24
1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen Regulation

1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

1 Prinzipien und Mechanismender para- und autokrinenRegulation

Page 2: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine
Page 3: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinenund intrakrinen Regulation endokriner Organe *Josef Köhrle

Discovery is to see what everybody else has seen,and to think what nobody else has thought.(Albert Szent-Györgyi, Nobelpreisträger)

Ganten/Ruckpaul (Hrsg.)Molekularmedizinische Grundlagenvon para- und autokrinen Regulationsstörungen© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2006

Inhaltsverzeichnis

1.1.1 Die klassische Hormondefinitionund ihre Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.1.2 Besondere Formen hormoneller Sekretion . 71.1.2.1 Neuroendokrine Sekretion . . . . . . . . . . . 71.1.2.2 Parakrine Sekretion und Wirkung

von Hormonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.1.2.3 Autokrine Sekretion und Wirkung

von Hormonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.1.2.4 Juxtakrine Sekretion und Wirkung

von Hormonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.1.2.5 Intrakrine Sekretion und Wirkung

von Hormonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.1.2.6 Experimentelle Ansätze zum Nachweis

para-/autokriner Regulation . . . . . . . . . . 11

1.1.3 Komponenten und Beispielehypophysärer lokaler Hormonregulation . . 12

1.1.3.1 Zentrale Rolle der Follikulostellarzellen fürdie hypophysäre para-/autokrine Regulation . 12

1.1.3.2 Regulation der FSH-Sekretion als exemplari-sches Beispiel kombinierter endokriner,parakriner und autokriner Regulationin der Adenohypophyse . . . . . . . . . . . . . . 13

1.1.3.3 Para-, auto- und intrakrine Regulation derHypophysen-Schilddrüsenhormon-Achse . . . 14

1.1.4 Para- und autokrine Regulationendokriner Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1.1.4.1 Para-/autokrine Regulation der Schilddrüse . 171.1.4.2 Auto-/parakrine Regulation

im Gastrointestinaltrakt . . . . . . . . . . . . . 18

1.1.5 Funktionelle Expression para-, auto-und intrakriner Regulationssystemein verschiedenen Geweben und Organen . . . 19

1.1.6 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

* Die Anfertigung dieses Kapitels und die Mitherausgabedieses Bandes wurde ermöglicht durch die großzügige Dritt-mittelunterstützung des Instituts und der Arbeitsgruppe desAutors im Rahmen des Projektces EnForCé, das durch dieTechnologiestiftung Berlin und den Zukunftsfonds Berlingefördert wird sowie durch Mittel der Deutschen For-schungsgemeinschaft DFG, Bonn.

1.1.1 Die klassische Hormondefinitionund ihre Grenzen

Hundert Jahre nach Prägung des Begriffes Hor-mon (�����, griechisch, steht für: antreibend, an-regend, in Bewegung setzend) durch E. H. Starling1905 (Starling 1905) und nach der Beschreibungder ersten Hormone, z. B. Sekretin (ebenfalls durchStarling und Bayliss 1902; siehe Übersicht in Hen-derson 2005), später Insulin, Thyroxin, Steroideu. a. in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts,hat sich eine grundlegende Änderung des Konzep-tes und des Verständnisses hormoneller Regulationund Steuerung entwickelt. Endokrinologie im Jah-

re 2005 ist nicht mehr die klassische „Drüsenwis-senschaft“ des letzten Jahrtausends, sondern hatsich zu der biologischen Kommunikations- und In-formationswissenschaft par excellence gewandelt.Der modernen Definition entsprechend sind Hor-mone hochwirksame biologische Signalsubstanzen,die ihren Informationsgehalt über Rezeptormole-küle oder andere biochemische Zielstrukturendurch molekulare Wechselwirkungen an nachge-schaltete responsive Systeme übertragen und da-durch eine spezifische biologische Antwort auslö-sen (Tabelle 1.1.1). Mit diesem Verständnis erfül-len Hormone als Signalsubstanzen nicht mehr alleDefinitionen des klassischen Hormonbegriffes undsind somit auch nicht mehr klar von den drei an-deren klassischen Informationsübertragungssyste-men abzugrenzen, was beteiligte Moleküle undStrukturen, Übertragungswege und -mechanismen,Aktivierung und Inaktivierung von Stoffwechsel-wegen, Regulations- und Steuermechanismen an-belangt. Somit gibt es heute eine Vielzahl vonÜberschneidungen über die Neuroendokrinologiemit der neuronalen Informationsübertragung, über

Page 4: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

Wachstumsfaktoren, Zytokine und Gewebshormo-ne (Tabelle 1.1.2.) mit der immunologischen Infor-mationsübertragung und nicht zuletzt über nutriti-ve Komponenten und Metabolite mit der klassi-schen Biochemie und Physiologie. So wurden z. B.in der letzten Dekade eine Reihe von Rezeptorenfür Metabolite des Zitratzyklus, für Nahrungsin-haltsstoffe und verschiedene Bausteine der Biomo-leküle beschrieben, die in die zelluläre und syste-mische Regulation des Stoffwechsels und Energie-haushalts und die Regulation der Körperfunktioneingreifen (z. B. Succinat) (He et al. 2004).

Grundelemente auch des modernen Hormon-begriffes bleiben jedoch erhalten: das Hormon(first messenger) bindet an einen spezifischen Re-zeptor, der die biologische Information an ein

nachgeschaltetes signalübertragendes zelluläresSystem überträgt, welches im Falle von Membran-rezeptoren (in der Regel) second messenger bildet.Diese wiederum leiten die Information an (meis-tens) zelluläre Zielmoleküle (z. B. Enzyme, Ionen-kanäle, Transkriptionsfaktoren) weiter, die ihreAktivität daraufhin entsprechend der Konzentrati-on, Art und zeitlichen Muster der Hormonwirkungan der Zelle verändern. Hormone, die als Ligandenintrazellulärer Rezeptoren an die DNA des Zell-kerns und der Mitochondrien (!) binden, modulie-ren (stimulieren oder hemmen!) in der Regel alsLiganden von Transkriptionsfaktoren die Expressi-on hormonresponsiver Gene. Hierbei kommt es zuvielfältigen Wechselwirkungen zwischen hormo-neller, neuronaler, nutritiver, immunologischerund mechanischer Signalübertragung, sog. „cross-talk“ verschiedener Signaltransduktionskaskaden,die sich teilweise verstärken oder antagonisierenkönnen. Somit resultiert die „Hormonantwort“ ei-ner Zelle aus der hormonellen Stimulation, demRezeptorbesatz, der Ausstattung mit Komponentender Signalübertragung und der begleitenden Expo-sition der betreffenden Zellen gegenüber anderen,nichthormonellen Signalen. Oft wirken dabei meh-rere Hormone auf eine Zielzelle, wobei es dann zupermissiven, synergistischen oder antagonistischenEffekten kommen kann.

Veränderungen des klassischen Hormonbegrif-fes deuteten sich schon sehr früh in der endokri-nologischen Forschung an. Das Ehepaar Ernst undBerta Scharrer (Schüler des Nobelpreisträgers Karlvon Frisch) entdeckten bereits in den 30er JahrenSekretgranula in hypothalamischen Neuronen undpostulierten deren direkte Sekretion in die Portal-gefäße, stießen jedoch mit diesem Konzept auf er-bitterten Widerstand sowohl der neurologischenals auch der jungen endokrinologischen Fachwelt.Heute ist dieses Prinzip der neuroendokrinen Se-kretion eine akzeptierte zentrale Komponente zumVerständnis vieler endokriner Regelkreise auf derEbene des Hypothalamus (Releasing-Hormoneoder „Liberine“) und der Hypophyse („Tropine“)(Guillemin 2005), aber neuroendokrine Sekretionist auch ein Schlüsselprinzip im größten endokri-nen System, dem Gastrointestinaltrakt. Auch dasvom Nobelpreisträger Henry H. Dale formuliertePostulat „one cell – one messenger“, entwickelt beiseinen Untersuchungen zur Oxytocinwirkung vonHypophysenextrakten und zur Funktion von Ace-tylcholin bei der neuromuskulären Erregungsüber-tragung, war zunächst konzeptionell bei der Iden-tifizierung vieler neuroendokrin aktiver Neuroneund ihrer neuroendokrinen Peptidhormone oder

4 J. Köhrle

Tabelle 1.1.1. Hormoneller Informationstransfer. Gegenüber-stellung der klassischen und der modernen Endokrinologieals Wissenschaft der biologischen Informationsübertragungoder biologischer Kommunikationswissenschaft

Klassische Endokrinologie Moderne Endokrinologie

Glanduläre Hormonsyntheseund -sekretion

Glanduläre oder zelluläreSynthese von Vorstufen

Stimulierte Freisetzung undTransport über das Blut

Konstitutive, pulsatile,rhythmische Freisetzung

Zelluläre Aufnahme undWirkung

Regulierte zelluläre Aufnah-me (Transporter) bzw.WirkungProzessierung in Zielzellen

Klassische Membran- oderKernrezeptoren und Signal-transduktion

Rezeptoren und Modulato-renRegulierte Inaktivierungin Nichtzielzellen

Endokrine Regulation Para-, auto-, juxta-, intra-krine Regulation

Tabelle 1.1.2. Klassische charakteristische Eigenschaften undAbgrenzung zwischen Zytokinen und Hormonen

Zytokine Hormone

Synthese Zahlreiche ver-schiedene Zelltypen

Ein spezialisiertersekretorischer Zell-typ (Drüse)

Eigenschaft Redundant, pleiotrop Eine bevorzugteFunktion

Zielzellen Zahlreiche Einige, spezialisierte

Wirkweise Autokrin, parakrin,juxtakrin, seltenendokrin

Endokrin, über dieBlutbahn

Substanz-klassen

Peptide, Proteine Aminosäurederivate,Peptide, Proteine,Lipidderivate

Page 5: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

von Aminosäuren abgeleiteten Transmitter sehrhilfreich, war jedoch wie andere Dogmen in Wis-senschaft, Religion und Gesellschaft nicht von Be-stand, sondern hat zum Teil sogar den Wissen-schaftsfortschritt behindert. Heute gehen wir ehervon einer Pluripotenz, wenn nicht gar in der Ärader Stammzellforschung, von einer Totipotenz, zu-mindest jedoch von einer großen Plastizität vielerendokrin aktiver und anderer Zellen aus. Abhän-gig vom Proliferations- und Differenzierungsstandsind die Zellen in der Lage, mehrere Komponentenmit Signalfunktion zu produzieren, speichern undreguliert oder konstitutiv zu sezernieren, wobeimit zunehmender Differenzierung und Einbindungin einen Zell- oder Gewebeverband (Parenchym,Epithel, Organ, endokrin aktive Drüse) die Spezia-lisierung in Richtung einer oder mehrerer Sekreti-onsfunktionen die Regel ist. Jedoch ist auch fürdie Aufrechterhaltung dieses Differenzierungszu-standes eine kontinuierliche Regulation und Kon-trolle durch das System des Organismus und derbenachbarten Zellen erforderlich: „maintenance ofdifferentiation requires continuous regulation“(Helen Blau, Blau u. Baltimore 1991).

Für diese kontinuierliche lokale und systemischeKommunikation und Funktion der Zellen und ih-res Organismus ist das von Claude Bernard 1872formulierte Prinzip des „milieu intérieur“ essen-tiell als regulatorische Komponente, die eine lokalevom System unabhängige Funktion und Steuerungermöglicht, gewissermaßen eine Grundvorausset-zung für autokrine und parakrine Regulation un-ter Kontrolle des endokrinen Systems in einer sichverändernden und immer neu herausforderndenUmgebung. Nur mit Hilfe dieser kontinuierlichenKommunikation zwischen Zellen, Geweben undOrganen können die physiologischen Aufgaben inkomplexen Organismen gemeistert werden.

Das von Walter B. Cannon 1932 beschriebenePrinzip der Homöostase, die Tendenz des Organis-mus ein Fließgleichgewicht (steady state) aufrecht-zuerhalten, erwies sich zunächst als sehr fruchtbarfür die Entwicklung der Endokrinologie (Cannon1932), hat andererseits jedoch das Verständnis en-dokriner Funktions- und Regulationsprinzipiendeutlich erschwert. Viele der hormonellen Sekreti-ons-, Funktions- und Steuerungsvorgänge basierengerade auf episodischen, pulsatilen, zirkadianen,monatlichen, jahreszeitlichen und insbesondereauch entwicklungs- und altersabhängigen Schwan-kungen der informationsübertragenden Hormoneund Signalsubstanzen, so dass geradezu die Auslen-kung und Abweichung von der Steady-state-Konstel-lation ein entscheidendes Moment der Funktion und

Wirkung darstellen. Hier haben die Entwicklungender Kybernetik und der Bioinformatik der letztenJahre, z. B. durch Einbeziehung von (neuronalen)Netzwerkmodellen und Chaostheorie wichtige neueImpulse zum besseren Verständnis, zur Interpretati-on der gemessenen Hormonparameter und auch zuneuen Ansätzen der Intervention gebracht.

Die ersten endokrinologischen Erkenntnisse ba-sierten auf dem bereits 1849 von Arnold Bertholdin Göttingen am Beispiel der Kastration von Häh-nen beschriebenen und praktizierten Prinzip derEntfernung und Retransplantation endokriner Or-gane bzw. Ersatz derselben durch Gabe bioaktiverExtrakte daraus (Berthold 1849). Diese Ansätzewurden später zum Teil jedoch partiell diskredi-tiert durch den franzözischen Arzt Charles Brown-Séquard, der sich im Alter von 72 Jahren selbstTestesextrakte verschiedener Spezies verabreichteund deren vermeintliche Wirkung wortreich be-schrieb, jedoch geht man heute davon aus, dass essich bei diesen wässrigen Extrakten nur um Place-boeffekte handeln konnte. Erst die Isolierung, che-mische und pharmakologische Charakterisierungund in den meisten Fällen erfolgreiche chemischeoder rekombinante Totalsynthese der aktiven Hor-monformen und ihrer Analoga ermöglichte diesystematische Analyse der endokrinen Regulationund Funktion. Mit der enormen und exponentiel-len Entwicklung der Biowissenschaften, Bioanaly-tik, Bioinformatik und neuer Bioassays stehen nundie Methoden und Konzepte zur Verfügung, die eserst erlauben, auf zellulärer, subzellulärer und mo-lekularer Ebene Bildung, Freisetzung, Wirkungund Stoffwechsel der in niedrigsten Konzentratio-nen höchst wirksamen endokrin, parakrin, auto-krin oder intrakrin aktiven Informationsüberträ-ger, der Hormone, nachzuweisen und zu verstehen.Das Konzept der endokrinen Signalübertragungunter Nutzung hochspezifischer Rezeptormoleküleund nachgeschalteter Informationsüberträger hatsich als extrem erfolgreiches Paradigma der mo-dernen Lebenswissenschaften erwiesen, illustriertz. B. dadurch, dass Hormon- und andere Rezep-toren sowie die nachgeschalteten Informations-übertragungssysteme zu den aussichtsreichstenZielstrukturen der gegenwärtigen Entwicklung vonPharmaka gehören und Prinzipien der hormonel-len Signalübertragung und -erkennung die Grund-lagen für die Entwicklung innovativer Nanotech-nologien (z. B. Biosensoren) liefern.

Die klassische Hormondefinition erfordert dieregulierte Synthese und Freisetzung einer biolo-gisch hochaktiven Substanz aus spezialisierten, se-kretorisch aktiven Zellen, lokalisiert in einer Drüse

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 5

Page 6: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

ohne Ausführungsgang, in die Blutbahn, über diesie Zielorgane und Zielzellen erreicht (Abb.1.1.1 a). Dort entfaltet diese Substanz, das Hormon(First messenger), nach Wechselwirkung mit spezi-fischen Rezeptoren auf der Zelloberfläche oder in-nerhalb der Zelle spezifische biologische Wir-kungen, die der Struktur und Konzentration desHormons entsprechen. Im Gegensatz zur eigentli-chen Bedeutung des Hormonbegriffes können die-se Wirkungen auch hemmend sein, was für zuneh-mend mehr Prozesse beschrieben wird. Die Hor-monwirkung wird durch biochemische Verände-rung, in der Regel durch Abbau der Hormone, be-endet. Die biologischen Halbwertszeiten der Hor-mone sind sehr variabel und reichen von Sekun-den, über Minuten und Stunden zu Tagen, wenndie Hormone an Bindungs- oder Verteilerproteineim Blut gebunden sind. Als biologisch wirksamwird die freie, nicht proteingebundene Hormon-form betrachtet (Mendel 1989). Eine Speicherungdes von der produzierenden Zelle gebildeten Hor-mons in sekretorischen Vesikeln ist nicht obligat(siehe Steroidhormone, die auf Bedarf synthetisiertund ohne Speicherung sezerniert werden), derTransport der Hormone zum Zielorgan kann frei(bei einigen Peptid- und Proteohormonen und Ka-techolaminen) oder proteingebunden (in der über-wiegenden Zahl der Peptid- und Proteohormonesowie der niedermolekularen Hormone) erfolgen.

Klassische Hormone gehören verschiedenen Sub-stanzklassen der Biomoleküle an, in der Regel sindsie von Aminosäuren und Lipiden abgeleitet, Deri-vate der Kohlenhydrate oder Nukleinsäuren wer-den nicht zu den klassischen Hormonen gerechnet.Der Signalcharakter gasförmiger Moleküle, NOund CO bei Tieren oder Äthylen bei Pflanzen, isterst seit kurzem bekannt.

Viele Aspekte und Details der einzelnen Schritteder Synthese, der Sekretion ins Blut, des Trans-ports und der Verteilung der Hormone im Blut-kreislauf, des Erreichens der Zielzellen und derBeendigung der Hormonsignalübertragung sindtrotz enormer Fortschritte der Molekular- undZellbiologie noch weitgehend unbekannt. Währenddie Regulation der Hormonachsen und Rückkopp-lung sowie die Interaktion zwischen Hormonenund Rezeptoren und die nachgeschaltete Signal-übertragung schon so genau analysiert sind, dasseine Reihe von hochspezifischen Hormonanalogaund verwandten Pharmaka in der Diagnostik oderTherapie erfolgreich eingesetzt werden, bestehenüber essentielle Schritte der klassischen Hormon-definition nur rudimentäre Vorstellungen, z. B.• Wie überwinden Hormone den interstitiellen

Raum und die Zellmembranen zwischen pro-duzierender Zelle, Kapillarbett und Zielzelle?

• Wie werden bei sehr niedrigen Hormonkonzen-trationen im Blut und regelhafter Bindung fast

6 J. Köhrle

Abb. 1.1.1 A–F. Schematische Darstellung der hormonellenRegulation durch das endokrine System und der verschiede-nen Formen der Hormonsekretion und Wirkung. A Endo-krine Sekretion, B neuroendokrine Sekretion, C parakrineSekretion, D autokrine Sekretion, E juxtakrine Sekretion,

F intrakrine „Sekretion“. H: Hormon, N: Neuropeptid, R: Re-zeptor. Nichtzielzellen sind dadurch charakterisiert, dass siekeine Hormonaufnahme- oder Rezeptorsysteme exprimierenoder dass sie aktive Liganden inaktivieren, bevor eine Re-zeptorbindung erfolgen kann

Page 7: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

aller Klassen von Hormonen an spezifische undhochaffine Bindungs- und Verteilungsproteinesignifikante Konzentrationen an Zielzellen er-reicht?

• Wie werden Hormone, hochpotente Biomolekü-le, reguliert in Zielzellen aufgenommen, mitoder ohne ihre Bindungsproteine, nach demPrinzip des trojanischen Pferdes oder, wie vonCarl Mendel postuliert, nur als freie Hormone(Mendel 1989)?

• Wie werden Nichtzielzellen vor einer unange-messenen Exposition in Konzentration, Zeitund Ort vor diesen hochpotenten Signalsubstan-zen geschützt?

• Wie werden die Hormonsignale beendet, wer-den Rezeptor-Hormon-Komplexe inaktiviert, er-folgt nur eine einfache Dissoziation der Kom-plexe, werden diese hochpotenten Substanzen ineinem „nachhaltigen“ Prozess wiederverwendetwie manche Rezeptoren, werden diese Signaleproteasomal oder lysosomal terminiert?

Abgesehen von diesen Fragen ergab sich schnellmit der Entwicklung und Prüfung der sehr frucht-baren Hypothesen hormoneller Signaltransduktionund Regulation vieler Lebensvorgänge die Notwen-digkeit, das ursprüngliche Konzept der klassischenHormondefinition zu erweitern und so weit zu fas-sen, dass heute die Grenzen zur Neurobiologie,Immunologie, Physiologie, Pharmakologie, Ernäh-rungswissenschaft und verschiedenen Zweigen derBiochemie so verwischt worden sind, dass die mo-derne Endokrinologie eine echte Systembiologie,die „interdisziplinärste“ Lebenswissenschaft gewor-den ist. Hormone gibt es in Organismen ohneBlutkreislauf, nämlich den Pflanzen. Die Feinregu-lation der hormonellen Wirkung erfolgt über pa-ra-, auto-, juxta- und intrakrine Mechanismen,Hormonbestimmungen im Blut erlauben teils nur(noch) grobe, gewissermaßen integrale Aussagenüber Funktion oder Fehlfunktion einer bestimm-ten Hormonachse. Surrogatparameter, Biomarkerund Analyse von Endpunkten der Hormonwirkungsind erforderlich, um die Funktion oder Hormon-antwort eines bestimmten Organs oder eines Zell-typs zu erfassen, etwa bei vielen Konstellationenvon Hormonresistenzen, die wie z. B. die Insulinre-sistenz Grundlage sogar von Volkskrankheiten wiedem Diabetes mellitus Typ 2 sind. Hierbei erwiessich die Erweiterung des klassischen Hormon-begriffs als sehr fruchtbar und erlaubt heute sogardie Entwicklung selektiver Rezeptormodulatoren(z. B. SERM), gewebespezifischer Hormonanaloga(z. B. Renin-Angiotensin-System) oder tumorspezi-

fischer Diagnostika und Therapeutika (z. B. Soma-tostatinanaloga).

1.1.2 Besondere Formen hormoneller Sekretion

1.1.2.1 Neuroendokrine Sekretion

Die Entdeckung von Sekretgranula in bestimmtenhypothalamischen Neuronen der europäischen El-ritze (ein Fisch) in den 20er Jahren stimulierte dasEhepaar Scharrer, systematisch das Konzept derneuroendokrinen Sekretion gegen erhebliche Wi-derstände zu entwickeln. Durch ihre beharrlichensystematischen Arbeiten ist heute allgemein aner-kannt, dass bestimmte Neurone in Sekretgranulagespeicherte Signalsubstanzen, nämlich Hormone,direkt nach ihrer Stimulation in die Blutbahn se-zernieren (Abb. 1.1.1 b) und nicht wie typischeNeurone in den synaptischen Spalt abgeben.

Remember, synaptic chemical transmissionwasn’t even known at the time of our first neu-rosecretion publications. The idea that neuronsmay be capable of dispatching neurohormonal,or blood-borne signals, an activity previously as-sociated only with endocrine cells, met withpowerful resistance(Berta Scharrer, zit. in „On journeys well travel-ed“ in Millen 1989).

Diese neuroendokrin aktiven Neurone weisen typi-sche Neuroneigenschaften auf wie ein verlängertesAxon, Dendriten und Synapsen, sie sind auch au-ßerhalb des ZNS, z. B. im gesamten Gastrointesti-naltrakt, lokalisiert, und ihre Granula enthalten inder Regel mehrere hormonell aktive Substanzen,zum Teil auch typische Neurotransmitter ein-schließlich (Di-)Nukleotidderivaten (Jankowski etal. 2005), die als sog. Alarmone wirken können(Kap. 1.8). Die Details der morphologischen undzellbiologischen Vorgänge zwischen regulierter Ab-gabe des hochwirksamen Inhalts der Sekretgranulader neuroendokrinen Zellen und Übergang derNeurohormone in die Blutbahn sind unzureichendbekannt. Jedoch erlaubt der Einsatz bestimmterKatheter und sensitiver Messverfahren den Nach-weis pulsatiler Sekretion der Neurohormone z. B.aus hypothalamischen Strukturen in das Portal-geflecht der Adenohypophyse oder den Nachweisder Freisetzung von Neurohormonen aus (ektopi-schen) neuroendokrin aktiven Tumoren. Die Ar-beiten von Geoffrey W. Harris lieferten den Nach-

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 7

Page 8: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

weis der Kontrolle des Hypophysenvorderlappensdurch humorale, über das Blut übertragene hypo-thalamische Faktoren, die Releasing-Hormone. Soführt die mechanische Unterbrechung der Kom-munikation durch den Hypophysenstiel zur verrin-gerten Sekretion der Hypophysenhormone Wachs-tumshormon (GH), Follikel stimulierendes Hor-mon (FSH), luteinisierendes Hormon (LH), Thy-reoida stimulierendes Hormon (TSH) und adreno-kortikotropes Hormon (ACTH) und zur erhöhtenSekretion von Prolaktin (PRL) und Melanozytenstimulierendem Hormon (MSH). Eine Transplanta-tion der Hypophyse unter die Nierenkapsel hatähnliche Auswirkungen auf die hypophysäre Se-kretionsaktivität, während eine elektrische Sti-mulation bestimmter Hypothalamuskerne ebenfallsdie Veränderung der Hypophysenhormonsekretionhervorruft. Trotz dieser und vieler nachfolgenderExperimente sind noch nicht alle adenohypophy-sären Regulatoren identifiziert, z. B. der postulierteProlaktin-Releasing-Faktor.

1.1.2.2 Parakrine Sekretion und Wirkungvon Hormonen

Die nächste Erweiterung der klassischen Hormon-definition ergab sich mit dem Nachweis, dass vieleHormon produzierende Zellen ihr Produkt nichtin die Blutbahn abgeben, sondern in den intersti-

tiellen Spalt, von wo aus benachbarte Zellen er-reicht werden und, soweit sie Rezeptoren für diegebildeten Hormone haben, davon reguliert wer-den können. Der Nachweis dieses parakrinen Se-kretions- und Wirkprinzips (Abb. 1.1.1 c), nämlichregulatorische Beeinflussung benachbarter Zellen,stellt extrem hohe Anforderungen an die Analytikund erfordert genaue Kenntnis über Hormon, Re-zeptor, nachgeschaltetes Signalübertragungssystemsowie Endpunkte der Hormonwirkung, um diesesRegulationsprinzip von der klassischen endokri-nen Regulation unter Einbeziehung des Wegesüber die Blutbahn unterscheiden zu können (Abb.1.1.1 c). Viele der autokrinen Regulationssystemekonnten erst mit aufwendigen In-vitro-Zell- undOrgankulturmodellen und hochsensitiver Analytikeinschließlich moderner bildgebender Verfahrensowie molekularbiologischer Technologien wie derPCR-Reaktion und der In-situ-Hybridisierungnachgewiesen werden. Wichtige Meilensteine wur-den hier mit der Etablierung von Kokulturen oderReaggregatkulturen unterschiedlicher endokrin ak-tiver Zelltypen der Hypophyse in der Arbeitsgrup-pe von Denef erreicht (Allaerts et al. 1990; Denefet al. 1989; Denef 1994; Houben u. Denef 1990).Diese systematische Analyse der essentiellen para-und autokrinen Funktion der hypophysären Folli-kulostellarzellen (Abb. 1.1.2) (Herkenham 2005) istleider noch heute in kaum einem Lehrbuch derNeuroanatomie oder Endokrinologie zu finden.

8 J. Köhrle

Abb. 1.1.2. Rolle der Follikulostellarzellen (FS-Zellen) derAdenohypophyse in der Vernetzung zwischen Endokrinium,Immunsystem und Stresshormonachse. Durch Einflüsse derStresshormon-HPA-Achse und des Immunsystems (schwereKrankheit, Entzündung) werden in FS-Zellen lokal Wachs-tumsfaktoren und Zytokine gebildet, welche die Hormonbil-dung und Freisetzung in der Adenohypophyse beeinflussen.In thyrotropen (TT-)Zellen der Adenohypophyse wird dieProduktion von TSH durch Interleukin-6 inhibiert und

durch Wachstumsfaktoren stimuliert. Die hypophysäre Thy-rotropin-(TSH-)Bildung steht unter negativer Rückkopplungdurch Schilddrüsenhormone. In thyrotropen Zellen wirddurch die lokale exprimierten 5�-Deidoase-Enzyme das Pro-hormon T4 zum aktiven T3 umgewandelt. Faktoren der FS-Zellen modulieren die Deiodase-Aktivität und können so dienegative Rückkopplung unterbrechen. Die T3-Bildung aus T4

durch die Typ-I-5�-Deiodase ist bei schweren Erkrankungenebenfalls verringert (Nieder-T3-Syndrom)

Page 9: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

Die Follikulostellarzellen stellen mindestens 10%der hypophysären Zellen und sind die entschei-denden Kommunikatoren zwischen dem endokri-nen und dem Immunsystem auf der Hypophysen-ebene. Durch die regulierte Produktion und Frei-setzung wirksamer Zytokine und Wachstumsfak-toren sowie die Expression von funktionellen Hor-monrezeptoren, z. B. TSH-Rezeptor (Brokken et al.2005; Prummel et al. 2004), sind sie nicht nur ander Regulation der hypophysären Hormonfreiset-zung beteiligt, sondern erfüllen durch ihre topolo-gische Anordnung zwischen den Hormon pro-duzierenden und kapillaren Zellen selbst Informa-tionsübertragungsfunktionen. Parakrine Wechsel-wirkungen sind insbesondere während der Ent-wicklung und Differenzierung der endokrinen Or-gane von zentraler Bedeutung bei der Wanderungder primordialen endokrinen Zellen zu ihrer end-gültigen Position (vgl. Schilddrüsen- oder Gona-denentwicklung) oder bei der Differenzierung derkomplexen endokrinen Drüsen wie z. B. Hypophy-se oder Langerhans-Inseln des Pankreas (Jones etal. 1990; Matera 1996; Payne u. Hales 2004; Pazos-Moura et al. 2003; Rindi et al. 2004). Störungenund Fehlregulationen parakriner Regelkreise wer-den vor allem auch im Rahmen der Tumorgenese,Proliferation und Metastasierung beobachtet (Abb.1.1.3) (Anderson et al. 2004). Parakrine Regulati-onsmuster werden auch außerhalb von hormon-regulierten Prozessen beobachtet, z. B. in der Im-munologie und Biochemie. Eigentlich stellt dieneuronale Signalübertragung einen typischen pa-rakrinen Prozess dar (Kap. 2.1). Für die parakrineRegulation gelten die gleichen Kriterien wie fürdie endokrine Regulation: Geregelte Freisetzung ei-ner biologisch aktiven Substanz in den interstitiel-len Raum, Bindung an einen spezifischen Rezeptorin benachbarten Zielzellen, Auslösung einer nach-geschalteten biologischen spezifischen Antwortadäquat zur Art, Konzentration und zeitlichen Pro-duktion des ersten Botenstoffes, des parakrin akti-ven Hormons. Viele dieser Kriterien sind unter In-vivo-Bedingungen bisher nur schwer, zum Teilnoch gar nicht nachzuweisen.

1.1.2.3 Autokrine Sekretion und Wirkungvon Hormonen

Analog und in Fortführung der Beschreibung derparakrinen Hormonsekretion gibt es klare Datenund Hinweise auch für eine autokrine Form derSekretion und Wirkung bestimmter Hormone(Abb. 1.1.1 d), definiert durch Wirkung des von ei-

ner Zelle ins Interstitium sezernierten Hormonszurück auf die gleiche, das Hormon produzierendeZelle (oder den gleichen Zelltyp im gleichen Zell-verband). Hierbei wird ebenfalls vorausgesetzt,dass die betreffende Zelle Rezeptoren und nach-geschaltete Signalübertragungssysteme für dieses„eigene“ Hormon besitzt und dass dadurch wiede-rum eine dem Signal angemessene Antwort aus-gelöst wird. Dabei kann es zu einem lokalen posi-tiven oder negativen Feedback kommen, die Ant-wort kann dabei aber auch die Empfindlichkeitdieser Zelle für andere Signale modulieren. Wiede-rum erfordern die Nachweise solcher Signal- undReaktionsketten aufwendige und hochsensitiveAnalytik, gelingen oft nur in isolierten Zellkultur-modellen und sind schwer mit In-vivo-Modellenund Analysen zu dokumentieren. Allerdings konn-te insbesondere für viele Fragestellungen in derTumor- und Entwicklungsendokrinologie autokri-ne Regulation plausibel dokumentiert oder nach-gewiesen werden (Abb. 1.1.3). Ähnlich wie beimNachweis parakriner Regulation ist auch hier derEinsatz spezieller Mikrotechniken wie z. B. Mikro-dialyse etwa im Ovar (Abb. 1.1.4), elektrophysiolo-gischer Verfahren, Mikroinjektion und Monitoringrekombinanter Sensorzellen sowie empfindlichermolekularbiologischer Verfahren erforderlich, um

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 9

Abb. 1.1.3. Möglicher endokriner Mechanismus, durch denSteroidhormone die Proliferation des normalen humanenMammaepithels über Bildung para- und autokriner Faktorenstimulieren. Östrogen (E) und Progesteron (P) wirken aufZellen mit entsprechender Rezeptorausstattung, die mit Syn-these und Sekretion parakriner/juxtakriner Faktoren reagie-ren. Diese beeinflussen die Proliferationsaktivität benachbar-ter teilungsfähiger Epithelzellen. Verschiedene experimentel-le Systeme zeigen die Beteiligung von Mitgliedern der Fami-lie der „epidermal growth factors“ (EGF) zusammen mit„leukaemia inhibitory factor“ (LIF), „receptor acivator ofNF-�B ligand“ (RANKL) und Mitgliedern der Wingless-ty-pe-(wnt-)Familie als epithelial gebildete Mediatoren der Ste-roidhormonwirkung. Stromale Faktoren, wie „insulin-likegrowth factor 2“ (IGF-2), und Mitglieder der Fibroblast-growth-factor(FGF-)Familie spielen wohl auch eine Rolle beider Steroidhormonwirkung auf das Mammaepithel. (Mod.nach Anderson u. Clarke 2004)

Page 10: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

In-vitro-Beobachtungen auch im intakten Organis-mus zu dokumentieren. Viele konzeptionelle undkybernetische Probleme der autokrinen Regulationund ihrer Steuerung durch das benachbarte para-krine oder das übergeordnete endokrine Systemsind hierbei jedoch noch zu lösen. Die überzeu-gendsten Informationen zur biologischen Relevanzautokriner Regulation liegen für die Adenohypo-physe, Gonadenfunktion, Zellen des Immunsystemssowie Tumorzellen vor (Houben u. Denef 1994;Kezele et al. 2002; Matera 1996; McDuffie et al. 2004;Payne u. Hales 2004; Pazos-Moura et al. 2003).

1.1.2.4 Juxtakrine Sekretion und Wirkungvon Hormonen

Ein bisher wenig untersuchter und charakterisier-ter Spezialfall der parakrinen Sekretion und Wir-kung ist die juxtakrine Regulation (Abb. 1.1.1 e).Die Besonderheit dieser Konstellation der interzel-lulären Kommunikation ist, dass sie über Ligandenvermittelt wird, die ebenso wie ihre komplementä-ren Rezeptoren auf der benachbarten Zelle in deräußeren Oberfläche der Membran der produzie-renden Zelle verankert sind. Typische juxtakrineRegulationsvorgänge spielen sich zwischen Rezep-torkomponenten der Extrazellulärmatrix und se-zernierter Zytokine und wachstumsfaktorartigerHormone ab. Diese hormonelle Regulationsform

lässt sich kaum noch von zellbiologischen Adhäsi-ons-, Kontakt- und Migrationsvorgängen unter-scheiden, hat aber wiederum eine große Bedeu-tung während der Entwicklung (Organigenese, An-giogenese, Nidation des Fetus) sowie in der Tu-morbiologie und Immunologie (Matrixinvasion,Metastasierung, Homing von Lymphozyten).

1.1.2.5 Intrakrine Sekretion und Wirkungvon Hormonen

Das konzeptionell spannendste hormonelle Regula-tionsprinzip ist die intrakrine Regulation (Abb.1.1.1 f): Der biologisch relevante Rezeptorligandwird innerhalb der Zielzelle gebildet, entfaltet dortseine Wirkung und ist in der Regel außerhalb derbetreffenden Zelle nicht direkt nachweisbar, son-dern nur durch seine Metabolite und/oder biologi-schen Effekte zu erfassen. Dieses Regulationsprin-zip stellt natürlich auch die höchsten Anforderun-gen an die Analytik und die Experimente, und vie-le vermuteten intrakrinen Effekte bedürfen nochder akzeptierten Dokumentation. Biologisch gibtes schon seit langem Hinweise auf dieses wichtigehormonelle Regulationssystem, und insbesondereim Bereich der Wirkungsanalyse von Hormonenmit intrazellulären Rezeptoren, z. B. (Seco-)Steroi-de, Schilddrüsenhormone, Vitamin-D-Hormone,Retinoide und andere niedermolekulare Liganden,die an Transkriptionsfaktoren binden und derenAktivität modulieren, gibt es für normale und pa-thologische Stoffwechselkonstellationen Ergebnisse,welche das Konzept der intrakrinen Hormonbil-dung und -wirkung stützen. Bereits sehr früh wur-de zum Verständnis der Schilddrüsenhormonwir-kung insbesondere bei hypothyreoten Konstellatio-nen das Konzept der „hidden pools of T3“ ent-wickelt (Obregon et al. 1979, 1981). Intrazelluläraus zirkulierendem, lokal aufgenommenen odergebundenem T4 gebildetes T3 ist biologisch aktiv,ohne dass es durch Analyse von Blut oder Körper-flüssigkeiten erfasst werden kann. Dieses Konzeptwurde aus physiologischen Tierexperimenten for-muliert, lange bevor die Existenz des Selenoen-zyms Typ-II-5�-Deiodase (Dio2) bekannt war, dasfür den lokalen, intrazellulären Bedarf die Hor-monvorstufe T4 zum thyromimetisch aktiven T3

umwandelt. Intrakrine Regulationprozesse ermög-lichen auch die langfristige Produktion von Steroi-den in hormonabhängigen Tumoren und in dernormalen Physiologie der Steroidproduktion undWirkung (Masamura et al. 1995; Santen et al.2003) (Abb. 1.1.4). Aber auch im Bereich der Syn-

10 J. Köhrle

Abb. 1.1.4. Zell-Zell-Wechselwirkungen beim Übergang vomprimordialen zum primären Follikel. Kit-Ligand (KL) und„leukemia inhibitory factor“ (LIF) werden von Granulosazel-len gebildet und wirken parakrin auf die Oocyte. KL stimu-liert die Rekrutierung von Thekazellen. Basischer Fibroblas-ten-Wachstumsfaktor (bFGF) wird durch die Eizelle pro-duziert und wirkt auf somatische Zellen. Insulin ist ein en-dokrines Hormon, das auf die Eizelle wirkt. Anti-Müller-Hormon (AMH) entsteht in fortgeschritteneren Follikelstadi-en und hemmt den Übergang von primordialen zum primä-ren Follikel. (Mod. nach Kezele et al. 2002)

Page 11: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

these und Wirkung von Peptid- und Proteohormo-nen sind intrakrine Regulationsprinzipien ins-besondere während der Entwicklung und Differen-zierung und wiederum in der Tumorendokrinolo-gie beschrieben und gut dokumentiert, z. B. fürParathormone-related Peptide (PTHrP) (Fiaschi-Taesch u. Stewart 2003; Labrie et al. 2003).

1.1.2.6 Experimentelle Ansätze zum Nachweispara-/autokriner Regulation

Die klare Definition und Abgrenzung endokrinerRegulation von parakrinen oder autokrinen Inter-aktionen erfordert aufwendige und hochsensitiveexperimentelle Ansätze, die zunächst leichter in vi-tro mit verschiedenen Zellkulturmodellen nach-vollzogen werden können, bevor dann auch dernoch aufwendigere In-vivo-Nachweis geführt wer-den kann. Für viele para-/autokrine Effekte stehtder klare In-vivo-Nachweis noch aus.

Basierend auf Zellkulturmodellen ist ein wichti-ger Ansatz der Einsatz und die detaillierte Charak-terisierung des Effektes konditionierter Zellkultur-medien auf diese oder andere Zellen. Die regulier-te Produktion und Sekretion regulatorischer Fak-toren in das Kulturmedium (Konditionierung) be-stimmter zu untersuchender Zellen liefert zunächstden Ausgangspunkt für weitere biochemische, ana-lytische und funktionelle Charakterisierung der re-gulatorischen Komponenten. Diese kann durchklassische Analytik, Einsatz spezifischer neutrali-sierender Antiseren oder mit moderner siRNA-oder mikroRNA-Technologie sowie unter Verwen-dung von Zelllinien erfolgen, in denen die Expres-sion, Produktion und/oder Sekretion der zu unter-suchenden Faktoren mit molekularbiologischenVerfahren verändert ist, z. B. Knock-out-, Knock-down-, Knock-in- oder Überexpressionsmodelle.Mit histologischen und immunologischen Metho-den (Immunohistochemie, In-situ-Hybridisierung)kann und sollte danach auch die regulierte Expres-sion der Transkripte und Translationsprodukte do-kumentiert werden, gefolgt von funktionellen Testsder produzierten para-/autokrinen Signalsubstan-zen in geeigneten Bioassays. Vor allem die hoch-sensitive Microarray-Technik zur Analyse der Gen-expression bringt hier neue Möglichkeiten, daempfindliche Endpunkte und Biomarker veränder-ter Genexpression und Funktion identifiziert wer-den können, z. B. wurden in gonadotrophen Hypo-physenzellen ca. 200 GnRH-regulierte Gene be-schrieben (Kakar et al. 2003). Wie beim konventio-nellen Nachweis der biologischen Wirksamkeit von

Substanzen müssen auch hier klare Konzentrati-ons-Wirkungs-Beziehungen, Spezifität und Selekti-vität der Wirkung, Identifizierung beteiligter Re-zeptoren und nachgeschalteter Signaltransdukti-onssysteme dokumentiert werden. Insbesondereder Einsatz geeigneter kompetitiver Liganden,Agonisten oder Antagonisten ist hilfreich. Derschwierigste Teil des Nachweises para-/autokrinerRegulation ist sicher die Beschreibung relevanterpara-/autokrin aktiver In-vivo-Konzentrationenund Wirkungen im untersuchten Modell und derNachweis physiologischer Relevanz des Prozesses.Für diese Aspekte bieten pathophysiologische Kon-stellationen häufig fruchtbare Ausgangspunkte, je-doch gibt es nur sehr wenige klare Nachweise(patho-)physiologisch relevanter definitiver para-/autokriner Regulationsaspekte beim Menschen.Vermehrte Information ergibt sich jedoch in denletzten Jahren durch den erfolgreichen Einsatz re-kombinanter Tiermodelle, in denen regulierbarwährend der Entwicklung oder im adulten Orga-nismus gewebe- oder zellspezifisch bestimmteKomponenten auto-/parakriner oder endokrinerRegulation exprimiert werden können, z. B. durchdie cre-lox-Technologie (Rajewsky et al. 1996).

Für die initiale Beschreibung para-/autokrinerRegulation wurden erfolgreich verschiedene Zell-oder Organkulturmodelle etabliert, die mittlerweilebreite Verwendung finden. Ausgangspunkt warenzunächst Organperfusionsmodelle, zunächst mitBlut oder Serumkomponenten, teils mit voll syn-thetischen Medien oder Plasmaersatzkomponenten,die wie z. B. Fluorokarbonmedien hohe O2-Bin-dungs- und Transportkapazität aufweisen. Rezirku-lation des Perfusionsmediums oder unidirektionalePerfusion kann hier eingesetzt werden, um para-/autokrin sezernierte Faktoren zu gewinnen oderderen Effekte zu untersuchen. Hierbei könnenauch nach- oder parallelgeschaltete Organe oderZellen perfundiert werden, und der Einsatz vonverschiedenen Membranen oder Filtern (z. B.Größenselektion oder Abtrennung bestimmter bio-chemischer Substanzklassen) erlaubt erste Hinwei-se auf die biochemische Natur der aktiven sezer-nierten und wirksamen Komponenten.

Einen großen technischen Fortschritt brachtedie Entwicklung permeabler oder semipermeablerMembranen unterschiedlicher Porengröße mit ge-eigneten Zellkulturfiltereinsätzen (z. B. Millicellund verwandte Produkte) mit sich, die es erlauben,durch diese Membranen physikalisch getrennteZellen in Kokultur zu halten und somit die para-krine Sekretion und Wirkung von Komponentenzu testen oder die Kultur eines Zelltyps im kon-

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 11

Page 12: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

ditionerten Medium anderer (parakrin) oder dergleichen Zellen (autokrin) durchzuführen.

Diese noch immer relativ artifiziellen experi-mentellen Ansätze können jedoch näher an die In-vivo-Situation angepasst werden, wenn es gelingt,in vitro Organoidkulturen zu etablieren. Dies wur-de zum Beispiel erfolgreich mit Reaggregatkultu-ren von Hypophysenzellen dokumentiert, die er-möglichten, eine Reihe parakriner Regulationswegeder Kontrolle der hypophysären Hormonsekretionzu untersuchen und anschließend auch in vivo imTiermodell zu bestätigen. In diesem Modell wer-den Hypophysenzellen zunächst mit üblichen Ver-fahren zum Teil unter Kollagenasebehandlung ver-einzelt und aus ihrem Organverband gelöst undanschließend in geeigneten chemisch definierten(serumfreien) Kulturmedien unter konstanter Ro-tationsbewegung gehalten. Das Schütteln verhin-dert eine Anheftung der Zellen an die Kulturscha-len und führt zur Reorganisation der Hypophysen-zellen in organähnlichen Gruppen (Reaggregaten)zum Teil sogar mit Proliferation der Zellen. DieseReaggregate enthalten alle Typen Hormon pro-duzierender Zellen und die Follikulostellarzellen.Endothelzellen und die Reorganisation des hypo-physären Kapillarsystems konnten jedoch nochnicht nachgewiesen werden. Allerdings hatte dieEtablierung des Reaggregatmodells erlaubt, im Ge-gensatz zu Monolayerkulturen, eine Reihe vonFeedback- und parakrinen Regulationsnachweisenzu erbringen, z. B. für die Funktion von „pituitaryadenylate cyclase activating peptide“ (PACAP)(Benter et al. 1995) oder für TSH (Baur et al. 1997,2000; Baur u. Köhrle 1999). Wichtiges Handwerks-zeug bei diesen Analysen sind substanzspezifischeAntikörper, mit denen durch Immunoneutralisati-on der lokal gebildeten para-/autokrinen FaktorenNachweise für deren Beteiligung an regulatori-schen Vorgängen geliefert werden können (da Vei-ga et al. 2004) (Kap. 2.3). Moderne Ansätze zumNachweis intrakriner Regulation können durchEinsatz spezifischer Inhibitoren der Faktoren oderihrer Rezeptoren sowie durch antisense RNA,siRNA oder Mikro-RNA verfolgt werden. (Long etal. 1995; Poy et al. 2004).

1.1.3 Komponenten und Beispiele hypo-physärer lokaler Hormonregulation

1.1.3.1 Zentrale Rolle der Follikulostellarzellenfür die hypophysäre para-/autokrineRegulation

Aus diesen und anderen Untersuchungen mit Hy-pophysenzellen zeigte sich, dass insbesondere dieFollikulostellar-(FS-)Zellen, die >10% der Zellenausmachen, eine zentrale Funktion nicht nur beider para-/autokrinen Regulation der Hypophysen-funktion, sondern auch für die strukturelle Orga-nisation der Adenohypophyse haben (Abb. 1.1.2).Die FS-Zellen umfassen und strukturieren ge-mischte Aggregate der verschiedenen Hormon pro-duzierenden Hypophysenzelltypen, sie bilden aus-gedehnte zytoplasmatische Ausläufer und ein ver-netztes Geflecht untereinander, das über Gap-Junc-tions und deren Kanäle kommuniziert, wie z. B.durch Ca2+-Wellen gezeigt werden kann (Allaertset al. 1996; Danila et al. 2000; Fauquier et al. 2002;Herkenham 2005; Horvath u. Kovacs 2002; Inoueet al. 1992; Soji et al. 1997; Stojilkovic 2001). Inden S-100- und GFAP-positiven FS-Zellen ist derNachweis einer Reihe hochwirksamer Hormone,Wachstumsfaktoren, Zytokine und Signalsubstan-zen gelungen, die erwiesenermaßen in die hypo-physäre Hormonbildung und Sekretion eingreifen(Kap. 6.2, 2.2 u. a.).

Von besonderer Bedeutung sind die FS-Zellenfür die wichtige Interaktion zwischen dem endo-krinen und dem Immunsystem. Zum Beispiel sti-muliert bakterielles Lipopolysaccharid (LPS) imTiermodell die Produktion des Makrophagen inhi-bierenden Faktors (MIF), der in der Lage ist, dieglukokortikoidmediierte Hemmung der LPS-indu-zierten Zytokinproduktion in Makrophagen zuhemmen. Dadurch wird im Hypophysenvorderlap-pen über einen lokalen parakrinen Mechanismusdie Produktion von ACTH aufrechterhalten, indemdie glukokortikoidvermittelte lokale IL-6-Freiset-zung gebremst wird (Herkenham 2005). Die ent-wicklungsbiologische Herkunft bzw. Einwanderungder FS-Zellen in die Adenohypophyse ist nochnicht vollständig geklärt. Eine humane FS-ZelliniePDFS wurde ebenfalls etabliert, exprimiert Follista-tin and Aktivin A, weist einen intakten Aktivin-Signalweg auf und ist damit ein gutes Modell fürdie Analyse humaner parakriner Hypophysenregu-lation (Danila et al. 2000).

12 J. Köhrle

Page 13: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

1.1.3.2 Regulation der FSH-Sekretionals exemplarisches Beispiel kombinierterendokriner, parakriner und autokrinerRegulation in der Adenohypophyse

Seit langem ist die unterschiedliche Regulation, Bil-dung und Freisetzung der Gonadotropine FSH undLH aus den identischen gonadotropen Zellen desHypophysenvorderlappens Gegenstand von Unter-suchungen, und erst die Einbeziehung der Konzepteder para- und autokrinen Regulation sowie der Rol-le der FS-Zellen konnte einen großen Teil der In-vi-vo-Befunde sowie auch beachtliche Speziesunter-schiede der Regulation erklären. Testosteron un-terdrückt und Östradiol erhöht die GnRH-stimu-lierte LH- und FSH-Sekretion in Rattenhypophysen-zellen, während im Affenmodell kein (Dihy-dro-)Testosteroneffekt und ein biphasischer E2-Ef-fekt beobachtet wird, anfängliche Stimulation ge-folgt von starker Suppression. Zum Teil werden die-se Effekte durch Regulation der GnRH-Rezep-torexpression erklärt, jedoch spielen hypophysäreFaktoren hier eine regulatorische Rolle (Winters u.Moore 2004). Erst mit der Entdeckung und einembesseren Verständnis der Regulation der lokalenund systemischen Expression und Funktion vonAktivin, Inhibin und Follistatin war die unter-schiedliche Regulation und Sekretion von FSH undLH aus den gleichen Zellen möglich (Kap. 6.2). Fol-listatin ist ein cysteinreiches glykosyliertes mono-meres Protein mit sehr kurzer Halbwertszeit, dasvon allen Hypophysenzellen exprimiert wird undals hochaffines Aktivin bindendes Protein wirktund dessen Rezeptorbindung verhindert. Aktivinerhöht und Follistatin und Inhibin hemmen selektivdie Expression des FSH�-Gens in gonadotrophenZellen und regulieren die Expression des GnRH-Re-zeptors. Aktivin und Follistatin werden von gonado-trophen Zellen und FS-Zellen produziert und entfal-ten ihre para- bzw. autokrinen Effekte lokal. DerHauptanteil von Inhibin entstammt der testikulärenSynthese, in geringem Umfang wird jedoch auch In-hibin lokal in der Adenhypophyse gebildet (Wintersu. Moore 2004). Mehr als 50 Jahre lang entzog sichdas testikuläre Inhibin der genauen Charakterisie-rung, und erst mit der nachfolgenden Beschreibungder lokalen und systemischen Wirkungen von Fol-listatin und Aktivin konnte die 1932 von McCullaghbeobachtete Bildung der „Kastrationszellen“ derAdenohypophyse (eine funktionelle Aktivierungund Proliferation der gonadotrophen Zellen) erklärtwerden (McCullagh 1932).

Mittlerweile ergibt sich folgendes Bild zur selek-tiven Regulation der FSH-Produktion (Abb. 6.2.3):

Nach Knock-out des Aktivinrezeptors gibt es keineFSH-Sekretion ebenso wie nach Blockade des Ak-tivinrezeptors durch Inhibin. Wenn Follistatin anAktivin bindet und damit die Rezeptoraktivierungverhindert, erfolgt ebenfalls keine FSH-Produktionebenso wie nach Blockade von Aktivin B durchneutralisierende Antikörper. Die intrazelluläre Sig-nalübertragung des Aktivinrezeptors wird überSmad-Proteine vermittelt. Aktivin verstärkt dieGnRH-Stimulation der FSH�-Expression, die – ver-mittelt über den Transkriptionsfaktor Pitx2 – vor-wiegend auf die gonadotrophen Zellen beschränktist. Pitx2 bindet an den FSH�-Promotor und sti-muliert die basale und aktivinstimulierte FSH�-Ex-pression.

Aktivin ist damit der in der Adenohypophysegebildete Faktor, der selektiv die FSH-Syntheseund Freisetzung stimuliert und keinen Effekt aufLH aufzuweisen scheint. Änderungen der Expressi-on der einzelnen Komponenten sowie alternativerProteinformen wie z. B. Follistatin 288 mit unter-schiedlicher Wirkung werden für die Änderungender Gonadotropin-Expression und Funktion wäh-rend der frühkindlichen Entwicklung und Pubertätdiskutiert. Die Spiegel von Follistatin 288 fallen re-ziprok zum Anstieg von FSH� und synergistischmit der Abnahme der Inhibinwerte während derPubertät (Moore et al. 2003).

Es sollte noch darauf hingewiesen werden, dassin der humanen Hypophyse die Aktivin-�B-Unter-einheit in gonadotrophen und thyrotrophen Zellender Adenohypophyse exprimiert ist, während die�A-Untereinheit in gonadotrophen, somatotrophenund laktotrophen Zellen immunhistochemischnachgewiesen wurde (Uccella et al. 2000). Die Be-deutung dieser Befunde für die anderen Hormon-achsen ist noch nicht geklärt. Berücksichtigt wer-den müssen auch deutliche Speziesunterschiede inder Regulation der FSH-Bildung. In Primaten (Af-fen) kommt es ohne GnRH-Stimulation nicht zurFSH-Produktion im Unterschied zu Nagern, unddas Aktivin-Inhibin-System für die parakrine Re-gulation funktioniert wohl nur bei ansteigenderGnRH-Stimulation, wobei die FS-Zellen Follistatinproduzieren. Somit scheint die para-/autokrine Re-gulation in Primaten stärker als in Nagern aus-geprägt zu sein. In Ratten gibt es dagegen einenbeträchtlichen Follistatinanstieg nach Kastrationim Gegensatz zum Affenmodell. Auch die Pulsfre-quenz der GnRH Stimulation wirkt sich unter-schiedlich aus, eine langsame Pulsfrequenz regu-liert FSH, schnelle Pulse vor allem LH und dieProduktion der �-Untereinheit der hypophysärenGlykoproteohormone.

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 13

Page 14: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

1.1.3.3 Para-, auto- und intrakrine Regulationder Hypophysen-Schilddrüsenhormon-Achse

Schilddrüsenhormone (TH) regulieren Entwick-lung, Wachstum, Zelldifferenzierung, Thermogene-se, Grundumsatz und fast alle anabolen und kata-bolen Reaktionen des Stoffwechsels zum Teil direktüber T3-Rezeptoren oder in permissiver Weise inenger Interaktion mit anderen hormonellen, neu-ronalen und nutritiven Systemen (Köhrle 2000 b).Die Produktion, Freisetzung, Wirkung und Ver-stoffwechselung von Schilddrüsenhormonen wirdvon einer hierarchisch organisierten endokrinenKaskade gesteuert. Das hypothalamische TripeptidTRH (Thyroliberin) stimuliert in thyrotrophenZellen der Adenohypophyse die TSH-Produktionund -Freisetzung. TSH ist über den Blutkreislaufder zentrale Regulator der Schilddrüsenhormon-produktion durch die in Follikeln organisiertenThyrozyten der Schilddrüse. Das Hauptsekretions-produkt der Schilddrüse, das Prohormon T4, wirdin Zielzellen der Hormonwirkung reduktiv unterFreisetzung von Iodid zum thyromimetisch aktivenT3 deiodiert. Diese Reaktion wird von zwei unter-schiedlichen Enzymen, den 5�-Deiodasen Typ Iund Typ II, katalysiert, die unterschiedliche kataly-tische Eigenschaften, Regulation und gewebe- undentwicklungsspezifische Expression aufweisen. DieInaktivierung des aktiven T3 sowie des Prohor-mons T4 erfolgt durch die Typ-III-5-Deiodase so-wie nach Sulfokonjugation an der phenolischenOH-Gruppe der Iodthyronine auch durch die Typ-I-Deiodase (Köhrle 2002). Durch negativen Feed-back im Hypothalamus und in der Hypophysedurch T4 und T3 wird das System reguliert. Dazuist jedoch eine Voraussetzung, dass T4 lokal in bei-den Geweben zum aktiven T3 deiodiert wird, dasüber nukleäre T3-Rezeptoren die TRH- und TSH-Produktion supprimiert. Zirkulierendes T3 hemmterst in höheren Konzentrationen diese stimulatori-schen Signale. Somit kommt der lokalen Bereitstel-lung und Verfügbarkeit in hypothalamischen TRHproduzierenden Neuronen und in thyrotrophenHypophysenzellen eine Schlüsselrolle der Regulati-on zu. Bei mehreren pathophysiologischen Kon-stellationen wird eine inadäquate Reaktion derTRH-TSH-TH-Achse beobachtet, die nicht mit die-sem negativen Feedback übereinstimmt, z. B. In-flammation, Hunger (genauer Kohlenhydratentzug)sowie bei verschiedenen schwereren klinisch-chi-rurgischen Eingriffen. Diese Konstellation wirdunter dem Terminus Nieder-T3-Syndrom oder „eu-thyroid sick syndrome“ (ESS) oder „non-thyroidal

illness“ (NTI) zusammengefasst, charakterisiertdurch inadäquat niedrige Serum-T3-Werte, nichterhöhtes TSH, normales bis niedriges T4 underhöhtes rT3, ein TH-Metabolit, der durch die Typ-III-5-Deiodase gebildet und durch die Typ-I-5�-Deiodase abgebaut wird. Offensichtlich kommtes unter diesen klinisch relevanten Konstellationenzu einer Störung der zentralen endokrinen Feed-backregulation, bei der para- und autokrine Me-chanismen eine bedeutende Rolle spielen.

Die Funktion der Hormon produzierenden Zel-len der Adenohypophyse wird durch eine Vielzahlvon Faktoren aus dem Hypothalamus und der Pe-ripherie gesteuert. In den letzten Jahren häuftensich aber auch die Hinweise auf ein zusätzliches,lokales, intrahypophysäres Kontrollsystem, beru-hend auf der Kommunikation zwischen den ver-schiedenen Zellen des Gewebes (Denef 1994). Ne-ben diffusiblen Faktoren, die als auto-/parakrineSignalsubstanzen wirken, erfolgt auch eine Kom-munikation über Gap-Junctions (Morand et al.1996), juxtakrine Interaktionen und Zelladhäsions-moleküle (Perez et al. 1995). Diese lokalen Inter-aktionen können klassische hypophysäre Feedback-regulationen überlagern und modulieren (Kap. 2.2).

Zur Aufrechterhaltung der euthyreoten Gleich-gewichtslage unterstehen die beiden übergeord-neten Zentren der Schilddrüsenhormonachse,nämlich Hypothalamus und Hypophyse, der nega-tiven Feedbackkontrolle durch Schilddrüsenhor-mone: Im Hypothalamus wird die Synthese undFreisetzung von TRH gehemmt (Dyess et al. 1988;Lechan et al. 1994; Tu et al. 1997), in der Adeno-hypophyse wird die Expression des Schilddrüsen-hormonrezeptors TR�2 und des TRH-Rezeptorsvermindert, die Expression des TRH-abbauendenEktoenzyms induziert (Köhrle et al. 1995; Köhrle2000 a; Schomburg u. Bauer 1995) und Syntheseund Freisetzung von TSH gehemmt (Chin et al.1993) (Abb. 1.1.2). Das Feedbacksignal von T4,dem Hauptsekretionsprodukt der Schilddrüse,wird jedoch erst nach der lokalen 5�-Deiodierungzu T3 vermittelt. Der Großteil des T3, das in derHypophyse an die Rezeptoren gebunden ist,stammt aus dieser lokalen, intrahypophysären De-iodierung durch Deiodase-Isoenzyme (Silva et al.1978) und ist in Bezug auf TSH-Suppression wirk-samer als T3 aus der Peripherie. So sind in Abwe-senheit von T4 mehr als doppelte T3-Konzentratio-nen erforderlich, um TSH effektiv zu supprimieren(Larsen et al. 1981).

Lange Zeit wurde angenommen, dass in der Hy-pophyse die Typ-II-5�-Deiodase das vorherrschen-de Enzym ist und in den thyrotrophen Zellen der

14 J. Köhrle

Page 15: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

Adenohypophyse die wesentliche Steuerrolle beimTSH-Feedback übernimmt. Allerdings lässt sichaufgrund der Regulation der 5�DII durch Schild-drüsenhormone kein logischer Feedbackregelkreiskonstruieren. In der Hyperthyreose ist die Aktivi-tät der 5�DII vermindert, d. h. es wird lokal weni-ger T3 gebildet, das an die Rezeptoren bindet, undsomit wäre auch die Suppression der TSH-Synthe-se und Freisetzung vermindert. Folglich würde estrotz hyperthyreoter Bedingungen zu einem wei-teren TSH-Anstieg kommen. Das Gegenteil wäre inder Hypothyreose der Fall. Der TSH-Feedback-Re-gulation müssen also komplexere Mechanismenzugrunde liegen. Eine Beteiligung anderer Zell-typen über parakrine Mechanismen könnte hierbeieine Rolle spielen und/oder eine Regulation überdie Aktivität der Typ-I-5�-Deiodase, denn daswürde einen logischen Feedbackregelkreis ergeben.In der euthyreoten Hypophyse von Ratten ist dieAktivität der 5�DI höher als die der 5�DII und wirdschnell durch T3 stimuliert (Köhrle et al. 1995;Köhrle 2000 a; Schomburg u. Bauer 1995). Diesdeutet darauf hin, dass die 5�-DI eine weitausgrößere Rolle in der T3-abhängigen Hypophysen-regulation spielt, als bisher angenommen.

Deshalb wurde die Expression und Regulationder Deiodase-Isoenzyme, vor allem der Typ-I-5�-Deiodase, in verschiedenen Modellen der Adeno-hypophyse analysiert. Durch Kombination von In-vivo- (euthyreote Ratten) und In-vitro-Modellen(Reaggregatkulturen, Monolayerkulturen, Kokultur-modelle), wurde die Verteilung der Deiodase-Iso-enzyme, ihre Regulation durch Schilddrüsenhor-mone (T3 und sein 5�-Deiodierungsprodukt3,5-T2), Zytokine und parakrine Mechanismen un-tersucht. Die Untersuchungen brachten Hinweiseauf die Bedeutung der Isoenzyme für T3-abhängi-ge, para-/autokrine Regulationsmechanismen inder gesunden Adenohypophyse und bei pathophy-siologischen Zuständen, bei denen T3-abhängigeProzesse gestört sind (Nieder-T3-Syndrom, Adeno-me) (Boelen et al. 2004 a, b). Vor kurzem wurdenerste Daten zum Knock-out-Mausmodell für dieTyp-II-5�-Deiodase vorgestellt (Schneider et al.2001). Serum-T4 and TSH sind verglichen mitWilddtypmäusen erhöht, und nur T3, nicht aberT4 supprimiert TSH, was für eine Beteiligung der5�DII an der TSH-Feedbackregulation spricht.

Bisher wurden nur wenige Faktoren beschrie-ben, die die Aktivitäten der beiden 5�-Deiodasenin der gleichen Richtung verändern. Meistens wer-den gegenläufige Regulationen beobachtet, odernur eine der beiden Enzymaktivitäten wird verän-dert. Zytokine jedoch übten in Hypophysenmodel-

len stimulatorische Effekte auf beide Deidoase-Iso-enzyme aus (Baur et al. 2000). Die Stimulationbeider 5�-Deiodasen in der Adenohypophyse durchproinflammmatorische Zytokine bietet deshalb ei-ne erste Erklärungsmöglichkeit für den bisher un-verstandenen, ausbleibenden TSH-Anstieg, der imNieder-T3-Syndrom beobachtet wird, das mit er-höhten Zytokinwerten assoziiert ist. Neben direk-ten Effekten proinflammatorischer Zytokine aufdie TSH-Freisetzung könnte die vermehrte, lokaleBildung von T3 und 3,5-T2 durch gesteigerte Deio-dase-Aktivitäten zur TSH-Suppression beitragen(Baur et al. 1997, 1999, 2000).

Der Nachweis der NFkB-Aktivierung durch Zyto-kine in unterschiedlichen Modellen der Adenohypo-physe deutet darauf hin, dass dieser Transkriptions-faktor eine wesentliche Rolle bei der Regulation ver-schiedener Hypophysenfunktionen spielt. GX-Zel-len, die responsiv gegenüber proinflammatorischenZytokinen sind, wie durch die NF�B-Aktivierunggezeigt werden konnte, und auch 5�-Deiodasen ex-primieren (Baur et al. 1999, 2000), stellen ein neues,humanes Modell zur Untersuchung von parakrinenInteraktionen zwischen Immunsystem und Endo-krinium der Hypophyse dar.

Die 5�DI wird in den Hormon produzierendenZellen der Adenohypophyse exprimiert, unter an-derem in thyrotrophen, somatotrophen und korti-kotrophen Zellen, nicht aber in Follikulostellarzel-len (Araki et al. 2003; Baur et al. 1997, 1999; Kimet al. 1998; Koenig u. Watson 1984; Volpato u. Nu-nes 2001). Die Hormon produzierenden Zellen derAdenohypophyse können somit ihr aktives Schild-drüsenhormon T3 für den lokalen Bedarf aus demProhormon T4 aktivieren. Auch im Zwischenlap-pen der Hypophyse wird die 5�DI stark exprimiertund könnte an der Regulation der Prohormonkon-vertasen durch Schilddrüsenhormone beteiligt sein.

Die beiden 5�-Deiodasen Typ I und Typ II werdenin verschiedenen Hormon produzierenden und in-aktiven humanen Hypophysenadenomen exprimiert(Baur et al. 2002; Tannahill et al. 2002). Die 5�DI ist,wie auch in humanen somatomammotrophen GX-Zellen, in Adenomen beteiligt an der Inaktivierungder Schilddrüsenhormone und somit an der „Ab-schaltung“ des T3-Signals. Ob diese Regulations-mechanismen in Hypophysenadenomen gestörtsind, bleibt zu klären. Beschrieben wurde eine nied-rigere Zahl von Follikulostellarzellen in Hypophyse-nadenomen, die dort auch vorwiegend in den peri-pheren Bereichen und nicht mehr netzartig überdas ganze Organ hin lokalisiert sind (Kap. 2.2).

Proinflammatorische Zytokine stimulieren inHypophysenmodellen beide Deiodase-Isoenzyme.

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 15

Page 16: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

Die Stimulation der 5�-Deiodasen in der Adeno-hypophyse durch proinflammmatorische Zytokinebietet eine Erklärungsmöglichkeit für den bisherunverstandenen ausbleibenden TSH-Anstieg, derim Nieder-T3-Syndrom, das mit erhöhten Zytokin-werten assoziiert ist, beobachtet wird. Neben di-rekten Effekten proinflammatorischer Zytokine aufdie TSH-Freisetzung könnte die vermehrte lokaleBildung von T3 und 3,5-T2 durch gesteigerte Deio-dase-Aktivitäten zur TSH-Suppression beitragen.

Mehrere andere hormonelle Faktoren beeinflus-sen die hypophysäre TSH-Sekretion in para- und/oder autokriner Weise. Die Sensitivität der thyro-trophen Zellen auf leptinvermittelte Hemmung derTSH-Sekretion wird in der Hypothyreose deutlichherabgesetzt, bleibt jedoch bei Euthyreose undkurzfristiger Hyperthyreose erhalten (da Veiga etal. 2004). Die Gabe von Leptinantiserum zur Blo-ckade des lokal gebildeten Leptins erhöht die TSH-Freisetzung. Auch die Hemmung der hypophysä-ren TSH-Freisetzung durch Neuromedin-B wirdvom Schilddrüsenstatus beeinflusst (Jones et al.1994; Ortiga Carvalho et al. 1995; Pazos-Moura etal. 2003). Schilddrüsenhormone erhöhen die hypo-physäre Neuromedin-B-Produktion und vermittelnso eine lokale parakrine Regulation ihrer eigenenKontrolle. Die hypophysäre Leptinbildung wirddurch Steroidhormone und GH beeinflusst (Mc-Duffie et al. 2004).

Auch im Zwischenlappen der Hypophyse wirddie 5�DI exprimiert und könnte folglich an der Re-gulation der Prohormonkonvertasen für Propiome-lanocortin(POMC)-Genprodukte durch Schilddrü-senhormone beteiligt sein oder Einfluss auf die Se-kretion des Melanozyten stimulierenden Hormons(MSH) während der frühen Embryonalentwicklungoder in verschiedenen Vertebraten beitragen.

Musterbeispiele parakriner Kommunikation un-ter Beteiligung von Schilddrüsenhormonen lieferndie Entwicklung des Innenohrs oder des Auges inTiermodellen sowie die Entwicklung des ZNS derVertebraten. Hier erfordert die zelluläre Kompar-timentierung der einzelnen Komponenten der Bil-dung des aktiven Schilddrüsenhormons T3 ausdem Prohormon T4, der regulierte Abbau des akti-ven T3-Rezeptor-Liganden T3 und die zellspezi-fische Expression der unterschiedlichen T3-Rezep-tor-Formen (TR�1, TR�1 und TR�2) sowie derneu identifizierten T3- und T4-Transporter (z. B.MCT8 und OAT1C1) eine feine zeitlich und kon-zentrationsabhängige Abstimmung und Koordina-tion der Ligandenverfügbarkeit insbesondere wäh-rend der Entwicklung des ZNS, aber auch im adul-ten Organismus in allen T3-regulierten und T3-un-

abhängigen Geweben oder Zellen. So ist z. B. dasT3 bildende Enzym Typ-II-5�-Deiodase in stroma-len Zellen, der T3-Rezeptor in den inneren Haar-zellen während der Innenohrentwicklung lokali-siert, und Störungen sowohl der 5�DII-Expressionals auch des T3-Rezeptors führen zur Taubheit, einklassisches Symptom der pränatalen Schilddrüsen-unterfunktion oder eines Iodmangels während derkindlichen Entwicklung (Forrest et al. 2002; Ng etal. 2004). Eine ähnliche unterschiedliche zelluläreVerteilung der T3-Bildung und Wirkung wurdenbei der Entwicklung des Auges in Amphibien undMäusen beobachtet, wobei Störungen der einzel-nen Komponenten der Regulation der T3-Verfüg-barkeit sich negativ auswirkten (Cai u. Brown2004; Marsh-Armstrong et al. 1999). An der Regu-lation der zellulären Verfügbarkeit des lokal (odersystemisch) gebildeten aktiven T3 sind insbesonde-re auch die vor kurzem neu entdeckten zellulärenT3-Transporter beteiligt, die das geladene Schild-drüsenhormon, (ein Aminosäurederivat!), energie-abhängig über die Zellmembran transportieren.Mutationen im T3-Transporter MCT8, dessen Genauf dem Xq13.2-Chromosomenabschnitt lokalisiertist, führen zu schweren psychomotorischen Ent-wicklungsstörungen in betroffenen Jungen (Friese-ma et al. 2004). Diese Daten sprechen für eine es-sentielle Funktion und Expression von MCT8 inbestimmten Neuronen (Abb. 1.1.5) und lassen wei-tere zellspezifisch exprimierte und regulierteSchilddrüsenhormontransporter erwarten. Ins-besondere wird dies durch die bisherigen Befundeim ZNS nahe gelegt, wo die T3-Bildung durch das5�DII-Enzym in Astrozyten und Tanyzyten stattfin-det (Bernal 2002, 2005; Heuer et al. 2005; Montero-Pedrazuela et al. 2003; Ng et al. 2004; Quignodonet al. 2004), während die T3-Rezeptoren und dasT3 abbauende Enzym, die Typ-III-5-Deiodase inNeuronen lokalisiert sind, was eine zusätzliche re-gulierte Transporterfunktion in beiden Zellen fürExport und Import voraussetzt. Gleichermaßen istteilweise beschrieben und muss auch gefordertwerden, dass der Schilddrüsenhormontransportüber die Blut-Hirn-Schranke, aber auch über dieBlut-Liquor-Schranke unter Einbeziehung des Epi-thels des Choroidplexus reguliert mit Hilfe vonspezifischen Transportern verläuft. Transportersind ebenso wie lokal exprimierte Deiodase-Enzy-me auch in den Plazentamembranen sowie im Ute-rusepithel beschrieben, wo sofort nach Implantati-on des Conceptus lokale Gradienten des aktivenSchilddrüsenhormons T3 durch das 5�DII-Enzymaus der Vorstufe T4 gebildet werden und benach-bart das T3 abbauende Enzym Typ-III-5-Deiodase

16 J. Köhrle

Page 17: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

stark exprimiert wird, um vor inappropriater T3-(oder T4-) Exposition zu schützen (Köhrle 2003;Wasco et al. 2003).

1.1.4 Para- und autokrine Regulationendokriner Systeme

1.1.4.1 Para-/autokrine Regulationder Schilddrüse

Parakrine Effekte sind auch von zentraler Bedeu-tung bei der Regulation des Wachstums derSchilddrüse unter noch immer in Mitteleuropaprävalenten Iodmangelbedingungen. Die zentrale

Steuerung der Schilddrüsenfunktion, der Hormon-synthese und Freisetzung erfolgt durch das hypo-physäre Glykoproteohormon TSH, das einenG-Protein-gekoppelten Serpentinrezeptor in derbasolateralen Zellmembran der Thyrozyten akti-viert. Darüber hinaus sind auch Wachstumsfak-toren wie IGF-1, EGF und andere an der Steuerungder Proliferation der Thyrozyten und der Follikel-neubildung beteiligt. Verschiedene Untersuchungenin unterschiedlichen Tiermodellen sowie In-vitro-Kulturmodellen porciner und humaner rekonstitu-tierter oder isolierter Follikel ergaben dabei je-doch, dass unter Iodmangelbedingungen die Sensi-tivität der Thyrozyten für TSH zunimmt (Brabantet al. 1992)und dass es dabei auch zu einer lokalenpara- und autokrinen Produktion von Wachstums-faktoren durch Thyrozyten selbst und/oder das in

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 17

Abb. 1.1.5. Modell der para- und intrakrinen Neuron-Astro-zyten-Kommunikation für Schilddrüsenhormone unter Be-teiligung der Blut-Hirn- sowie der Blut-Liquor-Schranke.Das Prohormon T4 erreicht gebunden an Schilddrüsenhor-monverteilungsproteine (TBG, Transthyretin, Albumin) dieGehirnkapillaren und erhält über unbekannte Prozesse inder Blut-Hirn-Schranke Zugang zu Astrozyten oder Tanyzy-ten. Diese exprimieren Typ-II-5�-Deiodase, welche T4 zumaktiven T3 deiodiert. T3 wird über die spezifischen T3-Trans-porter in der neuronalen Zellmembran, MCT8, aufgenom-

men und bindet an die T3-Rezeptoren im Zellkern der Neu-ronen. Die Inaktivierung von T3 erfolgt in Neuronen durchdie Typ-III-5-Deiodase. Die Kapillaren des 3. und 4. Ventri-kels und das Epithel des Choroidplexus exprimieren eben-falls spezifische Schilddrüsenhormontransporter (OATP14und MCT8), und das SchilddrüsenhormonverteilungsproteinTransthyretin (TTR) wird ebenfalls im Choroidplexusepithelsynthetisiert und in die Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) sezer-niert, wo es das Hauptprotein darstellt. (Mod. nach Bernal2005 und Heuer et al. 2005)

Page 18: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

der Schilddrüse extrem abundante Endothelkommt (Gärtner 1993; Gärtner et al. 1997; Hofbau-er et al. 1995). Hierbei sollte daran erinnert wer-den, dass alle Thyrozyten direkt von lokalen Mi-krokapillaren versorgt werden(Fujita u. Murakami1974; Fujita 1988; Imada et al. 1986; Köhrle et al.1999), eine der Grundvoraussetzungen für die effi-ziente Iodidanreicherung durch den ebenfalls inder basolateralen Membran lokalisierten Natrium-Iodid-Symporter (Köhrle u. Schmutzler 2004).IGF-1 und andere lokal gebildete Wachstumsfak-toren stimulieren dann Hypertrophie und wohlauch die Hyperplasie der Thyrozyten, die letztend-lich zur (irreversiblen) Kropfbildung führt. Welchelokalen para- oder autokrinen Faktoren letztlichzur akuten Verringerung der Schilddrüsendurch-blutung nach Iodidgabe führen, ist bisher nicht ge-klärt (Arntzenius et al. 1991). Dieser Effekt wirdjedoch seit langem für die Operationsvorbereitungder extrem stark durchbluteten Schilddrüse ausge-nutzt. Einige der angiogenen Faktoren der Schild-drüse und ihre Rezeptoren wurden bereits charak-terisiert und spielen vor allem in der Karzinogene-se und Metastasierung von Schilddrüsentumoreneine bedeutende Rolle (Eggo et al. 2003). Schild-drüsentumoren sind die häufigsten Tumoren desendokrinen Systems, und die Schilddrüse ist diegrößte der klassischen endokrinen Drüsen, diesich abhängig von der genetischen Prädispositionmit hoher Plastizität an veränderte Iodversorgungdurch Hyperplasie und Hypertrophie anpassenkann.

1.1.4.2 Auto-/parakrine Regulationim Gastrointestinaltrakt

Im gesamten Gastrointestinaltrakt sind eine Viel-zahl endokrin aktiver Zellen mit lokalen Wirk-mechanismen ihrer Hormone und Transmitter be-schrieben. Darüber hinaus gibt es auch eine engeWechselwirkung zwischen pankreatischen endo-krin aktiven Sekretionsprodukten, der Leberfunk-tion sowie der gastrointestinalen Regulation derMotilität und Verdauungsfunktion. Erst seit kur-zem ergeben sich auch enge regulatorische Wech-selwirkungen mit der Organisation, Proliferation,Differenzierung, Funktion und Regulation derbaumartigen Struktur der Gallengänge und derGallensekretion. Cholangiopathien führen hier zugravierenden Veränderungen dieser Strukturenund ihrer Funktionen bis zur Cholestase und zumLeberversagen. Im Pankreas bewirkt Serotonin,von enterochromaffinen Zellen sezerniert, über pa-

rakrine Mechanismen eine Hemmung der Sekre-tin- und Acetylcholinsekretion (Suzuki et al. 2001).Sekretin induziert die Cholerese über einen voncAMP (zyklisches Adenosinmonophosphat) abhän-gigen Prozess, und Insulin hemmt die Sekretinpro-duktion. Somit gibt es enge endokrine Interaktio-nen bei der Regulation der nahrungsabhängigenGalleproduktion.

Ein wichtiges Modell für diese Untersuchungenstellt die Ligation des Gallengangs in der Ratte dar.Es ist bekannt, dass Gastrin Wachstum und funk-tionelle Aktivität des ligierten Gallengangbaumshemmt (Glaser et al. 2000). Östradiol stimuliertWachstum und choleretische Funktion von Chol-angiozyten in Ratten (Alvaro et al. 2002). Vor kur-zem wurde nun gezeigt, dass in diesem Modell Se-rotonin, das unter Ligationsbedingungen von Chol-angiozyten vermehrt produziert wird, das Wachs-tum und die choleretische Aktivität des Gallen-gangbaums autokrin inhibiert (Marzioni et al.2005). Die Signaltransduktion erfolgt über Seroto-nin-1A- und -1B-Rezeptoren, die auf der basolate-ralen Zellmembran der Cholangiozyten lokalisiertsind. Serotonin führt zunächst zu einer Stimulati-on der intrazellulären IP3- und Ca2+-Freisetzung.Diese hemmen die Aktivierung der Proteinkinase-A(PKA)-vermittelten Stimulation des Src-Kinase-ERK1/2-Weges. Eine Blockade der Serotoninpro-duktion, der Einsatz von Antagonisten oder Sero-toninantiseren, unterbrechen diese Signalkette undführen wiederum zu einer Aufhebung der Hem-mung der IP3-Ca2+-gehemmten Src-Kinase-ERK1/2-Kaskade. Wegen der Gallengangsligatur proli-ferierende Cholangiozyten überexprimieren Sero-tonin, während nichtaktivierte Zellen nur geringeSerotoninproduktion aufweisen.

Diese Erkenntnisse zur autokrinen Serotonin-produktion und -wirkung (Cholestase) könntenvon großer therapeutischer Relevanz werden, wennes gelingt, diesen „circulus vitiosos“ der autokri-nen Serotoninproduktion zu unterbrechen. Somitkommen dem archaischen neuroendokrinen Hor-mon und Transmitter Serotonin neben seinen viel-fältigen Wirkungen auf die Proliferation vielerZelltypen weitere spezifische Funktionen im Gas-trointestinaltrakt zu (Azmitia 2001). Die auto-/pa-rakrine Sekretion von Serotonin durch hepatischeCholangiozyten reguliert also deren Proliferationund Funktion bei der Gallenproduktion.

Para- und autokrine Regulationsprozesse spielenauch eine zentrale Rolle bei der Entwicklung desendokrinen (und exokrinen) Pankreas (Kap. 1.2)und dessen Funktion bei der hormonellen Regula-tion der Glukosehomöostase. Für die Funktion

18 J. Köhrle

Page 19: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

und das Überleben der Insulin produzierenden�-Zellen sind dabei die glukoseabhängige Produk-tion und autokrine Sekretion von Insulin und Ner-venwachstumsfaktor (NGF) von eminenter Bedeu-tung (Navarro-Tableros et al. 2004), die an entspre-chende Rezeptoren (Insulinrezeptor und TrkA der�-Zellen binden, intrazelluläre Signaltransduktionauslösen und damit die Apoptose der �-Zellen ver-hindern. Durch Einsatz von spezifischen Antiseren,siRNA-Technologie und Verwendung von Zellen,die aus entsprechenden Knock-out-Mäusen etab-liert wurden, konnten diese Effekte und neue Re-gulatoren der Insulinsekretion wie z. B. Myotro-phin nachgewiesen werden (Poy et al. 2004). Un-klar bleibt aber noch, ab welchem Differenzie-rungsgrad pankreatischer und anderer Stammzel-len diese autoregulatorischen Regelkreise wirksamwerden.

1.1.5 Funktionelle Expression para-, auto-und intrakriner Regulationssystemein verschiedenen Geweben und Organen

Neben den klassischen endokrinen Organen zeigeneinige andere Gewebe und Organe wie z. B. Kno-chen, Haut oder Fettgewebe klar nachweisbare lo-kal exprimierte auto-, para, und intrakrine Regula-tionssysteme. In der Haut sind fast alle Kom-ponenten der Steroidbiosynthese und Wirkungeinschließlich der essentiellen endokrin relevantenFaktoren der Hypothalamus-Hypophysen-Neben-nieren-Achse (HPA-Achse) exprimiert, wobei sicheinzelne Hauttypen in der relativen Expression dereinzelnen Komponenten funktionsassoziiert unter-scheiden (Kap. 5.3) (Slominski et al. 2002). Diespezifische Expression von Steroidrezeptoren, ste-roidmetabolisierenden Enzymen, deren Modulati-on durch Zytokine und Wachstumsfaktoren unddie dort ebenfalls beschriebene essentielle Inter-aktion mit Komponenten des lokalen Immunsys-tems liefern die Grundlage für die lebenswichtigeSchutzfunktion der Haut, der Wundheilung nachVerletzungen und deren Beteiligung an der licht-und umweltabhängigen Hormonproduktion fürden Organismus (z. B. Vitamin-D-Hormonsystem).

Verschiedene Wachstumsfaktor- und Zytokin-systeme spielen bei der Chondrozyten- und Kno-chenentwicklung eine para- und autokrine Schlüs-selrolle, teils unter hormoneller systemischer, teilsunter lokaler Kontrolle (Kap. 5.1, 1.8 und 5.2). Diebei der Knochenentwicklung zuerst beschriebenen

parakrin oder autokrin aktiven Komponenten wiez. B. das PTHrP-PTH-Rezeptor-System, das So-nic(shh)- und Indian-Hedgehog(ihh)-Netzwerk,die große Bone-morphogentic-protein(BMP)- undFibroblast-growth-factor(FGF)-Familie von Wachs-tumsfaktoren und damit verknüpfter Rezeptor-und Ligandensysteme einschließlich der nachge-schalteten Signaltransduktionssysteme (Abb. 1.1.6)sind in der Zwischenzeit als Schlüsselwege bei derEmbryonal- und Fetalentwicklung (Kap. 1.3), aberauch bei der Tumorentstehung (Kap. 2.2, 2.4 und2.5) erkannt worden. Somit hat die ursprünglichendokrin orientierte Analyse längst das enge Feldder hormonartigen Signalübertragung verlassen.Die zunächst in der Endokrinologie entwickeltenPrinzipien, Modelle und Paradigmen der rezept-orvermittelten zellulären und systemischen Sig-nalübertragung haben sich längst zu allgemeingültigen und hilfreichen Vorgehensweisen in ver-schiedenen Zweigen der Lebenswissenschaften ent-wickelt wie z. B. der Pharmakologie, Physiologie,Entwicklungsbiologie, Biochemie und Immunolo-gie, so dass Grenzen zwischen diesen Disziplinenverschwimmen und mittlerweile obsolet erschei-nen. Dies wird insbesondere daran deutlich, dassin fast allen Geweben, Organen und Zellen die lo-kale und systemische Produktion und Sekretionvon Hormonen, hormonartigen Faktoren, Wachs-tumsfaktoren, Gewebs- hormonen und Zytokinensowie der entsprechenden Rezeptoren und nach-geschalteten Signalwege nachgewiesen werdenkonnte (z. B. Herz, Fettgewebe, Leber, Niere, Mus-kel, Haut) (Slominski et al. 2002). Damit ist dasenge, drüsenbezogene klassische Konzept der En-dokrinologie nicht mehr zeitgemäß, nämlich dieProduktion spezifischer, in kleinsten Mengenhochwirksamer Hormone, deren endokrine Sekre-tion in die Blutbahn eine Wirkung über spezifischeRezeptoren an entfernten Wirkorten in Zielorga-nen oder Zielzellen entfaltet. Dieses klassischeHormonsystem der glandulären Produktion undFreisetzung in den Blutkreislauf wird überlagertvon lokaler Produktion und Wirkung von Signal-substanzen, die ihre Information lokal para- oderautokrin übertragen, teilweise ohne im Blut nach-weisbar zu sein, oder gar in juxta- oder intrakri-ner Form wirken, ohne dass die Signalsubstanzenden interzellulären Raum erreichen, was natürlichden Nachweis dieser Art der Informationsübertra-gung erschwert. Nur diese Erweiterung der klassi-schen drüsenbezogenen Endokrinologie erlaubtein besseres Verständnis der Feinregulation, derphysiologischen und pathophysiologischen Adap-tion und der entwicklungs- und altersabhängigen

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 19

Page 20: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

Veränderungen der hormonellen Achsen und Re-gulationssysteme und deren Beeinflussung durchnutritive, neuronale, immunologische und phar-makologische Prozesse und Faktoren. Musterbei-spiele para- und autokriner Regulationswege lie-fern die Vorgänge der Spermatogenese, des Mens-truationszyklus, der Schwangerschaft und der Ent-wicklung sowie der Laktation oder Prozesse, diemit der Tumorbildung, Proliferation und Metasta-sierung assoziiert sind (Beuschlein et al. 2004;Dontu et al. 2004; Muttukrishna et al. 2004; Rob-son et al. 2002; Waters u. Conway-Campbell 2004).

Das Verständnis der normalen und pathologi-schen Funktion und der hormonellen Regulationdes kardiovaskulären und des Immunsystems odermetabolischer Störungen wie Adipositas, Polycysti-sches-Ovar-Syndrom, Lipidstoffwechselstörungenund deren Behandlung ist ohne Einbeziehung pa-rakiner und autokriner Regulationsmechanismenund lokal gebildeter und wirksamer Substanzennicht mehr möglich, da hier in der Regel die Kom-munikation und Informationsübertragung zwi-schen unterschiedlichsten Zelltypen auf engstenRaum beschränkt erfolgen (Conrad u. Novak 2004;Krantic et al. 2004; Spinazzi et al. 2005) und dabeinoch immer neue hormonell aktive Komponentenund Konzepte identifiziert werden (Jankowski et

al. 2005; Javitt 2004; Stulnig u. Waldhausl 2004;Tomlinson u. Stewart 2002). Insbesondere wurdenbei der Embryonalentwickung, Organ- und Gewe-bedifferenzierung lokale hormonelle Regulations-systeme und vor Ort gebildete und entlang vonKonzentrationsgradienten transportierte Signalsub-stanzen nachgewiesen, die z. B. in Lipidvesikelnmit molekularen Motoren an der Zelloberflächeweitergeleitet werden (Hirokawa u. Takemura 2005).

Lokale Bildung hormonell aktiver Faktoren istnicht auf die Gruppe der Proteo- und Peptidhor-mone oder der lipidartigen Gewebshormone (z. B.Prostanoide) beschränkt, sondern zentrales Bio-synthese-, Stoffwechsel- und Regulationsprinzipauch der niedermolekularen hydrophoben Hormo-ne der Steroid-, Secosteroid-, Schilddrüsenhor-mon-, Retinoid- und Fettsäureklassen, die vorwie-gend über nukleär lokalisierte ligandenmodulierteTranskriptionsfaktoren wirken. Allerdings gibt esauch in dieser Gruppe von lipophilen Hormonenklare Befunde und Hinweise auf weitere spezifischeRezeptoren, die in der Zellmembran oder in intra-zellulären Membranen (endoplasmatischces Reti-kulum, Mitochondrien) lokalisiert und mit ande-ren Signalwegen (z. B. über G-Protein-gekoppelteRezeptoren) eine zusätzliche Wirkung zur kern-rezeptorvermittelten Signaltransduktion entfalten

20 J. Köhrle

Abb. 1.1.6. Para- und autokrine Hormonwirkung in derWachstumsfuge der Knochen. Die Effekte von Wachstums-hormon (GH), insulinähnlichem Wachstumsfaktor (IGF-1),Glukokortikoiden (GC) und T3 auf die Wachstumsfuge derChondrozyten und die Regionen, in denen die Hormone lo-kal wirken. Der Indian-Hedgehog(ihh)-/PTHrP-Feedback-Loop reguliert die Geschwindigkeit der endochondralen Os-sifikation. Ihh wird von prähypertrophen Chondrozyten se-zerniert und wirkt auf perichondriale Zellen während der

Entwicklung oder auf proliferative Chondrozyten währenddes postnatalen Wachstums, um die Freisetzung von PTHrPzu stimulieren. PTHrP wirkt auf PTHrP-Rezeptoren(PTHrPR), die in „uncommitted“ prähypertrophen Chondro-zyten die Differenzierung verzögern und die Zellproliferati-on aufrechterhalten. GHR: „growth hormone receptor“, TR:T3-Rezeptor, GR: Glukokortikoidrezeptor. (Mod. nach Rob-son et al. 2002)

Page 21: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

(Casas et al. 2003; Lindemann et al. 2005; Revan-kar et al. 2005).

Diese neuen Erkenntnisse para-, auto-, juxta-und intrakriner Regulation erweitern das Spek-trum möglicher Therapieansätze über die klassi-sche endokrin orientierte Therapie hinaus, undmehrere der in den letzten Jahren neu entdecktenKomponenten der lokalen Signalübertragung sindbereits aussichtsreiche Targets oder Zielmoleküleder diagnostischen und therapeutischen klinischenund pharmakologischen Forschung geworden. Ers-te rekombinante Therapeutika, die auf neuen para-krinen und autokrinen Signalübertragungswegenbasieren, sind bereits in der klinischen Erprobungoder schon in der Anwendung (Krantic et al. 2004).

1.1.6 Literatur

Allaerts W, Carmeliet P, Denef C (1990) New perspectives inthe function of pituitary folliculo-stellate cells. Mol CellEndocrinol 71: 73–81

Allaerts W, Fluitsma DM, Hoefsmit ECM et al. (1996) Immu-nohistochemical, morphological and ultrastrucural re-semblance between dendritic cells and folliculo-stellatecells in normal human and rat anterior pituitary. J Neu-roendocrinol 8: 17–29

Alvaro D, Onori P, Metalli VD et al. (2002) Intracellularpathways mediating estrogen-induced cholangiocyte pro-liferation in the rat. Hepatology 36(2): 297–304

Anderson E, Clarke RB Jr (2004) Mammary Gland Biologyand Neoplasia. Mammary Gland Biology and Neoplasia 9

Araki O, Morimura T, Ogiwara T, Mizuma H, Mori M, Mu-rakami M (2003) Expression of Type 2 IodothyronineDeiodinase in Corticotropin-Secreting Mouse PituitaryTumor Cells Is Stimulated by Glucocorticoid and Corti-cotropin-Releasing Hormone. Endocrinology 144(10):4459–4465

Arntzenius AB, Smit LJ, Schipper J, Van der Heide D (1991)Inverse relation between iodine intake and thyroid bloodflow: color doppler flow imaging in euthyroid humans. JClin Endocrinol Metab 73: 1051–1055

Azmitia EC (2001) Modern views on an ancient chemical:serotonin effects on cell proliferation, maturation, andapoptosis. Brain Res Bull 56(5): 413–424

Baur A, Köhrle J (1999) Type I 5�-deiodinase is stimulatedby iodothyronines and involved in thyroid hormone me-tabolism in human somatomammotroph GX cells. Eur JEndocrinol 140: 367–370

Baur A, Bauer K, Jarry H, Köhrle J (1997) 3,5-Di-iodo-L-thyronine stimulates type I 5�-deiodinase activity in ratanterior pituitaries in vivo and in reaggregate culturesand GH3 cells in vitro. Endocrinology 138: 3242–3248

Baur A, Bauer K, Jarry H, Köhrle J (2000) Effects of proin-flammatory cytokines on anterior pituitary 5�-deiodinasetype I and type II. J Endocrinol 167(3): 505–515

Baur A, Buchfelder M, Köhrle J (2002) Expression of 5�-deio-dinase enzymes in normal pituitaries and in various hu-

man pituitary adenomas. Eur J Endocrinol 147(2): 263–268

Benter S, Leonhardt S, Wuttke W, Jarry H (1995) Paracrinecell to cell interactions determine the effects of pituitaryadenylate cyclase activating polypeptide (PACAP) on invitro prolactin release from rat pituitary cells. Exp ClinEndocrinol Diabetes 103: 386–390

Bernal J (2002) Action of thyroid hormone in brain. J Endo-crinol Invest 25(3): 268–288

Bernal J (2005) The significance of thyroid hormone trans-porters in the brain. Endocrinology 146(4): 1698–1700

Berthold AA (1849) Transplantation der Hoden. Arch AnatPhysiol Wiss Med 16: 42–46

Beuschlein F, Looyenga BD, Reincke M, Hammer GD (2004)Role of the inhibin/activin system and luteinizing hor-mone in adrenocortical tumorigenesis. Horm Metab Res36(6): 392–396

Blau HB, Baltimore D (1991) Differentiation requires contin-uous regulation. J Cell Biol 112: 781–783

Boelen A, Kwakkel J, Platvoet-Ter Schiphorst M, Baur A,Köhrle J, Wiersinga WM (2004 a) Contribution of inter-leukin-12 to the pathogenesis of non-thyroidal illness.Horm Metab Res 36(2): 101–106

Boelen A, Kwakkel J, Thijssen-Timmer DC, Alkemade A,Fliers E, Wiersinga WM (2004 b) Simultaneous changesin central and peripheral components of the hypothala-mus-pituitary-thyroid axis in lipopolysaccharide-inducedacute illness in mice. J Endocrinol 182(2): 315–323

Brabant G, Bergmann P, Kirsch CM, Köhrle J, Hesch RD,Von zur Mühlen A (1992) Alterations in the temporalpattern of thyrotropin and thyroglobulin secretion inman with experimental iodine depletion. Metabolism 41:1093–1096

Brokken LJ, Bakker O, Wiersinga WM, Prummel MF (2005)Functional Thyrotropin Receptor Expression in the Pitui-tary Folliculo-Stellate Cell Line TtT/GF. Exp Clin Endo-crinol Diabetes 113(1): 13–20

Cai L, Brown DD (2004) Expression of type II iodothyroninedeiodinase marks the time that a tissue responds to thy-roid hormone-induced metamorphosis in Xenopus laevis.Dev Biol 266(1): 87–95

Cannon WB (1932) The Wisdom of the Body. Norton, NewYork

Casas F, Daury L, Grandemange S et al. (2003) Endocrineregulation of mitochondrial activity: Involvement oftruncated RXR{alpha} and c-Erb A{alpha}1 proteins.FASEB J 17(3): 426–436

Chin WW, Carr FE, Burnside J, Darling DS (1993) Thyroidhormone regulation of thyrotropin gene expression. Re-cent Prog Horm Res 48: 393–414

Conrad KP, Novak J (2004) Emerging role of relaxin in renaland cardiovascular function. Am J Physiol Regul IntegrComp Physiol 287(2): R250–R261

Danila DC, Zhang X, Zhou Y et al. (2000) A human pituitarytumor-derived folliculostellate cell line. J Clin EndocrinolMetab 85(3): 1180–1187

Denef C (1994) Paracrine mechanisms in the pituitary. In:Imura J (ed) The pituitary gland. Raven, New York, pp351–357

Denef C, Maertens P, Allaerts W et al. (1989) Cell to cellcommunication in peptide target cells of anterior pitui-tary. Methods Enzymol 168: 47–71

Dontu G, El Ashry D, Wicha MS (2004) Breast cancer, stem/progenitor cells and the estrogen receptor. Trends Endo-crinol Metab 15(5): 193–197

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 21

Page 22: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

Dyess EM, Segerson TP, Liposits Z et al. (1988) Triiodo-thyronine exerts direct cell-specific regulation of thyro-tropin-releasing hormone gene expression in the hy-pothalamic paraventricular nucleus. Endocrinololy 123:2291–2297

Eggo MC, Quiney VM, Campbell S (2003) Local factors reg-ulating growth and function of human thyroid cells invitro and in vivo. Mol Cell Endocrinol 213(1): 47–58

Fauquier T, Lacampagne A, Travo P, Bauer K, Mollard P(2002) Hidden face of the anterior pituitary. Trends En-docrinol Metab 13(7): 304–309

Fiaschi-Taesch NM, Stewart AF (2003) Minireview: Parathy-roid Hormone-Related Protein as an Intracrine Factor–Trafficking Mechanisms and Functional Consequences.Endocrinology 144(2): 407–411

Forrest D, Reh TA, Rusch A (2002) Neurodevelopmentalcontrol by thyroid hormone receptors. Curr Opin Neuro-biol 12(1): 49–56

Friesema EC, Grueters A, Biebermann H et al. (2004) Asso-ciation between mutations in a thyroid hormone trans-porter and severe X-linked psychomotor retardation.Lancet 364(9443): 1435–1437

Fujita H (1988) Functional morphology of the thyroid. IntRev Cytol 113: 145–186

Fujita H, Murakami T (1974) Scanning electron microscopyon the distribution of the minute blood vessels in thethyroid gland of the dog, rat, and rhesus monkey. ArchHistol Jap 36: 181–188

Gärtner R (1993) Growth factors of the thyroid. Exp ClinEndocrinol 101: 83–91

Gärtner R, Schopohl D, Schaefer S et al. (1997) Regulationof transforming growth factor �1 messenger ribonucleicacid expression in porcine thyroid follicles in vitro bygrowth factors, iodine, or �-iodolactone. Thyroid 7(4):633–640

Glaser S, Benedetti A, Marucci L et al. (2000) Gastrin inhi-bits cholangiocyte growth in bile duct-ligated rats by in-teraction with cholecystokinin-B/Gastrin receptors via D-myo-inositol 1,4,5-triphosphate-, Ca(2+)-, and protein ki-nase C alpha-dependent mechanisms. Hepatology 32(1):17–25

Guillemin R (2005) Hypothalamic hormones a.k.a. hypotha-lamic releasing factors. J Endocrinol 184(1): 11–28

He W, Miao FJP, Lin DCH et al. (2004) Citric acid cycle in-termediates as ligands for orphan G-protein-coupled re-ceptors. Nature 429(6988): 188–193

Henderson J (2005) Ernest Starling and ‘Hormones’: An his-torical commentary. J Endocrinol 184(1): 5–10

Herkenham M (2005) Folliculo-stellate (FS) cells of the ante-rior pituitary mediate interactions between the endocrineand immune systems. Endocrinology 146(1): 33–34

Heuer H, Maier MK, Iden S et al. (2005) The monocarboxy-late transporter 8 linked to human psychomotor retarda-tion is highly expressed in thyroid hormone sensitiveneuron populations. Endocrinology 146(4): 1701–1706

Hirokawa N, Takemura R (2005) Molecular motors andmechanisms of directional transport in neurons. Nat RevNeurosci 6(3): 201–214

Hofbauer LC, Rafferzeder M, Janssen OE, Gärtner R (1995)Insulin-like growth factor I messenger ribonucleic acidexpression in porcine thyroid follicles is regulated bythyrotropin and iodine. Eur J Endocrinol 132: 605–610

Horvath E, Kovacs K (2002) Folliculo-stellate cells of the hu-man pituitary: a type of adult stem cell? UltrastructPathol 26(4): 219–228

Houben H, Denef C (1990) Regulatory peptides produced inthe anterior pituitary. TEM(November/December): 398–403

Houben H, Denef C (1994) Bioactive peptides in anterior pi-tuitary cells. Peptides 15: 547–582

Imada M, Kurosumi M, Fujita H (1986) Three-dimensionalaspects of blood vessels in thyroids from normal, low io-dine diet-treated, TSH-treated, and PTU-treated rats. CellTissue Res 245(2): 291–296

Inoue K, Matsumoto H, Koyama C, Shibata K, Nakazato Y,Ito A (1992) Establishment of a folliculo-stellate-like cellline from murine thyrotropic pituitary tumor. Endocri-nology 131: 3110–3116

Jankowski V, Tolle M, Vanholder R et al. (2005) Uridine ade-nosine tetraphosphate: A novel endothelium- derived va-soconstrictive factor. Nat Med 11(2): 223–227

Javitt NB (2004) Oxysteroids: A new class of steroids withautocrine and paracrine functions. Trends EndocrinolMetab 15(8): 393–397

Jones PM, Ghatei MA, Wallis SC, Bloom SR (1994) Differen-tial response of neuropeptide Y, substance P and vasoac-tive intestinal polypeptide in the rat anterior pituitarygland to alterations in thyroid hormone status. J Endo-crinol 143: 393–397

Jones TH, Brown BL, Dobson PRM (1990) Paracrine controlof anterior pituitary hormone secretion. J Endocrinol127: 5–13

Kakar SS, Winters SJ, Zacharias W, Miller DM, Flynn S(2003) Identification of distinct gene expression profilesassociated with treatment of LbetaT2 cells with gonado-tropin-releasing hormone agonist using microarray anal-ysis. Gene 308: 67–77

Kezele P, Nilsson E, Skinner MK (2002) Cell-cell interactionsin primordial follicle assembly and development. Fron-tiers Bioscience 7: 1990–1996

Kim SW, Harney JW, Larsen PR (1998) Studies of the hor-monal regulation of type 2 5�-iodothyronine deiodinasemessenger ribonucleic acid in pituitary tumor cells usingsemiquantitative reverse transcription polymerase reac-tion. Endocrinology 139: 4895–4905

Koenig RJ, Watson AY (1984) Enrichment of rat anterior pi-tuitary cell types by metrizamide density gradient centri-fugation. Endocrinology 115: 317–323

Köhrle J (2000 a) Thyroid hormone metabolism and actionin the brain and pituitary. Acta Med Austriaca 27(1): 1–7

Köhrle J (2000 b) Wirkungsmechanismen der Schilddrüsen-hormone. In: Ziegler R, Weinheimer B, Decker G (Hrsg)Schilddrüse 1999. de Gruyter, Berlin, pp 1–25

Köhrle J (2002) Iodothyronine deiodinases. Methods Enzy-mol 347: 125–167

Köhrle J (2003) Fetal thyroid hormone provision: the role ofplacental transport and deiodination of thyroid hor-mones. In: Morreale de Escobar G, De Vijlder JJ, Butz S,Hostalek U (eds) The thyroid and brain. Schattauer,Stuttgart, pp 67–82

Köhrle J, Schmutzler C (2004) Iodstoffwechsel, Schilddrüsen-hormonsynthese und -sekretion. In: Gärtner R (Hrsg)Schilddrüsenerkrankungen: Grundlagen – Diagnostik –Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart,S 16–51

Köhrle J, Schomburg L, Drescher S, Fekete E, Bauer K(1995) Rapid stimulation of type I 5�-deiodinase in ratpituitaries by 3,3�,5-triiodo-L-thyronine. Mol Cell Endo-crinol 108: 17–21

22 J. Köhrle

Page 23: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

Köhrle J, Jakob F, Schmutzler C, Schütze N (1999) Angiogen-esis and Vascular Remodelling in the Human Thyroid.In: Nawroth P, Seibel M, Ziegler R (eds) The vascularsystem in thyroid disease. Berliner Medizinische Verlags-anstalt, pp 29–39

Krantic S, Goddard I, Saveanu A et al. (2004) Novel modal-ities of somatostatin actions. Eur J Endocrinol 151(6):643–655

Labrie F, Luu-The V, Labrie C et al. (2003) Endocrine andintracrine sources of androgens in women: Inhibition ofbreast cancer and other roles of androgens and their pre-cursor dehydroepiandrosterone. Endocr Rev 24(2): 152–182

Larsen PR, Silva JE, Kaplan MM (1981) Relationships be-tween circulating and intracellular thyroid hormones:physiological and clinical implications. Endocr Rev 2:87–102

Lechan RM, Qi Y, Jackson IMD, Mahdavi V (1994) Identifi-cation of thyroid hormone receptor isoforms in thyrotro-pin-releasing hormone neurons of the hypothalamicparaventricular nucleus. Endocrinology 135: 92–100

Lindemann L, Ebeling M, Kratochwil NA, Bunzow JR,Grandy DK, Hoener MC (2005) Trace amine-associatedreceptors form structurally and functionally distinct sub-families of novel G protein-coupled receptors. Genomics

Long L, Rubin R, Baserga R, Brodt P (1995) Loss of the met-astatic phenotype in murine carcinoma cells expressingan antisense RNA to the insulin-like growth factor recep-tor. Cancer Res 55: 1006–1009

Marsh-Armstrong N, Huang H, Remo BF, Liu TT, Brown DD(1999) Asymmetric growth and development of the Xe-nopus laevis retina during metamorphosis is controlledby type III deiodinase. Neuron 24(4): 871–878

Marzioni M, Glaser S, Francis H et al. (2005) Autocrine/paracrine regulation of the growth of the biliary tree bythe neuroendocrine hormone serotonin. Gastroenterology128(1): 121–137

Masamura S, Santner SJ, Heitjan DF, Santen RJ (1995) Estro-gen deprivation causes estradiol hypersensitivity in hu-man breast cancer cells. J Clin Endocrinol Metab 80:2918–2925

Matera L (1996) Endocrine, paracrine and autocrine actionsof prolactin on immune cells. Life Sci 59: 599–614

Mbikay M, Tadros H, Seidah NG, Simpson EM (1995) Link-age mapping of the gene for the LIM-homeoproteinLIM3 (locus Lhx3) to mouse chromosome 2. Mam Gen-ome 6: 818–819

McCullagh DR (1932) Dual endocrine activity of the testes.Science 76: 19–20

McDuffie IA, Akhter N, Childs GV (2004) Regulation of lep-tin mRNA and protein expression in pituitary somato-tropes. J Histochem Cytochem 52(2): 263–273

Mendel CM (1989) The free hormone hypothesis: A physiolo-gically based mathematical model. Endocr Rev 10: 232–274

Millen SK (ed) (1989) On journeys well traveled. In: Ein-stein. Office of Public Affairs, Albert Einstein College ofMedicine, Bronx, NY, pp 3–6

Montero-Pedrazuela A, Bernal J, Guadano-Ferraz A (2003)Divergent expression of type 2 deiodinase and the puta-tive thyroxine-binding protein p29, in rat brain, suggeststhat they are functionally unrelated proteins. Endocrinol-ogy 144(3): 1045–1052

Moore JP Jr, Wilson L, Dalkin AC, Winters SJ (2003) Differ-ential expression of the pituitary gonadotropin subunitgenes during male rat sexual maturation: Reciprocal rela-

tionship between hypothalamic pituitary adenylate cy-clase-activating polypeptide and follicle-stimulating hor-mone beta expression. Biol Reprod 69(1): 234–241

Morand I, Fonlupt P, Guerrier A et al. (1996) Cell-to-cell com-munication in the anterior pituitary: Evidence for gapjunction-mediated exchanges between endocrine cellsand folliculostellate cells. Endocrinology 137: 3356–3367

Muttukrishna S, Tannetta D, Groome N, Sargent I (2004) Ac-tivin and follistatin in female reproduction. Mol Cell En-docrinol 225(1/2): 45–56

Navarro-Tableros V, Sanchez-Soto MC, Garcia S, Hiriart M(2004) Autocrine regulation of single pancreatic beta-cellsurvival. Diabetes 53(8): 2018–2023

Ng L, Goodyear RJ, Woods CA et al. (2004) Hearing lossand retarded cochlear development in mice lacking type2 iodothyronine deiodinase. Proc Natl Acad Sci USA101(10): 3474–3479

Obregon MJ, Roelfsema F, Morreale de Escobar G, Escobardel Rey F, Querido A (1979) Exchange of triiodothyro-nine derived from thyroxine with circulating triiodothy-ronine as studied in the rat. Clin Endocrinol (Oxf) 10:305–315

Obregon MJ, Mallol J, Escobar del Rey F, Morreale de Esco-bar G (1981) Presence of L-thyroxine and 3,5,3�-triiodo-L-thyronine in tissues from thyroidectomized rats. Endo-crinology 109: 908–913

Ortiga Carvalho TM, Curty FH, Pazos Moura CC (1995)Acute effect of thyroxine on pituitary neuromedin B con-tent of hypothyroid rats and its correlation with TSH se-cretion. Braz J Med Biol Res 28: 715–719

Payne AH, Hales DB (2004) Overview of steroidogenic en-zymes in the pathway from cholesterol to active steroidhormones. Endocr Rev 25(6): 947–970

Pazos-Moura CC, Ortiga-Carvalho TM, Gaspar DM (2003)The autocrine/paracrine regulation of thyrotropin secre-tion. Thyroid 13(2): 167–175

Perez FM, Rose JC, Schwartz J (1995) Anterior pituitarycells: Getting to know their neighbors. Mol Cell Endocri-nol 111: C1–C6

Poy MN, Eliasson L, Krutzfeldt J et al. (2004) A pancreaticislet-specific microRNA regulates insulin secretion. Na-ture 432(7014): 226–230

Prummel MF, Brokken LJ, Wiersinga WM (2004) Ultrashort-loop feedback control of thyrotropin secretion.Thyroid 14(10): 825–829

Quignodon L, Legrand C, Allioli N et al. (2004) Thyroidhormone signaling is highly heterogeneous during pre-and postnatal brain development. J Mol Endocrinol33(2): 467–476

Rajewsky K, Gu H, Kuhn R et al. (1996) Conditional genetargeting. J Clin Invest 98(3): 600–603

Revankar CM, Cimino DF, Sklar LA, Arterburn JB, ProssnitzER (2005) A transmembrane intracellular estrogen recep-tor mediates rapid cell signaling. Science 307(5715):1625–1630

Rindi G, Torsello A, Locatelli V, Solcia E (2004) Ghrelin ex-pression and actions: A novel peptide for an old cell typeof the diffuse endocrine system. Experim Biol Med229(10): 1007–1016

Robson H, Siebler T, Shalet SM, Williams GR (2002) Interac-tions between GH, IGF-I, glucocorticoids, and thyroidhormones during skeletal growth. Pediatr Res 52(2): 137–147

Santen RJ, Song RX, Zhang Z et al. (2003) Adaptive hyper-sensitivity to estrogen: Mechanism for superiority of aro-

a 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe 23

Page 24: 1 Prinzipien und Mechanismen der para- und autokrinen ... · Wirkweise Autokrin, parakrin, juxtakrin, selten endokrin Endokrin, über die Blutbahn Substanz-klassen Peptide, Proteine

matase inhibitors over selective estrogen receptor modu-lators for breast cancer treatment and prevention. EndocrRelat Cancer 10(2): 111–130

Schneider MJ, Fiering SN, Pallud SE, Parlow AF, St GermainDL, Galton VA (2001) Targeted disruption of the type 2selenodeiodinase gene (DIO2) results in a phenotype ofpituitary resistance to T4. Mol Endocrinol 15(12): 2137–2148

Schomburg L, Bauer K (1995) Thyroid hormone rapidly andstringently regulate the messenger RNA levels of thethyrotropin-releasing hormone (TRH) receptor and theTRH-degrading ectoenzyme. Endocrinology 136: 3480–3485

Silva JE, Kaplan MM, Cheron RG, Dick TE, Larsen PR(1978) Thyroxine to 3,5,3�-triiodothyronine conversion byrat anterior pituitary and liver. Metabolism 27: 1601–1607

Slominski A, Wortsman J, Kohn L et al. (2002) Expressionof hypothalamic-pituitary-thyroid axis related genes inthe human skin. J Invest Dermatol 119(6): 1449–1455

Soji T, Mabuchi Y, Kurono C, Herbert DC (1997) Folliculo-stellate cells and intercellular communication within therat anterior pituitary gland. Microsc Res Tech 39(2): 138–149

Spinazzi R, Andreis PG, Nussdorfer GG (2005) Neuropep-tide-Y and Y-receptors in the autocrine-paracrine regula-tion of adrenal gland under physiological and pathophys-iological conditions (Review). Int J Mol Med 15(1): 3–13

Starling EH (1905) On the chemical correlation of the func-tions of the body. Lancet 166: 339–341

Stojilkovic SS (2001) A novel view of the function of pitui-tary folliculo-stellate cell network. Trends EndocrinolMetab 12(9): 378–380

Stulnig TM, Waldhausl W (2004) 11beta-Hydroxysteroid de-hydrogenase Type 1 in obesity and Type 2 diabetes. Dia-betologia 47(1): 1–11

Suzuki A, Naruse S, Kitagawa M et al. (2001) 5-Hydroxy-tryptamine strongly inhibits fluid secretion in guinea pigpancreatic duct cells. J Clin Invest 108(5): 749–756

Tannahill LA, Visser TJ, McCabe CJ et al. (2002) Dysregula-tion of iodothyronine deiodinase enzyme expression andfunction in human pituitary tumours. Clin Endocrinol(Oxf) 56(6): 735–743

Tomlinson JW, Stewart PM (2002) The functional conse-quences of 11beta-hydroxysteroid dehydrogenase expres-sion in adipose tissue. Horm Metab Res 34(11/12): 746–751

Tu HM, Kim S-W, Salvatore D et al. (1997) Regional distri-bution of type 2 thyroxine deiodinase messenger ribonu-cleic acid in rat hypothalamus and pituitary and its regu-lation by thyroid hormone. Endocrinology 138: 3359–3368

Uccella S, La Rosa S, Genasetti A, Capella C (2000) Localiza-tion of inhibin/activin subunits in normal pituitary andin pituitary adenomas. Pituitary 3(3): 131–139

Veiga MALC da, Jesus Oliveira K, Curty FH, Moura CCP de(2004) Thyroid hormones modulate the endocrine andautocrine/paracrine actions of leptin on thyrotropin se-cretion. J Endocrinol 183(1): 243–247

Volpato CB, Nunes MT (2001) Functional evidence for thepresence of type ii 5�-deiodinase in somatotropes and itsadaptive role in hypothyroidism. Neuroendocrinology74(4): 220–226

Wasco EC, Martinez E, Grant KS, St Germain EA, St Ger-main DL, Galton VA (2003) Determinants of iodothyro-nine deiodinase activities in rodent uterus. Endocrinol-ogy 144(10): 4253–4261

Waters MJ, Conway-Campbell BL (2004) The oncogenic po-tential of autocrine human growth hormone in breastcancer. Proc Natl Acad Sci USA 101(42): 14992–14993

Winters SJ, Moore JP (2004) Intra-pituitary regulation of go-nadotrophs in male rodents and primates. Reproduction128(1): 13–23

24 J. Köhrle: 1.1 Grundlagen der parakrinen, autokrinen und intrakrinen Regulation endokriner Organe