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DROP CLIFFS, NOT BOMBS! I only ride Park So sick! STOKED! Got Flow? FREERIDE4LIFE STICKER FOR FREE Test: Die besten Bikes 2017 Harald Philipp im Himalaja Fischbachs WM-Report Freeriden auf Lanzarote Abenteuer Val di Sole Ab in die Sonne www.freeride-magazine.com Deutschland € 6,50 4/16 GRAVITY-MAGAZIN Deutschland € 6,50 Österreich € 7,20 Schweiz CHF 11,20 Benelux € 7,20 Italien € 8,20 Spanien € 8,20 Portugal (Cont.) € 8,20 Slowenien € 8,20 Dänemark DKK 65,00 Slowakei € 8,20 Schweden SEK 90,00 Tschechien CZK 275,00 POWERED BY Herbst-Fahrtechnik mit Wyn Masters Keine Angst vor Sticker- bogen G R A T I S I N S I D E Trail, Enduro, Freeride, Downhill WURZELN! Die Suche nach der MAGIE im Freeriden

TICKER FREE GRAVITY-MAGAZIN - Delius Klasing · Super – manch pummeliges Enduro liegt da drüber. Das Bike hat Worldcup-Erfahrung: Jasper Jauch, einer von Deutschlands schnellsten

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Test: Die besten Bikes 2017

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Deutschland € 6,50Österreich € 7,20 Schweiz CHF 11,20 Benelux € 7,20 Italien € 8,20 Spanien € 8,20 Portugal (Cont.) € 8,20 Slowenien € 8,20 Dänemark DKK 65,00 Slowakei € 8,20 Schweden SEK 90,00 Tschechien CZK 275,00

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Herbst-Fahrtechnik mit Wyn Masters

Keine Angst vor

Sticker-bogen

GRATIS

I N S I D E

Trail, Enduro, Freeride, Downhill

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WURZELN!

Die Suche nach der MAGIE

im Freeriden

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Test-Bikes in diesem Heft

102   > Kona Process 153 DL 46 > Liteville 901 MK352 > Propain Spindrift Race50 > Rocky M. Slayer 790 MSL

98 > Rocky M. Thunderbolt 790 BC48 > Rotwild R.X2100 > Scott Genius Tuned Plus54 > Specialized Enduro S-Works

> INHALT

Yannick Granieri lässt sein Big Bike fliegen: Superman Seatgrap on Steroids. Bei der Red Bull Rampage trennt sich die Spreu vom Weizen. Nur Männer mit Stahlnerven wagen sich in die Löwengrube des Freeride-Sports. Leider fand der einzige Big-Mountain-Wettkampf des Jahres nach Heftschluss statt.

Titelfoto: Ale di Lullo Fahrer: Yannick Granieri

Wheelie-King Bobby Root lässt das Wasser fliegen. Der Stunt-Biker aus Kalifornien folgt Freeride-Pro Guido Tschugg auf die „Dark Side“ des Sports: Bobby fährt jetzt E-Bikes der Marke M1 Sporttechnik aus Bayern. Bleiben E-Bikes die dunkle Macht? Verdrängen sie konventio-nelle Bikes? Oder gibt es bald ein friedliches Miteinander und keinen

juckt’s mehr, ob mit oder ohne Motor? Noch weiß das keiner.

Doch wir würden von euch gerne wissen: Soll die FREERIDE zukünftig E-Enduros und E-Freerider igno-rieren und laut „Bäh!“ rufen oder sie testen wie andere Bikes auch? Stimmt ab unter: www.freeride-magazin.com

Foto: Chris Laue Fahrer: Bobby Root

FREERIDE 4|16 | 7

Report & Reise

58 Hotmove – Danny MacAskill springt vor den Zug70 Downhill-WM – Johannes Fischbach berichtet78 Himalaja – Bike-Bergsteiger Harald Philipp will hoch hinaus88 Flow – dem Mythos auf der Spur112 Lanzarote – den Sommer verlängern

Test & Technik

32 Rucksäcke – ideal für längere Touren46 Bikes 2017 – die spannendsten Räder fürs neue Jahr76 Die Frage – Fahren wir bald alle 29 Zoll?94 Teile in Gefahr – Bikes und Teile im Härtetest106 Reifen – 12 Modelle im Check

Typen

38 Alban Aubert – Freeriden auf allen Kontinenten42 Denis Wischniewski – der Extremläufer128 Cam McCaul – der Superstar in Stichworten

Rubriken

3 Intro / Impressum 10 Gallery – die besten Fotos28 Magazin – Typen, Tratsch, Events und News62 Fetisch – die Highlights der Eurobike 120 Fahrtechnik – das „Herbst“-Spezial130 Abschied – Saisonende!

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> GALLERY

„Das Ding war riesig, die Landung winzig und ziemlich flach dazu. Kein Wunder also, dass ich verdammt nervös war. Ich war diesen Step-Down zuvor nur ein paar Mal gesprungen, hatte ihn aber noch nie geflippt – bis zu diesem Moment bei der Red Bull Rampage 2015. Nach der Landung war ich mir sicher, dass ich damit gewonnen hatte. Ich war so stoked. Die weiteren Sprünge spielten für mich keine Rolle mehr, denn sie waren winzig im Vergleich. Was die Perspektive doch für einen Unterschied macht. Von da, wo die Wettkampfrichter saßen, mag der Stunt nicht so besonders ausgesehen haben. Jedenfalls hatte dieser fette Backflip die Judges nicht beeindruckt. Schade!"

VIRGIN, UTAH / USA

Cam ZinkFoto: Bartek Wolinski

FREERIDE 4|16 | 15

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Die Jungs von Liteville haben sich einen guten Ruf erworben: Sie wollen leidenschaftliche Perfektionisten sein und setzen sich selbst die höch-sten Anforderungen. Wird’s mal doch nicht ganz so wie gewünscht, be-ginnen die Liteviller mit Boss Jo Klieber lieber noch mal von vorne und entwickeln neu. Diese Haltung hat sich in der Szene rumgesprochen und verschaffte der kleinen Edel-Schmiede ihr Maserati-Image. Ein Credo der Bayern: Es muss nicht Carbon sein, man kann auch aus Alu ein leichtes, steifes Bike bauen. Das neue 901 ist ein Beweis dafür. 14,6 Kilo bringt das Big Bike auf die Waage. Super – manch pummeliges Enduro liegt da drüber. Das Bike hat Worldcup-Erfahrung: Jasper Jauch, einer von Deutschlands schnellsten Racern, testete es im Renneinsatz und lieferte Input. So ver-wundert es nicht, dass aus dem einstigen Freerider eine rassige Renn-maschine geworden ist. Wir fuhren einen sehr seriennahen Prototypen des 901 mit Luftfahrwerk in Größe L (nur in S oder L erhältlich). Typisch: die Liteville-eigene Viergelenker-Kinematik. Dabei sitzt der RockShox- Abfahrtsdämpfer Vivid Air auf einem Schlitten am Unterrohr und kann verschoben werden. Das beeinflusst Lenkwinkel und Tretlagerhöhe. Schaut man sich die Konkurrenz im Worldcup an (etwa Mondraker,

Commencal Supreme etc.), arbeitet Lite ville mit seiner hohen Dämpfer-Posi tion und folglich auch höheren Schwerpunkt-Lage etwas gegen den Trend. Dennoch liegt das 901 mit seinem sehr flachen Lenkwinkel (ge-messene 61,8 Grad) wie ein Brett – und super satt dazu. Hebt man das Heck und lässt es fallen: Mummmpf. Kein Nachhüpfen, es saugt sich an den Boden. Das zeigte sich auch in der Praxis: Wir scheuchten das Lite-ville über Spicaks Downhill-Strecke und freuten uns über den satten Hin-terbau. Selbst als verspielter Parkfreerider fährt man schnell und verfällt unweigerlich in den Race-Modus. Schön leise flubbert das Bike sogar über fiese Steinfelder, ist aber nicht so lang geraten, dass es nur in direkter Linie den Berg hinunter preschen kann. Das 901 will aktiv gefahren werden, um genug Druck aufs Vorderrad zu kriegen. Kurz: Eine rassige Rennmaschi-ne, die uns aber auch auf schnörkeligen Jumptrails Spaß gemacht hat.

Fazit: Ready to race, doch auch spaßig auf Jumptrails – das 901 wirkt ausgereift, super durchdacht und spricht mit seiner nicht zu extremen Geometrie Speedjunkies und Park-Freerider gleicher-maßen an.

Text: Dimitri Lehner

HERSTELLERANGABEN Vertrieb Liteville GmbH

www.liteville.deMaterial/Größen Alu/S,LPreis/Gewicht ohne Pedale zirka 6200 Euro/14,6 kg

MESSDATEN Federweg vorne/hinten 200 mm/210 mmHinterbausystem Viergelenker

AUSSTATTUNG Gabel/Dämpfer Fox Float 40/RockShox Vivid AirKurbeln/Schaltung eThirteen LG1+/SRAM XO1Bremsanlage SRAM Guide RSCLaufräder/Reifen Syntace Hitorque Naben und W35

Felgen, Schwalbe Magic Mary Evo SG Vertstar 2,35

Reach 421 mmStack 593 mmBB-Drop 15 mm

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1256 360

130

61,8°78°

435

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Luftschiff: Liteville rüstet sein 901 mit Luftfederung aus – das funktioniert super und spart Gewicht. 14,6 Kilo sind für einen „Ready to Race“-Down-hiller beeindruckend! Hinterbau

leise leicht

hoher Schwerpunkt teuer Felgen verbeulen

Plus | Minus

SILBERPFEILLITEVILLE 901 MK3

Vor Jahren fuhren wir das 901er als dicken Freerider – doch mit dem damaligen Long-Travel-Rad hat der jetzige Downhiller nichts mehr zu tun. Das neue 901 wurde komplett auf Race getrimmt und auf Worldcup-Einsätze eingeschworen.

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> EINZELTEST

LITEVILLE 901 MK3

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Sorry, keine Zeit! Das 901 mag’s schnell und entwi-ckelt selbst mit dem Heck in kurzer Einstellung enorme Laufruhe.

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> FETISCH

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Ion „Raid_Amp“ Das Surf-Label Ion macht uns Angst! Zuerst stampfen die

Surfer eine Bike-Kollektion aus dem Boden und erobern den Markt, dann entwickeln sie Protektorenruck-

säcke und jetzt gibt’s auch noch Schuhe, die Marktführer wie Five Ten das Fürchten lehren

sollen. Ihre Waffe heißt Raid (welch passender Name!) für Flatpedals und Rascal für Klick-Fans. Das richtige Gummi für die Sohle liefert der schweizer Radschuh-Spezialist Suplest.

| Preis: ab 120 € | ion-products.com

Urge „Seriall“ Schon witzig, wie alle mit Super-lativen um sich werfen. Ständig hört man: „best line ever“, „sickest run of all times!“ oder eben wie hier „der beste MTB-Helm seiner Klasse“ – das behaupten die Urge- Mannen über ihren neuen Seriall. Der zweifache Weltmeister, Enduro-Experte und Vollgas-Perfektionist Fabien Barel entwi-ckelt für Urge; das klingt vielversprechend. Durch das breite Folien-Visier aus recyceltem ABS kriegt der leichte Helm (325 g) einen ag-gressiven Look. | Preis: 80 € | www.rtisports.de

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Onza „Aquila Aaron Gwin“ Mit diesem Schlappen gibt’s keine Entschuldigung mehr. Am Reifen kann’s dann zumindest nicht liegen, wenn du durch den Downhill-Kurs schneckst. Denn der schnellste Worldcupper hat ihn entwickelt. „Aaron durfte alles bestimmen“, sagt Onza-Mann Hector Martinez über die Zusammenarbeit. Gwin pin-selte also nicht nur seinen Namen auf die Rei-fenflanke des 2,4-Zöllers. Gewicht: 1250 g | Preis: ab 65 € | www.onza.com

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Cane Creek „DB Inline Valt“ Vor seinem Luftbruder haben wir re-

gelrecht Angst. Er wirft oft unseren Testplan durcheinander. Schräubchen

hier, Schräubchen da, nirgends ein Finger-drehrad, jedes Mal ein anderer Inbus und

oft dreht sich alles mit. Da dauert das Set-up schier ewig. Doch wenn’s passt, dann passt es. Auch bei der neuen Stahlfeder-Varian-

te gibt’s Knöpfchen-Wahnsinn. Er ist auf leicht ge-trimmt mit Plattform-Funktion für alle, die sich

auch am Trailbike oder Enduro die Perfor-mance eines Stahlfederdämpfers wün-

schen. | Preis: 709 € (mit Feder) | www.cosmicsports.com

1 Dainese „Trail Skin 2“ Wabenstrukturen sind 2017 der Renner! Am Kopf, am Rücken – doch am Knie? Schmiert das nicht alles voll mit Dreck? Nun, dafür sollen die Schoner sehr sicher sein (sogar EN-Level 2) und mit einem super Tragekomfort begeistern. | Preis: gibt’s noch nicht. | www.dainese.com

2 TSG „Presto“ Presto heißt die erste Goggle der schwei-zer Sicherheitsexperten TSG. Sie wurde speziell fürs Biken entwickelt. Dafür packten die Schweizer viele Features rein: Antifog-, Antikratz-Beschichtung, großes Sichtfeld, einfache Wechsel-Mechanik etc. | Preis: 90 € | www.ridetsg.com

3 Formula „Cura“ Eine für alles, ob zahmer All-Mountain- Einsatz oder Downhill-Worldcups, Formula schickt ihre erste Mineralöl- Bremse (359 g) mit breiter Brust ins Rennen. Wir freuen uns schon auf den Test. | Preis: 124 € | www.rideformula.com

4 Crankbrothers „F-10 Tool“ Ziemlich smart: Das F-10 ist in einer Me-tallbox verpackt, die gleichzeitig als Hebel dient. So kriegt man etwa festsitzende Pedale easy locker. Sonst alles dran! | Preis: 35 € | www.crankbrothers.com

5 Five „DH“ Die französischen Gloves-Spezialisten machen nix außer Handschuhen. Ihr Selbstvertrauen schöpft Five daraus, dass führende MX-Profis darauf vertrauen. Jetzt wollen die Frenchis, den fortschrittlichs-ten DH-Glove der Welt hergestellt haben. | Preis: 59 € | www.five-gloves.com

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> FLOW-SUCHE

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ProfiBiker KC Deane im Singletrail-Rausch irgendwo in British Columbia. Jeder wird zustimmen, dass das ein geiles Gefühl ist. Doch warum macht uns Biken eigentlich so glücklich?

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Diese vier Buchstaben gelten als Synonym für Glück. Nicht nur für uns Freerider – viele scheinen auf der Suche nach : Skifahrer, Surfer,

Yogis, Lebenskünstler. Doch was steckt hinter diesem Wort? Was ist Flow überhaupt und warum macht er uns so happy?

W ow, das hatte ich noch nie erlebt! Dabei fuhr ich seit 15 Jahren Mountainbike und arbeitete schon lange fürs BIKE-Magazin.

Ich kannte also schon eine Menge Bike- Reviere – doch was mir 2004 bei meinem ersten Whistler-Besuch widerfuhr, verän-derte mein Weltbild als Mountainbiker. Auslöser waren die Parktrails A-Line und Dirt Merchant, eine Abfolge von Sprün-gen, Anliegern, Step-ups und Step-downs. Diese Trails brachten die Synapsen derart zum Glühen, dass der Jackpot in meinem Glückszentrum ausgeschüttet wurde. Ich hatte Fahrspaß wie nie zuvor. Mehr noch: Mir kam es vor, als würde ich auf einmal viel besser biken. Zauberei? Ich fühlte mich wie ein Rockstar!

Heute weiß ich, was ich damals so überraschend erlebt habe: Flow. Ein Phänomen, das euro­päische Biker 2004 höchstens in kleinen Häpp­chen spüren konnten – und das sie auch gar nicht suchten. Damals stand der Gardasee mit seinen Trail­Klassikern 601 und Sentiero della Pace hoch im Kurs, die felsige Kohlern­Abfahrt in Bozen oder andere verwinkelte Stolper­Trails in den Alpen. Mountainbiker definierten sich eher darüber, welche Geländeformen sie tech­nisch bewältigen konnten und wo ihre maxi­male Drop höhe lag. Kurzum: Wir Euro­Free rider ahnten vor etwas mehr als 10 Jahren noch wenig von der Faszination des ungebremstem Fahrflusses. Kein Wunder, denn der professio­nelle Trailbau steckte in den Kinderschuhen und Bikeparks waren gerade erst im Kommen.

Doch was ist Flow überhaupt und warum macht er Mountainbiker so glücklich, ja re­

gelrecht euphorisch? Meine Theorie: Flow entsteht durch Kurvenbeschleunigung in ver­tikaler und horizontaler Richtung. Konkreter: durch Sprünge, Drops, Bodenwellen (vertikal) und Kurven, Anlieger, Wallrides (horizontal). Dieses Achterbahn­Gefühl ist es, das uns so euphorisiert. Bester Beweis ist die Mutter aller Flow­Sportarten: Wellenreiten. Hier passieren die Bewegungen besonders rhythmisch. Der Surfer gleitet übers Wasser und spielt mit der Welle. Ähnlich wie Tiefschnee­Skifahrer und Snowboarder. Nun haben Wasser und Schnee den Vorteil, ein geschmeidiges Medium zu sein; man zieht die Turns, wo man will. Wege oder Bahnen sind überflüssig. Ein Mountainbiker dagegen braucht einen Trail, und der muss gewisse Voraussetzungen erfüllen, um Flow zu erzeugen. Die IMBA (Internatio nal Mountain Bicycling Association) hat diese analysiert und definiert flowige Trails so: „Flowtrails machen ein Achterbahn-Gefühl erleb-bar, ohne dass man groß bremsen oder pedalieren müsste. Die Trails besitzen Features wie Anlieger, Wellen, unterschiedliche Arten von Sprüngen und vorhersehbare, durchgängige Untergründe. Uner-wünscht: hakelige Kurven und unvorhersehbare Hindernisse. Der Biker kurvt von links nach rechts, oben nach unten, entwickelt einen Rhythmus – und fließt durch den Trail.“

Treffender kann die Definition eines Flowtrails nicht sein. Nun existiert aber noch ein wei­terer Flow­Begriff – und das stiftet Verwirrung. Es ist der sogenannte psychologische Flow. Im Gegensatz zum Fahrfluss der Mountainbiker be­schreibt der psychologische Flow eine Art Tran­ce­Zustand, der bei völliger Konzentration ent­steht. Ein Tätigkeitsrausch, in den man geraten kann, wenn man in seinem Tun aufgeht, alle

DAS -PHÄNOMEN

Der Psycho- : Mihály Csikszentmihályi gilt als Schöpfer der Flow-Theorie. Der Psychologie-Professor aus Kalifor-nien beschrieb 1975 das Flow-Erleben. Flow bezeich-net hier das beglückende Gefühl eines mentalen Zustands völliger Vertiefung (Konzentration). Psycho-logischer Flow entsteht, wenn die Ziele klar definiert sind, man selbstbestimmt handelt, die Tätigkeit nahezu mühelos kontrolliert und dabei weder über-fordert (Angst) noch unterfordert ist (Langeweile). Die Folge: Handeln und Bewusstsein verschmelzen, das Zeitgefühl verändert sich (Leben im Hier und Jetzt) und die Tätigkeit belohnt sich selbst (Spaß an der Tätigkeit, Glückseuphorie). Flow tritt häufig bei sogenannten Fun-Sportarten auf: Surfen, Skifahren, Klettern, Segeln, Tanzen. Aber auch bei Computer-spielen, Sex, Modellbau etc. Für den Psychologen Siegbert Warwitz ist das spielende Kind der Prototyp eines Menschen im Flow: Es befindet sich im glück-seligen Zustand des „Bei-sich-seins“.

Der Bike- :Im Mountainbiken bezeichnet Flow den Fahrfluss. Er entsteht, wenn man durch die Strecke rollt, ohne viel zu bremsen oder zu pedalieren. Dabei muss der Trail auf nicht zu ruppigem Untergrund in horizontaler Achse (Kurven) und vertikaler Achse (Sprünge, Roller) ausschwingen. Die dabei entstehende Kurvenbe-schleunigung erzeugt Euphorie und Fahrspaß. Das kann sowohl auf natürlichen als auch auf gebauten Trails passieren. Flow-Hemmer dagegen sind: zu steiles Gelände (Bremsrillen), hakelige Kurven, Ein-tönigkeit, Gefahren auf dem Trail, unrhythmische Verläufe, Rollsplit, verblocktes Gelände oder falsch dimensionierte Sprünge.

Die Magie des Bikens

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Text: Dimitri Lehner

anderen Gedanken ausblendet und sich völlig im „Jetzt“ befindet. Das kann zum Beispiel beim Gitarrespielen, Malen, Slacklinen, in der Liebe – oder eben auch beim Mountainbiken passieren. Downhill­Weltmeister Danny Hart geriet mit Sicherheit in einem solchen mentalen Flow­Zu­stand, als er kürzlich über die Mörder­Abfahrt von Val di Sole bretterte: Er verschmolz förmlich mit seinem Bike, maximal konzentriert und ab­sorbiert von seiner Tätigkeit.

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> TEST

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Der Reifen gilt als wichtigstes Bindeglied zwischen Biker und Untergrund. Die Auswahl ist riesig,

die Preise sind hoch. Welcher Reifen liefert am meisten Grip für sein Geld? Neun Enduro-Pneus und

drei Allrounder im Vergleichstest.

Boden Probe

12 REIFEN IM TEST

FREERIDE 4|16 | 107

r kämpt an vorderster Front, wühlt im Dreck, beißt auf Granit: Der Reifen ist die Speerspitze im Kampf des Mountainbikers mit der Physik. Daher ist keine Tuning-Maßnahme wirksamer

als die richtige Reifenwahl. Im dümmsten Fall rollt er zäh und saugt die Kraft aus den Schen-keln, schmiert in Kurven weg oder quittiert auf zornigen Downhills den Dienst – mit Panne! Enduro-Reifen haben es besonders schwer, sie sind die Navy Seals unter den Pneus, denn sie müssen alles können. Kein Einsatzbereich ist so breit wie der von Enduros. Der Reifen ist der beste, dem der pfiffigste Kompromiss gelingt, denn die Ansprüche sind oft gegenläufig: Ein Modell mit viel Grip kann nicht gleichzeitig am leichtesten rollen und ein leichter Reifen nicht den besten Pannenschutz bieten.

SO TESTET FREERIDE

Labor- und PraxistestAlle Reifen testeten wir in der Praxis unter trockenen und nass/feuchten Bedingungen. Für eine optimale Vergleichbarkeit fuhren wir alle Reifen auf identischen Bikes (Giant Reign). Pannensicherheit (Durchschlag/Durchstich) und Rollwiderstand testeten wir im Labor.

Diese Zwickmühle führt dazu, dass im Gegen-satz zu früher immer häufiger unterschiedliche Modelle für Vorderrad (Steuerung) und Hinter-rad (Antrieb) eingesetzt werden.Vorne soll der Reifen viel Grip und Traktion erzeugen und er soll gut dämpfen. Übers Hin-terrad wird das Bike angetrieben, daher hilft es, wenn dieser Reifen härter ist und besser rollt. Dennoch braucht man hier gute Pannen-sicherheit, denn hinten kommen die Hauptlast und daher die härtesten Schläge an. Wir haben neun Enduro-Pneus in Labor und Praxis gete-stet. Die meisten davon eignen sich besonders gut als Vorderreifen. Außerdem testeten wir drei Allrounder. Zwar sind die nicht so pan-nensicher wie Enduroreifen, sie rollen dafür aber besser, sind leichter und beschleunigen das Enduro-Bike auf zahmen Hausrunden über Waldboden kräftiger.

E

der FREERIDE- Leser griffen laut unserer großen Leserumfrage beim letzten Kauf zu Schwalbe- Reifen. Danach folgten Maxxis mit 31 Prozent

(Tendenz steigend) und Continental mit 16 Prozent. 46%BontragerVorne: SE 4 Team Issue 2,2 TLRHinten: SE 4 Team Issue 2,2 TLR

ContinentalVorne: Baron Projekt 2.4 ProTection ApexHinten: Kaiser Projekt 2.4 ProTection

KendaVorne: Honey Badger DH 2,4 Pro 42/50, LGCHinten: Nevegal Pro 2,35 DTC, KSCT

Onza Vorne: IBEX 2.4 EDC 60TPI 55a/45aHinten: Citius 2.4 EDC 60TPI 65a/55a

MavicVorne: The Claw 2,5 2x66 TPIHinten: Charge Pro XL 2,4 2x66 TPI

MaxxisVorne: Shorty DHR 2,3 C MaxxTerraHinten: Minion Dual 2,4 Compound

MichelinVorne: Wild Grip’r 2,35 Advanced ReinforcedHinten: Wild Race’R 2,35 Advanced Reinforced

SchwalbeVorne: Magic Mary TLE, Vert Star Comp Procore Hinten: Nobby Nic TLE, Trail Star Comp Procore

SpecializedVorne: Butcher Control 2,3 TubelessHinten: Purgatory 2,3 Grid Tubeless

Vee TireVorne: Flow Snap 2.40 Tackee/ Gravity Core/ TR)Hinten: Crown R-Adius 2.35 Tackee Comp /48a

VittoriaVorne: Goma TNT 2.25 120 TPI/26 TPIHinten: Morsa TNT 2,3 120 TPI/26 TPI

WTBVorne: WTB Convict 2.5 TCS Light High Grip Hinten: Trail Boss 2.4 TCS Light Fast Rolling

Für den Enduro-Einsatz muss der Vorderreifen viel Grip erzeugen, braucht Dämpfung und darf deswe-gen auch etwas schlechter rollen. Hinten dagegen muss der Reifen für den Antrieb gut rollen. Das Gum-mi darf härter sein und weniger profiliert. Zu diesen Reifenkombina-tionen raten die Hersteller:

DIE KOMBI-VORSCHLÄGE DER HERSTELLER FÜR DEN ENDURO-EINSATZ

Alle Tests wurden von FREERIDE im Prüflabor von Schwalbe durchgeführt. Der Reifendruck im Labor betrug 1,8 Bar.

ALLE FAKTEN AUS DEM LABOR

> 110 cm Schwalbe Magic Mary TS 212 N Continental Baron Projekt

43,7 W Schwalbe Magic Mary TS

84 cm Michelin Wild Grip‘r

153 N Michelin Wild Grip‘r 972 g Continental Baron Projekt

40,2 W Onza Citius

94 cm Kenda Honey Badger

899 g E13 TRS Race

43,8 W Continental Baron Projekt

70 cm Bontrager SE5

140 N Kenda Honey Badger

1090 g Schwalbe Magic Mary TS

> 45 W E13 TRS Race

> 45 W Kenda Honey Badger 66 cm E13 TRS Race 109 N WTB Vigilante High Grip

1049 g Kenda Honey Badger

1194 g WTB Vigilante High Grip

36,3 W Maxxis Shorty

104 cm Onza Citius 170 N Onza Citius

853 g Maxxis Shorty

43,7 W Michelin Wild Grip‘r

72 cm Maxxis Shorty

151 N Maxxis Shorty

1086 g Michelin Wild Grip‘r

43,7 W Bontrager SE5

91 cm WTB Vigilante High Grip

157 N Schwalbe Magic Mary TS 924 g Bontrager SE5

43,8 W WTB Vigilante High Grip

70 cm Continental Baron Projekt 126 N E13 TRS Race

138 N Bontrager SE5

1134 g Onza Citius

ROLLWIDERSTAND (WATT)

EN

DU

RO

DURCHSCHLAG (FALLHÖHE) DURCHSTICH (NEWTON) GEWICHT (GRAMM)

60 cm Schwalbe Hans Dampf TSC 143 N Schwalbe Hans Dampf TSC

31,8 W Onza Ibex

54 cm Vittoria Morsa

797 g Schwalbe Hans Dampf TSC

22,8 W Vittoria Morsa

54 cm Onza Ibex 127 N Onza Ibex

686 g Onza Ibex

41,0 W Schwalbe Hans Dampf TSC 123 N Vittoria Morsa 860 g Vittoria MorsaAL

LR

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