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Entscheidungsanomalien
Kapitel 2
2 2 2 2 2 2
The standard theory of choices provides a set of conditions for rationality that may be necessary, but are hardly sufficient: they allow many foolish decisions to be called rational. (Daniel Kahneman, 1994)
3 3 3 3 3 3
Psychologie riskanter Entscheidungen
4 4 4 4 4 4
Individuen und Gruppen (Organisationen, Institutionen) treffen häufig Entscheidungen unter Risiko. Risiko 1 = Ereignisse mit möglichem negativen Ausgang oder Risiko 2 = Konsequenzen von Entscheidungen sind gut, neutral oder schlecht und nur mit bestimmter Wahrscheinlichkeit kann angeführt werden, welche Konsequenzen eintreten werden. Z.B. Wir wissen genau, dass wir einmal sterben werden; wir wissen aber nur mit welcher Wahrscheinlichkeit wir aufgrund ungesunder Lebensweise (Rauchen, trinken) sterben.
Risiko
5 5 5 5 5 5
Um zu verstehen, wie Individuen und Gruppen entscheiden, ist es essenziell, die Wahrnehmung von Risiko, das Handeln von Menschen in riskanten Situationen und die Kommunikation über Risiko zu verstehen.
Risiko
6 6 6 6 6 6
1 2 3 4 5 6 7 Mean rating
Old
Controllable
Not known to science
Delayed
Not known to exposed
Certainly fatal
Dread
Catastrophic
Involuntary
New
Not controllable
Known to science
Immediate
Known to exposed
Certain not fatal
Common
Chronic
Voluntary
Nuclear power
X-rays
Jedes Risiko und jede Gefahr hat ein spezielles Eigenschaftsprofil, welches determiniert, wie Risiken wahrgenommen und akzeptiert werden (Paul Slovic).
We need to have a concept of the risk or hazard in order to properly communiciate.
Risiko
7 7 7 7 7 7
8 8 8 8 8 8
Zwei unterschiedliche Systeme der Verarbeitung von Information in Entscheidungssituationen: Intuitives System: Entwicklungsgeschichtlich alt, erfahrungsbezogen, führt schnell zu Bewertungen, funktioniert automatisch, natürlich und nonverbal Risiko als Emotion Analytisches System: Langsam, bewusst, verbal und rational Risiko als Ergebnis von Überlegungen
Risiko
9 9 9 9 9 9
Charakteristika des erfahrungsbezogenen, affektiven Systems und des analytischen Systems (Epstein, 1994)
Erfahrungsbezogenes, affektives System • Ganzheitlich, intuitiv • Affektiv, Lust-/Unlust-orientiert • Assoziative Verknüpfungen • Verhalten aufgrund
emotionsgeladener Erfahrungen
• Schnelle Verarbeitung • Unmittelbar handlungsorientiert • Selbstevident; „erfahren heißt
glauben“
Analytisches System • Analytisch, logisch, Argument-
orientiert • Logische Verknüpfungen • Verhalten aufgrund bewussten
Abwägens von Vor- und Nachteilen
• Wirklichkeit wird in abstrakten Symbolen, Worten und Zahlen verarbeitet
• Langsame Verarbeitung • Mittelbar handlungsorientiert • Rechtfertigung von
Entscheidungen und Handlungen über Logik und Evidenz
Duale Informationsverarbeitung
10 10 10 10 10 10
Gefühle Wahrscheinlichkeiten werden ignoriert bzw. geringe Wahrscheinlichkeiten werden übergewichtet
Die Bereitschaft dafür zu zahlen, elektrische Schocks zu vermeiden, ist von der Wahrscheinlichkeit elektrischen Schocks ausgesetzt zu sein kaum abhängig (Rottenstreich & Hsee: Money, Kisses, and Electric Shock: On the Affective Psychology Risk. Psychological Science, 2001)
1 % 99 % Probability
Shock
Money
0 2 4 6 8
10 12 14 16 18
Prices paid to avoid electric shock and $20 penalty
Risiko und Emotionen
11 11 11 11 11 11
Viele Personen haben keine gute Einschätzung der schädlichen Wirkung von Chemikalien und Strahlen, weil die Gefahren zu sehr schocken. Die Konsequenzen werden übermäßig stark wahrgenommen, aber nicht die Wahrscheinlichkeit, mit der sie eintreten können.
Hoch
Laien
Toxikologen
Hoch Gering Niedrig
Krebsrisiko
Zeit der Bestrahlung Geringe
Schädigungs-wahrscheinlichkeit
Hohe Schädigungs-wahrscheinlichkeit
Krebserregende Wirkung von Strahlen
Risiko und Emotionen
12 12 12 12 12 12
Affektheuristik: Zu intensive Gefühle verhindern rationale Entscheidungen; Wahrscheinlichkeiten werden ignoriert; der Fokus liegt auf den Konsequenzen einer Alternative … Versicherungsmakler schildern Kunden die dramatischen Auswirkungen einer möglichen Katastrophe und lenken von der Wahrscheinlichkeit des Eintretens ab… Immobilienmakler schildern die positiven Entwicklungen einer Anlage und reden kaum von den damit verbundenen Risiken, den Wahrscheinlichkeiten positiver oder negativer Ereignisse.
Risiko und Emotionen
13 13 13 13 13 13
Entscheidungen werden getroffen unter: • Sicherheit Konsequenzen sind mit Sicherheit
bekannt • Risiko Konsequenzen treten mit
bekannten Wahrscheinlichkeiten ein
• Ambiguität Konsequenzen treten mit unbekannten Wahrscheinlichkeiten ein
• Unsicherheit Konsequenzen sind unbekannt
Sicherheit, Risiko, Ambiguität
14 14 14 14 14 14
Entscheidungen unter Risiko (a) Alternative A bietet: Gewinn 44 €; p = .5; Verlust 55 €; p = .4; weder Gewinn noch Verlust 0 €; p = .1
(b) Alternative B bietet: Gewinn 36 €; p = .5; Verlust 60 €; p = .3; weder Gewinn noch Verlust 0 €; p = .2
Der Erwartungswert wird kaum berechnet. Je nachdem ob Gewinn oder Verlust im Fokus der Aufmerksamkeit steht, wird entschieden und je nachdem, ob die Wahrscheinlichkeit eines Gewinnes hoch sein oder die Verlustwahrscheinlichkeit minimiert werden soll, wird Alternative (a) oder (b) bevorzugt.
Urne mit 90 Kugeln 30 braunen Kugeln 60 blauen und grünen.
15 15 15 15 15
Ambiguitätsaversion
• Sichere Entscheidungssituationen werden gegenüber riskanten und
• riskante gegenüber ambivalenten bevorzugt.
1a: Gewinn, falls ein brauner Ball gezogen wird; 2a: Gewinn, falls ein blauer Ball gezogen wird. 1b: Gewinn falls ein brauner oder grüner Ball gezogen wird. 2b: Gewinn falls ein blauer oder grüner Ball gezogen wird.
Ellsberg Paradoxon: Risiko versus Ambivalenz
16 16 16 16 16 16
(a) Normative Entscheidungsmodelle (b) Präskriptive Entscheidungsmodelle (c) Deskriptive Entscheidungsmodelle
Entscheidungsmodelle
17 17 17 17 17 17
Entscheidungen mit ungewissem Ausgang werden in der • Erwartungswerttheorie, • Erwartungsnutzentheorie und • Subjektiven Erwartungsnutzentheorie
beschrieben.
Entscheidungsmodelle
18 18 18 18 18 18
Erwartungswerttheorie
• Im 17. Jahrhundert überlegten Blaise Pascal und Pierre Fermat, wie im Casino gespielt werden muss, um den eigenen Gewinn zu maximieren.
• Aus Perspektive der Gewinnmaximierung zählen die Gewinnhöhe und die Gewinnwahrscheinlichkeit. Es muss also jenes Spiel gewählt werden, das den höchsten Gewinn bei höchster Gewinnwahrscheinlichkeit bietet:
Erwartungswert = Gewinnhöhe x Gewinnwahrscheinlichkeit
Entscheidungsmodelle
19 19 19 19 19 19
Erwartungsnutzen- und subjektive Erwartungsnutzentheorie
Daniel Bernoulli brachte die Erwartungswerttheorie mit folgendem Spiel unter Bedrängnis (St. Petersburg Paradox): Eine Münze wird so oft geworfen, bis „Zahl” auftritt. Ein Spieler erhält 2n Rubel, wobei n = 0, 1, 2, ,3, … die Anzahl der Münzwürfe mit „Kopf” angibt. Wenn beim ersten Wurf „Zahl” auftritt, wird 20 = 1 Rubel ausgezahlt; Wenn beim 3. Wurf „Zahl” auftritt, werden 23 = 8 Rubel ausgezahlt; Wenn beim 10. Wurf „Zahl” auftritt, werden 210 Rubel ausgezahlt;
Erwartungswert = Gewinnhöhe x Gewinnwahrscheinlichkeit Nachdem der Erwartungswert unendlich hoch ist, müssten Spieler bereit sein, ihr gesamtes Vermögen in das Spiel zu investieren. Allerdings werden maximal einige Rubel investiert. Fazit = nicht der Erwartungswert ist ausschlaggebend, sondern der Nutzen des Gewinnes. Der Nutzenzuwachs nimmt aber mit zunehmendem Gewinn ab. Schließlich ist der Nutzen subjektiv und nicht objektiv bestimmbar.
Entscheidungsmodelle
20 20 20 20 20 20
Laut Modell „homo oeconomicus“ sind Menschen bestrebt, ihren Gewinn zu maximieren. Das heißt, dass (.) exakt gerechnet werden kann (Information wird adäquat verarbeitet), (.) nicht kooperiert wird, (.) Fairness und Gerechtigkeit nicht berücksichtigt werden.
Normatives Entscheidungsmodell
21 21 21 21 21 21
Ökonomie: Subjectiv-Expected-Utility-Model (SEU) Urteile und Entscheidungen Rationalität und Nutzenmaximierung • Eine Person oder Gruppe ist sich darüber bewusst, dass sie
eine Entscheidung trifft oder ein Urteil abgibt und die Person oder Gruppe ist identifizierbar
• Alle Alternativen sind im Voraus festgelegt und bekannt • Die Konsequenzen der Alternativen sind bekannt und können
bewertet werden • Die Bewertung geschieht anhand beständiger Ziele • Konsequenzen treten mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten
auf und diese sind bekannt • Die Relevanz von Informationen kann beurteilt werden und
falls die Information nicht ausreicht, können • weitere Information gesammelt werden
22 22 22 22 22 22
• Tatsächlich sind Menschen nicht immer in der Lage, komplexe Informationen bestmöglich zu verarbeiten („Kognitiver Geizhals“)
• Komplexe Entscheidungen werden durch Heuristiken „abgekürzt“ (Motivations- und Zeitmangel)
• Nicht immer kann angenommen werden, dass Entscheidungen konsistent getroffen werden und Ziele stabil bleiben (Framing Effekte, Aussichten auf Verlust oder Gewinn, etc.)
Entscheidungen: Psychologie
23 23 23 23 23
Entscheidungen in der Spieltheorie
• Diktatorspiel
• Ultimatumspiel
Diktatorische Aufteilung von 100 € seitens Partner A; (Akzeptanz oder Ablehnung seitens Partner B)
Wie beeinflussen der materielle Nutzen, Fairness- oder Gerechtigkeitsüberlegungen Entscheidungen?
Henrich, Boyd, Bowles, Camerer, Fehr, Gintis & McElreath (2001) führten 2001 ein Ultimatum-Experiment auf 5 Kontinenten bei 15 kleinen Gesellschaften und Stämmen durch: Die Angebote variierten von mindestens 26% bei den Machiguenga in Peru bis 58% bei den Lamelara in Indonesien. In Europa und Nordamerika liegt der durchschnittliche Betrag bei ca. 44%.
24
http://www.youtube.com/watch?v=p3Uos2fzIJ0&feature=fvwrel
25 25 25 25 25 25
Entscheidungen in der Spieltheorie • Gefangenendilemma
+ Gefangene kooperieren; gestehen
- Gefangene defektieren; leugnen
A + -
2
10 5
0 2 10
5 0
B + -
• Gefangenendilemma
+ Gefangene kooperieren; gestehen
- Gefangene defektieren; leugnen
A + -
2
7 7
7 2 7
7 7
B + -
26 26 26 26 26 26
Erfolgreiche Strategien im Gefangenendilemma (Axelrod, 2000) Tit-for-tat-Strategie: „Wie du mir so ich dir!“ Tit-for-tat-plus-one Strategie: Um die Kooperationswilligkeit zu fördern, wird bei einmaligem Verrat seitens des Partners eine zweite Chance geboten und mit Kooperation geantwortet. Jede weitere Defektion wird mit Defektion beantwortet.
27 27 27 27 27 27
Entscheidungsanomalien
• Limitierte Informationsverarbeitungskapazität • Zeitbeschränkung und Urteilsheuristiken • Prospect-Theorie und Framing-Effekte
– Besitz-Effekt – Sunk costs – Mentale Buchführung
Aus Hamlet – Prinz von Dänemark von William Shakespeare (Akt II, Szene 2) … Hamlet: … Welch ein Meisterwerk ist der Mensch! wie edel durch Vernunft! wie unbegrenzt an Fähigkeiten! in Gestalt und Bewegung wie bedeutend und wunderwürdig, im Handeln wie ähnlich einem Engel! im Begreifen wie ähnlich einem Gott! die Zierde der Welt! …
28 28 28 28 28 28
Optische Täuschungen
http://de.wikipedia.org/wiki/Optische_Täuschung; http://de.wikipedia.org/wiki/Optische_Täuschung; http://de.wikipedia.org/wiki/Unmögliche_Figur; http://de.wikipedia.org/wiki/Optische_Täuschung; http://www.ulkig.net/DE/schwarzer_punkt_11_DE.html; http://www.ulkig.net/DE/tische_10_DE.html
Entscheidungsanomalien
29 29 29 29 29 29
Limitierte Informationsverarbeitung (1)
• Die Wirklichkeit wird subjektiv konstruiert und interpretiert – Schätzung Durchmesser von Münzen – Optische Täuschungen
Entscheidungsanomalien
30 30 30 30 30 30
Optische Täuschungen Entscheidungsanomalien
31 31 31 31 31 31
32 32 32 32 32 32
33 33 33 33 33 33
34 34 34 34 34 34
35 35 35 35 35 35
36 36 36 36 36 36
37 37 37 37 37 37
38 38 38 38 38 38
39 39 39 39 39 39
40 40 40 40 40 40
41 41 41 41 41
Man lege drei Streichhölzer so um, dass es drei gleich große Felder gibt.
42 42 42 42 42
Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Informationen 1. Stellen sie sich vor, sie spielen im Lotto „6 aus 45“ mit. Welche der beiden Zahlenreihen A oder B wird eher einen Treffer landen? A: 5 10 17 21 25 38 B: 6 7 8 15 28 30 2. Bei einer universitären Veranstaltung nehmen 100 Studierende teil. Davon belegen 20 Betriebswirtschaftslehre, Spezialgebiet Marketing; 80 sind in Psychologie inskribiert. Während der Veranstaltung läutet ein Handy. Eine Studentin nimmt ihre Aktentasche und die Jacke ihres modischen Hosenanzuges und verlässt den Raum. Handelt es sich dabei eher: A: Um eine Studentin der Betriebswirtschaftslehre B: Eine Studentin der Psychologie C: Beide Möglichkeiten sind gleich wahrscheinlich 3. In Mailand gibt es 10,000 Ferraris und 99,000 Autos anderer Marken. Von den Ferraris sind 90 Prozent rot, von den anderen Autos sind nur 30 Prozent rot. Sie stehen an einer Kreuzung und sehen ein rotes Auto mit überhöhter Geschwindigkeit vorbeifahren. Wie wahrscheinlich ist es, dass es sich um einen Ferrari handelt? A: Etwa 3 Prozent B: Etwa 0.03 Prozent C: Etwa 10 Prozent
43 43 43 43 43
4. Prüfen sie, ob folgende Aussage stimmt: Wenn ein Angestellter am Wochenende arbeitet, bekommt er einen Tag während der Woche frei. Jede der folgenden Karten enthält Informationen über vier Angestellte. Jede Karte steht für einen Angestellten. Auf der einen Seite steht, ob der jeweilige Angestellte am Wochenende gearbeitet hat, und auf der anderen Seite ob er unter der Woche einen freien Tag hatte. Sie können nun Karten umdrehen, um die Informationen auf der anderen Seite zu erhalten. Welche der Karte/n müssen sie zumindest umdrehen, um festzustellen, ob die Aussage stimmt. A arbeitete am Wochenende B bekam einen Tag frei C arbeitete nicht am Wochenende D bekam keinen Tag frei 5. Ein Polizist hält sie auf der Straße an, weil sie mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs sind. Da Weihnachtszeit ist, ist er besonders freundlich, lächelt sie an und schlägt ihnen zwei Optionen vor. Für welche entscheiden Sie sich? A: Sie zahlen 30 Euro Strafe sofort B: Der Polizist wirft eine Münze. Bei „Kopf“ zahlen sie 60 Euro, bei „Zahl“ wird die Strafe erlassen 6. Prüfen sie, ob folgende Aussage stimmt: Wenn auf der einen Seite der Karte ein “D” steht, ist auf der anderen Seite eine “3”. Jede der folgenden Karten hat auf der einen Seite einen Buchstaben und auf der anderen Seite eine Zahl. Welche Karte/n müssen sie zumindest umdrehen, um festzustellen, ob die Aussage in stimmt? A: D B: E C: 3 D: 4
44 44 44 44 44
7. Sie betreten ein Geschäft und der Geschäftsleiter kommt freudestrahlend auf sie zu und erzählt ihnen, dass sie der tausendste Besucher des Geschäftes sind. Deshalb gewinnen sie ein Geschenk. Zwei Alternativen stehen zur Auswahl. Für welche entscheiden sie sich? A: Sie erhalten einen Einkaufsgutschein über € 30 B: Der Geschäftsführer wirft eine Münze; bei „Kopf“ erhalten sie € 60; bei „Zahl“ erhalten sie keinen Gutschein 8. Sie sind zu einer Quizshow eingeladen und haben die Wahl zwischen einem blauen, gelben und roten Kuvert. Zwei Kuverts sind leer, in einem befindet sich ein Gutschein über eine Karibikreise für zwei Personen. Sie entscheiden sich spontan für das gelbe Kuvert. Daraufhin zeigt Ihnen der Spielleiter den leeren Inhalt des roten Kuverts und stellt ihnen zur Auswahl. Wofür entscheiden sie sich? A: Weiterhin auf das gelbe Kuvert zu setzen oder B: zu wechseln und auf das blaue Kuvert zu setzen. Wofür entscheiden sie sich?
45 45 45 45 45
9. Herr Huber hat Tickets für zwei Lotterien gekauft. Er gewinnt daraufhin in der einen Lotterie € 25, in der zweiten Lotterie € 50. Nun kauft auch Herr Müller ein Ticket und gewinnt € 75. Wer freut sich mehr über den Gewinn? A: Herr Huber B: Herr Müller C: beide gleich 10. Frau Wagner entdeckt, dass jemand bei ihrem Auto einen Parkschaden verursacht hat. Die Reparatur wird € 200 kosten. Am selben Tag gewinnt Frau Wagner im Lotto € 25. Frau Berger entdeckte ebenfalls einen Parkschaden an ihrem Fahrzeug und erfährt, dass die Reparatur € 175 kosten wird. Wer ärgert sich an diesem Tag mehr? A: Frau Wagner B: Frau Berger C: Beide gleich
How many Fs do you see in the text below?
FINISHED FILES ARE THE RE-
SULT OF YEARS OF SCIENTIF-
IC STUDY COMBINED WITH THE
EXPERIENCE OF YEARS.
46
Können wir System 1 vertrauen?
47
48
Stare at the black lightbulb for at least 30 seconds 49
50 50 50 50 50 50
Optische Täuschung (Zugriff am 20. 04. 2010, von http://www.nintendo-online.de/forum/showthread.php?t=16972)
51 51 51 51 51 51
Festigkeit 0.1 mm 5 x falten = 1.6 mm 10 x falten = 51.2 mm 15 x falten = 1638.4 mm [ 1.6 m] 20 x falten = 52428.8 mm [ 52.4 m] 25 x falten = 1677721.6 mm [ 1677.7 m] 31 x falten = {über 100 km}
Beispiel: Umweltpolitik
Limitierte Informationsverarbeitung (2) Entscheidungsanomalien
Exponentielles Wachstum Leben: Sekunden 10; Restzeit-Sonnenschein 10 Papierfalten: 0.1 mm stark
52 52 52 52 52 52
Wahrscheinlichkeiten (Monty Hall Dilemma; Ziegenproblem) http://www.mathematik.uniosnabrueck.de/staff/phpages/koch/ziegen/node2.html http://www.stat.sc.edu/~west/javahtml/LetsMakeaDeal.html
Limitierte Informationsverarbeitung (3) Entscheidungsanomalien
Nicht-lineares Wachstum, bedingte Wahrscheinlichkeiten (Monty Hall Dilemma; Ziegenproblem) und Melioration http://www.mathematik.uniosnabrueck.de/staff/phpages/koch/ziegen/node2.html http://www.stat.sc.edu/~west/javahtml/LetsMakeaDeal.html
Limitierte Informationsverarbeitung
Entscheidungsanomalien
53
54 54 54 54 54 54
Melioration Fundamentales Effektgesetz (operante Konditionierung): Die Wahrscheinlichkeit jenes Verhaltens, welches die höchste Verstärkung erfährt, steigt. Relatives Effektgesetz (matching law): Das Verhältnis der Wahl verschiedener Verhaltensalternativen ist proportional dem subjektiven Wert der Verstärkung dieser Alternativen und invers proportional der Zeit, die zwischen Verhalten und Verstärkung vergeht.
Limitierte Informationsverarbeitung (4) Entscheidungsanomalien
55 55 55 55 55 55
Melioration-Principle Fallzeit in Sekunden 8 7 6 5 4 3 2 1
.0 .1 .2 .3 .4 .5 .6 .7 .8 .9 1.0 Relative Häufigkeit der Betätigung der Taste B
Fallzeit Taste B
Fallzeit Taste A
Durchschnittliche Fallzeit relativ zu Betätigungen der Tasten A und B
Teilnehmer
Menschen bevorzugen die momentane Besserstellung gegenüber der langfristigen Besserstellung und handeln inkonsitent (Herrenstein, 1992)
Limitierte Informationsverarbeitung (4) Entscheidungsanomalien
56 56 56 56 56 56
Gefühle • Bedauern (regret): Entscheidungen werden so
getroffen, dass weder die Konsequenzen noch der Entscheidungsprozess bedauert wird.
• Affective forecasting: Vorhersage von Emotionen – Impact bias: Dauer von Emotionen wird
überschätzt – Projection bias: Aktuelle Gefühle werden auch
als dominierende Stimmung in der Zukunft angenommen.
Limitierte Informationsverarbeitung (5) Entscheidungsanomalien
57 57 57 57 57 57
Zeitpunkt 3
Em
otio
nale
Inte
nsitä
t
Zeitpunkt 1 Zeitpunkt 2 Zeitpunkt 4
Erlebte Emotionen Prognostizierte Emotionen
Hypothetischer Zeitverlauf vorhergesagter und erlebter Emotionen (Wilson & Gilbert, 2003)
58 58 58 58 58 58
Verzerrungen und Rationalisierungen • Better-than-average effect: Überzogener
Optimismus im Vergleich mit Anderen. • Overconfidence bias: Übersteigertes
Selbstvertrauen, das sich in systematischer Selbstüberschätzung in Bezug auf eigenes Wissen und eigene Bewertungen ausdrückt. Dieser Effekt tritt allgemein hauptsächlich bei Fragestellungen mit mittleren bis hohen Schwierigkeitsgraden auf.
Limitierte Informationsverarbeitung (6) Entscheidungsanomalien
59 59 59 59 59 59
Overconfidence: Ergebnis Hybris am Devisenmarkt (T. Oberlechner) • Selbstbeurteilung von Devisenhändlern auf
Skala 1-7: Durchschnitt M = 5.06
• ¾ der Händler (73.6%) sehen sich als erfolgreicher als andere Händler
• 1/20 (4.5%) der Händler sieht sich als weniger erfolgreich als andere Händler
• Verhältnis „überdurchschnittlicher“ zu „unterdurchschnittlichen“ Händlern: 13,6 : 1
60 60 60 60 60 60
Prognosefehler und Rückschaufehler • „Spitzen-Ende-Regel“: Nur Spitzen und Enden
eines Ereignisses werden zur Beurteilung herangezogen.
• Hindsight bias (knew it all along bias): In der Rückschau überschätzen Menschen das, was sie über den Ausgang eines Ereignisses gewusst haben. Ursache für verzerrte Erinnerung: Schlechtes Erinnerungsvermögen und selbstwertdienliche Anpassung von Schätzungen.
Limitierte Informationsverarbeitung (7) Entscheidungsanomalien
61 61 61 61 61 61
Kreditnahme und Investitionsentscheidungen • Vorschau • Erleben während der Rückzahlung • Rückschau
Zeit t0 t1, 2, 3, … tn
Ψ
62 62 62 62 62 62
Home bias Die Portfoliotheorie belegt, dass die Asset Allocation, also die Verteilung der Geldanlage auf verschiedene (von einander statistisch unabhängige) Anlageklassen zu einer Erhöhung der Rendite bei gleichem Risiko führt. Aus diesem Grund wäre theoretisch eine Verteilung der Anlagesumme im Portfolio auf eine Vielzahl von nationalen Märkten sinnvoll. In der Praxis beobachtet man jedoch, dass die Anleger ihre Anlagen weitaus überproportional auf dem jeweiligen Heimatmarkt anlegen. Diesen Effekt nennt man „Home Bias“. Dieser Effekt wurde erstmals durch French und Poterba (1991) sowie Tesar und Werner (1995) beschrieben. Gründe: Als Gründe für den Home Bias werden im wesentlichen 3 Aspekte angeführt: Transaktionskosten: Eine Geldanlage im Ausland ist mit höheren Transaktionskosten verbunden. Diese zu vermeiden, erhöht die Rendite der Geldanlage. Informationsdefizite: Während der Anleger über die Unternehmen am Heimatmarkt relativ gut informiert ist und die Chancen und Risiken gut einschätzen kann, fehlen ihm diese Informationen bei Anlagen auf ausländischen Märkten. Wechselkursrisiken: Da die Rendite des Anlegers neben der Rendite der Anlage selbst durch die Änderung des Wechselkurses bestimmt wird, erscheint eine Anlage im gleichen Währungsraum risikofreier.
Limitierte Informationsverarbeitung (8) Entscheidungsanomalien
63 63 63 63 63 63
Einstellungen und Erwartungen Devisenhändler kleiner Handelslokationen beurteilen Heimatwährung systematisch positiver als andere Händler:
1
2
3
4
5
6Einstellungsprofile ATS
Austria Germany Switzerland U.K.
Positive Einstellungen gegenüber der Währung gehen mit der Erwartung künftiger Wertsteigerung einher (T. Oberlechner).
64 64 64 64 64 64
Hindsight-Bias: („I knew it all along-Effekt“)
Fischhoff (1975): VPn lasen einen Text über den Krieg (1814) zwischen Briten und Gurkas (indischer Bergstamm) und einen von 4 möglichen Kriegsausgängen: VG 1: Briten gewannen den Krieg VG 2: Gurkas gewannen den Krieg VG 3: Waffenstillstand mit Friedensabkommen VG 4: Waffenstillstand ohne Friedensabkommen KG 0: Mögliche vier Kriegsausgänge Jede Gruppe schrieb jenem Ausgang die höchste Wahrscheinlichkeit zu, welcher in ihrer Geschichte als der tatsächliche Kriegsausgang beschrieben worden war.
65 65 65 65 65
Rückschaufehler in Abhängigkeit vom Prognose- und Erinnerungszeitpunkt, von der Information über wirtschaftliche Entwicklungen, die nach der Währungsumstellung 1999 eingetreten waren beziehungsweise nicht eingetreten waren. Die Werte wurden so standardisiert, dass die Prognosen jeweils den Wert = 0 haben und die Erinnerungen direkt darauf bezogen werden können (aus Hoelzl, Kirchler, & Rodler, 2002, S. 440).
1.25
1.00
0.75
0.50
0.25
0.00
-0.25
-0.50
-0.75
-1.00
-1.25
Experimentalgruppe Kontrollgruppe
Zeitpunkt 1 Zeitpunkt 2 Zeitpunkt 1 Zeitpunkt 2 Ver
ände
rung
in d
er s
ubje
ktiv
en W
ahrs
chei
nlic
hkei
tsm
essu
ng
Konstante Information Inkonstante Information Fehlende Information
66 66 66 66 66 66
Rückwärtsinduktion • Kooperation in endlichen Spielen (Fairness
macht sich nicht bezahlt im Ultimatumspiel und am experimentellen Arbeitsmarkt)
• 2/3 des Mittelwerts der von einer Gruppe von Personen gewählten Zahlen von 0 bis 100
Limitierte Informationsverarbeitung Entscheidungsanomalien
67 67 67 67 67 67
Heuristiken
• Verfügbarkeitsheuristik • Repräsentativitätsheuristik • Anker-/Anpassungsheuristik
68 68 68 68 68 68
Zeitbeschränkung und Urteilsheuristiken
• Heuristiken sind Entscheidungshilfen in komplexen Entscheidungssituationen unter Zeitdruck
• Heuristiken sind Faustregeln, mit dem
Vorteil, Entscheidungen anhand einiger „Eckdaten "treffen zu können
69 69 69 69 69 69
Verfügbarkeitsheuristik
Bei der Schätzung der Häufigkeiten oder Auftrittswahrscheinlichkeiten eines oder mehrerer Ereignisse werden die Urteile auf Basis der Leichtigkeit, mit der einzelne Informationen aus dem Gedächtnis abgerufen werden oder generiert werden können, gebildet.
70 70 70 70 70 70
Liste 1 Franz Hofer Josef Kranz Madlene Olbright Hermann Brandler Agatha Christie Bertha von Suttner Friedrich Müller Johannes Binder Maria Callas Catherine Deneuve Romy Schneider Mario Dermatt Gerhard Fritz Wolfgang Mairhofer Sharon Stone Isabel Allende Elizabeth Taylor Sebastian Knapp Bernhard Ortner Leonhard Werda
Marilyn Monroe Editha Gruberowa Ingeborg Bachmann Elfriede Jelinek Werner Molner Claudia Schiffer Gerhard Grün Agnes Baltsa Josef Huber Georg Kette Karl Wagner Christine Nöstlinger Annemarie Moser Pröll Gerhard Thaler Horst Schuler Claudia Cardinale Hermann Hinterhuber Wolfgang Oberlechner Uschi Glas
Liste 2 Berta Huber Thomas Klestil Arnold Schwarzenegger Jasmin Grandl Billy Wilder Hermine Foreer Rosa Mair Toni Sailer Tony Blair Rita Gruber Maria Turner Konrad Adenauer Max Frisch Frieda Dermatt Ida Rederlechner Sabine Miksit Wolfgang A. Mozart Friedrich Dürnmatt Berta Zuegg Linda Mayer
Antonia Jankoschek Erika Binder Jacqueline Moser Friedrich von Schiller Helmuth Kohl Johann Sebastian Bach Karin Wagner Kathrin Lindner Frank Zappa Franz Josef Strauss Theresia Stoll Herta Obermair Bill Clinton Franz Klammer Johann W. von Goethe Ida Hertz Robert Stolz Veronika Zepke Jack Nicholson
Verfügbarkeitsheuristik (1)
71 71 71 71 71 71
Todesursachen in der Schweiz, 1998
72 72 72 72 72 72
Beispiel: P Buchstabe „k“ am Wortanfang oder an 3. Stelle von
Worten?
Subjektive Schätzung: „k“ häufiger am
Wortanfang Objektive Häufigkeit: „k“ dreimal häufiger an 3. Stelle
Verfügbarkeitsheuristik (2)
73 73 73 73 73 73
Gruppierung von 10 Personen zu • Subgruppen von 2 Personen • Subgruppen von 3 Personen • Subgruppen von 8 Personen
n! / (n-r) * r! 10 ! / ( 10 – 2 ) ! * 2 ! = 10*9*8*...*1 / (8*7*...*1) * 2*1 = 45 10 ! / ( 10 – 3 ) ! * 3 ! = 10*9*8*...*1 / (7*6*...*1) * 3*2*1 = 120 10 ! / ( 10 – 8 ) ! * 8 ! = 10*9*8*...*1 / (2*1) * 8*7*...*1 = 45
Verfügbarkeitsheuristik (3)
74 74 74 74 74 74
Stimmungskongruenz-Hypothese: Eine Person erinnert Ereignisse besser, wenn sie in ähnlicher Stimmung ist, wie sie beim Erleben der Ereignisse war. Stimmungskongruenz: Erinnerung von Wortlisten in positivem oder negativem Gefühlszustand (Bower, 1981)
Stimmung = Information-Heuristik: 20 Cents Experiment (Schwarz & Clore, 1983)
Verfügbarkeitsheuristik (4)
75 75 75 75 75 75
Repräsentativitätsheuristik
Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen einer Stichprobe und einer Grundgesamtheit, einem Element und einer Klasse oder Kategorie, einer Handlung und einer handelnden Person, einer Wirkung und einer Ursache. Allgemeiner: Übereinstimmung zwischen Ergebnis und Modell, Element und Prototyp.
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Repräsentativitätsheuristik (1) Menschen ignorieren in ihren Urteilen und Entscheidungen häufig Stichprobenzusammensetzung und wesentliche Merkmale der Grundgesamtheit. Beispiel: 100 Personen: 70 Juristen, 30 Ingenieure
P Ingenieur, wenn Person X Verheiratet 2 Kinder 34 Jahre alt hohe Fähigkeiten und hohes Engagement im Beruf Hobby: Flugzeuge Antwort: Ingenieur, weil Flugzeuge als Hobby beschrieben sind.
P Ingenieur, wenn Person Y Verheiratet 2 Kinder 34 Jahre alt hohe Fähigkeiten und hohes Engagement im Beruf Antwort: 50 % Ingenieur und nicht 30 %, wie in der Stichprobe gegeben.
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Geschätzte Prozentwerte
Repräsentativitätsheuristik (2a)
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
0-5% 5-15% 15-25% 25-35% 35-45% 45-55% 55-65% 65-75% 75-85% 85-95% 95-100%
Wah
rsch
einl
ichk
eit
N = 10 N = 100 N = 1000
78 78 78 78 78 78
Korrekte Prozentwerte
Repräsentativitätsheuristik (2b)
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
0-5% 5-15% 15-25% 25-35% 35-45% 45-55% 55-65% 65-75% 75-85% 85-95% 95-100%
Wah
rsch
einl
ichk
eit
N = 10 N = 100 N = 1000
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Prototyp für Zufall Lotto „6 aus 45“ Los 1: 4 16 19 24 28 39 Los 2: 1 2 3 4 5 6
Repräsentativitätsheuristik (3)
80 80 80 80 80 80
Anker-/ Anpassungsheuristik
Häufigkeits- und Wahrscheinlichkeitsschätzungen werden oft mit einem Ausgangswert (Anker) begonnen, der durch die Problemformulierung oder durch eine andere Person oder ein Ereignis vorgegeben ist. Im Laufe der Urteilsbildung werden Berechnungen und Schätzungen durchgeführt und Urteile an den Anker angepasst.
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Anker- / Anpassungsheuristik (1)
8 * 7 * 6 * 5 * 4 * 3 * 2 * 1 =
1 * 2 * 3 * 4 * 5 * 6 * 7 * 8 = Md (1) = 2.250 Md (2) = 512 Resultat = 40.320
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UNO-Mitgliedsstaaten in Afrika
10 (unter 25 %) (über 45 %) 65
70 95
80
30
75
15
20 35
45 40
Anker- / Anpassungsheuristik (2)
83 83 83 83 83 83
Aktueller Marktwert eines Hauses: $ 74.900.- Ankerpreis in Prospekt $ 65.900.- oder $ 83.900.- Preisschätzung Studierende $ 63.571.- $ 71.196.- Makler $ 67.811.- $ 75.190.-
Auch Experten unterliegen der Anker-/ Anpassungsheuristik
Anker- / Anpassungsheuristik (3)
84 84 84
Fast and Frugal Heuristics
Gigerenzer, Todd, & ABC Research Group (1999):
Menschen wenden in Entscheidungssituationen Heuristiken an, weil die Anwendung von Heuristiken Fähigkeiten nutzt, die sich im Laufe der Evolution entwickelt haben und die von Menschen erlernt wurden. Sie werden meist angewandt, ohne bewusst zu überlegen, welche Heuristik in einer bestimmten Situation erfolgreich ist. Mit den schnellen und sparsamen Heuristiken können die klassischen Normen der Rationalität verletzt werden. Deshalb werden diese Heuristiken als a-rational bezeichnet, aber sie lassen häufiger korrekte Entscheidungen und Prognosen zu als Überlegungen, die auf dem aufwändigen klassischen Modell der Rationalität basieren.
85 85 85
Fast and Frugal Heuristics
• Rekognitions-Heuristik:
Wenn Menschen eines von zwei Objekten kennen und das andere nicht, dann ziehen sie oft den Schluss, das erkannte Objekt habe den höheren Wert. Gigerenzer und Mitarbeiter testeten amerikanische und deutsche Studierende und deren Kenntnisse über die amerikanische Geographie, indem sie fragten, welche Stadt größer sei, San Diego oder San Antonio. Von den amerikanischen Studierenden gaben 62 Prozent die korrekte Antwort, während alle deutschen Studierenden wussten, dass San Diego mehr Einwohner hat als San Antonio. Die deutschen Studierenden hatten häufiger von San Diego gehört als von San Antonio und zogen den Schluss, das wiederkannte Objekt sei wichtiger und auch größer. Die amerikanischen Studierenden wussten zu viel und waren verunsichert. Weniger bringt oft mehr. Die Rekognitions-Heuristik kann, wie Gigerenzer betont, zu einem kontra-intuitiven Effekt führen, dem „Less-is-more” Effekt.
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Fast and Frugal Heuristics
• Rekognitions-Heuristik:
In einer weiteren Studie sollten türkische und britische Studierende den Ausgang von 32 Fußballspielen in England vorhersagen. Obwohl die englischen Studierenden sehr viel über die Fußballclubs wussten, während die türkischen so gut wie keine Informationen hatten, waren die Prognosen der Engländer mit 65.6 Prozent korrekten Tipps nicht viel besser als die der Türken, die 62.5 Prozent Treffer landeten. Die türkischen Studierenden hatten die Rekognitions-Heuristik verwendet. Nachdem die Fußballclubs gewöhnlich nach den Namen der Städte, aus denen sie kommen, benannt sind und die türkischen Studierenden berühmte Städte kannten und weniger berühmte nicht, schlossen sie von der Bekanntheit der Städte auf deren Wichtigkeit und in weiterer Folge auf die Qualität der Mannschaften. Die partielle Unwissenheit führte zu valider Information (Goldstein & Gigerenzer, 2002; Hoffrage & Reimer, 2004).
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Fast and Frugal Heuristics
• „Take the Best”-Heuristik:
Wenn eine Option aus mehreren ausgewählt werden soll, wird selten klassisch rational vorgegangen, wobei alle Charakteristika der Optionen bewertet und Optionen miteinander verglichen werden. Vielmehr wird nach der „Take the Best”-Heuristik ein Charakteristikum ausgewählt, das besonders relevant erscheint und die Optionen werden anhand dieses Merkmals verglichen. Optionen, die nicht entsprechen, werden ausgeschieden.
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Fast and Frugal Heuristics
• Eliminations-Heuristik: Die Merkmale der Alternativen werden sukzessiv zur Bewertung der
Alternativen herangezogen und jene Alternativen, die nicht entsprechen, werden sukzessive eliminiert. Tversky (1972) beschreibt Entscheidungen als sequentielle Eliminationsprozesse. Entscheidungsalternativen werden als Sets von Kriterien oder Aspekten gesehen. Im Entscheidungsprozess werden Kriterien so ausgewählt, dass die wichtigsten mit größter Wahrscheinlichkeit zuerst zur Beurteilung der Alternativen herangezogen werden. Die Alternativen werden sequentiell am jeweiligen Kriterium „gemessen”. Erfüllt eine Alternative nicht den subjektiven Standard bezüglich des beachteten Kriteriums, fällt sie als unbrauchbar weg. Im nächsten Schritt wird ein weiteres Kriterium ausgewählt, die Alternativen werden danach „gesiebt” und so weiter, bis schließlich eine Alternative übrig bleibt.
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Prospect-Theorie & Framing Effekt
Florindo: „Vom Weinen zum Lachen ist ein angenehmer Schritt, wobei man allen Verdruss vergisst; aber von der Freude zum Leid, da ist die Veränderung sehr empfindlich.“ Aus „Diener zweier Herren“ von Carlo Goldoni
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Risikoaversion
Daniel Bernoulli (18. Jahrhundert): Menschen sind risikoscheu ! Ein sicherer Gewinn: € 8.000 wird einem möglichem Gewinn (p = .85): € 10.000 vorgezogen.
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Risikoaversion und -neigung
a) Sicherer Gewinn von € 240 oder 25 % Chance auf € 1.000 und 75 % Chance auf 0
b) Sicherer Verlust von € 750
oder 75 % Chance auf Verlust von € 1.000 & 25 % Chance auf 0
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Risikoaversion und -neigung Allerdings … … allerdings sei betont, dass im Falle eines sehr kleinen Gewinnes durchaus Risikofreude und im Falle sehr kleiner Verluste Risikoaversion besteht. Kahneman und Tversky (1979) fanden, dass 84 Prozent der Teilnehmer sichere US$ 500 gegenüber US$ 1,000 mit einer Gewinnchance von p = 0.5 bevorzugten. Allerdings bevorzugten 72 Prozent der Teilnehmer ein Spiel, mit der Chance von p = 0.001 US$ 5,000 zu gewinnen, gegenüber der Alternative von sicheren US$ 5. Im Falle von Verlusten drehte sich das Muster um: 69 Prozent wählten die Option, mit einer Wahrscheinlichkeit von p = 0.5 US$ 1,000 zu verlieren, anstatt mit Sicherheit US$ 500 bezahlen zu müssen. Bei einem kleinen Verlust von US$ 5 oder einem Risiko von p = 0.001 US$ 5,000 zu verlieren, wählten 83 Prozent den sicheren Verlust von US$ 5.
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Risikoverhalten und Framing-Effekte
Grippewelle: Erwartung, dass 600 Menschen sterben werden.
Interventionsprogramme: (A) 200 werden sicher
gerettet; (B) mit P = 1/3 werden alle
gerettet und mit P = 2/3 sterben alle.
Grippewelle: Erwartung, dass 600 Menschen sterben werden.
Interventionsprogramme: (A) 400 werden sicher
sterben; (B) mit P = 1/3 werden alle
gerettet und mit P = 2/3 sterben alle.
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Framing-Effekt
Je nach semantischem Rahmen („framing“), kann die Aufmerksamkeit auf einen Gewinn oder einen Verlust gelenkt werden und entsprechend unterschiedlich sind die Präferenzen der Entscheidungsträger („framing effect“). Kühberger (1995) weist jedoch auf Probleme bei der Beschreibung von Entscheidungsalternativen hin. Wenn beispielsweise Maßnahmen gegen den Ausbruch einer asiatischen Grippewelle zu überlegen sind, so wird einmal vollständige Information geboten (die Wahrscheinlichkeiten der Wirksamkeit der Maßnahmen zur Rettung aller Personen beziehungsweise eines Fehlschlags sind vollständig angeführt) und einmal sind die Informationen unvollständig (in einem Fall wird nur berichtet, dass eine bestimmte Anzahl von Personen überleben wird; im anderen Fall wird nur erzählt, dass ein Teil der Betroffenen sterben wird). Weiter wird kritisiert, dass die meisten Studienteilnehmer die absoluten Zahlen von Überlebenden beziehungsweise Opfern nicht absolut, sondern nur als ungefähren Richtwert ansehen. Wang (1996) fand, dass im Beispiel der asiatischen Epidemie Framing-Effekte nur dann auftreten, wenn die Anzahl der betroffenen Personen groß ist. Wenn von weniger als 100 Personen die Rede ist oder die betroffenen Personen den Studienteilnehmern nahestehen, wie etwa Verwandte, sind Framing-Effekte nicht nachzuweisen.
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Framing und Fairness (R. Thaler)
Ein beliebtes Automodell kann nicht in genügender Menge produziert werden, weil die Nachfrage steigt. (a) Das Verkaufshaus hebt
den Preis um € 200 an. (b) Das Verkaufshaus
gewährt nicht mehr die € 200 Preisnachlass, wie früher.
In einem strukturschwachen Gebiet mit hoher Arbeitslosenrate muss Firma x Mitarbeiter entlassen oder Kosten einsparen. (a) Die Firmenleitung
beschließt bei 0% Inflation eine 7% Kürzung der Gehälter.
(b) Die Firmenleitung bietet bei 12% Inflation nur 5% Gehaltserhöhung an.
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Framing-Effekt
Je nachdem ob die Aufmerksamkeit auf Gewinne oder Verluste gelenkt wird, wird unterschiedlich selektiv nach Informationen gesucht (Fischer, Jonas, Frey, & Kastenmüller, 2008). Im Falle einer Gewinnaussicht scheint die Informationssuche selektiver zu sein und häufig wird eher nach konsistenter Information gesucht als im Verlustfall. Gewinnentscheidungen werden auch mit höherer subjektiver Entscheidungssicherheit getroffen als Verlustentscheidungen.