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Otto NICOLAI Kirchliche Festouvertüre über den Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ op. 31 Coro SATB ed Organo 2 Flauti, 2 Oboi, 2 Clarinetti, 2 Fagotti 2 Corni, 2 Trombe, 3 Tromboni, Timpani 2 Violini, Viola, Violoncello e Contrabbasso ossia solo per: Tromba, 2 Violini, Viola, Violoncello e Contrabbasso herausgegeben von / edited by Klaus Rettinghaus Carus 10.389 Urtext Partitur / Full score C

Otto NICOLAI - carusmedia.com · but he decided to accept his hostess’s invitation to stay with her for some time – at least until the heat of summer was over. In the event he

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Otto

NICOLAIKirchliche Festouvertüre über den Choral

„Ein feste Burg ist unser Gott“ op. 31

Coro SATB ed Organo2 Flauti, 2 Oboi, 2 Clarinetti, 2 Fagotti

2 Corni, 2 Trombe, 3 Tromboni, Timpani2 Violini, Viola, Violoncello e Contrabbasso

ossia solo per:Tromba, 2 Violini, Viola, Violoncello e Contrabbasso

herausgegeben von/edited byKlaus Rettinghaus

Carus 10.389

UrtextPartitur/Full score

C

Otto Nicolai war Organist an der preußischen Gesandtschafts-kapelle in Rom. Im Mai 1836 kündigte er diese Stellung – nachnur zweieinhalbjähriger Anstellung. Einige Wochen danach,bereits am 2. Juli verließ er Rom und brach zu einer Reise nachBologna auf. Zunächst fuhr er aber nach Macerata, um dortdie Engländerin Madam Watts zu besuchen, die er zuvor inRom kennen gelernt hatte. Diese hatte sich mit ihrer Tochter inder mittelalterlichen Stadt niedergelassen. Eigentlich ja nur aufder Durchreise, entschied sich Nicolai aber, dem Vorschlag sei-ner Gastgeberin zu folgen und einige Zeit bei ihr zu verweilen– zumindest bis die große Sommerhitze vorbei sei. Der Kom-ponist blieb schließlich über sechs Wochen.

Während dieser Zeit gab Nicolai der Tochter des Hauses täglicheine Klavierstunde, erhielt dafür im Gegenzug Englischunter-richt. Im Übrigen war er nicht sonderlich produktiv, kompo-nierte aber noch im Juli die hier vorgelegte Ouvertüre über Lu-thers Choral Ein feste Burg ist unser Gott, zunächst in einerFassung ohne Chor und Orgel. Auch fehlten Klarinetten unddie „konzertierende Trompete“.1

Die erste, allerdings private Aufführung des Werks fand nochvor Ort im Hause der Watts statt. Die Orchestermusiker desStädtchens kamen dort am 19. August 1836, wenige Tage vorder Abreise des Komponisten zusammen und spielten mehre-re Werke von ihm, darunter eben auch die „letztgeschriebeneFuge über Luthers Choral“.2 Nicolai notierte dazu in sein Tage-buch: „Es waren keine Zuhörer da.“3

Die erste öffentliche Aufführung sollte jedoch nicht allzu langeauf sich warten lassen. Im Mai 1837 wurde Nicolai als Gesang-lehrer und Kapellmeister am Wiener Hoftheater engagiert. Ergab dort am 26. Juni 1837 ein Antrittskonzert, bei dem er auchdie Ouvertüre präsentierte.4 Bei Konzerten im folgenden Jahrstand sie ebenfalls auf dem Programm.5 Seine mittlerweile umeinen Chor erweiterte Fugirte Ouverture hatte Nicolai eigenenAngaben zufolge „im Styl des 18. Jahrhunderts nach deut-schen Studien“ geschrieben.6

Ab August 1841 hatte Nicolai die Position des 1. Kapellmeis-ters der k. k. Hofoper in Wien inne. Nachdem er am 4. April1843 die Fugirte Ouverture wie auch sein Pater noster7 erneutmit einigem Erfolg in Wien aufgeführt hatte, sandte er EndeAugust Abschriften dieser beiden Stücke an den preußischenKönig Friedrich Wilhelm IV. – er erhoffte sich davon eine „an-gemessene Anstellung“ in Berlin. Für die Übersendung derWerke wurde er mit der goldenen Medaille für Kunst ausge-zeichnet. Beiden Notenmanuskripten, die in der KöniglichenHausbibliothek im Berliner Schloss verwahrt wurden,8 war jeein gedrucktes Titelblatt beigelegt.9 Die Ouvertüre trug jetztden Titel Protestantische Kirchen-Ouverture über den Choral„Ein feste Burg ist unser Gott“ und die Jahreszahl 1843. Ver-mutlich hatte Nicolai das Stück nach der Aufführung noch ein-mal überarbeitet, so dass es nunmehr nahezu in der Endfas-sung vorlag.

Im Jahr darauf nahm Nicolai im Juli einen zweimonatigenUrlaub und reiste in seine Vaterstadt Königsberg, um als Ehren-gast an den Feierlichkeiten zum 300. Jahrestag der Gründungder Albertus-Universität teilzunehmen. Sein Angebot, die Ver-anstaltungen durch Aufführung eigener Werke mitzugestal-ten, war dankend angenommen worden.10 So wurde NicolaisWerk als Kirchliche Fest-Ouvertüre am 29. August 1844 bei

der kirchlichen Feier im Königsberger Dom aufgeführt; erstma-lig nun auch mit Orgelbegleitung. Da Friedrich Wilhelm IV. –obschon vor Ort – diesem Festakt nicht beiwohnte, hoffteNicolai, dem König sein Werk zu einem späteren Zeitpunktpräsentieren zu können. Die Gelegenheit dazu ergab sich am 2. September. Bei einem Konzert der Königsberger Singakade-mie erklang die Ouvertüre als erstes Stück. Wie Nicolai nachdem Konzert mitbekam, hat sich der König über ihn „auch ge-gen andere […] sehr vorteilhaft geäußert“.11 Für die Auffüh-rung und für einen goldverzierten Prachtband der Ouvertüreerhielt Nicolai nach den Feierlichkeiten von der Universität eine goldene Dose und zwei Gedenkmünzen.12

1845 erschien die Ouvertüre unter dem Titel Kirchliche Fest-Ouverture über den Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ alsNicolais Opus 31 in Leipzig im Druck. Dass Nicolai nun geradedie Festouvertüre und ein Jahr später auch noch das Paternoster veröffentlichte, ist nicht verwunderlich, wurden diesebeiden Werke doch durch die gnädige Annahme von und dieerfolgreiche Aufführung vor Seiner Majestät quasi vom Königgeadelt.

Zeitgleich mit der Ouvertüre erschien auch eine Bearbeitungderselben für Klavier zu vier Händen, die der Komponist selbstangefertigt hatte. Einige Jahre nach Nicolais Tod arrangiertesein Freund Franz Liszt die mittlerweile recht populäre Ouver-türe für Orgel.13

Den Anweisungen des Komponisten folgend, kann die Ouver-türe auch von den Principal-Instrumenten, also von den Strei-chern und der Solo-Trompete, allein ausgeführt werden. Alleübrigen Instrumente und der Chor sind ad libitum, also nachBelieben hinzuzufügen.

Berlin, im März 2010 Klaus Rettinghaus

1 Vgl. Herrmann Güttler, „Otto Nicolais Ouvertüre über den Choral ,Einfeste Burg‘. Zwei Manuskripte aus Königsberger Bibliotheken“, in:Mitteilungen des Vereins für die Geschichte von Ost- und Westpreu-ßen 6 (1932), S. 48–50.

2 Otto Nicolai, Otto Nicolais Tagebücher, hrsg. von Wilhelm Altmann,Regensburg 1937, S. 160.

3 Ebenda. 4 Nicolai erwähnt in seinen Briefen und in seinem Tagebuch nicht, um

welche seiner „Ouverturen“ es sich handelte. Da die folgenden Auf-führungen aber eindeutig die Ouvertüre op. 31 brachten, ist davonauszugehen, dass dieses Werk auch an jenem Abend erklang. Vgl. u.a.Tagebucheintrag vom 27. Juni 1837 (in: Nicolai, Tagebücher, S. 185)und Brief an den Vater vom 1. Juli 1837 (in: Otto Nicolai, Briefe an sei-nen Vater, hrsg. von Wilhelm Altmann, Regensburg 1924, S. 203).

5 Eine Aufführung fand am 2. April 1838 im Saal der Gesellschaft derMusikfreunde statt. Vgl. das Konzertprogramm vom 2. April 1838, ab-gedruckt bei: Georg Richard Kruse, Otto Nicolai. Ein Künstlerleben,Berlin 1911, nach S. 62.

6 Ebenda. 7 Otto Nicolais Pater noster op. 33 ist ebenfalls im Carus-Verlag erhält-

lich (Carus 23.327). 8 Heute verschollen, nachgewiesen in: Georg Thouret, Katalog der Mu-

siksammlung auf der Königlichen Hausbibliothek im Schlosse zu Berlin,Leipzig 1895, S. 150 (Nr. 3247).

9 Diese Titelblätter befinden sich mit dem Begleitschreiben vom 21. Au-gust 1843 in den Akten des Geheimes Staatsarchivs Preußischer Kul-turbesitz (D-Bga), I. HA Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode,Nr. 20955, fol. 93, fol. 98 und fol. 99.

10 Kruse, Nicolai, S. 163. 11 Tagebucheintrag, zitiert nach Nicolai, Tagebücher, S. 232. 12 Dieser Band wurde in der Stadtbibliothek Königsberg verwahrt. Vgl.

Güttler, „Otto Nicolais Ouvertüre“.13 Carus 10.389/45.

Carus 10.3892

Vorwort

Otto Nicolai was the organist at the Prussian Embassy chapelin Rome. In May 1836 he resigned from that position – afteronly two and a half years. A few weeks later, on 2 July, he leftRome en route for Bologna. First, however, he stopped off atMacerata to visit Madam Watts, an English lady he hadknown in Rome who had settled in the medieval town withher daughter. Nicolai had intended to make only a brief visit,but he decided to accept his hostess’s invitation to stay withher for some time – at least until the heat of summer was over.In the event he stayed for more than six weeks.

During that period Nicolai gave the daughter of the house apiano lesson every day, receiving English lessons in return.Otherwise he was not very productive, except that duringthat July he composed this overture on Luther’s chorale Einfeste Burg ist unser Gott, originally in a version without choiror organ. The clarinets and the “concertante trumpet” werealso not yet included.1

The first, although private performance took place in theWatt’s house. The orchestral players of the little town metthere on 19 August 1836, a few days before the composer’sdeparture, and they played several of his works, including the“newly written fugue on Luther’s chorale.”2 Nicolai noted inhis diary: “There were no listeners present.”3

The first public performance was not long delayed. In May1837 Nicolai was appointed as singing master and Kapell-meister at the Court Theatre in Vienna. On 26 June 1837 hegave an introductory concert there, at which he presented thisOverture.4 It was repeated at a concert during the followingyear.5 In the meantime Nicolai had added chorus to the FugirteOuverture, which he described as being “in the 18th-centurystyle after German studies.”6

In August 1841 Nicolai became the first Kapellmeister of theVienna lmperial Court Opera. After he had again successfullyperformed the Fugirte Ouverture, together with his Paternoster,7 this time in Vienna on 4 April 1843, at the end ofAugust he sent copies of these two works to King FriedrichWilhelm IV of Prussia, in the hope of receiving a “suitable ap-pointment” in Berlin. For sending these works he was award-ed the golden “Medaille für Kunst.” The two manuscriptswere kept in the Königliche Hausbibliothek in the BerlinPalace,8 each with a printed title page.9 The Overture wasnow entitled: Protestantische Kirchen-Ouverture über denChoral “Ein feste Burg ist unser Gott,” with the date 1843.Nicolai probably revised the work again after the perform-ance, so that it had almost attained its final version.

During the following year Nicolai took two months’ leave andwent to his native city of Königsberg, as an honored guest atthe celebrations marking the 300th anniversary of the found-ing of the Albertus University. His offer to present perform-ances of compositions of his own was received gratefully.10 SoNicolai’s work, as the Kirchliche Fest-Ouvertüre, was per-formed for the first time with organ accompaniment on 29 Au-gust 1844 during the celebration at Königsberg Cathedral. AsFriedrich Wilhelm IV was not present, Nicolai hoped to be ableto present his work to the King on another occasion. This op-portunity presented itself on 2 September. At a concert givenby the Königsberg Singakademie the overture was played asthe opening piece. Nicolai wrote afterwards that the King

spoke of him “also to others [...] very favorably.”11 After thecelebrations, for the performance and for a gilded score of theoverture Nicolai received a golden box and two commemora-tive coins from the University.12

In 1845 the overture was published in Leipzig under the titleKirchliche Fest-Ouvertüre über den Choral “Ein feste Burg istunser Gott” as Nicolai’s op. 31. The fact that Nicolai pub-lished the overture, and also a year later the Pater noster is notsurprising, since these two works had been performed suc-cessfully before His Majesty and had been met with the ap-proval of the King.

Along with the publication of the overture an arrangementfor piano duet also was published, which had been made bythe composer himself. Some years after Nicolai’s death thisoverture, which by then had become very popular, wasarranged for organ by his friend Franz Liszt.13

In accordance with directions by the composer, this overturemay also be performed by the principal instruments alone,i.e., by the strings and solo trumpet. All of the remaining in-struments and the choir may be added ad libitum, if so de-sired.

Berlin, March 2010 Klaus RettinghausTranslation: John Coombs

Carus 10.389 3

1 See Hermann Güttler, “Otto Nicolais Ouvertüre über den Choral ‘Einfeste Burg’. Zwei Manuskripte aus Königsberger Bibliotheken” in: Mit-teilungen des Vereins für die Geschichte von Ost- und Westpreußen6 (1932), p. 48–50.

2 Otto Nicolai, Otto Nicolais Tagebücher, ed. by Wilhelm Altmann,Regensburg, 1937, p. 160.

3 Ibid.4 In his letters and diary Nicolai did not say which of his “overtures” was

played. However, the later performances were clearly of the overtureop. 31, so it may be assumed that this was also the work heard on thatoccasion. See, for example, the diary entry of 27 June 1837 (in: Nico-lai, Tagebücher p. 185) and letter to his father of 1 July 1837 (in: OttoNicolai, Briefe an seinen Vater, ed. by Wilhelm Altmann, Regensburg,1924, p. 203).

5 A performance took place on 2 April 1838 in the hall of theGesellschaft der Musikfreunde. See the concert program of 2 April1838, reproduced in: Georg Richard Kruse, Otto Nicolai, Ein Künstler-leben, Berlin, 1911, after p. 62.

6 Ibid.7 Otto Nicolai’s Pater noster op. 33 is also available from Carus-Verlag

(Carus 23.327).8 Now lost. Referred to in Georg Thouret, Katalog der Musiksammlung

auf der Königlichen Hausbibliothek im Schlosse zu Berlin, Leipzig,1895, p. 150 (No. 3247).

9 These title pages, with accompanying explanation, from 21 August1843 are among the documents of the Geheimes Staatsarchiv Preußi-scher Kulturbesitz (D-Bga), I. HA Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngerePeriode, No. 20955, fol. 93, fol. 98 and fol. 99.

10 Kruse, Nicolai, p. 163.11 Diary entry, quoted from Nicolai, Tagebücher, p. 232.12 This score was preserved in the Stadtbibliothek Königsberg. See Gütt-

ler, “Otto Nicolais Ouvertüre”.13 Carus 10.389/45.

Foreword