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NYSYPA MICKMORLEY, Human

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NYSYPA

MICKMORLEY, Human

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Photography should NOT be Put in to a Cornerit should be the image you should critizise, not the position

Oh what a Grapit should be me, mankind and some others

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3NEW YORK 07-43SYRIEN 44-67PARIS 68-87

ALL IMAGES ©TEXTS http://www.landor.com/index.cfm?do=thinkingarticle&storyid=771 S. 5Das digitale Bildvergessen, Fernanwesende Bildkommunikation in Echtzeit., Schelske, Andreas, 2005. S. 7, 9Eine Geschichte meiner Gedanken an einem Donnerstag S. 11Kleine europäische Kunstgeschichte S. 13, 15HYPE - Kunst und Geld, Piroschka Dossi (Autor) S. 17, 19Kunstaspekte - Lebenskunst als Real Life S. 21Jojo Jamana S. 23Norbert Tomasi - Storytelling ufg Linz S. 25, 27, 29, 31, 33, 35, 37, 39, 41Ikonologie nach Panofsky S. 43, 45, 47Susan Sontag, Moholy - Nagy S. 49, 51Weihnachtstag 2009 S. 53, 5521.07.03 S. 5714.05.10 S. 59Das Kunstverhältnis S. 61http://www.foto8.com/new/online/blog/903-andreas-gursky-interviewed S. 63, 65, 67, 69http://www.happyphoton.de/2010/04/14/fotografie/interview-mit-fotograf-severin-koller/ S.71,73,75Interview mit Bilderbuch S. 77, 79, 81, 83InterviewmitMatthiasHoffmann S.85Interview mit Christoph Bieber S. 87

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It is just an AppleDigital, Metro New York

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5NEWYORK

1 Creates desireGreat design delivers sheer aesthe-tic pleasure. It sparks the imaginati-on and inspires that “gotta have it” feeling. Through their pure style and bold simplicity, Bell & Ross designs evoke the era of early aviation and underscore the company motto: “The essential is never compromised by thesuperfluous.”

2 Communicates preciselyGreat design distils an idea down to its most basic visual properties. It overcomes barriers of language and culture by being uncomplicated and uncluttered.TheI♥NYmarkisclever,concise,andiconic, with no extraneous elements. The substitution of a heart for the word love has become a universal, much-imitated symbol.

3 Considers the planetResponsible design is no longer opti-onal. Great design is environmentally conscious and can influence audien-ces to make sustainable choices.One Degree simply conveys the idea that each of us can make a diffe-rence. What’s more, its message is carried by a logo and communication materials specifically designed forsustainable printing techniques.

4 DifferentiatesGreat minds don’t think alike, and great design stands out from the crowd. It challenges the norm, the prevailing aesthetic, and even the client. In a world of oil companies re-presented by shields and initials, BP went beyond petroleum to reinvent the visual language of the forecourt.

5 Enhances the experienceGreat design makes good products even better. Ergonomics support hu-man dignity, and beautiful aesthetics gratify the senses.Bang & Olufsen demonstrates design genius that comes from the hands of designers, not from consumer re-search. Its products exemplify unique elegance, inspired functionality, and impeccable attention to detail.

6 Tell a storyGreat design tells a great story. Eve-ry element helps the story unfold; every functional aspect advances the plot. Muji embodies minimalism and restraint, expressing the compa-ny philosophy, “This is enough.” Each product speaks volumes about this ethic through understated design, muted colours, and the absence of a logo.

7 EntertainThe best wit always contains truth, and a sideways look can engage and delight an audience. Playful ideas lin-ger in the mind, bring a smile to the face, and make design more memo-rable. Good Company’s light-hearted parody of business culture resonates with and brightens the day of the overstressedcorporatecoffeedrinker.

8 EnduresFads come and go, but great design is timeless. It matures and becomes more distinguished with age.The Coca-Cola signature was crea-ted by the company bookkeeper and based on the familiar cursive hand-writing of its age. What may have looked commonplace at the time has since risen to icon status.

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The Future becomes Reality just for meDigital, Hotel near Times Square

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These 1: mehr digitale Bilder, weniger Bedeutung, mehr Individuum, weniger Kollektiv.

Ihre Interpretation basiert auf keiner Konvention. Wechselt der Kontext, der Raum, die Gesellschaft, das Indi-viduum, das Licht oder irgendeine an-dere Randbedingung, ändert sich oft auch die Interpretation des Bildes. Fotografien,digitaleundanalogher-stellte Bilder sind immer interpreta-tionsoffeneZeichen–alleslässtsichin sie hineininterpretieren. Kein Bild archiviert Bedeutungen (vgl. Schelske 1998).

„Die Reproduktionstechnik löst das Reproduzierte aus dem Bereich der Tradition ab“ (so formulierte Walter Benjamin 1936.

Die stark individualisierten Men-schenmassen sehen sich überfordert, den Deutungsanspruch der Bilder noch gerecht zu werden.

Bei Bedeutungslosigkeit ist die Kon-sequenz folgende: Die Akteure drän-gen auf immer stärker beeindrucken-de Bilder, um genau das Kollektiv zu initialisieren, dem die Bedeutung des Bildes nachhaltig erinnerbar nach-hängen soll.

wie z.B. www.photoblogs.org/ oder www.photofriday.com.

These 2: Digitale Bilder kommunizieren, analoge Bilder erinnern.

Den digitalen Bilddaten gehört die Zukunft; den analogen BilddatengehörtdieVergangenheit–auchzu-künftig.DasfotografischeBildwurdenach Benjamin nicht angebetet oder verehrt; es sollte nicht der Erinne-rung, sondern der Kommunikation ge-sellschaftlicher Realität dienen. Die Objektivität fotografischer Bil-der sollte die soziale Realität und soziale Konnektivität (Beziehung untereinander) sowohl erzeugen als auch mitteilen.Dort im Archiv wartete das Foto auf seine Erinnerung, worin seine Funkti-onbisheuteliegt–dieLichtbildnereiist ein Archivierungsmedium. Die Digitalisierung der Fotografiedient nicht der Erinnerung, sondern sie dient der Kommunikativität. Das digitale Bilder kommuniziert also

dort dialogisch, wo das analoge Bild nur erinnern sollte. Die Bildkommunikation steht hier am Scheidepunkt zwischen den Bildern, die etwas aktuell kommunizieren, und den Bildern die etwas erinnern helfen. Die Bilder der Kommunikati-on sind digital, indessen die Bilder des Archivs analog bewahrt werden. DieDifferenzzwischendigitalenundanalogen Bilddaten polarisiert die gesellschaftliche Praxis. Analoge Bilddaten scheuen das Licht, die Bewegung, den Gebrauch. Ihr Er-innerungspotential bedarf der wohl temperierten Ruhe, wie Fotoarchiva-re oft betonen.

Das digitale Bild dient der schnel-len,flüchtigenKommunikation.NichtKonstanz, sondern Vergessen ist das Prinzip digitaler Bilddaten.

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Honest LoveDigital, Park

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Insofern ist die Gefahr gebannt, die Umberto Eco heraufnahen sah, wenn er schrieb: „Heute besteht die Ge-fahr, dass sechs Milliarden Menschen sechs Milliarden verschiedener En-zyklopädien haben, sich überhaupt nicht mehr verstehen.“ (Eco 2004)

These 3: Digitale Vergessenstechnik

Für das Computersystem existieren keine Bilder. Es verarbeitet binäre Daten. Ob die Daten beispielsweise Bilder, Schrift oder Ton beinhalten, weiß oder reflektiert das Compu-tersystem nicht. Hinter den Kürzeln jpeg,bmp,tiff,tga,pcyusw.verber-gen sich Dateiformate, die zur kom-primierenden, digitalen Speicherung von Bildern verwendet werden kön-nen.GegenüberdemMikrofilmodersäurefreiem Papier mit einer Halt-barkeit von bis zu 500 Jahren ist die Digitalisierung von Bilddaten eine

Technik des Vergessens. Jedes Bild, das nur als binäres Dateiformat exis-tiert,gehörtinabsehbarerZeitderunwiderruflichen Vergessenheit, derLesmosyne.

4. These: Fotografen werden humane Biofilter der bildhaften Erinnerungsproduktion

Wer erinnern will, muss etwas für seine Erinnerung tun.

Nur dann, wenn ein Bild etwas an-deres als die beschreibenden Worte verrichtet, erfüllt sich dem Rezipien-ten die Bilderfahrung, die als Leis-tung dem Fotografen zuzurechnen ist. Dem Fotograf obliegt es deshalb, ein professioneller Wissensarbeiter des visuell kommunikativen Wissens, also des ikonischen Wissen zu sein. Denn er ist es, der per Erfahrung und Entscheidung darüber wacht, was

sich inZukunftanvisuell kommuni-kativem Wissen zu erinnern lohnt.Der Fotograf fungiert als humaner Biofilter in der Datenflut digitalerBilder. In dieser Funktion kann er nicht über die Massenhaftigkeit di-gitaler Bildkommunikation wachen, sonderndarüber,wassichinZukunftlohnt zu erinnern.

Die aktuelle Gründung der Bildwis-senschaften (www.bildwissenschaft.org) kann nur der Anfang sein, dem Fotografen und anderen Bildnern den Kontext zu vermitteln, in dem sie selbst arbeiten. Aus soziologischer Perspektive geht es in der Fotogra-fie nämlich nicht darum, wie etwasdargestellt ist, sondern darum, wie sich Gruppen von Individuen mittel visueller Kommunikation sozial aus-differenzieren

1. Mehr digitale Bilder bringen ein Weniger an vergesellschafteten Be-deutungen in Kollektiven mit sich.

2. Digitale Bilder kommunizieren, analoge Bilder erinnern.

3. Computergestützte Digitalität ist bisher eine Technik des Vergessens.

4. Fotografen als Arbeiter am iko-nischen Wissen sind herausgefordert alsKünstleroderArchivarederZu-kunft zu fungieren.

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Legend of LoveDigital, Central Park

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Eine Geschichte meiner Gedan-ken an einem Donnerstag

Ich liege einfach hier. Unter der Wo-che namens Donnerstag. Nichts tu-end, einfach nichtstuend eine Tugend leben. Ich denke mir: Meine Güte. Schlechtes Gewissen versus Taten-drang.Dermichauffrisst.Druckvonaussen. Wo ist dieses Aussen. Doch nur in mir drinnen. Nichtswissend das gefährliche Halbwissen gegen mich selbst gerichtet. Ich armer Thor be-mitleide mich schon selber anstatt diese Energie umzuwandeln in etwas Schönes, Einzigartiges. Wie mein Le-ben an sich. Das ist ja jetzt mein Leben. Gerade. Genuss und wohlwis-sendes Nichtstun. Trotzdem fühle ich mich dabei komisch.

Berlin verlangt mir hier am Anfang viel ab. Dieser Reichtum an Inspira-tion. Eine Quelle, aus der ich tag-täglich trinke, nie satt werde und

gierig nach mehr lechze. Und dieser Zaubertrank hat Nebenwirkungen,die ich noch nicht so ganz deuten kann. Tief in mir weiß ich es wahr-scheinlich aber meine Naivität lässt mich wieder in der Luft hängen. Mei-ne schwachen Nerven. O wie ich den Tag herbeischwöre, an dem ich meine unbewussten Lasten abwerfen kann, einfach leben ohne meine kleinen un-bewussten Ticks. Liegt wie immer an mir selber. Ich checks ja selber und das ist ja dieses Dilemma. Antriebs-los und angstvoll liege ich hier an einem Wochentag, sprich einem Ar-beitstag und sinniere vor mich hin. Andere bauen Häuser, haben Visionen und die Kraft. Oh diese Kraft. Sie ist doch überall und durchfließt mich.Alle an meinen Körper gebundenen Atome, Quarks und Mediklorianer be-inhalten diese Kraft die mich leben lässt. Mich atmen lässt und ab und an auch denken. Zerstöre ich michselbst? Zerstört der Mensch sich

selbst?ZerstörtdieMenschheitsichselbst? Beinhalte ich automatisch ei-nen Virus? Wenn das Leben an sich das Schöne und Gute darstellt so bin ich ja ebenfalls Teil dieses Guten und Schönen. Das klingt ja schön. Doch der Klang meiner Worte löst sich in der Realität auf. Eine Art Regenbo-gen in Graustufen. Man weiß, dass die Farben da sind, man erahnt sie, fühlt sie ab und zu, kann sie sich vorstellen aber eigentlich sind es nur Graustufen.

Das Leben meistern. Jeder ist dann Lebensmeister. Nicht versuchen ein-fach Tun sollte die Devise sein. Auf-stehen und dieGrenzen finden. Sich spüren. Sichselbst fühlen, o ja, wie ich mich selbst fühle. Das ist zu Viel des Gu-ten. Ein Sensibelchen Deluxe. Angstvoll. Angst. Sie lässt mich füh-len. Ich muss die Angst ersetzen, mich nicht regieren lassen von ihr. Sie

sitzt tief, in einem kleinen dunklen Kämmerchen und lacht mich aus. Sie weiß dass sie Macht hat. Das Gute ist das ich weiß, dass ich auch Macht habe über meine Angst und ich hatte auchschoneineZeitinderichmichbzw. das Angstmännchen gut unter Kontrollehatte.Zuegoistischbinich.Viel zu viele Gedanken gehen in mir vor und mein Flow ist unterbrochen. Wie wenn mein Boot aus Fragezei-chen bestehen würde.

Satz der Sätze: Müsste nicht jeder Mensch unglaublich getrieben sein von Liebe und gemeinsames Weiter-kommen, wenn er sich dessen Be-wusst wird, dass er nur diese eine Chance hat und wahrnimmt?

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The Future. Hopefully Not.Digital, Central Park

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Kleine europäische Kunstgeschichte.

Der Stein erhob die Kirche zum „Ganz Anderen“, zum Heiligen. Die romanische Epoche hat die Natur des Steines, seine Schwere und Mächtigkeit bejaht und geliebt.

Während der byzantische Bau ins geistige Gottesreich zergeht, der gotische als aufwärtsstrebende empfunden wird, ist in romanischen Kirchen das schwere Lasten derMauern betont.

Der erdrückende Ernst ist am ge-waltigsten in den frühromantischen Bauten.

Da das Christentum auf wunder-baren, übernatürlichen Geschehnis-sen beruht, sind die Malerein der Reichenau, die Christlichsten.

Die Plastik war die führende Kunst der Griechen gewesen. Sie hatte den Geist zur Tastbarkeit verleib-licht.

In Byzanz und in der altchristlichen ZeitwardiePlastikalsInbegriffheidnischen Schöheitskultes ver-femt. In der Gotik herscht statt der Wand- die Glasmalerei. Sie beruht auf römischen Erbe.

Giotto hat breit in die Weite gewirkt. Auf ihm beruht fast die gesamte europäische Malerei des 14 Jh.

DervielfachmissbrauchteBegriff„Mystik“ kommt von „myein“, augen-schließendem Anschauen, und bedeu-tet das „Entwerden“, das Blindwer-den für die Welt und die Versenkung in Gott bis zum Einswerden mit ihm.

DerBegriffGotikistvondenGotenabgeleitet, denen die Italiener der RenaissancedieErfindungdiesesStils, den sie als barbarisch empfan-den, zuschrieben, und wenndie Gotik auch viele Jahrhunderte nach dem Untergang der Goten entstand,sowardasempfindendoch richtig, dass sie germanischen Geistes ist und den äußersten Gegensatz um antiken Tempel darstellt. Die Gotik leugnet die natürliche Schwere des Steins und lässt ihn in einer heiligen Verwand-lung seines Charakters dem Jenseits entgegensteigen.

Neben Rippe und Strebewerk ist das dritte Merkmal der Gotik der Spitzbogen.

Das 15. Jh heißt nördlich der Alpen Spätgotik, in Italien Frührenaissance. Die Renaissance ist ein italienisches Gewächs und bedeutet „Wiederge-

burt“ und bedeutet die Entdeckung der vergessenen antiken Kunst. An StelledesVorbilderschaffendenmittelalterlichen Idealismus trat der Abbilder gebende Realismus. Diesem großen Entdeckungsfeldzug der Kunst in der Welt folgten zu Ende des 15. Jh die großen Seefah-rer. Wie diese den Erdball erkunde-ten, so war das ziel der Kunst die Erfahrung der Welt.

Die klassische Einheit währte nur 2 Jahrzehnte, von 1500 bis 1520. NachRaffaelsagtderKunstthe-oretiker Bellori 1672 „ließen die Künstler ab vom Studium der Natur und verdarben die Kunst mit der Manier, oder mit einem der Einbil-dung entsprungenen Vorstellung, die sich nicht auf die Nachahmung der Wirklichkeit stützt“.

Diesen bis nach 1600 herschenden Stil nennt man den Manierismus. Der

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New York SleepingDigital, From the top of the Empire State Building

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Barock gipfelte in der vitalen Leibes und Diesseitslust des Rubens, wäh-rend der Manierismus sich in Greco verdichtet hatte, der in seinem gegen das Tageslicht verdunkelten Ateliers Visionen vom Untergang der Welt geformt hatte. Kaum ein Maler hat so rauschhaft so problemlos glücklichgeschaffenwieRubens.

So rundet sich die große Malerei des Barock zwischen dem diony-sischen Pathos des Rubens, dem visionären Theater der italienischen und deutschen Deckenmalerei, der malerischen Verklärung der Wirk-lichkeit bei Velasquez und Vermeer, der hintergründigen Beseeltheit Rembrandts und der durchsichtigen Ordnung der Franzosen zum Spiegel für die Völker Europas.

Plastik ist die Kunst des Seins, desZustandes.

Der Stil des Louis XV, der in Deutschland Rokoko genannt wird, brachte als neuen Formkörper die Rocaille. Sie hat zwei Wurzeln in der Palmette Kartusche, die einen Schild rahmt, beide werden völlig aufge-löst, versprühen und verspritzen. MitdieserZier,diealleWändeundDecken überspielt, prägt sich die Leichtigkeit und Heiterkeit des in Schönheit sterbenden ancien régime ein bezauberndes Gleichnis. Mit ihm verlässt auch Frankreich einmal sei-ne Regelstränge, lateinische Klarheit und gibt sich der einfallsreichen Laune hin, die man den Esprit gau-lois, den gallischen Geist, nennt.

Die französische Revolution zerstör-te zahllose Kirchen und Bildwerke als „Denkmäler des Aberglaubens“ und setzte in der pariser Kathedrale die Göttin Vernunft an die Stelle der Himmelskönigin Maria. Alle schöpferischen Taten in der Kunst

geschahen seit dem im weltlichen Bereich. Der Park: in diesem franzö-sischen Garten stießen vom Schloß aus schnurgerade Alleen und Kanäle ins Land, um es wie Machtstrah-len dem Willen des Herrschers zu unterwerfen. In radikaler Umkehrung dieses Verhältnisses gab der eng-lische Garten, der im 18. Jahrhun-dert allmählich entwickelt wurde, dem Gelände und Gewächs eine Ursprünglichkeit und Freiheit, die dem liberalen Ideal von der Selbst-ständigkeit des Einzelnen Symbole schufen. Der nach der Entthronung auf sich selbst gestellte, einsam gewordene Einzelne fand in der Natur seine seelische Heimat. TugendenundLaster:IndenZahlen4+3=7 treten auch die ethischen Mächte auf. Den vier kardinaltugen-den in der Ethhik des Aristoteles, der Prudentia= Klugheit.

Die drei theologoischen Tugenden: Fides=Glaube,Spes=Hoffnung,Caritas=Liebe.

amor vacui = der Wille zur reinen Flächehorror vacui = der Wille zum Fülldrang

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The City that never SleepsDigital, Way to Coney Island

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Hype - Kunst und Geld

Die Rollen bei der Verwandlung von Kunst zu Geld sind klar verteilt: Der Künstler muss an seine Kunst glauben, der Galerist muss sie vermarkten,der Kritiker muss sie bekannt machen, das Museum muss ihr die höchsten Weihen verleihen, der Sammler muss sie bezahlen.Sammler die Kunstwerke kaufen, trennen das Gespräch über die Kunst von dem über Geld. Kunst gilt nicht als Geldberuf, sondern als Berufung,der Galerist nicht als Kaufmann, son-dern als Mentor, der Sammler nicht als Käufer, sondern als Liebhaber.

Geld als Ausdruck von Erfolg scheint immer wichtiger zu werden. Während 1975 nur 38 % der US-Bürger Geld als Hauptmerkmal eines glücklichen Lebens nannten,waren es 1994 bereits 63 %. Das Streben nach Geld, vom Christentum

als Sünde geächtet, ist zur Tugend avanciert und ist in den Mittelpunkt unserer Kultur gerückt.

Die Transsubstantition von Wertlo-sem inWertvolles findet ihre Fort-setzung in der Münze. Doch nicht nur die Hostie und die Münze ähneln sich in Form und Symbolcharakter.Auch finanzielle und theologischeBegriffeweisen auffallendeÄhnlich-keiten auf: Gläubiger und Glauben, Kredit und Credo, Erlös und Erlösung, OffenbarungseidundOffenbarung.Beide Systeme basieren auf Glauben. Wenn das Vertrauen der Menschheit in seine Währung erlischt, kollabiert das Geldsystem.

Artprice.com

Das Realeinkommen von 90 % der Amerikaner von 1973 bis 2000 ist um 7% gesunken, während das Ein-kommen der oberen 1& um 148% ge-

stiegen ist, das Einkommen deroberen 0,1% ist um 343% gestiegen und die Elite der oberen 0,01% ist sogar um 599% gestiegen.

Stars der Gegenwartskunst: Jean Michel Basquiat, Eric Fischl, Keith Haring, Robert Longo, David Salle und Julian Schnabel (Amerika); Elvira Bach, Jörg Immendorf,Markus Lüpertz, Penck, Salo-me (Deutschland); Sandro Chia, Francesco Clemente, Enzo Cucchi, Mimo Palladino (Italien)

Ein gutes Kunstwerk ist in einem schnelllebigem Markt eines, dass sich beim ersten Hinblick erschließt. Ein-fache Botschaften und schnelle Ver-mittelbarkeit spielenim Wettbewerb eine zentrale Rolle. Intellektuelle Tiefe wird zu einem K.O.-Kriterium.

Wenn es etwas gibt, wofür es sich zu leben lohnt, dann ist es die Betrach-tung des Schönen (Platon)Denn Sammler geht es nicht um die Betrachtung des Schönen, sondern um deren Besitz. Am Urgrund allen Sammelns liegt die Übertragung von Gefühlen auf leblose Objekte.

Ästhetische Wahrnehmung ist Au-genlust. Retinale Verführung ( Mar-cel Durchamp), Doch sie funktioniert auch ohne Inhalt, wie man am Erfolg der abstrakten Malerei sehen kann.

Die fundamentalen Unterschiede zwischen Galerie und Auktion be-ginnen damit, dass Galerien Künstler vertreten, während Auktionshäuser Kunstwerke vermarkten.So spiegeln die von Galerien ver-anschlagten Preise den Stellenwert eines Künstlers, Auktionspreise dagegen die Marktakzeptanz von Kunstwerken.

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The Place he was shotDigital, Near Central Park

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„Die Leute brauchen kein Rotbeer und sie brauchen auch keine Kunst. Wir aber vermitteln Ihnen das Gefühl, dass sie sich damit besser fühlen.“Kunsthändler Larry Gagosian

DerWegzumZielistdasWeckenderBegierde, und das ist eine Frage des Vorspiels. Denn nur das was Verstan-den wird, wird auch gekauft.Marketing ist das Erzeugen von Illu-sionen. Denn was Schlagzeilen macht und das verführerische Flair des Er-folgs ausstrahlt, ist nicht so sehrdie Kunst, sondern der Preis.

Dem Künstler wird die magische Kraft zur Transsubstantiation zuge-schrieben, die Fähigkeit, Wertloses in Unbezahlbares zu verwandeln.Die Figur des Künstlers zwischen ide-alisiertem Schöpfergott und stigma-tisiertem Außenseiter ist ein schil-lerndes Vixierbild aus Mythos und Wirklichkeit, aus

kultureller Verklärung und sozialer Realität. Freiheit von der nachahmung traditioneller Modelle (Originalität), Freiheit vom Diktat der Vernunft und Regel(Inspiration)und Freiheit von der Nachahmung der Natur(Kreation). Der Künstler wird zum Schöpfer, der frei wie Gott seine eigeneWelterschafft.

Als erstes Kunstmuseum wird 1973 am ersten Jahrestag des Enthaup-tung Ludwigs XVI der Louvre in Paris eröffnet.DasPublikumbestauntaufder Bühne der Kunstdas Schöne, Wahre, Gute, die ersehn-te Utopie, den überfälligen Tabu-bruch, die vertraute Wirklichkeit aus unvertrauter Perspektive.

William Blake: Wo eine Sicht des Gel-des exisitert, kann keine Kunst exis-tieren.

Die Luft die er atmet, heißt Inspi-ration, die Energie die Ihn beseelt, Schöpferkraft. Und die Ressource, die Ihn nährt, Verzichtsbereitschaft. Der Mammon, unser alltäglich Brot,ist ein Fremdwort für Ihn. Die Künste sind frei und der Künstler, so die Le-gende, will die Welt beschenken.

Kunst ist eine kaum 200 Jahre alte europäische Erfindung, an derenAnfang die Treunnung dessen lag, was ursprünglich zusammengehörte: Kunst und Handwerk.Sie ist ein Seismograph und Mikro-skop, Lügendetektor und Molotow-Cocktail. Sie ist Meditation und Erleuchtung. Sie ist Poem und Politi-kum. Sie vereinigt kindliches Spielmit existenziellem Ernst. Sie ist die Magie befreit von Lüge, Wahrheit zu sein.

Die Grenze zwischen substanziel-ler Kunst und hohlem Fake ist oft

schwer zu erkennen, der Unterschied zwischenkalkulierterOberflächeundkünstlerischer Tiefe oft schwer aus-zumachen.

Ein Objekt gilt dann als Kunstwerk, wenn sich Künstler, Kritiker, Galeris-ten, Museumsdirektoren, Kuratore, Experten und Sammler darin einig sind, dass es Kunst ist.Qualität wird ihm dann zugeschrie-ben, wenn sich Künstler, Kritiker, Ga-leristen, Museumsdirektoren, Kurato-re, Experten und Sammler auch darin einig sind.Das bedeutet, dass der Wert eines Kunstwerks ein soziale Konstruktion ist. Man glaubt nicht der Kunst, man glaubt dem Markt.

Welchen Eindruck macht ein Kunst-werk auf mich und inwiefern erlaubt es mir auf meinen Wellen der Phan-tasie zu reiten.

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The DayDigital, Down Town

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Derselben Logik folgt die Preisstaf-felungvonFotografien.Jezeitnaherder Abzug eines Fotos zum Negativ erfolgt, umso größer ist sein Markt-wert.

Mit der Entwertung des kreativen Akts betonte Warhol die Bedeutung der Idee gegenüber Ihrer Verwirk-lichung und wurde damit zu einem Wegbereiter der Konzeptkunst.

Jede Heldentat gerät in Vergessen-heit, jede Macht verblasst, jeder Reichtum zerrinnt, jedes Imperium geht unter.

Die Vergägenwertigung des Daseins, die ein Kunstwerk im Betrachter er-zeugt, ist sein eigentlicher Wert.

KUNSTTEXTELEBENSKUNST ALS REAL LIFE

Bescheidenheit ist auch eine weite-re Qualität von LKW´s: Sie geben nie mehr vor, als sie sind, dafür sind sie das, was sie vorgeben, vollumfäng-lich.Zielistnicht,etwaszuEndezubringen, sondern das eigene Leben in Angriffzunehmen.

Wer darauf beharrt zwischen Kunst und Leben strikt zu unterscheiden oder wer den Abstand zwischen Kunst und Leben nicht wahrhaben will (Kunst=Leben), kann das Phä-nomen Lebenskunst nicht erkennen, weil er das „Leben“ von hinten liest, was „Nebel“ ergibt.

„Wider den Trott gängiger Normali-tät“lautetdieMaximederÄsthetikdes Lebens. „Real ist was zwischen den Dingen ist und nicht das Ding selbst“ Was ist zwischen Schein und

Sein, Maske und Gesicht, Leben und Kunst? Es gehört Gelassenheit dazu, das Leben als real zu nehmen, es wahrzunehmen, es zu realisieren. Gute Kunst, Poesie, Musik oder Philo-sophie hat, gerade wenn sie authen-tisch, radikal und selbstbewusst ist, etwas Schlechtes an sich.Schlecht nicht als etwas Allzuschö-nes und Überfreundliches, sondern im Positiven Sinn als etwas Amateur-haftes und Nachlässiges, als etwas Unberechenbares und Widerspensti-ges.

Wahre Kunst schreit nach richtigem Leben. Wirklichkeit ist in Wahrheit eine Wüste der entschwindenden und verlorenen Dinge. Nicht das herrein-holen von Wirklichkeit ist die Kunst, sonderndasErschaffenvonRealitätzählt. Nicht artifizielle Kultur, son-dern das Wirkliche an der Alltags- und Popkultur interessiert.

IchverstanddieStilledesÄthers/ Des Menschen Worte verstand ich nie.

Ich verfolge keine Absicht, kein Sys-tem und keine Richtung. Ich habe kein Programm, keine Botschaft, keinen Stil, kein Anliegen. Die eigene Nar-renfreiheit soll gesichert werden.

Das schlimmste Leiden ist die heim-liche Angst vor dem Tod. Darauf sei täglich bedacht, dass du die Kraft hast, mit Gleichmut das Leben zu verlassen, an dem so viele sich klam-mern und festhalten.

Denn offenkundig fühlen Kunstwer-ke selbst nicht, was sie ausdrücken, selbst wenn das, was sie ausdrücken, ein Gefühl ist.

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Shame on youAnalog, Empire State Building

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Was ist für Dich unheimlich? J

An welche Abenteuer des Sehens er-innerst Du Dich (Negativ sowie Po-sitiv) ? O

WelcheZukunfterträumstDuDiralsMensch / als Musiker ? J

Gibt es ein Menschenbild 2010? O

Was würdest Du Dir mehr wünschen? J

Wie würdest Du Dich weltanschau-lich positionieren ? A

Was bereitet Dir besonders Freude? M

Wo siehst Du Deine Grenzen? A

Welches waren die herausragendsten Leistungen in Deiner Laufbahn? N

Was sind Problempunkte in Deiner Branche und was wäre zu tun, um diese zu lösen? A

Alle Menschen haben Komplexe –welche Komplexe hast Du? 1

Was wäre das Schlimmste, was Dir passieren könnte? 7

Welches Buch haben Sie zuletzt ge-lesen? 4

Wie würdest Du Dich selber als Per-son beschreiben ? 1

Entscheidende Frage bei derEntwicklung von Konzepten.

Was wollen wir mit unserem Kon-zept erreichen?

Mit wem sprechen wir?

Welche Gedanken und Gefühle wollen wir auslösen?

Wie können wir das begründen?

Welche Tonalität soll das Ganze haben?

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ChaosAnalog, Times Sqare

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REALITÄT IST FÜR DIE, DIE ZU FAUL SIND IHRE PHANTASIE ZU NUTZEN.

Dinge, die Ihr gleich von Anfang anvergessen solltet.

Killerphrasen und Ideenkiller.Das sind jene Stimmen von Kollegen und auch die im eigenen Kopf, die uns zu suggerieren versuchen:Das ist eh alles ein Schass - das funk-tioniert ja nie! Das fatale an ihnen: Sie funktionieren immer! - UndblockierensojedeIdeenfindung.

Ätzende Ideenkiller und gute Ant-worten darauf...

Daraus wird doch nie was! - Richtig, denn die Idee wurde so eben begraben.

Warten wir lieber die Entwicklungen ab! - Bis jemand anderer es macht!

Das funktioniert nicht! - Welche grandiose Idee!

Bei uns ist das alles ganz anders! - Und wir wohl auch so bleiben!

Diese Idee funktioniert nicht...? - Was wäre wenn...?

Das ist doch albern! - Ja, und...?

Auf Ihre Idee werden wir noch zu-rückkommen! - Ja, nur wann...?

Die Idee wird der Produzent/Kunde/Filmvertreiber/Publikum nie akzep-tieren! -Geben Sie ihr eine Chance!

Was ist den daran so originell? - Eben das es bisher niemanden auf-gefallen ist.

Damit könnte ja jeder kommen! - Ab-solut richtig!

Ein Grundsatz.Weg mit Ideenkillern! Denn Ideen und Geschichten müssen gedeihen und sich entwickeln. Storytelling ist ein Prozess und am Beginn dieses Pro-zesses ist alles erlaubt. Eine Ge-schichte oder eine Idee wird sich im Laufe dieses Prozesses sowieso ver-ändern und weiterentwickeln. Viel-leicht wird Sie auch verworfen. Aber es ist immer besser eine Anfangsidee zu haben, als gar keine.

Oder wie Hitchcock meinte„Es ist besser mit einem Klischee an-zufangen als dort anzukommen!”

EinevielsagendeZahl.Studien haben ergeben, dass in Brain-stroming- Gruppen oder Teamsitzun-gen von Entwicklungsabteilungen 70 % der Zeit darauf verwendetwird,Vorschläge von Kollegen zu widerle-gen.

Gute Ideen und Geschichten zu ent-wickeln. Seinen Kopf zu öffnen fürdas Altbekannte und das scheinbar unmögliche Neue und mit beidem zujonglieren. Einen Spielplatz in der Welt des eigenen Kopf zu etablieren.

Storytelling + WerbetextenJeder kennt intuitiv die Prinzipien des Dramas. Denn wir alle dramatisie-ren täglich! Sei es, wenn wir über das Wetter reden oder Dinge, die unsim Lauf des Tages passiert sind - und insbesonderebeimAusredenerfinden.Oder wenn wir uns für einen Partner interessant machen wollen.Dramatisierung heißt nichts anderes, als jedes Ereignis, jede Situation oder Anekdote so zu bearbeiten, dass sie dramatisch funktioniert und esspannend ist ihnen zu folgen.

Ehrgeiz und Ungeduld sind dabei auch zwei nette Ideenkiller. Übersteigerte Leistungserwartungen

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Shoot the freakAnalog, Coney Island

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und der Glaube immer sofort erst-klassige Ideen produzieren zu müssen sind eine schlechte Strategie, die fast zwingend zum Versagen führt.Liebe Deine schlechten Ideen, wie ein missratenes Kind. Sie werden sich mit dir weiter entwickeln.

Wesenszüge der Dramatisierung.

Komprimierung:

Wird verwendet um einer Geschichte größere Einheitlichkeit zu verleihen und gleichzeitig die Menge der Infor-mationen,dieeinZuschauerinsichaufnehmen kann auf ein verständ-liches Mass zu reduzieren. Das gilt für Filme und Printmedien in gleicher Weise!

Emotionalisierung:Eine Geschichte wird nicht neutral erzählt, sondern soll eine gefühlsan-

sässige Anteilnahme provozieren,die durch die Identifikation mit derHauptfigur oder den Hauptfiguren,das heißt mit dem Thema derGeschichte, ausgelöst wird.

Intensivierung:Die erlebten Gefühle und Situationen dürfen/ können/sollen/müssen über-trieben werden.

Hierarchisierung:Das Wichtigste muss gegenüber den Details hervorgehoben werden. Nicht alles wird in gleicher Weise und auf gleicher Weise erzählt. Jemand der schlecht erzählt, ist meist jemand der nicht auswählt sondern alles auf der gleichen Ebene erzählt. Und sich im Tausendsten verliert.

Schaffung einer Linie, Kurve:Die Erzählung sollte eine ansteigende Linie durchlaufen, sich auf dramati-sche Höhepunkte stützen und einer

bestimmten Kurve folgen. DieseKurve kann, muss aber nicht dem auf-steigenden Prinzip folgen.

Es gibt eine Form der Erzählung, die jeder von uns seit seinen Kindergar-tentagen kennt. Eine Form diealle wesentlichen Bestandteile einer gut erzählten Geschichte enthält.>DERWITZ.

Die Exposition, die KonfrontationundeineAuflösung.DiePointe.

Ein Beispiel.TreffensichzweiPlaneten,sagtdereine: He, lang nicht mehr gesehen, wie geht es denn so? Der Andere: Geht so, ich hab Homo Sapiens! - Der Erste: Uh grausig, das hab ich auch mal gehabt - geht aber Gott sei dank vorbei!

Das Paradigma ist eine dramatische Struktur, ein dramaturgisches Grund-

muster. Es funktioniert wie ein Werk-zeug, ein Reiseführer, eine Landkarte auf dem Weg des Storytellings.

Das Paradigma eines Filmes.ExpositionKonfrontationAuflösungPlot Point1. Akt 2. Akt 3. Akt. Plot Point> Ein Film kann aber auch mehrerePlotpoints und Pointen haben...

Das Paradigma ist also die Struktur, das dramaturgische Grundmuster. Dramaturgisch gesehen etabliert es die Verbindung zwischen dem Ganzen und seinen Teilen.

Dramaturgie.Dramaturgie ist eine „lineare” Verbin-dung des Ganzen mit seinen Teilen. Alle Vorfälle, Episoden und Ereignis werden durch sie verknüpft und zueiner dramatischen Auflösung ge-führt.

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YeahAnalog, Down Town

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> Analysieren wir diesen Spot.Was ist das übergeordnete Thema dieses Films? Was bewegt und treibt unseren Helden?

WasistseinZiel-undwashindertihn daran dieses zu erreichen?

Wie sieht das Paradigma dazu aus?

Was ist das übergeordnete Thema dieses Films?

Was bewegt und treibt unseren Hel-den?

WasistseinZiel-undwashindertihn daran dieses zu erreichen?

Wie sieht das Paradigma dazu aus?

Die Reise des Helden.Ein mythologisches Grundmuster.

Die Reise des Helden ist ein uraltesPrinzip, dass sich im Kino und in Gamesauchheuteimmerwiederfin-det.

Seit Beginn des Abendlandes zieht sich das Prinzip der Reise des Helden durch alle Erzählungen, alsimmer wieder kehrendes Erlebnis in unser Kultur.

Die bekannteste davon ist „Die Ody-see”

Trotz Ihrer unzähligen Ausprägungen ist die Heldengeschichte immer die Geschichte eine Reise ins Abenteuer. Der Held (sowohl Mann als auchFrau) verlässt seine gewohnte Umge-bung, wagt sich in eine gänzliche un-bekannte Welt und stellt sich deren Herausforderungen.

Die Reise des Helden spielt anunzähligen Schauplätzen:

In vielen Fällen handelt es sich da-bei um eine wirkliche Reise zu einer anderen Örtlichkeit: Auf eine Lands-trasse von A nach B, in ein Labyrinth, einen Wald, eine Höhle, eine fremde Stadt oder ein fremdes Land.

Aber auch im mentalem Raum:

Doch genau so oft gibt es Geschich-ten, in denen der Held eine Reise nach Innen antritt, eine Reisedes Herzens, der Seele, des Geistes oder in seine inneren Welt.

Eines ist auf jeden Fall sicher:Im Verlauf der Geschichte wird der Held wachsen und sich wandeln, er wird den Weg von einer Art des Seins zur nächsten antreten: von Verzweif-lung zuHoffnung, von Schwäche zuStärke, von Torheit

zu Weisheit, von Liebe zu Hass - und umgekehrt. Das ist es, was das Publi-kum seit Jahrtausendengefangen nimmt.

Die zwölf Stationen der Reise des Helden.

Diese sollte man als eine Art Plan verinnerlicht haben. Natürlich gibt es noch andere Arten von A nach B zu kommen. Aber diese Art Plan ist einer der anpassungsfähigsten, der zeitloseste und verlässlichste. Denn die Reise der Helden ist eine un-glaubliche Vorlage mit endlosenVariationsmöglichkeiten. Und sie wird noch Generationen nach uns ihre Gültigkeit haben.

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FameAnalog, Brooklyn Bridge

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Die zwölf Stationen der Reise desHelden:

1. Gewohnte Welt2. Ruf des Abenteuers3. Weigerung4. Begegnung mit dem Mentor5. Überschreiten der ersten Schwelle6. Bewährungsproben, Verbündete, Feinde7.VordringenzumempfindlichenKern8. Entscheidende Prüfung9. Belohnung10. Rückkehr11. Auferstehung/Reinigung12. Rückkehr mit dem heiligen Gral

Das Paradigma der Reise des Helden:

1. Akt 2. Akt 3. AktDie gewohnte WeltRuf des AbenteuersWeigerungMentorÜberschreiten der 1. SchwelleProben, Verbündete, FeindeVordringenzumempfindlichstenKernEntscheidende PrüfungBelohnung (Ergreifung derFackel des Schwertes)RückwegAuferstehung/ReinigungRückkehr mit dem heiligen GralKRISE KLIMAX

Die gewohnte Welt.

Die meisten Geschichten lassen den Helden aus seiner gewohnten alltäg-lichen Umgebung in eine andersartige, neue und fremde Welt aufbrechen.>Bevor Luke Skywalker, der Held aus Star Wars ins Weltall aufbricht, se-hen wir Ihn wie er sich auf derheimischen Farm langweilt.

Der Ruf des Abenteuers.

Hier wir der Held mit einem Problem konfrontiert, er steht vor einer Her-ausforderung oder muss sich auf ein Abenteuer einlassen. Ist der Ruf des Abenteuers einmal ergangen, kanner nicht länger unentschieden in der Bequemlichkeit seiner gewohnten Welt verharren.

Star Wars: Die verzweifelte holo-graphische Nachricht von Prinzessin Leia, die von Darth Vader gefangen worden ist.

Der Ruf des Abenteuers.

Der Ruf des Abenteuers offenbart,um welchen Preis es gehen wird, sie stecktdasZiel desHeldendeutlichab: Er muss den Schatz finden, umseine Liebe kämpfen, Rache nehmen, ein Unrecht aus derWelt schaffen,einen Traum verwirklichen, eine Her-ausforderung bestehen, sein Lebenändern oder die Welt und das Univer-sum retten.

WiediesesZielnunimeinzelnenbe-schaffenist,lässtsichoftauseinereinfachen Frage entnehmen:Wird Luke die Prinzessin Leia retten und Darth Vader besiegen?

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LOVEDigital, New York

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Weigerung:

Hier dreht es sich um Angst. Ist der Ruf des Abenteuers erfolgt, passiert es oft dass der Held zögert und mitWeigerung reagiert. Verständlich schließlich steht er der Angst vor dem völlig Unbekannten gegenüber. Die Reise hat noch nicht wirklich be-gonnen und der Held spielt mit demGedanken sofort umzukehren. Es be-darf noch eines zusätzlichen Motivs: Neue Umstände.

In Star Wars ist das der Fall als Luke Skywalker nicht auf die Bitte Obi Wan mit ihm in den Weltraum auf-zubrechen nicht eingeht und auf die Farm seines Onkels zurückkehrt...

Der Mentor (weiser Mann/weise Frau).

An diesem Punkt tritt in vielen Ge-schichten eine besondere Gestalt, eine Art „Merlin” in Erscheinung: Der MentordesHelden.Einsehrgeläufi-ges uns symbolträchtiges Thema inder Mythologie. Die Aufgabe des Mentors besteht darin den Helden auf die Begegnung mit dem Unbe-kannten vorzubereiten. Mentoren sind Ratgeber, Menschen oder Wesen die dem Helden den Weg zeigen oder ihn mit magischen Waffen ausstat-ten. Der Held muss dem Unbekannten gegenübertreten - damit es wirklich soweit kommt braucht es manchmal einen mentalen Arschtritt. Das ist die Aufgabe des Mentors.

Überschreiten der ersten Schwelle.

Nun ist der Held endlich bereit, sich auf das Abenteuer einzulassen. Er ist bereit, allen Konsequenzen ins Auge zu blicken, die sich daraus ergeben können, wenn er gegen das Problem oder die Herausforderung antritt, auf die ihn der Ruf des Abenteuers gelockt hat. Das ist der eigentlicheBeginn der Geschichte. Das Flugzeug oderRaumschiffhebtab,dieLiebes-geschichtebeginnt,dasSchiffstichtinSee,derZugsetztsichinBewe-gung.

ZurErinnerungnochmalsdiedreiAkte.

Wie wir wissen unterteilt sich ein Film häufig in drei Akte. Im erstenAkt geht es um die Entscheidung des Helden zu handeln, im zweiten um die Handlung selbst und im dritten um die Konsequenzen die daraus ent-stehen.

An diesem Punkt hat der Held seine anfängliche Angst überwunden, sich entschlossen das Problem anzugehenundzuhandelnnungibteskeinZu-rück mehr.

Star Wars: Luke macht sich mit 3CPO und R2D2 auf dem Weg zum nächsten Raumhafen um einen Piloten zu fin-den, der in weg bringt...

Bewährungsproben,Verbündete,Feinde.

So bald der Held die erste Schwelle überschritten hat, steht er natürlich vor neuen Herausforderungen undBewährungsproben. Er gewinnt Ver-bündete, macht sich Feinde und be-greift allmählich die Regeln der neue Welt. Beliebtes Umfeld hierfür sind Kneipen und schäbige Bars.

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FAKEDigital, NoHo

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In Star Wars ist das besonders der Fall: Hier wird das wichtige Bündnis mit Han Solo geschlossen und hier bahnt sich die Feindschaft mit Jabba the Hutt an, die in den darauf folgen-den Teilen voll zum Tragen kommt. In der schrillen, verrückten Atmosphäre voller durch geknallter Alliens erhält Luke einen ersten Vorgeschmack auf die andere Welt

Derartige Schauplätze sind hervorra-gend zur Entwicklung eines Charak-ters geeignet, denn hier lässt sich gut beobachten, wie sich der Held und seine Freunde in angespannten Situationen verhalten. Im Fall von Luke, entdeckt er wie Han Solo mit so einer Situation umgeht und er be-greift, dass Obi Wan ein mächtiger Krieger und Magier ist.

Natürlich sind Bars nicht die einzigen Schauplätze von Bewährungsproben. Freundschaften und Feindschaftenkönnen auch anderswo besiegelt werden. In vielen Filmen handelt es sich um Begegnungen entlang des Weges.

In Star Wars hören die Bewährungs-proben auch nach der Kneipe nicht auf. Obi Wan lehrt Luke die Geheim-nisse der Macht in dem er ihn mit verbundenen Augen kämpfen lässt.Und auch die ersten Schlachten mit den Streitkräften des Imperiums sind Proben, in denen Luke sich bewähren muss.

Wir sehen: Es können mehrere Be-währungsproben vor unserem Helden liegen.

Vordringen zum empfindlichen Kern.

Schließlich kommt der Held in die un-mittelbare Nähe eines gefährlichen Ortes an dem sich das Ziel seinerWünsche befindet. In dem der Helddiesen furchteinflössenden Ort be-tritt, überschreitet er zugleich die zweite wichtige Schwelle. Manchmal passiert es dass er davor noch eineRast einlegt, einen Plan entwickelt und/oder schurkische Schwellenwer-ter überlistet.

In der Mythologie entspricht dieser Ort oft dem Reich der Toten. Der Held muss hierbei in den Hades, die Unterwelt herabsteigen um seine Ge-liebte zu retten (Orpheus), in einerHöhle einen Drachen bekämpfen um an einen Schatz zu gelangen (Sieg-fried), oder in einem Labyrinth einem Untier gegenübertreten (Theseus und der Minotaurus).

Im modernen Mythos vom Krieg der Sterne geraten Luke und seine Ge-fährten in das Schwerefeld des To-dessternes, auf dem Sie Darth Vader gegenüber stehen und PrinzessinLeia retten können.

WoderempfindlichsteKernbeiIndi-ana Jones und der Tempel des Todes liegt, erzählt wohl schon der Titel.Die Phase des Vordringens an diesen Punkt umfasst sämtliche Vorberei-tungen für das Betreten dieses Or-tes und die Konfrontation mit dem Tod oder allergrößter Gefahr.

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So shall it beDigital, Down Town

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Entscheidende Prüfung.

Hier ereilt den Helden nun sein Schicksal, und in einer letzten, di-rekten Konfrontation muss er seine größte Angst bezwingen, ihm steht der Kampf seines Lebens bevor.Für das Publikum ist diese entschei-dende Prüfung ein kritischer Mo-ment, denn es ist im Ungewissen ob der Held überleben oder sterben wird. Das gilt natürlich auch imübertragenen Sinn, wenn es um nicht per se „Heroische Stories” geht.

Im Krieg der Sterne kommt dieser Horror auf Luke, Leia und ihre Ge-fährten zu, als sie sich in den Ka-takombendesTodessternesbefindenund in eine gigantische Abfallpressegeraten. Luke wird dort von einem krakenartigen Untier, das in dem Ab-wasser lebt in die Tiefe gezogen und so lange festgehalten, dass sich alle fragen ob er nicht bereits tot ist.

Jede Geschichte kennt diesen kriti-schen Augenblick, die Tortur in de-ren Verlauf der Held stirbt (oder zu sterben scheint) um dann wiederge-boren werden zu können.An diese Stelle sei bemerkt: In typi-schen amerikanischen Filmen sterben meist nur die Protagonisten, die im Verlauf der Geschichte keinen eige-nen Namen haben bzw. der nie auf-getaucht ist. Sozusagen dramaturgi-sches Kanonenfutter.Und das hat einen Grund.

Denn hier hat die Geschichte je-nen magischen Punkt erreicht, die die Reise des Helden so anziehend macht. Das bisherige Geschehen hat das Publikum dazu gebracht, sichmit dem Helden und seinen Schick-salzuidentifizieren.WasdemHeldengeschieht, geschieht auch dem Pub-likum. Man ist bereit gemeinsam mit dem Helden den Augenblick derTodesnähe zu erleben. Angesichts

der gefährlich Situation ist die Stim-mung nieder gedrückt um wieder aufzuleben, wenn der todgeglaubte Held wieder auftaucht.

Die entscheidende Prüfung ist das zentrale Moment aller Übergangs- und Initiationsriten rund um den Glo-bus. Sei es bei Buschmännern oder in Freimaurerlogen. Dem Initianten wird zunächst durch eine furchterregendeErfahrung das Gefühl des Todes ver-mittelt, anschließend darf er seine Wiedergeburt als neues Mitglied der Gruppe erleben.

Jede Geschichte braucht so eine Szene, in der es um Lebenund Tod des Helden geht - oder die ZieledesHeldenaneinem seidenen Faden hängen.

Belohnung.

Nachdem der Held die Todesgefahr überlebt, den Drachen getötet hat, die Prüfung seines Lebens überstan-den hat, gibt es für den Helden und das Publikum einen Grund zum Feiern. Er nimmt nun seine Belohnung in Be-sitz, den Schatz, die geliebte Person, den heiligeGral, ein Zauberschwert- kurz die Dinge wegen denen er auf-gebrochen ist.

In manchen Fällen ist das „Schwert” auch von ganz anderer Natur: Der Held hat sich nun Wissen und Erfah-rungen angeeignet, die ihn zu einem tieferen Verständnis oder gar zur Versöhnung mit den feindlichen Kräf-ten oder der Welt führen.

Im Krieg der Sterne rettet Luke Sky-walker nicht nur die Prinzessin Leia, sondern gelangt auch in der Besitz der Pläne des Todessterns, die im zu-

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SALE OF WASTEDigital, Down Town

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künftigen Kampf gegen Darth Vader eine wichtige Rolle spielen werden.

An diesem Punkt der Geschichte kann es aber auch sein, dass der Held einen Konflikt mit einem Elternteilbeilegt. Hier kann der Held - sei er nun männlich oder weiblich- aberauch seinen Frieden mit dem anderen Geschlecht machen. In manchen Ge-schichten tritt ein geliebter Mensch an die Stelle des Schatzes, den der Held erringen oder erretten musste, anstelle einer Siegesfeier kommt es zu einer Liebesszene.

Rückweg.

Noch ist der Held noch nicht aus dem Schlimmsten heraus. Der 3. Akt be-ginnt in dem er sich den Konsequen-zen stellen muss, die sich aus den Be-gegnungen mit den dunklen Mächten in der entscheidenden Prüfung erge-ben haben. Hat er sich bereits mit den Eltern, den Göttern oder denfeindlichen Mächten versöhnt, dann muss er jetzt damit rechen, dass sich diese wutentbrannt an seine Fersenheften. Die Filmgeschichte hat an diesem Punkt einige der besten Ver-folgungsszenen hervorgebracht. Die Mächte die der Held störte, als er sich des Schwerts, des Elixiers oderSchatzes bemächtigt, bedrängen ihn auf seinem Rückweg und wollen Ra-che an ihm nehmen.So werden auch Luke oder Leia von einem wütenden Darth Vader ver-folgt nachdem sie vom Todesstern geflohensind.

In E.T. ist das beispielsweise der Punkt wo die Jungs mit E.T. den Re-gierungsbeamten mit dem BMX Rad entfliehen und sich am Ende in dieLüfte erheben.

Dieses Stadium der Handlung mar-kiert den Punkt, an dem der Held den Entschluss fasst, in die gewohnte Welt zurück zu kehren. Er erkennt, dass er der anderen Welt den Rücken kehren muss, und begreift, dass noch nicht alle Gefahren, Versuchungen und Bewährungsproben ausgestanden sind.

Auferstehung (Resurrektion).

In alten Zeiten mussten sich Jägerund Krieger einer Reinigung unterzie-hen, ehe sie in die Gemeinschaftzurückkehrten, weil an ihren Händen Blut klebte. Der Heros der ins Reich der Toten hinabgestiegen ist, muss nun noch in einer aller letzten Prü-fung seine Auferstehung erleben, ehe er in die Welt der Lebenden zurück-kehren darf.Dabei handelt es sich nicht selten um einen weiteren Augenblick in dem es um Leben und Tod geht und in demdas Sterben und Werden, das der Held in seiner entscheidenden Probe durchlebt hat fast noch einmalwiederholt wird.

Das Ganze ist eine Art Abschlussprü-fung in der der Held beweisen muss, dass er seine Lektion aus der ent-scheidenden Prüfung auch wirklich gelernt hat.

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Sleep in the CityDigital, Times Square

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Das Erlebnis von Tod und Wiederge-burt verwandelt den Helden grundle-gend und er kann nun als wiederge-borenes Wesen in die Gemeinschaft zurückkehren.

Krieg der Sterne spielt in den Tei-len IV - VI durchgehend mit diesem Element. In allen drei Teilen findetsich noch eine letzte Schlachtszene, in der Luke Skywalker beinahe um-kommt - einen Augenblick scheint er sogar schon tot zu sein - um dann auf wunderbare Weise zu überleben. Und aus jeder dieser Prüfungen geht er gestärkt hervor und kann noch besser mit der Macht umgehen. Die-se Erfahrungen haben ihn Stück für Stück zu einem anderen Menschengemacht.

Rückkehr mit dem heiligen Gral.

Jetzt kehrt der Held in seine ge-wohnte Welt zurück. Doch seine Rei-se wäre sinnlos gewesen, hätte er nicht aus der anderen Welt einen Eli-xier, einen Schatz, den heiligen Graloder neu erworbenes Wissen mitge-bracht.

Luke Skywalker besiegt (zumindest vorläufig)DarthVaderunddieOrd-nung im Universum ist wieder herge-stellt und er besitzt das Wissen um die Macht.

Hat der Held nichts von seiner Reise mitzubringen, dann ist es dazu ver-dammt, sein Abenteuer zu wiederho-len. Von dieser Wendung machen ger-ne Komödien Gebrauch, in dem man eine letzte Sequenz sieht in der der alte Fehler des Helden noch einmal gemacht wird.

Das Paradigma der Reise des Helden.1. Akt 2. Akt 3. AktDie gewohnte WeltRuf des AbenteuersWeigerungMentorÜberschreiten der 1. SchwelleProben, Verbündete, FeindeVordringenzumempfindlichstenKernEntscheidende PrüfungBelohnung (Ergreifung derFackel des Schwertes)RückwegAuferstehung/ReinigungRückkehr mit dem heiligen GralKRISE KLIMAX

Abschliessender Ratschläge.

Die Reise des Helden gibt das mögli-che Grundgerüst einer Geschichte ab, eine Art Skelett, das noch mit Ein-zelheiten und überraschenden Wen-dungen gefüllt werden muss. Mansollte auch darauf achten, dass man

das hier vorgestellte Modell nicht sklavisch verwendet und dass sich die Grundstruktur zu sehr in den Vordergrund drängt und alle Auf-merksamkeit auf sich zieht. Die ge-zeigte Variante ist eine von vielen Möglichkeiten, nicht immer kommen alle Punkte in einer Geschichte vor. Was alleine zählt ist die Bedeutungder Reise des Helden. Die Bilder, de-ren sich die Geschichte in ihrer ein-fachsten Ausprägung bedient.

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Model JesusDigital, Syria

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Zusammenfassend.

Die Reise des Helden bedient sich universeller Bilder, die lediglich als Symbole für universale Lebenserfah-rungen dienen. Diese Symbole lassen sich beliebig den den Bedürfnissen der jeweiligen Geschichte und denVorstellungen der Gesellschaft im Allgemeinen anpassen. Deshalb lässt sich die Reise des Helden problemlos in zeitgenössische Dramen, Komödi-en, Liebesgeschichtenoder Actionfilme übersetzen. Dazubedarf eigentlich nur derÜbertragung alter symbolischer Ge-stalten und Requisiten inihre modernen Ebenbilder.

Beispielsweise die Figur der Mentors: Es kann ein Zauberer sein oder einSchamane, aber nichts spricht dage-gen, jede Art von Lehrer oder Men-tor an diese Stelle treten zu lassen.Sei es nun ein Arzt oder ein Thera-peut, ein kantiger aber gütiger Chef oder ein arger, aber im Kern netter OffizieroderGroßvater,Mutter,Va-ter, Tanzlehrer, ein kleines Kind, etc.jede beliebige Figur die unseren Hel-den „lehrreich” unterstützt, kann die Rolle des Mentors übernehmen.

Nach dem Grundmuster des Mythos lässt sich ein einfacher Comic genau so entwickeln, wie das anspruchs-vollste Drama.

Ikonologie nach Panofsky

Bei der Ikonologie handelt es sich um eine erstmals Ende des 19. Jahrhun-derts von Aby Warburg entwickel-te Methode der Interpretation von Kunstwerken. Diese wurde Anfang des 20. Jahrhunderts wesentlich von Erwin Panofsky (1892-1968) weiter-entwickelt, sowohl methodisch, als auch in ihrer theoretischen Begrün-dung und im Hinblick auf ihr Anwen-dungsgebiet.

Von der Kunst- zur Kulturwis-senschaft

Bei seinen Überlegungen zur Inter-pretation von Kunstwerken ordnet Panofsky die Kunstwissenschaft in ein übergeordnetes Bezugssystem der Geisteswissenschaften ein. Diese stellt er analytisch den Naturwissen-schaften entgegen, die sich mit nicht vom Menschen gemachten Dingen be-

schäftigen, während der Geltungs-bereich der Geisteswissenschaften menschliche Artefakte seien.1 Die Aufgabe der Geisteswissenschaf-ten sei es, „die chaotische Vielfalt menschlicherZeugnisseinetwas zu überführen, das man Kul-turkosmos nennen könnte.“2 Durch diese grundlegende wissenschafts-theoretische Annahme wird die Kunstgeschichte zu anderen interpre-tativen Wissenschaften (Soziologie, Archäologie, Literaturwissenschaft, Geschichte) hin geöffnet und nichtzuletzt die Begründbarkeitder Anwendung kunstgeschichtlicher Verfahren in anderen Wissenschaf-ten gegeben.

Die Ordnung des KulturkosmosAls ein wichtiges Prinzip führt Pa-nofsky die Reziprozität ein (bei ihm nicht so bezeichnet): bereits die Selektion der Gegenstände unserer Untersuchung setzt ein Prinzip der

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Two WorldsDigital, Syria

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Vorauswahl, damit auch eine Vorstel-lung vom Ganzen und dem Ergebnis mit ein. Auch in der Interpretation wird dieses Prinzip noch eine tragen-de Rolle spielen.Den Kulturkosmos beschreibt Panofs-ky als „eine raum-zeitliche Struktur“, wobei Artefakte nur unter Rückbe-zug auf diese Struktur verglichen, klassifiziert und interpretiert wer-den können.

Das Ordnen des Kosmos in den Geis-teswissenschaften ähnelt dem Ver-fahren in den Naturwissenschaften und erfolgt in drei Schritten: 1) Be-obachtung und Prüfung, 2)Dechiffrierungund Interpretationund 3) Klassifikation. Wichtig dabeiist, dass nicht nur „die Auswahl des Materials [...] in gewissem Grade durch eine Theorie oder durch eine allgemeine Geschichtsauffassungvorab festgelegt ist“, sondern auch im Verfahren selbst „jeder Schritt in

Richtung auf ein >Sinn ergebendes< System nicht nur die vorangegange-nen, sondern ebenso die folgenden Schritte voraussetzt“.Damit gilt das Prinzip der Rezipro-zität auch für das Interpretations-verfahren und muss analytisch mit-gedachtwerden–oderwiePanfoskyes formuliert: „Der Beginn unserer Untersuchungen scheint stets das Ende vorauszusetzen“.

Dass trotzdem neue Erkenntnis möglich ist, führt Panofsky auf die Elastizität des Systems zurück, die ermöglicht, dass das Ganze durch dieErkenntnisdesTeilesmodifiziertwird.8 Die Geschlossenheit des Sys-temsfungiert indiesemZusammen-hang als notwendiger Rahmen, um überhaupt den Teil erkennen undklassifizierenzukönnen.

ZumSubjektivismusproblemder iko-nologischen InterpretationDie wesentlichen Aspekte eines Wer-kes, so Panofsky, sind Idee, Form und Gehalt. Während die ersten beiden durch formale und topologische Ana-lyse erschließbar sind, ist der Gehalt inseinerZeichenhaftigkeitnichtof-fensichtlich. Der Gehalt eines Wer-kes, so Panofsky unter Rückbezug auf die Semiotik Peirces, ist die „Grund-haltung einer Nation, einer Epoche, einer Klasse, einer religiösen oder philosophischen Überzeugung [...] in einem einzigen Werk verdichtet.“

Da aber die Aneignungsprozesse bei Artefakten ästhetische sind, damit aber in einem gewissen Maße irrati-onale und subjektive Prozesse, ergibt sich das Problem der Objektivierbar-keit der gewonnen Interpretation. Die Aneignung von Artefakten fände im-merdurcheinNachschaffendesWer-kesselbststatt–einesNeuschaffens

inderRezeption.PanofskyfindetdieAntwort darauf nicht in der Wissen-schaftlichkeit der Methoden und Ap-paraturen selbst, sondern wiederum im Prinzip der Reziprozität: Bereits der Prozess des Nachschaffens ge-schehe auf Grundlage des gesamten Forschungssystems und garantiere damit die Zulässigkeit.12 Der Text,den der/die ForscherIn produziert steht im Austausch mitanderen Texten, die als Korrektiv dienen sollen. Panofsky spricht hier vom „geistigkulturellen Rüstzeug“ des/der Betrachters/in.

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Im ersten Schritt – der vorikono-graphischen Beschreibung – werdensomit die Formen (Tatsachen) und ausdruckshaften Eigenschaften des Artefakts beschrieben.

Diese Ebene kommt mit der prakti-schen Erfahrung als Werkzeug aus – es sollte sich eine Beschreibungergeben, die für alle angehörigen eines Kulturkreises kommunizierbar ist. Korrektiv ist die raum-zeitliche Verortung der formalen Gestaltung durch die Stilgeschichte.

In der ikonographischen Analyse, dem zweiten Schritt, werden die Bilder und Symbole des Artefakts inter-pretiert. Speziell auf der Ebene der Symbole ist der kulturelle Kontext der InterpretInnen von Belang, da die Symbole anhand des kulturellen Text-korpus decodiert werden müssen.

Die Terminologie bei diesem, wie auch beim ersten Schritt der Interpre-tation soll jedoch weder technisch noch subjektiv sein, sondern soll die vorgefundenen Formen und Symbole als Ergebnis der Auswahl von Hand-lungsalternativen beschreiben. Diese Lesart von Bildern als Abfolge von Handlungsprozessen geht stark in die Richtung eines sozialwissenschaftli-chenTextbegriffes. SoerklärtSöff-ner Texte als „Protokolle von Hand-lungen, die unwiderruflich vorbeisind, die sich aus der verschrifteten Textform [...] nie wieder hervorzau-bern lassen, sondern nur noch durch Protokolle repräsentiert sind.“

Das von Panofsky vorgeschlage-ne Verfahren berücksichtigt diesen Textbegriff in seiner Interpretati-onsmethode, indem sie die Zeichenals Ergebnis von Handlungsalterna-tiven zu dekodieren sucht. Im drit-ten Schritt wird die ikonologische

Interpretation geleistet. Dabei wird auf die „eigentliche Bedeutung“ oder den „Gehalt“ abgehoben. Die ikono-graphische Interpretation selbst ist synthetisch, nicht analytisch – derBedeutungsgehalt wird aus Zusam-menführung und Erweiterung der vorhergehenden Ebenen gewonnen.

Wie bereits vorher ausgeführt be-zieht sich der Gehalt auf kulturelle und soziale Normen, die der Bedeu-tung und formalen Gestaltung des Werkes zu Grunde liegen.Der Gehalt ist somit ein einigendes Prinzip, das sowohl dem sichtbaren Ergebnis wie seiner verständlichenBedeutung zugrunde liegt und sie erklärt und das sogar die Form be-stimmt, in der das sichtbare Ereignis Gestalt annimmt. Diese eigentliche Bedeutung oder der Gehalt liegtnormalerweise so sehr über dem Bereich des bewußten Wollens, wie die ausdruckshafte Bedeutung

darunter liegt. Indem das Kunst-werk hier als „Symptom von etwas anderem“fungiert, stößt diese Ebene der Interpretation in Felder angren-zender Wissenschaften (Soziologie,Geschichte,....) vor.

Eben diese Erweiterung des Feldes sieht Panofsky als Notwendigkeit an, um der Subjektivität der „syntheti-schen Intuition“ ein kulturgeschicht-liches Korrektiv beizustellen. Denn „gerade bei der Suche nach der ei-gentlichen Bedeutung oder dem Ge-halt treffen sich die verschiedenengeisteswissenschaftlichen Diszipli-nen auf einer gemeinsamen Ebene“.

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Love for the GameDigital, Syria

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Quelle: BILDDatum: 25.06.2010

9,5 Millionen Deutsche haben Al-koholprobleme. Für ein strahlendes Weiss. Junge von Fussballtor erschla-gen. Feuerdrama bei Mark Medlock: 4 Katzen und Rennmäuse geborgen. Liebe ist: wenn der Alltag zu etwas Besonderem wird.

Was treibt die Sternchen ihr Leben inderÖffentlichkeitbisindieletzteUngereimtheit auszubreiten?Was treibt die Journalisten es zu verbreiten? Was die Leser es zu er-fahren?ZuwessenNutzen?Ästhetisch-Plastischen Chirugie ?Kultivierung innerer Werte! Scheinju-gendlicher Perfektion.Der „Nude Look“ ? Der Kampf gegen Chronos ist von Beginn an der Ver-lorenste.

Susan Sonntag:DasFotografierenwirdaufzweiganzunterschiedeliche Weisen gedeutet: die einen verstehen darunter einen klaren und präzisen Akt des Wissens, der bewussten Intelligenz, die ande-ren begreifen es als einen vorintelek-tuellen intuitiven Akt.

Die Gegenüberstellung meines Ich und die Welt. Mein heimatloses, pri-vates, in einer übermächtigen Welt,

umherirrendes ich, dass die Realität dadurch meistert, dass es sie rasch zu einer visuellen Anthologie zusam-menfast. OderFotografiealsMittelumeineneigenen Bezug herzustellen zwischen mir und dieser übermächtigen Welt.

Moholy - Nagy 1936, die Fotografie fördere 8 ver-schiedene Arten des Sehens:das abstrakte, das exakte, das hoch-empfindliche,daslangsame,dasver-zerrte, das durchdringende, das si-multane, das verstärkte Sehen

Der Kult der Zukunft, des immerschneller werdenden Sehens, wech-selt mit dem Wunsch nach einer Rückkehr, in einer stärker vom handwerklichem Können bestimmte, reinereVergangenheit-ineineZeit,in der die Bilder noch etwas handge-machtes hatten, eine Aura.

Die Bohemekultur ist zu einer sinnlo-sen Dauerparty geworden.

Normalerweise greift der Mensch zur Kamera um das Schöne festzuhalten. Die Apothese (Verherrlichung) des Alltags. Paul Strand 1920; Eine Foto-grafieverändertsichmitdemZusam-menhang, in dem sie gesehen wird.AnselAdams:EineFotografieistnieZufall,sondernimmerAbsicht.Foto-grafie->heroischeKonzentrationder Aufmerksamkeit, ästhetische Disziplin, mystische Empfänglichkeit für die Welt.

Wo der Anspruch des Wissens ins Schwanken gerät, tritt der Anspruch der KReativität an seine Stelle.Die Wirklichkeit wird als unwirk-lich empfunden. Der Verzicht auf raffinierte Kameraausrüstung istfür viele Fotografen (Walker Evans, Cartier-Bresson, Robert Frank) schon fast zur Ehrensache geworden.

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SAVE TRADITIONDigital, Syria

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IchbetrachteesalsAufgabezufin-den, zu suchen, zu protokollieren, sich selbst zu erforschen, unvor-eingenommen zu beobachten. Kunst hat einen sehr desolaten Zustanderreicht. Standpunkt Cartier Bress-on: auf Farbfotos zu verzichten, weil die Farbe zur Malerei gehöre und das SW zur Fotografie. Sei es für wis-senschaftlich-industriell oder werk-zweckmäßige, sei es für die Presse oder die Familie, die Hauptanforde-rung der Fotografie ist: zu proto-kollieren, zu diagnostizieren und zu informieren.

Der Interessenkonflikt zwischenObjektivität und Subjektivität ist unauflösbar. Alle Aussagen über dieFotografiealsKunstmüssendieSub-jektivität des Sehens betonen. Alle Beurteilungen sind im Kern mehrdeu-tig und das erklärt das Unbeständige des fotografischen Geschmacks zu-tiefst banal.

Niemand hat angesichts eines Bildes vonderStaffelei,dasGefühl,esseivon der gleichen Substanzwie sein Gegenstand. Es stellt etwas dar oder es verweist auf etwas. Eine Fotografieistnichtnur„wie“ihrGe-genstand. Sie ist Teil , eine Erwei-terung des Gegenstands. Und sie ist ein wirksames Mittel, ihn in Besitz zu nehmen, ihn unter Kontrolle zu bringen.

Das Begreifen von Wirklichkeit, als eine endlose Kette von Situationen, die einander gegenseitig spiegeln

Die Fotografie kann als Mittel zurVergrößerung der Realität betrach-tet werden. Eine Realität zur der man keinen Bezug hat bzw. weit weg ist.

Das Gefühl, verschont zu sein vom Unheil, verstärkt das Interesse an der Betrachtung von BIldern des Schmer-zes, und indem man sie betrachtet, verstärkt sich wiederum das Gefühl, dass man selbst verschont geblieben ist.

Wo ist der Sinn für die Schönheit ei-ner zerbrochenen Tür wo der Putz abbröckelt, für das maöerische der Unordnung, für die Faszination der ungewöhnlichen Perspektive, für die Poesie der Kehrseite.

Die Kamera ist Gegengift und Krank-heit zugleich, Mittel zur Aneignung der Realität und Mittel zu Ihrer Ab-nutzung.

Guter Geschmack wird heute in einer technologisch orientierten Demokra-tie letztlich zu nichts anderem als zu einem geschmacklichem Vorurteil. Wenn die Kunst nichts anderes tut,

als guten und schlechten Geschmack zu erzeugen, hat sie völlig versagt. So kann sich guter und schlechter Geschmack ebenso deutlich in der Wahl des Eisschrankes, Teppichs oder Stuhls ausdrücken. Die Kunst des Fo-tografierensmussfreivonjederLo-gik sein. Dieses logische Vakuum ist erforderlich, damit der Betrachter es mit seiner eigenen Logik ausfüllen und das Werk auf diese Weise tat-sächlich vor den Augen des Betrach-ters Gestalt annehmen kann. So wird es zum unmittelbaren Spiegelbildseines Bewussteins, seiner Logik, sei-ner Moral und seines Geschmackes.Les Levine (Camera Art, 1975)

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Future WorldDigital, Syria

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hör auf zu hinterfragenwundere dich nicht über wunderdenk nicht zu viel nachüber krankheit, angst und zeitgeistdurchbrich deinen kerndes zweifelns und des selbstmitleiddu selbst lebst und liebst

Mein Fuss bin ichMeine Wunde bin ichMeine Gefühle bin IchMeine Bewegung bin ichMein Gesang bin ichMein Herz bin IchMeinFotografiebinichnicht

MeineBlicke,meineZiele,meinePers-pektivenändernsichdieganzeZeit.

24.01.2006Ich suche in den letzten Tagen eine Sinnfrage in meinem Tun. Ich blickte in den dunklen Himmel und spürtedie Millionen Sterne die auf mich winzigen Menschen blickten. So klein wurde ich und ich kam mir hilflosvor.

Aber meine Sinne beantworteten meine Sinnfrage: Ich sehe und fühle und höre und bin im Jetzt.

Ich kann lachen und weinen. Ich bin Ich, Mein Leben ist wirklich etwas besonderes, weil es so intensiv ist.Und jetzt fühle ich gerade eine im-mense Schönheit und Liebe. Vertrau-en in mich und

Selbstbewußtsein, dass ich gesund bin. Ich bin ein Krieger des Lichts.

5.03.06Und die Liebe weiß es. Sie ist da um uns zu zeigen was wir sind. Liebe ist das Stärkste was ich hier auf diesem Planeten besitze um die Angst vor dem Tod zu verstehen. Ich brauche dieAngstummichselberzufinden.

23.Mai.06Ja...Ich gehe positiv in den Tag. Ich habe heute eine dreiviertel Stunde länger geschlafen und gestern am Abend bin ich dann noch laufen ge-gangen und am Abend war eine lässi-ge Bandprobe. Bewegung ist wichtig.Heute melde ich mich für die Kunst-uni an!

Weihnachtstag 2009

Der Tag fängt fuer mich um 0600 an. Finstere Nacht. Kein Schlaf. Jet-lag. Ich lese einen Bericht über die Weltreligionen Christentum vs. Islam. Es ist der Tag Jesu Geburt in meiner traditionellen Umgebung. Die letzten Tage war jedoch Santa Claus ver-mehrt zu sehen.

Das Frühstück war überdreht. Fern-sehen und Computer regieren den weiteren Verlauf. Lebensroutine? Bo-red? Keinen Plan?

I saw Shakiras first Video andthought: Fuck what a real shit! I heard this years black eyed peas song and thought: Fuck what a real fuck this is this can´t be serious´!I see Gaga and think she is no mu-sician just a another performing artist. The pop mainstream is more disco and electronic nowadays

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Always Starting with KitschDigital, Syria

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what a focking shit. when i am jea-lous i am proud to be a jealous geek

26.12.09 6.35 amMein Geist ist wach und aktiv. Kein Schlaf nur Gedanken. Über Ethik, Moral und das Leben an sich. Meine Lieben,MeineZukunft.Meinen Bruder und den Streit an sich den wir im Leben führen. Was ist die Wahrheit ? Im Leben? Auf was kommt es an ?Entscheide ich mich für ein normales oder lebe ich schon seit langem ein normales. Wo bekomme ich meine An-erkennung in der Gesellschaft?Strebe ich nach Anerkennung unbe-wusst ? Meine Fragen meine Antwor-ten sind gefragt.Was beschäftigt mich in Wirklich-keit. Der Mensch. Das Bewusstsein. Das Unterbewusstsein. Meine Fehler. Mein Leben. Sehr egoistisch.Was danach kommt. Die Akzeptanz des Lebens danach. Das ich nicht al-

lein bin. Aber alleine die Antworten akzeptieren muss bzw. soll.Die Wahrheit. Die einzig richtige Wahrheit im Leben ist die Liebe. Die überdimensionale Liebe die uns Le-ben schenkt.

Die uns verletzt, nach der wir uns sehnen, sie unbedingt brauchen zum überleben. Ehrfurcht vor dem Le-ben. Meine Gedanken und mein Geist fühlen sich gerade so rein und al-lein. Gleichzeitig denke ich an meine Lieben in meinem Leben und danke „Gott“ und dem Leben an sich dass ich hier sein darf und es so erlebe wie ich es erlebe. Eine unglaubliche Dankbarkeit durchströmt meinen Körper. Die letzten Wochen waren einfach so unglaublich schön und ein-zigartig in meinem Leben. Ich kann es noch gar nicht glauben dass ich wieder hier bin in meiner „normalen“ Umgebung.BefindetsichmeineSeelemein Geist noch immer auf Reisen.

Vermutlich. Aber das ist das Schöne.Ein Teil von mir wird immer dort sein bzw. ein Teil immer in mir sein. Die Schöpfung respektieren. Meine Reise geht weiter. Hier in diesem Leben.Und ich habe Ehrfurcht vor diesem Leben und der anderen Seite die mich immer umgibt. Automatisch, unbe-wusst immer da ist.

Manchmal kann man sich gar nicht so ablenken wie man will und muss sich eingestehen dass man sich der ande-ren Seite stellen muss.„Sie“ besucht einen des öfteren, klopft manchmal leise an und wird wieder weggeschickt. sie kommt wieder und klopft lauter und pro-biert es wieder.

Diese „Stimme“ bemüht sich mich auf etwas aufmerksam zu machen. Eine Art innere Stimme die sich nicht nur inmirbefindetsondernimLebendadraussen.

Ein stiller Wegbegleiter. Der mir sagt: Keine Angst. Du schaffst das.Es ist normal das Leben zu leben. Die ganzen Farben und Harmonien zu suchen.

Zuhinterfragenundunsicherzusein.Auf den Boden fallen und nach unten zu blicken. Alles ist Leben. Alles ist in uns und um uns und miteinander verbunden.

Vielleicht muss man nicht nach Ant-worten suchen sondern alles nur akzeptieren. Sehr gefährlich. Ich bin mir bewusst dass ich einmal sterbe. nur einmal lebe.

Einmaleins. einmal sterben. einmal le-ben. Wird mich meine Arbeit ausfül-len? Egal was ich arbeite? Das Leben füllt mich aus. Meine Liebe. Meine Familie. Sarah.

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ANTI PHOTOSHOPDigital, Syria

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Aufmerksamkeitsgesetze haben ei-nen psychologischen, sozialen und biologischen Sinn Intensive Kont-raste, laute Geräusche, helles Licht, schnelle Bewegungen ziehen die Auf-merksamkeit automat.

real enemy is called reality

go inside close your eyesopen your mind and stay for a whilelisten through the noizejust short senseless messagesfor everybody out therekeepthefaithandfeeltheflowoutside it rains but inside it shinesthe streets are full of emptyness

21.07.03 Frühstücksbong und Cube 2 !

Kommunikation ist die Transformati-on von Rauschen zu Gestalt.

werner:“Wos haast du bist die ers-ten 3 Minuten ned zurechnungsfähig, du bist a gaunze stund ned zurech-nungsfähig!“ Michi:“ Mia mochts eh nix aus wenn i da von do herobn in Kehlkopf ausaschneid!“

Waagrechter Regen, ich spürte jede Pore wo sich Schweiß durchpresste, die 3 Schichten und die Jacke fühlten sich an wie eine 2. Haut, links und rechts von mir gab es nichts mehr, Aii thats fucking right...Aiii thats a true story, draußen tobt ein Schottland-sturm, wir futtern Packerlsuppe vom Gaskocher, Michi der Eckkübelschei-ßer, 300 Jahere alte bude mit ala-bama three song saukalt, klitschnass und mitten in schottland,

Der Bereich der „Echtheit“, dem Hier und Jetzt des Kunstwerks, entzieht sich der technischen Reproduzierbar-keit und wird dadurch entwertet. Die AutoritätdesWerkeswirdgetroffendurch:- mediale Techniken- eine Ungebundenheit der Repro-duktion an ein bestimmtes Hier und Jetzt- Die Reproduktiontechnik löst das Reproduzierte aus dem Bereich der Tradition

JeffWall // sich in das Bild hinein-gezogen fühlen //Theaterregisseur//keine Schnappschüsse sondern Ar-rengemants // der Malerei nähern durch „Altmeisterlichkeit“Manet // Bild - Spiegelbild, Betrach-ter - Betrachteten // Momentaufnah-men der Wirklichkeit die aber insze-niertsind//fiktiveWirklichkeit//Zitat JeffWall 1994: One paradoxi have found is that the more you

use computers in picture-making, the more handmade the picture becomesImitation einer Wirklichkeit // An-näherung an die Conceptart // Mit-tel der Fotografie:Wahl desOrtes,Blickwinkel und Beleuchtung //

Mit der ewigen Party sei die Welt nicht zu retten. Mein Fehler. Die Menschheit natürlich.

Das Schulsystem basiert auf Konkur-renz und Hierachie, ist ein systemati-sches Training in Außenorientierung. Kinder brauchen eine Beziehung zuLehrerInnen, in der sie sich aufge-nommen fühlen, damit sie die werden können, die sie ihrem innersten We-sen nach sind. Stattdessen herscht ständig Aufregung, nicht zu genügen, schlechter als der andere zu sein, schon wieder geprüft zu werden. In der Gesellschaft herschen die sel-ben Annahmen: Die Menschen seien von sich aus faul und müssten stän-

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Place for moreDigital, Syria

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dig durch Reize von Außen wie Geld, Status, Name, Konsum oder Druck, Zwang, Drohung mit sozialem Ab-stieg oder Ausschluss etc angetrie-ben werden und sie seien von Natur aus egoistisch und an Kooperationen, an Solidarität und Gemeinschaft mit anderen nicht wirklich interessiert.Und wir werden innerhalb dieses Glaubenssystems in diesen Annahmen bestätigt.MitderZeitglaubenwir,die ganze Welt ist so.

www.7generationen.atwww.lernwerkstatt.ws

It has to start somewhereit has to start sometimewhat better place then herewhat better time then nowall hell can´t stop us now

14. Mai 2010

Bald ist Halbzeit und ich fühle mich noch nicht wirklich in diesem Jahr angekommen. Damn. Wie soll ich das anstellen.

Soll ich mir eine Liste machen was ich im letzten halben Jahr alles erreicht habe. Kann ich nicht einfach dahinle-ben ohne von so vielen verschiedenen Faktorenabhängigundbeeinflusstzusein. Ist das das richtige Leben hier auf der Erde?

Meine Gedanken werden von melan-cholischen Gefühlen durchströmt, wie wenn ich ein kleines verlorenes Ding wäre mitten in einer unglaub-lichen Menschenmasse. Was kann es bedeuten: Aufmerksamkeits-Defizit?Allgemeine Unruhe und Unzufrieden-heit?

Sarah würde sagen, dass ich viel zu viel nachdenken würde und diese Ge-danken, die mir so in mein Hirn rein-rutschen, totaler Nonsense sind.

Berlin, bist das du? Muss man dich jeden Tag aufs Neue bezwingen und herausfordern? Ist das der melancho-lische Norden? Sind die Engländerdarum so mit genialen Humor geseg-net, weil es die einzig sinnvolle Waf-fe gegenüber diesem trüben, tristen Dasein darstellt?

Was ist mein Tun gegen dieses arm-selige Verhalten. Schauspielern, alles über mich ergehen lassen, mitspielen, streiten, mal in mich gehen und mein Astralwesen befragen was ich tun kann. Meditieren müsste man können, einfach so alles abstellen, was einem belästigt.

Sich geistig abwaschen, Geistig aus-schwitzen und die geistigen Zellenerneuern. Es heißt aufwachen. Der Mensch sein, der ich sein will.

„I live...and Life is part of my inspira-tion...it just happens out there. I never know what happens next.Inspiration is part of my creativity, i do not plan. I always experiment“

Das Gefühl der Beklemmtheit, Träg-heit, Dizzyness und Taubheit. Nicht richtig da, nicht richtig wach. Was in-teressiert mich? Die Menschheit? Das Leiden? Das Tagtägliche? Suchend nach Mitte? Die goldene Mitte?

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Are you sure that you know itDigital, Syria

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what you see is fakewhat you hear is fakewhat you taste is fakewhat you feel is fake

Henri Cartier Bresson

if you have to correct the picture it is a new one visual pleasure the rhymesofdifferentelements

some collect facts, somer are wri-ters // there is no rule how many pictures you take // eat drink crea-ting moments (mm) // you have to be yourself and forget yourself //you love you hate you live you die //life changes every minute // i do not enlarge images, i am just interested in the shot // eye, mind and heart have to be in a line //

Magnum Photography

PhillipJonesGriffiths(Vietnam)Martin ParrEve ArnoldMarc RiboudLarry TowellBurt GlinnDavid HurnRene BurriLeonard FreedJosef KoudelkaIan BertyDennis StockMartine FranckLuc DelhayeDonovan Wylie I do have respect of realitybut it is hard to understand

If you want ityou get nothing

we can only see what we know

Das Kunstverhältnis

Es ist eine Dreiecksbeziehung zwi-schen der geistigen Unerschöpflich-keit der Kunst, ihrem freien, unge-genständlichen Formprinzip und dem ihr inhärenten Lustmoment als Gabe und Übergangsprojekt.

Sie bestimmt sich im Verhältnis zu dem, was sie nicht ist. Sie ist weder Arbeitsprodukt, noch Natur, sondern etwas, dass es in diesem Sinne empi-risch nicht gibt: nämlich freie Form und bestimmte Negation der vorhan-denen, fertigen Welt.

Form ist, so kann der Natur und Kunst vorläufiggesagtwerden,einenergi-scher Impuls, der Materie ungleich-mäßig verteilt, wie Wasserdampf in der Luft, Tinte auf Papier, Wasser auf Eisen: ihre zufällig, stetig sich ändernde Gestalt generiert sich selbst, autopoetisch und prozessual.

Frühkindliche Sprachäußerungen und spielerische Gesten und Gebilde sind für das Kind bedeutungsfrei, bedeu-tungslos. Es sind Informationen ohne Inhalt und Botschaft, aus purer Be-wegungss- und Formfreude.

Die Frage: Was ist Kunst? oder: Ist das Kunst? führt dagegen aus dem Verhältnis sofort hinaus. Es ist eine alte Erfahrung - mit der Kunst wie mit der Liebe: Beide sind ein Ver-hältnis und nicht einzelne Dinge für sich. Also ohne Liebe keine Verlieb-ten, ohne Kunst weder Künstler noch Kunstwerke? Jedenfalls wird ohne ein Verhältnis aus den einzelnen Din-gen keine Kunst.

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Parking LotDigital, Syria

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Andreas Gursky and I are peering at a photograph of one of Mexico City’ssprawlingandhorrificgarbagedumps. Somewhere in the picture - amidst the sea of waste and debris - are the children who helped him set up the shoot. ‘It was an amazing experience,’ he remembers, ‘because I drove there with two bodyguards but didn’t need them in the end, as it turned out that the youngsters weresohelpful.Iofferedthechild-ren money but they didn’t want it.’ Our heads are nearly touching as we scrutinise the picture, looking for Gursky’s unpaid assistants. ‘We will findone,’hemurmursbeforeindica-tingastick-likefigureadriftintheslick of refuse. ‘Ah…maybe here,’ he says.

Under normal circumstances our task would have been considerably easier - the one thing that everyone knows about Gursky is that he makes very,

very big pictures that are both as-tonishingly sharp and eminently rea-dable. A couple of paces towards the photograph are all that is usu-ally required to ensure the legibili-ty of individual details. But we are looking at a radically reduced image, one that measures a mere 55cm high (frame included) as opposed to the customary wall-sized dimensions of his full-scale prints.

The Mexico picture and nearly one hundred other similarly sized examp-les are part of a comprehensive ret-rospective of his work, (currently on display at the Vancouver Art Galle-ry) - a show that ranges from mo-dest views of suburban hometown Dusseldorf in the early 1980’s to the full-blown epic productions of recent years. Hanging alongside the small-scale copies that have been made especially for the exhibition are several of the more recent large

format prints, many of which stand at over 3 metres tall. The irony is that by shrinking most of the pho-tographs and thereby enabling such a generous overview of his career...a bigger picture emerges.

Gursky is softly, slowly and thought-fully spoken, dapper in an understa-ted way, and not altogether at ease amongst the drilling and hammering ofgallerystaffinstallingtheshow*.He looks well-kept and well-groomed - young for fifty-nine - and sportsa tan which I suspect he didn’t get in Dusseldorf’sVolksgarten.Were-tire from the melee and I ask him how he feels about seeing his work in such an unfamiliar, diminished for-mat. He makes to answer but firstrequests that the installation work be silenced.

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Die Kunstfreunde sagen beispiels-weise: Duchamps oder Beuys´ Objek-te sind Kunst weil sie hier und heute nichts anderes sind als Kunst.Die Anderen: Sie sind keine Kunst, sondern ästhetische Provokationen eines selbstfällig gewordenen Kunst-betriebs.

„Die Verklärung des Gewöhnlichen“:Die das Machen vom Nachmachen un-terscheidet, die Freiheit vom Origi-nal von der Fron der Kopie.

Das ist doch alles Sauerkraut. Der Unsinn des Lebens.

Freilich müssen wir in der Ordnung, der Struktur bleiben, dass es den„Austritt aus der Gesellschaft“ nicht gibt. Innerhalb dieser Grenzen haben wir aber den Blick auf das Unerwar-tete, Unmögliche und Unerreichbare gerichtet.

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There was Time EnoughDigital, Syria

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As if to demonstrate the logistical headaches the dimensions of his work can cause, he gets out his ipho-ne to show me two pictures of an unfinished and scaffolded concreteroom,  remarking ‘Forexample,nowI am constructing a big underground storage area for my work which will have the facility to hang sixty of myfive-metrelongframedprints.’Ifbunker-building appears extravagant it is worth remembering that Gursky is one of the world‘s most bankab-le photographers; in 2007 a diptych from the 99 Cent II series was the first photographic image to sell inexcess of $3m.

As he has chosen all the photographs to be included in the exhibition, I wonder if the selection process had caused him to revaluate any earlier episodes or directions. As before, he answers precisely and thoughtfully inEnglish,butnotwithoutfirstcon-ferring with an interpreter.

‘Well, if I am installing an exhibiti-on I don’t just choose the strongest works, it’s also about which works sit together best. But you will see that some older pictures always ap-pear in the big exhibitions: like the early landscapes, the Klausen Pass, and the cable car in the Dolomites. For me these are very important pictures and I think they will stay that way - they are good enough to exhibit even after twenty or more years.’

A similar sense of stability and con-tinuity underlies his account of his own development as a photographer: ‘I was educated by Bernd and Hilla Becher (and before that by Otto Steinert) and my father was an ad-vertising photographer - so I had these different influences and wasexposed to different aesthetics.Then my time at the Akademie in Dusseldorf, where I met Josef Beuys, Gerhard Richter, Kasper Koenig and others, was really important. I expe-rienced all those influences and mywork developed - very slowly - as a result. For example, if you look at a picture like Bahrain II from 2007 you can see that in terms of composition itcomesfromtheinfluenceofHillaand Bernd Becher: it has a central perspective and it is photographed from an elevated position - and this is a way that I often approach my subjects.’

‘Right now I don’t have enough di-stance from the work, because for me it is a new experience and I am still not accustomed to the smaller pictures. But from what I have seen I must say that I like seeing both sizes together. The pictures are not so small that you can’t recog-nise anything; and they are still big enough that if you approach them you can get many details. But the-re are also images like Kamiokande whichcan’tbereadin asmallsize- it can only develop its power in a bigger format.‘

‚Also the smaller scale gives us the possibility to have a real retros-pective here - in this space - which wouldn’t be possible if I were only showing the big sizes. I think there is only room here for about thirty of my full-sized photographs.

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It is more that it looks likeAnalog, Paris

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bitious use of digital re-touching and manipulation techniques. This is nowhere more stark than in the exhibition’s juxtaposition of an early work - an unremarkable image of a gas cooker - and its last, an extra-ordinary self-portrait in which the photographer has pictured himself in an area bounded by a ‘wall’ made of layers of an indeterminate cell-like structure. It is based on the interi-or décor of a German club, Cocoon, but that is as near as the photo-graph gets to a tangible reality. In fact Gursky created the environ-ment digitally and then added the photograph of himself to the image. He appears holding a section of the computer-generated‚wall‘-arefle-xive, arch reference to his role as creatorofartifice.Isuggesttohimthat there is a lot of ground sepa-rating the two images, cooker and self-portrait.

‘Yes, that’s a long distance - because my earlier work, the photograph of the gas cooker, is based on visual ex-perience. It was my gas cooker and I was cooking with it; and then after a while I saw it as an image. This was how I worked earlier in my ca-reer. There are more examples; for instance, the abstract photographs - including the grey carpet and the street scene at night - are bizarre pictures which are based on the fact that, just by chance, I would see the structure for a photograph. The street scene happened when I was looking at the ground during a con-versation with my girlfriend. I can honestly say I no longer work in the same way .’

‘Now I think about photographs. The last photograph in the show is in-fluencedbyaclubthat is runbyafriend of mine. And although it’s a picture of me…in a way it’s no lon-

ger a photograph. I am photographed, and a young person and some of the details are photographed too. But the whole space is completely ar-tificial - it’s calculatedwith an ar-chitectural software programme; it’s not photographed. So yes, it is a long way indeed from the early pictures.’

With the direction of his latest work in mind I ask how important photo-graphy is to his practice, whether he might one day be known as a ‘com-poser of pixels’, say? But he’s having none of it - ‘Even with that last pic-ture there is no doubt that I did it with photography,’ he maintains, ‘yes, I did some of it without a camera, but because there are realistic ele-ments in this picture you read it as a photograph.’

The mention of fellow students in-evitably prompts comparisons with other Becher pupils and I put it to Gursky that of all the illustrious graduates of the Dusseldorf Kunst-akademie he had moved furthest from their teachers‘ precepts.

‘Yes’, he agrees, ‘I have progressed. Axel Hutte, Thomas Struth or Candi-da Hofer, for example, still all work onspecificsubjectsforcertainperi-ods. But in my case I don’t distingu-ish between one area and the next - for me it’s much more of a slow process. But I also think that if you comparemetoThomasRuff,youcansee that he has moved on as well because what he is doing is maybe more like the work of a scientist who istryingtofindoutwhattheessence of photography is.’One tendency that emerges within the ‚bigger picture‘ of the retros-pective is Gursky‘s increasingly am-

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Now and ThenAnalog, Paris

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finished image is a composite. ‘Theamount of people is more or less ex-actly how it was,’ he explains, ‘but for technical reasons I shot in dif-ferent stages: you have to focus on the foreground, the middle ground, then the background.’ The clarity and detail are of course stunning - you can even make out the smiles on the faces of the happy Communists. But as with so much of his work it is the camera position that makes the picture; and in this case it was particularly hard won.

‘I asked for a high position and they gave me a place which wasn’t high enough…and so I asked for an even more elevated position, because if you are in a very high location you can read the choreography much better. In the beginning it was really difficult but by the end they werereally helpful. So day by day I got better positions until in the end I

was on this gallery with a big por-trait of Kim Il Sung, and a small altar to him with flowers. They clearedeverything away and gave me this God’s Eye view where Kim Il-Sung watched from.’

Elevation - the trick he learned from the Bechers - is key. For his former mentors it furnished a means of re-cording square-on the blast furnaces and cooling towers of a disappearing industrial past. Gursky, typically, reaches for higher heights, not con-tent until he‘s up there with God. And Kim Il-Sung.

© Guy Lane, 2009.

Just as the increased use of digital post-production techniques consti-tutes a move away from an earlier modus operandi, so too does a fo-cus on the mass media as a source of subject matter: ‘Now I have a big archive where I collect images and after a while I lay everything down in the studio and I think about which subject is worth researching. Whe-reas in the past, in the 80’s when I did the landscapes, I researched more by travelling and discovering the world visually, now I am much more focused on reproductions, the internet and TV.’

The astonishing Pyongyang IV, one of the large scale prints in the show, is a case in point. Gursky originally saw a news photo of North Korea‘s spec-tacular Arirang Festival - the last word in Communist crowd control - then proceeded to negotiate access to the country and the event. The

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Now it is betterAnalog, Paris

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Deine Fotografie für dich istWahrscheinlich die wichtigste Kons-tante meines Daseins.

Du betreibst einen Blog über Straßenfotografie, ist das dein Lieblingsbereich der Fotografie?Mein Blog ist nicht speziell auf Street fokussiert. Ich habe mich 2006 dazu entschieden, alle Fotos die mich persönlich interessieren oder mit meinem Leben zu tun ha-ben in einen chronologisch narrativen Blog zu stellen. Das war noch vor Fa-cebook.Flickrfindeichbisheutezuunübersichtlich. Vor lauter Euphorie über das unerwartet große Interes-se habe ich anfangs mehrmals die Woche gepostet ohne Rücksicht auf Umfang und Inhalt zu nehmen.DafürhabeichheutekeineZeitmehr,daher kann ich nur noch alle 2 bis 3 Wochen Neues hochladen. Ein Eintrag nimmt inklusive Filme selbst entwi-ckeln, scannen, Bildformat aendern,

hochladen, sortieren und schreiben um die 20 Stunden Arbeit in An-spruch, machmal mehr, das ist schwer zu sagen. Bei der Selektion habe ich mich irgendwann entschieden den Fokus mehr auf Street zu setzen und die Fotos aus meinem engeren per-sönlichen Umfeld zu reduzieren, da ich es als weniger relevant für die Öffentlichkeiteinschätze.Prinzipiell habe ich mein Interesse das anfangs der Architektur galt bald auf Menschen gerichtet. Por-traits habe ich mir lange nicht zuge-traut, also habe ich angefangen, mein Leben und das anderer eher spontan als inszeniert zu dokumentieren. Ich bin prinzipiell der Meinung, dass in der Fotografie keine Portraits exis-tieren da es nur Momentaufnahmen von Menschen in diversen Situatio-nen und Kontexten sind. Es geht um genau diese Momente, die entweder Kommunikation einfangen oder eine Szene, jedoch niemals eine Person

selbst – sondern wie sie auf einenwirkt.Für mich stellt der größte Reiz in der FotografiedasFesthalten (imengli-schen „capture“) von nicht Wieder-kehrendem dar.

Was benötigt man deiner Mei-nung nach für eine gute Straßenfotografie?Eine Kamera mit der man in jeder Si-tuation bereit ist, die Dinge so ein-zufangen, wie man sie wahrnimmt. Das ist natürlich bei jeder/jedem verschieden. Ich kann nicht sagen, welches System oder welche Heran-gehensweise die beste ist. Das muss jede/r für sich selbst herausfinden.Ich habe viele Varianten probiert habe mich für das Leica Sucherkame-ra System entschieden.Straßenfotografie funktioniert in-stinktiv. Ständige Aufmerksamkeit undfotografischeRoutine sindVor-raussetzung. Ich richte mich dem was

um mich geschieht und suche nicht bewusst nach bestimmten Situatio-nen.

Viele Fotos von dir wurden in Amerika aufgenommen, womit beschäftigst du dich dort?Das ergibt sich aus meinen Reisen. Dieses Jahr war ich 2 Wochen in New York, dem Mekka der Street Fotografie. Ich habe dort in dieserrelativkurzenZeitsovieleguteFo-tos gemacht wie sonst in einem Jahr. DashatteichmiraberauchzumZielgesetzt.

Hast du weitere Ziele in Bezug auf Fotografie?MeinwohlgrößtesZiel istes, dasseines Tages mit meinem Namen und meiner Arbeit ein bestimmter Stil derFotografieassoziiertwird.Aner-kennung von jenen, die meine Arbeit zu schätzen wissen, ist mir wichti-ger als die der breiten Masse. Ich will

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American BeautyDigital, Paris

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niemandem meine Arbeit aufzwingen. Popularität hat in der Kunst für mich nichts verloren, dafür gibt es die Popkultur. Es ist wichtig zu wissen ,wo man steht und in welcher Welt man sich bewegt.

Was kann in Arbeiten anderer Fotografen Dein Interesse we-cken?Mich interessiert eine eigene Her-angehensweise an das Medium. Au-thentizität ist dabei am wichtigsten. Ästhetik undTechnik sind fürmichnurMittelzumZweck,diezumKon-zept der Arbeit passen müssen. Es langweilt mich nichts mehr als schö-ne Fotos ohne Tiefsinn. Umgekehrt halte ich nichts von angedichteten Konzepten, dieFotografieneineDa-seinsberechtigung verleihen sollen.Die Art der Präsentation sollte der Arbeit einen Raum geben, in dem sie sich entwickeln kann.

Wer ist Dein(e) Lieblingsfotograf(in)?So etwas gibt es für mich nicht, Per-sonenkult liegt mir fern. Anders ver-hält es sich bei der Wertschätzung für einzelne Kunstwerke an sich. Da gibt es jedoch zu vieles, als dass ich mich festlegen könnte. Kunst funkti-oniert nur während des Rezipierens. Eine Ausstellung ist für mich erfolg-reich, wenn der/die KünstlerIn mit mir über die Arbeit kommuniziert. Mir passierte dies zuletzt bei Ken-neth Josephson in einer New Yorker Gallery.

Welche Websites besuchst du regelmäßig?Keinespezifischen.FürStraßenfoto-grafiekann ichhttp://www.in-public.com empfehlen.

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„AM ANFANG WAREN DIESE JOG-GINGANZÜGE“DenBerlinerKünstlerTobiasZielonyzieht es an die Ränder der großen Städte in aller Welt, wo die Tage lang sind und Jugendliche in Gruppen ziellos herumhängen. Seine lakoni-schen Fotozyklen zeichnen das Bild einer globalen jugendlichen Ennui. art sprachmitZielonyüberschrumpfen-de Städte, Drogen und Sensations-lust.// KITO NEDO, BERLIN

Wie bist du zur Fotografie ge-kommen?

Als ich nach Newport kam, war das ein wichtiger Moment. Dort habe ich Dokumentarfotografie studiert. DagabesdieZielrichtung,späterganzklassisch für Magazine zu arbeiten. In diesem Rahmen habe ich auch an-gefangen, an meinen ersten Serien zu arbeiten. Ein Auslöser war das Fach

Street Photography. Da habe ich de-nen gesagt: Ich will was zum Thema Jogginganzüge machen. Meine Lehrer sahen zwar keinen Zusammenhang,aber ich habe das trotzdem gemacht. Das Thema entsprang einer Beob-achtung. In Newport hatte ich das Gefühl, dass alle Jugendlichen diese Jogginganzüge trugen. Das war um 1999.

Danach hast du in Leipzig bei Timm Rautert studiert.

Nach Newport war das die Antwort auf die Frage, für welchen Kontext entscheide ich mich. Wo sehe ich meine Arbeit. Die Sachen die ich ma-che,haben jareportageartigeZüge,aber Magazine sind nicht der Ort für meineArbeit.DieOffenheitoderdieAmbivalenz, die in den Bildern steckt, wird ja immer wieder reduziert auf eher stereotype Geschichten: Ar-beitslosigkeit, Gangs, Gewalt, Peer-

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When the conversation is finding its wayAnalog, Paris

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groups – solche klassischen journa-listischen Themen. Ich habe dagegen einenKontextgesucht,woichoffe-ner arbeiten konnte.

Wann hast du gemerkt, dass Bildjournalismus nichts für dich ist?

Einmal bin ich zum „Guardian“ nach London gefahren und habe denen meine Bilder gezeigt. Die haben ge-fragt: „Mhh ... und was ist die Ge-schichte?“ Ich habe gesagt: „Na die Jungs, die da rumhängen, nichts zu tun haben und Jogginganzüge tra-gen.“ Die Guardian-Leute fragten noch einmal nach: „Ja, aber was soll die Geschichte daran sein?“ Da war mir klar: Sie sahen keine Story, aber vielleicht ist für mich genau das die Story. Das war mein einziger Versuch, mit meinen Bildern in irgendeine Re-daktion zu gehen und dort anzubie-ten. Das ist grandios gescheitert.

Aber in der Kunst gab es Inter-esse an deinen Bildern?

Auch das war nicht einfach. Da gab esauchAbwehrreaktionen–eswärezu dokumentarisch, zu narrativ, man könne so nicht mehr fotografieren,ungefähr in die Richtung. Es gab dann verschiedene Momente, wo es Inter-esse gab, etwa das Projekt „Schrump-fende Städte“ oder die von Nicolas Schafhausen kuratierte „Populism“-Ausstellung. Im Falle von „Schrump-fende Städte“ war es so, dass ich in Hallefotografierthatte,ohneetwasvon dem Projekt zu wissen. Die sind dann irgendwann über meine Sachen gestolpert.DaswareinfachZufall.

Mit welchem Material arbeitest du?

Mit ganz normalen Analogkleinbild-kameras. Es gibt auch ein paar Ar-beiten im Mittelformat und Dias. Ich

habe auch eine Digitalkamera. Aber meine Arbeitsweise, die ich über die Jahre entwickelt habe, das Farblabor, das gebe ich nicht so einfach wie-der auf. Ich arbeite schon mit guten Kameras und guten Objektiven, aber für ein Wundermittel halte ich das nicht. Ich glaube nicht daran, dass man mit besseren Kameras bessere Fotos macht. Ganz normale Filme, ganznormaleKameras –das isteindemokratisches Prinzip.

Hat dich das nächtliche Foto-grafieren früher mehr interes-siert?

Es gab nach „Trona“ weitere Serien, die hauptsächlich in der Nacht fo-tografiert sind, aber ich löse michlangsam davon. Inzwischen gibt es ja auch eine Reihe von Filmen, Tex-te werden immer wichtige in meiner Arbeit. Bei Trona ging es mir einfach um dieses Licht in der Wüste, was

ja auch immer wieder mythisch re-produziert wird. Bei mir ist es eher blass, nicht der knallblaue Himmel und endlose Weite, sondern hat et-was Klaustrophobisches.

Wie bist du eigentlich auf Trona gestossen?

Ich war durch ein Stipendium in Los Angeles.AusderZeitgibteszweiSe-rien, eine Nachtserie aus Los Angeles und die Trona-Serie. Diese Wüsten-bilder aus Trona sind sozusagen das Gegenbild zu L.A. Ursprünglich hatte mich interessiert, wie weit sich die Stadt in die Wüste ausdehnt. Aber Trona ist wirklich jenseits von Gut und Böse, man kann es nicht mehr als Vorort oder Rand von Los Ange-les bezeichnen. Trona ist im Grunde ein vollkommen isolierter Ort. Bis zur nächsten Stadt ist es eine Au-tostunde. Es kommen öfter Leute durch, aber sie halten nie an, weil

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Trying to be politeAnalog, Paris

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es so unheimlich ist. Es riecht stark nach Schwefel vom Chemiewerk, und es knallt immerfort aufgrund irgend-welcherVerpuffungen,aberesklingtwie das Abfeuern von Schüssen. Da laufen halt komische Typen über die Straße, kaputte Autos stehen am Straßenrand. In Trona hatte sich auch mal Charles Manson versteckt. Wenn man das in Beziehung zu L.A. setzt: Das ist ein Ort wo man sich hinflüchtetoderstrandet,wennmanüberhaupt kein Geld mehr hat oder in Ruhe Drogen herstellen möchte. Andererseits gibt es auch Leute mit wenig Geld, die in Trona ihren Le-bensabend verbringen wollen. Man kann sich da für ein paar Tausend Dollar ein Haus kaufen.

Andreas von Bilderbuch

Was ist für Dich unheimlich ?Ein Leben nach dem Tod, alleine eine Wohnung beziehen zu müssen und das einhergehende, grauenhafte Ge-fühl von Einsamkeit.

An welche Abenteuer des Sehens erinnerst Du Dich (Negativ so-wie Positiv) ?Ich bin praktisch (ohne Brille) blind wie ein Huhn. Demnach seh ich weder positiv noch negativ.

Welche Zukunft erträumst Du Dir als Mensch / als Musiker ?Ich bin da recht romantisch (manche mögens nennen ‚konservativ’) ver-anlagt. Ich finde es tatsälich nochschön, eine Familie zu gründen, Häu-ser zu bauen, Kinder zu bekommen, Hundezupflegen,Katzenzuquälen.Und meine Erfüllung in diesem Auf-fangbeckennamensFamiliezufinden.

Inwiefern eine Zukunft als Musikermöglich ist, steht noch in den Ster-nen.

Gibt es ein Menschenbild 2010?Mensch 2.0. Der Mensch, (ich ein-geschlossen) ist jedoch leider zu schwach um sich von Hypes/Trends (soziale Netzwerke etc.) loszusagen. Ichfinddasfurchtbarundblickdemeigentlich mit sorgenfaltiger Miene entgegen...

Was würdest Du Dir mehr wünschen ?MehrZeit.Dumusstwissen, ichfülldiesen Fragebogen aus nach einem wunderbaren Wochenende mit meiner Freundin in OÖ. Und jetzt sitz ich hier auf meinem Bett in Wien, vermisse sie wirklich ganz schrecklich und wünsch mirmehrZeitmitihr.Gott,dasklingtzwar kitschig, ist aber tatsächlich die pure Ehrlichkeit, die aus mir spricht. ZumindestjustindiesemMoment.

Wie würdest Du Dich weltan-schaulich positionieren ?Ich schwebe zwischen Dionysischem und Appolinischem Weltbild. ;) Nee Quatsch, ich bin ein kleines pessimis-tisches Sensibelchen, dass viel über alles nachdenkt, gegebenfalls auch reflektiert und hoffentlich irgend-wann zu einer Antwort auf diese Frage kommen wird...

Was bereitet Dir besonders Freude?MichmitMusik in eine andereZeitmeines Lebens zurückfallen zu las-sen.IcallitBackflash.

Wo siehst Du Deine Grenzen?Ich schluck manchmal zu viel in mich hinein, und lasse Dinge zu, die mir nicht gut tun.

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Where is your friend tonightAnalog, Paris

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Welches waren die herausra-gendsten Leistungen in Deiner Laufbahn?Ein Highlight war für mich meine Ma-tura. Da ich sie als großes Ding einer wunderbaren, extrem erfüllten Zeitsehe. Eine Art schönen Abschluss.

Was sind Problempunkte in Dei-ner Branche und was wäre zu tun, um diese zu lösen?Meine Branche? Du meinst das Mu-sikbiz? Da läuft viel zu viel falsch, ich seh mich jedoch nicht in einer Po-sition dies zu kritisieren oder gar zu ändern. Dafür sind wir viel zu kleine Fische.

Alle Menschen haben Komplexe – welche Komplexe hast Du?Angst. Vor Verlust und Versagen. Glücklicherweise hat es noch nicht Überhand genommen.

Was wäre das Schlimmste, was Dir passieren könnte?Langeweile. Und wie bereits erwähnt: Die Erkenntnis, allein zu sein.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?Max Frisch’s „Stiller“.

Wie würdest Du Dich selber als Person beschreiben ?Ich liebe Musik. Ich höre in allen Ob-jekten ein Lied und komm nicht mehr los davon. Ich bin sensibel, leicht ver-letzbar und manchmal auch ein biss-chen stur. Trotz allem, denk ich, kann ich ganz gut mit mir leben.

Peter von Bilderbuch

Was ist für Dich unheimlich ?Gefangensein ist für das unheimlichs-te. In einem Raum gefangen, mit 100 Türen und der Schlüßel ging verloren. Keine Chance zu entkommen, obwohl die Fluchtmöglichkeit so nahe ist.

An welche Abenteuer des Sehens erinnerst Du Dich (Negativ so-wie Positiv) ?Sehen an sich ist schon ein großes Abenteuer. Erst jetzt gerade in der U-Bahn. Das Beobachten von Men-schen und Dingen. Möglicherweise das Erkennen vom Schönen, aber auch vom Hässlichen. Das Beobach-ten ist eine große Freude, ein großes Geschenk, kann auch ein Abenteuer sein, weil man durch die Beobachtung sehr viel von den Menschen, und der Welt an sich erkennen, und insofern verstehen kann. Durch die Kombinati-on dieser kleinen Bausteine, die unse-

re Wahrnehmung ausmacht, kann man versuchen, die Welt zu verstehen. Dabei hilft der Anblick eines schä-bigen Sandlers in der Straßenbahn, der sich, mit Bier bekleckert, über den „sogenannten Sozialstaat“ mo-kiert, oft mehr, als der vom schönste Sonnenuntergang auf einem men-schenleeren Sandstrand, wobei ich dem zweiten Bild, keineswegs seine Relevanz absprechen will.

Welche Zukunft erträumst Du Dir als Mensch / als Musiker ?Natürlich erträume ich mir großen Erfolg. Ich erträume mir, dass meine/unsere Musik verstanden wird, und möglicherweise auch gelobt, gehört undgekauftwird.Zubehaupten,ichmache meine Musik rein zur Selbst-verwirklichung, wäre gelogen, auch wenn mir das Musikmachen sehr gro-ßen Spaß macht, und mich auch im-mer wieder aufheitert, und ich ohne der großen und wichtigen Musik oft sehr traurig wäre.

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To tell the TruthAnalog, Paris

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Gibt es ein Menschenbild 2010?Natürlich gibt es ein Menschenbild. Allerdings ist die Frage, ob es über-haupt einen Menschen gibt, der die-sem Ideal entspricht. Ich werde mich hüten diese Frage wirklich zu beant-worten, weil mir bewusst ist, dass mögliche Antworten stark stereo-typisierend sein können. Ich würde mir nichts mehr wünschen, als einen Überblick über das Menschsein an sich zu haben, als dieses Menschen-bild der Gegenwart zu verstehen, da ich dies nicht tue, kann ich die Frage nicht wirklich beantworten.

Was würdest Du Dir mehr wün-schen ?Ich würde mir wünschen oft mehr Antrieb zu haben, besonders kreati-ven Antrieb. Und ich würde mir sehr oft wünschen, meinen Biss nicht so schnell zu verlieren, ein bisschen mehr Durchhaltevermögen wäre oft ganz nett.

Wie würdest Du Dich weltan-schaulich positionieren ?Schwierige Frage wieder. Ich esse Fleisch, beim Betreten eines Schlacht-hauses wird mir allerdings übel.

Was bereitet Dir besonders Freude?Auf der Bühne zu stehen ist eines der stärksten Gefühle, die es gibt. Insofern empfinde ich es als großeFreude, einmal nicht mit den wah-ren Problemen konfrontiert zu sein, sondern mit meinem Bass ausgerüs-tet, gegen die Menge anzukämpfen, und wenn es gut geht auch mit ihr zu kämpfen.

Wo siehst Du Deine Grenzen?Alles was nicht mehr in meiner Macht steht, all das sind Grenzen. Diese Grenzen können allerdings mit Hilfe anderer Menschen übertreten wer-den, wenn man sich darauf einlässt –wennmanseineGrenzpostenfrei-

gibt,dieWaffenniederlegtundoffenwird.

Welches waren die herausra-gendsten Leistungen in Deiner Laufbahn?Alles in allem waren es nie meine he-rausragendsten Leistungen, sondern immer unsere. Weil man nur in der Gruppe scheinbar unmögliches Schaf-fen kann. Insofern war die größte Leistung mmeiner Laufbahn, sich auf andere Menschen einzulassen, und gemeinsam an herausragenden Leistungen unserer Laufbahn zu ar-beiten.

Was sind Problempunkte in Dei-ner Branche und was wäre zu tun, um diese zu lösen?Meiner Meinung nach ist es vor allem das mangelnde Selbstvertrauen, das dem österreichischen Musikmarkt besonders zusetzt und entkräftet. Wir haben, genauso wie unsere deut-

schen Nachbarn, großartige Bands, die man nicht verstecken sollte. Komischerweise wird im Normalfall immer der größte Müll ausgewählt, als österreichische Musik dargestellt zu werden, weil der Mut fehlt etwas wirklich Neues zu präsentieren.

Alle Menschen haben Komplexe – welche Komplexe hast Du?Habe irgendwie einen Beobach-tungskpomplex, was besonders in der U-Bahn oft sehr komisch wirkt. Ich muss mir Menschen und Dinge so lange ansehen, bis ich mir die Form, die Farben etc. eingeprägt habe, um es kurz später nicht sofort zu ver-gessen.

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This could be the last timeAnalog, Paris

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Was wäre das Schlimmste, was Dir passieren könnte?Wenn niemand etwas von einer Band namens The Beatles gehört hätte, ihre Musik auf mysteriöse Weise von meinem Computer gelöscht, die Plat-ten aus meinem Schrank verschwun-den wären, und sich nur mehr jeder auf die Stirn tippt, wenn ich wieder von meinem Gespenst zu reden be-ginne.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?AlfredDöblin–Berlin Alexanderplatz.

Wie würdest Du Dich selber als Person beschreiben ?IchbineinKindder90er–wassollich mehr sagen?

Maurice von Bilderbuch

Was ist für Dich unheimlich ?Freunde die zu Bekannten werden.

An welche Abenteuer des Se-hens erinnerst Du Dich (Negativ sowie Positiv) ?Die Geburt meiner Tochter Belgrad.

Welche Zukunft erträumst Du Dir als Mensch / als Musiker ?Ich bin mir noch nicht sicher ob ich Alles will oder ob ich mich mit weniger zufrieden gebe.

Gibt es ein Menschenbild 2010?Menschen werden zu Bildern.

Was würdest Du Dir mehr wün-schen ?Konfrontation mit Fleisch.

Wie würdest Du Dich weltan-schaulich positionieren ?Neo-Konservativ?

Was bereitet Dir besonders Freude?Das kurze angenehme Gefühl der Leere wenn man viel gearbeitet und geschaffthat,besondersbeiSchön-wetter und lauter Musik in einem Renault Clio mit Schiebedach.

Welches waren die herausra-gendsten Leistungen in Deiner Laufbahn?Meine Matura, und ein Album auf-nehmen, meine Laufbahn ist noch relativ kurz.

Was sind Problempunkte in Dei-ner Branche und was wäre zu tun, um diese zu lösen?Bessere Musik schreiben.

Alle Menschen haben Komplexe – welche Komplexe hast Du?Streiche mir zu oft durchs Haar.

Was wäre das Schlimmste, was Dir passieren könnte?WennmireinZigeunerdieAugenaussticht und wenn man jemand Nahestehenden verliert.

Welches Buch habst Du zuletzt gelesen?Der Pfahl Im Fleische (Sartre)

Wie würdest Du Dich selber als Person beschreiben ?Ich bin ein gieriger kecker Bursch mit großen Augen.

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With the face looking downAnalog, Paris

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Was ist für Dich unheimlich? J

An welche Abenteuer des Sehens erinnerst Du Dich (Negativ sowie Positiv) ? O

WelcheZukunfterträumstDuDirals Mensch / als Musiker ? J

Gibt es ein Menschenbild 2010? O

Was würdest Du Dir mehr wün-schen? J

Wie würdest Du Dich weltanschau-lich positionieren ? A

Was bereitet Dir besonders Freude? M

Wo siehst Du Deine Grenzen? A

Welches waren die herausragendsten Leistungen in Deiner Laufbahn? N

Was sind Problempunkte in Deiner Branche und was wäre zu tun, um diese zu lösen? A

AlleMenschenhabenKomplexe–welche Komplexe hast Du? 1

Was wäre das Schlimmste, was Dir passieren könnte? 7

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen? 4

Wie würdest Du Dich selber als Person beschreiben ? 1

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You are finally thereDigital, Paris

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Was ist für Dich unheimlich ?Computer - die tun nie das was ich will.

An welche Abenteuer des Se-hens erinnerst Du Dich (Negativ sowie Positiv) ?Jeden Tag wenn ich in der Früh aufstehe und auf meine rote Wand blicke (positiv sowie negativ)

Welche Zukunft erträumst Du Dir als Mensch / als Musiker ?Haus, Garten, Atelier.

Gibt es ein Menschenbild 2010?Keines.

Was würdest Du Dir mehr wün-schen ?Keine Handys.

Wie würdest Du Dich weltan-schaulich positionieren ?Ein Stein am Straßenrand.

Was bereitet Dir besonders Freude?Meine neuen Bleilettern, und die Drucksiebe.

Welches waren die herausra-gendsten Leistungen in Deiner Laufbahn?Ich habe wieder die Ruhe gefunden.

Was sind Problempunkte in Dei-ner Branche und was wäre zu tun, um diese zu lösen?Findet alle mal wieder die Ruhe.

Alle Menschen haben Komplexe – welche Komplexe hast Du?Ich kann nicht mit anderen Men-schen

Was wäre das Schlimmste, was Dir passieren könnte?IchfindemeinenLaptopnichtmehr- und das passiert oft...

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?Der Ekel - zum 10 mal.

Wie würdest Du Dich selber als Person beschreiben ?Ein Stück Seife.

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You are in my SoupDigital, Paris

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Ein Interview mit Gerald Preissl

Was ist für Dich unheimlich? Angst. Angst kann sehr akut oder auch sehr schleichend sein. Beides sehr unheimlich. Die akute Angst, treibt dir den Schweiß auf die Stirn und lässt dich nicht schlafen. Die schleichende Angst, raubt dir die Begeistern fürs Leben und den Sinn für den Augenblick.

An welche Abenteuer des Se-hens erinnerst Du Dich (Negativ sowie Positiv) ? Die Weite der Natur. Egal ob Him-mel, Wolken, Berge, Wiesen oder Meer. Wenn die Natur keine Grenzen kennt, erkennt auch der Mensch seine Grenzenlosigkeit.

Welche Zukunft erträumst Du Dir als Mensch / als Musiker ? Glücklich zu sein. Im wahrsten Sinn des Wortes. Die Vollkommenheit in jedem Augenblick genießen. Und das Gefühl dafür mit anderen Teilen.

Gibt es ein Menschenbild 2010? Die Menschen stehen vor dem Ab-grund, sehen aber die Brücke nicht.

Was würdest Du Dir mehr wün-schen? Mehr Konsequenz, beim Glücklich sein.

Wie würdest Du Dich weltan-schaulich positionieren ? Ich hatte das Glück diese Welt von einer relativ unbesorgten Seite aus kennen zu lernen. Dadurch färbt sich mein Blick für diese Welt, doch in einem rosa Licht. Ich glaube nicht, dass das Streben zum Glück führt, sondern das Loslassen.

Das Leben, ob eines oder mehrere, ist eine Reise nach Panama. „Jeder lebte schon immer im Paradies, hat es nur nicht gewusst.“ (Janosch)

Was bereitet Dir besonders Freude? Die banalen einfachen Dinge. Sonne, Frauen und Liebe. : )

Wo siehst Du Deine Grenzen? In meinen Überzeugungen.

Welches waren die herausra-gendsten Leistungen in Deiner Laufbahn? MeineÄngstezuhinterfragen,unddabei nicht aufzugeben.

Was sind Problempunkte in Dei-ner Branche und was wäre zu tun, um diese zu lösen? Gier, dafür gibt es wahrscheinlich keine allgemein brauchbare Lösung.

Alle Menschen haben Komplexe – welche Komplexe hast Du? Angst vor Verantwortung

Was wäre das Schlimmste, was Dir passieren könnte? Daran will ich nicht denken.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen? DerGeistdesZen.

Wie würdest Du Dich selber als Person beschreiben ? Normal und freiheitsliebend

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I just can not find the timeDigital, Paris

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„Es trägt Verstand und rechter Sinn mit wenig Kunst sich selber vor“, sagt Faust in Goethes gleichnamigem Drama seinem übereifrigen Schüler Wagner. Dieser möchte vom Doktor Faust die Kunst erlernen, wie man Menschen durch „Überredung leitet“.

Davon hält Faust gar nichts. Men-schen lassen sich, so Faust, nur von dem Wort überzeugen, das „aus der Seele dringt und mit urkräftigem Be-hagen die Herzen aller Hörer zwingt.“ Nur Verstand und rechter Sinn, der die gesprochenen Worte formt und begleitet, können, so Faust, die Her-zen aller Hörer zwingen.

Sinnkunst berücksichtigt beide von Faust angesprochenen Elemente überzeugender Kommunikation:

* dieKunst derKommunikation.Sie beinhaltet Techniken der Formu-lierung und des Ausdrucks, die den

rechten Sinn überzeugend darstellen. Sinnkunst vermittelt diese Techni-ken. *denSinnderKommunikation.Erhatseinen Ursprung in der Persönlichkeit. Es geht um Überzeugungen, Glauben, Werte, die wir kommunizieren, ganz gleich, ob wir reden oder schweigen. Sinnkunst begleitet Persönlichkei-ten auf der Suche nach dem eigenen rechten Sinn, der sie zu überzeugen-der Kommunikation befähigt.

Ohne Kunst erkennen Menschen den rechten Sinn nicht. Und ohne rechten Sinn ist die Kunst der Kommunikation, mit den Worten Fausts, „unerquick-lich wie der Nebelwind, der herbst-lich durch die dürren Blätter säuselt“.

Über die heile Kritik an der Werbung - und den Wurm in ihrBeitrag zu E. NEUMANN u.a. (Hrsg.): ‚Werbung in Deutschland‘, Jahrbuch der deutschen Werbung. Band 12, Frankfurt am Main 1975. Wie schwach dem Gros der Werbe-treibenden Kopf und Hand in den vergangenen Jahren geworden sind, sieht man an ihrer Reaktion auf die mit Aufklärerpathos vorgetragene Kritik an „Manipulation und Lüge der Werbung“. Ja, da kann sich fast jeder etwas besser besoldete Krea-tive schon als philosophischer Kopf in der Nachfolge eines ADORNO oder MARCUSE vorkommen, wenn er nur recht eindeutig sein „mieses Geschäft“ diskriminiert, allerdings ohne die Konsequenz, auf den Job zu verzichten. Denn er hält sich für gerechtfertigt, wenn er die Kritik an seinem Treiben selber vorträgt bzw. höchstselbst nachplappert.

So sah man jüngst etliche hundert Spitzenverdiener der Werbebranche in Luxushotels an grünen Tischen versammelt, um mit sich selbst ins Gericht zu gehen. Mit den Annehm-lichkeiten des höheren Hotellebens reichlich versehen, bezichtigte man sich selbst, die „Kluft zwischen Wer-bung und Wirklichkeit“ immer weiter vergrößert zu haben.So dankenswert derartige Selbst-kritik auch immer sein mag, so wün-schenswert sie auch der kritischen Öffentlichkeit zu sein scheint, sosinnlos ist sie - nicht etwa weil die-se Kritik nur Lippenbekenntnis blie-be, sondern weil sie an dem Kern des Problems völlig vorbeigeht.Die Manipulationskritik scheint da-von auszugehen, daß es wahre und falsche Wirklichkeitswiedergaben im Bilde gibt, daß es manipulierende und nichtmanipulierende Werbung gebe. Sie betrachtet den Charakter der werblichen Aussagen immer noch

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Nowhere to goDigital, Paris

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im Hinblick darauf, wie sich in die-sen Aussagen die Wirklichkeit des Alltagslebens darstellt bzw. wider-spiegelt. Sogenannte richtige Wider-spiegelung ist erlaubt, sogenannte falsche Widerspiegelung dement-sprechend abzulehnen. Das heißt, es wird angenommen, daß jede Aussage, ob sie nun wort- oder bildsprachlich, ob nun in Absicht, für ein Produkt zu werben oder das Produkt zu kri-tisieren, nichts anderes sei als eine sprachliche Verdoppelung der kon-kret gegenständlichen Produkte. In jedem Fall müsse das Produkt sprach-lich möglichst so abgebildet bzw. wiedergegeben werden, wie es seiner konkreten Beschaffenheit nach tat-sächlich vorgegeben ist.Diese im weitesten Umfang als Wi-derspiegelungstheorien zu kenn-zeichnenden Auffassungen über dieBeziehung von Gegenstandswelt und Sprachen (gleichgültig, ob Wort-, Bild- oder Tonsprachen) sind nicht

haltbar. Denn es läßt sich nicht länger leugnen (und die genauere Analyse der Stufen menschlichen Spracherwerbs beweist das) daß Sprachen und Gegenstandswelt -in unserem eingeschränkten Problemfall etwa Produkt und werbliche Aussage - in einer anderen Weise aufeinander bezogen sind, als es die Widerspiege-lungstheorien annehmen.Wir haben lernen müssen, daß die Sprachen selber gegenständlicher Bestand der Objektwelt sind, sobald wir uns der Sprachen bedienen, d.h. sobald wir Sprachzeugnisse hervor-bringen. Die Widerspiegelungstheo-rien halten Objekt und sprachliche Repräsentanz des Objekts (in Aussa-gen) für gleichwertig, ja für gegenei-nander austausch- und ersetzbar. Sie übersehen, daß es schlechthin un-möglich ist, die Objektwelt von den Versuchen sprachlicher Repräsentanz zu trennen. So sind Qualitäten ei-nes Produkts wie „süß“, „dauerhaft“,

„nahrhaft“, „rein“ usw. jenseits des Gebrauchs der Eigenschaftsworte nicht als wesentlich für ein bewor-benes Nahrungsmittel zu erkennen. Andererseits kommen einem Produkt Eigenschaften nicht nur zu, weil wir Eigenschaften benennen können. So werden wir beispielsweise nicht allen Nahrungsmitteln obige Eigen-schaften beilegen, obwohl wir allen gegenüber die gleichen Eigenschafts-wörter gebrauchen könnten. Es wäre nämlich sinnlos, alle Nahrungsmittel durch die gleichen Eigenschaften zu kennzeichnen, weil sie dann alle ununterscheidbar wären, obwohl die Heraushebung von Eigenschaften ge-rade der Unterscheidung dienen soll. Wenn auch Gegenstand und Wort, Objektwelt und sprachlicher Aus-druck, nicht als gegeneinander aus-tauschbar und im wesentlichen iden-tisch, sondern als Bestandteile der einen Objektwelt angesehen werden können, läßt sich doch nicht behaup-

ten, daß Sprache und Objekt unun-terscheidbar zusammenfallen. Sie treten zwar immer nur gemeinsam auf (es gibt keinen sprachlichen Aus-druck ohne einen Aspekt von gegen-ständlich konkreter Welt, auf den er sich bezieht, wie es umgekehrt keine konkret gegenständliche Welt ohne sprachliche Kennzeichnung, und sei es auch nur die Namensgebung, gibt), sind aber dennoch voneinander strikt zu unterscheiden, und zwar nach dem Wirklichkeitsanspruch, den sie er-heben. So kann man zwar Menschen auch mit Worten totprügeln, zumin-dest „gesellschaftlich erledigen“, es wird aber jedermann ohne weiteres einleuchten, daß es doch etwas an-deres ist, mit einem Stück Holz, ge-nannt Prügel, einen tödlichen Schlag ins Genick zu bekommen. Das Wort „Prügel“, „verprügeln“ usw. ist ohne Bezug auf das gegenständlich reale Stück Materie (Holz, Eisen) inhaltlos, hat aber innerhalb der gegenständ-

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I still do not know whats happening hereDigital, Paris

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