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INTERVIEW „Meister der stillen Töne“, „Der Lyriker am Bass“ oder auch „Bass-Poet“. Diese Formulierungen werden immer wieder mit ihm in Zusammenhang gebracht. Die Rede ist von Ralf Gauck, seines Zeichens Solo-Bassist, Lehrbuchautor, Workshop-Schreiber für verschiedene RALF GAUCK Foto:Uwe Baatsch-Glaser Fachmagazine und zweifacher Preisträger des „Deutschen Rock & Pop Preises“ in den Kategorien “bester Bassist” und “bester Instrumentalsolist”. Maik Reishaus befragte ihn zu seinem musikalischen Werdegang und derzeitigen Projekten. Interview mit Ralf Gauck geführt von Maik Reishaus für www.BassTheWorld.com Seite 1/7

Interview Ralf Gauck (in german)

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Maik Reishaus hat sich für BassTheWorld.com mit dem deutschen Bass-Virtuosen Ralf Gauck unterhalten! Der preisgekrönte Solo-Bassist, Lehrbuchautor und nice guy at all erzählt über seine Arbeit, seine Musik und seinen Werdegang. Viel Spaß!

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INTERVIEW

„Meister der stillen Töne“, „Der Lyriker am Bass“ oder auch „Bass-Poet“. Diese Formulierungen werden immer wieder mit ihm in Zusammenhang gebracht. Die Rede ist von Ralf Gauck, seines Zeichens Solo-Bassist, Lehrbuchautor, Workshop-Schreiber für verschiedene

RALF GAUCK

Foto:Uwe Baatsch-Glaser

Fachmagazine und zweifacher Preisträger des „Deutschen Rock & Pop Preises“ in den Kategorien “bester Bassist” und “bester Instrumentalsolist”.Maik Reishaus befragte ihn zu seinem musikalischen Werdegang und derzeitigen Projekten.

Interview mit Ralf Gauckgeführt von Maik Reishaus für www.BassTheWorld.com Seite 1/7

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Hallo Ralf!Was treibst du zurzeit ?Ich mach die letzten Renovierungsarbeiten an meinem neuen Haus, habe die letzten Korrekturen an meinem Buch vorgenommen, das im Herbst bei Artist Ahead erscheinen wird und produziere meine Duo-CD DAYBREAK mit dem ungarischen Gitarristen Sandor Szabo.

Wie bist du zum Bass gekommen ?Das hat der amerikanische Bassist Charlie Haden zu verantworten. Ich habe ihn auf Produktionen mit Pat Metheny gehört und wollte unbedingt auch Kontrabass lernen. Jedoch gab es in meiner Heimatstadt Worms keinen Kontrabassisten, der mir etwas zeigen konnte und mit Bus oder Bahn war es für mich unmöglich, einen zu finden. Ich habe durch ein angeborenes Augenleiden keinen Führerschein und bin daher auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Daher habe ich erst einmal weiter Gitarre gespielt. Erst Steve Swallow war für mich der Anlass, es mit einem E-Bass zu versuchen und dann ging alles rasend schnell.

Was hat dich damals an Steve Swallow fasziniert ? Das waren und sind es bis heute mehrere Dinge. Zum einen sein Ton, der so anders ist, wie bei den meisten E-Bassisten. Sein Approach, wie er begleitet und Walkinglinien spielt, außerdem seine Solos, die oft ähnlich wie bei Charlie Haden reduziert sind und nicht nach dem Motto "schneller, höher, weiter"

aufgebaut sind. Steve ist für mich in erster Linie Musiker und in zweiter Linie Bassist!

Welche Musiker haben dich außerdem geprägt?Pat Metheny, Keith Jarrett, Miles Davis, Danny Thompson, Marcus Miller, Steve Bailey, Jaco, Monk, Michael Manring, Sandor Szabo, Peter Finger, Bill Frisell, Jim Hall, Erik Friedlander, Michael Hofmann, Bach, Glenn Gould, Steve Reich, Lars Lehmann und vor allem Claus Boesser-Ferrari .

Warum vor allem Claus Boesser-Ferrari ?Das ist schwer zu beschreiben. Claus hat eine Art Musik zu spielen, die so eigenständig ist, dass man ihn sofort heraus hört. Dieser Mensch ist so weltoffen für vieles was in der Kunst passiert, er saugt förmlich alles um ihm herum auf und verarbeitet dies mit seinen eigenen Mitteln. Wer schon einmal Claus hören konnte, der versteht, was ich meine. Wenn ich mit ihm zusammen spiele, dann habe ich das Gefühl, dass es zwei Personen sind, mit denen ich zusammen arbeite. Der eine, der die Saiten seiner Gitarre bedient und der andere, der da sitzt und dir ständig folgt. Egal was du machst, er folgt dir sofort und lässt dir trotzdem viel Freiraum. Claus ist ein wahrer Künstler, der Musik malt, der Musik wie ein Lyriker beschreibt, der Filme in deinem Kopf ablaufen lässt und der einer der nettesten Kollegen ist, den ich kenne.

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Auch die Beatles haben in deinem Leben immer wieder eine Rolle gespielt. Du hast sogar mit deinem Album „A Hard Day´s Night“ eine ganze Platte mit Solo-Bearbeitungen ihrer Stücke veröffentlicht. Was fasziniert dich an dieser Band?Auf keinen Fall der Sound der Aufnahmen! Die Kompositionen der 2.Ära der "Beatles" und Abbey Road Studios.

Gauck während eines Solo-Bass-Konzertes im legendären Club „The Cavern“

Wie bist du auf die Idee gekommen, Solo-Bass-Musik zu machen ? Dies hat eigentlich wieder Charlie Haden

zu verantworten. Ihn habe ich zum ersten Mal gehört, wie er Solo-Stücke auf seinem Kontrabass gespielt hat und das hat mich sehr fasziniert. Vor allem sein Ton und die Rhythmik in seinem Spiel sind es, die mir immer wieder Tränen in

die Augen drücken. Letztendlich hat mich der Gitarrist Claus Boesser-Ferrari dazu ermutigt, diesen Weg zu verfolgen.

Hast du Charlie schon einmal persönlich getroffen ?Persönlich leider noch nicht, aber im Herzen schon ganz oft.

Du hast bereits mit der Solo-Bass-Legende Michael Manring zusammengespielt. Was kannst du uns darüber erzählen?Michael Manring hat mich zu allererst als Mensch fasziniert. Erst ist unheimlich nett und weltoffen, keine Selbstverständlichkeit für einen amerikanischen Staatsbürger. Er will alles über andere Kulturen kennen lernen und das zeigt sich auch in seinem Spiel. Er hat ein wahnsinns Gehör und folgt dir musikalisch auf Tritt und Schritt. Dabei ist er sehr flexibel, was die Musikstile angeht und spielt doch sehr aus dem Bauch heraus. Es war eine große Inspiration mit ihm zusammen die Bühne teilen zu dürfen und hat es hat mich auch sehr beflügelt.

„Auf keinen Fall denke ich als Bassist, sondern bin Musiker, der seine Sprache eben mit diesem einen Instrument ausdrückt. “ Ralf Gauck

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Inwieweit kommt dir dein Gitarren-Background auf dem Bass zugute?Eigentlich nur in spieltechnischer Hinsicht. Alles andere ist eine Frage der Musik im Globalen. Für mich war die Rhythmik das Tor, das mir die Musik in einem anderen Licht gezeigt hat. Heute frage ich mich nicht mehr, ist das wichtig für einen Bassisten oder Gitarristen, Sänger, Schlagzeuger oder gar Bläser. Heute frage ich mich, wie kann ich das auf meinem Instrument umsetzen? Auf keinen Fall denke ich als Bassist, sondern bin Musiker, der seine Sprache eben mit diesem einen Instrument ausdrückt. In den letzten zwei Jahren spielte ich verstärkt auch im Ausland und erlebte es immer wieder, dass man die Frage nach Instrument gar nicht stellt, sondern nur die Frage nach dem Ausdruck in der Musik.

Foto: Alfred Möser

Wie ist die Situation bezüglich Solo-Bass-Konzerten in Deutschland ? Gibt es einen Markt dafür?Es ist keine Frage mehr, ob Solo-Bass oder Solo-Gitarre. Alle Solo-Künstler haben es schwer, egal welche Kunstform. Ich habe

aber das Glück, auf zwei Hochzeiten tanzen zu können - Gitarren Festivals oder auch Bass Festivals. Das macht es für mich einfacher und interessanter. Mit meinen akustischen Instrumenten kann ich Konzerte spielen, die einem Musiker mit elektrischen Bässen verschlossen bleiben. So spiele ich im Oktober ein Konzert mit meinen Akustik Bass ohne jegliche Verstärkung oder ich werde oft zu Konzerttourneen mit akustischen Gitarristen eingeladen.

Bei einigen deiner Konzerte lässt du Filme mit deinen eigenen Fotografien ablaufen. Bei deiner sehr stimmungsvollen Musik sicher ein tolles Erlebnis. Wie sind die Reaktionen der Zuschauer darauf ?Es öffnet vielen einen anderen Zugang zu meiner Musik. Dabei steht immer die Musik im Vordergrund, die Bilder unterstützen diese also nur. Es war mir ein Bedürfnis diesen Weg zu gehen. Musik ist und bleibt neben meiner Familie immer der wichtigste Teil meines Lebens, jedoch wollte da noch etwas aus mir heraus, was ich mit Musik alleine nicht ausdrücken konnte. Dies habe ich in der Fotografie gefunden. Die Zuhörer meiner Konzerte sind fasziniert von dieser Kombination und schätzen es, multimedial unterhalten zu werden.

Gibst du Unterricht?Ja! Nach meinem Studium habe ich ausschließlich als Lehrer für Gitarre und Bass gelebt. Heute mach ich es

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immer noch, da es mir Spaß macht und mich auch als Musiker weiter bringt. Wohl nicht mehr so viel wie früher, aber immer noch mit Spaß.Was ist dir innerhalb des Unterrichts wichtig?RHYTHMUS! und offen sein für unterschiedlichste Musikformen ... Musik ist eine Kunstform, die viel mit Respekt und Rücksichtnahme voreinander zu tun hat. Und dann vor allem SPASS!!!

Mit „Speaking Bassically“ und „Stay in Time“ hast du zwei sehr interessante Basslehrbücher veröffentlicht. Was war deine Intention, diese Bücher zu schreiben ?Der Spaß am Unterrichten und Wissen weiter zu geben!

Du hast vorhin von einem neuen Buch gesprochen. Worum wird es in diesem Buch gehen ?Das Buch „Double Feature“ ist sowohl für Bassisten als auch Gitarristen geschrieben. Es beschäftigt sich mit Noten und stellt auch das Zusammenspiel dieser beiden Instrumente innerhalb der Band in den Fokus. Später wird es zum Buch eine eigene Homepage geben, die das Buch mit Videos, "Fragen & Antworten" und einer Sammlung von praktischen Songs aktuell halten wird.

Du hast auch ein Lehrbuch für Ukulele geschrieben. Wie ist es denn dazu gekommen?Dies war ein Auftrag für eine Firma, die Ukulelen vertreibt. Das würde ich heute

allerdings nicht mehr machen, sondern meinem Weg treu bleiben - quasi eine Jugendsünde ;-)

Hast du feste Bands?Nein, dafür habe ich keine Zeit und auch Lust mehr. Ich genieße es, viele Konzerte mit total unterschiedlichen Musikern zusammen zu spielen. Dabei hasse ich es inzwischen, wenn man sich noch zum Proben treffen muss, um Zuhörer zu begeistern. Mit Musikern wie Sandor Szabo oder Claus Boesser-Ferrari setze ich mich mit den Instrumenten auf die Bühne und wir fangen einfach nur an zu spielen, ohne eine vorherige Absprache. Dies ist kein Free Jazz sondern Improvisation, die auch sehr melodisch sein kann.

Foto: Uwe Baatsch-Glaser

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Du spielst recht ungewöhnliche Bässe. Kannst du uns ein wenig darüber erzählen?Ich spiele einen Höfner Deluxe fretless, der erste den die Firma Höfner gebaut hat und der nun in Serie hergestellt wird. Er hat nur einen Stegtonabnehmer der Firma Delano und dieser wurde direkt mit der Buchse verdrahtet. Außerdem habe ich noch einen Akustik Bass von Heiner Dreizehnter, ebenfalls in fretless Ausführung. Meinen "alten" Stoll Akustik Bass habe ich auch noch, den ich aber jetzt umgebaut habe und mit einem Stachel spiele, davon gibt es ein Bild in Facebook. Es gibt noch einen Höfner Akustik Bass mit Frets und einen Warwick Corvette fretless mit Delano Pickups und noch meinen ersten Bass, einen Warwick Corvette mit Bünden und Bartolini-Tonabnehmern.

Foto: Uwe Baatsch-Glaser

Welches Equipment benutzt du außerdem ?Markacoustic Verstärker, davon habe ich außer der Gitarrenausführung AC 601 alle Verstärker vom deutschen Vertrieb Smile Music zur Verfügung gestellt bekommen. Die Dinger sind für mich ideal. Meine

akustischen Instrumente nehme ich ausschließlich mit Schertler Tonabnehmern ab, den DYN - abg und den A-Dyn mit Preamp. Bei elektrischen Bässen verwende ich bis auf meinen alten Warwick Corvette fretted Tonabnehmer der Firma Delano. Auf all meinen fretless Bässen verwende ich Pyramid Black Nylon Strings und bei Kabeln vertraue ich ganz der Firma Vovox. Im Studio nehme ich meine Akustik Bässe mit meinen Neumann Mikros ab und verwende nie Kompressoren.

Deine Alben werden von einigen Lautsprecher-Herstellern als Sound-Referenzen benutzt. Dementsprechend bist du selbst ein „Sound-Fetischist“, oder ?Ja leider! Das ist fast schon ein Fluch, der mich da verfolgt. Darum hasse ich Kompressoren jeglicher Form. Die zerstören den Sound und die Musik. Das hat der norwegische Tonmeister Jan Erik Kongshaug zu verantworten. Mit seiner Klangästhetik bin ich musikalisch groß geworden und es war immer ein Traum von mir, eines Tages in seinem Studio aufzunehmen. Dieser Traum ging 2006 für mich in Erfüllung. Mit den Aufnahmen in London in den Abbey Road Studios habe ich zwei mal aufnehmen dürfen und damit einen großen Traum erfüllt.

Was können wir in nächster Zeit von dir erwarten?Wie schon erwähnt ein neues Lehrbuch, eine Duo CD mit Gitarre und

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Bass in einem Kontext, wie man mich vorher nur selten auf CDs gehört hat und viele Konzerte in In- und Ausland. Dann den Bassverein Pro Bass Community zusammen mit Dirk Hesse und noch ein paar Geheimnisse, die ich aber jetzt noch nicht verraten will.

Was ist denn der Bassverein Pro Bass Community?

Pro Bass Community soll eine große Plattform für Bassisten sein. Es soll sich hier wirklich "nur" um den Bass handeln. In den letzten Jahren hat sich ein Kampf um das Instrument entwickelt, der allen geschadet hat. Viele waren irritiert von dem Verhalten der verschiedenen Lager, die ihre eigenen Interessen versucht haben durchzusetzen. Was aber auf der Strecke blieb, war das Interesse der Bassisten selbst. Genau an diesem Punkt möchte PBQ ansetzen und das Instrument wieder in einem Licht darstellen, das es verdient hat. Bass ist eine wichtige Säule innerhalb der Musik. Nach meiner Meinung, neben dem Gesang oder Melodieinstrumente die wichtigste. Es wurde aber reduziert auf ganz wenige spieltechnische Mittel und wirtschaftliche Belange. Wir müssen dies wieder gerade rücken und Bassdays so gestalten, dass sie auch für jeden interessant werden. Wir benötigen dazu viele Helfer, die auch mit "nur" kleinen Unterstützungen bei Veranstaltungen oder als passives Mitglied dabei sind. Wir brauchen Mitglieder, die sich im Dienste der Sache einbringen.

Ralf, ich bedanke mich für das Interview und wünsche dir viel Erfolg bei all deinen Vorhaben!

Links

http://www.ralf-gauck.de

http://www.myspace.com/ralphgauck

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Diskografie (Auszug)

Ralf GauckA Hard Days Night (2009)Fields of gold (2007)Zauberwasser (2005)

ChantalChantal plays Beatles no. 1 (2007)

Chantal meets Tony Sheridan (2004)

25 Jahre Chantal

Hans ReffertWestlich Bb9 (2008)

Peter RatzenbeckPeter´s Fancy (2002)

Bücher

- Stay in TimeSchell Music (2006)

- Speaking BASSicallyMusikverlag Gauck (2007)

- Starterpaket UKULELEMusikverlag Gauck (2007)