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SUMMARY. The current density distribution at vertical cathodes under condi- tions of natural convection was studied (a)by measuring the thickness of a layer of electrodeposited Cu, (b)by measuring directly the partial currents at a composite electrode. Measurements of the electrochemical potential at various heights were also made. The results are discussed from the point, of view of the theory of natural convection. Laboratorium fiw physikalische Chemie und Elektro- vhemie der Eidg. Techn. Hochschule, Zurich. Chemisches Laboratorium der Injecta AG. (Leitnng Dr. W. Riiegg), Teufenthal (hargau). 202. Studien zum anodischen Verhalten des Nickels I1 von G. Triimpler und W. Sager. (27. VIII. 53.) In einer fruheren Veroffentlichungl) wurde uber ein kritisches2) Potential der Nickelanode berichtet, welches das Gebiet der aktiven Zusttinde von dem der passiven trennt. Als passiv wurden jene Zu- sttinde einer Nickelanode angesehen, in welchen eine Positivierung des Anoden-Potentials keine Erhohung, sondern eine Erniedrigung der anodischen Stromdichte zur Folge hat, wahrend sinngemtiss als aktiv diejenigen Zusttinde bezeichnet wurden, in denen die Anoden- Stromstarke in normaler Weise steigt mit positiv steigenden Poten- tialen oder hochstens konstant bleibt. Hiernach ist die Passivierung keineswegs erst mit der Entladung von OH-Ionen (0,-Bildung) oder der Bildung hoherwertiger Ionen gegeben, sondern kann, wie hier, auch dann vorliegen, wenn anodisch noch normal zweiwertige Nickel-Ionen gebildet werden, jedoch mit abnehmender Intensitat, wenn das Anoden-Potential steigt. Es wurde gezeigt, wie das kritische Potential (= Passivierungs- oder Umschlags-Potential) durch Eingabelung von der aktiven und passiven Seite her festgelegt werden kann. Dieses Potential ist keines- l) G. Trumpler & Hch. Meyer, Helv. 35, 1304 (1952). ,,Kritische" Potentiale sind in der Literatur als Ergebnis bcstimmter Versuchs- weisen in der Passivitiitsforschung bereits wiederholt mitgeteilt und besprochen worden. Abgesehen davon, dass hierbei bisher der Fall Nickel nicht explicite behandelt wurde, bestehen nicht unwesentliche Unterschiede hinsichtlich der Bestimmung und der Bedeu - tung jener ,,kritischen" Potentiale gegeniiber denen der vorliegenden Arbeit. Es sei auf folgende Literaturstellen hingewiesen: P. Flade, Z. phys. Chem. 76, 513 (1911); E. Muller & V. &pr, Ztsch, Elektrochem. 43, 42 (1937); V. cup, Korr. u. Metahchutz 16, 10 (1940); di. Poztrbniz, C. R. de la 3me RBunion du CITCE, 128 (1961).

Studien zum anodischen Verhalten des Nickels II

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SUMMARY.

The current density distribution at vertical cathodes under condi- tions of natural convection was studied (a) by measuring the thickness of a layer of electrodeposited Cu, (b) by measuring directly the partial currents at a composite electrode. Measurements of the electrochemical potential at various heights were also made. The results are discussed from the point, of view of the theory of natural convection.

Laboratorium fiw physikalische Chemie und Elektro- vhemie der Eidg. Techn. Hochschule, Zurich.

Chemisches Laboratorium der In jecta AG. (Leitnng Dr. W . Riiegg) , Teufenthal (hargau).

202. Studien zum anodischen Verhalten des Nickels I1 von G. Triimpler u n d W. Sager.

(27. VIII. 53.)

In einer fruheren Veroffentlichungl) wurde uber ein kritisches2) Potential der Nickelanode berichtet, welches das Gebiet der aktiven Zusttinde von dem der passiven trennt. Als passiv wurden jene Zu- sttinde einer Nickelanode angesehen, in welchen eine Positivierung des Anoden-Potentials keine Erhohung, sondern eine Erniedrigung der anodischen Stromdichte zur Folge hat, wahrend sinngemtiss als aktiv diejenigen Zusttinde bezeichnet wurden, in denen die Anoden- Stromstarke in normaler Weise steigt mit positiv steigenden Poten- tialen oder hochstens konstant bleibt.

Hiernach ist die Passivierung keineswegs erst mit der Entladung von OH-Ionen (0,-Bildung) oder der Bildung hoherwertiger Ionen gegeben, sondern kann, wie hier, auch dann vorliegen, wenn anodisch noch normal zweiwertige Nickel-Ionen gebildet werden, jedoch mit abnehmender Intensitat, wenn das Anoden-Potential steigt.

Es wurde gezeigt, wie das kritische Potential ( = Passivierungs- oder Umschlags-Potential) durch Eingabelung von der aktiven und passiven Seite her festgelegt werden kann. Dieses Potential ist keines-

l) G . Trumpler & Hch. Meyer, Helv. 35, 1304 (1952). ,,Kritische" Potentiale sind in der Literatur als Ergebnis bcstimmter Versuchs-

weisen in der Passivitiitsforschung bereits wiederholt mitgeteilt und besprochen worden. Abgesehen davon, dass hierbei bisher der Fall Nickel nicht explicite behandelt wurde, bestehen nicht unwesentliche Unterschiede hinsichtlich der Bestimmung und der Bedeu - tung jener ,,kritischen" Potentiale gegeniiber denen der vorliegenden Arbeit. Es sei auf folgende Literaturstellen hingewiesen: P. Flade, Z. phys. Chem. 76, 513 (1911); E. Muller & V. &pr, Ztsch, Elektrochem. 43, 42 (1937); V . cup, Korr. u. Metahchutz 16, 10 (1940); di. Poztrbniz, C. R . de la 3me RBunion du CITCE, 128 (1961).

Volumen xxxvr, Basuiculus VJ ( 1 953) - Xo. 202. I 631

wegs eine Konstante des metallischen Nickels, sondern von der Zn- sammensetzung des Elektrolyten, seiner Temperatur und seinem Be- wegungszustand und von anderen Umstanden Zuni Teil recht erheh- lich abhkngig. Es wird aber auch weitgehend mitbestimmt durch ditb Beschaffenheit der Nickelanoden, ihre Reinheit und auch durch ihre Vorgeschichte (mechanische und chemische Vorbehandlung).

Es wird im folgenden iiber Versuchel) berichtet, durch die in erster Linie die Rolle yon Verunreinigungen des Anodennickels fur Lage und Bestimmung des Umschlagspotentials abgekliirt werden sollte .

Das ,,hochstreine" Nickel der ersten Veroffentlichung soll im folgenden als Ni ,,Y" bezeichnet werdenz). Der Reinheitsgrad wird durch folgende spektrographische Analyse unseres Laboratoriums3) charakterisiert : Kolonnc 2 in Tabelle I. Die Verunreinigungen dieses handelsmiissig hochreinen Nickels sind somit noch recht erheblich.

Als ,,hochstreines" Nickel, in der Folge mit Ni ,,JM' bezeichnet, haben wir ein von der Firma Johnson& Matthey, London, geliefertes Nickel herangezogen, dessen Verunreinigung von der Lieferfirma durch die Angaben in Kolonne 4, Tabelle I, charakterisiert wird.

Die Ergebnisse unserer eigenen spektrographischen Bestimmungz) stehen in Kolonne 6, Tabelle I.

___-

Ag

Mg

c o c u

Mn P b Si Fe Al

N i ,,P"

Tahelle I.

bestimmt

< 9 . 1 0 - 4

3 .lo-' 6,4 4,5 .10-2 !>,4 . 1 0 - 2

1,17 . 6,O . 1 0 - 2

ca.

a. 2 .10-3

% -Fehler yo - Gehalt angegeben

2 - 1 0 - 4

1 0 - 3 5.10-4

10-4 < 10-3 2.10-3 5.10-3

10-3

abw.

Messverfahrei i Die Messung umfasst in erster Linie die Anodenpotentialc und die diesen Potentialen

zugeordneten anodischen Stromstiirken, bzw. Stromdichten. Wie friiher beziehcn wir uns auf die Angaben der Dissertation Hch. Meyer4) beziig-

lich der Messeinrichtung selbst, die &us Belastungskreis und Potentialkreis besteht. Es werden Stromstiirke-Zeit-Abhangigkeiten aufgenommen, bei wechselndem, aber fur jede Belastungsstufe festgehaltenem Anodenpotential. Letzteres wird kontrolliert durch Mes- sung gegen n-Kalomel-Elektrode mit Potentialsonde, die mit dem Elektrolyten gefiillt ist. Als Anode dient ein Nickelriindstab BUS Ni ,,P" bzw. Ni ,,JM" von 6 bzw. 5 mm

') Entnommen aus der in Vorbereitung befindlichen Dissertation des einen von uns ( W . Saxer) und den Diplomarbeiten (ETH. 1952) von K. Killer, J . M . Cubnht, F . MiiZZer iind H . Brfihwiler.

%) Es soll nur noch als Reinnickel bewertet werden. . I ) Ausgefiihrt von Dipl. ing. ohem. J . Liidw. ') Diss. Hch. Meyer, ETH. 1952.

163'2 IIELVIWICA CI1IMIC.L ACT:\.

1)nrchmesser. l)er Stab ist von einem Araldit-Schutzmantel umgcben. Wirksarne Elektro- den-Flache ist ein durch Abdrehen blossgelegter Querschnitt, der unter Umstilnden noch oine mechanische Weiterbehandlung durch Schleifen und Yolieren erhalt. Die Kathode, ein h'iclrclblechzylinder aus Xi ,,P", ist zwar gross gegen die Anodenfltiche, aber nicht in dem extremen Ausmass wie in den Versuchen, uber die in der ersten Veroffentlichung berichtet wurde. Dort war die Klemmenspannung festgehalten worden. Das Potential der Kathode wurde durch deren ausreichende Grosse konstant, d. h. unahhiingig von der Belastung gehalten.

In den vorliegenden Versuchen wird das Anodenpotential selbst konstant auf bestimmt eingestellten Werten gehalten.

Eine Potential-Verlagerung durch Verminderung der Kathoden-Polarisation und des iiiucren Spaniiiings-.4bf~llcs brim Einsetzen der Passivierung und damit Reschleunigung d e ~ f'assivierungsverlaufes, und demzufolge ein ,,Kippen"') des Anodenvorganges durch ttiese Umstande, ist hier vermieden.

Es wird aber auch das Kathodenpotential sowie auch die Kleinmenspannung der Versuchszelle von Zeit zu Zeit mit aufgenommen, urn uber die elektrischen Grossen des Systems allseitig unterrichtet zu sein.

Die Messungen erfolgen bei konstant'er Temperatur, unter 0,-Ausschluss in N,-Atmo- sphare bei konstantem Bewegungszustand des Elektrolyten. (Riihrung mit N, z. B. 10 l/h init dein iinten jeweils angegebenen .spezifischen Elektrolyten. tfber die Einflussc. einer Variation der hier konstant gehaltenen Versiichsbedingnngen x-ird spiit,rr brrichtet.)

E r g e b n i s se. Die Qegeniiberstellung c k s ,, Aktiv-Pailsiv L'-Verhaltens von Xi

:,Y " und N i ,, JM" ha.t zu interessanten Erkenntnissen gefuhrt : Das Verha l t en d e r Ni , ,P" -Anode . Nit Ni ,,P" konnten

die friiheren Ergebnisse dem allgemeiiieii Clharakter nach bestiitigt werden, indem es unschwer gelang, (lurch Eingabelung von oben und unten die dtbr Anode aufgedruckten Potentiale auf einen relati17 schmalen Hereich v o ~ i ca,. 20 mV zu reduzieren, oherhalb (+-Seite) dessen Passivierung im eingangs charakterisierten Hinne, unterhalb ( - -Seite) clesselben dagegen Rktivierung auftrat. lnnerhalb dieses Hereiches kann auf & 10 mV genan das kritischc Potential ange- nommen werden.

Fig. 1 zeigt den Verlauf der Stromdichte unter den dort arigegebenen Versuchs- umstanden, als Ausschnitt aus einein grosseren Versuch. Der untere Teil zeigt die Strom- dichte bei recht weit gesteckten Potentialgrenzen: + 200 mV und + 0 mV; der obere Teil gibt den Stromdichteverlauf im Endstiick des Eingabelungsversuches mit Potentialen zwischen + 130 mV (passivierend) und + 110 mV (aktivierend). (Der Verlauf der Strom- dichte ist mit Hilfe eines ,,Speedomax" registriert.)

Ein kritisches Potential von + 1.20 mV (gegen 11. Ka1.-Elektrode) karin angenahert aus tliesem Versuch fur die vwwendete Ni ,,Pi'- Elektrode entnommen werden. Es liegt, teilweisc erheblich positiver, teilweise erheblich negativer als die in der ersten Veroffentlichung auf- gefuhrten Werte, was auf Verschiedenheit des Elektrolyten, haupt- siichlich abw auf verschiedene Elektrodenzustiinde, bedingt durch Vorgeschichte und Korrosionsverlauf wahrend des Versuches, zuriick- ziifiihren ist', worauf wir u-eiter unten zuriickkommen.

1) A~issrres ,,Kippen'' im Qcgensatz ziim inneren ,,Kippcn" des Anodenvorganges.

Volumen XXXVI, Fasciculus VI (1953) - No. 202. 1633

Nach einer kleineren oder grosseren Versuchsreihe zeigt die Anode des vorliegenden Typs Ni ,,P" kleineren, bzw. grosseren Angriff ; die bearbeitete Schicht ist verschwunden und hat einer mattierten oder sogar zerklufteten Oberfliiche Platz gemacht, wobei aber der ganze Querschnitt ein gleichmiissiges Aussehen besitzt, woraus hervorgeht, dass der anodische Angriff der Ni ,,P"-Elektrode, mindestens makro- skopisch, homogen erfolgt.

+ 120mV \ f f3DmV

Fig. 1. Elektrolyt: 5,O-n. H,SO,; Anode: Ni ,,P"; Temperatur: 25".

An Hand der Fig. 1 liisst sich noch eine bedeutungsvolle Be- ziehung zwischen passivierendem Potential und Hohe des Rest- Passivierungsstromes, d. h. des Stromes, der nach Passivierungs- eintritt noch verbleibt, in vorlaufig noch qualitativer Weise demon- strieren. Wenn wir die Differenz : an die Anode gelegtes Passivierungs- Potential minus kritisches Potential als Passivierungs-Uberpotential bezeichnen, zeigt sich, dass der Restpassivierungsstrom urn so niedri- ger liegt und um so steiler abfallt, je hoheren Wert das Passivierungs- Uberpotential besitz t.

Zur Illustrierung dieses Sachverhaltes diene auch die folgende Tabelle 11, die an Elektroden aus Ni ,,Pi' unter den angegebenen Ver- suchsbedingungen gewonnen wurde.

Dieses Verhalten ist, wie wir in zahlreichen Fiillen feststellen konnten, allgemein (es wird auch beim Ni ,, J M L'-Elektroden-Typ ge- funden) und entspricht den von anderen Autoren mitgeteilten Befun- den, dass sehr hohe Stromdichten rasche und weitgehende Passivie- rung bedingen l) .

l) Vgl. z.B. Dennis R. Turner, J. Electrochem. Soc. 98, 434 (1951). 103

1634 HELVETICA CHIMICA ACTA.

Tabelle 11.

Passivierungsuberpotential (angelegtes Anodenpotential

- kritisches Potential)

$- 80 mV $- 50 mV + 30 mV +- 20 mV +- 10 mV

__..

R,estpassivierungsstromdichte

1,0 mA/cm2 2,0 mA/cm2 3,2 mA/cm, 4,5 mA/cm2 6,2 mA/cm2

Kritisches Potential : ca. 0 mV. Aktive Stromdichte beim Aktivierungspotential - 50 mV: 13 mA/cm2. (Versuchsdaten: Elektrolyt: 0,2-n. NiSO,+ 0,2-n. H,SO,+ 0,005-11. KiC12; Anode: Ni ,,P"; Temperatur: 25O; Riihrung: N, - 10 lih.)

Das V e r h a l t e n des Ni , , JM" . Der Ubergang zu diesem ,,Reinst"-Nickel (Nickel fur spektroskopische Zwecke) der Firma Johnson & Matthey, London, fuhrte zunachst zu einer Reihe von Un- stimniigkeiten im Vergleich zu den bisherigen Befunden an Ni ,,PLL. Insbesondere schien hier kein kritisches Passivierungspotential z u existieren.

Orientierende Versuche zeigten, dass es aber doch mijglich ist, nach dem Eingabelungsverfahren ein ungefahres kritisches Potential zu ermitteln, bei sorgfaltigem Vorgehen (insbesonders bei Vermeidung grosserer und langer dauernder Belastungen) in einem Stromdichte- Bereich ( 1 mA/cm2. Die kritischen Potentiale liegen dabei bei etwa 0 mV (auf n. Kalomel-Elektrode bezogen) und selbst bei noch nega- tiveren Wertcnl).

Langer dauernde Versuche mit hoheren Potentialen als den ge- nannten kritischen fiihrten aber nicht mehr zur Passivierung, sondern zu einer Steigerung des anodischen Stromes, also zu einer Aktivierung ; jedoch konnten jeweils doch Passivierungspotentiale aufgefunden werden, deren Uberschreitung zu einer sehr schnell sich entwickelnden, meist weitgehenden Passivierung fuhrte.

Diese Passivierungspotentialc konnen aber nicht in einfacher Weise nach einem Eingabelungsverfahren bestimmt werden, da sich zeigt, dass der die Lage des kritischen Potentiales bestimmende Zu- stand der Elektroden-Oberflache in diesen aktiven Gebieten in hoheni Masse von den vorangegangenen anodischen Belastungen der Elek- trode abhangt.

Fig. 2 a,) zeigt einen Stromdichte-Zeit-Kurvenzug eines Passivierungs-Versuches, in welchem die Annaherung an das Umschlagpotential in der Weise vollzogen wird, dass das Anodenpotential stufenweise erhoht wird, bis bei ciner solchen Erhohung der Strom- riickgang einsetzt. Wenn hierbei die Potentialstufen eng genug gewiihlt werden, sollte das zum Umschlag erforderlirhe Potential nicht wesentlich vom kritischen Potential ab- weichen.

1) Diplom-Arbeiten (ETH.) K. Killer und J. M. Cizckniat, 1952. 2, Aus der in Vorbereitung befindlichen Dissertation des einen von uns ( W . Sazer).

Volumen XXXVI, Fasciculus VI (1953) - No. 202. 1635

Jedoch fiillt der Strom nach Passieren des kritischen Potentials, das im ersten abge- bildeten Versuch zwischen + 280 und + 310 mV, also bei etwa + 300 mV liegt, ausser- ordentlich rasch auf ca. 1/100 des letzten vorkritischen Wertes ab, ein Verhalten, das nur schlecht mit dem friiher fur die engere Umgebung des kritischen Potentiales festgestellten Verhalten ubereinstimmt.

Eine besonders wichtige Abweichung zeigt sich aber darin, dass der Riickiibergang zur aktiven Phase nicht beim letzten vor-,,passiven" Anodenpotentialwert (280 mV), sogar nicht einmal bei + 200 mV, einsetzt. Erst bei + 30 mV begann der obergang in den aktiven Zustand.

a

Fig. 2. Elektrolyt: 0,2-n. NiSO,+ 0,2-n. H,SO,; Anode: Ni ,,JM"; Temperatur: 25°C; Ruhrung:

N, - 10 l/h.

Im anschliessenden Versuch (Figur 2 b) wird wieder das Anodenpotential stufenweise erhoht; der Ubergang zum passiven Zustand t r i t t aber jetzt erst nach Erreichen von + 500 mV ein, - d. h. + 200 mV hoher als im Versuch a. Da hier der Ubergang etwas weniger plotzlich der Spannungserhohung folgt, kann angenommen werden, dass das Umschlagspotential wenig unter 500 mV liegt. Der weitere Riickgang des Stromes erfolgt sehr rasch; die verbleibende Reststromdichte liegt auch hier sehr tief, bei ca. ljl00 der unmittelbar vor dem Umschlag erreichten Stromdichte (44 mA/cm2), und das Wieder- einsetzen des aktiven Verhaltens kann erst bei Potentialen wenig oberhalb 0 mV (gegen n-Kalomel-Elektrode) eintreten.

Den hier festgestellten Umschlags- oder Passivierungspotentialen fehlt also das Merkmal des kritischen Potentials, dass, wenn dieses in negativer Richtung relativ wenig unterschritten wird, der Ubergang zum aktiven Zustand wieder einsetzt.

I n zahlreichen Versuchen (uber die spater noch an anderer Stelle berichtet wirdl)) wurde der vorstehend an Hand der Figur 2a, b mit- geteilte Sachverhalt in den allgemeinen Zugen ubereinstimmend, in den feineren Einzelheiten jedoch schwer reproduzierbar, immer wieder bestgtigt :

Eine Ni ,, JM'-Elektrode, mechanisch durch Abdrehen, Schleifen und Polieren vorbe- reitet, durchlauft bei Zimmertemperatur bei der anodischen Belastung in H,SO,, H,SO,+ NiS0,-Losungen verschiedener Konzentration (auch mit kleinen Gehalten an NiCl,) bei niedrigen Anodenpotentialen zunachst ein Gebiet niedriger (scheinbarer) Stromdichten,

l) Diss. W . Sazer.

1636 HELVETICA CHIMICA ACTA.

in dem cs gelingt, ein niedrig (um 0 mV) liegendes kritisches Potential einzugabeln. Bei fortgesetzter Belastung linter Steigerung des anodischen Potentials folgt ein je nach dem Tempo dieser Operation engeres oder breiteres Gebiet der Aktivitat, mit steigender Stromaufnahme, das nach oben abgegrenzt wird durch den Umschlag zur PassivitLt bei einein Umschlagspotential, das im allgemeinen um so hoher liegt, je langer die Belastung in der aktiven Phase dauert und je hoher dabei die Stromdichte ansteigt. (Die so erreichten Umschlagspotentiale konnen auf iiber 1 V ansteigen, also Potentialgebiete erreichen, wo bereits die 0,-Entwicklung einsetzen kann.)')

Die Frage stellt sich, ob die hier beobachteten steigenden Um- schlags- oder Passivierungspotentiale auch kritische Potentiale im friiher erklarten Sinne darstellen oder nicht.

Eine gewisse Aufklarung des besonderen Verhaltens des Ni,, JM"- Typs braehte die Reobachtung, dass diese Elektroden in dem Gebiet der steigenden Aktivitat (d. h. steigender scheinbarer Stromdichte) ausgepragten ,,Lochfrass", also lokal engumgrenzte in die Tiefe gehen- de Korrosionen zeigen, die sich standig erweitern mit dem Fortschrei- ten des Versuches und sich, beginnend als kaum sichtbares Loch, all- mahlich uber den ganzen Querschnitt ausbreiten. Um die lokale An- fressungsstelle bleibt die urspriingliche Oberflachenstruktur, z. B. die polierte Flache, oft nahezu unverandert erhalten.

Wahrend also die nicht korrodierten Gebiete kaum einen merk- lichen Anteil an der aktiven Stromstarke haben konnen, sind es die Anfressungsstellen, denen die beobachtete Aktivitat zukommt, mit ,,scheinbaren" Stromdichten bis zu 300 mA/cm2 und bei Chloridzusatz noch hoher.

Da die Ausdehnung der Korrosionsstellen sehr variiert und nicht genau erfasst werden kann, fuhrt die Umrechnung der gemessenen Strome auf die geometrische Querschnittseinheit naturlich nur auf , ,scheinbare" Strorndichten.

J e ausgedehnter die Anfressungsstellen werden, um so hoher sind im allgemeinen bei sonst vergleichbaren Bedingungen die Strome der aktiven Phase und um so hoher liegen die Umschlagspotentiale. In den Anfressungsbezirken entst'ehen offenbar besonders aktive Stellen, dercn Hemmung bzw. Blockierung erst durch entsprechend hohe Pas- sivierungspotentiale erzwungen werdcn konnen. Diese Passivierungs- potentiale sind uber den weit'en Bereich von einigen 100 mV verteilt, je nach dem Aktivitatsgrad ( = Korrosionsgrad) der Ni,, JM"-Elek- trode, d. h. je nach dern Aktivitats-Passivitats-Zustand von deren Oberfliiche.

Dass diese kontinuierlich variablen Passivierungs-Umschlags-Po- tentiale doch auch ,,kritische" Potentiale im friiher besprochenen Sinn darstellen, wird durch die folgende Uberlegung wahrscheinlich ge- macht : Die Beobachtungen gerade an der Ni,, JM"-Elektrode zeigen, dass ihre Oberflache vieler Zustande fahig ist, die gekennzeichnet, werden konncn durch das Verhaltnis der aktiven und passiven Be-

1) Diss. W . Suxer.

Volumen XXXVI, Fasciculus VI (1953) - No. 202. 1637

zirke, ohne dass wir heute allerdings imstande wiiren, diese Aussage auch in eine quantitative Form zu kleiden, die fur den vorliegenden konkreten Fall mehr als nur formale Bedeutung hatte. Zu jedem dieser Zustande gehort ein kritisches Potential. Versuchen wir ein solches aufzusuchen, so gelingt dies noch einigermassen fur stark nach der passiven Seite verschobene Zustande, die wir vor allem als Ausgangs- zustande der Nickelanode kennen ( = frische Elektrode). Durch ge- eignete Belastung konnen wir hohere Aktivitatszustande erreichen, denen wieder hohere Passivierungspotentiale zukommen, die wir als kritische Potentiale nur deswegen nicht direkt demonstrieren konnen, weil sich, nach dem Einsetzen des Umschlages in Passivrichtung, die Zustande in dieser Richtung so rasch andern, dass sie sich der messen- den Verfolgung weitgehend entziehen.

Da ein jeweils durch Einstellung erreichtes Passivierungspotential bei unserer Messmethode festgehalten wird, aber den nach dem Um- schlag auftretenden, sich verandernden Oberflachenzustanden immer tiefere kritische Potentiale entsprechen mussen, entsteht ein beschleu- nigt wachsendes Passivierungs-Uberpotential, im Sinne der Ausfuh- rungen zu Tabelle 11, Seite 1633, das zum Busserst steilen Abfall der Stromkurve und zu den weit ins passive Gebiet hineingetriebenen, durch die niedrigen Restpassivierungsstrome und die tief liegenden Reaktivierungspotentiale ausgewiesenen passiven Zustanden fuhrt.

Reaktivierung ist nur moglich, wenn wir das aufgedruckte An- odenpotential unter das kritische Potential des jeweiligen Anoden- zustandes absenken (Fig. 2 a, b).

Diese Vorgange, die wir aus den Beobachtungen unmittelbar glauben ableiten xu konnen, ergeben zusammen einen ausgepragten ,,Kipp"-Vorgang, den wir, zum Unterschied von dem eingangs erwahn- ten, als ,,inneren" oder ,,Anoden-eigenen" ,,Kipp"-Vorgang zu kenn- zeichnen haben, da er lediglich durch den Verlauf der Anodenzustande nach eingetretenem Umschlag und Festhalten des Umschlagspotentials bedingt ist.

Eine Stutze findet die hier vertretene Auffassung zum Verhalten der Ni,, JM"-Anode u. a. auch in unseren Versuchen uber abgestufte Passivierung.

Fig. 3 zeigt einen typischen Fall dieser Art. Den Ziffern 1-5 entsprechen 5 nach- einander ausgefuhrte Aktiv-Passiv-Operationen an der gleichen, frisch in den Versuch eingefiihrten Ni,, JM"-Anode, die anfangs noch sehr passiv ist. Die 5 Strom-Zeitkurven zeigen alle einen aktiven Ast, der je mit dem Aktivierungspotential 0 mV (geg. n. Kalomel- Elektrode) gestartet werden kann. In allen 5 Versuchen liegen die kritischen Potentiale demnach hoher (d. h. positiver) als 0 mV, und die Schnelligkeit der Aktivierung deutet darauf, dass sie etwa bei + 50 mV liegen konnen.

Zur Passivierung wird zunachst in allen 5 Versuchen der Anode ein Potential von + 200 mV aufgedruckt.

Fur Versuch (1) bewirkt das hohe ifberpassivierungspotential eine fast momentane und praktisch vollstandige Passivierung mit dem Restpassivierungsstrom - Null.

1638 HELVETICA CHIMICA ACTA.

Versuch (2) zeigt bereits eine etwas hohere aktive Stromdichte (scheinbare Strom- dichte), d. h. die Korrosion hat bereits eingesetzt; das kritische Potential ist nun hoher als bei (l) , das Passivierungsiiberpotcntial niedriger, das Anodenpotential vou + 200 mV fiihrt nicht mehr zu eineni Restpassivierungsstrom Null, sondern dieser ist bereits merklich (- 20 mA/cm2 = ca. 25"/, des aktiven Stromes). Mit dem Anodenpotential + 300 mV wird die Passivierung vollstandig.

Big. 3. Elektrolyt: 2-n. H,SO,t 0,Ol-n. NiCI,; Anode: Ni ,,JM'; Temperatur: 25OC; Riihrung:

N, - 10 l/h.

Im Versuch (3) ist die aktive Stromdichte wiederum hoher und die Korrosion ver- starkt gegeniiber (2), das kritische Potential weiter erhoht, das Passivierungsiiberpotential erneut kleiner geworden : Resultat, Restpassivierungsstrom auf iiber 30 mA/cm2 gestiegen (= ca. 40% des aktiven Stromes).

Erhohung des Anodenpotentials auf i- 300 mV bewirkt auch hier vollstandige Passivierung.

Versuch (4) bringt offenbar eine weitere Erhohung des kritischen Potentials und damit des Restpassivierungsstromes, und in Versuch (5 ) geht diese Entwicklung noch weiter, derart, dass jetzt die Erhohung des Anodenpotentials auf + 300 mV, dann sogar auf + 400 mV die Passivierung nicht mehr zu erzwingen vermag; eher wird bereits cine Aktivierung sichtbar : offenbar ist infolge der durch die fortgeschrittene Korrosion stark gestiegenen Aktivitat das kritische Potential auf die erwilhnten Werte von +300 bis + 400 mV nachgeriickt. Passivierung am kritischen Potential tritt aber nicht mehr ein. Das notige Passivierungsiiberpotential ist mit dem Hoherlegen des Anodenpotentials auf + 500 mV gegchen : die Passivierung tritt wieder ein, rasch und vollstandigl).

S c h lus s b em e r k u n g en. 1. Die vorstehenden Betrachtungen zum anodischen Verhalten

der Ni,, JRI"-Elektrode sollten grundsatzlich auch fur die Ni,,P"-Elek- t,rode gelten. Wenn das Verhalten der letzteren wesentlich einfacher crscheint, liegt dies sehr wahrscheinlich einmal daran, dass ihr vie1 grosserer Gehalt an Verunreinigungen (total etwa 0,5 %, d. h. das ca. 100fache der Ni,, JM"-Elektrode) baM nach Belastungsbeginn eine gleichmassig uber den ganzen Querschnitt ausgebreitete Korrosion statt Lochfrass zur Folge hat.

Der massgebende Zustand der Elektrodenoberfliiche - zu charak- terisieren durch das Verhalhis aktiver und passiver Bezirke2) - wird

l) l m Bereich der gestrichelten Linien treten periodische Erscheinungen auf. 2) Zu bezeichnen als Aktiv/Passiv-Zustand.

Volumen XXXVI, Pasciculus VI (1953) - No. 202. 1639

daher bei festgelegten Belastungs- und sonstigen Bedingungen auch bei fortschreitendem Abbau des Metalls annahernd stationar bleiben. Trotz weiterschreitender Korrosion ist es daher leicht moglich - z.B. durch Eingabelung - , ein kritisches Potential experimentell zu be- stimmen, das fur einen etwas grosseren Bereich von Elektrodenzu- standen ( Aktiv-Passiv-Zustande) auch als Mittelwert Bedeutung be- sitzt. Dies urn so eher als - offenbar wieder eine Folge des vie1 grosse- ren Unreinheitsgrades des Ni,,P" - Passivierungspotentiale, aktive Stromdichten meist wesentlich niedriger liegen als bei der Ni,, JM"- Elektrode.

Wenn wir bei der letzteren, um ihr kompliziertes Verhalten zu deuten, annahmen, dass den bei der Passivierung (bzw. Reaktivierung) durchlaufenen Aktiv-Passiv-Zustanden nicht ein einzelner Wert des ,,kritischen" Potentials, auch nicht ein Mittelwert, zugeordnet werden konne, sondern dass eine kontinuierliche Reihe von ,,kritischen" Po- tentialen anzunehmen sei, so drangt sich diese Uberlegung auch fur die Ni,,P"-Elektrode auf, wenn wir eine Erklarung fur feinere Zuge ihres Verhaltens suchen, wie z. R. dafur, dass auch bei geringem Passi- vierungsuberpotentiald eine recht weitgehende Passivierung, wenn auch langsam, erreicht wird.

Auf eine Erklarung der Wirkung der Verunreinigungen des An- odennickels, wie sie in den hier aufgefuhrten Versuchen zutage tritt, werden wir spat,er zuruckkommen.

2. Die Existenz eines ,,kritischen" Potentials, d. h. eines eigent- lichen Umschlagpotentials, das erreicht und uberschritten werden muss, damit der passive Zustand das Ubergewicht erhalt, ist fur die theoretische Deutung des eigentlichen, noch unbekannten Passivie- rungsvorganges ein entscheidendes Faktum. Es war daher von Wich- tigkeit, seine Mitwirlcung auch dort nachzuweisen oder mindestens wahrscheinlich zu machen, wo seine direkte experimentelle Bestim- mung noch nicht allgemein gelingt, wie dies bei der Anode aus dem ,,hochstreinen" Nickel Ni,, JM" der Fall ist.

Auf die Auswertung der vorliegenden Ergebnisse zum Aufbau einer Theorie des Passipierungsvorganges werden wir spater zuruck- kommen.

Zusammenf assung. Zwei Elektroden aus Rein- bzw. Hochstrein-Nickel werden in

bezug auf ihr anodisches Verhalten verglichen, und es wird besonders der Verlauf der Passivierung in Abhangigkeit vom ,,kritischen" Po- tential untersucht.

Laboratorium fur physikalische Chemie und Elektrochemie der Eidg. Technischen Hochschule, Zurich.