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V O R T R A G Dr. Bernhard Haid TRANSPORTFORUM Rechtsanwalt A-6020 Innsbruck, Universitätsstrasse 3, 0043-(0)512-583258 www.haid-advocat.at [email protected] www.transportforum.at 1

V O R T R A G - eumos.eu · • RL 2014/47/EU des Europäischen Parlaments und des Rates ... Das Gesetz spricht nicht vom Belader, sondern vom Anordnungsbefugten. 13. ... • Der

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V O R T R A G

Dr. Bernhard Haid TRANSPORTFORUM Rechtsanwalt

A-6020 Innsbruck, Universitätsstrasse 3,

0043-(0)512-583258

www.haid-advocat.at [email protected] www.transportforum.at

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5th International EUMOS Symposiumon cargo securing, transport packaging and safe logistics

ORGANIZATION: EUMOS

1140 Brussels, Jules Bordetlaan 164

DATUM: 14. September 2017

ORT: WKO

Austrian Chamber of Economics

1045 Wien, Wiedner Hauptstraße 63

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THEMA

LADUNGSSICHERUNG

Rechtliches zu neuen Standards, Richtlinien und Gesetzen

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RÜCKBLICK

4. Symposion im Jahre 2015

• RECHTSLAGE / LADUNGSSICHERUNG

• RL 2014/47/EU des Europäischen Parlaments und des Rates

technische Unterwegskontrolle der Verkehrs- und Betriebssicherheit von

Nutzfahrzeugen

Anhang I Risikoeinstufung: geringer, erheblicher, gefährlicher Mangel

Anhang II Umfang der technischen Unterwegskontrolle

Anhang III Grundsätze zur Ladungssicherung

Anhang IV Muster für einen Bericht über eine gründliche Unterwegs-

kontrolle

Tatsächlich verwenden die kontrollierenden Beamten in den

verschiedenen Ländern unterschiedliche Checklisten

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RÜCKBLICK

Jahrelanger Versuch zumindest für Deutschland und Österreich eine einheitliche Checkliste zu erstellen sind bis dato gescheitert.

Derzeit in Verwendung stehenden Checklisten:

• Österreich: KONTROLLDATENBLATT – Ladungssicherung• Deutschland: PRAXISHANDBUCH Ladungssicherung

Anlage Ladungssicherung GRUNDDATENNIEDERZURRENDIAGONALZURREN

Wer sich daran hält, ist nicht nur auf der Straße sicher unterwegs, sondern auch bei der Kontrolle.

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RÜCKBLICK

ALLGEMEINE EMPFEHLUNG

Ladungssicherungskontrolle ist in hohem Maße ERMESSEN

Eine exakte BERECHNUNG ist aufgrund der zahlreichen Prämissen im Rahmen der Unterwegskontrolle schlicht unmöglich!

• NACH MÖGLICHKEIT ZERTIFIZIERTER AUFLIEGER

• GUTE TRANSPORTVERPACKUNG

• FORMSCHLUSS

• AUSREICHEND GURTE

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AKTUELL

• Die Richtlinien müssen von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht transformiert werden.

• Auch hier unterschiedliche Geschwindigkeiten der Mitgliedsländer

• Österreich hat per 18. 07. 2017 den Erlass zum RISIKOEINSTUFUNGSSYSTEM RL 2006/22/EU ausgesandt:

Verpflichtung zur Errichtung eines Systems für die Risikoeinstufung von

Unternehmen.

In Österreich wurde das Risikoeinstufungssystem nunmehr auch auf Mängeleinstufungen die im Rahmen der technischen Unterwegskontrollefestgestellt wurden und auf Verstöße gegen Ladungssicherungsvorschriften ausgedehnt.

Inkraftreten: 20. 05. 2019

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AKTUELL

Zur Umsetzung der technischen Unterwegskontrolle in Deutschland, Österreich und Europa, sowie zu technischen Aspekten der Ladungssicherung werden meine Nachredner vortragen, sodass ich meine weiteren Ausführungen auf rechtliche Aspekte richten werde, insbesondere auf HAFTUNGSFRAGEN im Zusammenhang mit der Ladungssicherung.

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HAFTUNG

• STRAFRECHT

• ZIVILRECHT

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HAFTUNG / STRAFRECHT

Grundsätzlich gibt es drei 3 Personen, die für Übertretungen verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können:

1. Lenker

2. Frächter

3. Verlader

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FAHRZEUGLENKER

• § 102. Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers(1) Der Kraftfahrzeuglenker darf ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hierfür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen;

Aus § 61 Abs 1 StVO im Zusammenschau mit § 58 Abs 2 StVO ergibt sich, dass für die vorschriftsmäßige Verwahrung der Ladung jedenfalls der Lenkerverantwortlich ist, und zwar auch dann, wenn er das Fahrzeug nicht beladen hat (OGH 30. 01. 1974, Zl. 1752/73).ERGEBNIS:Sorgfalt, Kenntnis der Rechtslage und Zumutbarkeit sich Kenntnis über die Rechtslage zu verschaffen, werden von der Behörde in einem Ausmaß gefordert, dass an Stelle des Verschuldens in Form der „Fahrlässigkeit“ der Erfolg in Form der beanstandeten Übertretung tritt.

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Transporteur/Zulassungsbesitzer

• § 103. KFG Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

(1) Der Zulassungsbesitzer hat dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;

Der Zulassungsbesitzer haftet somit nach § 103 KFG kurz zusammengefasst

für den einwandfreien technischen und gesetzlichen Zustand des Fahrzeuges (Länge, Breite, Höhe, Gewicht, Bremsen, Beleuchtung etc.)

für die ordnungsgemäße Ladungssicherung

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Der tatsächliche Belader

Mit BGBl. I Nr. 60/2003, kundgemacht am 13. 08. 2003, wurde

§ 101 Abs. 1a KGF normiert.

Sofern ein von der Person des Lenkers oder des Zulassungsbesitzers verschiedener für die Beladung eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers Anordnungsbefugter vorhanden ist, hat dieser unbeschadet der § 102 Abs. 1 und § 103 Abs. 1 dafür zu sorgen, dass Abs. 1 lit. a bis c und e eingehalten wird.

Die Haftung des Lenkers und Transporteuers wird nicht aufgehoben, vielmehr tritt die Haftung des Verladers hinzu (VwGH 20. 05. 1998, Zl. 97/03/0258).

Das Gesetz spricht nicht vom Belader, sondern vom Anordnungsbefugten.

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Anordnungsbefugter

Nach der Rechtsprechung des VwGH sind Anordnungsbefugte im Sinne von Abs. 1 a) leg. cit. jene, die damit befasst sind,

die Beladung vorzunehmen, den Ablauf des Beladevorgangs zu gestalten und solcherart insb. auch die Menge des Ladegutes bestimmen

(VwGH 12. 02. 1986, Zl. 85/03/0046).

In der Praxis treffen diese Voraussetzungen auf folgende Personen zu:

Disponent; Lagerleiter; tatsächlicher Verlader;

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Anordnungsbefugter

Wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Übertretung dieser Gesetzesstelle ist somit jene Person, die FAKTISCH – sei es durch Erteilen von Anweisungen ODER eigenes Handanlegen –auf den Beladevorgang einwirkt.

Diese Person muss von der Behörde ermittelt werden.nur sehr beschränkte Auskunftspflicht

Empfehlung – Allgemein:

Zunächst keine Angaben machen Angaben erst im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nach Kenntnis des konkreten Tatvorwurfes, nach Kenntnis des konkreten Akteninhaltes und nach allfälliger Rechtsberatung

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HAFTUNG / ZIVILRECHT

§ 1295 Abs 1 ABGB

Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.

§ 1304 ABGB

Wenn bei einer Beschädigung zugleich ein Verschulden von Seite des Beschädigten eintritt; so trägt er mit dem Beschädiger den Schaden verhältnismäßig; und, wenn sich das Verhältnis nicht bestimmen lässt, zu gleichen Teilen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

OGH

Entscheidungsdatum 21.05.1997

Geschäftszahl 3Ob2035/96b

KLÄGER: FRACHTFÜHRER

BEKLAGTER: VERLADER

LADEGUT: 5 Pakete mit Konstruktionsteilen

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

SACHVERHALT:

• Die Beladung wurde von den Mitarbeitern des Verladers durchgeführt.

• Jedes Paket bestand aus vier Blechen mit einer Länge von rund 6 m und einer Höhe von rund 2,2 m und einem Gewicht von ca. 16 t.

• Die betreffenden Pakete sollten senkrecht verladen werden.

• Der Lenker der klagenden Partei äußerte Bedenken, ob dies nicht die Sicherheit und Standfestigkeit des Sattelzuges beeinträchtige.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

• Die Bedenken wurden von den Mitarbeitern der Verladerin zerstreut, insbesondere mit dem Hinweis, dass derartige Blechpakete von der beklagten Partei immer in dieser Form aufgeladen würden und dass technisch und praktisch erwiesen sei, dass durch diese Beladung keinerlei Probleme entstehen.

• Die Mitarbeiter der Verladerin haben in Übereinstimmung mit dem Fahrer die Blechpakete mit Gurten gesichert und zwischen den Paketen Holzkeile angebracht.

• Die Mitarbeitern der Verladerin haben den Fahrer ausdrücklich angewiesen, die Ladungseinheiten mittels einer Kette niederzubinden.

• Dieses Niederbinden der Bleche mit einer Kette hat der Fahrer unterlassen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

• Bereits etwa 400 m vom Firmengelände der Verladerin entfernt, kam es in der zweiten Kurve zu einem Unfall, bei dem die gesamte vordere Ladung vom Auflieger kippte.

• Dadurch entstanden insbesondere am Sattelauflieger schwere Schäden

• Der Frachtführer klagte daraufhin seinen Schaden gegen die Verladerin ein und stützte sein Klagebegehren auf § 1313a ABGB

• § 1313a. Wer einem andern zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet ihm für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

mit der Begründung:

• die Mitarbeiter der Verladerin haben die Ladungssicherung nicht ordnungsgemäß durchgeführt,

• die Verladerin hafte somit für den eingetretenen Schaden

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

I. INSTANZDas Klagebegehren wurde abgewiesen:

BEGRÜNDUNG:• Die senkrechte Beladungsart war von den Leuten der beklagten Partei bei

dieser Art von Blechen schon immer durchgeführt worden; dabei waren noch nie Probleme aufgetreten.

• Aufgrund der senkrechten Beladung führte der Fahrer noch ein Telefongespräch mit seinem Disponenten; auch diesem wurde bei der Kontaktaufnahme mit der beklagten Partei mitgeteilt, dass diese Art der Beladung der gängigen Übung der beklagten Partei entspreche.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

• Die Mitarbeiter der Beklagten, die die Beladung vornahmen, wiesen den Fahrer ausdrücklich darauf hin, dass die Verzurrung besonders sorgfältig und ordentlich ausgeführt werden muss.

• Der Fahrer verwendete Kunststoffgurte

• Diese wurden über die Bleche gespannt, wobei sie auf einer Seite festgemacht waren und auf der anderen festgezurrt wurden.

• Eine Kette oder Stahlbänder wurden zum Verzurren der Ladung nicht verwendet.

• Bei Verzurrung mit einer Kette oder Stahlbändern wäre die Ladung nicht umgekippt

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

RECHTLICHE BEURTEILUNG

• Die Beladung ist zwar von Mitarbeitern der beklagten Partei durchgeführt worden,

• die Verzurrung wurde aber vom Lenker des Sattelaufliegers der klagenden Partei allein vorgenommen.

• Für den Fahrzeuglenker besteht die Verpflichtung, für eine verkehrssichere Verwahrung der Ladung zu sorgen. Er trägt daher die Verantwortung und hat eine solche verkehrssichere Verwahrung entsprechend zu kontrollieren.

• Diese Verantwortung trifft den Lenker auch dann, wenn er das Fahrzeug nicht selbst beladen hat.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

II. INSTANZ

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Frachtführers keine Folge und bestätigte das Urteil I. Instanz und ergänzte in der Begründung:

• Wer im Verhältnis zwischen Frachtführer und Absender des Transportgutes zur Vornahme der Beladungstätigkeit verpflichtet ist, ist im Gesetz und in den CMR nicht geregelt und entscheidet sich daher im Einzelfall nach der jeweiligen Vereinbarung und nach der Verkehrssitte.

• Es gilt hier auch der Grundsatz, dass jene Partei "Herr des Verladevorganges" und daher zur Verladung verpflichtet ist, der nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit im konkreten Einzelfall die bessere Eignung hierfür zuzusprechen ist.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

• Ebenso wie die beklagte Partei das Beladen des Sattelschleppers vertraglich übernommen hat,

• hat es mit rechtlicher Verantwortung für die Klägerin der Fahrer übernommen, selbst die Sicherung, das heißt die endgültige und wesentliche Befestigung des Gutes auf der Fahrzeugladefläche herbeizuführen.

• Die Verantwortung dafür kann nur auf Seiten des Fahrers, und damit durch ihn repräsentiert auf Seiten der klagenden Partei gelegen sein.

• Der Lenker war schon aufgrund der gesetzlichen Lenkerpflichten des § 61 Abs1 StVO, § 102 Abs 1 KFG verhalten, für die verkehrssichere Verwahrung der Ladung zu sorgen und diese Ladung entsprechend zu kontrollieren.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

OGH

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision Folge, gab somit dem Frachtführer Recht und führte grundsätzlich aus:

• Weder HGB, noch CMR enthalten eine Verpflichtung zur Verladung und Verstauung des Gutes.

• Es bleibt den Parteien überlassen, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, wer die Ladetätigkeit vorzunehmen hat; einer solchen Vereinbarung steht auch Art 41 CMR nicht entgegen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

• Vereinbart werden kann nicht nur, dass der Frachtführer zur Verladung und Verstauung des Frachtgutes verpflichtet ist, sondern auch, dass er die durch den Absender vorgenommene Verladung und Verstauung zu überprüfen hat.

• Bei Schäden am Frachtgut als Folge unsachgemäßer Verladung bzwVerstauung vertritt der Oberste Gerichtshof nunmehr in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt: hat der Frachtführer die Verladung weder übernommen noch tatsächlich ausgeführt, haftet er für derartige Schäden selbst dann nicht, wenn sie erst während der Fahrt aufgetreten sind.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

• Im hier zu beurteilenden Fall wurde eine ausdrückliche Vereinbarung, wem die Verladung obliegt, nicht getroffen.

• Die Mitarbeiter der beklagten Partei als Absender waren insofern an der Verladung beteiligt, als sie die Bleche auf den Sattelauflieger aufluden und auf die näher festgestellte Weise mit Kanthölzern und Draht sicherten.

• Die Verzurrung wurde sodann nicht von der beklagten Partei, sondern vom Fahrer des klagenden Frachtführers vorgenommen, der von den Mitarbeitern der beklagten Partei darauf hingewiesen wurde, dass die Verzurrung besonders sorgfältig und ordentlich ausgeführt werden muss.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 1

• Wenn die Verladung nicht dem Frachtführer oblag, spielt die tatsächliche Mithilfe des Fahrers bei der Verladung keine Rolle, da diese Mithilfe nicht Gegenstand der vertraglichen Pflichten aus dem Frachtvertrag war und eine Handlung außerhalb des Haftungszeitraumes darstellt.

• Der Lenker des Fahrzeugs ist vielmehr bei der Verzurrung der Ladung unter Anleitung der Leute der beklagten Partei als deren Erfüllungsgehilfe (§ 1313a ABGB) tätig geworden. Sein Verhalten ist nicht der klagenden, sondern der beklagten Partei zuzurechnen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

OGH

Entscheidungsdatum 29.04.2009

Geschäftszahl 7Ob165/08b

KLÄGER: FRACHTFÜHRER

BEKLAGTER: ABSENDER (mittelbarer Auftraggeber des Klägers)

NEBENINTERVENIENT: Auftragnehmer des Beklagten

Auftraggeber des Klägers

LADEGUT: mehrere Wandler und Öltransformatoren

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

SACHVERHALT

• Der Frachtführer hatte den Auftrag mehrere Wandler und Öltransformatoren als Schrottware zu transportieren.

• Der Transportauftrag enthielt den Vermerk: „ohne Öl“

• An der ersten Verladestelle wurden die Wandler eingeladen. Der Kläger schob mit dem LKW rückwärts in die Halle ein. Es sollten die Wandler mit einem Kran stehend in den LKW gehoben werden.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

• Aufgrund der Größe der Wandler war ein aufrechter Transport der Wandler nicht möglich, weil ansonsten die höchst zulässige Höhe des LKW von vier Metern überschritten worden wäre.

• Beim Beladen der Wandler waren zwei Mitarbeiter der Absenderin und der Kläger anwesend.

• Alle gemeinsam trafen die Entscheidung, dass die Wandler aus diesem Grund liegend zu transportieren sind.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

• Es kann nicht festgestellt werden, ob einer der Anwesenden zuerst alleine die Idee für den Liegendtransport hatte oder von wem der Anstoß dazu gegeben wurde.

• Die Wandler wurden sodann mit dem Kran in den LKW gehoben, liegend abgesetzt und in dieser Position mit Gurten verzurrt.

• Als der Kläger bei der zweiten Verladestelle ankam, bemerkte er, dass Öl im Laderaum des Sattelauflegers ausgeronnen war. Der Grund für das Auslaufen des Öls war einerseits, dass die Wandler liegend transportiert wurden und andererseits, dass die Ölablassschrauben, die die Dichtung der Wandler gewährleisten, nicht angebracht waren.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

• Das Öl wurde aufgewischt, mit einem Spezialreiniger gebunden, danach mit einem Hochdruckreiniger entfernt, die fehlenden Ölablassschrauben angebracht, anschließend die Transformatoren geladen und der Transport fortgesetzt.

• Am nächsten Tag wurden die Wandler und Transformatoren am Firmengelände der Beklagten ausgeladen. Dabei wurde ein weiterer Ölaustritt festgestellt, der zu einem Schaden am Auflieger geführt hatte.

• Diesen Schaden machte der Frachtführer sodann gegen den Absender klagsweise geltend.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

I. INSTANZDas Klagebegehren wurde stattgegeben:

BEGRÜNDUNG:

• zwischen der Verkäuferin und der Beklagten bestand ein Kaufvertrag über die Wandler und Transformatoren.

• Mit Übergabe an den von der Beklagten beauftragten Transporteur ist die Gefahr und Haftung auf die Beklagte übergegangen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

• Die Beklagte hätte den Kläger informieren müssen, dass es einerseits möglich sei, dass Öl aus den Wandlern und Transformatoren auslaufe und

• somit diese Wandler und Transformatoren nur stehend zu transportieren seien.

• Von einem Fahrer kann nicht verlangt werden, dass er sich alle für das zu transportierende Gut notwendigen technischen Kenntnisse aneignet.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

II. INSTANZDas Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab.

BEGRÜNDUNG:• Der Kläger leitet seinen Schadenersatzanspruch aus einer unzureichenden Verladung

des Transportguts durch Mitarbeiter der Verladerin ab.

• Hinsichtlich der zu befördernden Wandler ist eine E-Mail zwischen dem Kläger und der Auftraggeberin dahingehend zu interpretieren, dass die Verzurrung mit Spanngurten, also die beförderungssichere Befestigung des Ladeguts im Transportfahrzeug, durch den Fahrer selbst zu erfolgen hat.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

• Ausgehend vom Inhalt des Transportauftrags war zumindest die Verladung der Wandler Sache des Absenders.

• Es wäre daher Sache des Absenders gewesen, für eine für diese konkrete Transportform notwendige Verpackung zu sorgen. Grund für die Beschädigung des Fahrzeugs des Klägers war das Auslaufen des Öls aufgrund fehlender Ölablassschrauben und der liegende Transport der Wandler.

• Dabei handelt es sich nicht um einen Mangel bei der beförderungssicher durchzuführenden Verladung.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

• Hinsichtlich der Beklagten kommt daher nicht eine Haftung wegen mangelhafter Verladung, sondern wegen mangelhafter Verpackung gemäß Art 10 CMR in Betracht.

• Auf unzureichende Verpackung hat sich der Kläger auch ausdrücklich berufen. Absender im Sinn des Art 10 CMR ist immer der Vertragspartner des Frachtführers.

• Eine Haftung der Beklagten scheidet aus, weil sie am Beladevorgang und der unterlassenen Verpackung nicht mitgewirkt hat.

• Die Beklagte ist daher für die geltend gemachten Ansprüche nicht passiv legitimiert.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

OGHDer Oberste Gerichtshof gab der Revision Folge, gab somit dem Frachtführer Recht:

BEGRÜNDUNG:

• Die durch mangelhafte Verladung des Gutes an den Transportmitteln des Frachtführers entstandenen Schäden und sonstigen Kosten werden in der -auch auf Inlandstransporte anzuwendenden - CMR nicht erwähnt, weil diese keine Regelung darüber enthält, wer das Verladen und Verstauen des Frachtguts vorzunehmen hat.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

Auch eine analoge Anwendung des Art 17 Abs 4 lit c CMR im Fall der Verladung des Gutes durch den Absender ist wegen des anderen Regelungszwecks (Haftung des Frachtführers für Güterbeschädigungen) bei Ansprüchen aus der Beschädigung des Transportmittels durch die vom Absender mangelhaft verladenen Güter nicht möglich:

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

• Artikel 17 CMR• 1. Der Frachtführer haftet für gänzlichen oder teilweisen Verlust und für

Beschädigung des Gutes, sofern der Verlust oder die Beschädigung zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt, sowie für Überschreitung der Lieferfrist.

• 4. Der Frachtführer ist vorbehaltlich des Artikels 18 Absatz 2 bis 5 von seiner Haftung befreit, wenn der Verlust oder die Beschädigung aus den mit einzelnen oder mehreren Umständen der folgenden Art verbunden besonderen Gefahren entstanden ist:

• c) Behandlung, Verladen, Verstauen oder Ausladen des Gutes durch den Absender, den Empfänger oder Dritte, die für den Absender oder Empfänger handeln;

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

• Der Oberste Gerichtshof hat auch schon vielfach festgehalten, dass die tatsächliche Mithilfe des Fahrers bei der Verladung keine Rolle spielt, wenn die Verladung nicht dem Frachtführer oblag, weil diese Mithilfe nicht Gegenstand der vertraglichen Pflichten aus dem Frachtvertrag war und eine Handlung außerhalb des Haftungszeitraums darstellt.

• Der Versender eines Gutes, der das Transportfahrzeug beladen hat, hat dem Frachtführer für Schäden an diesem Fahrzeug, die durch die nicht transportsichere Beladung herbeigeführt wurden, einzustehen; der Absender hat dem Frachtführer das Gut bei sonstiger Schadenersatzpflicht so zu übergeben, dass diesem selbst und an seinem Beförderungsmittel keine Schäden entstehen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 2

• Zum Kreis der in diesen Schutzbereich des Transportvertrags über die verladende (Schrott-)Ware einzubeziehenden Personen gehört im vorliegenden Fall auch der, der diese Ware als Unterfrachtführer zu transportieren hatte.

• Dabei hat die Beklagte für die falsche Ladung durch die Beladerin (und Verkäuferin der Schrottware), ihrer Erfüllungsgehilfin, nach § 1313a ABGB einzustehen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 3

OGH

Entscheidungsdatum 20.10.2004

Geschäftszahl 3Ob166/04i

KLÄGER: SPEDITION/AUFTRAGGEBERIN

BEKLAGTER: FRACHTFÜHRER

LADEGUT: SAMMELGUT

1. Ladung: 3 Coils

2. Ladung: 1 Palette Edelstahl

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 3

SACHVERHALT

• Klagende Spedition erteilte der beklagten Frachtführerin einen Auftrag zum Transport von drei Coils und einer Palette Edelstahl .

• Die Ladestelle war nicht bei der Spedition, sondern direkt beim Lieferanten.

• Während des Transports fiel eine Blechrolle auf eine andere, sodass drei Coils und ein Bund Edelstahlblech beschädigt wurden.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 3

• Die Streitteile haben keine Vereinbarung darüber getroffen, von wem und in welcher Art das Beladen des Transportguts auf den LKW der beklagten Partei erfolgen soll.

• Ein Kraftfahrer der beklagten Partei holte die Ware an der Ladestelle ab, wobei ein Gabelstaplerfahrer des Unternehmens, von dessen Gelände die Ware abzuholen war, diese mit dem Gabelstapler bis zum LKW transportierte.

• Der Gabelstapelfahrer fuhr nicht auf die Ladefläche des LKW und riet dem LKW-Fahrer, Einwegpaletten zu benützen, um diese dann in den LKW hineinzuziehen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 3

• Der Fahrer der beklagten Partei übernahm daraufhin die Blechrollen vom Gabelstapler und zog sie mit einem Hubwagen auf Einwegpaletten auf die Ladefläche des LKW.

• Eine Sicherung der Ladung nahm er nicht vor, weil er der Ansicht war, dass dies aufgrund des Gewichts der Coils nicht erforderlich sei.

• Ursächlich für das Umstürzen der Coils und den dadurch eingetretenen Schaden war der Umstand, dass die Blechrollen auf dem LKW nicht ladungsgesichert waren.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 3

• Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei Schadenersatz mit der Behauptung, die beklagte Partei sei auch mit der Beladung und Verstauung beauftragt gewesen.

• Die Beschädigung sei auf eine unsachgemäße Ladungssicherung zurückzuführen, weil der Fahrer der beklagten Partei die angeforderten Spanngurte nicht verwendet habe.

• Die beklagte Partei wendete ein, mit der Verladung und Verstauung nicht beauftragt gewesen zu sein. Es habe sie keine Verpflichtung getroffen, die Beladung und Stauung in Ansehung der Beförderungssicherheit zu überprüfen.

50

HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 3

OGH

• Weder das UGB (Österreich), noch die CMR enthalten eine Regelung über die Verpflichtung zur Verladung und Verstauung des Gutes.

• Es bleibt den Parteien überlassen, eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, wer die Ladetätigkeit vorzunehmen hat; Wenn die Vertragsparteien keine Vereinbarung über die Verladung treffen, ist die Verladung im Zweifel Sache des Verladers.

• Die Haftungsbefreiung nach Art 17 Abs 4 lit c CMR richtet sich ausschließlich nach den tatsächlichen Verhältnissen,

• allein maßgebend ist, wer die Verladung tatsächlich durchgeführt hat.

51

HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 3

• Haben bei der Verladung mehrere Personen zusammengewirkt, ist die Operation als von jenem Teil vorgenommen anzusehen, der persönlich oder durch seine Leute die Oberaufsicht inne hatte.

• Es ist aber darauf abzustellen, wer zur Beladung verpflichtet war, weil zumeist andere Mitwirkende dann als dessen Erfüllungsgehilfeangesehen werden.

• Die tatsächliche Mithilfe des Fahrers bei der Verladung spielt keine Rolle, wenn die Verladung nicht dem Frachtführer oblag, weil diese Mithilfe dann nicht Gegenstand der vertraglichen Pflichten aus dem Frachtvertrag war und eine Handlung außerhalb des Haftungszeitraums darstellt.

52

HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 3

• Im vorliegenden Fall kann keine Rede davon sein, dass der Fahrer der beklagten Partei die Oberaufsicht über den Verladevorgang geführt hat.

• Der Fahrer hat bei der Verladung bloß faktisch mitgeholfen und den Ratschlägen bzw. Anweisungen eines Mitarbeiters des Unternehmens, bei dem die Ware abzuholen war, gefolgt.

• Die Haftung für den eingetretenen Schaden trifft somit nicht den Frachtführer, sondern die Spedition selbst.

53

HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

SACHVERHALT

• Die Klägerin beauftragte die Spedition mit dem Transport von 3 Schaltschränken von Österreich in die Schweiz.

• Der Klägerin war bekannt, dass es zu einem Umladen und somit zu einen Sammeltransport kommen wird.

• Die Schaltschränke wurden von einem LKW der Beklagten vom Firmengelände der Klägerin abgeholt.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

• Die Schaltschränke hatten ein Ausmaß von 190 cm Höhe, 60 cm Breite und 50 cm Tiefe, waren an Bodenbrettern (Einwegpaletten) im Ausmaß von 70 cm x 60 cm angeschraubt und wegen ihrer Höhe extrem kippgefährdet.

• An den Türen der Schaltschränke waren Gehäuse mit einer Computertastatur montiert, die 20 cm über die Einwegpalette hinausragten.

• Die Schaltschränke wurden mit Luftpolsterfolie umwickelt, deren Kanten durch Kantenschutzelemente aus Karton gesichert; die Tastaturen waren in Karton eingeschlagen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

• Für einen Sammeltransport waren die gewählten Einwegpaletten nichtausreichend.

• die Verwendung von größeren Normpaletten (80 cm x 120 cm) hätte die Schaltschränke vor Beschädigung und Kippen gesichert.

• Die unterbliebene Verwendung einer Normpalette war ebenso offensichtlich wie das daraus resultierende Fehlen eines seitlichen Schlusses auf der Ladefläche und die damit verbundene Möglichkeit des Verrutschens sowie die hohe Kippgefahr.

• Dennoch machte die Beklagte die Klägerin nicht darauf aufmerksam.

56

HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

• Die Schaltschränke wurden auf dem LKW ordnungsgemäß verzurrt, sodass sie nicht umkippen konnten.

• Sodann wurden sie zum Terminal der Beklagten in Wien gebracht, dort auf eine Wechselbrücke verladen,

• im Linienverkehr in die Schweiz transportiert,

• dort im Zwischenlager der Beklagten auf einen anderen LKW umgeladen und zum Empfänger geführt.

• Beim Umladen auf diesen LKW bemerkte die Lenkerin bei einem der Schaltschränke, dass die Tastatur abstand und die Verpackung beschädigt war.

57

HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

• Die Klägerin begehrt - gestützt auf die Bestimmungen der CMR - von der Beklagten Schadenersatz.

• Das Transportgut sei ausreichend verpackt und ursprünglich bei der Abholung auch im Inneren des LKW verzurrt gewesen;

• es sei jedoch nach der Umladung durch die Beklagte in deren Obhutszeitraum während des Weitertransports weder festgebunden noch gesichert gewesen, wodurch die Schaltschränke nicht einmal ansatzweise gegen typische Transportgefahren geschützt worden seien;

• infolge dieses grob fahrlässigen Verhaltens sei es zur Beschädigung gekommen.

• Die Beklagte habe die Klägerin nie auf eine mangelhafte Verpackung hingewiesen, obwohl der Frachtführer zur Überprüfung der vom Absender vorgenommenen Verpackung verpflichtet sei.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung.

• Sie stellte zwar letztendlich das Entstehen des Schadens in ihrem Verantwortungsbereich außer Streit,

• berief sich jedoch auf Art 17 Abs 4 lit b und c CMR, da die von der Klägerin gewählte Verpackung vor allem wegen der hohen Kippgefahr und einer die Palette überragenden Tastatur zur Verhinderung von zu erwartenden Schäden ungeeignet gewesen sei.

• Der Schaden wäre bei Verwendung von Normpaletten nicht eingetreten.

• Die Be- und Entladung sei ausschließlich im Verantwortungsbereich der Klägerin gelegen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

I. INSTANZDas Erstgericht gab dem Klagebegehren Folge.

BEGRÜNDUNG:

• Es sei zwar ein offensichtlicher Verpackungsmangel wegen Verwendung einer zu kleinen Palette vorgelegen, den sich aber der Frachtführer zurechnen lassen müsse, weil er den Absender nicht davon informierte.

• Wegen der offensichtlichen Untauglichkeit der nicht der Normpalette entsprechenden und daher evident unzureichenden Palette ist grobe Fahrlässigkeit anzunehmen.

• Daher kann sich die Beklagte nach Art 29 CMR weder auf einen Haftungsausschluss noch auf eine Haftungsbegrenzung berufen.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

OGH

• Die Beklagte hat jede Maßnahme zur Abwehr des drohenden Schadens unterlassen.

• Die Beklagte hat

nicht auf die offensichtlich unzureichende Verpackung hingewiesen

auch selbst keine beförderungssichere Verpackung vorgenommen

die Schaltschränke im Zuge der Umladung für den Sammeltransport nicht gesichert.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

• Gemäß Art 17 Abs 1 CMR haftet der Frachtführer für eine Beschädigung des Gutes, sofern diese zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme des Gutes und dem seiner Ablieferung eintritt.

• Bei der Haftung nach Art 17 CMR handelt es sich um ein vermutetes Verschulden mit verschärftem Sorgfaltsmaßstab für die Zeit zwischen der Übernahme des Gutes zur Erfüllung der frachtrechtlichen Verpflichtungen und seiner Ablieferung

• Der Frachtführer hat die Möglichkeit, die ihn belastende Verschuldensvermutung durch den Nachweis zu entkräften, dass die Voraussetzungen eines Haftungsausschlussgrundes gegeben sind.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

• Der Frachtführer ist von seiner Haftung befreit, wenn der Verlust oder die Beschädigung aus dem Fehlen oder aus Mängeln der Verpackung, wenn die Güter ihrer Natur nach bei fehlender oder mangelhafter Verpackung Verlusten oder Beschädigungen ausgesetzt sind, entstanden ist.

• Damit der Frachtführer für den eingetretenen Schaden ohne jede Beschränkung haftbar ist, muss ihm gemäß Art 29 CMR qualifiziertes Verschulden nachgewiesen werden.

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

QUALIFIZIERT SCHULDHAFTES VERHALTEN DER FRACHTFÜHRERS

wodurch eine Haftungsbeschränkung und Schadensteilung gemäß Art 29

CMR ausgeschlossen wird und sich der Frachtführer auch nicht auf die

Haftungsbefreiung nach Art 17 Abs 4 lit b CMR berufen kann:

• es wurden keine Normpaletten verwendet

• es wurde kein seitlicher Formschluss hergestellt

• dadurch konnte das Ladegut verrutschen und es bestand hohe Kippgefahr

• die Beklagte hat die Klägerin trotz der Offensichtlichkeit nicht darauf hingewiesen oder Weisungen eingeholt

• das Verhalten des Fahrers ist der Beklagten als deren Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 1313a ABGB anzulasten

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HAFTUNG / ZIVILRECHTHöchstgerichtliche Rechtsprechung 4

UMLADUNG

• Erfolgt während des Transports durch den Frachtführer oder seine Gehilfen eine Umladung des Gutes, so geschieht diese Behandlung während des Obhutszeitraums und unterliegt daher im vollen Umfang der strengen Haftung nach Art 17 Abs 1 CMR

• Umladefehler gehen zu Lasten des Frachtführers, er kann sich nicht auf den Haftungsausschluss des Art 17 Abs 4 lit c CMR berufen

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HAFTUNG / ZIVILRECHTRechtsprechung in Deutschland

Die Rechtsprechung in Deutschland ist übereinstimmend.

Beachte jedoch:

BGH

Entscheidungsdatum 28. 11. 2013

Geschäftszahl I ZR 144/12

Frachtführer haftet, wenn der Fahrer ohne Wissen und Wollen des verladepflichtigen Absenders "auf eigene Faust" die Verladung des Transportgutes vornimmt, da er die Wartezeit verkürzen will und er dabei die Ware beschädigt.

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ERGEBNIS

• Sofern keine Vereinbarung getroffen wird, haftet der Verlader zivilrechtlich für Schäden aus mangelhafter Ladungssicherung

• Selbst wenn der Fahrer an der Beladung mitwirkt oder diese gar alleine durchführt, haftet der Verlader, da diesfalls der Fahrer als Erfüllungsgehilfe des Verladers im Sinne des § 1313a ABGB gesehen wird

• Anderslautende vertragliche Regelungen sind möglich

• Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Frachtführers dreht sich die Verantwortung und der Frachtführer haftet unbeschränkt; dies ohne Mithaftung des Verladers

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ERGEBNIS

Erfolgt während des Transports durch den Frachtführer oder seine Gehilfen eine Umladung des Gutes, gehen Umladefehler zu Lasten des Frachtführers

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VIELEN DANK

Ich freue mich auf den Gedankenaustausch mit Ihnen

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