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8/9/2019 Das Staatssubjekt Kapital
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Jan Gerber
Das Staatssubjekt Kapital. Heinz Langerhans und seine Gefngnisthesen
Vorwort zu: Heinz Langerhans: Staatssubjekt Kapital. Texte zur Diskussion um Faschismus,
Krieg und Krise, Halle 2004
I. Im Mai 1935 erschien in der von Paul Mattick redigierten International Council
Correspondence ein thesenfrmiger Aufsatz mit dem Titel The Next World Crisis, the Second
World War and the World Revolution. [1] Das Manuskript hatte zum Zeitpunkt seiner
Verffentlichung bereits einen langen Weg hinter sich: Im Juli 1934 in einem
nationalsozialistischen Zuchthaus auf Zigarettenpapier verfat, von einer Besucherin aus dem
Zuchthaus geschmuggelt, erreichte es seinen Adressaten Karl Korsch Ende 1934 im Exil.
Heinz Langerhans (1904-1976), Autor des Manuskripts und Schler Korschs, wurde im
Dezember 1933 bei der Herstellung einer antifaschistischen Zeitung verhaftet. [2] Die
Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Landesverrats und beantragte eine Strafe von
fnfzehn Jahren Freiheitsentzug. Korsch, der sich zum damaligen Zeitpunkt bei Brecht im
dnischen Exil aufhielt, bemhte sich daraufhin um den Nachweis, da die inkriminierten
Informationen zumeist Nachrichten ber Rstungsvorgnge im nationalsozialistischen
Deutschland im Ausland bereits vor Drucklegung der von Langerhans vervielfltigten Zeitung
bekannt waren. Schwedische Anarchosyndikalisten druckten auf seine Bitte eine Publikation
mit den entsprechenden Meldungen und datierten das Blatt zurck; Harald Andersen-Harild,
ein dnischer Linkskommunist, schmuggelte ein Exemplar nach Deutschland und lie es
Langerhans Verteidiger zukommen. Langerhans wurde daraufhin nicht wegen Landesverrats,
sondern nur wegen Hochverrats verurteilt und mit drei Jahren Zuchthaus bestraft. Bei
seiner Entlassung wartete vor dem Tor der Haftanstalt bereits die Polizei auf ihn. Langerhans
wurde der Gestapo bergeben, die ihn ins Konzentrationslager Sachsenhausen brachte. Im
Rahmen einer Amnestie aus Anla des 50. Geburtstages Adolf Hitlers wurde er im April 1939
schlielich gemeinsam mit etwa 2.000 weiteren, willkrlich ausgewhlten Hftlingen
begnadigt.
Da Langerhans mit einer erneuten Verhaftung rechnete, ging er zunchst nach Belgien ins
Exil. Unter dem Eindruck des Hitler-Stalin-Paktes aktualisierte er hier seine Thesen und lie sieabermals Korsch zukommen. [3] Als die Wehrmacht die Benelux-Staaten im Mai 1940
berrannte, berquerte Langerhans die franzsische Grenze. In Frankreich wurde er erneut
festgenommen und in ein Internierungslager gebracht, aus dem er jedoch entkommen
konnte. Mit Hilfe Korschs, des Matteotti-Komitees, Fritz Heines und des inzwischen in New
York ansssigen Frankfurter Instituts fr Sozialforschung Langerhans hatte 1931 bei
Horkheimer promoviert und war zeitweilig als Assistent am Institut ttig erhielt er daraufhin
Papiere und ein Einreisevisum fr die USA. Im Mai 1941, fast genau ein Jahr nach seiner
Flucht aus Belgien, wurde er von Felix Weil, dem Grnder des Instituts fr Sozialforschung, in
New York in Empfang genommen.
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II. Ebenso wie August Thalheimer, Otto Bauer, Leo Trotzki u.a. analysiert Langerhans
Faschismus in seinen Thesen zunchst nach dem Muster der Marxschen Studien ber die
Klassenkmpfe in Frankreich. [4] Diese Untersuchungen bten in den 1920er und 1930er
Jahren eine enorme Anziehungskraft auf undogmatische sozialistische und kommunistische
Intellektuelle aus. Der Grund: Die darin entwickelten Modelle des Klassengleichgewichts derSchwche und der verselbstndigten Exekutivgewalt [5] boten nicht nur die Mglichkeit,
die holzschnittartige Faschismustheorie der Komintern Faschismus als Agent der
Grobourgeoisie mit Verweis auf den lngst kanonisierten Begrnder des
wissenschaftlichen Sozialismus zurckzuweisen. Sie bedienten zugleich das Bedrfnis, das
neuartige Phnomen Faschismus mit Marxschen Kategorien zu fassen.
Die Bourgeoisie, so fat Marx die Bedingungen des Staatsstreichs Louis Bonapartes im
Dezember 1851 das zentrale Erkenntnisinteresse seiner zweiten Frankreich-Studie (Der 18.
Brumaire des Louis Bonaparte) zusammen, hatte die Fhigkeit, die Nation zu
beherrschen, schon verloren, die Arbeiterklasse hatte diese Fhigkeit noch nicht erworben.
[6] In hnlicher Weise skizziert Langerhans die Situation in den spten 1920er und frhen
1930er Jahren: Das Selbstverstndnis und die Selbstsicherheit der Bourgeoisie sind zutiefst
erschttert; von der revolutionren Arbeiterbewegung bzw. der Komintern ist nur ein
verstmmeltes, zerbrckelndes Fossil geblieben.
Whrend August Thalheimer in seiner berhmten Faschismus-Schrift von 1930 streng dem
Marxschen Modell folgt er begreift Faschismus als modernes quivalent des Bonapartismus
[7] , strapaziert Langerhans die Analogien nicht ber. Anders als Thalheimer fhrt er den
Aktionszerfall der Arbeiterbewegung nicht auf eine unmittelbare Niederlage des Proletariats
zurck. Der Niedergang der Arbeiterbewegung, so legt er dar, war nicht so sehr Folge
einzelner revolutionrer Niederlagen, sondern vor allem Folge der Lhmung und Zersetzung,
die die tatschliche Verknpfung von Arbeiterbewegung mit sozialreformerischen und
politischen revolutionren Aufgaben [...] bewirkte. Die Arbeiterbewegung schickte sich bis
1914 an keiner Stelle an, den Rahmen der auf Lohnarbeit und Kapital beruhenden Staats-
und Gesellschaftsform zu durchbrechen; die bis 1917 angesammelten revolutionren
Energien waren mit nationalen Aufgaben beschftigt. Als die Arbeiter 1917 schlielich in
eine Situation traten, in der sie nur weltrevolutionr siegen konnten, handelten sie aufgrund
ihrer unzureichenden organisatorischen und ideellen Vorbereitung nur im nationalen Rahmen.[8] Die nationalstaatlich begrenzten Revolutionen im Westen scheiterten; in der Sowjetunion
wurde der Aufbau des Sozialismus in einem Land verkndet. Diese Entwicklung hatte
verheerende Folgen fr das Agieren der revolutionren Arbeiterbewegung: In dem Mae, in
dem sich die Komintern von einer Agentur der Weltrevolution in ein auenpolitisches Bro der
Sowjetunion verwandelte, traten der Schutz und Aufbau des Arbeiter- und Bauernstaates
an die Stelle der weltrevolutionren Aktivitten der kommunistischen Parteien.
Langerhans Ausfhrungen unterscheiden sich jedoch nicht nur in Hinblick auf den
Aktionszerfall der Arbeiterbewegung von den Studien anderer undogmatischer Marxisten
dieser Zeit. Auch die Frage nach den Ursachen der Paralyse der Bourgeoisie im Vorfeld der
faschistischen Machtbernahme beantwortet er anders als Thalheimer, Trotzki usw. Geht
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die Mehrzahl der kritischen Marxisten bei ihrer Analyse des Nationalsozialismus vor allem
klassenanalytisch bzw. herrschaftssoziologisch vor, erweist sich Langerhans im besten Sinne
als Kritiker der politischen konomie. hnlich wie Alfred Sohn-Rethel wenige Jahre nach ihm
legt er dar, da die Entstehung des nationalsozialistischen Regimes ohne Bercksichtigung der
strukturellen Krise der Kapitalverwertung in den 1920er und frhen 1930er Jahren nurunzureichend gedeutet werden kann. Er interessiert sich dementsprechend weniger fr
konkrete Bndnisse zwischen Nationalsozialisten und verschiedenen Kapitalfraktionen.
Ebenso wie Sohn-Rethel begreift Langerhans die Interessendifferenzierungen als von
vornherein vermittelt, d.h. nicht erst der Gesamtkapitalist oder die strkste Monopolgruppe
als politischer Reprsentant erzwingen den Interessenausgleich, sondern dieser entwickelt sich
aus den Problemen der Kapitalverwertung am Kulminationspunkt der
Reproduktionsschwierigkeiten des konomischen und politischen Systems insgesamt. [9]
Die ursprngliche Akkumulation des Nationalsozialismus datiert Langerhans dann auch nicht
auf die Zerfallsperiode der Weimarer Republik. Die faschistische Epoche, so deutet er vielmehr
an, beginnt bereits mit dem Ersten Weltkrieg. Die Produktivkrfte waren, wie er eindrucksvoll
ausfhrt, bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit dem liberalen System des
Konkurrenzkapitalismus kompatibel. [10] Sie drohten schon whrend des Krieges, das auf
Lohnarbeit und Kapital beruhende Nationalstaatensystem zu zersprengen. [11] Nach
Einstellung der Kampfhandlungen und der Niederlage der Weltrevolution konnten die
Produktivkrfte zwar wieder zu friedlichem Geschfte in das kapitalistische Weltsystem
eingezwngt werden. Aber und auch hier nimmt er Sohn-Rethels Analysen aus den Jahren
1937 bis 1941 vorweg : Sobald die bis 1913 angesammelten, im 1. Weltkrieg zerstrerisch
entfesselten und seitdem weiter gesteigerten produktiven Krfte ein paar Jahre einigermaen
in Gang gesetzt waren, trat in den groen Weltkrisen der Gegenwart zutage, da der Rahmen
des auf Lohnarbeit und Kapital beruhenden nationalstaatlichen Gesellschaftssystems bereits
zur drckenden Fessel fr die Produktivkrfte geworden ist. Zwar gelingt es in den
Nachkriegskrisen, sie wieder an das Produktionsverhltnis Lohnarbeit-Kapital und den
kapitalistischen Verwertungsproze zu fesseln, und in den nationalstaatlichen Rahmen
einzufgen, aber die Kapazitt des industriellen Apparats kann auch in der Prosperitt nicht
voll ausgenutzt werden. [12]
Diese Reorganisation des Verwertungsprozesses nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, solautet Langerhans zentrale These, korrespondierte mit einer Vernderung der bis dahin
existierenden Formen von Staat und Kapital. Die von den Theoretikern der Zweiten und
Dritten Internationale konstatierte Trennung von konomie und Politik, so beschreibt er das
Ende der liberalen Epoche des Kapitalismus, wurde mit dem Ersten Weltkrieg aufgehoben. Der
Staat ist, wie Langerhans ausfhrt, nicht lnger blo ideeller Gesamtkapitalist; Krieg und
Weltkrisen haben Kapital und Staat vielmehr zu einem einzigen Schutzpanzer
eingeschmolzen: Aus dem automatischen Subjekt Kapital mit dem Garanten Staat als
besonderem Organ ist das einheitliche Staatssubjekt Kapital geworden. [13] Mit anderen
Worten: Die Selbstverwertung des Werts der Vorgang, auf den Marx mit der Formel
automatisches Subjekt verweist kann nur noch mit Hilfe des Staates gewhrleistet
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werden. Der Staat verwandelt sich vom Nachtwchter in einen gigantischen Konflikt- und
Krisenmanager: Nationale Beschrnkung der Produktion, so Langerhans, wird Methode der
Krisenberwindung. [...] An die Stelle privatwirtschaftlicher Rentabilitt tritt
nationalwirtschaftliche Rentabilitt. Das Staatssubjekt Kapital organisiert den inneren Markt,
reguliert ein nationales Generalkartell die Preise. [14]In dieser Phase der Verschmelzung von Staat und Kapital, des Aktionszerfalls der
Arbeiterbewegung und der Paralyse der Bourgeoisie betritt die faschistische Bewegung von
Langerhans in bereinstimmung mit zahlreichen zeitgenssischen undogmatischen Marxisten
zunchst als Reprsentant des Mittelstandes begriffen [15] die politische Bhne als eine
dritte Kraft: Aufgeschreckt durch Krieg und Krise erwachte, als die Arbeiter abgekmpft,
die Brger aber durch beispiellose Weltkrisen erschttert waren, der Mittelstand. Ihm ist das
Zwielicht zwischen den groen Entscheidungen die bekmmlichste Beleuchtung. Er entwickelt
den neuen Aktivismus, hat Einflle, redet in Zungen. Er entdeckt, da man eigentlich gar
keiner Klasse, sondern einem Stande angehrt. Der Mittelstand rckt in Staatsstellen auf und
verleibt sich teilweise persnlich dem Staatssubjekt Kapital ein. [16]
Lesen sich Langerhans konomiekritische und krisentheoretische Ausfhrungen in vielerlei
Hinsicht wie eine wenn auch fragmentarische Vorarbeit zu den Faschismus-Studien Alfred
Sohn-Rethels, gehen seine staats- und klassentheoretischen berlegungen weit ber dessen
entsprechende Arbeiten hinaus: So erkennt Sohn-Rethel zwar die im NS-Staat vollzogene
politische Entmachtung der Bourgeoisie im Interesse der Reproduktion des Kapitals. Ihm
entgeht jedoch hnlich wie dem Groteil der kritischen Marxisten dieser Zeit ein weiteres
zentrales Merkmal des Nationalsozialismus: die Enteignung der Arbeiterbewegung im
Interesse der Reproduktion der Arbeit. [17] Zwar werden die Zerschlagung der
Klassenorgane der Arbeiter und die grozgige Reorganisation der Kapitalistenklasse
Schaffung des Reichsstandes der Deutschen Industrie, Fnfjahresplan usw. auch von
Langerhans als die vordringlichsten Taten des Staatssubjekts Kapital benannt. Zugleich weist
er allerdings darauf hin, da auch das Proletariat und alle brigen Schichten weitgehenden
Vernderungen unterworfen werden: Das Staatssubjekt Kapital erzwingt sich das Monopol
auf Klassenkampf. [...] Eine rcksichtslose soziale Pazifierungsaktion mit dem Zweck der
organischen Einfgung des Kapitalteils Lohnarbeit in den neuen Staat wird eingeleitet. [18]
Mit diesen uerungen verweist Langerhans auf ein Phnomen, das selbst von derintellektuellen Avantgarde der Arbeiterbewegung zu erkennen sich geweigert wird und erst
in Adornos Reflexionen zur Klassentheorie wieder Erwhnung findet: Der faschistische
Sozialpakt ist keine Propagandalge der Nazis; die Volksgemeinschaft ist vielmehr die
Aufhebung der Klassengesellschaft auf dem Boden der Klassengesellschaft. [19]
Mit dieser Verbrderung von Arbeit und Kapital siegt, wie Langerhans in einem Seitenhieb auf
Kautsky, Bernstein usw. ausfhrt, nicht nur die einzig mgliche Sozialreform gegen die
Arbeiter. [20] Die Monopolisierung des Klassenkampfes im Nationalsozialismus, so erklrt
er 1973 noch einmal unter Berufung auf seine Gefngnisthesen, dementiert zugleich die
Faschismusinterpretation der Komintern. Faschismus ist nicht die reaktionrste Form des
Kapitalismus. Der Faschismus ist gegenber dem liberalen Kapitalismus vielleicht sogar
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fortschrittlich was, wie er mit Hilfe der verstaubten Kategorie des objektiven Interesses
ergnzt, ber ihn vom proletarischen Standpunkt aus natrlich nicht behauptet werden
kann. [21]
III. Langerhans beschreibt in seinen Gefngnisthesen zwar vorrangig die Entwicklung inDeutschland. Dennoch begreift er die Verschmelzung von Staat und Kapital nicht als deutsche
Spezialitt. Seine Ausfhrungen stellen, wie von Gerhard Scheit mehrfach betont, vielmehr
eine der frhesten, wenn nicht berhaupt die erste Totalitarismustheorie auf der Grundlage
des Marxschen Kapital dar. [22]
Insbesondere in seinen universalistischer und im Vergleich zu seinen Gefngnisthesen
teilweise auch konventioneller gehaltenen Thesen von 1939 interpretiert Langerhans die
Vernderungen in der Sowjetunion hnlich wie die Entwicklung im Dritten Reich. Im
Gegensatz zu den Vertretern des totalitarismustheoretischen Mainstreams argumentiert er
jedoch nicht aus einer Position der Affirmation der brgerlichen Demokratie heraus. Seine
Ausfhrungen hneln in dieser Hinsicht eher den etwa zeitgleich verfaten Beitrgen des
Horkheimer-Pollock-Kreises ber das Ende des liberalen Zeitalters, Staatskapitalismus und
autoritren Staat. [23] Die Verschmelzung von Staat und Kapital sowohl in Form der
zentralen Planwirtschaft des bolschewistischen Staatskapitalismus als auch in Form der
korporativen Selbstdisziplin des Kapitals unter Staatskontrolle im Faschismus, so legt
Langerhans 1973 mit Rckgriff auf seine Untersuchungen aus den 1930er Jahren dar, sind die
Strukturformel der nachliberalen Epoche des Kapitalismus. [24] Auch die im ganzen
andersartige Politik des ersten New Deal lt, wie er in den Gefngnisthesen ausfhrt, die
Herausbildung eines Staatssubjekts Kapital erkennen. Smtliche Differenzen zwischen den
Entwicklungen in den verschiedenen Staaten sind nicht fundamentaler Art, sondern lediglich in
den Unterschieden der nationalen Geschichte begrndet. [25]
Durch den Krieg, so fhrt Langerhans diese Argumentation kurz nach dem deutschen berfall
auf Polen weiter, wird die Faschisierung der groen Demokratien beschleunigt: Wenn der
Krieg einen greren Umfang annehmen sollte als seine Vorlufer und ebenso wie diese
Vorlufer keine durchschlagende Gegenbewegung auslst, so wird als sein Ende der
planetarische faschistische Rat wahrscheinlich... [26] Die faschistische Weltrevolution
tendiert dazu, so argumentiert Langerhans schlielich in Anlehnung an KautskysImperialismustheorie, ein ultra-imperialistische[s], internationale[s] Generalkartell
hervorzubringen. [27]
Langerhans fhrt diese Entwicklung nicht nur auf das Anwachsen der Produktivkrfte seit dem
Ersten Weltkrieg zurck. Die neuen monopolistischen Formen von Staat und Kapital, so
erklrt er in seinen Gefngnisthesen, sind gleichzeitig Produkt der siegreichen
Konterrevolution. Wie auch Korsch die Kritik des Stalinismus gehrte bereits in der zweiten
Hlfte der 1920er Jahre zu den zentralen Programmpunkten des von Korsch herausgegebenen
Diskussionsblattes Kommunistische Politik (KomPol) sieht er das eigentmliche
bolschewistisch-faschistische Zwielicht in der Dialektik von Revolution und Konterrevolution
begrndet. Zwar bleibt es, wie Langerhans darlegt, unauslschbarer Ruhmestitel der
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russischen Oktoberrevolution, da in ihrer ersten, heroischen Phase die russischen
Revolutionre [...] den Versuch machten, ihre russische Revolution als die beginnende
Weltrevolution voranzutreiben. [28] Die Krfte des revolutionren Proletariats reichten
jedoch nicht aus, um dieses Ziel konsequent zu verfolgen: Sowjetruland blieb international
isoliert; die Bevlkerung litt unter den Folgen von Krieg und Brgerkrieg. Sptestens ab1920/21 steuerte die russische Revolution daher auf ein Desaster (Miernten, Hungersnte,
Rckgang der industriellen Produktion usw.) zu. Um die Katastrophe abzuwenden, so Detlev
Claussen in seinem Vorwort zu Boris Nikolajewskis Brief eines alten Bolschewiken, mute
die Revolution in eine Reform transformiert werden. [29] Erstes Resultat dieser
Transformation war die Verkndung der Neuen konomischen Politik (NEP) 1921. Die
Revolution wurde national verstaatlicht; der Parteiapparat eigentlich fr die Vorbereitung
und Durchfhrung der Weltrevolution geschaffen wurde, wie Langerhans ausfhrt, in ein
Instrument zum Einpauken der ursprnglichen Akkumulation des Kapitals mit all seinen
Konsequenzen umgewandelt: [30] Mit der Einfhrung der NEP war der bergang von der
Utopie der sofortigen organischen Organisation der Arbeitswelt zur politischen konomie, d.h.
zu Kapital und Lohnarbeit, Herrschaft und Ausbeutung vollzogen. [31] Es siegte damit nicht
einfach die brgerliche Konterrevolution gegen die Arbeiterrevolution, sondern die nationale
Beschrnkung der revolutionren Kmpfe, ihre bergreifend nationale Entstehungsgeschichte
und Aufgabe behaftete von vornherein auch die russische Revolution mit dem Elemente der
Konterrevolution. Jeder nationale Sieg der Revolution war als ein solcher bereits
konterrevolutionr. [32]
Ebenso wie die Revolution konterrevolutionre Zge annimmt, nimmt jedoch auch die
Konterrevolution revolutionre Momente in sich auf. Revolutionen, so erklrt Langerhans in
seinen Gefngnisthesen, siegen konterrevolutionr, Konterrevolutionen revolutionr. [33]
Damit wird zweierlei angedeutet: 1. Faschismus und Nationalsozialismus sind nicht, wie von
den Theoretikern der Komintern behauptet, die zeitgenssischen Ausdrucksformen eines
militanten besitzbrgerlichen Konservativismus. Die faschistischen Bewegungen bemhten
sich, wie Zeev Sternhell vierzig Jahre nach der Erstverffentlichung der Gefngnisthesen
ausfhrlich beschreibt, vielmehr um eine Synthese zwischen den Krften der Vergangenheit
und den Erfordernissen der Zukunft, zwischen dem Gewicht der Tradition auf der einen Seite
und dem revolutionren Enthusiasmus auf der anderen. [34] 2. Durch das Ausbleiben derWeltrevolution, die Vernderung des Charakters der Oktoberrevolution und den damit
verbundenen Aufbau einer totale[n] monopolistische[n] Staatsbrokratie verwandelte sich
die russische Revolution in eine monopolistische Modell-Revolution: Die
Antibolschewisten, so Langerhans, machen sich die Lehren des Bolschewismus zu eigen und
schrnken sie auf ein Ma ein, das die monopolistischen Herrschaftsbedrfnisse diktieren.
[35] Max Horkheimer, der in seinem Aufsatz Autoritrer Staat zahlreiche Gedanken
Langerhans bewut oder unbewut aufgreift und weiterfhrt [36], beschreibt 1940 eine
hnliche Entwicklung: Wenngleich die Abschaffung der Staaten auf ihrem [der KPdSU; J.G.]
Banner stand, hat jene Partei ihr industriell zurckgebliebenes Vaterland ins geheime Vorbild
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jener Industriemchte umgewandelt, die an ihrem Parlamentarismus krnkelten und ohne den
Faschismus nicht mehr leben konnten. [37]
Ab 1944 das Ende des Nationalsozialismus ist abzusehen versucht Langerhans schlielich,
seine Kritik am Stalinismus praktisch werden zu lassen. Er wird Mitarbeiter der von Ruth
Fischer 1924/25 Vorsitzende der KPD und 1926 wegen ultralinker Positionen aus derPartei ausgeschlossen herausgegebenen antistalinistischen Zeitschrift Network. In der ersten
Ausgabe der Network-Pamphlets verffentlicht er einen offenen Brief an die deutschen
Emigranten in den USA: Hitler hat viel zum Begreifen des inneren Mechanismus des Stalin-
Reiches beigetragen. Stalin hat im deutsch-russischen Krieg, der der Brennpunkt der
entscheidenden Kriegsphase gewesen ist, vieles dazugelernt. Da der Hitlerismus nun zugrunde
geht, ist der Stalinismus unser Hauptfeind. [38] Theoretisch bleibt Langerhans zwar auf
Distanz zum Antikommunismus des beginnenden Kalten Krieges. [39] Mit dem Aufdecken
tatschlicher oder vermeintlicher Stalinisten- und GPU-Netzwerke einem der Hauptziele des
Network-Kreises begibt er sich praktisch jedoch in die Nhe des spteren Komitees gegen
unamerikanische Umtriebe. Whrend Korsch auf Distanz zu Langerhans geht er will keine
Untersttzung fr die Kriegsmacht USA leisten , zeigt Horkheimer zumindest Verstndnis fr
sein Verhalten, fhrt es allerdings recht paternalistisch auf die Erfahrungen im
Konzentrationslager zurck: ...sein Geist, so Horkheimer in einem Brief an Felix Weil,
scheint gestrt zu sein. Es ist eine Tatsache, da die meisten Menschen, die in einem
Konzentrationslager festgehalten wurden, die Spuren der Hlle in sich tragen. [40]
IV. Wer Hindenburg whlt, whlt Hitler, wer Hitler whlt, whlt den Krieg. Mit dieser Losung
agitiert die KPD 1932 gegen die Wahl Paul von Hindenburgs zum Reichsprsidenten. Die
NSDAP, so die Argumentation, sei eine Marionette jener Krfte, die bereits whrend des
Ersten Weltkrieges nach der Weltmacht gegriffen htten. Mit Hilfe der Nazis solle der Versuch
von 1914 wiederholt werden; die am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen
Elemente des Finanzkapitals [41] wrden erneut nach der Neuverteilung der Einflusphren
und der Eroberung auslndischer Rohstoffquellen streben.
Ebenso wie die KPD warnt auch Langerhans bereits in der ersten Hlfte der 1930er Jahre vor
neuen militrischen Auseinandersetzungen; in seinen Gefngnisthesen von 1934 sagt er fr
1940 einen zweiten Weltkrieg voraus. Er teilt insofern zwar die Kriegsbefrchtungen seinerfrheren Genossen ( Langerhans war seit 1922 Mitglied des Kommunistischen
Jugendverbandes, 1926 wurde er wegen Korschismus aus der KPD ausgeschlossen).
Zugleich distanziert er sich jedoch von den Ergebnissen ihrer Ursachenforschung: Man hat
sich zumeist begngt, so fhrt er in Hinblick auf die marxistischen Analysen des Ersten
Weltkrieges aus, die kapitalistische Kriegsursache zu erklren, es mu aber die
kapitalistische Struktur des Weltkrieges, seine Funktion im gesellschaftlichen Gesamtproze
begriffen werden, damit der Vorgang selber, sein Verlauf, seine Wirkung, sein Resultat klar
wird. [42] Anders als in frheren militrischen Auseinandersetzungen, so deutet Langerhans
an, besteht die zentrale gesellschaftliche Funktion moderner Kriege nicht mehr in der
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Gewinnung von Bodenschtzen und anderen Reichtmern, sondern in der Vernichtung von
Kapital.
Im Zentrum seiner Argumentation steht demzufolge weniger die Kategorie des konkreten
konomischen Interesses, sondern ebenso wie bei seiner unmittelbar damit verwobenen
Analyse des Nationalsozialismus der Begriff der Krise. Die Wechsel zwischen Krieg undFrieden, so fhrt Langerhans aus, sind in der Epoche des Monopolkapitalismus in den
industriellen Zyklus einbezogen. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges hat nicht, wie
verschiedentlich behauptet [43], eine schlimmere Krise verhindert. Er ist vielmehr mit der
Krise identisch bzw. eine spezifische Strukturkrise: [44] In der Weltkriegskrise war
Vernichtung Gegenstand einer ber das eigne Ma hinaus gesteigerten Produktion. Indem die
Industrie zur Kriegsindustrie umgestellt wurde, wurde die Krisenvoraussetzung innerhalb der
Krise noch einmal gesetzt, die berproduktion trat als Produktion von Vernichtungsmaterial
noch einmal auf und vollbrachte das spezielle Werk einer jeden Krise, Vernichtung von nicht
verwertbarem Wert. [...] Die berproduktion, indem sie Krieg produzierte, war scheinbar
verwertbare Produktion geworden. Sie hatte also auf einmal Sinn bekommen, wie das Sterben
im Drahtverhau und der Hunger im Hinterland Sinn hatte, einen unmenschlichen,
kapitalistischen Sinn. [45]
Durch die Verwandlung von Staat und Kapital in das Staatssubjekt Kapital gelingt es nach dem
Ende des Ersten Weltkrieges zwar, die 1914 kriegerisch entfesselten Produktivkrfte wieder in
den kapitalistischen Verwertungsproze einzubinden. Das Krisenmanagement milingt jedoch
notwendigerweise: Das Staatssubjekt Kapital kann lediglich eine andere Verteilung der
periodisch sich einstellenden berproduktion und des damit verbundenen gleichzeitigen
Hungers innerhalb der Staatswirtschaft bewirken. [46]
Aus dieser Einsicht sowie der Beobachtung der Rstungsvorgnge im Dritten Reich zieht
Langerhans 1934 seine bemerkenswerte Schlufolgerung: Die whrend des Ersten
Weltkrieges kriegerisch entfesselten und seither weiter gesteigerten Produktivkrfte knnen
nur noch in Form eines zweiten Weltkrieges krisenhaft zur Entfaltung kommen. Es zeigt sich
immer deutlicher, da die Krisenberwindungskampagne der neuen monopolistischen
Staatswirtschaften zugleich den Charakter von Rstungsmanahmen haben. Mehr und mehr
ist die Rstung der Inhalt gerade der vorwrtstreibenden industriellen Energie (Motorisierung,
Flugwesen, Chemie etc.). In groem Mastabe, in Produktionsplnen auf weite Sicht wirdexplosibles Material gehuft und gestapelt. [...] So bereitet sich, teils in bewuter Planung,
teils hinter dem Rcken der Beteiligten der 2. Weltkrieg vor. [47]
Langerhans kann dieses gewaltsame Aufeinandertreffen der verschiedenen nationalstaatlichen
Krisenlsungsstrategien nur so przise voraussagen und das zeigt zugleich die Grenzen
seiner totalitarismustheoretischen Ausfhrungen auf , weil das zentrale Objekt seiner
Beobachtungen nicht das faschistische Italien, das Amerika des ersten New Deal oder die
Sowjetunion ist, sondern Nazideutschland. So nimmt er die Verschmelzung von Staat und
Kapital zwar durchaus richtig als globale Tendenz wahr. Da er die Unterschiede der
nationalen Geschichte, die er an anderer Stelle noch erwhnt, in diesem Zusammenhang
jedoch vernachlssigt und seine Beobachtungen der nationalsozialistischen Entwicklung
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allgemein setzt, bieten seine Gefngnisthesen keine Antwort auf die zentrale Frage: Warum
wird der Krieg vom nationalsozialistischen Staatssubjekt Kapital und nicht vom New-
Deal-Staat Roosevelts oder gar vom Sozialismus in einem Lande Stalins, aber auch nicht
vom italienischen oder spanischen Faschismus so nahe sie auch (vor oder im Krieg) dem
NS-Staat standen entfesselt und bis zuletzt, als Vernichtungskrieg, in Gang gehalten? [48]Diese Frage, die sich Langerhans 1934, fnf Jahre vor Beginn des Krieges, selbstredend noch
nicht stellen kann, ist in der Tat nur zu beantworten, wenn das Wissen um die globale
Tendenz der Verschmelzung von Staat und Kapital mit dem Wissen um die Unterschiede der
nationalen Geschichte und Entwicklung in Beziehung gesetzt wird. Gerade diese Unterschiede
sind es, die Deutschland zur Avantgarde bei der Bewltigung der Krise werden lassen. Das
deficit-spending, das John Maynard Keynes seit Ende der 1920er Jahre allen Staaten
empfiehlt, so verweist Gerhard Scheit auf diese nationalen Besonderheiten, funktionierte vor
dem Krieg eigentlich nur in Deutschland, und das hat seinen Grund. Nur in Deutschland wurde
jenes einheitliche Staatssubjekt Kapital, von dem Langerhans spricht, vollkommen realisiert,
nur hier ist die rcksichtslose soziale Pazifierungsaktion mit dem Zweck der organischen
Einfgung des Kapitalteils Lohnarbeit in den neuen Staat so konsequent durchgefhrt worden,
da sie zugleich und im selben Ma Kriegsvorbereitung war; nur hier hatten alle
Krisenberwindungskampagnen direkt oder indirekt den Charakter von Rstungsmanahmen;
und nirgendwo sonst wurde vor 1939 so viel explosives Material gehuft und gestapelt. [49]
V. Karl Korsch, der den Gefngnisthesen bei ihrer Erstverffentlichung eigene Bemerkungen
voranstellt, weist in seinem Kommentar auf einen Widerspruch in Langerhans Argumentation
hin: So konstatiert Langerhans einerseits den vollstndigen Zerfall der Arbeiterbewegung und
die Integration des Proletariats in den NS-Staat. Andererseits sieht er in Analogie zu
1917/18 mit dem Zweiten Weltkrieg zugleich die Mglichkeit neuer weltrevolutionrer
Aktivitten entstehen. Die weltrevolutionre Zersprengung von Staat und Kapital, so
Langerhans, ist eine greifbar konkrete Aufgabe geworden. [50] Korsch stellt in diesem
Zusammenhang eine durchaus angebrachte Frage: Wenn sich das Proletariat mit dem neuen
Staat arrangiert hat, wer ist dann Trger der von Langerhans erwhnten Massenaktionen?
[51]
Da auch Korsch 1934/35 noch nicht daran zweifelt, da das Proletariat revolutionr handelnwird, kritisiert er jedoch nicht die falsche Schlufolgerung Langerhans. Er stellt vielmehr die
empirische Grundlage die Integration der Arbeiterklasse in den nationalsozialistischen Staat
in Frage. Langerhans unterliege der irrigen Vorstellung, so Korsch, da dem faschistischen
Staat die von ihm proklamierte Monopolisierung des Klassenkampfes in seinen beiden
gegenstzlichen Erscheinungsformen als Kampf der Lohnarbeit gegen das Kapital und des
Kapitals gegen die Lohnarbeit tatschlich wenigstens zeitweise und im nationalen Mastabe
gelinge. Damit werde die Angriffs- und Verteidigungskraft der heute triumphierenden
faschistisch-nationalsozialistischen Konterrevolution in ungeheurer und fr die Entwicklung der
proletarischen Gegenbewegung in schdlicher Weise berschtzt. [52]
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Angesichts seiner sonstigen Einsichten erstaunt Langerhans Glaube an revolutionre
Aktivitten der Arbeiterklasse in der Tat. Whrend andere Marxisten 1933, kurz nach der
Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, noch von einem schnellen Ende des Nationalsozialismus
sprechen, gibt sich Langerhans bereits zu diesem Zeitpunkt keinen weiteren Illusionen hin. In
seiner Widerstandsgruppe, so erinnert er sich spter, habe er in dieser Zeit erklrt, manmsse so arbeiten, da man auch im zehnten Jahr des Dritten Reiches noch da sei und stie
mit dieser Aussage verstndlicherweise auf Emprung. [53]
Vierzig Jahre nach Niederschrift der Gefngnisthesen auf den Widerspruch zwischen solchen
uerungen und dem nahezu zeitgleich prsentierten Glauben an revolutionre Aktionen der
Arbeiterklasse befragt, weigert sich Langerhans zwar, seine optimistischen Aussagen auf
Voluntarismus zurckzufhren. Ein Kommentar zeigt jedoch, da es sich bei den
entsprechenden Bemerkungen von 1934 tatschlich vor allem um die Wiedergabe von
Wunschvorstellungen handelt: Als Marxist, so Langerhans 1973, drfe man auch in der Phase
der Konterrevolution nicht jede revolutionre Perspektive aufgeben. [54]
Langerhans schreckt in seinen Gefngnisthesen jedoch nicht nur, wie diese uerung
nahelegt, vor den Konsequenzen seiner eigenen Gedanken zurck. Sein Vertrauen in
revolutionre Massenaktionen ist zugleich auf eine weitere Leerstelle in seinen Beobachtungen
zurckzufhren: Zwar weist er am Rande der Thesen darauf hin, da die Krise auf mentaler
Ebene von einem gesellschaftlichen Krisenbewutsein antizipiert und sekundiert wird. Das
Staatssubjekt Kapital, so lautet sein Verweis auf die Ideen von 1914 und die
parteibergreifende Verherrlichung der Schtzengrabenerlebnisse des Ersten Weltkrieges,
beschwrt den Frontgeist zur Ankurbelung und Bedienung des industriellen Apparates, der
die Fabrikmarke Weltkrieg noch deutlich lesbar an sich trgt. [55] Das zentrale
Integrationsmoment der NS-Gesellschaft und damit zugleich die zentrale Differenz zwischen
dem Dritten Reich und anderen Formen des totalitren Staates : der Antisemitismus,
findet bei Langerhans allerdings keine Erwhnung.
Erst der Antisemitismus erlaubt jedoch die von Langerhans mit der Formel der
organischen Einfgung des Kapitalteils Lohnarbeit in den neuen Staat umschriebene
totale Identifikation mit dem Staatssubjekt Kapital, wie sie nur in Deutschland zu beobachten
ist; erst mit Hilfe des Antisemitismus gelingt es, die innere Widersprchlichkeit des neuen
Staates in volksgemeinschaftlicher Harmonie aufzulsen und das Staatssubjekt Kapitalvollkommen zu realisieren. So mu der Staat, um die in den Gefngnisthesen beschriebenen
vermehrten Funktionen Monopolisierung des Klassenkampfes, Durchfhrung sozialer
Pazifierungsaktionen usw. effektiv ausben zu knnen, gegenber seinem liberalen
Vorgnger in zweierlei Hinsicht eine neue Gestalt annehmen: Erstens, so Ulrich Enderwitz in
seinem Aufsatz Faschismus und Postfaschismus, mu er selber ein pseudo- oder
quasirevolutionres Aussehen [...] annehmen; d.h. er mu sich der Klasse, die er zum
Teufelspakt mit dem Kapital fhren will, im wie immer trgerischen Charakter einer sie
reprsentierenden oder vielmehr inkorporierenden sozialistischen Aufbruchsbewegung
assimilieren. Zweitens mu er zu der brgerlichen Klasse, seinem bisherigen Realfundament
und Arbeitgeber, auf Distanz gehen, mu er gegen die brgerliche Klasse sich
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verselbstndigen, sich von ihr emanzipieren, mu er mithin die Statur [...] einer ber die
gesellschaftlichen Prozesse [...] und ber die gesellschaftlichen Ressourcen [...]
vergleichsweise autokratisch eigenmchtig verfgenden und brokratisch selbstherrlich
wachenden, unbrgerlich arbitrren Agentur und vlkisch totalitren Instanz gewinnen. [56]
Enderwitz fhrt etwa sechzig Jahre nach der Erstverffentlichung der Langerhans-Thesen aus,wie der nationalsozialistische Staat auf diesen Widerspruch zwischen pseudosozialistisch-
politischem Mittel und kapitalistisch-konomischem Zweck mit reflexhafter Aggressivitt
gegen dasjenige am kapitalen Zweck [reagiert], was dessen Gegensatz zum
quasisozialistischen Mittel gesellschaftlich sichtbar werden lt: [57] Der NS-Staat braucht
das Faszinosum und Schreckensbild des zwischen Raffgier und Schmarotzertum,
Schatzbildung und Wohlleben, zwischen abstraktivem Tanz ums goldene Kalb und privatem
Konsumrausch changierenden Liberalittsjuden mehr denn je, um an diesem
systemtranszendenten Ersatzobjekt den antibrgerlichen Affekt abzureagieren, den jener
systemimmanente Widerspruch in ihm wachruft. [58] Als Reprsentant des kleinen
Mannes ist er darauf verwiesen, die antibrgerlichen und antikapitalistischen Ressentiments
zu bedienen, in denen die notwendig krisenhaften Konsequenzen der kapitalistischen
Verwertung vom Kapital abgespalten und auf empirische Personen die Juden projiziert
werden. [59] Enderwitz kann zeigen, wie sich der nationalsozialistische Staat aufgrund seiner
widersprchlichen Konstitution im Laufe der Zeit in einen vom Wahnsinn geschttelten
Leviathan verwandelt. Der Versuch, einen krisenfreien Kapitalismus zu organisieren, realisiert
sich schlielich in Form einer monstrsen, von einer grundlegenden Verschiebungsleistung
gekennzeichneten Tathandlung [60]: der Vernichtung der europischen Juden.
Da Langerhans den zentralen Stellenwert des Antisemitismus im NS-Staat bei der
Niederschrift seiner Thesen bersieht und das Unvorstellbare nicht vorhersehen kann, ist ihm
ebensowenig vorzuwerfen wie seine Vernachlssigung der nationalen Besonderheiten bei der
Herausbildung des Staatssubjekts Kapital. Er befindet sich damit in prominenter Gesellschaft.
[61] Langerhans ist 1934 verstndlicherweise weder in der Lage, sich den Versuch der
Krisenlsung die zentrale Aufgabe des Staatssubjekts Kapital anders als nach dem Muster
des Ersten Weltkrieges vorzustellen. Noch kann er die Entwicklung Deutschlands zur
Avantgarde der Krisenbewltigung zu diesem Zeitpunkt voraussehen. Mit seinen Verweisen
auf die neuen Formen von Staat und Kapital, die Herausbildung des Staatssubjektes Kapitalund die organische Einfgung des Kapitalteils Lohnarbeit in den neuen Staat liefert er
jedoch eine der przisesten und frhesten Analysen der konomischen und
soziopolitischen Rahmenbedingungen, in denen der zentrale Selbstfindungsakt der
Volksgemeinschaft stattfinden konnte.
VI. Nach 1945 teilt Langerhans, der bis 1972 im Universittsbetrieb ttig ist, das intellektuelle
Schicksal zahlreicher seiner politischen Weggefhrten aus der Weimarer Republik und der NS-
Zeit: Diejenigen, die den historischen Materialismus in den 1920er und frhen 1930er Jahren
so geschickt auf sich selbst anwenden, sind dazu nach 1945 nur noch bedingt in der Lage. Die
historisch-empirische Grundlage ihrer Nachkriegsstudien endet am Vorabend der
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Reichspogromnacht bzw. im Vorfeld des 1941 beginnenden Massenmordes an den
europischen Juden. Ihre Faschismusanalysen kommen auch wenn sie dem
sowjetmarxistischen Agententheorem immer noch weit voraus sind ohne jede Erwhnung
des Antisemitismus aus. Diese Ignoranz gegenber dem zentralen Moment des
Nationalsozialismus verfhrt den kritischen Marxisten Langerhans schlielich zu uerungen,die aus den Totalitarismus-Diskussionen revisionistischer Historiker hinlnglich bekannt sind:
Der Terror-Aspekt des Nationalsozialismus, so fhrt er 1973 in einem Interview aus, habe
diejenigen nicht berraschen knnen, die im Widerstand gegen die Stalinisierung, wie z.B.
die Korsch-Gruppe, alle diese Methoden schon erfahren und erkannt hatten. [62] Die
berechtigte Kritik am Stalinismus wird damit zum Hilfsmittel bei der Verharmlosung des
nationalsozialistischen Terrors und des deutschen Vernichtungswahnes; die parallel dazu
formulierte Kritik an Staat und Kapital ist vor diesem Hintergrund immer auch Abwehr-
Instrument.
Funoten
[1] International Council Correspondence 8 (1935). Unter dem Titel Die nchste Weltkrise,der zweite Weltkrieg und die Weltrevolution verffentlicht in: Heinz Langerhans:Staatssubjekt Kapital. Texte zur Diskussion um Faschismus, Krieg und Krise, Halle 2004.[2] Zu den biographischen Daten vgl. Michael Buckmiller: Anmerkungen zu Heinz Langerhansund seinem Bericht ber das Buch der Abschaffungen von Karl Korsch, in: Archiv fr dieGeschichte des Widerstandes und der Arbeit 8 (1988); ders.: Einleitung, in: Karl Korsch:Gesamtausgabe. Bd. 8. Hrsg. v. Michael Buckmiller u.a., Amsterdam 2001.[3] Erschienen unter H.L.: Krieg und Faschismus, in: Der Freidenker 5/6, 7/8, 9/10, 11/12
(1940); unter dem selben Titel wiederverffentlicht in: Heinz Langerhans: StaatssubjektKapital. Auf diese Verffentlichung beziehen sich die folgenden Zitate. Eine englische Varianteerschien unter: Alpha [Heinz Langerhans]: The historical Character of the War and the Tasteof the Working Class, in: Living Marxism 1 (1940).[4] Karl Marx: Die Klassenkmpfe in Frankreich 1848 bis 1850 [1850], in: ders., FriedrichEngels: Werke (MEW). Bd. 7; ders.: Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte [1852], in: MEW8.[5] Marx umschreibt die Bedingungen, die den Staatsstreich Louis Bonapartes im Dezember1851 ermglichten, in seinem 18. Brumaire bekanntlich folgendermaen: 1. Das Proletariattrat aufgrund seiner Niederlage whrend des Juli-Aufstandes 1848 in den Hintergrund derpolitischen Bhne; die Bourgeoisie war infolge innerer Auseinandersetzungen paralysiert. Esherrschte ein Klassengleichgewicht der Schwche. 2. Da die Bourgeoisie ihre konomischeReproduktion nicht mehr mit Hilfe des Parlaments gewhrleisten konnte, verbndete sie sich
mit einer in dieser Situation neu entstandenen dritten Kraft: den von Louis Bonapartereprsentierten Parzellenbauern und Deklassierten aller Klassen. 3. Um ihre sozialeHerrschaft zu retten, bergab die Bourgeoisie ihre politische Herrschaft in Form der Exekutiveschlielich an Bonaparte. Diese nunmehr verselbstndigte Exekutivgewalt wurde von derBourgeoisie als der ersehnte Reprsentant und Garant ihrer Interessen begriffen.[6] Karl Marx: Der Brgerkrieg in Frankreich. Adresse des Generalrats der InternationalenArbeiterassoziation [1871], in: MEW 17, S. 337 ff.[7] August Thalheimer: ber den Faschismus, in: Wolfgang Abendroth (Hrsg.): Faschismusund Kapitalismus. Theorien ber die sozialen Ursprnge und die Funktion des Faschismus,Frankfurt am Main 1974, S. 27.[8] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 20.[9] Johannes Agnoli u.a.: Einleitung der Herausgeber, in: Alfred Sohn-Rethel: konomie undKlassenstruktur des deutschen Faschismus. Aufzeichnungen und Analysen. Hrsg. v. Johannes
Agnoli u.a., Frankfurt am Main 1973, S. 10.[10] Langerhans: Krieg und Faschismus, S. 26 f.[11] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 18.
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[12] Ebd. Die durch das Dilemma der Rationalisierung hervorgerufene Krise, so Sohn-Rethel, habe die tragenden materiellen Elemente einer sozialistischen Produktionsweise imSchoe des Kapitalismus sichtbar gemacht. Htte der Kapitalismus damals berwunden undbeseitigt werden knnen, so wren diese Produktionsverhltnisse sozialistische geworden.Statt dessen blieben seine metakapitalistischen oder, sagen wir, sozialistoiden Elemente in dieBedingungen des Kapitalismus eingeschlossen. Sohn-Rethel, S. 52.
[13] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 19.[14] Ebd.[15] Vgl. hierzu Richard Saage: Faschismustheorien, 4. Auflage, Baden-Baden 1997, S. 86-130.[16] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 21.[17] Initiative Sozialistisches Forum: Materialismus und Barbarei, in: Kritik und Krise 6(1993), S. 3.[18] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 19.[19] Vgl. Theodor W. Adorno: Reflexionen zur Klassentheorie [1942], in: ders.:Gesellschaftstheorie und Kulturkritik, Frankfurt am Main 1975, S. 10 f.[20] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 21.[21] Michael Buckmiller, Jrg Kammler: Revolution und Konterrevolution. Eine Diskussion mitHeinz Langerhans, in: Heinz Langerhans: Staatssubjekt Kapital, S. 44. Langerhans spricht hier
zwar ganz im linken Mainstream der Zeit stehend verallgemeinernd von Faschismus.Anders als in seinen Thesen von 1939 steht im Zentrum seiner Ausfhrungen von 1934 und1973 jedoch der Nationalsozialismus.[22] Gerhard Scheit: Die Meister der Krise. ber den Zusammenhang von Vernichtung undVolkswohlstand, Freiburg 2001, S. 47.[23] Vgl. hierzu ders.: Totalitt und Krise des Kapitals. Zur Kritik des Totalitarismus-Begriffs,in: Streifzge 4 (2000).[24] Langerhans: Revolution und Konterrevolution, S. 45.[25] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 19.[26] Langerhans: Krieg und Faschismus, S. 23.[27] Ebd., S. 34. Vgl. auch Karl Kautsky: Der Imperialismus, in: Die Neue Zeit 2 (1914).Kautsky fhrte vor dem Ersten Weltkrieg aus, da es nicht notwendig zu einem Krieg kommenmsse. Viel logischer sei die berwindung der nationalen Kapitalismen und die gemeinsame
Verwaltung der Welt durch eine heilige Allianz der Imperialisten bzw. einenUltraimperialismus. Horkheimer erklrte 1940 gegen solche Vorstellungen, wie sie teilweiseauch von Pollock vertreten wurden, da ein Weltkartell unmglich sei, es schlge sogleichin Freiheit um. Er hielt stattdessen die Herausbildung zweier freundlich-feindliche[r]Staatenblocks fr wahrscheinlich. Max Horkheimer: Autoritrer Staat [1940/42], in: ders.:Gesammelte Schriften. Bd. 5. Hrsg. v. Gunzelin Schmid Noerr, Frankfurt am Main 1987, S.310.[28] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 20 f.[29] Detlev Claussen: Seismographie einer weltgeschichtlichen Katastrophe, in: BorisNikolajewski: Brief eines alten Bolschewiken, Frankfurt am Main 1992, S. 16.[30] Langerhans: Revolution und Konterrevolution, S. 44.[31] Langerhans: Krieg und Faschismus, S. 27.[32] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 21.
[33] Ebd.[34] Zeev Sternhell: Faschistische Ideologie. Eine Einfhrung, Berlin 2002, S. 95.[35] Langerhans: Krieg und Faschismus, S. 26, 25, 27.[36] Zumindest Langerhans Thesen von 1939 drften Horkheimer bekannt gewesen sein.Korsch schickte Pollock einen Durchschlag des Manuskripts, um ihn am Institut frSozialforschung zirkulieren zu lassen. Vgl. Karl Korsch: Brief an Ossip K. Flechtheim vom 12.Januar 1940, in: ders.: Gesamtausgabe. Bd. 9. Hrsg. v. Michael Buckmiller, Amsterdam 2001,S. 843 f.[37] Horkheimer: Autoritrer Staat, S. 298.[38] Heinz Langerhans: Das Ende der deutschen politischen Emigration. Ein Brief an einigeEmigranten, in: Network Pamphlet 1 (1944), S. 10, zit. nach Buckmiller: Einleitung, S. 35 f.[39] Michael Buckmiller verweist in diesem Zusammenhang auf eine bislang unverffentlichteArbeit Langerhans mit dem Titel How to overcome Totalitarianism?. Buckmiller:
Anmerkungen, S. 3.[40] Max Horkheimer: Brief an Felix Weil von 1943, in: ders.: Gesammelte Schriften. Bd 17.Hrsg. v. Alfred Schmidt, Frankfurt am Main 1996, S. 397, zit. nach Scheit: Die Meister derKrise, S. 50.
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[41] Diese Formulierung findet sich zwar erst 1935 in Georgi Dimitroffs Abrechnung mit denfrheren Faschismustheorien der Komintern. (Die Offensive des Faschismus und die Aufgabender Kommunistischen Internationale im Kampf fr die Einheit der Arbeiterbewegung gegenden Faschismus, in: Institut fr Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hrsg.): VII. Kongreder Kommunistischen Internationale, Referate und Resolutionen, Berlin (Ost) 1975, S. 93.)Einige uerungen von KPD-Funktionren aus der Zeit der Reichsprsidentenwahlen 1932
lesen sich allerdings wie eine Vorwegnahme des berhmten Formel Dimitroffs.[42] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 17.[43] Vgl. den Hinweis bei Scheit: Die Meister der Krise, S. 29.[44] Langerhans: Krieg und Faschismus, S. 48.[45] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 17 f.[46] Ebd., S. 19.[47] Ebd., S. 19 f. In seinen Thesen von 1939 fllt Langerhans stellenweise wieder hinterdiese Erkenntnisse zurck. Zwar verweist er auch hier auf einen dunklen Automatismus, derhinter den verschiedenen Akteuren wirkt. Langerhans: Krieg und Faschismus, S. 25. Zugleichgreift er jedoch wieder auf Personifizierungen zurck und berichtet von Staatsmagnaten,Diplomaten und politische[n] Leiter[n], politischen Fhrern, die uns in ein arbeitsfremdverbautes monopolistisches Weltsystem fhren. Ebd., S. 34.[48] Scheit: Totalitt und Krise des Kapitals, S. 7
[49] Ebd. uerst instruktiv hierzu: Sohn-Rethel, S. 137.[50] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 21.[51] Karl Korsch: Bemerkungen zu den Thesen Die nchste Weltkrise, der zweite Weltkriegund die Weltrevolution [1935], in: Karl Korsch: Gesamtausgabe. Bd. 5. Hrsg. v. MichaelBuckmiller, Amsterdam 1996, S. 705 ff.[52] Ebd., S. 706 f.[53] Langerhans: Revolution und Konterrevolution, S. 40.[54] Ebd., S. 41. Auch in dieser Hinsicht fllt Langerhans in seinen Thesen von 1939 wiederhinter seine Erkenntnisse von 1934 zurck: So kritisiert er 1939 zwar weiterhin die autoritreArbeiterbewegung und verweist auf die Dialektik von Revolution und Konterrevolution. Dienoch 1934 benannte Monopolisierung des Klassenkampfes findet jedoch nur noch am RandeErwhnung. Faschismus hier nicht mehr als Synonym fr den Nationalsozialismus gebraucht erscheint stellenweise wieder als reines Repressionsinstrument gegen die Arbeiterklasse.
Vgl. Langerhans: Krieg und Faschismus, S. 33 f. Gleichzeitig hat sich auch Korschs Positionverndert: Whrend Langerhans 1939 nicht optimistisch, wohl aber hoffnungsfroh auf einenproletarischen Antifaschismus setzt und die Aufgaben einer zuknftigen antifaschistischenBewegung benennt, ist Korsch mittlerweile desillusionierter und damit zugleich realistischer:Das einzige, was ich gegen diese Thesen habe, so fhrt er in einem Brief an Paul Mattickaus, ist, da sie zu sehr in jenem grand style gehalten sind, in dem wir alle nach demersten Weltkrieg gesprochen haben. Dazu fehlt mir heute der Mut. Wenn die Keime des erstentotalen Krieges [...] zum Faschismus gefhrt haben, was entscheidet dann darber, da dieWeiterentwicklung dieser Totalitt nicht zu einer neuen Gegenrevolution fhrt. Karl Korsch:Brief an Paul Mattick vom 4. Januar 1940, in: ders.: Gesamtausgabe. Bd. 9, S. 838. Ebensowie 1935 werden Langerhans Thesen auch 1940/41 von Korsch kommentiert: Beta [KarlKorsch]: The Fight for Britain, the Fight for Democracy and the War Aims of the WorkingClass, in: Living Marxism 4 (1941).
[55] Langerhans: Die nchste Weltkrise, S. 21.[56] Ulrich Enderwitz: Faschismus und Postfaschismus, in: Kritik & Krise 6 (1993), S. 14.[57] Ulrich Enderwitz: Antisemitismus und Volksstaat. Zur Pathologie kapitalistischerKrisenbewltigung, 2. Auflage, Freiburg 1998, S. 132.[58] Ebd., S. 133.[59] Clemens Nachtmann: Krisenbewltigung ohne Ende. ber die negative Aufhebung desKapitals, in: Stephan Grigat (Hrsg.): Transformation des Postnazismus. Der deutsch-sterreichische Weg zum demokratischen Faschismus, Freiburg 2003, S. 57.[60] Ebd., S. 62. Eingehender hierzu Enderwitz: Antisemitismus und Volksstaat; Scheit: DieMeister der Krise.[61] Vgl. u.a. die Ausfhrungen von Max Horkheimer: Die Juden und Europa [1939], in: ders.:Gesammelte Schriften. Bd. 4. Hrsg. v. Alfred Schmidt, Frankfurt am Main 1988.[62] Langerhans: Revolution und Konterrevolution, S. 44.
www.materialien-kritik.de