation
182
Wer mir Gehorsam leistet, der leistet in Wirklichkeit
Gehorsam gegenüber Allāh; und wer mir Ungehorsam
leistet, der leistet in Wirklichkeit Ungehorsam
gegenüber Allāh.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
183
Der Edle, Sohn des Edlen
Und es kamen Unsere Gesandten mit froher Botschaft zu Abraham. Sie sprachen: ”Friede!“ Er sagte: ”Friede!“ und es dauerte nicht lange, bis er ein gebratenes Kalb
herbeibrachte. (11:69) Als er aber sah, dass ihre Hände sich nicht danach ausstreckten, fand er sie befremdend und empfand Furcht vor ihnen. Sie sprachen: ”Fürchte
dich nicht; denn wir sind zum Volk Lots entsandt worden.“ (11:70) Und seine Frau stand dabei und
lachte, worauf Wir ihr die frohe Botschaft von (ihrem künftigen Sohn) Isaak und von (dessen künftigem
Sohn) Jakob nach Isaak verkündeten. (11:71) Sie sagte: ”Ach, wehe mir! Soll ich ein Kind gebären, wo ich doch eine alte Frau bin und dieser mein Mann ein Greis ist?
Das wäre wahrlich eine wunderbare Sache.“ (11:72) Da sprachen jene: ”Wunderst du dich über den Beschluss Allāhs? Allāhs Gnade und Seine Segnungen sind über
euch, o Leute des Hauses. Wahrlich, Er ist Preiswürdig, Ruhmvoll.“ (11:73)
Die Boten waren Engel in Menschengestalt; deshalb
streckten sie ihre Hände nicht zum Essen, weil Engel
keine Nahrung zu sich nehmen. Die alte Sitte lautete:
Wenn ein Gast die Gastfreundschaft ablehnt, bedeutet dies
gewöhnlich keine gute Absicht gegenüber dem Gastgeber.
Die frohe Botschaft war die Ankündigung der Geburt
seines Sohnes Isaak und von (dessen künftigem Sohn)
Qur’ān und Sunna in Relation
184
Jakob.172
Ibn ‘Umar, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete,
dass der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Der Edle, Sohn des Edlen, Sohn des Edlen, Sohn des
Edlen, ist Yūsuf, Sohn des Jakob, Sohn des Isaak, Sohn des
Abraham, Allāhs Friede auf ihnen.“173
Der Griff deines Herrn
Und so ist der Griff deines Herrn, wenn Er die Städte erfasst, weil sie freveln. Wahrlich, Sein Griff ist
schmerzhaft, streng. (11:102)
Abū Mūsa, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete, dass
der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
”Wahrlich, Allāh gewährt dem Frevler Aufschub. Wenn Er
ihn aber anpackt, so kann dieser nicht mehr entkommen.
So (sagt Allāh im Qur’ān-Vers): ›Und so ist der Griff
deines Herrn, wenn Er die Städte erfasst, weil sie freveln.
Wahrlich Sein Griff ist schmerzhaft, streng.‹“174
Zu den Freveltaten zählen: Götzendienst, Ungehorsam
172 - vgl. den Titel: "Allāhs Friede auf Ibrāhῑm" [s.u.: "Ibrāhῑm im Qur’ān],
Islamische Bibliothek; ferner Qur’ān 2:124; 15:51-56, 61-64; 29:28-30.
173 - Bu. 174 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
185
gegen die Gebote Allāhs, Mord, Unzucht, Homosexualität,
Gewalttaten gegen friedliche Mitmenschen, Raub, Ungüte
gegen die Eltern, Ausbeutung der Bevölkerung,
Unterdrückung der Schwachen, Vernachläßigung der
Armen und Hungrigen usw. Und all dies erleben wir
mitten in den meisten Gesellschaften unserer zivilisierten
Welt.
Gute Taten tilgen die bösen
Und verrichte das Gebet an den beiden Tagesenden und in den ersten Stunden der Nacht. Wahrlich, die guten
Taten tilgen die bösen. Das ist eine Ermahnung für die Nachdenklichen. (11:114) Und sei geduldig; denn
wahrlich, Allāh lässt den Lohn der Rechtschaffenen nicht verlorengehen. (11:115)
Abū Ḏarr Al-Ìifāryy berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte zu mir:
”Sei gottesfürchtig, wo immer du bist, und lass der
schlechten Tat eine gute folgen; denn diese löscht die
andere aus, und behandle die Menschen mit gutem
Charakter.«“175
Und Ibn Mas‘ūd berichtete, dass ein Mann eine Frau
175 - Ti.
Qur’ān und Sunna in Relation
186
(widerrechtlich) küsste, alsdann zum Propheten, Allāhs
Segen und Friede auf ihm, kam und ihm davon berichtete.
Darauf offenbarte Allāh ›Und verrichte das Gebet an den
beiden Tagesenden und in den Stunden der Nacht, die
dem Tag näher sind. Wahrlich, die guten Taten tilgen die
bösen ... ‹ und der Mann sagte:
”O Gesandter Allāhs, gilt dies auch für mich?“
Der Prophet antwortete:
”Für meine Umma allesamt.“176
Das Gebet verbindet den Betenden mit seinem
Barmherzigen Schöpfer. Der Vers erwähnt die beiden
Gebete am Anfang und am Ende des Tages und die Gebete
in den ersten Stunden der Nacht, da es sich hier um Zeiten
handelt, in denen der Mensch in aller Ruhe und Andacht
Allāhs Nähe suchen kann; denn die anderen Zeiten
gehören zur Bettruhe und zur Regsamkeit für den
Lebenserwerb und für weltliche Interessen. Zur
Einhaltung der Gebete zu bestimmten Zeiten ist die
Tugend der Geduld und Ausdauer erfoderlich, um diese
Pflicht zu erfüllen; denn Allāh (t) beschreibt diese
Aufgabe so: ”Und helft euch durch Geduld und Gebet; dies
ist wahrlich schwer, außer für Demütige, welche ahnen,
dass sie ihrem Herrn begegnen und zu Ihm heimkehren
176 - Bu; das Gebet gilt im Islam als die beste Tat, die der Mensch je begehen
kann.
Qur’ān und Sunna in Relation
187
werden.“177
177 - vgl. 2:45-46; 17:78-79; 30:19; ferner den Titel: "Aṣ-Ṣalāh - das Gebet im
Islam", Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
188
Yūsuf im Gefängnis
Und der König sagte: ”Bringt ihn zu mir!“ Doch als der Bote zu ihm kam, sagte er: ”Kehre zurück zu deinem Herrn und frage ihn, wie es um die Frauen steht, die sich in die Hände geschnitten haben; denn mein Herr kennt ihre List recht wohl.“ (12:50) Er sagte (zu den
Frauen): ”Wie stand es um euch, als ihr eure Verführungskünste an Yūsuf gegen seinen Willen
ausprobiertet?“ Sie sagten: ”Allāh bewahre! Wir haben nichts Böses über ihn erfahren!“ Da sagte die Frau des Al-‘Azῑz: ”Nun ist die Wahrheit ans Licht gekommen. Ich versuchte, ihn gegen seinen Willen zu verführen,
und er gehört sicherlich zu den Wahrhaftigen.“ (12:51) (Yūsuf sagte): ”Dies (kommt ans Licht), damit er (Al-‘Azῑz) erfährt, dass ich in (seiner) Abwesenheit gegen
ihn nicht treulos war, und damit Allāh die List der Treulosen nicht gelingen lässt. (12:52) Und ich
behaupte nicht, dass ich unschuldig bin; denn das (Menschen-)Wesen gebietet oft Böses; davon sind jene
ausgenommen, derer mein Herr Sich erbarmt. Wahrlich, mein Herr ist Allverzeihend, Barmherzig.“
(12:53)
Nun befahl der König die Entlassung Yūsufs aus dem
Gefängnis. In aller Würde wollte Yūsuf das Gefängnis
nicht verlassen, bevor er völlig rehabilitiert worden ist.
Deshalb wollte er wissen, wie es jetzt um jene Frauen
steht, deretwegen er ungerechterweise einige Jahre im
Qur’ān und Sunna in Relation
189
Gefängnis verbringen musste. Yūsuf (a.s.) wollte, dass der
König sich selbst um die Wahrheitsfindung kümmert.
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete,
dass der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, sagte:
”Hätte ich solange wie Yusuf im Gefängnis gesessen, und
wäre dann der Bote zu mir mit der Einladung gekommen,
so hätte ich ihm gewiss Folge geleistet!“178
Allāh stärkt die Gläubigen
Allāh stärkt die Gläubigen mit dem fest gegründeten Wort, in diesem Leben wie im künftigen; und Allāh
lässt die Frevler irregehen; und Allāh tut, was Er will. (14:27)
Al-Barā’ Ibn ‘Āzib berichtete, dass der Gesandte Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Wenn der Muslim (nach seinem Tod) im Grab gefragt
wird, so bezeugt er, dass kein Gott da ist außer Allāh, und
dass Muḥammad der Gesandte Allāhs ist. Dies geht aus
dem folgenden Wort Allāhs hervor: ›Allāh stärkt die
Gläubigen mit dem fest gegründeten Wort, in diesem
Leben wie im künftigen.‹179
178 - Bu. 179 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
190
Nach der Überlieferung bei Al-Buḫāryy sagte unser
Prophet (a.s.s.), dass mit dem in diesem Vers fest
gegründeten Wort das "Glaubensbekenntnis" gemeint ist,
das lautet: "Kein Gott ist da ausser Allāh, Muḥammad ist
der Gesandte Allāhs." Die Stärke der Gläubigen wird
besonders gewährleistet nach Eintritt des Todes, wenn
die Rechenschaft im Grab beginnt, wo die Ungläubigen auf
die Befragung der Engel keine Antwort auf zwei Fragen
finden: Wer ist dein Gott? und "Wer ist dein Prophet?"
Hochmut, Untreue und Schulden
Er sprach: ”Hinaus denn von hier; denn wahrlich, du bist verflucht. (15:34) Der Fluch soll auf dir lasten bis
zum Tage des Gerichts.“ (15:35) Er sprach: ”Mein Herr, so gewähre mir einen Aufschub bis zum Tage, an dem sie auferweckt werden.“ (15:36) Er sprach: ”Du bist unter denen, die Aufschub erlangen (15:37) bis zur
vorbestimmten Zeit.“ (15:38)
Iblῑs bittet um Aufschub bis zum Tag der Auferstehung,
aber nicht etwa um sein Vergehen zu bereuen,
wiedergutzumachen und um Vergebung zu bitten,
sondern um sich an Adam und seine Nachfahren zu
rächen. Die Versuchungen des Iblῑs haben keine Macht
über die aufrichtigen Diener Allāhs, die Ihm Gehorsam
Qur’ān und Sunna in Relation
191
leisten und Seiner Rechtleitung folgen. Hier in diesem
Vers liegt eine Warnung an die Menschen vor.180
Hochmut stellt ein großes Übel im Leben des Menschen
dar, und er ist der Grund im Qur’ān,181 dass Satan von
seinem Schöpfer verdammt und verstoßen wurde.
Ṯaubān, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Wer ohne Hochmut, Untreue und unbezahlte Schulden
stirbt, geht ins Paradies.«“182
Heilmittel für die Menschen
Und dein Herr hat der Biene eingegeben: ”Baue dir Häuser in den Bergen und in den Bäumen und in dem,
was sie (die Menschen) errichten. (16:68) Dann iss von allen Früchten und folge den Wegen deines Herrn, (die Er dir) leicht gemacht hat.“ Aus ihren Leibern kommt
ein Trank, mannigfach an Farbe. Darin liegt ein Heilmittel für die Menschen. Wahrlich, hierin ist ein
Zeichen für Leute, die nachdenken. (16:69)
Ibn ‘Abbās, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete,
dass der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
180 - vgl. 7:13-15; 14:22-23; 15:17; 38:81. 181 - 7:12ff. 182 - Ti.
Qur’ān und Sunna in Relation
192
”Es gibt Heilbehandlungen durch drei Dinge: Durch einen
Eingriff für den Aderlaß, durch ein Getränk aus
Bienenhonig und durch Abbrennen (der krankhaften
Stelle). Meiner Umma verbiete ich aber das
Abbrennen.“183
Und Abū Sa‘ῑd berichtete:
”Ein Mann kam zum Propheten, Allāhs Segen und Friede
auf ihm, und sagte:
»Mein Bruder klagt über Bauchschmerzen!«
Der Prophet sagte zu ihm:
»Gib ihm Bienenhonig(-Wasser) zu trinken.«
Als der Mann zu ihm abermals mit derselben Nachricht
kam, sagte der Prophet zu ihm:
»Gib ihm Bienenhonig(-Wasser) zu trinken.«
Und als der Mann zum dritten Mal in derselben Sache zu
ihm kam, sagte der Prophet:
»Gib ihm Bienenhonig(-Wasser) zu trinken.«
Dann kam der Mann noch einmal und berichtete dem
Propheten, dass er dies doch getan hat (und sein Bruder
immer noch Schmerzen hat).
Da sagte der Prophet zu ihm:
»Allāh sagt die Wahrheit, und der Bauch deines Bruders
hat gelogen.184 Gib ihm Bienenhonig(-Wasser) zu
183 - Bu. 184 - Bei dieser Äußerung merkt man den Anstand des Propheten (a.s.s.) in
seiner Belehrung; denn er hat nicht gesagt: dein Bruder hat gelogen,
Qur’ān und Sunna in Relation
193
trinken.«
Der Mann gab seinem Bruder endlich dieses Getränk, und
er wurde dadurch geheilt.“185
Wie Allāh (t) den Propheten, Gesandten und den
aufrichtigen Dienern Seine Botschaft eingibt, so gibt Er sie
auch den anderen Geschöpfen, hier z.B. der Biene, nach
der diese Sura genannt ist. Die Art und Weise, wie sie
unzugängliche Stellen in Gebirgen und Bäumen aufsucht,
ist eins der Wunder der Schöpfung. Die Neste, die sich die
Biene baut, werden hier "Häuser" genannt, weil deren
Konstuktion nach einem göttlichen Plan inspiriert
worden ist.
Die Biene sammelt die Säfte verschiedener Blumen und
Früchte und bildet daraus in ihrem Körper den Honig, den
sie in ihrem Leib aufspeichert. Die verschiedenen Arten
von Nahrung, aus denen sie den Honig bildet, ergeben
sowohl die verschiedenen Farben des Honigs, als auch
sein Geschmack und Aroma. Der Satz "... folge den Wegen
deines Herrn, (die Er dir) leicht gemacht hat“ bedeutet,
dass Allāh (t) ihr ihre Lebensaufgabe leicht macht. Unser
Prophet (a.s.s.) liebte den Honig und empfahl ihn uns als
oder du hast gelogen, sondern "der Bauch deines Bruders hat gelogen".
185 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
194
Heilmittel.186
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
186 - vgl. zu diesem Thema den Titel: "Der Muslim lebt nicht vom Brot allein",
Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
195
Die Nachtreise
Gepriesen sei Der, Der bei Nacht Seinen Diener von der heiligen Moschee zu der fernen Moschee, deren
Umgebung Wir gesegnet haben, hinführte, auf dass Wir ihm einige Unserer Zeichen zeigten. Wahrlich, Er ist
der Allhörende, der Allsehende. (17:1)
Abū Huraira (r) berichtete:
”Dem Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
wurden während seiner Nachtreise (Isrā’) nach
Jerusalem zwei Trinkgefäße gebracht. Das eine von den
beiden enthielt Alkohol, und das andere enthielt Milch.
Der Prophet schaute die beiden an und nahm dann das
Gefäß mit der Milch. Darauf sagte Gabriel zu ihm:
»Alles Lob gebührt Allāh, dass Er dich zu der natürlichen
Veranlagung rechtgeleitet hat. Hättest du den Alkohol
genommen, so wäre deine Umma irregegangen!«“187
Man kann fragen: Das Wort "asrā" heißt doch an sich
schon nichts anderes als "eine nächtliche Reise
unternehmen". Was soll es dann bedeuten, wenn
außerdem noch von der Nacht die Rede ist? Darauf kann
erwidert werden: Mit dem Wort eines Nachts will Allāh
(t) die Dauer der nächtlichen Reise als gering hinstellen
187 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
196
und sagen, dass Er mit Seinem Diener die Reise von
Makka nach den Jerusalem, die sich sonst über vierzig
Nächte hinzieht, innerhalb einer einzigen Nacht ausführte.
Über den Ort, von dem die nächtliche Reise ausgeht,
besteht Uneinigkeit. Man sagt, dass es die heilige
Kultstätte von Makka selbst gewesen ist. Dies ist das
Wahrscheinliche; denn es ist vom Propheten (a.s.s.)
folgender Bericht überliefert:
”Als ich an der heiligen Moschee in den Gemächern bei
der Al-Ka‘ba zwischen Schlaf und Wachen war, kam
Gabriel mit dem Al-Burāq188 zu mir.“
Ferner sagt man, dass die Reise des Propheten von der
Wohnung seiner Base Umm Hāni’, der Tochter Abū Ṭālibs,
ausging. Dabei ist mit der heiligen Moschee der heilige
Bannbezirk von Makka (Al-Ḥaram) gemeint; denn dieser
schließt die Kultstätte ein und kann daher mit ihr
durcheinandergebracht werden.
Nach Ibn ‘Abbās ist der ganze unverletzliche Bannbezirk
eine Kultstätte. Weiterhin ist folgendes überliefert:
Muḥammad (a.s.s.) schlief nach dem Abendgebet in der
Wohnung von Umm Hāni’, da wurde er auf die nächtliche
Reise nach Jerusalem mitgenommen und kehrte noch in
derselben Nacht zurück. Sodann erzählte er Umm Hāni’
188 - Ein Reittier wie der Blitz, das seine Vorderbeine hinstellt, wo seine
Blicke enden.
Qur’ān und Sunna in Relation
197
die Geschichte und sagte:
"Die Propheten haben sich mir gezeigt, und ich habe mit
ihnen das Gebet verrichtet."
Als er sich nun erhob, um zur Kultstätte zu gehen, hing
sich Umm Hāni’ an sein Gewand, und er fragte: "Was hast
du?" Sie antwortete: "Ich fürchte, dass deine
Stammesgenossen dich der Lüge zeihen, wenn du ihnen
das erzählst." Darauf erwiderte er: "Sollen sie mich doch
der Lüge zeihen!" und ging weg. Und als sich Abū Ǧahl zu
ihm setzte und der Gesandte Allāhs ihm die Geschichte
der nächtlichen Reise erzählte, sagte Abū Ǧahl: "Männer
der Banū Ka‘b Ibn Lu’ayy. Kommt her!" Nun gab
Muḥammad (a.s.s.) ihnen Bericht.
Während einige ihm Beifall spendeten, legten andere vor
Verwunderung und Missbilligung die Hand an den Kopf.
Manche Leute, die zuvor an den Propheten (a.s.s.)
geglaubt hatten, wandten sich jetzt von ihm ab. Einige
Männer aber liefen zu Abū Bakr, der auf ihren Bericht hin
sagte:
"Wenn Muḥammad das gesagt hat, dann hat er die
Wahrheit gesprochen."
Als die Männer nun fragten: "Also glaubst du ihm das?",
antwortete er: "Ich glaube ihm noch
Unwahrschenlicheres als das. Deswegen hat man Abū
Bakr den ›streng Wahrheitsliebenden‹ (Aṣ-Ṣiddῑq)
Qur’ān und Sunna in Relation
198
genannt.
Unter den Anwesenden waren indessen einige, die schon
einmal nach jenem Ort gereist waren. Diese forderten
Muḥammad (a.s.s.) auf, eine Beschreibung davon zu
geben. Jerusalem stand ihm klar vor Augen, und er blickte
unverzüglich darauf und beschrieb es ihnen. Sie sprachen:
"Die Beschreibung trifft das Richtige", und setzten hinzu:
"Erzähl uns von unserer Karawane nach Jerusalem!" So
berichtete er ihnen von der Zahl ihrer Kamele und ihrem
Zustand und sagte: "Sie werden an dem und dem Tag bei
Sonnenaufgang ankommen, wobei ihnen ein graues
Kamel vorangehen wird. Am betreffenden Tage zogen die
Makkaner aus ihrer Stadt und liefen eilig nach dem
Passweg Aṯ-Ṯaniyya. Da sagte einer von ihnen: "Bei Allāh!
Die Sonne ist aufgegangen." Und ein anderer sagte: "Bei
Allāh! Da kommt die Karawane mit einem grauen Kamel
an der Spitze, genau wie Muḥammad es gesagt hat."
Trotzdem wurden sie daraufhin nicht gläubig, sondern
sagten: "Das ist nichts als ein offenkundiger Zauber".
Qur’ān und Sunna in Relation
199
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
200
Gekommen ist die Wahrheit
Und sprich: ”O mein Herr, lass meinen Eingang einen guten Eingang sein und lass meinen Ausgang einen
guten Ausgang sein. Und gewähre mir Deine hilfreiche Kraft.“ (17:80) Und sprich: ”Gekommen ist die
Wahrheit und dahingeschwunden ist die Falschheit; wahrlich, das Falsche verschwindet bestimmt.“ (17:81)
Allāh (t) lehrt uns so zu beten. Die beiden Verse sind zwar
an den Propheten (a.s.s.) gerichtet, stellen jedoch ein
eindrucksvolles Bittgebet für jeden Muslim dar.
Historisch gesehen bezieht sich dies auf den Ausgang aus
Makka, dass das Herz des Propheten (a.s.s.) kein Heimweh
empfindet. Ferner handelt es sich um einen friedlichen
Eingang in die neue Heimat Al-Madῑna, wie Qatāda meint.
Dieses Gebet zeigte auf jeden Fall, dass sich die Zeit der
Auswanderung (Hiǧra) näherte.
Die Vorhersage des Sieges wurde jedoch wahr, als zehn
Jahre später der Prophet wieder in Makka einzog und
gerade dies verkündete, während er die Götzen in der Al-
Ka‘ba zerbrach.189
Nach Ibn ‘Abbās soll dies ein Eintreten in den Tod
bedeuten. Demnach kann hier der Eingang in den Tod und
der Ausgang bei der Auferstehung gemeint sein. Bei einer
189 - ÜB; vgl. 8:8; 21:18 ; 42:24.
Qur’ān und Sunna in Relation
201
Verallgemeinerung dieses Bittgebets kann man es für jede
Situation verwenden, wie z.B. für den Ausgang aus einer
Notlage und den Eingang in eine sichere, friedliche
Atmosphäre.
‘Abdullāh, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, zog in
Makka, am Tage ihrer Eroberung ein, als dort
dreihundertundsechzig Götzenfiguren um die Al-Ka‘ba
aufgestellt waren. Er fing an, diese mit einem Stock in
seiner Hand zu stoßen, indem er sagte: »Gekommen ist
die Wahrheit und dahingeschwunden ist die Falschheit.
Gekommen ist die Wahrheit und die Falschheit kann
weder etwas erschaffen noch dieses aus dem Tode
erwecken.«“190
190 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
202
Kein Leid trifft den Muslim, ohne dass Allāh ihm dies als
Sühne zurechnet, sogar wegen einem Dorn,
der ihn sticht.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
203
Sie befragen dich über die Seele
Und sie befragen dich über die Seele. Sprich: ”Die Seele ist eine Angelegenheit meines Herrn; und euch ist vom
Wissen nur wenig gegeben.“ (17:85)
‘Abdullāh, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Während ich mit dem Propheten, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, in einem Palmenhain war, und er sich auf
einen blattlosen Palmenzweig stützte, kamen einige
Juden vorbei. Die einen von ihnen sagten zu den anderen:
»Befragt Muḥammad über die Seele!«
Ein anderer von ihnen sagte:
»Was hegt bei euch Zweifel über ihn?«
Die anderen sagten:
»Niemals werdet ihr von ihm das hören, was euch stutzig
macht.«
Einige sagten:
»Befragt ihn doch!«
Da stellten sie ihm die Frage über die Seele, und der
Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, schwieg für
eine Weile und gab ihnen keinerlei Antwort. Ich wusste,
dass er gerade dabei war, eine Offenbarung zu
empfangen. Da trat ich anstandshalber einen Schritt von
ihm zurück. Als die Offenbarung soweit war, rezitierte er:
Qur’ān und Sunna in Relation
204
›Und sie befragen dich über die Seele. Sprich: ››Die Seele
ist eine Angelegenheit meines Herrn; und euch ist vom
Wissen nur wenig gegeben.‹‹‹“191
In manchen Übersetzungen und Erläuterungen wird für
das arabische Wort "Rūḥ" (Seele) auch das Wort "Geist"
verwendet. Darunter ist der "Heilige Geist", d.h. Gabriel
(a.s.) zu verstehen, der die Offenbarung bringt. Einige
Kommentatoren sind der Ansicht, dass sich dies hier
besonders auf die Offenbarung des Qur’ān bezieht, und
zwar als Antwort auf die Frage der Juden.192
Die wahre Führung zum Heil
Und der, den Allāh leitet, ist der Rechtgeleitete; die aber, die Er zu Irrenden erklärt - für die wirst du keine Helfer finden, außer Ihm. Und Wir werden sie am Tage
der Auferstehung versammeln, (und sie werden) auf ihren Angesichtern (liegen), blind, stumm und taub.
Ihre Herberge wird Ǧahannam sein; jedesmal, wenn es (das Feuer) nachlässt, werden Wir die Flamme noch
stärker anfachen. (17:97)
Die wahre Führung zum Heil ist nur Allāhs Rechtleitung.
191 - Bu. 192 - Für den historischen Hintergrund vgl. den Titel: "Muḥammad, Prophet
der Barmherzigkeit", Islamische Bibliothek; ferner Qur’ān 16:2; 40:15; 42:52.
Qur’ān und Sunna in Relation
205
Er, gepriesen ist Er, ist für Seine Diener Helfer, Retter,
Versorger und Beschützer. Wer durch seine Auflehnung
von der göttlichen Rechtleitung abrückt, der gerät in die
Irreführung. Am Tage der Abrechnung werden solche
Menschen in aller Demütigung auf ihren Angesichtern
liegend zusammengeschart.
Auf die Frage seiner Gefährten: ”Wie werden die
Menschen auf ihren Gesichtern zusammengeschart“,
antwortete der Prophet (a.s.s.):
”Derjenige, Der sie auf ihren Füßen schreiten läßt ist auch
imstande, sie auf ihren Gesichtern laufen zu lassen.“193
Anas Ibn Mālik, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Ein Mann sagte:
»O Prophet Allāhs, wie wird ein Ungläubiger (am Tage
der Auferstehung) auf seinem Gesicht zum
Versammlungsort geführt?«
Der Prophet sagte:
»Ist Der, Der ihn in der Welt auf zwei Beinen laufen ließ,
nicht imstande, ihn am Tage der Auferstehung auf seinem
Gesicht laufen zu lassen?«
Qatāda meldete sich daraufhin und sagte:
»Doch, bei der Allmacht unseres Herrn!«“194
193 - überliefert bei Ibn Mālik, vgl. ÜB, a.a.O. 194 - Bu; vgl. den Qur’ān-Vers 25:34.
Qur’ān und Sunna in Relation
206
Und erwähne im Buch Maria
Und erwähne im Buch Maria. Als sie sich von ihrer Familie nach einem östlichen Ort zurückzog (19:16) und sich vor ihr abschirmte, da sandten Wir Unseren
Engel Gabriel zu ihr, und er erschien ihr in der Gestalt eines vollkommenen Menschen (19:17); und sie sagte: ”Ich nehme meine Zuflucht vor dir zum Allerbarmer,
(lass ab von mir) wenn du Gottesfurcht hast.“ (19:18) Er sprach: ”Ich bin der Bote deines Herrn. (Er hat mich
zu dir geschickt) auf dass ich dir einen reinen Sohn beschere.“ (19:19) Sie sagte: ”Wie soll mir ein Sohn
(beschert) werden, wo mich doch kein Mann (je) berührt hat und ich auch keine Hure bin?“ (19:20) Er sprach: ”So ist es; dein Herr aber spricht: »Es ist Mir
ein leichtes, und Wir machen ihn zu einem Zeichen für die Menschen und zu Unserer Barmherzigkeit, und dies
ist eine beschlossene Sache.«“ (19:21)
Als Maria sich vor den Ihren abschirmte, um Gebete zu
verrichten, geschah es in diesem Zustand der Reinheit,
dass Gabriel ihr in Menschengestalt erschien.195 Hierzu ist
noch zu bemerken, dass Maria (a.s.) von ihrer Mutter dem
Tempeldienst geweiht worden war.196 So nahm sie ihre
Zuflucht beim Allerbarmers, bei Dessen Namen ein
Gottesfürchtiger erschauert. Die Sendung Jesu wird als
195 - vgl. dazu Qur’ān 6:9. 196 - vgl. Qur’ān 3:35-37.
Qur’ān und Sunna in Relation
207
ein Zeichen für die Menschheit sein.197
Abū Mūsa, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete, dass
der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
”Unter den Männern gibt es viele, die vollkommen waren;
und unter den Frauen waren nur Āsiya, die Frau des
Pharao und Maryam198 (Maria), Tochter des ‘Imrān,
vollkommen. Was aber die Vorzüglichkeit von ‘Ā’iša
angeht, so ist diese wie die Vorzüglichkeit eines
Fleischgerichts über alle anderen Speisearten.“199
Auf den Befehl des Herrn
”Wir (Engel) kommen nur auf den Befehl deines Herrn hernieder. Sein ist alles, was vor uns und was hinter uns und was dazwischen ist; und dein Herr ist nicht
vergesslich. (19:64) (Er ist der) Herr der Himmel und der Erde und all dessen, was zwischen beiden ist. So
diene Ihm, und sei beharrlich in Seinem Dienst. Kennst du etwa einen, der Ihm gleich wäre?“ (19:65)
197 - vgl. Qur’ān 16:38-40. 198 - Ihren Namen trägt die Sura 19 im Qur’ān. Diese Ehrung kommt von
ihrem Schöpfer Selbst, Der in dieser Sura eine Reihe von Propheten erwähnt. Dass sie ausdrücklich "Tochter des ‘Imrān" ist, wird noch eine Ehre durch ihre Abstammung hinzugefügt; denn Sura 3 trägt auch diesen Namen.
199 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
208
Allāhs Engel kommen auf Allāhs Geheiß entsprechend
Seinem allumfassenden Willen und Plan. Wenn Dinge
verzögert werden, dann geschieht dies in
Übereinstimmung mit einer weisen Voraussicht und
bedeutet nicht, dass Allāh (t) sie vergisst. Hier geht es um
den Engel Gabriel (a.s.), nachdem unser Prophet
Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm, in eifriger
Erwartung über die langen Zwischenräume zwischen den
Offenbarungen geklagt hatte.200
Ibn ‘Abbās, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte zu Gabriel:
»Willst du uns nicht noch häufiger besuchen, als du es
jetzt tust?«
Darauf wurde der Vers 64 aus (der 19. Sura) Maryam wie
folgt offenbart: ›Wir (Engel) kommen nur auf den Befehl
deines Herrn hernieder. Sein ist alles, was vor uns und
was hinter uns und was dazwischen ist.‹“201
Ibn ‘Abbās berichtete ferner:
”Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, rezitierte
das, was ihm befohlen wurde, und er verschwieg das, was
ihm befohlen wurde ›... und dein Herr ist nicht vergesslich
... ‹. ›Wahrlich, ihr habt an dem Gesandten Allāhs ein
200 - ÜB. 201 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
209
schönes Vorbild.‹“202
202 - Qur’ān 33:21; Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
210
Die Fürsprache
An jenem Tage wird keinem die Fürsprache etwas nützen - außer jenem, dem der Allerbarmer (dazu) die
Erlaubnis gibt und dessen Wort Ihm wohlgefällig ist. (20:109) Er kennt alles, was vor ihnen ist und was
hinter ihnen ist; sie aber können es nicht mit Wissen umfassen. (20:110) Und die Gesichter werden sich
demütig vor dem Ewiglebenden, dem Einzigerhaltenden, neigen. Und hoffnungslos wahrlich ist jener, der (die Last des) Frevels trägt. (20:111) Und der aber, der gute Werke tut und dabei gläubig ist, wird
weder Ungerechtigkeit noch Unterdrückung (zu) fürchten (haben). (20:112)
Anas, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete, dass der
Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Die Gläubigen werden am Tage der Auferstehung
versammelt und zueinander sagen:
»Sollten wir nicht jemanden suchen, der für uns
Fürsprache bei unserem Herrn einlegt?«
Sie begeben sich bald zu Adam und sagen zu ihm:
»Du bist der Urvater aller Menschen, den Allāh mit Seiner
Hand erschuf und vor ihm die Engel sich niederwerfen
ließ. Er lehrte dich aber auch die Namen aller Dinge.203 So
lege für uns bei deinem Herrn Fürsprache ein, womit Er
203 - vgl. Qur’ān 32:31f.
Qur’ān und Sunna in Relation
211
uns von dieser unserer Lage erlösen möge.«
Adam erwidert:
»Dazu bin ich nicht der Richtige für euch!«
Er erwähnt dann seine Sünde,204 schämt sich und fährt
fort:
»Sucht Noah auf; denn er ist der erste Gesandte, den Allāh
zu allen Bewohnern dieser Erde geschickt hatte.«
Wenn sie bei ihm ankommen, sagt er zu ihnen:
»Dazu bin ich nicht der Richtige für euch!«
Er erwähnt dann seine Bitte an seinen Herrn, worüber er
kein Wissen hatte,205 schämt sich und fährt fort:
»Sucht dann den Freund des Allerbarmers auf.«
Wenn sie bei ihm (Abraham) ankommen, sagt er zu
ihnen:
»Dazu bin ich nicht der Richtige für euch! Sucht Moses
auf; denn es handelt sich bei ihm um einen Diener, zu
dem Allāh sprach206 und ihm die Thora gab.«207
Wenn sie bei ihm ankommen, sagt er zu ihnen:
»Dazu bin ich nicht der Richtige für euch!«
Er erwähnt dann, dass er einen Menschen erschlug, ohne
dass dieser einen anderen erschlagen hatte, schämt sich
dann dafür vor seinem Herrn und fährt fort:
204 - vgl. Qur’ān 17:19ff. 205 - vgl. Qur’ān 11:45ff. 206 - vgl. Qur’ān 4:164. 207 - vgl. Qur’ān 2:53.
Qur’ān und Sunna in Relation
212
»Sucht dann Jesus auf; denn er ist der Diener Allāhs, Sein
Gesandter, ein Wort von Allāh und ein Geist von Ihm.«208
Wenn sie bei ihm ankommen, dann sagt er zu ihnen:
»Dazu bin ich nicht der Richtige für euch! Sucht dann
Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm, auf; denn
er ist ein Diener, dem Allāh vergangene und spätere
Sünden vergeben hatte.«209
Nunmehr kommen sie zu mir, und ich begebe mich
zunächst zu meinem Herrn, um die Erlaubnis dafür zu
erbitten, und Er erlaubt es. Und wenn ich dann meinen
Herrn sehe, falle ich anbetend nieder. (In diesem
Zustand) läßt Er mich, solange Er will. Dann wird zu mir
gesprochen:
»Erhebe dein Haupt und trage deine Bitte vor; denn diese
wird gewährt. Und sprich; denn dein Wort wird gehört.210
Und lege Fürsprache ein; denn von dir wird die
Fürsprache angenommen.«
Da erhebe ich mein Haupt und spreche Ihm ein Lob, das
Er Selbst mir beibringt.211
Danach lege ich Fürsprache ein, und Er legt mir eine Zahl
von Menschen fest, die ich das Paradies betreten lassen
208 - vgl. Qur’ān 4:171. 209 - vgl. Sura 48:1ff. 210 - vgl. Qur’ān 34:23. 211 - Ähnlich wie im Qur’ān 2:37 als Adam (a.s.) Wörter von seinem Herrn
empfing, die er aussprach und ihm wurde danach vergeben.
Qur’ān und Sunna in Relation
213
darf. Dann kehre ich zu Ihm abermals zurück. Und wenn
ich meinen Herrn sehe, geschieht dasselbe, wie beim
ersten Mal. Wenn ich diesmal die Fürsprache einlege, legt
Er mir eine Zahl von Menschen fest, die ich das Paradies
betreten lassen darf. Ich lasse diese dann ins Paradies
eintreten und kehre zum dritten Mal zurück. Beim
vierten Male sage ich dann:
»Es gibt im Höllenfeuer keine mehr außer denjenigen,
deren Einsperrung im Qur’ān in aller Ewigkeit
vorbestimmt worden ist.«“212
Lobpreise deinen Herrn
Leuchtet es ihnen (denn) nicht ein, wie viele Geschlechter vor ihnen Wir schon vernichteten, in
deren Wohnstätten sie (jetzt) umherwandern? Darin liegen Zeichen für die Leute, die Verstand haben.
(20:128) Und wäre nicht zuvor ein Wort von deinem Herrn ergangen, so wäre es (das Strafgericht) fällig;
(genauso ist es) mit der festgesetzten Frist. (20:129) Ertrage denn geduldig, was sie sagen, und lobpreise
deinen Herrn vor dem Aufgang und vor dem Untergang der Sonne, und verherrliche (Ihn) in den Nachtstunden
und an den Tagesenden, auf dass du wahre Glückseligkeit finden mögest. (20:130)
212 - Bu; zu diesen Versen vgl. 2:255; 3:27; 6:31; 10:3; 16:96-97; 19:87; 21:28;
39:10; 53:26; 78:38.
Qur’ān und Sunna in Relation
214
Dies bezieht sich auf das Leben in Bedrängnis, das denen
zuteil wird, die sich in ihrem irdischen Leben von Allāhs
Ermahnung abwenden. Die makkanischen Götzendiener
werden dabei an die Ruinen von ‘Ād und Ṯamūd erinnert,
die sie vor Augen sehen. Das Gebot der Geduld ist in
erster Linie an den Propheten (a.s.s.) gerichtet und
bedeutet, dass er wegen dem ausharren muss, was die
Ungläubigen an Spott, Ablehnung und Widerstand leisten.
Derartige Geduld wird durch die Lobpreisung des Herrn -
sowohl in der Stille des Morgengebets als auch zu
anderen Gebetszeiten - gestärkt.213
Ǧarῑr Ibn ‘Abdullāh berichtete:
”Wir befanden uns beim Propheten, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, und sahen, wie er in der Nacht dem
Vollmond zuschaute und sagte:
»Mit Sicherheit werdet ihr euren Herrn so (deutlich)
sehen, wie ihr diesen (Mond) seht, ohne dass ihr beim
Anblick Schaden erleidet oder Zweifel hegt. Wann immer
ihr die Verrichtung des Gebets vor dem Sonnenaufgang
oder vor dem Sonnenuntergang verkraften könnt, so tut
es.«
Anschließend rezitierte der Prophet: ›... und lobpreise
deinen Herrn vor dem Aufgang und vor dem Untergang
213 - ÜB; vgl. Qur’ān 2:45-46; 17:78-79; 30:19.
Qur’ān und Sunna in Relation
215
der Sonne ...‹.214“
214 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
216
Barmherzigkeit für alle Welten
Und Wir haben bereits nach der Ermahnung in den Zabūr geschrieben, dass das Land von Meinen
rechtschaffenen Dienern beerbt wird. (21:105) Hierin liegt wahrlich eine Botschaft für ein Volk, das (Allāh)
dient. (21:106) Und Wir entsandten dich nur aus Barmherzigkeit für alle Welten. (21:107)
Allgemein wird mit der "Ermahnung" sowohl der Qur’ān
als auch die Thora gemeint. Nach der chronologischen
Reihenfolge ist hier die Thora gemeint. Mit Az-Zabūr ist
das Buch Davids gemeint, das historisch nach der Thora
offenbart wurde. Der Name Davids wird ausdrücklich in
Verbindung mit Az-Zabūr in 4:163 und 17:55 genannt.
Diese Worte stehen hier im Einklang des göttlichen
Versprechens in 3:139. Dies bedeutet, dass durch den
Glauben und das rechtschaffene Handeln auf dieser Erde
der Boden unter den Füssen beerbt werden kann.
Der Schlussakt aller göttlichen Offenbarungen ist der
Qur’ān, dessen Empfänger Muḥammad, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, ist. Demnach ist er der letzte (das Siegel)
aller Propheten (vgl. 33:40). Und mit Recht ist er damit
eine Barmherzigkeit für alle Welten.215
215 - vgl. dazu den Begriff der Barmherzigkeit im Titel: "Muḥammad, Prophet
der Barmherzigkeit", Islamische Bibliothek. Auf diesem Begriff beruht
Qur’ān und Sunna in Relation
217
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Einer sagte zum Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm:
»O Gesandter Allāhs, bitte Allāh darum, Er möge Seinen
Fluch auf die Götzendiener herabsenden!«
Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, erwiderte:
»Ich wurde nicht als Fluchender, sondern als eine
Barmherzigkeit (für alle Welt) entsandt.«“216
Und Abū Mūsā Al-Aš‘aryy, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Ich bin zu den Hellhäutigen und Dunkelhäutigen
entsandt.«“217
ıābir Ibn ‘Abdullāh berichtete, dass der Gesandte Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Mir sind fünf (Besonderheiten) gegeben worden, welche
keinem der anderen Propheten vor mir gegeben wurden:
Mein Sieg über den Feind wurde durch Schrecken
gemacht, dessen Wirksamkeit der Entfernung von einer
einmonatigen Marschreise entspricht. Die Erde wurde
mir sowohl als Gebetsstätte als auch als Reinigungsmittel
die Universalität der qur’ānischen Botschaft; vgl. ferner Qur’ān 7:158; 15:9
216 - Mu. 217 - Ha.
Qur’ān und Sunna in Relation
218
gemacht; und wenn jemand von meiner Umma das Gebet
bei seiner Fälligkeit verrichten will, der kann es dort und
überall verrichten, wo er sich gerade befindet. Die
Kriegsbeute ist mir erlaubt; und im Gegensatz zu den
früheren Propheten, die nur zu ihren eigenen Leuten
entsandt wurden, bin ich für die Menschheit allesamt
entsandt worden. Und mir wurde die Fürsprache (am
Jüngsten Tag) gegeben.“218
Erfolgreich sind die Gläubigen
Wahrlich, erfolgreich sind die Gläubigen (23:1), die in ihren Gebeten voller Demut sind (23:2), und die sich
von allem leeren Gerede fernhalten (23:3), und die die Zakāh entrichten (23:4) und ihre Schamteile bewahren (23:5); außer gegenüber ihren Gattinnen oder denen, die sie von Rechts wegen besitzen; denn dann sind sie
nicht zu tadeln. (23:6) Diejenigen aber, die darüber hinaus etwas begehren, sind Übertreter. (23:7) Und diejenigen, die das ihnen anvertraute Gut und ihre
Verpflichtung hüten (23:8), und die ihre Gebete einhalten (23:9) - dies sind die Erben (23:10), die Al-
Firdaus erben werden. Auf ewig werden sie darin verweilen. (23:11)
Der Tenor in diesem Versblock gilt als eine Verheißung
218 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
219
Allāhs für die Gläubigen und ein Versprechen und eine
Sicherheit von Ihm, dass sie mit gutem Ausgang in allen
Dingen rechnen dürfen. Unser Prophet (a.s.s.) hat gesagt:
”Es ist wunderbar in allen Angelegenheiten eines
Gläubigen: Wenn ihm etwas Schlechtes widerfährt,
erträgt er es geduldig, und dies ist gut für ihn; und wenn
ihm aber etwas Gutes zuteil wird, dann ist er dankbar
dafür, und dies ist gut für ihn.“
Die Gläubigen, die dieses Privileg verdienen dürfen, sind
diejenigen, die in ihren Gebeten voller Demut sind, und
die sich von allem leeren Gerede fernhalten, und die die
Zakāh entrichten und ihre Schamteile bewahren. Ferner
diejenigen, die das ihnen anvertraute Gut und ihre
Verpflichtung hüten, und die ihre Gebete einhalten.
In der Verrichtung des Gebets der Gläubigen sind
wiederum zwei Merkmale vorhanden: Demut und
Regelmäßigkeit durch Einhalten der Gebetszeiten.
Historisch gesehen zur Zeit der Offenbarung war die Lage
wie folgt:
Auf der einen Seite standen die wohlhabenden und
erfolgreichen Führer von Makka, die Gegner des Islam,
deren Hauptbeschäftigung darin bestand, das Leben zu
genießen. Auf der anderen Seite standen die Muslime, die
in ihrer Mehrheit entweder von vornherein arm gewesen
waren oder deren Eigentum in der ständigen
Qur’ān und Sunna in Relation
220
Auseinandersetzung mit den Gegnern des Islam
dahingeschwunden war.
Die Worte dieses Versblocks sollen den Ungläubigen
mitteilen, dass ihre Kriterien für Erfolg und Versagen
nicht den Tatsachen entsprechen. Die Anhänger des
Propheten (a.s.s.) hingegen, die sie als Versager
betrachteten, waren wirklich erfolgreich; denn da sie die
Einladung zur Rechtleitung annahmen, waren sie auf
einen Weg gegangen, der ihnen sowohl in dieser Welt als
auch im zukünftigen Leben wahren Erfolg und viel Glück
brachte.
‘Ā’iša (r), Gattin des Propheten (a.s.s.) wurde über seinen
Charakter gefragt, und sie antwortete:
”Lest ihr die Sura Al-Mu’minūn (Die Gläubigen)?“
”Ja!“, war die Antwort. Sie sagte:
”Dann lest mal vor!“
Darauf wurden ihr die ersten zehn Verse dieser Sura
vorgetragen. Damit meinte sie, dass diese Worte den
Charakter des Propheten (a.s.s.) wiederspiegeln.
Bei Frauen, die die Gläubigen "von Rechts wegen"
besitzen, handelt es sich um den Status der Sklavinnen im
islamischen Recht, mit denen der ehelische Verkehr
zugelassen ist und - wenn sie durch Heirat ihre Freiheit
erlangen, der freien Frau gleich zu behandeln sind. Es
gehört zu den Merkwürdigkeiten des Qur’ān, dass diese
Qur’ān und Sunna in Relation
221
Verse sich allgemein auf Männer und Frauen beziehen,
was im Qur’ān oft der Fall ist. Nur in dem Vers 23:6 sind
ausschließlich die Männer damit gemeint. Daraus können
wir schließen, dass die Frau mit ihrem Sklaven keinen
Geschlechtsverkehr haben darf. Wenn sie ihn aber frei
gibt, so ist es ihr erlaubt, ihn zu heiraten.
In diesem Versblock wird abschließend Al-Firdaus als
Lohn für die Rechschaffenen erwähnt. Durch die
Erklärung unseres Propheten (a.s.s.) handelt es sich um
die höchste Ebene im Paradies. In der vorislamischen,
arabischen Literatur war es ein verbreitetes Wort.219
Der Mensch aus Lehm und Samentropfen
Und wahrlich, Wir erschufen den Menschen aus einer Substanz aus Lehm. (23:12) Alsdann setzten Wir ihn als Samentropfen an eine sichere Ruhestätte. (23:13)
Dann bildeten Wir den Tropfen zu einem Blutklumpen; dann bildeten Wir den Blutklumpen zu einem Fleischklumpen; dann bildeten Wir aus dem
Fleischklumpen Knochen; dann bekleideten Wir die Knochen mit Fleisch; dann entwickelten Wir es zu einer
anderen Schöpfung. So sei denn Allāh gepriesen, der beste Schöpfer. (23:14) Dann, danach, werdet ihr mit Gewissheit sterben. (23:15) Dann werdet ihr am Tage
219 - ÜB; der Qur’ān benutzt es in 18:107 als Bezeichnung für eine Vielzahl
von Gärten (vgl. 2:43; 21:105-106; 25:72; 87:14-15; 91:9-10).
Qur’ān und Sunna in Relation
222
der Auferstehung erweckt werden. (23:16)
Als der Qur’ān-Vers über die Erschaffung des Menschen
offenbart wurde, sagte ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb, Allāhs
Wohlgefallen auf ihm:
”Gesegnet sei Allāh, der Beste der Schöpfer.“
Die Entscheidung Allāhs im Qur’ān (56:39f.) wurde in
Makka 616 n.Chr. offenbart, in der ‘Umars Lobwort
offenbart wurde. Im Qur’ān heißt es: ”So sei denn Allāh
gepriesen, der beste Schöpfer.“220
Die allererste Erschaffung des Menschen (Adam) geschah
aus einer Substanz aus Lehm. Die Erschaffung seiner
Gattin (Eva) wurde aus ihm selbst gemacht.221 Durch die
natürliche Vermehrung (hier durch Samentropfen)
erfolgt jede weitere Erschaffung von Menschen. Die
natürliche Vermehrung läuft dann nach der
Gesetzmäßigkeit unseres Schöpfers wie folgt:
Der Samen befruchtet eine Eizelle, und diese ruht eine
bestimmte Zeit lang sicher im Mutterleib als "Ruhestätte"
für ihre weitere Entwicklung. Die erste Veränderung
bildet aus dem befruchteten Ei eine Art unförmigen
Klumpen, indem die Zellen wachsen und sich teilen; dann
entwickelt sich aus dieser Masse allmählich ein
ausgeformter Fötus. Darin entwickeln sich Knochen und 220 - Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr III, 241; vgl. 15:28-33; 18:37-41; 30:20-21. 221 - vgl. dazu Qur’ān 4:1; 7:189; 39:6.
Qur’ān und Sunna in Relation
223
Fleisch und Organe und ein Nervensystem.222
Allāh (t) haucht dem Menschen von Seinem Geist ein;223
dies muss nicht zu einem gegebenen Zeitpunkt der
Entwicklung stattfinden, sondern kann auch ein
parallellaufender, allmählicher Prozess sein. Der Mensch
wird geboren, wächst heran; er verfällt und stirbt mit
"Gewissheit". Dennoch ist der Tod zwar das Ende unseres
irdischen Lebens, gilt aber nicht als Ende des
menschlichen Daseins. Die Auferstehung kann so erklärt
werden, dass sie die letzte Stufe in diesem
Entwicklungsprozess des Menschen ist. Danach beginnt
das ewige Leben.224
Wenn die Herzen beben
Wahrlich, jene, die aus Furcht vor ihrem Herrn Sorge tragen (23:57), und jene, die an die Zeichen ihres Herrn
glauben (23:58), und jene, die ihrem Herrn nichts zur Seite stellen (23:59), und jene, die da spenden, was zu spenden ist, und jene, deren Herzen beben, weil sie zu
ihrem Herrn zurückkehren werden (23:60), sie sind es, die sich bei guten Werken beeilen und ihnen darin
voraus sind. (23:61)
222 - vgl. dazu die beiden Titel: "Ḥadῑṯ für Schüler" und "Der Mensch im Islam",
Islamische Bibliothek. 223 - vgl. Qur’ān 15:29. 224 - vgl. Qur’ān 22:5.
Qur’ān und Sunna in Relation
224
Im Anschluss an das vorher erwähnte Bild der
Achtlosigkeit der Irrenden wird das entgegengesetzte Bild
der Gläubigen in ihrer Wachsamkeit und Vorsicht
gezeichnet.
‘Ā’iša (r), Gattin des Propheten, Allāhs Segen und Friede
auf ihm, berichtete, dass sie ihn über die in diesem Vers
erwähnten Menschen wie folgt gefragt hat:
”O, Gesandter Allāhs, sind sie diejenigen, die stehlen,
Ehebruch begehen und Alkohol trinken, während sie
gottesfürchtig sind?“
Der Gesandte Allāhs erwiderte:
”Nein, Tochter des Wahrhaftigen.225 Es sind diejenigen,
die beten, fasten und Zakāh entrichten, während sie
gottesfürchtig sind.“226
Wendet die Bestrafungen von den Muslimen ab
(Dies ist) eine Sura, die Wir hinabsandten und die Wir zum Gesetz erhoben, und worin Wir deutliche Zeichen
offenbarten, auf das ihr ermahnt sein mögt. (24:1) Peitscht die Unzüchtige und den Unzüchtigen
gegebenenfalls jeweils mit hundert Peitschenhieben aus; und lasst euch angesichts dieser Vorschrift Allāhs
225 - arab.: Aṣ-Ṣiddῑq = Beiname ihres Vaters Abū Bakr. 226 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
225
nicht von Mitleid mit den beiden ergreifen, wenn ihr an Allāh und an den Jüngsten Tag glaubt. Und eine Anzahl
der Gläubigen soll ihrer Pein beiwohnen. (24:2)
Es handelt sich hier ausdrücklich um ein
unwiderrufliches göttliches Gesetz. Demnach ist dieser
Befehl weder Ermessenssache noch eine Empfehlung für
gesetzgeberische Organe. Das Strafmaß gilt ausdrücklich
für männliches und weibliches Geschlecht in allen
Schichten der Gesellschaft zugleich.
Unzucht227 bedeutet Geschlechtsverkehr zwischen einem
Mann und einer Frau, die nicht miteinander verheiratet
sind. Das Wort bezieht sich somit sowohl auf Ehebruch,
als auch auf voreheliche und außereheliche Beziehungen
allgemein. Die Gesetzgebung bezüglich Heirat und
Scheidung ist im Islam einfach gehalten, so dass wenig
Versuchung besteht, außerhalb des ehelichen Rahmens
sexuelle Beziehungen zu suchen. Dies führt sowohl für
den Mann als auch für die Frau zu größerem
Selbstrespekt. Auch andere sexuelle Vergehen sind
strafbar, aber dieser Abschnitt bezieht sich nur auf Zinā.228
Die Härte im Strafmaß des islamischen Rechts ist durch
die Befolgung des Gebots und ein faires Gerichtsverfahren
abzuwenden. Dies ist aus dem Ḥadῑṯ des Propheten (a.s.s.)
227 - arab. Zinā. 228 - vgl. Qur’ān 4:15.
Qur’ān und Sunna in Relation
226
zu entnehmen, der besagt:
”Wendet die Bestrafungen von den Muslimen ab, wenn ihr
die Möglichkeit dazu habt. Hat der Täter einen Ausweg, so
lasst ihn frei. Denn es ist besser für einen Führer,229 sich
bei einer Begnadigung zu irren als bei einer Bestrafung.“
Deswegen wird die Aussage von vier Augenzeugen
verlangt oder ein unwiderlegtes Eigengeständnis.230
229 - arab.: Imām. 230 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
227
Der Fluch Allāhs
Und (was) jene (betrifft), die ihren Gattinnen (Ehebruch) vorwerfen und keine Zeugen (dafür) außer sich selber haben - von solchen Leuten soll die Aussage des Mannes allein (genügen), wenn er viermal bei Allāh schwört, dass er die Wahrheit rede (24:6); und (sein) fünfter (Eid) soll sein, dass der Fluch Allāhs auf ihm
lasten möge, falls er ein Lügner sei. (24:7) Von ihr aber soll die Strafe abgewendet werden, wenn sie viermal den Schwur bei Allāh leistet, dass er ein Lügner sei. (24:8) Und (ihr) fünfter (Eid) soll sein, dass Allāhs Zorn auf ihr lasten möge, falls er die Wahrheit rede.
(24:9) Wäre nicht Allāhs Huld und Seine Barmherzigkeit über euch und wäre Allāh nicht
Vielvergebend, Allweise, (wäret ihr verloren gewesen). (24:10)
‘Abdullāh, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete, dass
ein Mann von den Al-Anṣār seine Frau des Ehebruchs
bezichtigte, und der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, ließ beide den Eid leisten und trennte sie
voneinander.“231
Und Sahl Ibn Sa‘d As-Sā‘idyy berichtete:
”‘Uwaimer Al-‘Aǧlānyy kam zu ‘Āṣim Ibn ‘Adyy Al-
Anṣāryy und sagte zu ihm:
231 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
228
»Du ‘Āṣim, was hältst du davon, wenn ein Ehemann einen
fremden Mann zusammen mit seiner Ehefrau findet. Soll
er ihn dann umbringen, und ihr richtet ihn (den
Ehemann) dann hin; oder wie soll er sich verhalten?
Frage doch du ‘Āṣim für mich über diese Sache beim
Gesandten Allāhs«.
Als ‘Āṣim den Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede
auf ihm, darüber fragte, sah er, dass der Gesandte Allāhs
mit einer solchen Frage unzufrieden war und diese für
schlecht erklärte. Auf Grund dessen, was sich beim
Gesandten Allāhs ereignete, wurde ‘Āṣim sehr betrübt.
Als er zu seiner Familie zurückkehrte, kam ‘Uwaimer zu
ihm und sagte:
»Was hat der Gesandte Allāhs zu dir gesagt?«
‘Āṣim sagte zu ihm:
»Deine Sache hat mir keinen Segen gebracht. Der
Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, war
mit einer solchen Frage unzufrieden und erklärte sie für
schlecht.«
‘Uwaimer erwiderte:
»Ich werde davon nicht ablassen, bis ich ihn darüber
gefragt habe!«
Danach kam ‘Uwaimer zum Gesandten Allāhs, während er
mit den Leuten da saß, und sagte:
»O Gesandter Allāhs, was hältst du davon, wenn ein
Qur’ān und Sunna in Relation
229
Ehemann einen fremden Mann zusammen mit seiner
Ehefrau findet. Soll er ihn dann umbringen, und ihr
richtet ihn (den Ehemann) dann hin; oder wie soll er sich
verhalten?«
Darauf sagte der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm:
»Allāh hat bereits über diese deine Angelegenheit und die
Angelegenheit deiner Gefährtin eine Entscheidung
offenbart. Geh dann nach Hause und bring deine
Gefährtin mit.«
(Als er mit ihr dort erschien,) vollzogen sie den Li‘ān,
während ich mit den Leuten beim Gesandten Allāhs saß.
Als die beiden damit fertig waren, sagte ‘Uwaimer:
»Es hätte bedeuten müssen, dass ich über sie gelogen
hätte, wenn ich sie weiterhin als Ehefrau zurückbehielte.«
Es geschah dann, dass er (‘Uwaimer) zuvor die dreifache
Scheidung von ihr aussprach, ehe der Gesandte Allāhs ihn
dazu (zum Li‘ān) aufgefordert hatte.
Ibn Šihāb sagte in diesem Zusammenhang:
»Und demnach wurde mit den Leuten des Li‘ān
entsprechend verfahren.«“232
Aus diesen Versen werden die Bestimmungen des sog.
Verfluchungseids233 des islamischen Rechts hergeleitet.
232 - Bu. 233 - arab.: Li‘ān; vgl. den Titel: "Die Scheidung nach islamischem Recht",
Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
230
Gepriesen bist Du!
Und warum sagtet ihr nicht, als ihr es hörtet: ”Es kommt uns nicht zu, darüber zu reden. Gepriesen bist Du! Dies ist eine arge Verleumdung.“? (24:16) Allāh ermahnt euch, nie wieder dergleichen zu begehen,
wenn ihr Gläubige seid. (24:17) Und Allāh erklärt euch die Gebote; denn Allāh ist Allwissend, Allweise. (24:18)
Als ‘Ā’iša, eine der Frauen des Propheten, Allāhs Segen
und Friede auf ihm, von den Heuchlern auf dem Rückweg
von der Schlacht von Banū-l-Muṣṭaliq verleumdet wurde,
meinte ‘Umar, dies sei eine große Verleumdung. Die
Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 4. Jahr
n.H. in Al-Madῑna offenbart.234
Die Worte hier sind ein Tadel an die Gläubigen, die ihr
Missfallen nicht zum Ausdruck brachten gleich in dem
Moment, als sie davon Kenntnis erhielten. Der Ausdruck
"Gepriesen bist Du!" betont die Verpflichtung eines jeden
Gläubigen, sich an Allāh (t) zu erinnern, wenn immer die
Versuchung entsteht, eine Verleumdung zu hören oder
weiterzugeben.
234 - As-Suyūṭyy: Tārῑḫ 115.
Qur’ān und Sunna in Relation
231
Wenn gesprochen wird: ”Kehrt um!“, dann kehrt um!
O ihr, die ihr glaubt, betretet keine anderen Wohnungen als die euren, bevor ihr nicht um Erlaubnis
gebeten und ihre Bewohner gegrüßt habt. Das ist besser für euch, wenn ihr euch ermahnen lasst. (24:27)
Und wenn ihr niemanden darin findet, so tretet nicht eher ein, als bis euch die Erlaubnis (dazu) gegeben
wird. Und wenn zu euch gesprochen wird: ”Kehrt um!“, dann kehrt um; das ist reiner für euch. Und Allāh weiß wohl, was ihr tut. (24:28) Es ist für euch keine Sünde,
wenn ihr in unbewohnte Häuser eintretet, die euch von Nutzen sind. Und Allāh weiß, was ihr kundtut und was
ihr verbergt. (24:29)
As-Sā‘idyy berichtete:
”Ein Mann guckte durch ein Loch in der Tür des
Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, als er
(der Gesandte Allāhs) gerade einen spitzen Gegenstand in
der Hand hatte, mit dem er seinen Kopf kratzte. Als der
Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, ihn sah,
sagte er zu ihm:
»Wenn ich gewusst hätte, dass du mich beobachtest, hätte
ich dein Auge damit gestochen!«
Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
fuhr dann fort:
Qur’ān und Sunna in Relation
232
»Die Erlaubnis um Einlaß wurde aus keinem anderen
Grund zur Pflicht gemacht als wegen des Einblicks (in die
Privatsphäre eines Wohnbereichs).“235
In der vorislamischen Zeit war es üblich, ohne Erlaubnis
in fremde Häuser einzudringen. Erst nachdem der
Fremde bereits eingetreten war, machte er sich
bemerkbar.236 Somit bestand manchmal die Möglichkeit,
die Bewohner in einer prekären Situation zu bringen. In
diesem Versblock sorgt der Islam nunmehr für
Hausfrieden und Anstandsregeln, damit Eintracht und
Frieden in der islamischen Gesellschaft herrschen. Die
Bitte hier um freundliche Erlaubnis beschränkt sich nur
auf Häuser anderer. Bewohnt man selbst das Haus, so
genügt die Begrüßung der Mitbewohner und ein Zeichen,
um eventuell die Mutter oder die Schwester auf sich
aufmerksam zu machen; denn sie könnten in einem
Zustand sein, in dem die Anwesenheit Dritter
unangenehm für sie ist.
Nach einer Überlieferung von ‘Abdullāh Ibn Mas‘ūd (r)
soll man nach der Sunna des Propheten (a.s.s.) sogar bei
einem Besuch bei der eigenen Ehefrau im eigenen Haus
seine Ankunft ankündigen. Die Aufforderung "Kehrt um!"
bedeutet nach Ansicht der Rechtsgelehrten eine 235 - Bu. 236 - Bis heute noch findet man diese Unsitte in der amerikanischen
Gesellschaft vor.
Qur’ān und Sunna in Relation
233
Aufforderung zum buchstäblichen Zurückgehen, indem
man auch von der Tür weggeht. Niemand hat das Recht,
den anderen zu einem Treffen zu zwingen oder in
Verlegenheit zu bringen, indem er vor dessen Tür
stehenbleibt. Dies sollte man auf der Stelle tun, ohne
Verzug oder Abwarten, auch ohne Anstoss daran zu
nehmen oder gar das Gefühl der Kränkung zu empfinden.
Bei den unbewohnten Häusern in 24:29 handelt es sich
um Läden, Lagerhäuser, Gasthäuser und ähnliches des
öffentlichen Lebens; also um Einrichtungen, die zu
anderen allgemeinen nützlichen Zwecken errichtet
worden sind.
Qur’ān und Sunna in Relation
234
Solange ihr zu dritt seid, sollen nicht zwei davon
ein vertrauliches Gespräch unter Ausschluss des dritten
führen, bis ihr wieder mit anderen Menschen zusammenkommt;
denn dies macht ihn traurig.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
235
Um Einlass bitten!
O ihr, die ihr glaubt, es sollen (sogar) die, die ihr von Rechts wegen besitzt, und die unter euch, die noch
nicht die Reife erlangt haben, euch zu drei Zeiten um Einlaß bitten: vor dem Morgengebet, und dann, wenn ihr eure Kleider wegen der Mittagshitze ablegt, und
nach dem Nachtgebet - (denn dies sind) für euch drei Zeiten des Entblößtseins. Danach ist es für euch und für
sie keine Sünde, wenn die einen von euch sich um die anderen kümmern. So macht euch Allāh die Zeichen klar, und Allāh ist Allwissend, Allweise. (24:58) Und
wenn die Kinder unter euch den Zustand der Pubertät erreicht haben, dann sollen sie um Einlaß bitten,
gerade so wie die, die vor ihnen um Einlaß gebeten haben. So macht euch Allāh Seine Zeichen klar; denn Allāh ist Allwissend, Allweise. (24:59) (Was nun) die
älteren Frauen (betrifft), die nicht mehr auf Heirat hoffen können, so trifft sie kein Vorwurf, wenn sie ihre Tücher ablegen, ohne ihre Zierde zur Schau zu stellen. Aber wenn sie sich dessen enthalten, ist das besser für
sie. Und Allāh ist Allhörend, Allwissend. (24:60)
‘Umars Sklave trat einmal zu ihm ein, während er schlief
und seine Obergewänder abgelegt hatte; da sagte er:
”O Allāh, verbiete den Eintritt.“
Die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 4.
Qur’ān und Sunna in Relation
236
Jahr n.H. in Al-Madῑna offenbart:237
In der Sura wurden zuvor die Gesetze erläutert, die den
Einlass in die Häuser verschaffen.238 Nun erfolgen die
Gesetze, die den Einlass innerhalb der Häuser regeln. Hier
folgen einige Verhaltensregeln im Familienkreis. Diener
und Kinder haben verhältnismäßig freien Zugang,
kommen und gehen zu jeder Tageszeit, und im Umgang
mit ihnen gibt es weniger Formalitäten. Aber auch für sie
gibt es Einschränkungen. Während der Nacht und vor der
Zeit des Morgengebets sollen sie diskret um Erlaubnis
fragen, bevor sie eintreten, teilweise weil sie Leute im
Schlaf stören, teilweise weil sie sie unbekleidet oder beim
Umziehen überraschen könnten. Dasselbe gilt für die Zeit
der Mittagsruhe und nach dem letzten Nachtgebet. Für
Erwachsene gelten strengere Regeln: Sie müssen zu jeder
Tageszeit um Erlaubnis bitten.239
In diesem Versblock werden Frauen erwähnt, die von den
üblichen Geboten aufgrund ihres hohen Alters
ausgenommen werden; für sie sind die Regeln für
Kleidung und Schmuck nicht so streng wie für jüngere,
aber auch sie werden zur Zurückhaltung aufgefordert,
weil diese an sich gut ist, und weil sie für jüngere
237 - As-Suyūṭyy: Tārῑḫ 116. 238 - s. den vorangegangenen Abschnitt. 239 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
237
Menschen ein Vorbild sein sollten.240
240 - vgl. Qur’ān 33:59.
Qur’ān und Sunna in Relation
238
Diener des Allerbarmers
Und die, welche keinen anderen Gott außer Allāh anrufen und niemanden töten, dessen Leben Allāh
unverletzlich gemacht hat - es sei denn, (sie töten) dem Recht nach, und keine Unzucht begehen: und wer das
aber tut, der soll dafür zu büßen haben. (25:68) Verdoppelt soll ihm die Strafe am Tage der
Auferstehung werden, und er soll darin auf ewig in Schmach bleiben (25:69), außer denen, die bereuen und glauben und gute Werke tun; denn deren böse
Taten wird Allāh in gute umwandeln; und Allāh ist ja Allverzeihend, Barmherzig. (25:70) Und der, der
bereut und Gutes tut, der wendet sich in wahrhafter Reue Allāh zu. (25:71)
‘Abdullāh berichtete:
”Ich sagte: »O Gesandter Allāhs, welche Sünde ist am
schwersten?«
Er sagte:
»Dass du Allāh etwas ebenbürtig machst, während Er
dein Schöpfer ist.«
Ich sagte:
»Welche dann?«
Er sagte:
»Dass du dein Kind tötest, weil du befürchtest, dass es das
Essen mit dir teilt.«
Qur’ān und Sunna in Relation
239
Ich sagte:
»Welche dann?«
Er sagte:
»Dass du Unzucht mit der Ehefrau deines Nachbarn
begehst.«
Zur Bestätigung der Aussage des Propheten, Allāhs Segen
und Friede auf ihm, offenbarte Allāh folgenden Qur’ān-
Vers: ›Und die, welche keinen anderen Gott außer Allāh
anrufen ...‹“241
Wir haben in Qur’ān 25:63-67 das positive Verhalten der
"Diener des Allerbarmers" kennengelernt; hier aber
finden wir deren Beschreibung bezüglich des negativen
Verhaltens, die in Qur’ān 25:72-74 fortgesetzt wird. Sie
rufen keinen anderen Gott außer Allāh an und töten
keinen Menschen; denn das Töten ist nur eine Aufgabe
des Staates, für den gerechte Gesetze gelten. Demnach
sind die "Diener des Allerbarmers" keine Terroristen,
sondern ehrbare Bürger eines ehrbaren, legitimen
islamischen Staates.
Die "Diener des Allerbarmers" begehen ferner keine
Unzucht. Unser Prophet (a.s.s.) wurde nach den
schlimmsten Vergehen gefragt und er antwortete:
”Es sind, wenn jemand Allāh falsche Götter gleichsetzt,
das eigene Kind aus Angst um den Lebensunterhalt tötet
241 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
240
und mit der Frau seines Nachbarn Ehebruch begeht.“
Dies ist offensichtlich keine vollständige Liste der
"schwersten Vergehen", sondern diese drei Fälle wurden
genannt, weil sie in der damaligen arabischen Gesellschaft
am weitesten verbreitet waren.242 Was aber die Reue
angeht, finden wir einiges in der Sunna unseres
Propheten (a.s.s.): Dort wird von Menschen berichtet, die
aufrichtige Reue zeigten und ihr Leben von Grund auf
änderten. Es wird ferner berichtet, wie unser Prophet
(a.s.s.) sie ermutigte und ihnen die frohe Botschaft von
Allāhs Vergebung kundgab.243
Das Bittgebet
Diese werden mit der höchsten Stätte (im Paradies) belohnt, weil sie geduldig waren; und Gruß und
Frieden werden sie dort empfangen. (25:75) Ewig darin verweilend: herrlich ist es als Ruhestatt und als Aufenthalt. (25:76) Sprich: ”Was kümmert Sich mein
Herr um euch, wenn ihr nicht (zu Ihm) betet? Ihr habt (Ihn) ja geleugnet, und das wird (euch) nun anhaften.“
(25:77)
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, 242 - ÜB. 243 - vgl. Qur’ān 6:151; 17:33.
Qur’ān und Sunna in Relation
241
sagte:
»Allāhs Zorn kommt auf denjenigen herab, der an Ihn
keine Bittgebete richtet.«“244
Den "Dienern des Allerbarmers"245 erfolgt hier die frohe
Botschaft über den gewaltigen Lohn, den sie zu erwarten
haben. Denn sie erfüllten nicht nur die Gebote, sondern
distanzierten sich auch von den Verboten.
Es geht um elf Gebote und Verbote, die zum Paradies
führen, und die wir hier am Ende dieser Sura
zusammenfassen: Bescheidenheit, Sanftmut, Beten in der
Nacht, Ehrfurcht vor Allāh (t), Verschwendung und
Geizen vermeiden, sich vom Götzendienst fernhalten,
außerehelichen Verkehr und Töten nicht begehen, von
Sünde und Falschheit ablassen, Ermahnungen der
Botschaft annehmen, demütig vor Allāh sein, und zu Ihm
Bittgebete sprechen. Denn Allāh (t) wird Sich nicht um
uns Menschen kümmern, wenn wir Ihn nicht anflehen
und bitten.
Die Folge, Ihn zu ignorieren, ist, dass Er uns auch
ignoriert, uns von Seiner Gnade und Barmherzigkeit
ausschließt und uns dafür bestraft.
244 - Ti. 245 - vgl. den vorangegangenen Abschnitt.
Qur’ān und Sunna in Relation
242
Allāh versorgt alle
O Meine Diener, die ihr glaubt, Meine Erde ist weit. Darum verehrt nur Mich. (29:56) Jede Seele wird den Tod kosten; zu Uns werdet ihr dann zurückgebracht. (29:57) Und jene, die glauben und gute Werke tun,
beherbergen Wir in den oberen Gemächern des Paradieses, durch das Bäche fließen. Darin verweilen
sie auf immerdar. Herrlich ist der Lohn derjenigen, die wohltätig sind (29:58), die da standhaft sind und auf
ihren Herrn vertrauen. (29:59) Und wie viele Tiere gibt es, die nicht ihre eigene Versorgung tragen. Allāh
versorgt sie und euch. Und Er ist der Allhörende, der Allwissende. (29:60)
Sahl berichtete, dass der Prophet, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, sagte:
”Wahrlich, die Bewohner des Paradieses werden zu
(ihren) Gemächern im Paradies hinschauen, wie ihr zu
den Sternen im Himmel hinschaut.“246
Dieser Vers ist offenbart worden, um die Gläubigen in
Makka zur Auswanderung247 anzuspornen. Als der
Prophet (a.s.s.) den Muslimen gebot, Makka zu verlassen
und nach Al-Madῑna auszuwandern, sagten diese:
”Wie sollen wir uns in eine Stadt begeben, in der wir keine
246 - Bu; vgl. dazu Qur’ān 34:37; 39:20. 247 - arab.: Hiǧra.
Qur’ān und Sunna in Relation
243
Versorgung haben?“
Allāh (t) macht es ganz deutlich: Ihr Muslime seid Meine
Diener und dies ist Meine weite Erde, die für euch genug
Platz hat, um Mich allein zu dienen. Wenn ihr hier nicht in
der Lage seid, Mir zu dienen, so verlasst diese Enge und
rettet euren Glauben in Meiner weiten Erde.
Wenn wir die Tiere betrachten, so finden wir keines von
ihnen, das eine Vorratskammer oder einen Kühlschrank
auf seinem Rücken trägt. Die Vögel z.B. fliegen aus ihren
Nesten in der Frühe weg und kehren abends mit vollen
Futterbeuteln für ihre eigene Nahrung und für die
Nahrung ihrer Kleinen zurück. Allāh (t) gewährt denen
also, die Seinetwegen auswandern, nicht nur Unterkunft
in dieser Welt, sondern auch das Paradies als Ersatz dafür,
dass sie ihre Häuser verließen.248
248 - vgl. Qur’ān 3:185; 4:97; 16:41; 21:35.
Qur’ān und Sunna in Relation
244
Speist den Hungrigen, besucht den Kranken
und lasst den Gefangenen frei.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
245
Götzendienst ist gewaltiges Unrecht
Und da sagte Luqmān zu seinem Sohn, indem er ihn
ermahnte: ”O mein Sohn, setze Allāh keine Götter zur Seite; denn Götzendienst ist wahrlich ein gewaltiges Unrecht.“ (31:13) Und Wir haben dem Menschen im
Hinblick auf seine Eltern anbefohlen - seine Mutter trug ihn in Schwäche über Schwäche, und seine
Entwöhnung erfordert zwei Jahre: ”Sei Mir und deinen Eltern dankbar. Zu Mir ist die Heimkehr. (31:14) Doch wenn sie dich auffordern, Mir das zur Seite zu setzen, wovon du keine Kenntnis hast, dann gehorche ihnen
nicht. In weltlichen Dingen aber verkehre mit ihnen auf gütige Weise. Doch folge dem Weg dessen, der sich zu
Mir wendet. Dann werdet ihr zu Mir zurückkehren, und Ich werde euch das verkünden, was ihr getan habt.“
(31:15)
‘Abdullāh berichtete:
”Als der Qur’ān-Vers249 ›Die da glauben und ihren
Glauben nicht mit Ungerechtigkeiten vermengen ...‹
offenbart wurde, sagten die Gefährten des Gesandten
Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm: »Wer ist unter
uns, der nicht Unrecht getan hätte?« Darauf offenbarte
Allāh den Vers ›...Götzendienst ist fürwahr ein schweres
249 - Qur’ān 6:82.
Qur’ān und Sunna in Relation
246
Unrecht ‹.“250
Der Prophet (a.s.s.) sagte:
»Es ist nicht so; hier handelt es sich um die Beigesellung.
Habt ihr nicht davon gehört, was Luqmān zu seinem Sohn
sagte, indem er ihn ermahnte? Er sagte: ›O mein Sohn,
setze Allāh keine Götter zur Seite; denn Götzendienst ist
wahrlich ein gewaltiges Unrecht.‹251«“
Der Vater Luqmān will das Beste für sein Kind durch eine
liebevolle Anrede erreichen. Als erstes verbietet Luqmān
seinem Sohn den Götzendienst mit der Begründung, dass
dies ein gewaltiges Unrecht ist. Diese Wahrheit ist
dieselbe, die auch unser Prophet Muḥammad (a.s.s.)
seinem Volk immer wieder eingeprägt hat.252
Das Gebot, die Eltern zu ehren und gut zu ihnen zu sein,
kommt in der Sunna des Propheten (a.s.s.) und im Qur’ān
immer wieder vor.253 Die Mutter genießt dabei eine
besondere gütige Behandlung. Es wurde überliefert, dass
ein Mann seine Mutter auf den Schultern trug beim
Umschreiten der Al-Ka‘ba. Dann fragte er den Propheten:
”Habe ich damit meine Schuldigkeit ihr gegenüber
abgetan?“
Der Prophet (a.s.s.) antwortete:
250 - Bu. 251 - Bu. 252 - ÜB. 253 - vgl. Qur’ān 6:151; 17:23.
Qur’ān und Sunna in Relation
247
”Nein! Nicht einmal für einen ihrer Seufzer!“
Also nicht einmal für einen Seufzer während ihrer
Schwangerschaft oder Entbindung. Nicht nur die
Schwangerschaft war die einzige Last für die Mutter; denn
die Entwöhnung des Kindes erfordert vierundzwanzig
Monate, d.h. noch mehr als die Zeitdauer der
Schwangerschaft von durchschnittlich neun Monaten. Die
Gelehrten sind von dieser qur’ānischen Frist
ausgegangen, dass sie für eine Frühgeburt die Stillzeit mit
den fehlenden Monaten der Schwangerschaft verlängern
müssen; Beispiel: Bei siebenmonatiger Schwangerschaft
beträgt die Stillzeit des Kindes 24+2=26 Monate. Nach
einigen Gelehrten bezeichnet der Begriff "Entwöhnung"
die gesamte Zeitspanne von Empfängnis,
Schwangerschaft, Geburt und frühe Kindheit, das heißt,
die Zeit, in der ein Kind völlig von der Mutter abhängig
ist.254
Aus diesen Worten werden auch rechtliche
Bestimmungen bezüglich der Milchverwandtschaft
hergeleitet, die die Heirat unter Milchgeschwister
ausschließt.255 Die Dankbarkeit gegenüber den Eltern, die
ihren Beitrag zu unserer Entstehung geleistet haben, ist
hier sozusagen ein Begleitumstand unserer Dankbarkeit
254 - vgl. Qur’ān 46:15. 255 - vgl. Qur’ān 2:233.
Qur’ān und Sunna in Relation
248
Allāh (t) gegenüber.256 Unser Prophet (a.s.s.) hat gesagt:
”Ein Geschöpf ist zu keinem Gehorsam gegenüber seinen
Mitmenschen verpflichtet, wenn er dadurch gegenüber
Allāh Ungehorsam leistet.“257
Der Gehorsam gegenüber den Eltern ist zwar eine gütige
Behandlung, gilt aber nur in weltlichen Dingen. Ihre
Aufforderung zur Beigesellung Allāhs muss aber
kategorisch abgelehnt werden. Dennoch bleibt das Gebot
der gütigen Behandlung für die Eltern weiterhin
unberührt.258
Die Kenntnis des Verborgenen
Wahrlich, bei Allāh allein ist die Kenntnis der Stunde. Er sendet den Regen nieder, und Er weiß, was in den Mutterschössen ist. Und niemand weiß, was er sich
morgen zufügen wird, und niemand weiß, in welchem Lande er sterben wird. Wahrlich, Allāh ist Allwissend,
Allkundig. (31:34)
Abū Huraira berichtete:
”Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, ging eines
Tages zu den Leuten hinaus, da kam ein Mann zu ihm und
sagte: 256 - vgl. Qur’ān 17:23-24. 257 - Da, Ham, Ma, Mu, Na. 258 - vgl. Qur’ān 29:8.
Qur’ān und Sunna in Relation
249
»Was ist Glaube?«
Der Prophet erwiderte:
»Der Glaube (Imān) ist, dass du an Allāh, an Seine Engel,
an die Begegnung mit Ihm, an Seine Gesandten und an die
Auferstehung glaubst.«
Der Mann fragte weiter:
»Was ist Islam ?«
Der Prophet sagte:
»Islam ist, dass du Allāh anbetest, Ihm nichts beigesellst,
das Gebet verrichtest, die vorgeschriebene Zakāh
entrichtest und im Ramaḍān fastest.«
Der Mann sagte:
»Was ist Güte?«259
Der Prophet sagte:
»Dass du Allāh anbetest, als ob du Ihn sähst; denn, wenn
du Ihn nicht siehst, so sieht Er dich doch.«
Der Mann sagte:
»Wann trifft die Stunde ein?«
Der Prophet sagte:
»Der Befragte ist diesbezüglich nicht wissender als der
Fragende selbst. Was aber deren Vorzeichen angeht, so
werde ich dir folgendes nennen: (Die Stunde ist nah,)
wenn die Sklavin ihren eigenen Herrn gebärt, und wenn
die ungebildeten Kameltreiber Hochhäuser bauen. Es gibt
259 - arab.: Iḥsān.
Qur’ān und Sunna in Relation
250
noch andere fünf Vorzeichen, die nur Allāh kennt.«
Darauf rezitierte der Prophet, Allāhs Segen und Friede
auf ihm: ›Wahrlich, bei Allāh allein ist die Kenntnis der
Stunde ...‹.
Der Mann ging fort, und der Prophet verlangte, dass die
Leute ihn zurückbringen, aber sie sahen ihn nicht mehr.
Darauf sagte der Prophet:
»Dieser war Gabriel! Er kam, um die Menschen in ihrem
Glauben zu unterweisen.« “260
Mit diesen Worten endet diese großartige Sura unseres
Schöpfers. Er berichtet von dem Verborgenen, dessen
Kenntnis Ihm allein zusteht. Hier könnte man ein
Gegenargument erbringen, in dem man behauptet, die
Wissenschaft sei soweit, dass wir durch den Wetterdienst
und durch die Ultraschalluntersuchung wissen, wann der
Regen fällt und ob in dem Mutterschoss sich ein Junge
oder ein Mädchen befindet. Ein echter Widerspruch ist
dies nicht; denn die Kenntnis, wann der Regen fällt ist auf
dem Zustand der Wolken und der Windrichtung
aufgebaut, die Allāh vorher gesteuert hat. D.h. Allāh (t)
allein kennt das Verborgene schon vor der Bildung der
Wolken und vor der Entstehung der Windrichtung
überhaupt.
260 - Bu; Abū ‘Abdullāh (Al-Imām Al-Buḫāryy) sagte: »Er (der Prophet)
machte all dies zum Bestandteil des Glaubens«.
Qur’ān und Sunna in Relation
251
Die Wissenschaft, die das Geschlecht des Kindes im
Mutterleib durch die Ultraschalluntersuchung feststellen
kann, versagt davor, wenn Auskunft über die Zukunft
dieses Menschen verlangt wird. Allāh (t) allein weiß um
jede Schwangerschaft wenn diese sich noch in den
Anfängen befindet und weder Maß noch Gewicht hat. Er
weiß auch um das Geschlecht schon im Augenblick der
Verschmelzung von Samen und Ei und Er kennt das
Aussehen des Embryos, seine Eigenschaften, seinen
Zustand und seine Anlagen. Nur Allāh allein weiß, wie
lange dieser Mensch leben wird, wie arm oder reich er
sein wird, ob er elend oder glückselig sein wird.
Ibn ‘Umar berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte:
»Die Schlüssel der göttlichen Geheimnisse sind fünf, und
keiner kennt sie außer Allāh (t). Die Stunde, das
Herabfallen des Regens, was in den Mütterschößen ruht,
was ein Geschöpf in der Zukunft erwirbt und wo es
stirbt.«“
Den Zeitpunkt der Stunde jedoch kennt weder ein
Prophet noch ein nahestehender Engel noch ein
Wissenschaftler. Wann der Tod eintrifft und wo der
Mensch sterben wird, bleibt ein Geheimnis unseres
Schöpfers.
Qur’ān und Sunna in Relation
252
Die folgende Pressemeldung bestätigt uns diese Tatsache:
”Am Freitag morgen sah es rund um die Unglücksstelle
aus wie vor 50 Jahren nach einem Bombenangriff. Auch
auf der Frankfurter Allee lagen noch Erd- und
Steinbrocken. Die bis dahin letzte Explosion einer
Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg hatte sich in
West-Berlin im Jahr 1983 ereignet. Damals detonierte in
Buckow im Bezirk Neukölln eine britische Fünf-Zentner-
Bombe. [...] Bei der Explosion einer Fünf-Zentner-
Fliegerbombe in einer Eigenheimsiedlung in Lehnitz bei
Berlin Anfang Dezember 1991 wurden zwei Menschen
schwer verletzt. [...] Der Blindgänger war von selbst
explodiert. In der Erde lagernde Bomben, Granaten und
Munition aus dem Krieg stellen immer noch eine ständige
Gefahr dar. Fachleute vermuten, dass in Berlin noch rund
15000 Blindgänger in der Erde liegen.“261
Eingeplanter Tod: Zur Zeit des Abwerfens der Bomben
vor ca. 50 Jahren waren ihre Opfer noch nicht geboren.
Auch manche von Ihnen sind im Nachhinein nach Berlin
umgezogen. Ihr Schicksal war auf diese Art und Weise
vorgesehen.
261 - FAZ Nr. 217/1994.
Qur’ān und Sunna in Relation
253
Niemand weiß, welche Augenweide verborgen ist
Nur jene glauben an Unsere Zeichen, die sich, wenn sie an sie gemahnt werden, niederwerfen und das Lob ihres Herrn preisen; und sie sind nicht hochmütig.
(32:15) Ihre Seiten halten sich fern von (ihren) Betten; sie rufen ihren Herrn in Furcht und Hoffnung an und
spenden von dem, was Wir ihnen gegeben haben. (32:16) Doch niemand weiß, welche Augenweide für
sie als Lohn für ihre Taten verborgen ist. (32:17)
Von Mu‘āḏ Ibn Ǧabal, Allāhs Wohlgefallen auf ihm:
”Ich sagte:
»O Gesandter Allāhs, unterrichte mich über eine Tat, die
mich in den Paradiesgarten bringt und mich vom
Höllenfeuer trennt.«
Er antwortete:
»Du hast nach etwas Bedeutsamem gefragt, und dennoch
ist es ein leichtes für den, dem Allāh, der Erhabene, es
leichtmacht. Diene Allāh allein und geselle Ihm nichts bei,
verrichte das Gebet, entrichte die Zakāh, faste im (Monat)
Ramaḍān und pilgere zum Hause.«
Dann sagte er:
»Soll ich dir nicht die Pforten des Guten zeigen? Das
Qur’ān und Sunna in Relation
254
Fasten ist ein Schutz, und das Almosen löscht die
Missetat, wie das Wasser das Feuer löscht, und das Gebet
eines Menschen mitten in der Nacht.«
Dann rezitierte er: »Ihre Seiten halten sich fern von
(ihren) Betten«, bis er die Stelle erreichte: »gegeben
haben«.
Darauf sagte er:
»Soll ich dir nicht über den Anfang der Sache berichten,
über ihre Säule und ihren höchsten Gipfel?«
Ich antwortete:
»Gewiss, o Gesandter Allāhs.«
Er fuhr fort:
»Der Anfang der Sache ist der Islam, ihre Säule ist das
Gebet und ihr höchster Gipfel ist der Ǧihād.«
Dann sagte er:
»Soll ich dir nicht mitteilen, was die Grundlage zu all dem
ist?«
Ich entgegnete:
»Gewiss, o Gesandter Allāhs.«
Da ergriff er seine Zunge und sagte:
»Halte dich damit zurück.«
Ich fragte:
»O Prophet Allāhs, werden wir getadelt werden wegen
dessen, was wir mit ihr sprechen?«
Er sagte:
Qur’ān und Sunna in Relation
255
»(Es ist so ernst,) als ob deine Mutter dich verlieren
würde, o Mu‘āḏ! Was stürzt denn die Menschen auf ihre
Gesichter nieder in das Feuer« oder er sagte: »auf ihre
Nasen« außer der Ernte ihrer Zungen?«“262
Die Niederwerfung ist das Schlüsselwort dieser Sura, die
auch danach benannt ist. An dieser Stelle ist eine
Niederwerfung für den Leser des arabischen Textes
Pflicht.263
Diese Sura beinhaltet auch eine bildliche Darstellung der
Lagerstätten in der Nacht, die den Körper zum Hinlegen
zur Ruhe einladen und dazu, sich am Schlaf zu ergötzen.
Doch in diesem Körper finden sie keinen Widerhall. Er
widerstrebt dieser Einladung, wenn auch mit größter
Anstrengung, um sich seinem Herrn zuzuwenden. Die
Kommentatoren beziehen dies vor allem auf die
Tahaǧǧud-Gebete zwischen Mitternacht und den frühen
Morgenstunden. Dies bedeutet nicht, dass sie auf den
Schlaf verzichten, sondern dass sie einen Teil der Nacht
im Gebet verbringen und ihre Freizeit Seiner
Verherrlichung widmen.
Der Prophet (a.s.s.) sagte einmal zu Ibn Ǧabal:
”Soll ich dir nicht die Wege der Wohltätigkeit weisen? Es
sind: Das Fasten, das ein Schutz ist, die Almosenspende;
262 - Ti. 263 - vgl. dazu den Titel: "Aṣ-Ṣalāh - das Gebet im Islam", Islamische
Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
256
denn sie löscht die Sünde wie das Wasser das Feuer, und
das Gebet inmitten der Nacht.“
Der Gläubige tut dies in Furcht vor der Bestrafung und in
Hoffnung auf die Barmherzigkeit und das Wohlwollen des
Gnädigen Herrn.264 Kein Geschöpf kann sich die
Herrlichkeit des göttlichen Lohnes für diejenigen
vorstellen, die sich so wie in 32:16 verhalten haben.
Unser Prophet (a.s.s.) sagte in einem Ḥadῑṯ:
”Allāh spricht: »Ich habe für Meine rechtschaffenen
Diener Dinge bereitgehalten, die kein Auge je gesehen,
kein Ohr je gehört hat und keinem Menschen in den Sinn
gekommen sind.«“
Dieser Ḥadῑṯ ist von den Prophetengefährten immer als
Kommentar zu diesem Vers verstanden worden.265
264 - vgl. 25:63-67. 265 - ÜB; Bu, Ma, Mu, Ti.
Qur’ān und Sunna in Relation
257
Der Prophet als Vaterfigur
Der Prophet steht den Gläubigen näher als sie sich selber, und seine Frauen sind ihre Mütter. Und
Blutsverwandte sind einander näher als die (übrigen) Gläubigen und die Ausgewanderten - gemäß dem Buch
Allāhs, es sei denn, dass ihr euren Schützlingen Güte erweist. Das ist in dem Buch niedergeschrieben. (33:6)
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete,
dass der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Es gibt keinen unter den Gläubigen, dem ich nicht am
allernächsten stehe, sowohl im Diesseits als auch im
Jenseits. Lest, wenn ihr wollt: ›Der Prophet steht den
Gläubigen näher als sie sich selber...‹ Wer also von den
Gläubigen stirbt und Vermögen hinterläßt, so geht dieses
an seine gesetzlichen Erben, gleichwohl wer sie sind. Wer
aber Schulden oder Bedürftige hinterläßt, so sollen diese
zu mir kommen; denn ich stehe ihnen am
allernächsten.“266
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete
ferner:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
stand auf, als Allāh, der Erhabene und Ruhmvolle den
266 - Bu, Mu.
Qur’ān und Sunna in Relation
258
Qur’ān-Vers267 ›Und warne deine nächsten Verwandten‹ offenbarte, und sagte: »Ihr Leute der Quraiš ... rettet eure
Seelen; denn ich kann euch vor Allāh nicht retten! O ihr
Söhne des ‘Abd Manāf, ich kann euch vor Allāh nicht
retten! O ‘Abbās Ibn ‘Abdu-l-Muṭṭalib, ich kann dich vor
Allāh nicht retten! O Ṣafiyya, Tante des Gesandten Allāhs,
ich kann dich vor Allāh nicht retten! Auch du Fāṭima,
Tochter des Muḥammad, verlange von mir aus meiner
Habe, was du willst, aber vor Allāh kann ich dich nicht
retten!«“268
Unser Prophet (a.s.s.) war für seine Gemeinde das Vorbild
in allen Angelegenheiten. Er verkörperte das Prinzip der
Brüderlichkeit und trug echte Sorgen um seine
Geschwister im Islam. Dieses Prinzip der Brüderlichkeit
unter den Gläubigen ist ein historisches Produkt des
Islam; es wurde vom Propheten (a.s.s.) nach der Hiǧra
eingesetzt, um den Zustand der Auswanderer abzuhelfen,
die in Makka ihre Familen und Hab und Gut
zurückgelassen hatten. Aber auch um solche Neu-Muslime
in Al-Madῑna zu unterstüzen, deren Beziehung zu ihrer
Familie aufgrund ihrer Annahme des Islam abgebrochen
war.269
In der Person des Propheten war die göttliche
267 - 26:214. 268 - Bu. 269 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
259
Barmherzigkeit zu spüren. In seiner Eigenschaft als
Staatsmann war er ein ideales Beispiel für die Führung
und sorgenvolles Wohlergehen seines Volkes. Darüber
hinaus war er eine Vaterfigur für die Schwachen, Frauen,
Kinder und Greise. Er war von den Muslimen so beliebt,
dass sie ihn mehr liebten als sich selbst und ihre eigenen
Familienmitglieder. Daraus entstand die
Opferbereitschaft der Muslime für ihn; sie waren bereit,
neben ihm zu kämpfen, zu sterben und alles für den
Glauben an Allāh (t) geduldig zu ertragen. Der Prophet
(a.s.s.) hat dies bestätigt, indem er sagte: ”Niemand von
euch hat wirklichen Glauben, solange ich ihm nicht lieber
bin als sein Vater, sein Kind und die gesamte
Menschheit.“270
Der Gesandte als schönes Vorbild
Wahrlich, ihr habt an dem Gesandten Allāhs ein schönes Vorbild für jeden, der auf Allāh und den
Letzten Tag hofft und Allāhs häufig gedenkt. (33:21)
Ibn ‘Abbās berichtete:
”Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, rezitierte
das, was ihm befohlen wurde, und er verschwieg das, was
270 - ÜB; vgl. ferner Qur’ān 8:75.
Qur’ān und Sunna in Relation
260
ihm befohlen wurde ›... und dein Herr ist nicht vergesslich
... ‹.271 ›Wahrlich, ihr habt an dem Gesandten Allāhs ein
schönes Vorbild ‹.“272
Der Prophet ertrug selbst auf vorbildliche Weise jede
Mühe und Schwierigkeit. Er beteiligte sich am Bau des
Grabens für die gleichnamige Schlacht, und ertrug Hunger
und Anfechtungen ebenso wie die anderen Muslime.
Während der Belagerung verließ er nicht einen
Augenblick seinen Posten. Durch den Verrat der Banū
QuraiΩa geriet seine eigene Familie ebenso in Gefahr wie
die der anderen Muslime, aber er traf für sie keine
gesonderten Vorkehrungen, die nicht für andere möglich
waren. Wer also beanspruchte, sein Anhänger zu sein, der
sollte auch dem Beispiel folgen, das er vorgelebt hat. Dies
ist der Sinn dieses Verses.273
Frauenwürde
O Prophet! Sprich zu deinen Frauen und deinen Töchtern und zu den Frauen der Gläubigen, sie sollen
ihre Übergewänder reichlich über sich ziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, dass sie (dann) erkannt und
nicht belästigt werden. Und Allāh ist Allverzeihend,
271 - Qur’ān 19:64. 272 - Qur’ān 33:21; Bu. 273 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
261
Barmherzig. (33:59)
‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, sagte
zum Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm:
”O Gesandter Allāhs, wahrlich es kommen zu deinen
Frauen der Rechtschaffene und Schamlose! Wenn du
ihnen doch befehlen würdest, sich zu verschleiern!“
Die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 5.
Jahr n.H. in Al-Madῑna offenbart.
Der Vers ist in Bezug auf die Frauen und die Töchter des
Propheten (a.s.s.) zeitgebunden; in Bezug auf die Frauen
der Gläubigen ist er aber zeitlos, und hat Gültigkeit zu
allen Orten und Zeiten. Allāh (t) gebietet dem Propheten,
den Frauen - insbesondere seinen Frauen und Töchtern
aufgrund ihres hohen Ranges - zu befehlen, ihre
Gewänder über sich zu ziehen, um sich mit diesem
Kennzeichen von den Frauen der vorislamischen Zeit klar
zu unterscheiden. Zielsetzung war nicht, die Freiheit der
Frauen einzuschränken, sondern sie vor Schaden und
Belästigungen unter den in Al-Madῑna herrschenden
Zuständen zu bewahren, ihnen Respekt und Hochachtung
zu verschaffen und als edle und keusche Frauen erkannt
zu werden.274
Von Umm Salama (r) ist überliefert:
274 - vgl. Qur’ān 24:31.
Qur’ān und Sunna in Relation
262
”Als dieser Vers offenbart wurde, erschienen die Frauen
der Al-Anṣār, als ob sich Raben auf ihre Köpfen
niedergelassen hätten, mit einer inneren
gottentstammenden Ruhe, verhüllt in schwarze
Gewänder.“275
Muǧāhid sagte:
”Sie sollten sich so ankleiden, um als freie Frauen erkannt
zu werden und sich nicht der Gefahr auszusetzen, von
einem Ruchlosen belästigt oder in Verdacht gebracht zu
werden.“
Der Herr erweitert und beschränkt die Mittel
Und Wir entsandten zu keiner Stadt einen Warner, ohne dass die, die darin ein Leben in Wohlstand
führten, gesprochen hätten: ”Gewiss, wir leugnen das, womit ihr gesandt worden seid.“ (34:34) Und sie
sagten: ”Wir haben mehr Güter und Kinder (als ihr) ; und wir werden nicht bestraft werden!“ (34:35)
Sprich: ”Wahrlich, mein Herr erweitert und beschränkt dem die Mittel zum Unterhalt, dem Er will; jedoch die
meisten Menschen wissen es nicht.“ (34:36)
Sahl berichtete, dass der Prophet, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, sagte:
275 - Ibn Kaṯῑr.
Qur’ān und Sunna in Relation
263
”Wahrlich, die Bewohner des Paradieses werden zu
(ihren) Gemächern im Paradies hinschauen, wie ihr zu
den Sternen im Himmel hinschaut.“276
Diese Aussage weist indirekt auch die Vorstellung vieler
Menschen in der heutigen Zeit wie in der Vergangenheit
zurück, materieller Wohlstand sei eine Rechtfertigung
aller menschlichen Bestrebungen. Sie verstehen nicht die
Weisheit, auf der das System der Verteilung begründet ist,
und ziehen daraus die falsche Schlussfolgerung.277
Dies kann zweierlei bedeuten, und beides ist richtig:
1. Nicht Eigentum und Kinder bringen die Menschen Allāh näher, sondern Glaube und gute Werke;
2. Eigentum und Kinder können für einen solchen gläubigen, rechtschaffenen Menschen ein Mittel sein, Allāh (t) näher zu kommen, der sein Eigentum für Allāhs Sache einsetzt und seine Kinder zu gottesfürchtigen und rechtschaffenden Menschen erzieht.278
Die Wiederholung dieses Themas soll besonders betonen,
dass reichlicher oder knapper Unterhalt in diesem Leben
mit Allāhs Weisheit verbunden ist. Denn dies gilt hier
sogar für die Diener Allāhs, unter denen wir Arme, Reiche
276 - Bu; vgl. Qur’ān 2:126, 212; 6:123; 7:60, 66, 75, 88, 90; 9:55; 11:116;
13:26; 17:16; 18:34-43; 19:73-77; 20:131; 23:33-34; 29:58; 39:20. 277 - ÜB. 278 - ÜB; vgl. Qur’ān 30:39; vgl. ferner Qur’ān 27:87-90.
Qur’ān und Sunna in Relation
264
und Unterbemittelte finden. Selbst in der scheinbar
ungleichen Verteilung der guten Dinge dieses Lebens liegt
ein guter und barmherziger Paln, zu dem gehört, dass die
Armen und Unterbemittelten im Dienst der Reichen
stehen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und die
Reichen sind dazu verpflichtet, einen Anteil ihres
Vermögens an die Armen abzugeben, weil dies ihnen
zusteht.
Diese Angelegenheit gehört zu den vielen Aspekten der
innermenschlichen Beziehungen, um die soziale Bindung
unter Menschen aufrechtzuerhalten. Dieser rechtliche
Begriff des Qur’ān bedeutet, dass das, was die Reichen
abgeben müssen, kein Akt der freien Gnade, sondern ein
verbrieftes Recht der Armen, das Allāh ihnen
vorschreibt.279
279 - vgl. Qur’ān 30:38.
Qur’ān und Sunna in Relation
265
Engel mit Flügeln
Alles Lob gebührt Allāh, dem Schöpfer der Himmel und der Erde, Der die Engel, mit je zwei, drei und vier
Flügeln, zu Boten gemacht hat. Er fügt der Schöpfung hinzu, was Ihm gefällt; Allāh hat wahrlich Macht über
alle Dinge. (35:1)
Abū Huraira berichtete, dass der Gesandte Allāhs, Allāhs
Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Allāh läßt wahrlich einige Seiner Engel auf den Straßen
herumgehen, um denjenigen nachzuspüren, die Allāhs
gedenken. Wenn sie Leute finden, die Allāhs gedenken,
rufen sie sich gegenseitig zu und sagen: »Kommt her zu
eurem Anliegen!«
Da begeben sie sich zu ihnen und umschirmen sie mit
ihren Flügeln in der Weise, dass sie unmittelbar mit dem
ersten Himmel verbunden werden. Hier dann fragt sie
Allāh, Der Allmächtige und Erhabene - und Er ist wohl
wissender als sie:
»Was sprechen Meine Diener?«
Die Engel antworten:
»Sie preisen Dich, rühmen Deine Größe, loben Dich und
verherrlichen Dich.«
Er sagt:
»Haben sie Mich gesehen?«
Qur’ān und Sunna in Relation
266
Sie sagen:
»Nein! Bei Allāh, sie haben Dich nicht gesehen.«
Er sagt:
»Und was würden sie tun, wenn sie Mich gesehen
hätten?«
Sie sagen:
»Wenn sie Dich gesehen hätten, würden sie Dich umso
mehr anbeten, Dich umso mehr verherrlichen und Dich
umso mehr preisen.«
Er sagt:
»Und worum bitten sie Mich?«
Sie sagen:
»Sie bitten Dich um das Paradies.«
Er sagt:
»Und haben sie es gesehen?«
Sie sagen: »Nein! Bei Allāh, sie haben es nicht gesehen, o
Herr.«
Er sagt:
»Und wie denn, wenn sie es gesehen hätten?«
Sie sagen:
»Wenn sie es gesehen hätten, würden sie kräftiger darauf
harren, stärker danach verlangen, und es mehr und mehr
begehren.«
Er sagt:
»Und wovor suchen sie Zuflucht zu Mir?«
Qur’ān und Sunna in Relation
267
Sie sagen:
»Vor dem Höllenfeuer.«
Er sagt:
»Und haben sie es gesehen?«
Sie sagen:
»Nein! Bei Allāh, sie haben es nicht gesehen, o Herr.«
Er sagt:
»Und wie denn, wenn sie es gesehen hätten?«
Sie sagen:
»Wenn sie es gesehen hätten, würden sie mit aller Kraft
davon rennen und sich stärker davor fürchten.«
Er sagt:
»Ich mache euch zu Zeugen, dass Ich ihnen vergeben
habe.«
Einer der Engel sagt:
»Unter ihnen befindet sich doch einer, der nicht zu ihnen
gehört; denn er kam nur, um etwas zu erledigen.«
Allāh sagt zu ihm:
»Sie sind diejenigen, mit denen er gesessen hat; und
derjenige, der mit ihnen sitzt, soll nicht unglücklich
sein.«“280
Diese Sura trägt den Namen "Fāṭir" (Der Schöpfer),281
Dem hier alles Lob gebührt. Er ist Allāh (t), Der nicht nur
280 - Bu. 281 - vgl. Qur’ān 43:1.
Qur’ān und Sunna in Relation
268
Himmel und Erde erschaffen hat, sondern auch die Engel,
über die Er hier etwas von ihrer Beschaffenheit entlüftet.
Dieser Vers bestätigt schon das, was die Menschen durch
viele Epochen hinweg angenommen haben, dass Engel
Flügel haben. Es gibt leider einige Muslime, die über
diesen Qur’ān-Vers nicht informiert sind und meinen,
Engel müssen nicht Flügel haben. Die Art und Weise, wie
die Flügel in ihrer Zahl auf der Gestalt des Engels geteilt
sind, ist nicht zu erfahren; denn Er fügt der Schöpfung
hinzu, was Ihm gefällt; Allāh hat wahrlich Macht über alle
Dinge.282
Der Prophet und die Gemeinde
Und was Allāh Seinem Gesandten als Beute von ihnen gegeben hat - ihr brauchtet weder Pferde noch Kamele
dazu aufzubieten; aber Allāh gibt Seinen Gesandten Gewalt über wen Er will; und Allāh hat Macht über alle
Dinge. (59:6) Was Allāh Seinem Gesandten gegeben hat, das ist für Allāh und für den Gesandten und für die
Verwandten und die Waisen und die Armen und den Sohn des Weges, damit es nicht nur bei den Reichen unter euch umläuft. Und was euch der Gesandte gibt,
das nehmt an; und was er euch untersagt, dessen enthaltet euch. Und fürchtet Allāh; wahrlich, Allāh ist
282 - vgl. Qur’ān 26:198; 79:1-3. Andere Aussagen über die Engel finden wir in
Qur’ān 21:18; 7:206; 66:6.
Qur’ān und Sunna in Relation
269
streng im Strafen. (59:7)
Die Grundprinzipien für die Wirtschaftspolitik einer
islamischen Gemeinschaft werden hier darlegt. Hier
handelt es sich um das, was Allāh (t) dem Propheten vom
Eigentum des Gegners kampflos gegeben hatte. Von hier
bis Vers 10 dieser Sura wird erläutert, wie Ländereien
und Besitz, der nach der Ausweisung der Banū An-Naḍῑr
dem islamischen Staat zufiel, zu verwalten sein sollte.
Der Prophet (a.s.s.) durfte einen Teil behalten, von dem
er immer wieder für die gemeinschaftlichen Interessen
ausgab. Der Rest sollte wie weiter unten angegeben
verteilt werden. Hierzu ist noch zu bemerken, dass weder
der Prophet noch seine Verwandten von der Zakāh
nehmen durften. Dafür sollten sie von dem Fai’ einen Teil
bekommen, da sie zuvor besonders unter der Verfolgung
hatten leiden müssen.283
‘Alqama berichtete: ”‘Abdullāh sagte:
»Allāh verfluche diejenigen Frauen, die andere Frauen
tätowieren, sich tätowieren lassen, ihre Augenbrauen
entfernen, ihre Zähne abfeilen lassen, um deren
Zwischenräume kosmetisch zu vergrößern, und dadurch
Allāhs Schöpfung zu ändern pflegen!«
283 - vgl. dazu 8:41; vgl. ferner die einzelnen Bestimmungen im Titel:
"Handbuch der Zakāh und der islamischen Wirtschaftslehre", Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
270
Diese Äußerung bekam eine Frau aus dem Stamm Banu
Asad zu hören, die als Umm Ya‘qūb bekannt war. Sie kam
zu ‘Abdullāh und sagte:
»Ich erfuhr, dass du solche und solche verflucht hattest.«
Er entgegnete:
»Und warum soll ich nicht diejenigen verfluchen, die der
Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
verflucht hatte, und dies befindet sich doch im Buche
Allāhs!«
Die Frau erwiderte:
»Ich habe alles gelesen, was sich zwischen den zwei
Buchdeckeln befindet, und da fand ich nichts davon, was
du sagst.«
Er sagte zu ihr:
»Wenn du es wirklich gelesen hättest, so hättest du das
gefunden! Hast du darin folgendes nicht gelesen: ›Und
was euch der Gesandte gibt, das nehmt an, und was er
euch untersagt, dessen enthaltet euch ...‹?«
Sie sagte: »Doch!«
Er sagte:
»Er (der Prophet) hat dies doch verboten.«
Die Frau hielt ihm vor:
»Ich sehe, dass deine Frau dies tut!«
Er sagte zu ihr:
»Geh hinein und sehe selbst nach.«
Qur’ān und Sunna in Relation
271
Da ging die Frau in sein Haus, sah nach, und fand nichts
von dem, was sie erzählte. Er fuhr dann fort:
»Wäre dies der Fall gewesen, so hätte ich mit ihr nichts
Gemeinsames gehabt!«“284
284 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
272
Flüchtlinge und der Islam
(Dies ist) für die armen Auswanderer, die aus ihren Heimstätten und von ihren Besitztümern vertrieben
wurden, während sie nach Allāhs Huld und Wohlgefallen trachteten und Allāh und Seinem
Gesandten beistanden. Diese sind die Wahrhaftigen. (59:8) Und jene, die vor ihnen in der Behausung (des Islam) wohnten und im Glauben heimisch geworden sind, lieben jene, die bei ihnen Zuflucht suchten, und
hegen in sich kein Verlangen nach dem, was ihnen gegeben wurde, sondern sehen (die Flüchtlinge gern)
vor ihnen selbst bevorzugt, auch wenn sie selbst in Dürftigkeit leben. Und wer vor seiner eigenen Habsucht
bewahrt ist - das sind die Erfolgreichen. (59:9) Und diejenigen, die nach ihnen kamen, sagen: ”Unser Herr, vergib uns und unseren Brüdern, die uns im Glauben vorangingen, und lass in unsere Herzen keinen Groll
gegen die Gläubigen. Unser Herr! Du bist wahrlich Gütig, Barmherzig.“ (59:10)
Vor der Besetzung des Gebietes der Banū An-Naḍῑr hatten
die Auswanderer keine permanente Bleibe und keinen
gesicherten Unterhalt. Deswegen wurde ihnen ein Anteil
an Fai’285 zugestanden, ebenso wie anderen Armen,
Waisen und Reisenden. Mit diesen Mitteln sollte all denen
geholfen werden, die gezwungen waren, für die Sache
285 - d.h.: Beute ohne Kampfhandlung.
Qur’ān und Sunna in Relation
273
Allāhs und Seines Gesandten auszuwandern. Dies bezieht
sich nicht allein auf diesen historischen Zusammenhang,
sondern ist für alle Zeiten die Pflicht eines islamischen
Staates.286
Nachdem sich der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, mit seinen ausgewanderten Anhängern in Yaṯrib287
eingerichtet hatte, verfestigte sich der Islam dort. Das
Gebet war eingesetzt, die Zakāh und das Fasten zur Pflicht
gemacht, die gesetzlichen Strafen festgelegt und das
Erlaubte und das Verbotene vorgeschrieben.288 Der Islam
hatte in Yaṯrib seine Heimat gefunden. Und es waren diese
Helfer, über die Allāh im Qur’ān diesen Vers offenbarte.
Hier bezieht es sich auf die Helfer von Al-Madῑna,289 die
den Islam annahmen, als er in Makka verfolgt wurde, und
die den Propheten einluden, ihr Führer in Al-Madῑna zu
werden. Aufgrund ihres guten Willens und ihrer
großzügigen Gastfreundschaft wurde die Al-Hiǧra
möglich. Sie nahmen den Propheten auf und alle seine
Anhänger, die mit ihm kamen. Erstaunliche Bindungen
der Bruderschaft wurden zwischen den Mitgliedern der
beiden Gruppen geschlossen. Bis die islamische
Gemeinschaft über eigene Mittel verfügte, waren die Al-
286 - ÜB. 287 - dem späteren Al-Madῑna. 288 - arab.: Al-Ḥalāl wa-l-Ḥarām. 289 - arab.: Al-Anṣār.
Qur’ān und Sunna in Relation
274
Anṣār die Gebenden und die Auswanderer290 die
Nehmenden. Als das besetzte Gebiet der Banū An-Naḍῑr
verteilt wurde, ging ein großer Teil davon an die
Auswanderer, wobei die Helfer keineswegs neidisch
wurden. Sie freuten sich über das Glück ihrer Brüder.
Ihrerseits wurden sie damit auch von Sorgen und
Pflichten befreit.291
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Ein Mann kam zum Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, und sagte:
»O Gesandter Allāhs, ich bin sehr erschöpft!«
Da schickte der Prophet jemanden zu seinen Frauen, und
dieser fand dort nichts (zu essen). Der Gesandte Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
»Gibt es keinen Mann, der ihn für diese Nacht aufnimmt,
auf dass Sich Allāh seiner erbarmen möge?«
Da stand ein Mann von den Al-Anṣār auf und sagte:
»Ich, o Gesandter Allāhs!«
Dieser ging dann (mit dem Gast) nach Hause und sagte zu
seiner Frau:
»(Dieser ist der) Gast des Gesandten Allāhs, so enthalte
ihm nichts vor!«
Sie sagte zu ihm:
290 - arab.: Al-Muhāǧirūn. 291 - ÜB; vgl. Qur’ān 7:43; ferner den Titel: "Die Brüderlichkeit im Islam",
Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
275
»Bei Allāh, ich habe nichts anderes, außer der Nahrung
für die Kinder!«
Er sagte:
»Wenn die Kinder abends essen wollen, so bringe sie erst
zum Schlafen, dann komm zu mir, lösche die Öllampe,
und lass uns den Gürtel auf unseren Bäuchen
festschnüren!«
Sie tat es, und der Mann kam am nächsten Morgen zum
Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, der zu
ihm sagte:
»Allāh hat wahrlich die Tat des Mannes Soundso und der
Frau Soundso wohlwollend gesehen!«
Darauf hat Allāh, Erhaben und Ruhmreich ist Er,
folgendes offenbart: › ..., sondern sehen (die Flüchtlinge
gern) vor sich selbst bevorzugt, auch wenn sie selbst in
Dürftigkeit leben.‹“292
292 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
276
WWaahhrrlliicchh,, AAllllāāhh ggeehhöörrtt aalllleess,,
wwaass EErr nniimmmmtt uunndd wwaass EErr ggiibbtt,,
uunndd aalllleess iisstt bbeeii IIhhmm vvoorrbbeessttiimmmmtt..
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
277
Allāh verbietet euch nicht,
gütig zu sein
Vielleicht wird Allāh Zuneigung setzen zwischen euch und denen unter ihnen, mit denen ihr in Feindschaft
lebt; denn Allāh ist Allmächtig und Allāh ist Allverzeihend, Barmherzig. (60:7) Allāh verbietet euch
nicht, gegen jene, die euch nicht des Glaubens wegen bekämpft haben und euch nicht aus euren Häusern
vertrieben haben, gütig zu sein und redlich mit ihnen zu verfahren; wahrlich, Allāh liebt die Gerechten.
(60:8) Doch Allāh verbietet euch, mit denen, die euch des Glaubens wegen bekämpft haben und euch aus euren Häusern vertrieben und (anderen) geholfen
haben, euch zu vertreiben, Freundschaft zu schließen. Und wer mit ihnen Freundschaft schließt - das sind die
Missetäter. (60:9)
Allāh (t) weiß, wie schwer es ist, die Beziehungen zu
Brüdern, Schwestern und anderen nahen Verwandten
abzubrechen. Darum tröstet Er hier die Gläubigen mit der
Hoffnung, dass eben diese Angehörigen eines Tages
Muslime werden und sich die gegenwärtige Feindschaft
wieder in Freundschaft wandelt. Niemand konnte damals
verstehen, wie das möglich sein könnte. Aber nur wenige
Wochen nach der Offenbarung dieses Verses wurde
Makka eingenommen, und die Banū Quraiš schlossen sich
Qur’ān und Sunna in Relation
278
scharenweise dem Islam an, so dass die Muslime mit
eigenen Augen die Erfüllung dieser Verheißung erleben
konnten.293
Friedliches Zusammenleben ist die grundsätzliche Regel
in den Beziehungen des islamischen Staates mit andern
Staaten. Dieser Zustand endet nur, wenn der islamische
Staat militärisch angegriffen wird, und wenn die
Befürchtung besteht, dass ein Friedensabkommen von der
gegnerischen Seite gebrochen wird, was an sich eine
Angriffsdrohung darstellt, oder wenn die freie Ausübung
des Glaubens mit Gewalt unterbunden wird, was einen
Angriff auf die Menschenrechte darstellt. Der Muslim
streitet nicht um eigene Interessen und kämpft nie
aufgrund von Rassismus oder Nationalismus, Stammes-
oder Familienfehden. Er kämpft, nur damit das Wort
Allāhs Oberhand gewinnt.294
Asmā’ Bint Abῑ Bakr, Allāhs Wohlgefallen auf beiden,
berichtete:
”Meine Mutter kam wohlwollend zu mir, und dies
geschah zu Lebzeiten des Propheten, Allāhs Segen und
Friede auf ihm. Ich fragte den Propheten: »Soll ich die
Bindung zu meiner Mutter aufrechterhalten?« Und er
sagte: »Ja!«“
293 - ÜB. 294 - ÜB; vgl. Qur’ān 9:5, 23-24; 58:22.
Qur’ān und Sunna in Relation
279
Ibn ‘Uyaina sagte:
»Darauf offenbarte Allāh der Erhabene: ›Allāh verbietet
euch nicht, gegen jene, die euch nicht des Glaubens wegen
bekämpft haben ...‹«“295
295 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
280
Frauenhände schütteln?
O Prophet! Wenn gläubige Frauen zu dir kommen und dir den Treueeid leisten, dass sie Allāh nichts zur Seite
stellen, und dass sie weder stehlen noch Unzucht begehen, noch ihre Kinder töten, noch Untreue begehen
zwischen ihren Händen und Beinen, die sie selbst ersonnen haben, noch dir ungehorsam sein werden in dem, was rechtens ist, dann nimm ihren Treueeid an und bitte Allāh um Vergebung für sie. Wahrlich, Allāh
ist Allvergebend, Barmherzig. (60:12)
‘Urwa berichtete, dass ‘Ā’iša, Allāhs Wohlgefallen auf ihr,
Gattin des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, zu
ihm sagte:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
pflegte, diejenigen Auswanderer unter den gläubigen
Frauen nach folgendem Qur’ān-Vers zu prüfen: ›O
Prophet! Wenn gläubige Frauen zu dir kommen und dir
den Treueeid leisten, dass sie Allāh nichts zur Seite
stellen, und dass sie weder stehlen noch Unzucht begehen
noch ihre Kinder töten noch ein Unrecht begehen
zwischen ihren Händen und Beinen, das sie selbst
wissentlich ersonnen haben, noch dir ungehorsam sein
werden in dem, was rechtens ist, dann nimm ihren
Treueeid an und bitte Allāh um Vergebung für sie.
Wahrlich, Allāh ist Allvergebend, Barmherzig‹.
Qur’ān und Sunna in Relation
281
Zu denen, die sich dann von den gläubigen Frauen zu
diesen Bedingungen verpflichtet hatten, sagte der
Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm:
»Ich nehme deinen Treueeid an.«
Dies war aber nur verbal. Bei Allāh, es geschah zu keiner
Zeit, dass seine Hand, bei der Leistung des Treueeids, die
Hand einer (fremden) Frau berührt hätte.296 Er nahm
ihren geleisteten Treueeid nur mit dem Satz entgegen:
»Ich nehme deinen Treueeid unter diesen Bedingungen
an!« ... “297
Über die Normentreue gegenüber dem Propheten (a.s.s.)
werden bei Al-Buḫāryy folgende Ḥadῑṯe überliefert:
Yazῑd Ibn Abῑ ‘Ubaid berichtete:
”Ich fragte Salama:
»Für was habt ihr dem Propheten, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, am Tage der Al-Ḥudaibiyya den Treueeid
geleistet?«
Er sagte: »Für den Tod!«“
Und Ǧarῑr Ibn ‘Abdullāh berichtete:
”Ich leistete dem Propheten, Allāhs Segen und Friede auf
ihm, den Treueschwur für die Verrichtung des Gebets, die
Entrichtung der Zakāh und die Aufrichtigkeit gegenüber
jedem Muslim.“
296 - Hier liegt der Beweis vor für alle Muslime, Männer und Frauen, die nicht
glauben wollen, dass dieser Brauch im Islam nicht gestattet ist. 297 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
282
Auch ‘Ubāda Ibn Aṣ-Ṣāmit berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
sagte zu uns in einer Versammlung:
»Leistet mir den Treueschwur, dass ihr Allāh weder etwas
zur Seite stellt noch stehlt noch Unzucht begeht, noch
eure Kinder tötet noch Schändlichkeiten durch eure
Hände und Beine begeht und dass ihr euch bezüglich der
guten Werke nicht ungehorsam verhaltet. Wer von euch
dies erfüllt, der hat seinen Lohn von Allāh zu erwarten;
und wer immer etwas davon begeht und dafür eine Strafe
in dieser Welt erleidet, so gilt diese als eine Sühne dafür.
Begeht einer aber eine Tat davon und wird von Allāh vor
der Öffentlichkeit geschützt, so ist das Urteil bei Allāh:
Wenn Er will, bestraft Er ihn, und wenn Er will, vergibt Er
ihm.«
So haben wir ihm aufgrund dessen den Treueschwur
geleistet.“298
298 - vgl. dazu Qur’ān 6:151.
Qur’ān und Sunna in Relation
283
Ein Muslim ist derjenige, vor dessen
Zunge und Hand die Muslime sicher
sind; und ein Auswanderer ist der,
der das verläßt,
was Allāh verboten hat.
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
284
Barmherzigkeit auf Moses
Und da sagte Moses zu seinem Volk: ”O mein Volk, warum kränkt ihr mich, wo ihr doch wisst, dass ich Allāhs Gesandter bei euch bin?“ Als sie dann (vom Glauben) abschweiften, da ließ Allāh ihre Herzen
abschweifen. Und Allāh leitet kein frevelhaftes Volk. (61:5) Und da sagte Jesus, der Sohn der Maria: ”O ihr Kinder Israels, ich bin Allāhs Gesandter bei euch, der
Bestätiger dessen, was von der Thora vor mir gewesen ist, und Bringer der frohen Botschaft eines Gesandten,
der nach mir kommen wird. Sein Name wird Aḥmad sein.“ Und als er zu ihnen mit den Beweisen kam,
sagten sie: ”Das ist ein offenkundiger Zauber.“ (61:6)
‘Abdullāh berichtete:
”Der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, verteilte
eines Tages etwas unter den Anwesenden, und ein Mann
von den Al-Anṣār sagte:
»Wahrlich, diese Verteilung ist keinesfalls solche, bei der
man das Wohlwollen Allāhs zum Ziel hatte!«
Ich sagte:
»Bei Allāh, ich werde deswegen zum Propheten, Allāhs
Segen und Friede auf ihm, gehen.«
Als ich bei ihm ankam, befand er sich unter vielen
Menschen; daher erzählte ich es ihm vertraulich. Er war
darüber so verärgert, dass sein Gesicht rot wurde. Er
Qur’ān und Sunna in Relation
285
sagte dann:
»Allāhs Barmherzigkeit sei auf Moses, der mit mehr als
dies verletzt wurde und sich geduldig verhielt.«“299
Auf die Aussage folgt ein Beispiel aus der Verhaltensweise
der Kinder Israels, die ihren Propheten Moses und später
Jesus kränkten.300 Die Muslime sollen daraus lernen, wie
sie die Kränkung ihres Propheten vermeiden, indem sie
ihm gegenüber nichts sagen, was im Widerspruch zu
ihren Handlungen steht.301
Es wurde berichtet: Jesus hat gesagt "Ihr Kinder Israels"
und nicht "O mein Volk", wie es Moses getan hat, weil
Jesus keine Verwandtschaft mit ihnen hatte, durch welche
sie sein Volk gewesen wären. Nach Ka‘b Al-Aḥbār ist
überliefert, dass die Jünger Jesus fragten: Du Geist (Rūḥ)
Allāhs! Wird es nach uns noch eine andere
Religionsgemeinschaft geben? Darauf sprach Jesus: "Ja,
die Gemeinschaft Aḥmads. Sie wird aus Leuten bestehen,
die weise, wissend, fromm und gottesfürchtig sind, als
seien sie im religiösen Wissen Propheten. Sie werden
Allāh gegenüber mit geringem Unterhalt und er wird
ihnen gegenüber mit geringem Tun zufrieden sein."302
Jesu Auftrag galt seinem eigenen Volk, den Kindern
299 - Bu. 300 - vgl dazu Qur’ān 33:69. 301 - vgl. dazu Qur’ān 2:7, 67-71; 4:153; 5:20-26; 20:86-98. 302 - Zam, Gät.
Qur’ān und Sunna in Relation
286
Israels. Aḥmad bzw. Muḥammad (der Gelobte) ist eine
fast genaue Übersetzung des griechischen Wortes
"Periclytos". Im heute vorliegendenden
Johannesevangelium303 steht das Wort "Tröster" für das
griechische Wort "Paracletos", das wörtlich jemanden
bezeichnet, der sich für jemanden einsetzt, jemandem
hilft, ihm ein lieber Freund ist. Unsere Gelehrten wandten
dagegen ein, dass "Paracletos" eine Entstellung des
Wortes "Periclytos" ist und in der ursprünglichen Aussage
Jesu unser Prophet mit dem Namen "Aḥmad" genannt
wurde. Aber selbst wenn das Wort Paracletos richtig ist,
kann es auf den Propheten Muḥammad (a.s.s.)
angewendet werden, der eine Barmherzigkeit für die
Welten304 und für die Gläubigen ist.305
Der beste Versorger
Doch wenn sie eine Handelsware oder ein Spiel sehen, dann brechen sie sogleich dazu auf und lassen dich (im Gebet) stehen. Sprich: ”Was bei Allāh ist, das ist besser
als Spiel und Handelsware, und Allāh ist der beste Versorger.“ (62:11)
303 - vergleiche Johannes 14:16; 15:26 und 16:7. 304 - vgl. Qur’ān 21:107. 305 - ÜB; vgl. ferner Qur’ān 3:81; 9:128; 74:24-25.
Qur’ān und Sunna in Relation
287
ıābir Ibn ‘Abdullāh berichtete:
”Während wir das Gebet mit dem Propheten, Allāhs
Segen und Friede auf ihm, verrichteten, traf eine Kamel-
Karawane ein, die eine Lebensmittel-Ladung hatte. Die
meisten Leute beschäftigten sich sehr damit, so dass am
Ende nur zwölf Mann bei dem Propheten, Allāhs Segen
und Friede auf ihm, blieben. Daraufhin wurde folgender
Qur’ān-Vers306 offenbart: ›Doch wenn sie eine
Handelsware oder ein Spiel sehen, dann brechen sie
sogleich dazu auf und lassen dich stehen... ‹“307
306 - arab: Āya. 307 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
288
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
289
Neidisches Verhalten
O Prophet! Warum verbietest du das, was Allāh dir erlaubt hat, um nach der Zufriedenheit deiner Frauen zu trachten? Und Allāh ist Allvergebend, Barmherzig. (66:1) Wahrlich, Allāh hat für euch die Lösung eurer
Eide angeordnet, und Allāh ist euer Beschützer; und Er ist der Allwissende, der Allweise. (66:2) Und als der
Prophet sich zu einer seiner Frauen im Vertrauen geäußert hatte und sie es dann kundtat und Allāh ihm davon Kenntnis gab, da ließ er (sie) einen Teil davon wissen und verschwieg einen Teil. Und als er es ihr
vorhielt, da sagte sie: ”Wer hat dich davon unterrichtet?“ Er sagte: ”Unterrichtet hat mich der
Allwissende, der Allkundige.“ (66:3) Wenn ihr beide (Frauen des Propheten) euch Allāh reumütig
zuwendet, so sind eure Herzen bereits (dazu) geneigt. Doch wenn ihr euch gegenseitig gegen ihn unterstützt, wahrlich, dann ist Allāh sein Beschützer; und Gabriel und die Rechtschaffenen unter den Gläubigen (sind ebenso seine Beschützer); und außerdem sind die
Engel (seine) Helfer. (66:4) Vielleicht wird sein Herr ihm, wenn er sich von euch scheidet, an eurer Stelle
bessere Frauen als euch geben, muslimische, gläubige, gehorsame, reuige, fromme, fastende (Frauen),
Ṯaiyibāt und Jungfrauen. (66:5)
Das ist ein wirkungsvoller und behutsamer Verweis für
den Propheten (a.s.s.), dass sein Bemühen darum, seine
Frauen zu erfreuen und zufriedenzusstellen nicht so weit
gehen darf, dass er sich etwas verbietet, was Allāh (t) ihm
Qur’ān und Sunna in Relation
290
erlaubt hat. Und da er das tat, so soll er Allāh, Den
Barmherzigen, um Vergebung bitten und seinen Eid lösen.
Obwohl im Qur’ān nicht erwähnt wird, was der Prophet
sich selbst verboten hatte, erwähnen die Überlieferer und
Kommentatoren zwei Ereignisse: Eines davon bezieht
sich auf die Koptin Maria (a.s.) und ein anderes darauf,
dass er sich selbst das Essen von Honig verbot. Im Falle
von Maria (a.s.) geht es darum, dass der Prophet nach
dem Vertrag von Al-Ḥudaibiyya Briefe an die Herrscher
der benachbarten Länder schickte, von denen auch einer
an den Patriarchen von Alexandria gerichtet war. Dieser
nahm zwar nicht den Islam an, empfing aber den Boten
freundlich und schickte dem Propheten zwei Sklavinnen,
die auf dem Rückweg gläubig wurden. Eine davon, Maria
(a.s.), wurde in den Hausstand des Propheten
aufgenommen und gebar ihm im Jahre 8 nach der Hiǧra
seinen Sohn Ibrāhῑm. Eines Tages befand sich der Prophet
im Haus seiner abwesenden Frau Ḥafṣa, und Maria (a.s.)
gesellte sich zu ihm. Dies nahm Ḥafṣa ihm übel und
beklagte sich bei ihm, woraufhin er schwor, sich der
ehelichen Beziehungen zu Maria (a.s.) in Zukunft zu
enthalten. Die meisten der diesbezüglichen
Überlieferungen gehen auf Nachkommen der
Prophetengefährten zurück ohne jedoch direkt auf ihn
rückführbar zu sein, und in keiner der sechs
Qur’ān und Sunna in Relation
291
authentischen Ḥadῑṯ-Sammlungen wird eine einzige
Version dieser Geschichte überliefert. Ein anderer
Zwischenfall wird bei Al-Buḫāryy, Muslim and anderen
berichtet, und zwar von ‘Ā’iša (r) selbst: Nach dem
Nachmittagsgebet besuchte der Prophet alle seine Frauen,
wobei es einmal geschah, dass er in Zainabs Haus länger
als gewöhnlich blieb; denn sie hatte von jemandem Honig
bekommen, den der Prophet sehr gern aß. ‘Ā’iša war
eifersüchtig und verabredete mit den anderen Frauen,
dass sie zu ihm sagen sollten: ”Du riechst nach Maġāfir.“
(dies ist eine Blume mit einem unangenehmen Geruch,
der auch auf den Honig übergeht, weil die Bienen davon
sarnmeln). Sie alle wussten, dass der Prophet eine feine
Nase hatte und unangenehme Gerüche verabscheute. Der
Streich hatte den gewünschten Erfolg, indem der Prophet
versprach, nie wieder bei Zainab Honig zu essen.
Namhafte Gelehrte halten diese letztere Geschichte für
authentisch. Dadurch, dass der Prophet sich selbst die
Sache verbot, könnte ein Ausmaß an Auswirkung
erreichen, dass auch seine Anhänger dies für verboten
gehalten oder gemeint hätten, es wäre nicht schädlich,
sich selbst etwas zu verbieten.
Die sanften Worte der Ermahnung, die in 33:28-34 an die
Frauen des Propheten gerichtet wurden, erläutern die
Situation weit besser als irgendein Kommentar. Wäre der
Qur’ān und Sunna in Relation
292
Prophet ein gewöhnlicher Ehemann gewesen, dann hätte
er zwischen seinen privaten Gefühlen und seinen
öffentlichen Pflichten nicht das Gleichgewicht halten
können. Er war jedoch kein gewöhnlicher Ehemann und
gab seine Enhaltsamkeit auf, als er die höreren Pflichten
erkannte, die ihm auferlegt waren und die Versöhnung
forderten. Damit wird nicht nur der Prophet selbst
getadelt, sondern auch seine Frauen werden darauf
aufmerksam gemacht, dass sie in ihrer Eigenschaft als
Frauen des Propheten nicht die damit verbundene
Verantwortung richtig erkannt hatten.308
Über das neidische Verhalten einiger Gattinnen des
Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte ‘Umar
Ibn Al-Ḫaṭṭāb, Allāhs Wohlgefallen auf ihm:
”Vielleicht gibt ihm sein Herr, wenn er sich von euch
Frauen scheidet, bessere Frauen!“
Die Entscheidung Allāhs darüber im Qur’ān wurde im 9.
Jahr n.H. in Al-Madῑna offenbart, welche lautet: ”Vielleicht
wird sein Herr ihm, wenn er sich von euch scheidet, an
eurer Stelle bessere Frauen als euch geben, muslimische,
gläubige, gehorsame, reuige, fromme, fastende (Frauen),
Ṯaiyibāt und Jungfrauen.“309
Die Ablösung von Schwüren dieser Art lautet: Wenn deine
308 - ÜB. 309 - Ibn Kaṯῑr: Tafsῑr IV, 389.
Qur’ān und Sunna in Relation
293
Schwüre dich daran hindern, Gutes zu tun oder richtig zu
handeln oder zwischen Menschen Frieden zu stiften, dann
solltest du für diese Schwüre eine Sühne leisten, dich aber
nicht vom Guten abhalten lassen. Unter solchen
Umständen muss ein Schwur gebrochen und gesühnt
werden.310
Wer diese beiden Frauen waren und welche vertrauliche
Angelegenheit sie an die Öffentlichkeit dringen ließen,
wird nicht ausdrücklich erwähnt. Nach den authentischen
Überlieferungen reagierte der Prophet darauf, indem er
seine Frauen so lange mied, dass in der Öffentlichkeit der
Eindruck entstand, der Prophet hätte sich von seinen
Frauen geschieden. Dies teilte ein Freund ‘Umars in einer
Nacht mit. Er klopfte so heftig an ‘Umars Tür, dass dieser
erschrak, und ihn fragte, ob die Römer einmarschiert
wären. Der Freund sagte, nein, es sei etwas Schlimmes
passiert, der Prophet hätte sich von seinen Frauen
geschieden. Am nächsten Morgen ging ‘Umar zuerst zu
seiner Tochter Ḥafṣa. Sie konnte ihm nicht sagen, ob der
Prophet sich von ihr geschieden hatte. Daraufhin
versuchte er dreimal hintereinander vergeblich Einlass
zum Propheten zu bekommen. Dann bekam er die
Erlaubnis. Er fragte ihn, ob er sich von seinen Frauen
geschieden habe. Der Prophet verneinte dies. ‘Umar
310 - ÜB; vgl. dazu Qur’ān 2:224.
Qur’ān und Sunna in Relation
294
versuchte dann, die Sorge des Propheten zu zerstreuen
und ihn etwas aufzuheitern. Er erzählte von den Frauen
der Al-Anṣār, die immer ihre Ehemänner dominierten,
und wie die Frauen der Auswanderer diese "Unsitte" von
den Frauen der Al-Anṣār lernten. Der Prophet lächelte.
Dann erzählte er ihm, wie er seine Tochter davor gewarnt
hatte, sich mit ihrer hübschen Nachbarin (gemeint ist
‘Ā’iša) zu messen.311
311 - vgl. den Titel: "Al-Fārūq ‘Umar Ibn Al-Ḫaṭṭāb", Islamische Bibliothek;
ferner Qur’ān 4:34; 9:112; 33:28-30, 35, 56; 42:38.
Qur’ān und Sunna in Relation
295
Du Bedeckter!
O du Bedeckter! (74:1) Erhebe dich und warne (74:2) und verherrliche deinen Herrn (74:3) und reinige deine Kleider (74:4) und meide den Götzendienst (74:5) und sei nicht wohltätig in Erwartung von
persönlichen Vorteilen (74:6) und sei standhaft um deines Herrn willen. (74:7)
ıābir Ibn ‘Abdullāh Al-Anṣāryy sagte - indem er von der
Zeit erzählte, in der der Empfang von weiteren
Offenbarungen für eine Weile einen Stillstand erlebte:
”Er (der Prophet) sagte in seinem Bericht:
»Als ich unterwegs war, hörte ich eine Stimme vom
Himmel; ich richtete meinen Blick nach oben und sah,
dass der Engel, der mir in der Berghöhle von Ḥirā’
erschienen war, auf einem Stuhl zwischen dem Himmel
und der Erde saß. Ich erschrak vor ihm, kehrte zurück
und sagte: ›Hüllt mich ein.‹ Darauf sandte Allāh, der
Erhabene folgende Worte herab: ›O du Bedeckter! Erhebe
dich und warne! (usw. bis zu Seinem Wort:) ...und meide
den Götzendienst.‹« Danach ging es mit der Offenbarung
zügig und ohne Unterbrechungen weiter.“312
ıābir Ibn ‘Abdullāh hat vom Gesandten Allāhs folgenden
Bericht überliefert:
312 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
296
”Ich war auf dem Berg Ḥirā’, da wurde mir zugerufen:
Muḥammad! Du bist der Gesandte Allāhs. Ich schaute
nach rechts und nach links, sah aber nichts. Dann schaute
ich nach oben über mich und sah etwas.“
In der Überlieferung nach ‘Ā’iša (r), Gattin des Propheten,
heißt es vom Propheten (a.s.s.):
”Ich blickte nach oben über mich, und siehe, da saß
jemand auf einem Thron zwischen Himmel und Erde.“
Gemeint ist der Engel Gabriel, der ihn angerufen hatte.
”Ich erschrak und kehrte zu Ḫadῑǧa zurück und rief:
»Haltet mich warm in einem Diṯār,313 Haltet mich warm in
einem Diṯār! Da kam Gabriel und sagte: ›Der du in einem
Diṯār eingewickelt bist!‹«“ ("O du Bedeckter", nach dem
diese Sura genannt ist). Und deine Kleider, die reinige: Es
handelt sich um einen Befehl, die Kleider vor
Verschmutzung reinzuhalten; denn die Reinheit der
Kleider ist eine Bedingung für das rituelle Gebet, das ohne
sie nicht gültig ist. Die Reinheit ist auch außerhalb des
Gebetes der angemessenste und wünschenswerteste
Zustand, und es ist abscheulich, wenn ein guter Gläubiger
mit Widerwärtigem behaftet ist. Man sagt auch, hier liege
ein Befehl vor, die Kleider zu kürzen und anders zu tragen
als die Araber, die ihre Kleider lang hielten und Schleppen
trugen. Indessen ist man dabei nicht vor dem Eintreten
313 - Überwurfstoff bzw. warme Decke.
Qur’ān und Sunna in Relation
297
von Verschmutzumgen sicher. Ferner sagt man: Es
handelt sich hier um einen Befehl, die Seele von
unsauberen Handlungen und verwerflichen
Gewohnheiten reinzuhalten. Man sagt: Der und der hat
saubere Kleider, Taschen, Schleppen und Ärmel, wenn
man ihn als jemand hinstellen will, der frei von Fehlern
und Charakterschwächen ist.314
Wehe denjenigen, die das Maß verkürzen
Wehe denjenigen, die das Maß verkürzen (83:1), die, wenn sie sich von den Leuten zumessen lassen, volles Maß verlangen. (83:2) Und dann jedoch, wenn sie es ihnen ausmessen oder auswägen, verkürzen sie es.
(83:3) Glauben diese nicht, dass sie auferweckt werden (83:4) an einem großen Tag (83:5), an dem die
Menschen vor dem Herrn der Welten stehen werden? (83:6)
Der Offenbarungszeitpunkt dieser Sura, der in die
makkanische Periode fällt, als die Muslime selbst arm und
machtlos waren, weist darauf hin, dass mit den Betrügern
die reichen, skrupellosen Angehörigen der Oberschicht
von Makka gemeint waren. Dennoch gilt diese Androhung
314 - Zam, Gät; vgl. dazu Qur’ān 73:1.
Qur’ān und Sunna in Relation
298
alldiejenigen, die das Maß verkürzen zu allen Orten und
Zeiten.
Hier wird die Art und Weise des Maßverkürzens beim
Messen und Wiegen beschrieben. Hierzu gilt die
aufrichtige Regel, welche lautet: Geben und Nehmen
müssen gerecht und ausgewogen sein. Doch eigentlich
geht es darum, dass man in vollem Umfang geben muss,
was von einem erwartet wird, ob man nun von den
anderen dasselbe erwartet und wünscht oder nicht.315
Bei demjenigen, der dieses Unrecht begeht fehlt der
Glaube, dass er eines Tages vor seinem Herrn stehen wird,
Der ihn für seine Untaten zur Rechenschaft ziehen wird,
am Tag der Auferstehung, an dem alle Menschen dem
Erhabenen Schöpfer vorstellig sein werden.
Ibn ‘Umar, Allāhs Wohlgefallen auf beiden, berichtete,
dass der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, in
Bezug auf ›..., an einem großen Tag, an dem die Menschen
vor dem Herrn der Welten stehen werden...‹ sagte:
”Jeder von ihnen wird bis zur Hälfte seiner Ohren in
seinem eigenen Schweiß stehen.“316
315 - ÜB. 316 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
299
WWeerr nniicchhtt bbaarrmmhheerrzziigg iisstt,,
ddeerr ffiinnddeett aauucchh kkeeiinn EErrbbaarrmmeenn..
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
300
Wenn der Himmel zerbricht
Wenn der Himmel zerbricht (84:1) und seinem Herrn gehorcht und sich Ihm gefügig zeigt (84:2), und wenn
die Erde ausgebreitet wird (84:3) und herauswirft, was sie verbirgt, und sich (von allem) freimacht (84:4) und
ihrem Herrn gehorcht und sich Ihm gefügig zeigt. (84:5) Du Mensch! Du strebst mit aller Mühe deinem
Herrn zu; und du sollst Ihm begegnen. (84:6)
Abū Rāfi‘ berichtete:
”Ich verrichtete mit Abū Huraira das Nachtgebet, in dem
er ›iḏa-s-Samā’u-n-šaqqat‹317 rezitierte und auf Grund
derer eine Niederwerfung vornahm. Ich fragte ihn: »Was
ist das?« und er antwortete: »Ich machte eine derartige
Niederwerfung hinter Abū-l-Qāsim,318 Allāhs Segen und
Friede auf ihm, und ich halte diese solange ein, bis ich ihn
(am Tage der Auferstehung) wiedersehen werde.«“319
Und Abū Salama berichtete:
”Ich sah Abū Huraira, als er ›iḏa-s-Samā’u-n-šaqqat‹
rezitierte und sich dabei niederwarf.
Ich sagte zu ihm:
»O Abū Huraira, ich sehe, dass du dich niederwirfst!« und
317 - = "Wenn der Himmel zerbricht." 318 - Beiname unseres Propheten (a.s.s.), der ausschließlich nur für ihn
benützt werden darf. 319 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
301
er erwiderte: »Wenn ich nicht gesehen hätte, dass der
Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sich
niederwarf, so hätte ich keine Niederwerfung
gemacht!«“320
Diese kraftvolle Eröffnung der Sura, die vor allem die
Unterwerfung unter den göttlichen Willen betont, ist eine
Art von Einstimmung auf das, was dann dem Menschen
gesagt wird, damit er Demut vor Allāh (t) empfindet,
erkennt, in welcher Lage er sich befindet, und sich seiner
letztendlichen Bestimmung bewusst wird, die ihn zu Allāh
(t) zurückführt.
Wir mögen den Eindruck haben, als sei der Himmel, wie
wir ihn über uns sehen, unendlich hoch, weit und
grenzenlos, ewig und zeitlos - etwas Unerschaffenes. Doch
Allāh (t) hat ihn entstehen lassen und solange es Sein
Wille ist, wird er bestehen bleiben, keinen Augenblick
länger. Wenn Sein Befehl ergeht, wird er gehorchen und
sich auflösen.321
Die Erde wird am Tage der Auferstehung alles
herauswerfen, was sie in ihrem Innern an Toten aus
vielen Generationen verbirgt; sie wird sich von der Last
der Gräber befreien und dem Befehl ihres Herrn
gehorchen und sich Ihm gefügig zeigen.322
320 - Bu. 321 - ÜB. 322 - vgl. dazu Qur’ān 15:19; 20:105-108.
Qur’ān und Sunna in Relation
302
Du Mensch! Während du deine Lebensbedürfnisse auf der
Erde mit harter Arbeit befriedigst, schreitest du deinem
Lebensende zu. Der Abschluss aller Mühen ist aber immer
der gleiche, nämlich die Rückkehr zu Allāh (t), um
Rechenschaft abzulegen, was du in deinem irdischen
Leben getan hast.323
Schau zu den Kamelen
Schauen sie denn nicht zu den Kamelen, wie sie erschaffen sind (88:17); und zu dem Himmel, wie er
emporgehoben ist (88:18); und zu den Bergen, wie sie aufgerichtet sind (88:19); und zu der Erde, wie sie
ausgebreitet worden ist? (88:20)
Zaid Ibn Ḫālid Aǧ-Ǧuhanyy berichtete, dass der Prophet,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, von einem Mann über
den rechtmäßigen Umgang mit einer Fundsache gefragt
wurde, und er folgende Antwort gab:
”Bewahre sie gut auf ... und mache dies bekannt für ein
Jahr lang. Danach benutze sie. Meldet sich ihr Eigentümer,
so gib sie ihm zurück.“
Der Mann sagte:
”Was ist mit einem verirrten Kamel?“
Der Prophet, der auf Grund dieser Frage verärgert war 323 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
303
und dessen Wangen sich rot färbten, sagte:
”Mit diesem hast du nichts zu tun! Es trägt sein eigenes
Wasser und hat seine eigenen Fußsohlen; es findet seinen
Weg zu den Wasserquellen und ernährt sich von wilden
Pflanzen. Lass es dann weiter so, bis sein Herr es
wiederfindet.“
Der Mann fragte weiter:
”Was ist mit einem verirrten Schaf?“
Der Prophet sagte:
”Dies ist für dich, für deinen Bruder oder für den Wolf
bestimmt.“324
Allāh (t) macht uns im Qur’ān auf die wunderbare
Schöpfung der Kamele aufmerksam: Die Tragezeit einer
Kamelstute dauert zwischen 11 und 13 Monaten. Die
Nahrung des Tieres besteht aus Dornensträuchern und
Steppenpflanzen mit sehr geringem Saftgehalt. Das Kamel
ist ein Wiederkäuer, speichert selbst seine Nahrung und
sein Wasser, und es besitzt eine große Unempfindlichkeit
gegen Wassermangel. Es kann zehn Tage lang ohne einen
Tropfen Wasser leben, wenn es aber trinkt, so nimmt es
durchschnittlich 135 Liter Wasser in zehn Minuten auf;
diese Menge entspricht etwa 13 Eimern Wasser. Bei sehr
harten Strapazen, Dürrezeiten und Hungerkatastrophen
überlebt das Kamel bei einem Gewichtsverlust von 35 %,
324 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
304
und dennoch bleibt sein Blut flüssig (beim Menschen z.B.
ist ein Gewichtsverlust von 10 % tödlich, da bei
Wasserverlust das Blut seine flüssige Konsistenz verliert).
All diese Eigenschaften lassen das Kamel als Lastenträger
(bis 400 kg) und Reittier in den trockenen Gebieten
geeignet sein, und es wird mit Recht ›Wüstenschiff‹
genannt. Es hat große Füße, deren Sohlen dick und
elastisch gefedert sind, so dass sie bei Eis, Schnee, Sand
und spitzen Steinen ohne Probleme schreiten können.
Gegen Sandstürme besitzt das Tier verschließbare
Nasenlöcher. Seine Augen tränen ständig, um den
Wüstensand auszuspülen. Es hat ein sehr gutes
Gedächtnis und findet von selbst zum Nomadenlager
zurück; es hat durch seine Körpergröße von 2,5 m Höhe
und 3 m Länge, sowie durch seine Stärke eine absolute
Überlebenschance; denn es wird gewöhnlich nicht von
Raubtieren angegriffen.
Zu den Wunderzeichen der Schöpfung gehört der
emporgehobe Himmel ohne Stützpfeiler, unter dem wir
leben und uns vor seinem Absturz sicher fühlen. Zu
diesen Zeichen gehören auch die Berge, die so
aufgerichtet sind, dass wir auf und neben ihnen noch
Wege und Zugänge zu anderen Tälern und Weideplätzen
finden, wo auch das Regenwasser von ihren Höhen in den
Rinnen in herrlicher Ordnung herabgleitet wird.
Qur’ān und Sunna in Relation
305
Dieser Vers verrät die Form der Erde, deren Ausbreitung
nur durch ihre Kugelform möglich ist. Vor mehr als 1400
Jahren zur Zeit dieser Offenbarung haben die Menschen
geglaubt, die Erde sei eine flache Scheibe, an deren Ende
man in die Leere herabstürzen kann.
Qur’ān und Sunna in Relation
306
Hungrige, Kranke und Gefangene
Und was lehrt dich wissen, was das Hindernis ist? (90:12) (Es sind:) das Befreien eines Nackens (90:13);
oder an einem Tage während der Hungersnot das Speisen (90:14) einer nahverwandten Waise (90:15) oder eines Armen, der sich im Staube wälzt. (90:16);
Dann wird er unter denen sein, die glauben und einander ermahnen zur Geduld und einander
ermahnen zur Barmherzigkeit. (90:17)
Abū Mūsa Al-Aš‘aryy berichtete, dass der Gesandte Allāhs,
Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte:
”Speist den Hungrigen, besucht den Kranken und lasst
den Gefangenen (bzw. Sklaven) frei.“325
Derjenige, der behauptet, er habe "viel Vermögen
verschwendet“ hat sich nicht einmal darum gekümmert,
dass die "Hindernisse" vor einem glücklichen Dasein des
Menschen beseitigt werden. Zu diesen Hindernissen
gehört, dass ein Mensch aus seiner Not durch die
Sklaverei von seinen Fesseln befreit wird; denn dieser
wird in manchen Fällen an seinem "Nacken" gebunden
und wie ein Tier geführt.
325 - vgl. Qur’ān 90:13; Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
307
Zu den genannten Hindernissen gehört ferner die
Beseitigung des Hungers, insbesondere zu jenen Zeiten
der Hungernot, in denen viele Menschen leiden und sich
vor Schmerzen im "Staub wälzen". Was nützt es, Sklaven
zu befreien oder Hungrige zu speisen, wenn dahinter kein
Glaube steht?326
Sprich von der Gnade deines Herrn
Beim Vormittag (93:1) und bei der Nacht, wenn alles still ist! (93:2) Dein Herr hat dich weder verlassen, noch verabscheut. (93:3) Wahrlich, das Jenseits ist
besser für dich als das Diesseits. (93:4) Und wahrlich, dein Herr wird dir geben und du wirst wohlzufrieden sein. (93:5) Hat Er dich nicht als Waise gefunden und
aufgenommen (93:6), und dich auf dem Irrweg gefunden und richtig geführt (93:7), und dich dürftig gefunden und reich gemacht? (93:8) Was die Waise
angeht, so unterdrücke sie nicht. (93:9) Und was den Bittenden angeht, so fahre ihn nicht an (93:10), und sprich überall von der Gnade deines Herrn. (93:11)
Ǧundub Ibn ‘Abdullāh, Allāhs Wohlgefallen auf ihm,
berichtete:
326 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
308
”Das Erscheinen Gabriels,327 Allāhs Friede auf ihm, blieb
beim Propheten (für eine Weile) aus, und eine Frau aus
den Quraiš sagte:
»Sein Šaiṭān328 hielt sich von ihm zurück.«
Aus diesem Anlaß wurde ›waḍ-ḍuḥa wallaili iḏā saǧā, mā-
wadda‘aka rabbuka wa-mā qalā ...‹329 offenbart.“
Dies ist eine Art Schwur, die Allāh (t) allein zusteht und
von uns Menschen nicht angewendet werden darf. Allāh
schwört beim Vormittag, den Er erschaffen hat und hinter
dem eine gewaltige Gesetzmäßigkeit der Erdumdreheung
vor der Sonne geschieht. Das herrliche und angenehme
Morgenlicht am Vormittag ist das Gegenteil von der
Nacht, die alle Dinge mit ihrer Dunkelheit verhüllt.
Mit diesem Schwur tröstet Allāh Seinen Propheten
Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm, und
versichert ihm Seinen Beistand bei der Ausführung seiner
Aufgabe. Ferner wird betont, dass das Jenseits besser als
das Diesseits ist, sowohl für den Propheten selbst, als
auch für jeden Menschen, der an Allāh und Seine
Botschaft glaubt. Dort - d.h. im Jenseits - wird jeder
wohlzufrieden sein, sowohl der Prophet selbst als auch
jeder, der ihm folgt.
Hier zählt Allāh vor Seinem Propheten die Gnaden und
327 - arab: Ǧibrῑl. 328 - d.h.: Satan. 329 - Qur’ān 93:1f.; Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
309
Wohltaten auf, die Er ihm gewährt hat, und erinnert ihn
daran, dass Er es ist, Der seit Beginn seines Wachstums
nichts fehlen ließ. Muḥammad soll aus den
vorangehenden Gnadenerweisen ermessen können, was
er noch von Allāhs Güte zu erwarten hat, damit er sich auf
den besten Ausgang sowie das Zunehmen des Guten und
des Ansehens einstellen könnte und nicht kleinmütig und
ungeduldig würde. "Hat er dich nicht ... gefunden": Hier ist
vom Finden im Sinne eines Wissens um die Lage
Muḥammads die Rede. Gemeint ist: Warst du nicht ein
Waise? Muḥammads Vater starb nämlich, als Muḥammad
ein Embryo von sechs Monaten war, und seine Mutter
starb, als er sechs Jahre alt war. Darauf bestellte Allāh
Muḥammads Vaterbruder Abū Ṭālib zum Bürgen über ihn
und erweckte in Abū Ṭālib ein Gefühl der Zuneigung für
ihn, so dass Abū Ṭālib ihn gut erzog. "Auf dem Irrweg":
Gemeint ist, dass Muḥammad sich damals noch gegenüber
dem Wissen um die offenbarten Gesetze und dem, was
nur durch Belehrtwerden erkannt werden kann, auf dem
Irrweg befand und keine Ahnung davon hatte. So sagt
Allāh (t): "Du wusstest damals nicht, was die
Offenbarungsschrift ist."330 Indessen sagt man auch, dass
Muḥammad (a.s.s.) sich in seiner Jugend auf einem
Bergpfad bei Makka verirrte und dass Abū Ǧahl ihn zu
330 - Qur’ān 42:52.
Qur’ān und Sunna in Relation
310
seinem Großvater ‘Abdulmuṭṭalib zurückbrachte. "Und
rechtgeleitet": und dich mit dem Qur’ān und den
offenbarten Gesetzen bekannt gemacht. Oder: und dafür
Sorge getragen, dass du deinem Großvater und deinem
Onkel väterlicherseits nicht länger durch Verirrung
entzogen warst. Wenn man behauptet, dass Muḥammad
vierzig Jahre hindurch genauso lebte wie seine
Stammesgenossen, und wenn man das in dem Sinne
meint, dass er genau wie sie der Wissenschaften
ermangelte, die man nur durch Belehrtwerden gewinnen
kann, so ist das gut. Wenn man es aber in dem Sinne
meint, dass er nach der Religion und dem Unglauben
seiner Stammesgenossen lebte, dann Allāh behüte! Denn
die Propheten müssen vor und nach dem Eintritt ihres
Prophetentums vor schändlichen Sünden schwerer und
leichterer Art bewahrt331 bleiben, und wie steht es da
wohl mit dem Unglauben und der Unkenntnis des
Schöpfers? Die Antwort darauf gibt das Wort: "Und wir
dürfen Allāh keine Teilhaber beigesellen."332 In den Augen
der Ungläubigen wäre es für den Propheten ein
hinreichender Mangel gewesen, wenn er vor dem Eintritt
des Prophetentums im Unglauben gelebt hätte. "Und reich
gemacht": und dich entweder durch das Vermögen deiner
331 - arab.: ma‘ṣūm. 332 - Qur’ān 12:38.
Qur’ān und Sunna in Relation
311
Gattin Ḫadῑǧa oder durch die Beute, die Allāh dir
zukommen ließ, reich gemacht. Im letzten Sinne hat der
Prophet gesagt: Mein Unterhalt ist unter den Schatten
meiner Lanze gestellt. Indessen sagt man auch, es sei
gemeint: Allāh hat dir Zufriedenheit verliehen und dein
Herz reich gemacht.333
Diese Worte in diesem Versblock bilden ein
Gebotskomplex aus drei Punkten: Was die Waise angeht,
so unterdrücke sie nicht. Und was den Bittenden angeht,
so fahre ihn nicht an, und sprich überall von der Gnade
deines Herrn. Der Bittende, oder wörtlich der Fragende,
kann nicht nur ein Bettler sein, sondern jemand, der in
einer schwierigen Lage um Hilfe bittet, sei es nun
materiell, ideell oder nur zur Belehrung.334
Von Allāhs Wohltaten zu sprechen ist eine Art
Dankbarkeit Ihm gegenüber. Mit einer solchen
Verhaltensweise verschwindet die Geheimtuerei über das
Gehortete. Es sind Befehle, die sowohl an den Propheten
selbst, der sowieso sich im vorbildlichen Benehmen eines
Gesandten Allāhs verhält, als auch an jeden Menschen
nach ihm bis zum Tage des Weltuntergangs. Diese
Anweisungen spiegeln hier die Alltagsnöte wider,
insbesondere in einer von Gier und Materialismus
333 - Zam, Gät; vgl. dazu Qur’ān 6:94; 19:95. 334 - vgl. Qur’ān 80:1ff.
Qur’ān und Sunna in Relation
312
zersetzten Gesellschaft.335
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
335 - ÜB.
Qur’ān und Sunna in Relation
313
Eine Nacht als tausend Monate
Wahrlich, Wir haben ihn (den Qur’ān) herabgesandt in der Nacht von Al-Qadr. (97:1) Und was lehrt dich wissen, was die Nacht von Al-Qadr ist? (97:2) Die Nacht von Al-Qadr ist besser als tausend Monate.
(97:3) In ihr steigen die Engel und Gabriel herab mit der Erlaubnis ihres Herrn zu jeglichem Geheiß. (97:4) Frieden ist sie bis zum Anbruch des Frühlichts. (97:5)
Abū Huraira, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete,
dass der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, zum
Anlaß des Fastenmonats Ramaḍān sagte:
”Ein gesegneter Monat ist zu euch gekommen. In ihm hat
Allāh das Fasten für euch zur Pflicht gemacht. In ihm
werden die Tore des Paradieses geöffnet, die Tore der
Ǧaḥῑm336 geschlossen und die Satane in Ketten gefesselt.
In ihm gibt es eine Nacht, die besser ist als "tausend
Monate."337 Wer den Segen dieser Nacht verpasst, der hat
(einen enormen) Verlust erlitten.“338
Dieser Versblock schließt sich in voller Harmonie mit der
Sura 96 an. Die Offenbarung des Qur’ān erfolgte an jener
Nacht, an der das Schicksal (Al-Qadr) der Menschheit
bestimmt worden ist. Es geschah dreizehn Jahre vor der
336 - Einer von mehreren Namen des Höllenfeuers im Qur’ān. 337 - vgl. Qur‘ān 2:185 (enthält den Ausdruck: "tausend Monate"). 338 - Bai, Ha, Na.
Qur’ān und Sunna in Relation
314
Auswanderung des Propheten (a.s.s.) von Makka nach Al-
Madῑna.
Sie allein als "eine Nacht" ist in ihrem Wert besser als
tausend Monate, wenn man diese im Gebet verbringen
würde. Nach Angaben des Propheten (a.s.s.) war sie eine
der letzten zehn Nächte des Monats Ramaḍān. Nach der
gemachten Erfahrung mit ihr ist sie die Nacht zum 27.
Ramaḍān, d.h. am 26. Ramaḍān abends nach dem
Sonnenuntergang, mit dem der neue 27. Tag nach dem
islamischen Kalender beginnt. Die Muslime verstehen,
dass ihr genaues Datum dem Propheten wohl bekannt
war, er aber wollte sie in den letzten 10 Tagen des
Ramaḍān einschließen, damit die Muslime sich mehr und
mehr um das Wohlwollen Allāhs eifern und sich von
ihrem Segen bereichern.
Gepriesen sei Allāh, Der Herr aller Welten.
Qur’ān und Sunna in Relation
315
Wie kommt das, dass der eine von euch seine Frau wie einen
Ochsen schlägt, alsdann sie danach vielleicht umarmt?
Muḥammad, der Prophet Allāhs (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
316
Abū Lahab ging zugrunde
Zugrunde gehen sollen die Hände Abū Lahabs! Und (auch er selbst) soll zugrunde gehen! (111:1) Nichts
soll ihm sein Vermögen nützen, noch das, was er erworben hat (111:2); er wird in einem flammenden
Feuer brennen (111:3), und seine Frau wird das Brennholz tragen. (111:4) Um ihren Hals ist ein Strick
aus Palmfasern. (111:5)
Abū Lahab war ein Onkel des Propheten väterlicherseits,
und sein eigentlicher Name war ‘Abdu-l-‘Uzzā Ibn ‘Abdi-l-
Muṭṭalib. Er war in Makka sehr bekannt, nicht nur wegen
seines großen Reichtums, sondern auch wegen seines
leicht entflammbaren Zorns, und deshalb wurde er
allgemein Abū Lahab (Vater der lodernden Flamme)
genannt.
Seit der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm, damit
begonnen hatte, die Menschen zum Islam aufzurufen, war
Abū Lahab einer seiner erbittertsten Gegner, und er
nutzte jede Gelegenheit, dem Propheten, in dessen
unmittelbarer Nachbarschaft er in Makka wohnte, und
dem Islam Schaden zuzufügen: Er beschimpfte den
Propheten, bezichtigte ihn der Lüge und warf ihm vor, die
Menschen in die Irre führen zu wollen.
So mag auch sein flammender Eifer bei der Bekämpfung
Qur’ān und Sunna in Relation
317
der Muslime zu seinem Spitznamen "Vater der lodernden
Flamme" beigetragen haben. Nach einem Ḥadῑṯ, der bei
Al-Buḫāryy überliefert wird, rief der Prophet eines Tages
die Banū Quraiš, denen er selbst angehörte, zu sich und
teilte ihnen von einem Hügel aus mit, dass er für sie ein
Warner vor gewaltiger Strafe sei. Daraufhin schrie Abū
Lahab ihn an:
”Hast du uns aus diesem Grund hier versammelt?
Verderben komme über dich!“
Da offenbarte Allāh (t) diese Sura als Antwort auf das
Verhalten Abū Lahabs. Diese Worte stellen aber nicht nur
das unumstößliche Urteil Allāhs fest, dass Abū Lahab
wegen seines Unglaubens und seines Kampfes gegen den
Islam der Strafe des Höllenfeuers unwiderruflich
verfallen ist, sondern beinhalten auch - zusammen mit
dem ersten Vers - einen klaren Beweis für das
Prophetentum Muḥammads, Allāhs Segen und Friede auf
ihm. Denn Abū Lahab lebte nach der Offenbarung dieser
Sura noch einige Jahre, und Muḥammad konnte von sich
aus nicht wissen, ob Abū Lahab noch zum Islam
übertreten würde oder nicht - viele Bewohner Makkas,
die den Propheten, zunächst aufs heftigste bekämpft
hatten, wurden später schließlich doch noch Muslime
und traten für den Islam mit ihrem Besitz und ihrem
Leben ein und stritten für ihn. So mag es sich der Prophet
Qur’ān und Sunna in Relation
318
auch und gerade für seinen Onkel, trotz dessen
erbitterten Kampfes gegen ihn, aus ganzem Herzen
erhofft haben. Dadurch, dass Abū Lahab in diesem Vers
jedoch die endgültige Strafe des Höllenfeuers
bekanntgegeben wurde, wurde es auch als Tatsache
hingestellt, dass Abū Lahab bis zu seinem Tode ungläubig
bleiben würde, sowohl in seinem Herzen als auch durch
öffentliches Bekenntnis.
Dieses Wissen konnte Muḥammad jedoch nur durch die
Offenbarung Allāhs erlangen, und deshalb ist in diesen
Versen ein eindeutiger Beweis für Muḥammads
Prophetentum. In den letzten beiden Versen wird eine
weitere Person angesprochen, nämlich die Ehefrau Abū
Lahabs. Es handelt sich um Umm Ǧamῑl ‘Urwa Bint Ḥarb
Ibn Umayya, die Schwester des prominenten
makkanischen Führers Abū Sufyān, der seinerseits
ebenfalls an der Spitze der Feinde des Islam in Makka
stand, bis er im Jahre 8 n.H. selbst zum Islam übertrat.
Auch diese Ehefrau Abū Lahabs gehörte zu denen, die den
Propheten Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
aufs heftigste bekämpften und ihm Schwierigkeiten
bereiteten, wo sie nur konnten. So trug Umm Ǧamῑl eines
Nachts Dornengestrüpp zusammen, wie man es als
Brennholz verwendete, und legte es auf den Weg zu
Muḥammads Haus, damit er sich im Dunkeln daran
Qur’ān und Sunna in Relation
319
verletzte.
Die Kommentatoren erklären dahingehend, dass die Frau
Abū Lahabs in der Hölle selbst Brennholz herbeizutragen
habe, so wie sie im diesseitigen Leben Verleumdungen
unter die Leute trug. Die Frau Abū Lahabs bekämpfte
aber nicht nur selbst den Propheten Muḥammad, Allāhs
Segen und Friede auf ihm, und die Muslime, sondern
hetzte auch ihren Mann immer wieder gegen sie auf und
bestärkte ihn in seinem Unglauben und seinem
Widerstand gegenüber dem Islam. Und da sie ihm in
dieser Welt geholfen hat, soll sie nach Allāhs Willen als
Strafe im Höllenfeuer ebenfalls an seiner Seite stehen und
das Höllenfeuer für ihn schüren. Der Strick aus
Palmfasern ist eine zusätzliche Erschwernis für die Frau
Abū Lahabs; denn jener feine Bast ist besonders leicht
entzündbar. Unter anderem wird auch überliefert, dass
Allāh (t) es fügte, dass Umm Ǧamῑl mit einem Strick
erdrosselt wurde und so ihre irdische Strafe fand,
während im Jenseits um ihren Hals ein Seil aus Feuer
gelegt wird.
Qur’ān und Sunna in Relation
320
Er ist Allāh, ein Einziger
Sprich: ”Er ist Allāh, ein Einziger (112:1), Allāh, der Absolute, (Ewige, Unabhängige, von Dem alles
abhängt). (112:2) Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt worden (112:3), und Ihm ebenbürtig ist keiner.“
(112:4)
‘Ā’iša, Allāhs Wohlgefallen auf ihr, berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
pflegte - wenn er zu Bett ging - in seine beiden
Handflächen zu pusten, indem er ›qull hua-llāhu aḥad‹339
und die beiden Schutz-Suren340 rezitierte. Anschließend
strich er mit seinen Händen über sein Gesicht und überall
über seinen Körper, soweit seine Hände hinreichen
konnten. Als er aber erkrankt war, ließ er mich dies für
ihn tun.“341
Und Abū Sa‘ῑd Al-Ḫudryy berichtete, dass ein Mann einem
anderen zuhörte, als dieser ›qull hua-llāhu aḥad‹342
rezitierte und mehrmals wiederholte. Am nächsten
Morgen kam er zum Gesandten Allāhs, Allāhs Segen und
Friede auf ihm, und erzählte ihm in der Art und Weise
davon, als ob er diese Sura für gering halte. Der Gesandte
Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, sagte dann zu 339 - Sura 112 340 - 113 und 114. 341 - Bu. 342 - Sura Nr. 112.
Qur’ān und Sunna in Relation
321
ihm: »Ich schwöre bei Dem, in Dessen Hand mein Leben
ist, dass diese Sura soviel ausmacht wie ein Drittel des
ganzen Qur’ān«343
Und Anas, Allāhs Wohlgefallen auf ihm, berichtete:
”Ein Mann von den Al-Anṣār pflegte unsere Gebete in der
Moschee von Qubā’ zu leiten; er hat jedes Mal vor jeder
Sura zuerst mit der Rezitation von ›qull hua-llāhu aḥad‹
begonnen, und wenn er diese bis Ende rezitiert hatte,
rezitierte er anschließend dazu noch eine andere Sura; er
tat es so weiter in jeder Rak‘a. Seine Leute redeten mit
ihm darüber, indem sie sagten: »Du beginnst mit dieser
Sura und siehst nicht ein, dass sie für dich genug ist, so
dass du noch eine andere rezitierst. Entweder rezitierst
du nur diese oder du läßt diese und rezitierst eine
andere!« Der Mann erwiderte: »Ich werde diese nicht sein
lassen! Wenn ihr wollt, dass ich euch im Gebet mit dieser
Sura leite, werde ich dies weiter tun. Wenn ihr aber nicht
wollt, so werde ich (als Imām) euch verlassen.« Die Leute
aber wussten, dass er der Beste unter ihnen war, und sie
wollten nicht, dass ein anderer als er die Gebete für sie
leitet. Als der Prophet, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
zu ihnen kam, erzählten sie ihm davon, und der Prophet
fragte den Mann:
»Du Soundso, was hindert dich daran, dass du das
343 - Bu.
Qur’ān und Sunna in Relation
322
machst, was deine Leute von dir verlangen, und was
zwingt dich, die Rezitation dieser Sura in jeder Rak‘a
beizubehalten?«
Der Mann antwortete:
»Ich liebe die Sura!«
Und der Prophet erwiderte:
»Deine Liebe zu dieser Sura wird dich ins Paradies
bringen!«“344
Über den Vorzug dieser Sura gibt es viele Ḥadῑṯe. Al-
Buḫāryy überliefert z.B. folgenden Ḥadῑṯ Qudsyy:345 ”Allāh
(t) sagt:
»Der Mensch leugnet Mich, und er hat kein Recht dazu;
und er beschimpft Mich, und er hat kein Recht dazu; sein
Mich-Leugnen besteht darin, dass er behauptet, dass Ich
ihn nicht wiedererwecke, so wie Ich ihn anfangs
erschaffen habe; und sein Mich-Beschimpfen besteht
darin, dass er behauptet, Allāh hätte einen Sohn gezeugt.
Aber Ich bin der Ewige, Alleinige Herr, Der nicht zeugt
und Der nicht gezeugt worden ist, und niemand ist Mir
gleich.«“
Der Vorzug dieser Sura ist nicht erstaunlich; denn sie
beinhaltet grundlegende Glaubenssätze des Islam und
weist jedes Leugnen der Einheit und Unvergleichlichkeit
344 - Bu. 345 - "Heiliger Ḥadῑṯ"; Überlieferung von Allāhs Rede mit Seinen eigenen
Worten unabhängig vom Qur’ān.
Qur’ān und Sunna in Relation
323
Allāhs von seiten der Juden, Christen und Götzenanbeter
entschieden zurück. Denn die Juden sagen, Esra sei Gottes
Sohn, was die Christen ebenfalls über Jesus behaupten,
und die heidnischen Makkaner, die die Existenz Allāhs
keineswegs abstritten, sich jedoch über Ihn völlig falsche
Vorstellungen machten und neben Ihm zahlreiche Götzen
anbeteten, insbesondere Al-Lāt und Al-‘Uzzā als
angebliche Töchter Allāhs und dachten, auch die Engel
seien Allāhs Töchter.
Zuflucht zum Herrn des Frühlichts
Sprich: ”Ich nehme meine Zuflucht zum Herrn des Frühlichts (113:1) vor dem Übel dessen, was Er
erschaffen hat (113:2), und vor dem Übel der Dunkelheit, wenn sie hereinbricht (113:3), und vor dem Übel der Knotenanbläserinnen (113:4) und vor
dem Übel eines (jeden) Neiders, wenn er neidet.“ (113:5)
‘Ā’iša, Allāhs Wohlgefallen auf ihr, berichtete:
”Der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
pflegte - wenn er zu Bett ging - in seine beiden
Handflächen zu pusten, indem er ›qull hua-llāhu aḥad‹346
346 - Sura 112.
Qur’ān und Sunna in Relation
324
und die beiden Schutz-Suren347 rezitierte. Anschließend
strich er mit seinen Händen über sein Gesicht und überall
über seinen Körper, soweit seine Hände hinreichen
konnten. Als er aber erkrankt war, ließ er mich dies für
ihn tun.“348
”Sind dir nicht die Verse bekannt, die diese Nacht
offenbart wurden? Dergleichen hat man noch nicht
gehört: »Sprich: ›Ich nehme meine Zuflucht zum Herrn
des Frühlichts.‹« und »Sprich: ›Ich nehme meine Zuflucht
beim Herrn der Menschen.‹«“
Dieser Ḥadῑṯ, der bei Muslim überliefert wird, macht den
Stellenwert der beiden letzten Suren des Qur’ān-Textes
deutlich und läßt erahnen, welch ungeheuer tröstliche
und befreiende Wirkung diese Suren auf die Gläubigen
gehabt haben mögen, als diese Verse in Makka offenbart
und der noch kleinen islamischen Gemeinde von ihrem
Propheten Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
verkündet wurden. Mit dem ersten Vers dieser Sura, mit
dem Allāh (t) Seinen Propheten Muḥammad, Allāhs Segen
und Friede auf ihm, und die Gläubigen auffordert,
bestimmte Worte zu sprechen, die Angst, Aberglauben
und alles Übel vertreiben. Dies bezieht sich insbesondere
auf jene Kräfte in der Schöpfung, auf die wir als Menschen
347 - Nr. 113 und 114. 348 - Bu; vgl. den obigen Abschnitt zur Sura Nr. 112.
Qur’ān und Sunna in Relation
325
aus eigener Kraft keinen Einfluss haben, wie z.B. die Ǧinn,
den "Bösen Blick" usw.
Allāh (t) läßt in Seiner Güte die Gläubigen jedoch nicht
allein in Angst und Hilflosigkeit, sondern eröffnet ihnen
eine Möglichkeit, ihre Ängste abzulegen, Zuflucht in der
Rechtleitung Allāhs, im Bewusstsein und im Schutz Seiner
Allmacht zu suchen und somit in Sicherheit und
Sorglosigkeit zu leben. Als "Herr des Frühlichts" ist Er der
Herr über den Wechsel von Tag und Nacht, einen
Zeitenwechsel, der von der Drehung der Erde innerhalb
des Sonnensystems abhängig ist. "Herr des Frühlichts"
bedeutet also auch "Herr eines wohldurchdachten und
vollkommenen Systems", und in Qur’ān-Kommentaren
wird darauf hingewiesen, dass "Falaq" (Spaltung), nicht
nur "Frühlicht", sondern demnach auch "Gesamtheit der
Schöpfung" bedeutet. Falaq kann außerdem "Spaltung der
Dinge in zwei Komponenten" oder "Spaltung des
Samenkorns durch Entsprießen der Pflanze" bedeuten.
Vier Arten von Übel werden hier erwähnt - in diesem Vers
das allgemeine Übel in bestimmten Teilen der Schöpfung
und in den folgenden drei Versen drei weitere Arten,
nämlich das Übel der Dunkelheit, das Übel der
"Knotenanbläserinnen" und das Übel desjenigen, der
neidet. Allgemein können wir zunächst einmal zwei Arten
des Übels unterscheiden: das Übel, das von jemandem
Qur’ān und Sunna in Relation
326
selbst ausgeht - nämlich die Sünden, die er begeht, und
das Übel, das einem zustoßen kann - sei es durch andere
Menschen, durch Ǧinn, durch Tiere oder durch
Naturereignisse. Beide Arten des Übels sind Gegenstand
der "Zufluchtnahme".349
Nach überwiegender Meinung der Qur’ān-
Kommentatoren ist unter "Dunkelheit" die Nacht zu
verstehen - demnach spricht dieser Vers also das Übel an,
das beim Hereinbrechen der Nacht auftaucht. Während
der Tag Licht, Wärme und Sicherheit verbreitet, ist die
Nacht die Zeit des Dunkels, der Kälte, der Unsicherheit
und der Angst. Die Nacht ist z.B. die Zeit der Diebe und
Verbrecher, die die Dunkelheit für ihre üblen, "dunklen"
Zwecke nutzen, und die Nacht ist, was für Menschen in
vielen Gebieten der Welt auch heute noch von größter
Bedeutung ist, die Zeit der Raubtiere - die Nacht ist also
die Zeit vermehrter physischer Gefahren, anders
ausgedrückt, Gefahren "körperlicher Übel", aufgrund
derer sich der Mensch unsicher fühlt und ängstigt. Aber
die Nacht ist auch die Zeit vermehrter irrationaler Ängste,
also "seelischer Übel". Bei diesen Knotenanbläserinnen
handelt es sich um eine Art Priesterinnen von Al-Lāt, die
von den heidnischen Arabern als Göttin verehrt wurde.
Die Knotenanbläserinnen galten als Zauberinnen; sie
349 - arab.: Isti‘āḏa.
Qur’ān und Sunna in Relation
327
übten einen bestimmten "Knotenzauber" aus, indem sie
Stricke verknüpften und jeden einzelnen Knoten
anhauchten; damit sollten andere Menschen verhext
werden. Diese Zauberei war eine Art von Magie, und sie
steht hier in dieser Sura stellvertretend für Magie im
Allgemeinen. Die Erwähnung der Zauberei in diesem Vers
beweist, dass es Magie tatsächlich gibt und dass sie
Schaden anrichtet; es ist eine bekannte Tatsache, dass
Magie mit Täuschung, Betrug und Suggestion
zusammenhängt, dass dabei mit den Gefühlen und
Sinneswahrnehmungen der Menschen, ihrem
Aberglauben und ihren Ängsten gespielt wird. Dagegen
kann kein Mensch tatsächlich zaubern in dem Sinne, dass
er etwas von Allāh (t) Erschaffenes durch noch so
geschickte Vorgehensweise verändert oder etwas von
Ihm Gewolltes durch "magische Kräfte" oder Hexerei
beeinflusst. Den Neid kann man in drei Kategorien
einteilen: erstens in den Wunsch nach Aufhören einer
Wohltat oder Gunst, die einem anderen zukommt; dann in
den Wunsch, dass einem anderen gar nicht erst etwas
Gutes widerfährt; und schließlich in den Wunsch, dass
einen selbst dasselbe Wohlergehen trifft, ohne dabei dem
anderen zu wünschen, dass die Wohltat, die ihm zuteil
wurde, wieder verschwindet.
Qur’ān und Sunna in Relation
328
Zuflucht zum Herrn der Menschen
Sprich: ”Ich nehme meine Zuflucht zum Herrn der Menschen (114:1), dem König der Menschen (114:2),
dem Gott der Menschen (114:3) vor dem Übel des Einflüsterers, der entweicht und wiederkehrt (114:4), der den Menschen in die Brust einflüstert (114:5), (sei
dieser) von den Ǧinn oder den Menschen.“ (114:6)
Diese letzte Sura des Qur’ān, eine der beiden sogenannten
Schutz-Suren, wurde nach überwiegender Meinung der
Geschichtsschreiber in Makka offenbart - zusammen mit
der anderen, obengenannten Schutz-Sura, Nr. 113.
Inhalt dieser letzten Sura ist ebenfalls die Zuflucht350 zu
Allāh (t) vor Übel, das den Menschen bedroht. Die drei
ersten Verse dieser Sura weisen zunächst noch einmal
darauf hin, dass Allāh (t) die einzige Zufluchtsmacht vor
allem Übel ist; dies sagte ja auch schon die vorhergehende
Sura aus. Allāh (t) wird in diesen drei Versen durch drei
Eigenschaften beschrieben: Er ist der Herr der Menschen,
ihr König und ihr Gott. Er ist also der "Besitzer" der
Menschen, ihr "Gebieter", "Eigentümer", "Leiter" und
"Erhalter", Derjenige, der Macht über sie ausübt und über
sie verfügt; dies alles bedeutet das arabische Wort "Rabb".
Und Er ist Derjenige, Der sie als "König" und "Herrscher" 350 - arab.: Isti‘āḏa.
Qur’ān und Sunna in Relation
329
(Mālik) am Tag des Jüngsten Gerichts für ihre Taten auf
Erden zur Verantwortung ziehen wird. Die dritte hier
genannte Eigenschaft, "Ilāh" (Gott), bedeutet, dass einzig
und allein Allāh (t) es ist, Der angebetet werden darf, und
dass niemand und nichts Ihm zur Seite gestellt werden
darf. Die Lehre des Tauḥῑd351 wird also in den ersten
Versen dieser Sura noch einmal nachdrücklich betont. In
jedem dieser drei Verse wird das Wort "Menschen"
genannt. Dadurch werden zum einen die Eigenschaften
Allāhs besonders hervorgehoben, zum anderen zeichnet
Allāh (t) dadurch auch die Menschen aus; denn Allāh (t)
ist ja Herr der gesamten Schöpfung, von der die Menschen
nur einen kleinen Teil ausmachen. Einem Ḥadῑṯ zufolge,
der von Al-Buḫāryy überliefert wurde, drückte der
Prophet Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm,
dies so aus:
”Satan hockt auf dem Herzen des Menschen; wenn dieser
nun Allāhs gedenkt, zieht er sich zurück, und wenn er
unachtsam ist, flüstert er Böses ein.“
Die Nennung dieser Eigenschaft des "Entweichens" weist
also auch unmittelbar auf die Wirkung der Isti’āḏa hin.
Auf welche Weise dieses "Einflüstern" vor sich geht, ist im
folgenden Ḥadῑṯ bei Al-Buḫāryy und Muslim geschildert:
”Fürwahr, Satan geht dem Menschen in Fleisch und Blut
351 - d.h.: Die Einheitslehre des Schöpfers.
Qur’ān und Sunna in Relation
330
über.“
Und in einem anderen Ḥadῑṯ bei Al-Buḫāryy heißt es:
”Wenn zum Gebet gerufen wird, entflieht Satan und läßt
einen Wind streichen, damit er den Āḏān nicht hört. Wenn
aber der Āḏān beendet ist, kommt er zurück, bis die
Iqāma ertönt; dann entflieht er. Und wenn die Iqāma
beendet ist, kehrt er zurück, um dem Menschen in sein
Herz einzuflüstern: »Denk an dies, denk an jenes!« - Dinge,
an die er vorher nicht gedacht hat - bis der Mensch
schließlich nicht mehr weiß, wieviel er gebetet hat.“
Der Betende wird also durch Gedanken an andere Dinge
so vom Gebet abgelenkt, dass er sich schließlich nicht
sicher ist, ob er z.B. drei oder vier Rak‘a gebetet hat. Aus
diesem Grund empfiehlt Allāh (t) dem Gläubigen die
Isti‘āḏa als besonderen Schutz und befiehlt sie sogar vor
dem Rezitieren von Qur’ān-Versen.352
352 - vgl. 6:43; 16:98; 18:63; ferner den Titel: "Zum Verständnis des
Al-Qur’ān Al-Karῑm", Islamische Bibliothek.
Qur’ān und Sunna in Relation
331
A n h a n g
Qur’ān und Sunna in Relation
332
E r l ä u t e r u n g e n d e r T e r m i n i
Vorrangig außerhalb der alphabetischen Anordnung:
Allāh: Name des Einen Gottes, des Schöpfers aller Welten, Dem nichts und niemand gleichkommt, Der Propheten an die Menschen entsandte, unter ihnen Abraham, Moses, Jesus und →Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihnen allen. Auf die Wiedergabe des Erhabenen Namens "Allāh" durch das deutsche Wort "Gott" wurde hier verzichtet, da "Allāh" ein Eigenname ist und demnach nicht übersetzt werden kann.
*****
Beginn der alphabetischen Anordnung ohne Rücksicht auf Umlaute und diakritische Zeichen der arabischen Transliteration.
Geschlechtsform befindet sich zwischen Klammern unmittelbar hinter jedem Begriff.
*****
Abessinien: Um den Verfolgungen durch die Makkaner zu entgehen, wandern auf Anraten des Propheten Muḥammad (a.s.s.) im Jahre 615 die ersten Muslime nach Abessinien aus; eine größere Gruppe folgt ihnen bald. In Abessinien regiert zu dieser Zeit der Negus, ein christlicher Herrscher. In seinem Land werden die Muslime herzlich aufgenommen und können in Freiheit leben und ihre Religion ausüben. Als die Makkaner eine Abordnung, zu der auch ‘Amr Ibn Al-‘Āṣ gehört, nach Abessinien schicken, um die Auslieferung der Muslime zu verlangen, weist der Negus dies zurück; denn tief beeindruckt von den Lehren des Islam betrachtet er den →Qur’ān und das Evangelium als "Strahlen desselben Lichts". Nach der Hiǧra
Qur’ān und Sunna in Relation
333
verlassen die Muslime Abessinien, um ebenfalls in Al-Madῑna zu leben.
Abū Huraira (m): Abū = Vater; Huraira = Kätzlein, also: = Vater des Kätzleins; es handelt sich um einen bedeutsamen Gefährten des Propheten Muḥammad, Allāhs Segen und Friede auf ihm, der ihm diesen Namen deshalb gegeben hatte, weil er (Abū Huraira) ein Kätzlein in seinem Ärmel liebvoll trug; in manchen Ḥadῑṯen in diesem Buch nennt ihn der Prophet auch Abū Hirr = Vater des Katers.
Abū-l-Qāsim (m): Beiname (→Kunya) des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, der ausschließlich für ihn verwendet werden darf.
Al-‘Aqaba (f): Ein enges, einsames Tal nahe bei Makka, Ort des bekannten "Treueschwurs von Al-‘Aqaba", den die abgesandten Muslime aus →Al-Madῑna dem Propheten Muḥammad (a.s.s.) insgeheim geleistet haben.
Al-Ka‘ba (f): Geheiligtes "Haus Allāhs" in Makka. Die Al-Ka‘ba wurde auf Befehl Allāhs (t) von Abraham (a.s.) und seinem Sohn Ismael (a.s.) auf den bereits vorhandenen Fundamenten erbaut.
Allāhu akbar: Allāh ist Größer, d.h. Größer als alles in Seiner Schöpfung und als jede von Seinen Geschöpfen gemachte Vorstellung und Beschreibung. Er, Gepriesen ist Er, ist der Schöpfer der Himmel und der Erde. Nach Sura 42, Vers 11, gibt es nichts Seinesgleichen; und nach Sura 112 ist Er ein Einziger, und keiner ist Ihm gleich (112:4).
Al-Madῑna (f): Etwa 480 km nördlich von Makka; Aufenthaltsort des Propheten Muḥammad (a.s.s.), nach der Hiǧra im Jahre 622 n.Chr. Als in Yaṯrib, dem späteren Al-Madῑna, der Islam schon Fuß gefasst hat, bietet die Stadt dem Propheten, der sich und seine Anhänger in Makka immer größeren Verfolgungen ausgesetzt sieht, ihren Schutz an. Im Jahre 622 ordnet der
Qur’ān und Sunna in Relation
334
Prophet (a.s.s.) die auf Allāhs Befehl nunmehr erlaubte Auswanderung nach Yaṯrib an, die Hiǧra. Die Al-Muhāgirūn werden von den yaṯribischen Muslimen brüderlich aufgenommen. Von nun an trägt Yaṯrib den Namen "Madῑnat an-Nabiyy" (Die Stadt des Propheten). Trotz des Widerstandes der dort lebenden Juden und arabischen Ungläubigen gelingt es dem Propheten (a.s.s.) in Al-Madῑna ein islamisches Gemeinwesen aufzubauen. Bis zum Jahre 656 n.Chr./36 der Hiǧra bleibt Al-Madῑna die Hauptstadt des sich ausweitenden islamischen Reiches.
Awwaliyāt: Handlungen, die erstmalig unternommen werden müssen (Awwaliyāt ‘Umar = ‘Umars erstmalige Entscheidungen).
Āyāt (pl): sing.: Āya (f)) = Zeichen, Beweis, Wunder. Jeder Vers des Qur’ān gilt als eine Āya, ein Wunderzeichen Allāhs. Als die Makkaner von dem Propheten (a.s.s.) verlangten, er solle Wunder vollbringen, wie die früheren Propheten, verwies er auf die Verse des Qur’ān, denen der kennzeichnende Name Āyāt beigelegt wird; denn kein Sterblicher könne - so heißt es im Qur’ān - gleiche oder ähnliche Āyāt und solches Wissen des Verborgenen wie im Qur’ān hervorbringen.
Badr (f): Ort ungefähr 125 km von Al-Madῑna entfernt; Schauplatz der siegreichen Entscheidungsschlacht des Propheten Muḥammad (a.s.s.) und seiner Anhänger gegen die heidnischen Makkaner im Jahre 624 n.Chr./2 der Hiǧra. Auch nachdem die Muslime Makka haben verlassen müssen und nach Al-Madῑna ausgewandert sind, werden sie noch immer von ihren Feinden verfolgt und tödlich bedroht. Bei Badr kommt es schließlich zum entscheidenden Kampf: 313 Muslime kämpfen tapfer an der Seite des Propheten Muḥammad (a.s.s.) gegen eine dreifache Übermacht der Makkaner. Schon der erste Angriff der Muslime, bei dem fast alle heidnischen Heerführer getötet werden, bringt für den Propheten (a.s.s.) und den Islam den Sieg.
Banū HāŠim: →Banū Quraiš.
Qur’ān und Sunna in Relation
335
Banū Quraiš: Die Quraiš sind ein großer, einflussreicher Stamm in Makka, zu dem die Sippe des Hāšim, die Banū Hāšim und die Sippe des Umayya, die Banū Umayya, gehören. Zwischen den beiden Sippen, den beiden am meisten angesehensten des Stammes, besteht eine alte Rivalität. Den Banū Hāšim entstammt Muḥammad (a.s.s.). Da die Sippe ihn während der Verfolgungen in Makka schützt, insbesondere sein Onkel Abū Ṭālib, werden die Anhänger des Islam drei Jahre lang aus Makka vertrieben und verbannt. Die Banū Hāšim werden auch "Haschimiten", die Banū Umayya werden auch "Umayyaden" genannt. Zu den Banū Umayya gehören beispielsweise Abū Sufyān, Mu‘āwyia und ‘Uṯmān.
Banū Umayya: →Banū Quraiš.
Bit‘ (m): arab. Wein bzw. alkoholischer Getränk aus Honig.
Dinār (m): Golgene Münze, griechisch/lateinisch: Dinarius.
Dirham (m): Silberne Münze, griechisch Drachma.
Diṯār (m): Überwurfstoff bzw. warme Decke.
Farq (m): Ein Maß aus 16 →Raṭl.
Fiṭra (f): bedeutet wörtlich "menschliche Natur" bzw. "natürliche Veranlagung". Auch der Islam selbst als Religion, gehört zu dieser Veranlagung des Menschen. Dies geht aus der Erklärung des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, hervor, in der er sagte, dass jedes Neugeborene mit der Fiṭra zur Welt komme, und dass seine Eltern ihn zum Juden oder zum Christen machen.
Ǧihād (m): Die äußerste Anstrengung und das Wetteifern mit allen Mitteln auf Allāhs Weg. Auf der Spitze steht die Aufopferung des eigenen Lebens im Kampf gegen den Feind. In den Medien wird unkorrekterweise dafür "Heiliger Krieg" verwendet.
Qur’ān und Sunna in Relation
336
Ǧinn (f): Aus Feuer erschaffene und unsichtbare Lebewesen, die - wie die Menschen - Willensfreiheit und Entscheidungskraft haben.
Ǧuz’ (m): Für die Zwecke der Rezitation wird in der Regel der gesamte Text des Qur’ān in 30 Abschnitte (Ǧuz’, pl.: Aǧzā’), mitunter in 60 Teile (Aḥzāb, Sing.: Ḥizb) und jeder Teil wieder in die Hälfte bzw. ein Viertel gegliedert.
Ḥadῑṯ Qudsyy: "Heiliger Ḥadῑṯ"; Überlieferung von Allāhs Rede mit Seinen eigenen Worten unabhängig vom Qur’ān.
Haǧǧ (m): Pilgerfahrt nach Makka und die 5. Säule des Islam (→‘Umra)
Heiliger Krieg: Ein Begriff und Begleiterscheinung christlicher Geschichte aus der Zeit der Kreuzfahrer, um den Krieg zu rechtfertigen. Durch die Medien wird dieser Begriff dem Islam unterstellt, obwohl dieser weder im Qur’ān noch in der Sunna vorkommt.
Ḥiǧāz (m): geographische Hochebene, Bezeichnung des westlichen Landgebiets auf der Arabischen Halbinsel, das an das Rote Meer anschließt und zu dem die Stadt Makka gehört.
Hiǧra (f): Die islamische Zeitrechnung beginnt mit dem Jahr der Hiǧra, der Auswanderung des Propheten Muḥammad (a.s.s.) von Makka nach Al-Madῑna; genauer gesagt mit dem Anfang des Mondjahres, in welchem die Hiǧra stattfand. Der 16. Juli 622 ist daher der 1. Al-Muḥarram des Jahres 1. Das islamische Jahr ist ein reines Mondjahr und somit zehn bzw. elf Tage kürzer als ein Sonnenjahr; 100 Sonnenjahre der europäischen Zeitrechnung entsprechen also ungefähr 103 Jahren der islamischen Zeitrechnung. Die Reihenfolge der islamischen bzw. arabischen Monate ist: Al-Muḥarram, Ṣafar, Rabῑ‘u-l-Awwal, Rabῑ‘u-l-Āḫir, Ǧumādā-l-ūlā, Ǧumādā-l-Āḫira, Raǧab, Ša‘bān, Ramaḍān, Šawwāl, Ḏu-l-Qa‘da, Ḏul-Ḥiǧǧa.
Qur’ān und Sunna in Relation
337
Ḥūris (pl.): Hilfsweise ein Sammelbegriff für den prägnanten qur’ānischen Terminus "Ḥūri ‘aῑn". Dabei handelt es sich um herrliche jungfräuliche Paradiesmädchen mit schönen Augen, in denen das Schwarze und das Weiße deutlich zu sehen ist. Im Qur’ān werden sie als "keusche", "züchtigblickende" "Altersgenossinnen" mit "schwellenden Brüsten" beschrieben (Qur’ān 38:52; 44:54; 52:20; 55:72; 56:22, 37; 78:33).
Iblῑs (m): Name des verfluchten Satan (arabisch: Šaitān), der infolge seines Ungehorsams gegenüber dem göttlichen Befehl, sich vor Ādam (a.s.) niederzuwerfen, bis zum Tage der Auferstehung als "Einflüsterer" und "Verführer" des Menschen verflucht wurde.
Islam (m): Wörtlich "Unterwerfung", "Gottergebenheit", auch "völlige Hingabe" an Allāh. In Sura 3:19 Name der einzigen Religion, die Allāh für Seine Geschöpfe von Ādam bis zur Endzeit bestimmte. Wer aber eine andere Religion als den Islam begehrt, "nimmer soll sie von ihm angenommen werden." (Qur’ān 3:85). Historisch gesehen ist der Islam wieder von unserem Schöpfer durch die Botschaft des Qur’ān an den Propheten Muḥammad (a.s.s.) als Vollendung der Religion und Erfüllung Seiner Gnade bestimmt worden (Qur’ān 5:3), insbesondere nachdem die Menschen nach dem Verscheiden Jesu erneut vom wahren Glauben der Einehit Gottes, des Tauḥῑd abgekommen waren, indem sie die Schrift verfälschten (Qur’ān 5:12-19).
Isti‘āḏa (f): Zufluchtnahme.
Kalender: →Hiǧra.
Koran: Dieses in der deutschen Sprache üblich gebräuchliche Wort für das Buch Allāhs, das übrigens in Deutschland auch als Familienname gebräuchlich ist (vgl. das Kölner Telefonbuch 2000/2001), ist falsch. Es ist bedauerlich, dass fast alle Orientalisten und Übersetzer den Namen des heiligen Buches Allāhs in dieser Form verwendet haben. Die korrekte
Qur’ān und Sunna in Relation
338
Schreibweise nach den anerkannten Regeln der internationalen Transliteration muss "Qur’ān" bzw. "Al-Qur’ān" mit dem arabischen Artikel "Al-" lauten.
Kunya (f): Beiname. Zu den verschiedenen Beinamen des Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, gehört der Beiname → "Abū-l-Qāsim", der ausschließlich für ihn vorbehalten ist und nicht von anderen zwecks Benennung gebraucht werden darf.
Lailatu-l-qadr (f): Nacht der Macht bzw. der Bestimmung, in der zum Beginn der Offenbarung die ersten 5 Verse der 96. Sura offenbart worden sind.
Li‘ān (m): Verfluchungseid, Ehescheidung, welche eine spätere Wiederverheiratung zwischen denselben Ehepartnern ausschließt. Li‘ān ist eine Art Verfluchungseid, der erstmalig in der Rechtsgeschichte der Menschheit, nach der Vorschrift des Qur’ān (24:6ff. / vgl. dort die Verfahrensweise) in Erscheinung trat. Davon kann nur Gebrauch gemacht werden, wenn ein Ehemann, der seine Ehefrau des Ehebruchs beschuldigt, nicht imstande ist, den nach dem Qur’ān (24:4) notwendigen Beweis von vier Zeugen zu erbringen.
Makka (f): Liegt etwa in der Mitte Westarabiens und ist zur Zeit des Propheten Muḥammad (a.s.s.) eine blühende Handelsmetropole wohlhabender Karawanenhändler. Der Prophet Muḥammad (a.s.s.) gehört - aufgrund seiner vornehmen Abkunft vom Stamm der Quraiš und seiner untadligen Lebensführung wegen - der Führungsschicht von Makka an. Als der Prophet (a.s.s.) aber den Islam zu verkünden beginnt und in zunehmendem Maße Anhänger um sich sammelt, zieht er den Zorn der Makkaner, die ihre Lebensweise und den gewinnträchtigen Götzendienst in der Al-Ka‘ba bedroht sehen, auf sich. Ihr Hass entlädt sich in grausamster Verfolgung der Muslime. Einige Gläubige finden Zuflucht in →Abessinien; die Zurückgebliebenen werden für drei Jahre in ein Tal bei Makka verbannt. Im Jahre 622 n.Chr. wandern der Prophet (a.s.s.) und seine Anhänger nach Yaṯrib
Qur’ān und Sunna in Relation
339
(dem späteren Al-Madῑna) aus. Trotzdem dauern die erbitterten Feindseligkeiten der Makkaner weiterhin an, und es kommt zu mehreren Schlachten (Badr, Uḥud, Grabenschlacht) zwischen ihnen und den Muslimen, die mit dem Friedensvertrag von Al-Ḥudaibiyya (im Jahre 628 n.Chr./6 der Hiǧra) ein vorläufiges Ende nehmen. Als dieser Friedensvertrag von den Makkanern gebrochen wird, zieht der Prophet Muḥammad (a.s.s.) mit einer Armee von über 12.000 Muslimen im Jahre 630 n.Chr. / 8 der Hiǧra nach Makka. Auf Anraten Abu Sufyāns, der den Islam angenommen hat, ergibt sich die Stadt kampflos. Der Prophet (a.s.s.) gewährt den Makkanern großzügig Straffreiheit, die daraufhin dem Islam scharenweise zuströmen. Die Al-Ka‘ba wird, nachdem sie der Prophet (a.s.s.) von den Götzen gereinigt hat, zum höchsten Heiligtum des Islam.
Muḥammad: Der Gesandte Allāhs und Letzter aller vom Schöpfer entsandten Propheten an alle Menschen. Sein Prophetentum wird von Jesus (a.s.) angekündigt (61:6). Die Bedingtheit des Glaubens an seine Botschaft ist in Sura 47 angegeben, die seinen Namen trägt (vgl. 3:144; 33:40; 47:1ff.; 48:29). Seine Entsendung gilt als eine Barmherzigkeit Allāhs an alle Welten (vgl. 21:107).
Nazarener: wird im Qur’ān als Sammelbegriff für "Christen" verwendet. Um Missverständnisse und Verwechslungen mit den gleichnamigen christlichen Sekten auszuschließen wird dafür das Wort "Christen" im deutschen Text verwendet.
Propheten: (arab.: Nabiyyūn, sing.: Nabiyy), sind von Allāh (t) an die Menschen mit der Botschaft der Hingabe an den Einzigen Schöpfer entsandt worden; sie werden im Qur’ān nicht alle erwähnt; ihre im Qur’ān vorkommenden arabischen Namen finden teilweise ihre Entsprechungen in der deutschen Sprache u.a. wie folgt: Ādam (Adam), Alyasa‘ (Elisa), Ayyūb (Hiob), Dāwūd (David), Ḏu-l-Kifl (Ezechiel), Hārūn (Aaron), Hūd, Ibrāhῑm (Abraham), Idrῑs, Ilyās bzw. Ilyāsῑn (Elias), ‘Īsā (Jesus), Isḥāq (Isaak), Ismā‘ῑl (Ismael), Lūṭ (Lot), Muḥammad,
Qur’ān und Sunna in Relation
340
Mūsā (Moses), Nūḥ (Noah), Ṣāliḥ, Sulaimān (Salomo), Šu‘aib (Jethro, bzw. Jitro), Yaḥyā (Johannes der Täufer), Ya‘qūb (Jakob), Yūnus bzw. Ḏu-n-Nūn (Jonas), Yūsuf (Josef), Zakariyā (Zacharias).
Quraiš: →Banū Quraiš
Qur’ān (m): Etymologisch ist das Hauptwort Qur’ān (in den europäischen Sprachen üblich →Koran) vom Zeitwort "qara’a" (er las) abgeleitet und bedeutet demnach "die Lesung" (par excellence). Der Qur’ān ist das Buch Allāhs, das Er Seinem Propheten Muḥammad (a.s.s.) in arabischer Sprache offenbarte.
Raṭl. (m): Ein Gewichtsmaß, das 449,28 gr. entspricht.
Šahāda (f): Martyrium, Zeugnis, Glaubensbekenntnis mit den Worten: →Ašhadu allā ilāha illa-llāh, wa ašhadu anna Muḥammad rasūlu-llāh: Ich bezeuge, dass kein Gott da ist außer Allāh, und ich bezeuge, dass Muḥammad der Gesandte Allāhs ist.
Salām (m): Friede (nicht verwechseln mit →Salam); Friedensgruß des →Islam mit dem Wortlaut: ”assalāmu ‘alaikum wa Raḥmatu-llāhi wa Barakātuh“ (der Friede sei auf euch und die Barmherzigkeit Allāhs und Seine Segnungen).
Ṣalātu-llail (f): arab.: Tahaǧǧud; das freiwillige Gebet in der Nacht (nicht verwechseln mit dem pflichtmäßigen Nachtgebet).
Šarῑ‘a (f): Gesetzgebung, die von Allāh (t) im Qur’ān und vom Propheten, Allāhs Segen und Friede auf ihm, in der Sunna - die ihrerseits auch von Allāh eingegeben bzw. inspiriert ist.
Ṣiddῑq (m), (w. Ṣiddῑqa): Wahrhaftiger bzw. Wahrhaftige, qur’ānische Bezeichnung (5:75; 12:46; 19:41) für die Propheten Ibrāhῑm, Idrῑs und Yusuf; sowie für Maryam (a.s.); auch als Beiname für →Abū Bakr (r).
Qur’ān und Sunna in Relation
341
Siwāk bzw. Miswāk (m): die erste Zahnbürste in der Menschheitsgeschichte; ist ein weichfasriges Ästlein aus gleichnamigem Baum, das der Gesandte Allāhs, Allāhs Segen und Friede auf ihm, wegen seiner reinigenden Wirkung und wohlriechendem Duft zum Zähneputzen benutzte. Bis heute ist diese Sunna unter Muslimen in Gebrauch; ein Siwāk ist mit wenig Geld auf den Märkten der Muslime zu erwerben.
Ṣuffa (f): Die Leute der Ṣuffa sind die Gäste des →Islam, die von keinem etwas verlangen, weder von der eigenen Familie noch von den Wohlhabenden noch sonst von jemandem anderen. Wenn gewöhnlich ein Almosen zum Propheten gebracht wurde, schickte er es zu ihnen und nahm für sich nichts davon; und wenn ihm gewöhnlich ein Geschenk geschickt wurde, schickte er ihnen etwas und nahm für sich etwas davon und ließ sie sich dabei in der Regel beteiligen. Einige Sufis wollen den Ursprung ihrer Bewegung auf diese Leute zurückführen, was historisch und wissenschaftlich falsch und bereits widerlegt ist.
Sunna (f): Beispielhaftes und nachahmenswertes Verhalten des Propheten Muḥammad (a.s.s.); Dinge, die der Prophet (a.s.s.) getan, befohlen, empfohlen, oder stillschweigend gebilligt hat.
Ṣūr (m): Qur’ānischer Terminus, der in Zusammenhang mit dem Beginn des Weltuntergangs vorkommt. Kann hilfsweise und mit Vorbehalt mit "Horn" oder "Posaune" übersetzt werden, obwohl diese beiden Worte auf keinen Fall zu diesem gewaltigen Ereignis passen.
Sura (f): (Populär "Sure"), bedeutet wörtlich in der arabischen Sprache "eine Stufe" (die zu weiteren Stufen führt), oder kann auch mit "Erhabenheit" übersetzt werden. Als terminus technicus gilt sie für einen Qur’ān-Abschnitt bzw. Kapitel. Der Qur’ān enthält 114 Suren (pl.: Suwar).
Ṯaiyibāt (pl): Sammelbegriff für geschiedene oder verwitwte Frauen.
Qur’ān und Sunna in Relation
342
Talbiya (f): Verkündung der Pilger durch das Sprechen des Satzes: ”Labbaika-llāhumma labbaik. Labbaika lā Šarῑka laka labbaik. Inna-l-Ḥamda wa-n-Ni‘mata, laka wal-Mulk. Lā Šarῑka lak.“ Dies bedeutet: ”O Allāh, mein Gott, da bin ich eilend zu Dir gekommen; da bin ich. Da bin ich zu Dir gekommen, Teilhaber hast Du nicht, und da bin ich. Wahrlich, alles Lob gebührt Dir, die Gnade ist nur von Dir, und das Königreich gehört nur Dir. Teilhaber hast Du nicht.“
Tauḥῑd (m): Die Einheitslehre des Schöpfers.
‘Umra (f): Besuchsweise Pilgerfahrt nach →Makka, die zwar von Allāh (t) belohnt wird, aber den →Ḥaǧǧ nicht ersetzt.
Zamzam (f): ein Süßwasserbrunnen in Makka, der sich ganz in der Nähe der Al-Ka‘ba befindet, und von dem die Pilger trinken. Diesen Brunnen ließ Allāh, Der Erhabene, für Hāǧar und ihren Sohn Ismā‘ῑl und auf Grund des Bittgebets des Propheten Abraham, Allāhs Friede auf ihm, entspringen.
Yamῑn ṣabr (m): Fester Eid.
Qur’ān und Sunna in Relation
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F a c h l i t e r a t u r
Abū Dāwūd: Sunnan Abῑ Dāwūd, Ḥadῑṯ-Sammlung, die zu den sechs Büchern (Al-Kutub as-sitta) gehört.
Abū Yūsuf, Ya‘qūb Ibn Ibrāhῑm Al-Anṣāryy: Kitāb Al-Ḫarāǧ, Kairo 1352.
Ad-Dārimyy, Abū Muḥammad ‘Abdullāh Ibn ‘Abdu-r-Raḥmān Ibn Al-Faḍl Ibn Bahrām: Sunan Ad-Dārimyy, Damaskus 1349 n.H.
Aḥmad Ibn Ḥambal: Al-Musnad.
Al-‘Aqqād, ‘Abbās Maḥmūd: ‘Abqariyāt ‘Umar, Kairo, o.J.
Al-Baihaqyy, Abū Bakr Aḥmad Ibn Al-Ḥusain Ibn ‘Alyy Ibn ‘Abdullāh Ibn Mūsā Al-Ḫusrauǧardyy Al-Ḫurasānyy: As-Sunan Al-Kubrā, 1. Auflage, Haidarabad 1352 n.H.
Al-Balādūryy, Abū-l-‘Abbās Aḥmad Ibn Yaḥyā Ibn ıābir Ibn Dāwūd Al-Baġdādyy, gestorben 892: Futūḥu-l-Buldān, Beirut 1957.
Al-Buḫāryy, Abū ‘Abdullāh Muḥammad Ibn Ismā‘ῑl Ibn Ibrāhῑm Ibn Al-Muġῑra Al-Ǧa‘gfyy (810-870): Al-ıāmi‘ Aṣ-Ṣaḥῑḥ, o.O. 1387.
Al-Ǧauzyy, Abū-l-Faraǧ ‘Abdu-r-Raḥmān Ibn ‘Alyy Ibn Muḥammad Al-Qurašyy Al-Baġdādyy: Sῑrat Al‘Umarain.
Al-Qasṭalānyy: Aḥmad Ibn Muḥammad Ibn Abῑ Bakr Ibn Abdil-Malik Ibn Muḥammad Ibn Al-Ḥusain Ibn ‘Alyy: Iršād As-Sāryy li-Šarḥ Ṣaḥῑḥ Al-Buḫāryy, o.O., o. J.
Al-Qurṭubyy: Abū ‘Abdullāh Muḥammad Ibn Aḥmad Ibn Abῑ Bakr Ibn
Qur’ān und Sunna in Relation
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Farḥ Al-Anṣāryy Al-Ḫazraǧyy Al-Andalūsyy [gest. 1273], Werk: Al-ıāmi‘ li-Aḥkām Al-Qur’ān wal-Mubῑn limā taḍammanahu min As-Sunna wa Āy Al-Furqān, Kairo 1987, Bd. 7, S. 4949 ff.
An-Nasā’yy, Abū ‘Abdu-r-Raḥmān Aḥmad Ibn Šu‘aib Ibn ‘Alyy Ibn Sinān Ibn Baḥr Ibn Dinār: As-Sunan (Al-Muǧtabā), 1. Auflage, Ägypten 1964.
An-Nawawyy, Abū Zakariya Muḥyiddῑn Yaḥyā Ibn Šaraf: Al-Maǧmū‘.
Ar-Rāzyy, Muḥammad Ibn ‘Umar Ibn Al-Ḥasan Ibn Al-Ḥusain Ibn ‘Alyy At-Taimyy Al-Bakryy Aṭ-Ṭabaristānyy: Mafātiḥ Al-Ìaib.
Aṣ-Ṣābunyy: Muḥammad ‘Alyy: Ṣafwat At-Tafāsῑr (Auslese der qur’ānischen Erläuterungen), Beirut 1402 n.H. (1981 n. Chr.).
Aš-Šāfi‘yy, Abū ‘Abdullāh Muḥammad Ibn Idrῑs Ibn Al-‘Abbās Ibn ‘Uṯmān Ibn Aš-Šāfi‘yy Al-Qurašyy Al-Muṭṭalibyy: Kitāb Al-Umm, 1. Auflage, Ägypten 1321 n.H.
Aš-Šaibānyy, Muḥammad Ibn Al-Ḥasan: Šarḥ Kitāb As-Siyar Al-Kabῑr, Ägypten 1957.
As-Saraḫsyy, Šamsu-l-A’imma Muḥammad Ibn Aḥmad Ibn Abῑ Bakr (gest. 1097): Al-Mabsūṭ.
Aš-Šaukānyy, Abū ‘Abdullāh Muḥammad Ibn ‘Alyy Ibn Muḥammad Ibn ‘Abdullāh Ibn Al-Ḥasan Ibn Muḥammad Ibn Ṣalāḥ Ibn ‘Alyy Ibn ‘Abdullāh: Nail Al-Auṭār, 1. Auflage, Ägypten 1357 n.H.
As-Suyūṭyy, Ǧalāluddῑn: Al-Itqān fῑ ‘Ulūmi-l-Qur’ān, Kairo 1287 n.H.
Aṭ-Ṭabaryy, Abū Ǧa‘far Muḥammad Ibn Ǧarῑr Ibn Yazῑd: Tārῑḫ Al-Umam wal-Mulūk, Kairo 1939.
Qur’ān und Sunna in Relation
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At-Tirmiḏyy, Abū ‘Īsā Muḥammad Ibn ‘Īsā Ibn Ṯaura Ibn Mūsā Ibn Aḍ-Ḍaḥḥāk As-Sulamyy, Aḍ-Ḍarῑr Al-Būǧyy At-Tirmiḏyy (825-892): As-Sunan, Kairo 1964.
Az-Zamaḫšaryy, Abūl-Qāsim Ǧārullāh Maḥmūd Ibn ‘Umar Ibn Muḥammad Al-Ḫawārazmyy: Al-Kaššāf ‘an Ḥaqā’iq At-Tanzῑl.
Bavaria: (Bavaria Verlag, München): Die Bedeutung des Korans (Tafsῑr Al-Qur’ān Al-Karῑm).
Haikal: Muḥammad Ḥusain: Das Leben Muḥammads, Siegen 1987.
Ḥamῑdullāh, Muḥammad: Maǧmū‘at Al-Waṯā’iq As-Siyāsiya, Kairo 1941.
Ibn Al-Aṯῑr, ‘Izzuddῑn Abu-l-Ḥasan ‘Alyy Ibn Muḥammad Ibn ‘Abdi-l-Karῑm Ibn ‘Abdi-l-Wāḥid Aš-Šaibānyy Al-Mauṣilyy Al-Ǧazaryy: Usdu-l-Ìāba fῑ ma‘rifat Aṣ-Ṣaḥāba, o.O., o.J.
Ibn Al-Qayyim Al-Ǧauziya, Abū ‘Abdullāh Šamsuddῑn Muḥammad Ibn Abῑ Bakr Ibn Ayyūb Ibn Sa‘d Ibn Hariz Az-Zar‘yy: I‘lāmu-l-Muwaqqi‘ῑn ‘an Rabbi-l-‘Ālamῑn, 1. Auflage, Ägypten 1955.
Ibn Ḥaǧar Al-‘Asqalānyy, Šihābu-d-Dῑn Aḥmad Ibn ‘Alyy Ibn Muḥammad: Ad-Dirāya fῑ Tārῑḫ Aḥādῑṯ Al-Hidāya, Kairo 1964.
Ibn Ḥambal, Aḥmad Ibn Muḥammad Ibn Hilāl Ibn Asad Ibn Idrῑs Ibn ‘Abdullāh Ḥayyān Ibn ‘Abdullāh Ibn Anas Ibn ‘Auf Ibn Qāsiṭ Ibn Māzin Ibn Šaibān Aš-Šaibānyy, Al-Marwazῑ, Al-Baġdādyy (Abū ‘Abdullāh): Al-Musnad, 3. Auflage, Ägypten 1949.
Ibn Hišām, Abū Muḥammad ‘Abdulmalik Ibn Ayyūb Al-Ḥumairyy Aḏ-Ḏuhalyy As-Sudūsyy Al-Ma‘āfῑryy: As-Sῑra An-Nabawiya (Biographie des Propheten).
Qur’ān und Sunna in Relation
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Ibn Isḥāq: Sirat Raslūli-llāh (Biographie des Gesandten Allāhs).
Ibn Kaṯῑr: ‘Izzuddῑn Abi-l-Ḥasan ‘Alyy Ibn Abi-l-Karam Muḥammad Ibn Muḥammad Ibn ‘Abdi-l-Karῑm Ibn ‘Abdi-l-Wāḥid Aš-Šaibānyy: Al-Kāmil fi-t-Tārῑḫ, Beirut 1385 n.H. / 1965 AD.
Ibn Māǧa, Abū ‘Abdullāh Muḥammad Ibn Yazῑd Ar-Rab‘yy Al-Qazwῑnyy (824-887): As-Sunan o.O., 1952.
Ibn Taimiyya, Taqiyu-d-Dῑn Abū-l-‘Abbās Aḥmad Ibn ‘Abdu-l-Ḥalῑm Ibn ‘Abdi-s-Salām: Al-Ḥisba fil-Islam (in: Maǧmū‘at ar-Rasā’il) 1. Auflage, Ägypten 1323 n.H.
Mālik Ibn Anas Ibn Mālik Ibn Abῑ ‘Āmir Ibn ‘Amr Ibn Al-Hāriṯ Al-Aṣbaḥyy Al-Madanyy (Abū ‘Abdullāh): Al-Muwaṭṭa’ lil-Imām Muḥammad (Ibn Al-Ḥasan Aš-Šaibānyy), Aram-Baġ 1962.
Muslim Ibn Al-Ḥaǧǧāǧ Ibn Muslim Al-Qušairyy An-Naisābūryy, Abū-l-Ḥusain: Ṣaḥῑḥ Muslim, 1. Auflage, Ägypten 1330.
Qutb, Saiyed: Fῑ Ḏilāl Al-Qur’ān (Unter dem Schatten des Al-Qur’ān Al-Karῑm).
Rassoul, Abū-r-Riḍā’ Muḥammad Ibn Aḥmad Ibn: Autor und Herausgeber folgender Titel, u.a. bei IB: - Tafsῑr Al-Qur’ān Al-Karῑm - Auszüge aus dem Ṣaḥῑḥ Al-Buḫāryy - Die Scheidung nach islamischem Recht - Aṣ-Ṣalāh - das Gebet im Islam - Der Ǧihād - das Gesetz von Saat und Ernte - Jesus, der Prophet Allāhs - Die Rechtgeleiteten Kalifen - Muḥammad, Prophet der Barmherzigkeit - Lexikon der Pilgerfahrt - Labbaik - Von der Sunna des Propheten (a.s.s.)
Qur’ān und Sunna in Relation
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- Was ist Islam? - Zamzam, Geschichte eines Brunnens.
Rotter, Gernot: Das Leben des Propheten, aus dem Arabischen von, Tübingen 1976.
Qur’ān und Sunna in Relation
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Ende! Alles Lob gebührt
dem Herrn der Welt!
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Notizen
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