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AIT Austrian Institute of Technology Environmental Resources and Technologies 3430 Tulln, Österreich Gerhard Soja BIOKOHLE POTENTIALE ZUR VERRINGERUNG DES KLIMAWANDELS

BIOKOHLE OTENTIALE ZUR VERRINGERUNG DES … · LPG …. Flüssiggas CNG ….verdichtetes Erdgas LNG …. Flüssig -Erdgas DME …. Dimethyl -Ether FTL …. Fischer- Tropsch-Liquids

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AIT Austrian Institute of TechnologyEnvironmental Resources and Technologies

3430 Tulln, Österreich

Gerhard Soja

BIOKOHLE –POTENTIALE ZUR VERRINGERUNG DES KLIMAWANDELS

Handlungsbedarf durch Klimawandel Negative C-Emissionen mittels Biokohle Stabilität von Biokohle im Boden Indirekte Reduktionen von Treibhausgas-Emissionen

durch Biokohle

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ÜBERBLICK

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WIEVIEL DARF EMITTIERT WERDEN, UMDAS ZIEL EINER MAXIMALEN GLOBALENERWÄRMUNG VON 2 °C EINZUHALTEN?

2900 Gt

Ca. 2900 Gt CO2 stehen seit dem 19. Jh. zur (Emissions-)Verfügung

1900 Gt

1000 Gt

Aktuell: ca. 1900 Gt wurden bereits verbraucht,1000 Gt stehen noch zur Verfügung

Quelle: UNEP Emissions Gap Report 2014

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MAXIMALE ZUKÜNFTIGE EMISSIONEN, UMDAS 2 °C-ZIEL EINZUHALTEN

Quelle: UNEP Emissions Gap Report 2014

Jahr

1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050

Gt C

O2e

/ yr

0

10

20

30

40

50

60

0

10

20

30

40

50

60

▲ Historisch▲ Mediane der

geschätzten Emissionen

NEGATIVE C-EMISSIONEN ALSBEITRAG ZUR VERRINGERUNG DESKLIMAWANDELS

Negative C-Emissionen: wenn mehr Treibhausgase gebunden werden als in die Atmosphäre gelangen

Um das Ziel einer globalen Temperatur-Erhöhung von max. 2 °C einzuhalten, sollte CO2-Emissionsneutralität 2055-2070 erreicht werden (noch

vorhandene Emissionen durch negative Emissionen kompensiert)

Treibhausgas-emissionsfreie Wirtschaft 2080-2100 erreicht werden.

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OPTIONEN ZUR (LÄNGERFRISTIGEN) ENTFERNUNG VON CO2 AUS DER ATMOSPHÄRE

• (Wieder-)Aufforstung • Verbesserte Waldbewirtschaftung• Verstärkter Einsatz von Holz als Baumaterial• Biomasse vergraben (geologische Lager, Ozeanboden)• CO2 aus Biomasse-Energiegewinnung sequestrieren (BE-CCS)• Biomasse pyrolysieren und in Böden vergraben Biokohle• Pflanzenwachstum fördern durch Düngung• Bodenschonende Landbewirtschaftung (conservation agriculture)• Pfluglose Landwirtschaft • (Wieder-)Schaffung von Feuchtgebieten • Erhöhung der CO2-Aufnahme der Ozeane• CCS-Verfahren für Luft (carbon capture and sequestration)• Beschleunigte Verwitterung (von Silikaten, Karbonaten)

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GLOBALE TREIBHAUSGAS-EMISSIONENAUS LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT

Quelle: IPCC, AR 5 - WG III, Chapter 11 (2014)

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MITIGATIONSPOTENTIAL FÜR DEN LAND-/FORSTWIRTSCHAFTSSEKTOR (IN MTCO2E / YR, SZENARIO 2030)

Quelle: IPCC, AR 5 - WG III, Chapter 11 (2014)

DIE ROLLE VON BIOKOHLE BEIDER KOHLENSTOFF-FIXIERUNG

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WAS KANN DIE TERRESTRISCHEKOHLENSTOFFBINDUNG BEITRAGEN?

Biomasse-Nettoprimärproduktion an Land: 50-60 Gt C yr-1

Bestand an Corg im Boden (30 cm): 700 Gt Bei maximaler Wiederaufforstung: 180±80 Gt C; würde

atmosphärisches CO2 um 40-70 ppm reduzieren Was kann der Boden überhaupt noch an C aufnehmen?

Wenn 50-60 % des historisch schon freigesetzten Boden-C wiederaufgefüllt werden (durch bodenschonende Maßnahmen, Grünland-Umwandlung): 42-78 Gt C; in einem Zeitrahmen von 25-50 Jahren: 30-60 Gt C

Mitigations-Potential von Biokohle: • 1,0-1,8 Gt CO2e yr-1

• Ca. 130 Gt CO2e in 100 Jahren (ohne Nahrungsmittelkonkurrenz oder Habitats-Verlust)

Quellen: House et al., 2002; Nemani et al., 2003; Lal 2004; Woolf et al., 2010; Batjes, 2014; Neufeldt et al., 2015

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WOZU BIOKOHLE-SYSTEME ENTWICKELN?

Schadstoff-adsorption aus Abwasser, Boden

Klimawandel-Verringerung durch C-Fixierung

Energetische Nutzung

Bodenver-besserung

Tierhaltung, Wirtschafts-dünger

Abfallnutzung, Nährstoff-Recycling

Nach: Lehmann und Joseph, 2015 (verändert)

Biokohle: ca. 300-600 € / t

Emissionszertifikate: ca. 5 € / t

1 t Pflanzenbiomasse TM = ca. 0.45 t C = ca. 1.65 t CO2

1 t Pflanzenbiomasse TM =ca. 0.25 – 0.35 t Biokohle

1 t Biokohle = ca. 6-7 t CO2= ca. 30-35 € /t Zertifikats-Erlös

Erst eine Kombination von Nutzungen rechnet sich

Landwirtschaftliche Anwendung von Biokohle mit 10 t/ha (als geringe Applikationsdosis) fixiert CO2 im Gegenwert von: Ca. 400.000 km Autofahrt (bei 0.15 kg CO2/km)oder der Jahres-CO2-Emission von ~6,6 Durchschnitts-EU-

Bürgernoder Der Produktion von ca. 2700 kg Rindfleisch in

Mitteleuropa (Schlachtausbeute von ca. 7 Rinder)12

WELCHE CO2-EMISSIONEN KANNBIOKOHLE AUSGLEICHEN?RECHENBEISPIEL: 1 HA ERHÄLT 10 T BIOKOHLE

STABILITÄT VON BIOKOHLE IM BODEN

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VERWEILZEITEN VON BIOKOHLEIM BODEN I

Quelle: American Carbon Registry, 2013

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Pyrolyse-Temperatur

0 200 300 400 500 600 700

Mitt

lere

Ver

wei

lzei

t (Ja

hre)

0

1000

2000

3000

4000

5000

VERWEILZEITEN VON BIOKOHLEIM BODEN II

Ausgangsdaten: Lehmann et al., 2015

Stroh oder krautige Materialien

Holzige Materialien

Sonstige Materialien

Längste Verweilzeiten bei holzigem Ausgangsmaterial und Pyrolysetemperaturen ab 500 °C

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KONZEPTUELLES MODELL DES VERBLEIBSDES BIOKOHLEN-C IM BODEN

Annahmen:Verweilzeit stabiler C:1000 JahreVerweilzeit labiler C:10 Jahre

nach: Lehmann et al., 2009, verändert

Jahr

-100 0 100 200 300 400 500

Ante

il de

s re

stlic

hen

C (%

von

Beg

inn)

0

20

40

60

80

100

50 %

C-V

erlu

st

bei P

yrol

yse

90 % stabiler C

75 % stabiler C

Anfangs-Biomasse

Biomasse unverkohlt (90 % labiler C)karbonisiert: 10 % labil, 90 % stabilkarbonisiert: 25 % labil, 75 % stabil

Aus

brin

gung

Bio

kohl

eam

Fel

d

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SCHEMATISCHE STRUKTUREN VON BIOKOHLE: AROMATISCH-KONDENSIERTER C

Quellen: Kumar et al., 2005; Schimmelpfennig & Glaser, 2012

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BIOKOHLE IMELEKTRONEN-MIKROSKOP:PORÖSESTRUKTUR DESPFLANZEN-MATERIALS WIRDBEI DERPYROLYSEKONSERVIERT

Bild: Martin Brandstetter

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BIOKOHLE IM FREILAND

2 Vegetationsperioden nach Aufbringung von 72 t Biokohle / haStandort: Traismauer, NÖ

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PRIMING-EFFEKTE DURCH BIOKOHLE –KEIN VORTEIL OHNE NACHTEIL?

Boden Boden + Biokohle

Boden + Biokohle

Boden + Biokohle

Basis Kein PrimingPositivesPriming

NegativesPriming

Min

eral

isie

rung

des

org

anis

chen

Bod

en-C

21

Tage Inkubationszeit

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000

Bode

n-C

-Ver

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rung

mit

Biok

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im V

ergl

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zu

ohne

Bio

kohl

e (in

%)

-100

0

100

200

300

UNTERSCHIEDLICHSTE ERGEBNISSEÜBER DIE PRIMING-WIRKSAMKEIT VONBIOKOHLE

Ausgangsdaten: Whitman et al., 2015

Pyrolyse-Temp. <400 °

Pyrolyse-Temp. 400-500 °

Pyrolyse-Temp. >500 °

Positives Primingeher bei Biokohlen nach geringeren Pyrolysetemperaturen und bei kurzen Inkubationszeiten.

Ist für jede Boden–Biokohle-Kombination spezifisch.

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Generell erhöhte mikrobielle Aktivität durch die Zufuhr labiler C-Verbindungen

Abbau von Boden-C bei der Suche von Mikroorganismen nach N und P (wegen starker Erhöhung des C:N-Verhältnisses

Mögliche indirekte Effekte: pH-Verschiebung in für Mikroorganismen günstigere Bereiche Nährstoffzufuhr durch Biokohle Erhöhtes Habitat-Angebot für Boden-Mikroben

MÖGLICHE MECHANISMEN FÜRPOSITIVES PRIMING

nach: Whitman et al., 2015

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Veränderte Substrat-Präferenzen der Mikroorganismen (in Richtung Biokohle) Verdünnungseffekt durch insgesamt mehr labilen C im Boden Indirekte Effekte:

Sorption von labilem Boden-Corg

Sorption von mikrobiellen Enzymen oder Botenstoffen Erhöhte organisch-mineralische Wechselwirkungen Bildung stabilerer Aggregate Verringerte Nährstoffverfügbarkeit für Mikroorganismen Hemmung der Mikroben durch pH-Effekte, O2-Mangel oder Schadstoffe

MÖGLICHE MECHANISMEN FÜRNEGATIVES PRIMING

nach: Whitman et al., 2015

INDIREKTE REDUKTIONEN VON TREIBHAUSGAS-EMISSIONENDURCH BIOKOHLE

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N2O (Lachgas) CH4 (Methan) Energetische Nutzung der Pyrolyse-Gase

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N2O-Emissionen des Bodens: primär eine Folge der Denitrifikation: Erforderliche reduzierende Enzyme bei anaeroben Verhältnisse

verstärkt induziert NO3

- NO2- NO N2O N2

Einfluss von Biokohle: Durch Änderung der bodenphysikalischen Verhältnisse (Gas-Diffusivität

etc.) Durch Änderung der bodenchemischen Eigenschaften (pH, Eh, N- und

C-Verfügbarkeit etc.) Durch Beeinflussung der Bodenmikrobiologie (Konsortien-

Zusammensetzung, mikrobielle Biomasse etc.)

BIOKOHLE ALS WIDERSACHER VON N2O

FELDVERSUCHE IN AT ZUR BESTIMMUNGDER N2O-EMISSIONSREDUKTIONENDURCH BIOKOHLE

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Jun 2

011

Jul 2

011

Aug 20

11

Sep 20

11

Oct 20

11

Nov 20

11

Dec 20

11

Jan 2

012

Feb 20

12

Mar 20

12

April 2

012

May 20

12

Jun 2

012

Jul 2

012

cum

ulat

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N2O

-N (k

g.ha

-1)

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

24 t biochar per ha, high N72 t biochar per ha, low N72 t biochar per ha, high N0 t biochar per ha, high N

• 35 – 50 % N2O Emissions-Reduktion

• 24 und 72 t Biokohle pro ha haben eine ähnliche Wirkung

• Bei hohem N-Niveau (120 kg N/ha) ohne Biokohle: • 1.9 % N-Verlust

• Bei hohem N-Niveau (120 kg N/ha) mit Biokohle: • 1.2 % N-Verlust

MÖGLICHE MECHANISMEN DER N2O-REDUKTIONDURCH BIOKOHLE

Verstärktes mikrobielles Wachstum – geringere N-Bioverfügbarkeit Sorption von N-Verbindungen an Biokohle-Oberflächen,

einschließlich N2O Hemmung der Aktivität von Mikroorganismen im N-Kreislauf Redox-Effekte: Förderung des letzten Schritts der Denitrifikation von

N2O zu N2 durch Elektronenübertragung auf Mikroorganismen (Biokohle als „electron shuttle“)

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28Quelle: Hoyle et al., GRDC, 2013

STICKSTOFF-KREISLAUF IM BODEN

29Quelle: Hoyle et al., GRDC, 2013verändert

N-KREISLAUF IM BODEN MIT BIOKOHLE

??

WIRKUNG AUF METHAN-EMISSIONEN DES BODENS

Biokohle-Wirkungen: Änderung der Bodenfeuchte-Verhältnisse Änderung der Gas-Diffusivität im Boden

Ergebnisse unterschiedlich: Höhere Methan-Aufnahme in trockenen Böden Keinen Einfluss auf nasse Böden

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LPG …. FlüssiggasCNG ….verdichtetes ErdgasLNG …. Flüssig-ErdgasDME …. Dimethyl-EtherFTL …. Fischer-Tropsch-Liquids

BIOMASSE ALS ENERGIETRÄGER – ES KOMMT AUF DENERSATZ FOSSILER BRENNSTOFFE AN, DAMIT DIENUTZUNG VON PYROLYSEGASEN KLIMAWIRKSAM IST

Quelle: IPCC, AR 5 - WG III, Chapter 11 (2014)

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ZUSAMMENFASSUNG / SCHLUSSFOLGERUNGEN

• Handlungsbedarf zur Reduktion des Klimawandels:Zur Einhaltung des 2°C-Zieles sollten nur mehr maximal 1000 Gt CO2e emittiert werden

• Biokohle-Anwendung im Boden ist kohlenstoff-negativ:1 t Biokohle im Boden bindet ca. 6-7 t CO2

• Wirtschaftlichkeit erfordert Kombination von positiven und Vermeidung von negativen Biokohle-Wirkungen Climate change mitigation alleine kann Biokohle-Strategie nicht rechtfertigen

• Verschiedene Biokohlen haben verschiedene Verweildauer im BodenAnhaltswert: mittlere Verweilzeit 100-1000 Jahre, je nach Biokohle

• Priming-Effekte bei SOC unterschiedlich je nach Boden und Biokohle-EigenschaftenNegatives Priming tritt überwiegend längerfristig und bei Kohlen von höheren

Pyrolyse-Temperaturen auf.• Indirekte Treibhausgas-Reduktionen unterstützen die C-Bindung im Boden

Ca. 50 % Reduktion der Boden-N2O-EmissionenEnergetische oder elektrische Nutzungsmöglichkeit der Pyrolysegase

[email protected]

Thanks for your attention(… and for climatechange mitigation)