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Originalarbeit 439 JOURNAL FÜR KULTURPFLANZEN, 64 (12). S. 439–451, 2012, ISSN 1867-0911 VERLAG EUGEN ULMER KG, STUTTGART Erhebung von Kupfergesamtgehalten in ökologisch und konventionell bewirtschafteten Böden. Teil 4: – Gesamtgehalte in Böden deutscher Baumobstbaugebiete Monitoring of total copper contents in organically and conventionally managed soils. Part 4: – Total contents in German pomiculture soils Thomas Strumpf 1 , Jörn Strassemeyer 2 , Jutta Kienzle 3 , Gerd Palm 4 , Karsten Klopp 4 , Adrian Engel 5 , Heinrich-Ludger Rövekamp 6 , Sandra Müller 7 , Martin Balmer 8 , Jürgen Zimmer 8 , Dieter Felgentreu 1 Institut Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Berlin-Dahlem 1 Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Klein- machnow 2 Forschung im Ökologischen Obstbau, Kernen 3 Obstbauversuchsanstalt (OVA) der LWK Niedersachsen, Esteburg, Obstbauzentrum, Jork 4 Pflanzenschutzdienst LWK Nordrhein-Westfalen, Bonn-Roleber 5 Landesverband Obstbau Westfalen-Lippe, Münster-Wolbeck 6 Obstbauberatung LWK Nordrhein-Westfalen, Münster-Wolbeck 7 DLR Rheinpfalz, Rheinbach 8 Kontaktanschrift Dr. Thomas Strumpf, Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Königin-Luise-Str. 19, 14195 Berlin, E-Mail: [email protected] Zur Veröffentlichung angenommen 2. Juli 2012 Zusammenfassung Die Auswirkungen dauerhafter Anwendung kupferhaltiger Fungizide auf die Nachhaltigkeit der Bodengüte sind im Rahmen der Europäischen Wirkstoffzulassung Gegenstand eines EU-weiten Programms zur Erfassung der Kupfer- gehalte im Boden geworden. 1613 Einzelproben wurden aus den Bodenhorizonten 0–5 und 5–20 cm von Baumobstlagen an 40 ökologisch und 12 konventionell bewirtschafteten Standorten unter den Aspekten einer möglichst repräsentativen Erfassung der Belastungsverteilung entnommen. Das Erhebungs- ergebnis soll als Grundlage für die Auswahl gebietstypi- scher Anbausituationen dienen, die in Verbindung mit einer spezifischen Expositionsermittlung die Erfassung der Wirkungsausprägung an empfindlichen Indikator- arten der jeweiligen Regenwurmzönosen ermöglicht. Auf der Basis von Gesamtgehalten wird die Belastungs- situation und -verteilung auf Prüfflächen und Referenz- flächen in deutschen Baumobstbaugebieten als Mini- mal-, Mittel- und Maximalwert sowie für verschiedene Perzentile dargestellt. Darüber hinaus werden aus der Bewirtschaftungshistorie resultierende Schwermetallein- träge quantifiziert und Belastungsunterschiede zwischen Obstbaumreihen und Fahrgassen diskutiert. Bei der Belastungserhebung konnte durch Verknüpfung von Daten zur Bewirtschaftungsgeschichte mit vorhande- nen Flächenbelastungen in Verbindung mit beispielhaft für das Anbaugebiet Niederelbe ermittelten Kupferauf- wandmengen im Zeitraum 1960 bis 2010 nachgewiesen werden, dass diese Belastungen aus den Jahren 1960 bis etwa 1995 resultieren, wo noch zwischen 10 und 13 kg Reinkupfer pro Jahr und Hektar zur Schaderregerbekämp- fung im Baumobstbau angewandt wurden. Welche Anteile von diesen ‚gealterten’ Kupfergesamtgehalten bioverfüg- bar sind und damit auf die Bodenzönose wirken, wird derzeit untersucht. Anhand der in der Vorbeprobung erhobenen Daten zur Belastungssituation, Standortbeschreibung und Bewirt- schaftungsdauer werden 2 bis 3 Baumobstlagen vorge- schlagen, die sich für eine biologische Statuserhebung zu Auswirkungen auf die Regenwurmzönose eignen.

Originalarbeit Erhebung von Kupfergesamtgehalten in ... · wirken, sind bei einer Risiko betrachtung neben der Erfas- sung der Pflanzenschutzintensität auch weitere Einfluss- größen

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Originalarbeit

439

JOURNAL FÜR KULTURPFLANZEN, 64 (12). S. 439–451, 2012, ISSN 1867-0911 VERLAG EUGEN ULMER KG, STUTTGART

Erhebung von Kupfergesamtgehalten in ökologischund konventionell bewirtschafteten Böden.

Teil 4: – Gesamtgehalte in Bödendeutscher Baumobstbaugebiete

Monitoring of total copper contents in organically and conventionally managed soils.Part 4: – Total contents in German pomiculture soils

Thomas Strumpf1, Jörn Strassemeyer2, Jutta Kienzle3, Gerd Palm4, Karsten Klopp4, Adrian Engel5,Heinrich-Ludger Rövekamp6, Sandra Müller7, Martin Balmer8, Jürgen Zimmer8, Dieter Felgentreu1

InstitutJulius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie, Pflanzenanalytik undVorratsschutz, Berlin-Dahlem1

Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Klein-machnow2

Forschung im Ökologischen Obstbau, Kernen3

Obstbauversuchsanstalt (OVA) der LWK Niedersachsen, Esteburg, Obstbauzentrum, Jork4

Pflanzenschutzdienst LWK Nordrhein-Westfalen, Bonn-Roleber5

Landesverband Obstbau Westfalen-Lippe, Münster-Wolbeck6

Obstbauberatung LWK Nordrhein-Westfalen, Münster-Wolbeck7

DLR Rheinpfalz, Rheinbach8

KontaktanschriftDr. Thomas Strumpf, Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für ökologische Chemie,Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Königin-Luise-Str. 19, 14195 Berlin, E-Mail: [email protected]

Zur Veröffentlichung angenommen2. Juli 2012

Zusammenfassung

Die Auswirkungen dauerhafter Anwendung kupferhaltigerFungizide auf die Nachhaltigkeit der Bodengüte sind imRahmen der Europäischen Wirkstoffzulassung Gegenstandeines EU-weiten Programms zur Erfassung der Kupfer-gehalte im Boden geworden.

1613 Einzelproben wurden aus den Bodenhorizonten0–5 und 5–20 cm von Baumobstlagen an 40 ökologischund 12 konventionell bewirtschafteten Standorten unterden Aspekten einer möglichst repräsentativen Erfassungder Belastungsverteilung entnommen. Das Erhebungs-ergebnis soll als Grundlage für die Auswahl gebietstypi-scher Anbausituationen dienen, die in Verbindung miteiner spezifischen Expositionsermittlung die Erfassungder Wirkungsausprägung an empfindlichen Indikator-arten der jeweiligen Regenwurmzönosen ermöglicht.

Auf der Basis von Gesamtgehalten wird die Belastungs-situation und -verteilung auf Prüfflächen und Referenz-flächen in deutschen Baumobstbaugebieten als Mini-mal-, Mittel- und Maximalwert sowie für verschiedene

Perzentile dargestellt. Darüber hinaus werden aus derBewirtschaftungshistorie resultierende Schwermetallein-träge quantifiziert und Belastungsunterschiede zwischenObstbaumreihen und Fahrgassen diskutiert.

Bei der Belastungserhebung konnte durch Verknüpfungvon Daten zur Bewirtschaftungsgeschichte mit vorhande-nen Flächenbelastungen in Verbindung mit beispielhaftfür das Anbaugebiet Niederelbe ermittelten Kupferauf-wandmengen im Zeitraum 1960 bis 2010 nachgewiesenwerden, dass diese Belastungen aus den Jahren 1960 bisetwa 1995 resultieren, wo noch zwischen 10 und 13 kgReinkupfer pro Jahr und Hektar zur Schaderregerbekämp-fung im Baumobstbau angewandt wurden. Welche Anteilevon diesen ‚gealterten’ Kupfergesamtgehalten bioverfüg-bar sind und damit auf die Bodenzönose wirken, wirdderzeit untersucht.

Anhand der in der Vorbeprobung erhobenen Daten zurBelastungssituation, Standortbeschreibung und Bewirt-schaftungsdauer werden 2 bis 3 Baumobstlagen vorge-schlagen, die sich für eine biologische Statuserhebung zuAuswirkungen auf die Regenwurmzönose eignen.

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THOMAS STRUMPF et al., Erhebung von Kupfergesamtgehalten …

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Originalarbeit

Stichwörter: Kupfergesamtgehalte, Bekämpfung von Pilzkrankheiten, Schorf, Venturia ssp., Obstbaumkrebs,Nectria galligena, ökologisch oder konventionell bewirtschaftete Baumobstböden, Belastungsverteilung,Risikoabschätzung, Vorauswahl geeigneter Erhebungs- flächen

Abstract

Implications of long-term usage of copper fungicides onsustainable soil quality have been described for a long time,and according to the regulation of active substances, areobjective of a survey on copper contents in agriculturalsoils in several EU member countries.

1613 single samples from the soil horizon 0–5 and 5–20 cm were taken from 40 organically and 12 conven-tionally managed pomiculture sites trying to make refer-ence to all aspects relevant for a representative assess-ment of copper loads. The result of that survey is intendedto enable the selection of site-typical types of cultivationbeing the prerequisite of an assessment of effects to theearthworm coenosis in combination with a refined expo-sure analysis.

On the basis of total contents, the copper load andtheir distribution on test and reference fields of Germanpomiculture cultivation sites is presented including theminimum, maximum and mean value as well as percen-tiles. Additionally, the heavy metal content in general wasdetermined and differences in copper contents betweentree row and driving lines were identified.

Comparing managing history and current management,it is obvious that load peaks result from copper applica-tions between 1960 to 1995, when between 10 to 13 kgcopper per ha and year were applied to control plantdiseases. The evaluation of bio available copper, result-ing from aged total copper contents, is not yet completelyfinished.

By means of data, generated in preliminary samplingsconcerning load situation, site description and durationof management, 2–3 pomiculture sites are suggested beingappropriate to assess the recent situation of soil quality interms of responses on a population level.

Key words: Total contents of copper, control of fungi,Venturia ssp., Nectria galligena, organically and conventionally managed pomiculture soils, load situation in pomiculture, risk potential, exposure assessment,preselection of adequate monitoring areas

1 Einleitung und Zielsetzung der Untersuchungen

Kupferhaltige Präparate werden seit langem in Deutsch-land gegen Pilzkrankheiten wie den Falschen Mehltau anWeinrebe (Plasmopara viticola), Hopfen (Pseudoperonos-pora humuli) oder die Kraut- und Knollenfäule (Phytoph-thora infestans) an der Kartoffel sowie gegen Schorf (Ven-turia ssp.), Obstbaumkrebs (Nectria galligena) und weitere

Phytopathogene im Baumobstbau (Kern- und Steinobst)eingesetzt. Sie gehören damit zu den ältesten Pflanzen-schutzmitteln.

Seit längerem stehen kupferhaltige Pflanzenschutzmit-tel im Zentrum von Diskussionen um eine nachhaltigeLandbewirtschaftung. Vor dem Hintergrund der kritischenBewertung der Auswirkungen von Kupfer auf wichtigeGlieder der Bodenzönose einschließlich Wirbeltiere imZulassungsverfahren und gegensätzlichen Beobachtungenbei Feldbegehungen wurde ein Bedarf an aktuellen Datenzur Anwendung kupferhaltiger Pflanzenschutzmittel inder Landwirtschaft und zur fachlich fundierten Erfassungbiologischer Parameter in wichtigen Anwendungsberei-chen hervorgehoben.

Da bereits aus früheren Untersuchungen in Sonderkul-turen bekannt ist (BAUCHHENSS und ROSSBAUER, 1988), dasseine Vielzahl von Faktoren auf Regenwurmzönosen ein-wirken, sind bei einer Risikobetrachtung neben der Erfas-sung der Pflanzenschutzintensität auch weitere Einfluss-größen wie z.B. Standortbedingungen und Bewirtschaf-tungsweise (Begrünung, Mulchen) zu berücksichtigen. Esgilt mit Hilfe einer geeigneten Auswahl von Vergleichs-flächen zu klären, welchen Einfluss der Kupfergehalt imBoden unter realistischen Bedingungen auf die Regen-wurmzönose hat und ob die vorliegenden Ableitungenkritischer Bodenkonzentrationen von Kupfer (BELOTTI,1997; BELOTTI, 1998; JÄNSCH et al., 2007) allgemeingül-tigen Charakter haben oder abhängig von der Bewirt-schaftungsweise zu betrachten sind.

Die Datenübersicht zur Anwendung kupferhaltiger Pflan-zenschutzmittel in der Landwirtschaft bildet zugleich dieGrundlage für die Erarbeitung einer differenzierten Über-sicht über die Höhe der Kupfergesamtgehalte anhandvon Felderhebungen in Dauerkulturen wie dem Baum-obstbau. Zur Darstellung längerfristiger Wirkungen undAbleitung kritischer Bodengehalte wird an Standortenunterschiedlich langer Nutzung unter den Aspekten einerrepräsentativen Erfassung der Belastungsverteilung eineErhebung konzipiert, die mit der Expositionsermittlungdie spätere Erfassung der Wirkungsausprägung an emp-findlichen Indikatorarten der jeweiligen Regenwurmzö-nosen verbindet. Das Erhebungsergebnis der Beprobungbildet die Grundlage für die Auswahl gebietstypischerAnbausituationen, die in Verbindung mit einer spezifischenExpositionsermittlung die Erfassung der Wirkungsaus-prägung an empfindlichen Indikatorarten der jeweiligenRegenwurmzönosen ermöglicht.

Die Untersuchungsschritte sind Grundlage zur Aus-wahl geeigneter Monitoringflächen gemäß der EU-Richt-linie 2009/37/EG vom 23. April 2009 (Auflage von Pro-grammen zur Überwachung gefährdeter Gebiete durchZulassungsinhaber) und zugleich Voraussetzung für eineLangzeiterhebung zur Erarbeitung von Daten zu Kupfer-gehalten in Böden im ökologischen Baumobstbau undihren Auswirkungen auf das Bodenleben im Sinne des‚Strategiepapiers zum Einsatz von Kupfer als Pflanzen-schutzmittel in der Landwirtschaft unter besondererBerücksichtigung des ökologischen Landbaus’. Die ausden Erhebungsdaten abgeleitete Belastungssituation soll

Journal für Kulturpflanzen 64. 2012

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THOMAS STRUMPF et al., Erhebung von Kupfergesamtgehalten …

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Originalarbeit

Tab. 2. Anzahl beprobter ökologisch oder konventionellbewirtschafteter Baumobstbaubetriebe in deutschen Obst-anbaugebieten

Bundesland Anbaugebiet Baumobstbau-betriebe

öko-logisch

konven-tionell

Baden-Württemberg

Bodensee 11 –Neckartal* 8 –

Rheinebene* 2 –

Bayern Forchheim* 2 –

Niedersachsen + Hamburg

Niederelbe (1. Meile) 2 –

Niederelbe (2. Meile) 2 –Niederelbe (3. Meile) 3 –

den am Zulassungsverfahren beteiligten Behörden zurVerfügung gestellt werden.

Ziel der Belastungsuntersuchungen ist es, in breit ange-legten Felderhebungen eine differenzierte Übersicht überdie vorhandene Kupferbelastungssituation in den Haupt-sonderkulturen des Ökologischen Landbaus (Wein, Hop-fen und Baumobst) zu erstellen, die zugleich gebietstypi-sche Anbausituationen berücksichtigt.

2 Material und Methoden

2.1 Standortauswahl und Erhebungsumfang Die Auswahl der Beprobungsbetriebe erfolgte in Zusam-menarbeit mit der Fördergemeinschaft Ökologischer Obst-bau e.V. (FÖKO), den Landwirtschaftskammern und Obst-bauberatungsdiensten der Bundesländer. Nach der Kon-taktierung ökologisch wirtschaftender Betriebe wurdendurch diese konventionelle Bewirtschafter in direkter Nach-barschaft angesprochen, so dass oft konventionell bewirt-schaftete Prüf- und/oder Referenzflächen in direkter Nach-barschaft in die Belastungserhebung einbezogen werdenkonnten. Dies ist insoweit wichtig, da ähnliche klimatischeBedingungen und physiko-chemische Bodeneigenschaftenzu erwarten sind.

Durch Felderhebungen erfolgte in den BundesländernBaden-Württemberg (Bereiche Bodensee, NeckartalRheinebene), Bayern (Bereich Franken/Forchheim), Nie-dersachsen und Hamburg (Bereich Niederelbe), Nord-rhein-Westfalen (Bereiche Niederrhein, Westfalen-Lippe,Rheinland) und Rheinland-Pfalz (Bereiche Ahrweiler/Ahrtal, Pfalz, Rheinhessen, Trier) eine repräsentativeErfassung der Belastungsverteilung der Höhe der Gesamt-gehalte von Böden im Kern- und Steinobstbau (Tab. 1).

Die Auswahl ökologisch wirtschaftender Betriebe in Süd-deutschland resultierte auch aus der Überlegung, solcheBetriebe in die Belastungserhebung einzubinden, in derenNähe bereits beprobte Standorte des Wein- und Hopfen-baus (STRUMPF et al., 2011a, 2011b) liegen, um möglichstzahlreiche Erhebungen mit vertretbarem Aufwand in lang-jährig bewirtschafteten Dauerkultur-Anbaugebieten durch-zuführen (Tab. 2, Abb. 1).

Journal für Kulturpflanzen 64. 2012

Tab. 1. Anzahl Einzelproben von Prüf-, Referenz- und Kon-trollflächen von in die Belastungserhebung einbezogenenBaumobstbaugebieten

Summe Flächen Summe Proben

Insgesamt 175 1613

davon Prüfflächen 87 846

davon Referenzflächen 39 348davon Kontrollflächen 49 97

davon Zusatzproben 322*

* Unter Zusatzproben sind zusätzliche Probenahmen mittig in der Fahrgasse und Beprobungen möglicher ‚Hot Spots’ gemeint.

Insgesamt wurden 40 ökologisch bewirtschaftete und12 konventionell bewirtschaftete Baumobstbaubetriebe(bestehend jeweils aus Prüffläche + passender Referenz-fläche + Kontrollfläche zur Erfassung der Hintergrund-belastung von Kupfer je Standort) in die Belastungserhe-bung einbezogen und somit eine umfassende Abbildungder Belastungsverteilung erhalten (Tab. 2). Es wurde dieBelastungsverteilung von 52 Baumobstlagen erhoben.

Der Einfluss von Kupferspritzungen bei Schorf- und/oder Obstbaumkrebs-Behandlungen auf die Cu-Boden-gehalte am Obstbaumstreifen und mittig in der Fahrgassewird bei den Beprobungen von Prüfflächen berücksich-tigt. Die Probenzahl richtet sich nach der Verfügbarkeitvon Untersuchungsflächen (Abb. 2).

Es wurden ausschließlich Praxisbetriebe beprobt, um denrealen Gegebenheiten in den Obstbaubetrieben zu ent-sprechen.

2.2 Erhebung der Belastungsverteilung Die Probennahmen auf den Prüf-, Referenz- und Kon-trollflächen und die Bestimmung der bodenkundlichenParameter der gewonnenen Einzelproben erfolgten mitdem gleichen Methodeninstrumentarium, welches bereits

Niederelbe (Kehdinger Land)

3 –

Nordrhein-Westfalen

Niederrhein – 2Rheinland 1 1

Westfalen-Lippe 2 6

Rheinland-Pfalz

Ahrweiler (Ahrtal) 2 –

Pfalz 1 –Rheinhessen 1 1

Trier – 2

* Bei einigen der ausgewählten Standorte handelt es sich um ‚komplexe Lagen’: An diesen Standorten erfolgten bereits Beprobungen im Rahmen der durchgeführten Belastungs-erhebungen im Wein- oder Hopfenbau (siehe Abb. 1).

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Originalarbeit

Abb. 1. Darstellung einer ‚kom-plexen Lage’ im AnbaubereichBodensee mit Beprobungen inObstanlagen und auf Reb-flächen.

� �

Abb. 2. Beprobte Betriebe indeutschen Baumobstbaugebie-ten je Betrieb jeweils mindestenseine Prüffläche + aus der Nut-zung genommene Referenzflä-che + (naturbelassene) Kontroll-fläche zur Erfassung der Hinter-grundbelastung von Kupfer jeStandort.

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Originalarbeit

nventionell bewirtschafteten Prüfflächen.

Anbaugebiet Niederrhein

konventionelle Bewirtschaftung mit Herbizid im Unterstockbereich (Round up® 1,44 kg AS ha-1 a-1)

in den Veröffentlichungen der Belastungserhebungen imWein- und Hopfenbau beschrieben wurde (STRUMPF et al.,2011a, 2011b).

Damit ist ein Vergleich der Höhe der Belastungen undihrer Verteilung bei den einzelnen Dauerkulturen mög-lich und zugleich wird den Vorgaben des „Leitfadens zurKoordinierung der Monitoringaktivitäten der Untersu-chungen zum Belastungszustand von landwirtschaftlichgenutzten Flächen infolge von Anwendungen mit kupfer-haltigen Pflanzenschutzmitteln (Stand 26.04.2010)“ desBundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittel-sicherheit (BVL) entsprochen.

Neben den Angaben der beteiligten Betriebe zur Bewirt-schaftungsgeschichte der Flächen wurden auch die Pflan-zenschutzmaßnahmen geschuldeten Kupfer- und Schwe-feleinträge im Mittel der letzten zehn Jahre in den Ident-datenblättern festgehalten.

3 Ergebnisse und Diskussion

3.1 Versuchsauswertungen auf der Basis von Gesamt-gehaltenDie Auswertung der vorliegenden Daten führt zu eineraktuellen Zustandserhebung für die deutschen Baumobst-baugebiete auf der Basis des Verbleibs von Kupfer (Gesamt-gehalte) im Boden. Auf der Grundlage der bestimmtenGesamtgehalte können folgende Fragen beantwortet wer-den:

a) Belastungssituation in den einzelnen deutschen Baum-obstbaugebieten

b) Vergleich Belastungssituation ökologisch/konventio-nell bewirtschaftete Baumobstflächen

c) Einfluss von Kupferanwendungen auf die Bodengesamt-gehalte bei Baumzeilen und Fahrgassen

Eine andere Frage ist, welche Anteile der Gesamtgehaltebioverfügbar sind.

Abb. 3. Beispiele für freigehaltene Baumreihen von ökologisch und ko

Anbaugebiet Niederelbe

Ökologische Bewirtschaftung; 5x jährlich Kreiselmaschine am Baumstamm

Journal für Kulturpflanzen 64. 2012

3.2 Belastungssituation in deutschen Baumobstbau-gebietenVon Prüf- und Referenzflächen wurden die Kupfer-Gesamt-gehalte getrennt für die Bodenhorizonte 0–5 und 5–20 cmanalysiert.

Grundsätzlich gilt, dass beim Baumobstbau in Abhängig-keit der Bewirtschaftungsweise nur Unterschiede in derFreihaltung der Baumreihen bestehen (Abb. 3). Bei denökologisch bewirtschafteten Flächen wird der Baumstrei-fen durch oberflächennahe (0–5 cm) Bodenbearbeitung(Bodenwendung) mehrmals im Jahr bearbeitet, währendbei konventionell bewirtschafteten Flächen die Baumreihedurch Herbizidanwendungen freigehalten wird. Eine Aus-nahme bildet die Anlage von Pflanzbetten in Vorberei-tung von Neupflanzungen, wo einmalig eine tiefgründige(30–60 cm) Bodenbearbeitung erfolgt. Bei den dauerbe-grünten Fahrgassen findet keine Bodenbearbeitung statt.

Oft wird der Baumstreifen zur Niederhaltung uner-wünschter Begleitvegetation in der Vegetationsperiodeauch gemulcht. Dies führt zu einer Reduzierung des Bear-beitungsaufwandes und bewirkt zugleich eine gewünschteAnreicherung organischer Substanz im Bereich der Baum-streifen. Baumschnitt, Laub und Mahd bleiben auf derFläche, weshalb ein Entzug des applizierten Kupfers aus-geschlossen werden kann.

Die gezogenen Bodenproben wurden sowohl den Flä-chen auf dem Baumstreifen – welche an die dauerbegrün-ten Fahrgassen angrenzen, als auch mittig auf der Fahr-gasse entnommen. In beiden Fällen findet nur ober-flächennahe oder keine Bodenbearbeitung statt. Ausdiesem Grund kann angenommen werden, dass die ausKupferanwendungen resultierenden Gehalte in den oberen0–5 cm höher sind als in darunter liegenden Boden-schichten, da bis 20 cm Tiefe keine Verjüngung (Homoge-nisierung) stattfindet und Kupfer in den oberen Schichtenakkumuliert.

Die erhobenen Daten bestätigen im Trend diese An-nahme. Ein Vergleich der Kupfer-Gesamtgehalte in Probenvon Prüfflächen zeigt in allen Baumobstanbaugebieten

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Originalarbeit

erhöhte Kupfer-Gesamtgehalte im Bodenhorizont 0–5 cmgegenüber dem Bodenhorizont 5–20 cm. In der Summeentsprechen diese beiden Horizonte (0–20 cm) dem Le-bensraum der epi- und endogäischen Regenwurmarten(DIN ISO 23611-1). Die beobachteten Unterschiede sindjedoch nur in den Regionen Niederelbe (NL), Rhein-land-Pfalz (RP) und Westfalen-Lippe (WL) signifikantwenn man die Mittelwerte der Prüfflächen betrachtet. Be-trachtet man die Einzelproben, dann sind die Unterschiedezwischen den Bodenhorizonten in allen Regionen signifi-kant (Tab. 3). In den Anbaugebieten Bodensee (BO),Neckartal (NE) und Rheinebene (RE) wurden Flächen indie Belastungserhebung einbezogen, die in der Vornut-zung wein- und/ oder hopfenbaulich bewirtschaftet wur-den, was sich tendenziell in den geringeren Gehaltsunter-schieden zwischen beiden Bodenhorizonten zeigt.

Aus Abb. 4 und Tab. 3 ist ersichtlich, dass die Kupfer-Belastung in den einzelnen Anbaugebieten unterschied-lich hoch ist. Verantwortlich dafür sind Unterschiede inder Bewirtschaftungsdauer. Die höchsten Kupfergehalteweisen obstbaulich genutzte Böden im AnbaugebietNiederelbe auf. Die Unterschiede zwischen den einzelnen

Tab. 3. Mittelwerte der Anbaugebiete (Baumstreifen) deutsc5–20 cm (Ahrweiler (AW,), Bodensee (BO), Forchheim (FK), NecRheinland-Pfalz (RP) und Westfalen-Lippe (WL) in mg Cu/kg Bo

Anbau-gebiet

n Mittel-wert

Std. Abw.

PerzeMin 10% 25% 50

0–5 cm

AW 3 56,0 16,0 42,5 42,5 42,5 51

BO 22 50,6 20,3 24,0 29,3 33,6 50FK 3 63,0 20,2 40,5 40,5 40,5 68

NE 11 42,2 20,8 21,7 22,4 29,2 33

NL 16 73,5 30,3 23,9 39,3 52,2 61RE 2 38,1 3,0 36,0 36,0 36,0 38

RL 7 55,7 50,2 14,0 14,0 26,9 48

RP 7 39,3 11,2 24,3 24,3 26,0 39WL 16 56,8 37,2 9,4 11,0 28,1 47

5–20 cm

AW 3 31,3 14,0 20,9 20,9 20,9 25

BO 22 39,6 21,6 16,6 19,6 26,6 34FK 3 38,7 18,6 22,6 22,6 22,6 34

NE 11 32,5 20,2 14,2 14,6 18,9 27

NL 16 49,5 19,9 16,3 19,4 33,4 48RE 2 30,0 4,5 26,8 26,8 26,8 30

RL 7 33,3 20,9 10,2 10,2 17,3 35

RP 7 24,6 5,6 18,0 18,0 18,8 25

WL 16 25,0 13,5 6,6 8,5 10,6 24

* Flächentypen mit unterschiedlichen Buchstaben sind signifika** signifikante Unterschiede bezogen auf die Mittelwerte *; bezo

Anbauregionen sind mit Ausnahme der Paarung Nieder-elbe und Westfalen-Lippe im unteren Bodenhorizontjedoch nicht signifikant.

In die horizontabhängigen Gehaltsdaten fließen aus derFlächenhistorie resultierende Bodenbearbeitungen, wieVornutzungen (Wein- und/oder Hopfenbau), das Pflanz-jahr der Bäume (Vorbereitung von Neupflanzungen mittiefgründiger Bodenbearbeitung) und oft den Bewirt-schaftern nicht bekannte Bodenverschiebungen, ein. DieAufwandmengen an kupferhaltigen Pflanzenschutzmit-teln haben sich in den letzten Jahren zudem deutlich ver-ringert, weshalb auch die jährlichen Cu-Einträge auf denPrüfflächen deutlich niedriger sind und damit keinemessbare Erhöhung der Kupfermengen im Boden nach-weisbar ist.

3.3 Belastungsverteilung auf Prüf- und ReferenzflächenDie in Nutzung stehenden Baumobstflächen sind ein ech-ter Gradmesser für die Belastungsverteilung. In die Cu-Bodengesamtgehalte gehen der Zeitraum des Cu-Ein-trags durch Schorf- und Baumkrebs-Behandlungen (Teilder Flächenhistorie), die aktuelle Bewirtschaftungsweise

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her Baumobstbaugebiete für die Bodenhorizonte 0–5 cm undkartal (NE,), Niederelbe (NL), Rheinebene (RE), Rheinland (RL),den (TM). n = Flächenanzahl

ntile Vergleich zwischen Regionen

Tukey-Kramer* (α = 0.05)

Vergleich zwischen

Horizontent-test**

(α = 0.05)

% 75% 90% Max

,8 73,7 73,7 73,7 A

,3 59,4 88,9 101,1 A,8 79,6 79,6 79,6 A

,8 52,2 87,9 96,2 A

,9 99,0 120,7 141,0 A,1 40,2 40,2 40,2 A

,2 53,8 164,8 164,8 A

,8 51,4 53,7 53,7 A,1 77,1 120,2 136,4 A

,8 47,2 47,2 47,2 A B . o

,4 44,8 84,5 97,3 A B . o,6 59,1 59,1 59,1 A B . o

,1 39,3 77,9 85,9 A B . o

,0 68,4 76,2 81,6 A . o,0 33,2 33,2 33,2 A B * o

,0 42,5 72,4 72,4 A B . o

,1 30,0 32,3 32,3 A B * o

,2 37,4 45,1 45,3 B * o

nt verschiedengen auf die Einzelwerte Ο

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Originalarbeit

und Kulturführung sowie Bodenverschiebungen (Flur-bereinigungen und Flurneuordnungen) ein. Die aus derBewirtschaftung genommenen Baumobstbrachen (Refe-renzflächen) liefern einen Überblick über die Gesamtbe-lastungssituation und bilden ein Zeitfenster aus der Ver-gangenheit ab.

Die Säulenhöhe in Abb. 5 steht für die Häufigkeit, mitder Cu-Gehalte einer bestimmten Klassenzugehörigkeitin Bodenproben gemessen wurden. 70,7% bzw. 88,9%aller analysierten Proben der Bodenhorizonte 0–5 cmbzw. 5–20 cm von Prüfflächen liegen im Bereich bis60 mg Cu/kg TM Boden. 96,4% bzw. 96,0% aller analy-sierten Proben der Bodenhorizonte 0–5 cm bzw. 5–20 cmvon Referenzflächen liegen im Bereich bis 60 mg Cu/kgTM Boden.

Abb. 4. Mittelwerte der Einzelflächen und Boxplots der Kupfer-Gesamgebiete für die Bodenhorizonte 0–5 cm (a) und 5–20 cm (b) (Ahrweiler (ARheinebene (RE), Rheinland (RL), Rheinland-Pfalz (RP) und Westfalen-Lip

a) b

Obstanbaugebiete

Journal für Kulturpflanzen 64. 2012

Prüffläche, 0 - 5 cm Prüf

An t e il

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 Cu [mg / kg Boden]

0 20 40 60 80 100Cu [mg

Referenzfläche, 0 - 5 cm Refere

A n t e i l

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 Cu [mg / kg Boden]

0 20 40 60 80 100Cu [mg

Für die Bewertung der Belastungssituation im Baum-obstbau wurde der Bereich bis 60 mg Cu/kg TM Bodenzu Grunde gelegt, weil der für den vorsorgenden Schutzder Bodenfunktionen bei empfindlichen Nutzungenvorgesehene strenge Vorsorgewert nach § 8 Abs. 2 Nr.1 BBodSchG (ANONYM, 1998) für Kupfer diesem Wertbei der Bodenart Ton entspricht. Unabhängig davongilt für die landwirtschaftliche Bodennutzung § 17 Abs. 1BBodSchG.

Die Auswertung der ermittelten Belastungsverteilungführt in Verbindung mit den vorliegenden Identdaten-blättern zur 100jährigen Bewirtschaftungsgeschichte dereinzelnen Flächen zu folgendem Erkenntnisgewinn:

Jeweils nur Einzelproben des Oberbodens von Prüf-flächen lagen im Belastungsbereich 151–230 mg Cu/kg

tgehalte in Prüfflächen (nur Baumstreifen) deutscher Baumobstbau-W,), Bodensee (BO), Forchheim (FK), Neckartal (NE,), Niederelbe (NL),

pe (WL); (Mittelwerte der Anbaugebiete mit blauer Line verbunden).

)

Obstanbaugebiete

Abb. 5. Häufigkeitsverteilunggemessener Cu-Gesamtgehalte(mg Cu/kg TM Boden) in den Pro-ben der Prüfflächen (oben) undReferenzflächen (unten) bei einerKlassenbreite von 10 mg/kg.

fläche, 5 - 20 cm

0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30

120 140 160 180 200 220 240 / kg Boden] nzfläche, 5 - 20 cm

0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30

Ant

eil

120 140 160 180 200 220 240 / kg Boden]

Ant

eil

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THOMAS STRUMPF et al., Erhebung von Kupfergesamtgehalten …

446

Originalarbeit

TM Boden. Auf diesen Flächen wurden starke Gehalts-schwankungen nachgewiesen, was auf Bodenverschie-bungen in den letzten Jahrzehnten und vorherige lang-jährige wein- oder hopfenbauliche Nutzung dieser Flä-chen hindeutet. Stillgelegte Baumobstbrachen sind in die-sem Belastungsbereich nicht vertreten, da es sich oft umfür den Baumobstbau unwirtschaftliche Flächen handelt.Eine ähnliche Situation zeigt sich beim Bodenhorizont0–5 cm für den Belastungsbereich 101–150 mg Cu/kg TMBoden, wobei hier zusätzlich von langjährig nicht bewirt-schafteten alten Streuobstwiesen stammende Einzelpro-ben herrühren.

Belastungen des Oberbodens im Bereich 61–100 mgCu/kg TM Boden resultieren aus Bodenproben von über-wiegend dauerbewirtschafteten Baumobstflächen (≥ 100Jahre), welche eine ‚reine’ baumobstbauliche Nutzungwiderspiegeln.

Im Bodenhorizont 5–20 cm wurde jeweils nur eine Probebei Prüf- und Referenzflächen mit Gesamtgehalten von> 181 mg Cu/kg TM Boden nachgewiesen. Die Gesamt-gehalte bei Prüf- und Referenzflächen in Abb. 5 könnenmit einer Log-Normalverteilung abgebildet werden.

Die im Ergebnis der durchgeführten Kupferbelastungs-erhebungen im Königswasserextrakt ermittelten Gesamt-gehalte auf ökologisch oder konventionell bewirtschaf-teten Prüfflächen des Wein- bzw. Hopfenbaus lagen imMittel aller beprobten Flächen bei 102 mg Cu/kg BodenTM bzw. 81 mg Cu/kg Boden TM (STRUMPF, 2010b). ImBaumobstbau sind die bestimmten Gesamtgehalte imMittel aller beprobten Flächen deutlich niedriger. Bei vie-len der beprobten Baumobstflächen liegen die im Königs-wasserextrakt gemessenen Gesamtgehalte in der Größen-ordnung der Hintergrundbelastung von Kupfer der jewei-ligen Standorte (Tab. 4 in Verbindung mit Abb. 6), unab-hängig davon, ob diese zurzeit ökologisch oder konven-tionell bewirtschaftet werden.

Tab. 4. Kupfer-Gesamtgehalt als Minimal-, Maximal-, Mittelwflächen (RF) in deutschen Baumobstanbaugebieten für die Bod

Horizont/ Flächen-typ

n Mittelwert Std. Abw. Min 10% 25%

0–5 cm

PF 87 54,7 29,5 9,4 25,1 33,

RE 37 31,6 15,9 10,1 16,4 18,KO 48 24,2 11,4 8,5 10,6 15,

5–20 cm

PF 87 35,6 19,5 6,6 16,3 20,

RE 39 27,9 15,0 9,6 14,7 17,KO 49 24,2 12,6 6,2 10,8 14,

* Tukey-Kramer: Flächentypen mit unterschiedlichen Buchstaben

Wie sich aus den Befragungen der Bewirtschafter undin Auswertung der gewonnenen Daten ergab, sind dienachgewiesenen hohen Kupfer-Bodengehalte (siehe Maxi-malwerte) in der Regel nicht dem Baumobstbau geschul-det, sondern beruhen auf einer vorherigen langjährigenwein- oder hopfenbaulichen Nutzung dieser Flächen.Dies dokumentiert sich auch darin, dass bei Referenz-flächen die Gehaltsdaten im Unterboden höher sind, ob-wohl diese Flächen seit Jahrzehnten einer wein- oderhopfenbaulichen Nutzung entzogen sind (früher: hoheKupferaufwandmengen, tiefgründige Bodenbearbeitung,Flurbereinigungen etc.).

Dies bedeutet, dass hohe Kupfergaben aus der Vergan-genheit resultieren und hauptverantwortlich für die Höheder jetzt vorhandenen Belastungsspitzen (ermittelteGesamtgehalte ≥ 100 mg Cu/kg Boden TM) eindeutig ausder wein- und/oder der hopfenbaulichen „Vorgeschichte“der Zielflächen resultieren.

Der Vergleich zwischen Prüf-, Referenz und Kontroll-flächen zeigt, dass die gemessenen Kupferkonzentratio-nen im Mittel deutlich über denen der Referenz- undKontrollflächen liegen. Diese Unterschiede sind im oberenBodenhorizont (0–5 cm) signifikant, im unteren dagegennur für die Kontrollflächen signifikant (Tab. 4). ZwischenReferenz- und Kontrollflächen bestehen für beide Boden-horizonte keine signifikanten Unterschiede, wobei dieReferenzflächen tendenziell höhere Cu-Gehalte aufweisen.

Die signifikant erhöhten Werte im Oberboden derPrüfflächen, lassen darauf schließen, dass die andauerndeApplikation von kupferhaltigen Pflanzenschutzmittelnauf diesen Flächen zu einer Anreicherung im oberenBodenhorizont geführt hat. Da in den betrachteten Flächenkeine Bodenbearbeitung praktiziert wurde, sind die Kup-fer-Applikationen im unteren Bodenhorizont (5–20 cm)nicht so stark bemerkbar. Die beobachteten Unterschiedesind trotzdem signifikant.

Journal für Kulturpflanzen 64. 2012

ert und Perzentile bei Kontroll- (KO), Prüf- (PF) und Referenz-enhorizonte 0–5 cm und 5–20 cm

Perzentile Vergleich zwischen Flächentypen

Tukey-Kramer* (α = 0.05)

50% 75% 90% Max

7 50,6 65,1 101,4 164,8 A

7 26,8 40,1 58,1 71,0 B6 23,1 29,7 43,1 55,5 B

9 32,1 42,5 66,7 97,32 A

7 23,7 33,2 46,1 76,2 B3 21,7 33,4 43,5 51,6 B

sind signifikant verschieden

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THOMAS STRUMPF et al., Erhebung von Kupfergesamtgehalten …

447

Originalarbeit

3.4 Einfluss der Bewirtschaftungsdauer auf Cu-Gesamt-gehalteKupfer kann im Boden nicht abgebaut werden und reichertsich an, wenn die jährlich aufgebrachte Kupfermengeden jahresdurchschnittlichen Entzug über Erntegut über-steigt. Diese Tatsache wird auch mit den durchgeführtenBelastungserhebungen durch die in Abb. 6 dargestelltetendenzielle Anreicherung von Kupfer in Böden von Prüf-flächen für den Bodenhorizont 5–20 cm in Abhängigkeitder Nutzungsdauer bestätigt.

In dem vorliegenden Stichprobenumfang von 87 Prüf-flächen fließen aus der Flächenhistorie resultierendeBodenbearbeitungen, wie Vornutzungen (Wein- und/oderHopfenbau), das Pflanzjahr der Bäume (Vorbereitung vonNeupflanzungen mit tiefgründiger Bodenbearbeitung) undoft den Bewirtschaftern nicht bekannte Bodenverschie-bungen, ein. Die Nutzungsdauer der Baumobstflächenresultiert aus den Angaben der jeweiligen Bewirtschafter.Die Einbeziehung anderer Obstbaubetriebe bzw. eingrößerer Erhebungsumfang würden sicher eine differen-ziertere Aussage zur Kupferanreicherung im Zeitverlauferlauben; im Ergebnis aber zu tendenziell vergleichbarenAussagen führen.

Der in Abb. 7 gezeigte Anstieg der Kupfer-Gesamtgehal-te lässt darauf schließen, dass kontinuierliche Kupfer-applikationen mit ansteigender Bewirtschaftungsdauer zueiner Bodenanreicherung geführt haben. Die gezeigtenAbhängigkeiten sind für beide Bodenhorizonte signifikant(p > 0.05). Bei Prüfflächen, die erst seit 40 Jahren in obst-baulicher Nutzung sind, wurden Gesamtgehalte analysiert,

Bodenhorizont , 0 - 5 cm Bode

0 20

40

60

80

100 120 140 160

Cu

[mg/

kg T

M B

oden

]

KO PF RE 0

20 40 60 80

100 120 140 160

KO

Cu

[mg/

kg T

M B

oden

]

Journal für Kulturpflanzen 64. 2012

Bodenhorizont, 0 - 5 cm Bod

0 20 40 60 80

100 120 140 160

Cu

[mg/

kg B

oden

]

0 20 40 60 80 100 120 Bewirtschaftungsdauer [Jahre]

C u = 32 , 07994 + 0 , 5126259*D, r 2=0,26

0

20

40

60

80

100

0 20 Be

Cu = 20,174

Cu

[mg/

kg B

oden

]

die unter 40 mg Cu kg TM Boden liegen. Dies ist darauf zu-rückzuführen, dass die Aufwandmengen an Cu-Präparatenin den letzten Dekaden deutlich zurückgegangen sind.

Es bleibt somit noch der Frage nachzugehen, über wel-chen Zeitraum wie viel Kupfer auf den Prüfflächen appli-ziert wurde. Bei langjähriger obstbaulicher Nutzung (ins-besondere ≥ 100 Jahre) liegen dazu keine Angaben vor.Aus aktuellen Informationen geht hervor (PALM, 2011),dass von 1960 bis 1980 bis zu 12 kg Kupfer pro Hektarund Jahr im Baumobstbau zur Bekämpfung von Schad-erregern eingesetzt wurden. Für das Anbaugebiet Nieder-elbe sind die von PALM und Mitarbeitern für den Zeit-raum 1960 bis 2010 ermittelten Kupferaufwandmengenin Tab. 5 zusammengefasst. Diese im Vergleich zum Wein-bau (bis zu 50 kg Cu pro Jahr und Hektar von 1890 bisetwa 1940) und Hopfenbau (bis zu 60 kg Cu pro Jahr undHektar von 1924 bis etwa 1965) relativ niedrigen Auf-wandmengen spiegeln sich auch in unseren Analysen-befunden wider. In den ‚klassischen’ Obstanbaugebietenweisen die beprobten Prüfflächen deutlich geringere Cu-Bodengesamtgehalte im Vergleich zu denen des Wein-und Hopfenbaus auf.

3.5 Schwermetallbelastungen auf den BeprobungsflächenIm Gegensatz zu den bereits durchgeführten Belastungs-erhebungen im Wein- und Hopfenbau (STRUMPF et al.,2011a, 2011b), wo für anthropogen eingetragene Schwer-metalle bei Prüf- und Referenzflächen Belastungsspitzenunterschiedlicher Höhe nachgewiesen wurden, die aufBodenbearbeitung und/oder -verschiebung im Rahmen

Abb. 6. Mittelwerte der Einzel-flächen und Boxplots der Kupfer-Gesamtgehalte in Kontroll- (KO),Prüf-(PF) und Referenzflächen (RF)in deutschen Baumobstanbau-gebieten für die Bodenhorizonte0–5 cm und 5–20 cm.

nhorizont , 5 - 20 cm

PF RE

Abb. 7. Abhängigkeit des Kup-fergehalts in Böden von Prüf-flächen von der Nutzungsdauerauf der Grundlage der Cu-Ge-samtgehalte für den Bodenhori-zont 0–5 cm und 5–20 cm alsMittelwerte jeder Prüffläche

enhorizont, 5 - 20 cm

40 60 80 100 120 wirtschaftungsdauer [Jahre] 445 + 0,3405492*D, r2 =0,27

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THOMAS STRUMPF et al., Erhebung von Kupfergesamtgehalten …

448

Originalarbeit

von Flurbereinigungen zurückzuführen sind, unterscheidensich die Gesamtbodengehalte von analysierten Schwer-metallen zwischen beprobten Prüf-, Referenz- und Kon-trollflächen nicht (Abb. 8). Dies zeigt, dass Flurbereini-gungen/-neuordnungen im Baumobstbau von untergeord-neter Bedeutung sind (nicht so hohe Gesamtgehalte wieim Wein- und Hopfenbau).

Neben Kupfer wurden in die Böden der Baumobstlagenweitere Schwermetalle (As, Cr, Pb, Zn und V) eingetra-gen. Über die aus der früheren Anwendung schwermetall-

Tab. 5. Einsatz von Kupfer im Kernobst im Alten Land/NiedereJork 2011)

Jahr Anzahl Spritzungen mit Kupfer pro Jahr

Produkt kg/ha pro Jahr

1960 3,2 28,8

1970 3,2 28,8

1980 3,0 27,01990 2,8 25,2

2000 2,5 18,8

2010 2,0 6,0

* Apfel und Birne

0 5

10 15 20 25 30

KO PF RE 0

20

40

60

80

100

KO

0

25

50

75

100

125

KO PF RE 10 2030405060708090

100 110

KO

025 50 75

100 125 150 175 200 225 250

KO PF

Pb (m

g/kg

Bod

en)

As

(mg/

kg B

oden

)

Cr (m

g/kg

Bod

en)

V (m

g/kg

Bod

en)

Zn (m

g/kg

Bod

en)

haltiger Pflanzen- und Holzschutzmittel resultierendenEinträge auf Sonderkulturflächen wurde bereits berichtet(STRUMPF et al., 2011b).

Früher und auch teilweise heute erfolgt(e) die Kulturder Obstbäume mit Holzpfählen. Sehr oft waren die Hölzerbis in die 70er Jahre zum Schutz gegen zerstörende Pilzeund Insekten mit Kupfer-Chrom-Arsenaten (Cu-Cr-As) oderKupfer-Zink-Arsenaten (Cu-Zn-As) imprägniert, währendheute Teeröle bei der Fußimprägnierung der Holzpfähledominieren.

lbe von 1960–2010 (nach G. PALM, Esteburg Obstbauzentrum

Kupfer kg/ha pro Jahr

Produkte für Kernobst* im Alten Land/Niederelbe in

Tonnen bei Anbaufläche

12,96 ca. 286 (9938 ha)

12,96 ca. 310 (10809 ha)

12,15 ca. 265 (9873 ha)11,34 ca. 235 (9317 ha)

8,44 ca. 160 (8680 ha)

2,70 ca. 52 (8680 ha)

Journal für Kulturpflanzen 64. 2012

Abb. 8. Mittelwerte der Einzel-flächen und Boxlots von analy-sierten Schwermetallgehalten aufallen beprobten Flächen für denBodenhorizont 5–20 cm (Mittel-werte der Fächentypen mit blau-er Line verbunden).

PF RE

PF RE

RE

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THOMAS STRUMPF et al., Erhebung von Kupfergesamtgehalten …

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Originalarbeit

Heute tragen verzinkte Stahlkonstruktionen Netze zurAbhaltung der Kirschfruchtfliege oder dienen als Hagel-schutz. Vanadium wird oft in Legierungen in Verbindungmit Eisen eingesetzt.

In welcher Form die komplexen Metallverbindungenmit den Bodenbestandteilen vergesellschaftet sind, wiehoch ihre Bioverfügbarkeit ist und ob additive, synergis-tische oder antagonistische Effekte auf die Regenwurm-zönose einwirken, bedarf weiterführender Untersuchun-gen und kann nicht im Rahmen dieser Studie geklärtwerden.

Auffallend sind die höheren Zinkgehalte auf allen Flä-chentypen, welche im Mittel für Prüf- 68 mg Zn/kg BodenTM, Referenz- 77 mg Zn/kg Boden TM und Kontroll-flächen 76 mg Zn/kg Boden TM betragen. Auch bei Bleiwurden im Mittel aller beprobten Flächen Gehalte nach-gewiesen (Prüf- 38 mg Pb/kg Boden TM, Referenz- 41 mgPb/kg Boden TM und Kontrollflächen 43 mg Pb/kg BodenTM), die über den Erwartungswerten liegen.

Im Ergebnis der Auswertung zeigte sich, dass die höherenMittelwerte für Zn und Pb in Abb. 8 auf sehr hohe Gehaltean einem einzigen Standort zurückzuführen sind. Nachder Bewirtschaftungshistorie der Lage sind landwirtschaft-lich bedingte Einträge – zumal in dieser Größenordnung– unwahrscheinlich. In dieser Region wurden im Mittel-alter u.a. Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS) und Weiß-bleierz (PbCO3) abgebaut und wahrscheinlich der überden Erzgängen liegende Oberboden großflächig abgetra-gen, womit die hohen Zink- und Bleibelastungen in bei-den Bodenhorizonten erklärbar wären. Die für den Boden-horizont 5–20 cm bei der Prüf- und Referenzfläche be-stimmten prozentualen Zink- und Bleiverfügbarkeitenbetragen im NH4NO3-Extrakt nur 0,01% (bei Boden pH-Werten von 6,9 bzw. 7,1). Dies liegt in der Größenord-nung bestimmter prozentualer Elementverfügbarkeitenbei einem historisch definierten Kupferschieferhaldenbo-den aus der Gemarkung Hettstedt (STRUMPF et al., 2010a)und spricht für das Vorliegen geogen bedingter hoherHintergrundgehalte.

3.6 Einfluss von Kupferanwendungen auf die Boden-gehalte bei Fahrgassen und PflanzreihenNeben der Fragestellung, ob die Verteilung der Kupferge-halte auf der Prüffläche homogen oder inhomogen ist undwas mögliche Ursache bei nachgewiesenen Inhomogeni-täten sein kann, ist zu prüfen, ob signifikante Unterschiedebei den Cu-Bodengehalten aus Proben, die auf demBaumstreifen entlang den Pflanzreihen gezogen wurdenund solchen, die aus dem mittleren Bereich der Fahrgassenneben dem dritten und fünften Beprobungspunkt derBaumobstreihen entnommen wurden, nachgewiesen wer-den können.

In das in Abb. 9 dargestellte Ergebnis fließen ökologischund konventionell bewirtschaftete Prüfflächen ein. In denAnbaugebieten Bodensee (BO) und Niederelbe (NL) domi-nierten bei der Flächenauswahl ökologisch bewirtschaf-tete; im Anbaugebiet Westfalen-Lippe (WL) wurden vor-rangig konventionell bewirtschaftete Prüfflächen in dieBelastungserhebung einbezogen, während in den übrigen

Journal für Kulturpflanzen 64. 2012

Anbaugebieten beide Bewirtschaftungsweisen gleicher-maßen berücksichtigt wurden.

Die Gesamtkupfergehalte in der Fahrgasse unterschei-den sich nicht von den Gehalten auf dem Baumstreifen.Statistisch konnten keine signifikanten Unterschiede gesi-chert werden. Kupferapplikationen erfolgen zielgerichtetauf die Blätter. Nach Regenereignissen und Laubfall kön-nen Kupferanteile zwischen die Bäume und auf die Fahr-gassen gelangen. Dies führt bei fehlender Bodenbearbei-tung ebenfalls zu einer Nivellierung der Kupfer-Boden-gesamtgehalte auf der Fläche.

Die hohe Streuung bei dem Fahrgassenwert 0–5 cm imAnbaugebiet Bodensee resultiert aus einem Einzelwert inHöhe von 551 mg Cu/kg Boden TM, welcher nicht mit inder Vergangenheit applizierten Cu-Aufwandmengen odererfolgten Bodenverschiebungen innerhalb der Flächeerklärbar ist. Aus der Vogelperspektive von Abb. 1 erkenntman, dass dieser Standort von später angelegten Straßenund Wirtschaftswegen durchzogen ist und neben derBaumobstbauprüffläche ein asphaltierter Wirtschaftswegangelegt wurde. Nach Angaben des Bewirtschafters wirddie gewählte Prüffläche seit 1960 obstbaulich genutztund seit 1990 ökologisch bewirtschaftet. Bis zum 2. Welt-krieg stand auf dieser Fläche Hopfen.

Es ist anzunehmen, dass die oben genannte Fahrgassen-probe ein echter ‚Vorort hot spot’ ist, welcher in der Ver-gangenheit entstanden sein muss (z.B. langjährige Auf-bringung von Kupferrestbrühen). Bei Vorliegen tiefgrün-diger Bodenverschiebungen wären in etwa gleiche Kup-fergesamtgehalte bei beiden Bodenhorizonten zu erwar-ten gewesen. Die prozentualen Kupferverfügbarkeiten imNH4NO3-Extrakt liegen in der für bewirtschaftete Flächentypischen Größenordnung; erwartungsgemäß sind beihohen Belastungen höhere bioverfügbare Gehalte nach-weisbar.

Im Ergebnis der Erhebung des Ist-Zustandes der kultur-abhängigen Kupferbelastungen beim Baumobstbau kön-nen die Hinweise zur Umsetzung der Monitoringaktivitä-ten zum Belastungszustand von landwirtschaftlich genutz-ten Flächen infolge von Anwendungen mit kupferhal-tigen Pflanzenschutzmitteln wie folgt präzisiert werden:Es empfiehlt sich getrennte Beprobungen für 0–5 cm und5–20 cm Bodentiefe zur Ermittlung der Kupfergehaltevorzunehmen.

4 Schlussfolgerungen

Die gewonnene Datenbasis zur Auswahl geeigneter Erhe-bungsflächen beruht auf einer repräsentativen Erfassungder Belastungsverteilung und der Expositionsabschätzungan 52 ausgewählten Standorten unterschiedlich langerNutzung und unterschiedlicher Belastungshöhe.

• Die Häufigkeitsverteilung gemessener Cu-Gesamtge-halte (mg Cu/kg Boden TM) in den Proben der Prüf-und Referenzflächen deutscher Baumobstbaugebietewurde für die Bodenhorizonte 0–5 cm und 5–20 cmbei einer Klassenbreite von 10 mg/kg bestimmt.

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Originalarbeit

• Ein Vergleich der prozentualen Häufigkeitsverteilunganalysierter Gesamtgehalte bei Prüf- und Referenz-flächen zeigt, dass im Gehaltsbereich 10–100 mg Cu/kg TM Boden vergleichbare Häufigkeitsverteilungennachgewiesen wurden. Während bei Prüfflächen 70,7%bzw. 88,9% aller analysierten Proben der Boden-horizonte 0–5 cm bzw. 5–20 cm im Bereich bis 60 mgCu/kg TM Boden liegen, sind dies bei Referenzflächen96,4% bzw. 96,0%.

• Wie sich aus den Befragungen der Bewirtschafter undin Auswertung der gewonnenen Daten ergab, sindnachgewiesene hohe Kupfer-Bodengehalte nicht demBaumobstbau geschuldet, sondern beruhen auf einervorherigen langjährigen wein- oder hopfenbaulichenNutzung auf diesen Flächen. Dies dokumentiert sichauch darin, dass bei Referenzflächen die Gehalte imUnterboden höher sind, obwohl diese Flächen seitJahrzehnten einer wein- oder hopfenbaulichen Nut-zung entzogen sind (früher: hohe Kupferaufwand-mengen, tiefgründige Bodenbearbeitung, Flurbereini-gungen etc.).

• Aus den Analysedaten ergibt ein Vergleich der Mittel-werte der Kupfer-Gesamtgehalte in Proben von Prüf-flächen, dass in den Baumobstanbaugebieten erhöhteKupfer-Gesamtgehalte in dem Bodenhorizont 0–5 cmgegenüber dem Bodenhorizont 5–20 cm vorliegen.Aufgrund der Streuung sind die Unterschiede unterstatistischen Gesichtspunkten jedoch nicht immer sig-nifikant.

• Neben Kupfer wurde auf Prüf- und ReferenzflächenAs, Cr, Pb, Zn, und V eingetragen. Die Gehalte an diesen

Abb. 9. Vergleich der Mittelwerte von Cu-Bodengehalten auf Baumstn = Anzahl Probenpaare.

Schwermetallen in den beprobten Böden resultierenaus der Bewirtschaftungshistorie der Baumobstlagen.Die mittleren Gesamtbodengehalte von analysiertenSchwermetallen bei beprobten Prüf-, Referenz- undKontrollflächen unterscheiden sich nicht. Bei Kupferliegen die Mittelwerte für Prüfflächen bei 35 mgCu/kg Boden TM, Referenzflächen bei 27 mg Cu/kgBoden TM und Kontrollflächen bei 24 mg Cu/kg BodenTM im Bodenhorizont 5–20 cm. Dies zeigt, dass Flur-bereinigungen/-neuordnungen im Baumobstbau vonuntergeordneter Bedeutung sind.

• Sowohl bei ökologischen als auch bei konventionellenBewirtschaftungsweisen werden heute die eingesetztenKupfermengen auf das absolute Minimum beschränkt,das notwendig ist, um die gewünschte Wirkung zu er-zielen. Auf die Bewirtschaftungsweisen zurückzufüh-rende Belastungsunterschiede sind nicht nachweisbar.Der Stichprobenumfang der Proben aus konventionel-lem Anbau ist für einen aussagefähigen Vergleich indieser Studie auch zu gering.

5 Vorschlag für ein weiteres Vorgehen

Nach Vorliegen der Ergebnisse zu der Erfassung der Be-lastungsverteilung und der Expositionsabschätzung allerbeprobten Baumobstlagen werden zwei bis drei geeigneteLagen vorgeschlagen, wo ein biologisches und chemischesMonitoring durchgeführt wird. Je Standort sollen ökolo-gisch und/oder konventionell bewirtschaftete Prüfflächen,eine seit längerem aus der Nutzung genommene Baum-

reifen und Fahrgassen für die Bodenhorizonte 0–5 cm und 5–20 cm.

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Originalarbeit

obstfläche mit Kupferaltlast (Referenz, positive Kontrolle)und eine Fläche ohne anthropogene Kupferbelastung(negative Kontrolle) untersucht werden. Im Rahmen die-ses Monitorings soll das Artenvorkommen von Lumbrici-den an den verschiedenen Standorten per Austreibungund Handsammlung erfasst werden.

Auf der Grundlage einer ganzheitlichen Bewertungs-matrix werden den Zulassungsbehörden auf Basis identi-fizierter Kriterien wie Jahr der Flurgestaltung, Nutzungseit Jahren, Kupfergesamtgehalte und mobile Gehalte inNH4NO3- und CaCl2-Extrakten, mg Cu/kg Boden (TM),inklusive jährlicher Cu-Einträge durch Pflanzenschutz-mittel, Bewirtschaftung/Begrünung, Bodenart, organischeSubstanz (%) und unter Berücksichtigung der geographi-sche Lage (Klima) Vorschläge zur Auswahl von geeignetenMonitoringflächen unterbreitet.

Dabei sollten Baumobstbaustandorte präferiert werden,bei denen auch geeignete Referenz- und Kontrollflächenvorhanden sind. Auf letzteren sollte möglichst keine Boden-bearbeitung stattfinden, z.B. Streuobstwiesen, Grünland,um einen störenden Einfluss von Bearbeitungsmaßnah-men auf Abundanzen und Biodiversität der Regenwurm-zönose ausschließen zu können.

Die entwickelte Methodik zur Auswahl von Beprobungs-flächen auf Grundlage der vorgelegten Bewertungsmatrixist zugleich ein wichtiger Baustein in Realisierung derRichtlinie der Kommission 2009/37/EG vom 23. April2009 (Auflage von Programmen zur Überwachung gefähr-deter Gebiete durch Zulassungsinhaber) in Deutschlandund kommt der Forderung der Kommission nach einemzulassungsbegleitenden Monitoring nach, damit auf derGrundlage aktueller Daten zu nicht erwünschten Auswir-kungen eine abschließende Entscheidung zum Verbleib(ggf. mit Auflagen) oder zur Streichung kupferhaltigerVerbindungen im Anhang I der Richtlinie 91/414/EWGerfolgen kann.

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Danksagung

Die Autoren danken Frau Ursula STENDEL und Frau CatrinVETTER für ihre technische Assistenz bei den durchgeführ-ten Laboruntersuchungen mit den gesammelten Baum-obstbodenproben.

Literatur

ANONYM, 1998: Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenverände-rungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutz-gesetz – BBodSchG) vom 17. März 1998, BGBl. I S. 502.

BAUCHHENSS, J., G. ROSSBAUER, 1988: Bodenfruchtbarkeit in Hopfen-gärten – festgestellt anhand des Regenwurmbesatzes. Hopfen-Rundschau 44-45.

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