73
NE W SALES DEPARTURE W HITE PAPER focus

White Paper: focus NEW SALES

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Das White Paper schafft eine Standortbestimmung der wichtigsten aktuellen Rahmenbedingungen und Entwicklungen in den Bereichen Vertrieb, Marketing und Verkauf. Es basiert auf der Untersuchung bestehender Handlungsfelder und der Analyse der Innovationspotenziale in diesem Bereich.

Citation preview

Page 1: White Paper: focus NEW SALES

N e W Sa l eS

D e p a r t u r e W h i t e p a p e r

focus

Page 2: White Paper: focus NEW SALES
Page 3: White Paper: focus NEW SALES
Page 4: White Paper: focus NEW SALES

N e W Sa l eS

D e p a r t u r e W h i t e p a p e r

focus

Page 5: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

4

i n h a lt

   6 New Sales for New Products Vo r W o rt Vo n B e t t i n a l e i D l

   8 So einfach wie ein gutes Geschenk G a s t ko m m e n ta r Vo n C a r l F r e C h

 10 Wo ist mein Kunde? G a s t ko m m e n ta r Vo n D o r i s r ot h au e r

 14 »Der Marketingalltag ist harte Vertriebsarbeit« i n t e rV i e W m i t a l e x a n D e r m ü h r

 16 V e rt r i e B i s t e i n k r e at i V e r G e s ta lt u n G s p r oz e s s

 18 »Marktforschung als Konversation mit dem Publikum« i n t e rV i e W m i t C h r i s to p h h o F i n G e r

20 s t i C h W o rt o n l i n e m a r k e t i n G

22 s t i C h W o rt D e s i G n

24 s t i C h W o rt m o D e

26 s t i C h W o rt m u s i k

28 s t i C h W o rt a n D e r e k r e at i V B r a n C h e n : au D i oV i s i o n , V e r l a G s W e s e n , k u n s t m a r k t , a r C h i t e k t u r

31 D e r B 2 B -V e r k au Fs z y k lu s

32 »Ein Brand ist ein Dialog geworden« i n t e rV i e W m i t B e n k n a p p

36 Lebe dein Label B e s t p r a C t i C e s

38 Online on Main Street B e s t p r a C t i C e s

Page 6: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

5

40 »Le New Black« ist das neue Schwarz der Mode B e s t p r a C t i C e s

42 Zurück zum Ursprung als Innovation B e s t p r a C t i C e s

44 Growth Hackers sind die neuen RenaissancemenschenB e s t p r a C t i C e s

46  Design ist keine Kunst B e s t p r a C t i C e s

48 Self-Marketing und kreative Kooperationen B e s t p r a C t i C e s

50  Der amerikanische Markt: riesig, saturiert, anders G a s t ko m m e n ta r Vo n C h r i s t i a n k e s B e r G

53 lo k a l V e r s u s i n t e r n at i o n a l

54 »Nichts ersetzt die Präsenz vor Ort« i n t e rV i e W m i t B e r n Dt h au p t ko r n

56 »Aufholbedarf bei der Professionalisierung« i n t e rV i e W m i t a n D r e a s W i e s m ü l l e r

58 »Es ging darum, ein eigenes Ökosystem zu bilden« i n t e rV i e W m i t J o h a n n e s k n o l l

60 »Wie man ein Produkt kommuniziert, ist Teil der kreativen Entwicklung des Produktes«

i n t e rV i e W m i t s a l ly B i B a W y

64  Perspektiven

71 Impressum

72  Dank

Page 7: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

6

V o r W o r t V o n B e t t i n a l e i D l

NEW SALES fOR NEw Products Innovative Vertriebsstrategien für kreative Produkte und Dienstleistungen

Fast alle Kreativen stehen vor der gleichen Her-ausforderung: Sie haben eine herausragende Idee, bieten eine innovative Dienstleistung oder sogar schon ein fertiges Produkt – aber was dann?

New Sales meint als Kurzwort für innovative Vertriebsstrategien beides, nämlich den Vertrieb selbst neu zu betrachten und all seine Facetten zugleich von Beginn an gedanklich in den Schaf-fensprozess zu integrieren. focus New Sales lädt Kreative ein, einen neuen Blick auf ihre Arbeit, ihre Produkte oder Dienstleistungen zu werfen, sie aus der Perspektive potenzieller Kunden zu (über)denken und damit auch deren Vertrieb zum Gegenstand ihrer Kreativität zu machen. New Sales impliziert auch, dass kreative Produkte und  Dienstleistungen andere Marketingstrate-gien brau chen als traditionelle Produkte und dass diese Strategien nicht hinter der Qualität, der Kreativität und der Innovation der Produkte oder Dienstleistungen zurückbleiben dürfen.

Selbstverständlich wird die herausragende Qualität bei den Entwürfen und der jeweiligen Umsetzung vorausgesetzt; aber sich nur darauf zu verlassen, genügt heute in kaum einer Bran-che, um potenzielle Kunden auch tatsächlich zu erreichen. Eine wirtschaftlich erfolgreiche krea-tive Leistung ist immer ein Zusammenspiel von hoher Ideen-, Fertigungs- bzw. Dienstleistungs-qualität und gelungener Kommunikation mit dem Kunden. Für Unternehmen der Kreativwirtschaft bedeutet das häufig, dass die Nachfrage nach den speziellen Produkten und Dienstleistungen erst

geweckt werden muss. Zudem ist das Neue so zu kommunizieren, dass – über die reine Funktionali-tät hinaus – die Innovation und das Lebensgefühl vermittelt werden, die mit dem neuen Produkt verbunden sind.

Der „Sinn“ ihrer eigenen Leistungen ist vie-len Kreativen meist so klar, dass sie die Notwen-digkeit der Vermittlung, also der Kommunikation, vielfach unterschätzen. Oft fehlt es an entspre-chendem Knowhow oder an zeitlichen und finan-ziellen Ressourcen oder auch an passenden Netzwerken, um Marketing und Vertrieb mit gleicher Energie und Professionalität zu betrei-ben wie Entwicklung und Produktion. Das gilt in besonderem Maße für EPUs und KMUs, die mit der Gestaltung und der Organisation der Her-stellung ihrer Produkte voll ausgelastet sind und kaum mehr Kapazitäten für erfolgversprechende Marketing- und Vertriebsmaßstrategien haben.

Tatsächlich sind die Kommunikation in ver-schiedenen Netzwerken, die zielgerichtete Erschließung neuer Kundenkreise mit geringen Streuverlusten und das Finden von geeigneten und/oder neuen Distributionskanälen nicht nur mit hohem Arbeitsaufwand verbunden, sondern erfordern oft auch kreative, über die Marketing-standards aus dem Betriebswirtschaftslehrbuch hinausweisende Ideen.

departure möchte mit dem Call New Sales die Wiener Kreativwirtschaft ermutigen, die Verwer-tung ihrer kreativen und innovativen Produkte und Dienstleistungen auf eine nachhaltige Basis

Page 8: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

7

zu stellen, neue Vertriebsstrategien zu erfor-schen, das Experiment zu wagen, sich neuen Kun-densegmenten zu widmen und neue, innovative Partnerschaften einzugehen.

Erfolgreicher Vertrieb, das zeigen die vie-len Beispiele und Analysen in diesem White Paper, ist keine nachrangige Aktivität. Gerade in der  Krea tivwirtschaft sind Vertriebsmaßnahmen dann erfolgreich, wenn die Marketing- und Ver-triebsstrategien schon als Teil der Produkt- und Service-Entwicklung mitgedacht und als eben-bürtige Kreativaufgabe verstanden werden. Der Kunde ist bereits in die Entwicklung eingebunden und kann das Produkt mitgestalten.

Mit dem Call New Sales unterstützt departure in erster Linie Projekte von Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell z. B. in Hinblick auf neue digitale Marketingkonzepte erweitern und ihre lokalen Erfolge und Erfahrungen nutzen, um internationale Märkte zu erschließen. Selten ist das Potenzial eines entwickelten Produkts aus-gereizt. Eine nochmalige intensive Auseinander-setzung kann den Blick auf innovative Strategien öffnen, um zu überprüfen, warum etwas funktio-niert und warum nicht.

Der Call New Sales ist für departure die konsequente Fortsetzung des Calls Kooperation. Auch und gerade beim Vertrieb können Unter-nehmen der Kreativwirtschaft von Kooperationen innerhalb der Kreativwirtschaft ebenso wie von Kooperationen mit Unternehmen der klassischen Wirtschaft profitieren.

Mein erster Dank gilt den Autoren Christian Dögl, Wolfgang Reiter und Robert Temel von der uma Holding GmbH, die mit ihren Texten, ihren Interviews und ihrer Expertise im Bereich Krea-tivwirtschaft einen umfassenden Einblick in das Thema Vertrieb geben.

Für ihren kenntnisreichen Blick auf das Thema New Sales möchte ich mich bei Carl Frech, Christian Kesberg und ganz besonders bei Doris Rothauer bedanken, die auch dieses Jahr wieder als Door Opener zur Verfügung steht.

Schließlich gilt mein Dank dem Grafiker Dieter Auracher, dessen Gestaltung dem Thema New Sales in zeitgemäßem Design gerecht wird.

Im Team von departure möchte ich ganz besonders die Leistung von Anne Zimmermann würdigen, die fachkundig und mit großem Enga-gement das White Paper konzipiert und koordi-niert hat. Dass die Ideen und Ausblicke, die durch neue Vertriebsstrategien entstehen, in der Folge Eingang in konkrete Richtlinien finden, dafür wird Irmgard Habenicht verantwortlich zeichnen.

Für die konstruktive Zusammenarbeit bedan-ken möchte ich mich auch bei den übrigen Mit-arbeitern von departure: Yvonne Bernard, Sonja Huber, Silke Köstenberger, Matthias Kieber, Michaela Reichel, Alexandra Stollreiter und Heinz Wolf.

Page 9: White Paper: focus NEW SALES

8

focus n e W s a l e s

8

G a s t k o m m e n t a r

carl Frech unterrichtet seit

2005 an der Hochschule für

angewandte Wissenschaften

in Würzburg und seit 2011 an

der School of Design Thinking

am Hasso-Plattner-Institut in

Potsdam. Er ist Partner bei

der fuenfwerken Design AG

sowie Gründer und Partner

der Intuity Media Lab GmbH

und der dreizeichen verlag

GbR. Darüber hinaus ist er als

Unternehmensberater tätig.

Ein Zitat des niederländischen Philosophen Baruch de Spinoza (1632–1677) lautet: „Nicht, weil eine Sache gut ist, begehren wir sie. Sondern weil wir sie begehren, erscheint sie uns gut.“ Dar-über lohnt es sich, eine Weile nachzudenken, da im Kern dieses Zitates viel von dem versteckt ist, was in den Jahrhunderten nach Spinozas Tod die zentrale Herausforderung wachsender Produk-tivkräfte, vor allem aber eines immer vernetzter organisierten Handels wurde: „Wie vertreibe ich meine Produkte?“ Wobei das Problem schon im Wort selbst steckt, denn Vertrieb klingt irgendwie nach: „Ich will es los werden“, eben nach vertrei-ben und Platz schaffen. Adam und Eva wurden aus dem Paradies vertrieben, weil die von der Schlange verführte Eva vom Baum der Erkennt-nis gegessen hatte. Danach erkannten sie ihre Nacktheit und damit die Peinlichkeit, die Schuld und damit den Vorwurf, vor allem aber die Last des Lebens und des Todes. Die katholische Kirche, im Prinzip wie alle Kirchen, hat sich daraufhin über die Jahrhunderte ein unschlagbares (Ver-triebs-) Konzept einfallen lassen: Sie hat als Ziel-gruppe die komplette Menschheit identi fiziert. Ihr Marken kern verspricht ein Leben nach dem Tod; und so lange man lebt, bietet sie mit ihrem

so EiNFach wiE EiN gutEs gEschENk

Oder warum die Vertreibung aus dem Paradies vielleicht doch nicht so schlecht war.

V o n C a r l F r e C h

Page 10: White Paper: focus NEW SALES

9

focus n e W s a l e s

9

Markenversprechen die Vergebung der Sünden. Der geniale Trick ist, dass beides nur über Glau-ben funkti oniert. Das machen Unternehmen wie Apple, Nike oder Red Bull heute im Wesentlichen nicht anders. Sie verstehen das Prinzip des Ver-führens bzw. des Entführens. Hat das geklappt, wissen sie ziemlich exakt, wie sie die Verführten innerhalb ihrer Aufmerksamkeit führen müssen. Das Ziel ist es nämlich, sie genau dorthin zu brin-gen, wo die stärkste Dopamin-Ausschüttung im Kopf der Verführten garantiert ist, denn damit wird die Sucht zum Wiederholen wahrscheinlich gemacht.

Betrachten wir das Thema weniger drama-tisch und um eine Nummer kleiner, vor allem aber menschlicher: Wer einer Freundin oder einem Freund ein Geschenk machen will, macht sich darüber vorher so seine Gedanken, was der Per-son gefallen könnte. Wie macht er das? Einfach dadurch, dass er sich den Menschen vorstellt. Er erinnert sich, wie die Person lebt, wie sie wohnt, welche kleinen Gewohnheiten und Vorlieben sie hat. Er macht sich ein möglichst komplettes Bild des Menschen, dem er ein Geschenk machen will. Und wenn er dies mit großem Wissen und – noch wichtiger – großer Empathie für den Beschenk-ten macht, dann wird das Geschenk für die Freun-din oder den Freund zu einer großen Freude, die lange nicht oder auch nie vergessen wird. So ein-fach ist das.

Wenn Unternehmen ihre Produkte und Dienst leistungen stärker aus dieser – zugege-ben recht idealistischen – Perspektive denken, gestalten und entwickeln würden, dann wäre der Vertrieb keine Frage und kein Grund für zum Beispiel schlaflose Nächte, sondern eine Ant-wort auf eine Frage, die man vorher gestellt hat: „Was brauchen, bedürfen, begehren Menschen bzw. welchen Nutzen können wir stiften, welches Bedürfnis befriedigen und welches Begehren wecken?“ Das machen Menschen, die sich inei-nander verlieben, nicht anders, und idealerweise hält das Gefühl ein Leben lang.

Dann löst sich der Begriff Vertrieb vielleicht auch in einer anderen Haltung, einer anderen Einsicht (insight) gegenüber dem Markt und gegenüber jenen auf, die man dort erreichen will:

Menschen. Das Marketing spricht von Zielgruppen, ich spreche lieber von Stilgruppen. Wenn ich jene verstehe – und dies nicht nur durch die Brille öko-skopischer Filter –, für die ich ein Angebot habe, dann wird das Angebot, werden mein Produkt oder meine Dienstleistung von denen, die sich am Ende darüber freuen sollen, geprägt und auf eine Weise mitgestaltet, sodass sie einen großen Nut-zen davon haben. Im besten Fall wird die Freude dann nicht vom Preis getrübt, der dafür zu bezah-len ist, sondern als ein Wert wahrgenommen und empfunden, für den man gerne etwas gegeben hat. Zugegeben, die Dynamik aktueller Märkte und globalisierter Produktivkräfte lässt scheinbar wenig Zeit für derartige Ansätze. Der Druck, auf den Wettbewerb zu reagieren, Trends sofort zu antizipieren und sich im allgemeinen kommuni-kativen Rauschen Gehör zu verschaffen, ist groß. Aber die Liste jener Unternehmen, die ihre Kun-den, egal welchen Alters, als kundige, kompetente und kreative Menschen und nicht nur als Verbrau-cher, als Nutzer oder Beförderungsfälle gesehen haben und so mit ihren Produkten erfolgreicher wurden als andere, ist deutlich länger als jene, die sich erst darüber Gedanken machten, wie sie das Produkt loswerden könnten, als sie es fertig in Händen hielten.

Es geht um eine gesunde Balance zwischen den Fragen: „Was ist gewünscht?“ (humane Fakto-ren), „Was ist möglich?“ (überwiegend technische Faktoren) und „Was ist profitabel?“ (wirtschaftli-che Faktoren). Es geht aber in einer Zeit sich – wenn auch langsam – ändernder Aufmerksamkeit für globale und kausale Auswirkungen von Konsum auf soziale Arbeitssituationen, auf den Umgang mit Ressourcen bzw. die ökologisch negativen Veränderungen, die sich aus unserer Lebensweise ergeben, auch um die Frage: „Was ist verantwort-lich?“ Wenn Produkte und Dienstleistungen eher mit einer Haltung gestaltet und erdacht würden, wie man seinen Freunden ein Geschenk macht, und wenn man sich selbst dann noch als Teil von allem betrachten würde, würden manche Produkte besser werden, wäre vieles einfacher, wären man-che Nächte weniger schlaflos. Und dann war die Vertreibung aus dem langweiligen Paradies viel-leicht gar keine so schlechte Idee.

Page 11: White Paper: focus NEW SALES

10

focus n e W s a l e s

10

G a s t k o m m e n t a r

Doris Rothauer ist seit 1986 als

Kulturmanagerin, Kuratorin und

Beraterin an der Schnittstelle

zwischen Kunst und Ökonomie

sowie im Bereich der Kreativwirt-

schaft tätig; bisherige Stationen

waren u. a. mumok, Wiener

festwochen, Wiener Secession

und steirischer herbst. Von 1997

bis 2002 war sie Direktorin des

Künstlerhauses Wien. Im Herbst

2006 folgte die Gründung des

Büros für Transfer, das sie seit

2009 als Einzelunternehmerin

führt.

I. Der Weg zum Kunden ist das Ziel

Am Anfang der Wertschöpfungskette steht die Kreation, am Ende der Vertrieb – und dazwischen liegt oftmals ein langer Weg: Nämlich jener, bis ein Produkt bzw. eine Dienstleistung beim Kunden ankommt. Wer für Kreation zuständig ist, denkt nicht immer bis zum Vertrieb, und obwohl das eine das andere bedingt, wird der Vertrieb gerne vernachlässigt. Mag sein, dass dies auch am Image liegt. Es geht nämlich ums Verkaufen, und das ist nicht nur wenig glamourös, sondern fällt den meisten auch besonders schwer. „Vertrieb-ler“ zu sein oder zu werden – das wissen alle, die ein Wirtschaftsstudium belegt haben –, hat etwas Geringschätziges, mit all den vorurteilsbehafte-ten und stereotypen Konnotationen vom „Keiler“ bis zum „Handlungsreisenden“ à la Arthur Miller. Angehende Betriebswirte haben daher den Beruf des Verkäufers erst gar nicht auf ihrer Liste und die begnadeten Unternehmer, die zugleich geniale Verkäufer sind, sind rar. Doch Peter F. Drucker, der McLuhan der Ökonomie, machte es sehr deut-lich: „Es gibt nur eine gültige Definition für ein Unternehmen: einen Kunden zu finden.“

Es gibt nur eine gültige Definition für ein Unternehmen: einen Kunden zu finden.

Peter F. Drucker

WO IST MEIN KUNDE?

Eine kleine Einführung in die Vertriebswirtschaftslehre

V o n D o r i s r o t h a u e r

Page 12: White Paper: focus NEW SALES

11

focus n e W s a l e s

11

Damit ist klar: Der Weg zum Kunden ist das Ziel. Und diesen Weg zu gestalten, ist eine unterneh-mensstrategische Aufgabe, der sich auch die Kre-ation nicht verweigern darf. Denn die Zeiten, in denen sich Produkte allein durch ihre Präsenz verkauften, sind auch für die meisten Kreativ-unternehmen vorbei. Das kann auch das beste Marketing nicht ändern. Es reicht nicht aus, krea-tive Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und auf dem Markt zu platzieren; um Umsätze zu generieren, müssen sie verkauft werden.

II. Vertrieb braucht eine ganzheitliche

Unternehmensstrategie

Stellt sich die Frage, was Vertrieb von Marke-ting unterscheidet. Hierzu kann ein Blick in die betriebswirtschaftliche Lehre nützlich sein:

Marketing meint ganz generell eine marktori-entierte Unternehmensführung. Im sogenannten Marketingmix kommen nach Philip Kotler, dem Begründer der modernen Marketinglehre, Pro-dukt-, Preis-, Kommunikations- und Vertriebs-politik zusammen. Der Vertrieb korrespondiert also strategisch mit den benachbarten Bereichen innerhalb des Marketings und ist für die direkte oder indirekte Ansprache des Kunden – und damit für die Wahl der Kanäle, Formate und Konditio-nen – verantwortlich. Von einer Vertriebsstrategie spricht man, wenn diese Aktivitäten und Entschei-dungen langfristig und im Rahmen der generellen Unternehmensstrategie sowie der Positionierung des Unternehmens geplant werden.

So weit, so klar. Es lassen sich noch die Mög-lichkeiten zur Frage näher beschreiben: Wer spricht den Kunden wie an?“ Beim direkten Ver-trieb – B2C oder Business to Consumer – verkauft das Unternehmen direkt, also ohne den Einsatz

Pop-up Store „Ordinary House“

Fo

to: ©

bra

nd

un

it, a

lexa

nd

er

Nu

ßb

au

me

r

Page 13: White Paper: focus NEW SALES

12

focus n e W s a l e s

12

externer Absatzmittler, im persönlichen Kontakt oder über digitale Medien, im realen Raum oder online, bei Wettbewerben, Präsentationen, Ver-anstaltungen oder im eigenen Store. Die Tupper-ware Partys von gestern sind die Pop-up Stores von heute. Die Bedeutung des Direktvertriebs nimmt gerade in Nischen- und Qualitätsmärk-ten mit hoher Individualisierung immer mehr zu, unterstützt durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien.

Weniger innovativ und oftmals ohne persön-liche Einflussnahme, dafür aber mit der Aussicht auf breitere Streuung, ist der Vertrieb über den Handel oder andere externe Absatzmittler (B2B oder Business to Business). Darunter fallen etwa auch Vertreter, Agenturen, Galeristen, Kuratoren und andere vermittelnde Experten sowie Produ-zenten – vom Möbelhersteller bis zum Musikla-bel. Hier stellt sich die Frage nach dem richtigen Vertriebspartner sowie der optimalen Ausgestal-tung der Geschäftsbeziehung, was die Kenntnis der handels- und branchenüblichen Konditionen voraussetzt.

III. Sechs Hypothesen zum focus

call „New sales“

Von der Lehre zurück in die Praxis. In einer Öko-nomie wie sie die Kreativwirtschaft repräsen-tiert, also in der Kreativität und Innovationskraft, Gestaltungswillen und Exzellenz, Sinnhaftigkeit und Bedeutung die treibenden Kräfte sind, bedarf es einer differenzierten Herangehensweise. Die folgenden Hypothesen könnten dabei im Rahmen des Focus Calls behilflich sein:

1. In der Kreativwirtschaft gestalten sich vertriebspolitische fragen branchenspezi-fisch sehr unterschiedlichDort, wo es um Dienstleistungen geht, ist zumeist der direkte Vertrieb in Form von Auftragsakquisition relevant. Branchen, die Dienstleistungen und Produkte anbieten bzw. neben Auftragsarbeiten auch Eigenprodukte entwickeln und auf den Markt bringen wollen,

wie etwa im Produkt- und Industriedesign, aber auch in der Musik, zielen auf einen Mix an Akquisitions- und Vertriebsmöglichkeiten ab. Zudem sind nicht nur die Vertriebsmög-lichkeiten, sondern auch die Konditionen (Pau-schalabgeltungen, Honorierung nach Phasen, Provisionen, Lizenzverträge etc.) branchen- und spartenspezifisch sehr unterschiedlich. Allein im Design wird zwischen Mode-, Grafik-, Produkt- und Industriedesign unterschieden. Meint der Begriff Akquisition in der Architektur oder im Design die Gewinnung eines Auftrags, kann Akquisition in der Multimedia-Branche auf den Verkauf des gesamten Unternehmens abzielen. Die Musikbranche wiederum steht vor der Situation, dass bisherige Vertriebs-wege und -konzepte für viele Sparten gar nicht mehr funktionieren und hier ganz neue Wege gegangen werden müssen.

2. Die wirtschaftliche Entwicklung macht einen Mix aus verschiedenen Vertriebs-maßnahmen immer notwendigerEs genügt für ein Unternehmen nicht mehr, einen Weg zu gehen, einen Kanal zu bedie-nen. Das gilt in besonderem Maße auch für die Kreativwirtschaft, wo einerseits der Mix an Dienstleistung und Produkt, an Auftragsarbeit und Eigenentwicklung üblich ist, andererseits der digitale Vertrieb ganze Branchen mas-siv verändert hat (Beispiel Musik) und neue Vertriebsmodelle erfordert. Oft liegt aber die Innovation nicht in der Erfindung von etwas Neuem, sondern im experimentellen Mix vor-handener Möglichkeiten.

3. Der gemeinsame Nenner aller Vertriebs-entscheidungen ist die Notwendigkeit, das Thema strategisch anzugehenStrategisches unternehmerisches Handeln bedeutet, Erfolgspotenziale gezielt und lang-fristig aufzubauen und zu sichern. Strategi-sches Handeln setzt entsprechendes Denken voraus, das heißt die Fähigkeit, realistische Visionen zu entwickeln und durch Intuition, Erfahrung und Kreativität ein zusammen-hängendes perspektivisches Bild der eigenen

Page 14: White Paper: focus NEW SALES

13

focus n e W s a l e s

13

Tätigkeit, des eigenen Unternehmens zu erar-beiten. Strategisches Denken und Handeln ist in Bezug auf die eigenen Kernkompetenzen prozess-, zukunfts-, markt- und potenzialorien-tiert. Die Basis dafür ist eine klare Identität und Positionierung.

4. Vertrieb ist ein KooperationsthemaKreativwirtschaft und „klassische“ Wirtschaft haben im Vertrieb ein gemeinsames Koopera-tionsinteresse: Der Vertrieb kreativer Dienst-leistungen und Produkte ermöglicht beiden neue Marktchancen und -eintritte und stei-gert die Innovationskraft und damit die Wett-bewerbsfähigkeit. Wenn beide Partner ihre Kernkompetenzen und ihr Wissen zusammen-legen, kann das im besten Falle zu neuen Geschäfts- und Vertriebsmodellen führen. Aber auch horizontale Kooperationen innerhalb der Kreativ wirtschaft sind sinnvoll, um etwa feh-lende Vertriebsplattformen aufzubauen.

5. Die Notwendigkeit neuer Vertriebsmodelle kann bzw. muss mitunter auch zu völlig neuen Geschäftsmodellen führenEin neues Geschäftsmodell entsteht, wenn man an den drei Grundsäulen eines Unterneh-mens, dem WAS, WIE und FÜR WEN, dreht, sie neu definiert oder auch „nur“ neu kombiniert. Apple führt uns das beispielhaft immer wieder vor. An der Inflexibilität bei Geschäfts modellen können auch etablierte Unternehmen schei-tern. Das experimentelle Spiel mit den drei Grundsäulen kann durchaus kreativ sein, ja könnte sogar die Kreativwirtschaft grundsätz-lich auszeichnen, weil ja Kreativität (auch) darin besteht, abseits vorgegebener oder erprobter Pfade zu denken – was zur letzten Hypothese führt:

6. Vertrieb ist ein KreativthemaIm Trendbegriff „Sales Design“ klingt es schon an: Verkaufen wird immer mehr zum kreati-ven Gestaltungsprozess, an den die gleichen Maßstäbe angelegt werden können wie beim Entwurf eines hochwertigen Möbelstücks oder bei der Komposition eines Musikstücks. Sich

für ein kreatives Produkt einen kreativen Ver-triebsweg auszudenken und zu gestalten, kann ebenso lustvoll sein wie der Prozess der Pro-duktentwicklung. Wer als Kreativer am Anfang der Wertschöpfungskette steht, sollte beson-deres Interesse daran haben, dass das Ende dem kreativen Anspruch und seiner Zielgruppe gerecht wird. Auch das wachsende Design-bewusstsein der Konsumenten muss dafür genutzt werden, Marketing, Kommunikation und Vertrieb noch besser zusammenzuführen und dabei die kreativen Potenziale stärker zu nutzen.

Page 15: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

14

I n t e r v I e W m I t A l e x A n d e r m ü h r

Herr Mühr, ob Sie Kreativunternehmer als Partner beim Pitchen oder als Kunden haben, in beiden Fällen geht es um Vertriebstätigkei-ten. Sehen Sie in diesem Bereich eine gute Affiniti zum VerkzuVin?— Es gibt natürlich Leute, die beides können. Einige kreative gute Ideen scheitern aber am Ver-triebsthema: Die Gründer haben gute Ideen, zim-mern ein gutes Produkt und bringen das auf die Welt – aber dann kümmern sie sich nicht genug um den Vertrieb. Es werden immer wieder die Beispiele beschrieben, wie ein gutes Produkt sich letztlich ganz von selbst viral verbreitet; aber das sind ganz wenige Erfolgsstorys, bei denen das möglich war. Der Alltag ist harte Vertriebsarbeit. Es stellt sich aber auch grundsätzlich die Frage, wo man die Grenze zwischen Kreativwirtschaft und anderen Bereichen zieht: Wir hatten vor eini-ger Zeit mit einem Startup eines IT-Menschen zu tun, der ein Vertriebsmodell für die Idee entwi-ckeln wollte, soziale Anerkennung zu handeln; das ist nicht ursprünglich Creative Industries, aber es hat viel damit zu tun.

Welche innovativen Modelle würden Sie emp-uVhlVi, zum sVhe pVesoiVi ViienVeiVi Bekids z hVluVi, wnV snV bVnspnVlswVnsV ni dVe ModV zid num DVsngi jk htzfig snidn?— Ich habe mit solchen Zugängen in meiner Lehrtätigkeit viel zu tun. Dabei geht es um einen professionellen Auftritt, um CI und CD, um ein konsistentes Erscheinungsbild, vor allem um viel persönliches Engagement. Ich hatte die Hutmanu-faktur Mühlbauer als Kunden für die Website und den Webshop. Die haben gesagt, ihr Kern-

»DER MARKETING-ALLTAG IST HARTE VERTRIEBSARBEIT«

ALExANDER MüHR üBER STARTUPS UND KREATIVE, HüTE UND AUTOS, suchmaschiNEN uNd tV-sPots.

Alexander Mühr ist Geschäfts-

führer der Integra Perfor-

mance digital consulting,

einer Beratungsagentur, die

sich auf Onlinemarketing

spezialisiert hat. In diesem

Bereich ist er seit 13 Jahren

tätig. Weiters unterrich-

tet er unter anderem beim

Weiterbildungsinstitut der

Wirtschaftskammer (WIfI)

und an der fachhochschule

Technikum Wien.

Page 16: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

15

markt Österreich sei erschöpft, dafür würde man E-Commerce nicht brauchen; aber Hüte sind ein Produkt, das perfekt im Web zu vertreiben ist. Da braucht es nur den richtigen Marketingmix. Es hat beispielsweise keinen Sinn für ein Unterneh-men wie Mühlbauer, wenn es Banner Ads schaltet, denn da stehen Kosten und Streuverluste in kei-nem brauchbaren Verhältnis. In diesem Fall war Content Marketing der richtige Weg, d.h. sich mit Bloggern zusammentun, diese mit Content und Produkten versorgen und so wachsen und in Regionen bekannt werden, in denen Mühlbauer bisher keine Marke war. Generell gibt es bei per-sonenzentrierten Unternehmen das Problem, dass man sie zwar als Marke aufbauen kann, aber sol-che Modelle skalieren dann schlecht. Da wäre zu schnelles Wachstum sogar ein Problem!

Snid kzs IheVe Snchi ni dVe KeVkinvwneischkui andere Vertriebsmodelle nötig als in anderen BekichVin?— Das hängt im Wesentlichen vom Produkt ab: Ist es physisch, eine Dienstleistung oder digital? Es gibt viele spannende Modelle. Man muss sich umsehen und sich fragen: Welches Modell passt für mich? Das ist die Kernfrage. Ich finde etwa das Modell Freemium nach wie vor sehr inter-essant. Es gibt beispielsweise einen Dienst bzw. ein Service, ein Basisprodukt eben, das in seinen Funktionen zwar sehr eingeschränkt, aber dafür gratis ist; und rundherum gibt es eine Vielfalt an Modulen, die ich kaufen kann, um das Produkt hochwertiger oder leistungsfähiger zu machen. Die kosten dann extra, ähnlich wie die zusätzli-chen Features beim Auto. Man kann als Kunde schnell einsteigen und dann als Anbieter intel-ligentes Cross- und Up-Selling offerieren, vom Abo bis zum Mieten von Gegenständen, die man nicht immer braucht. Interessant ist auch Media for Revenue/Equity, wie das ProSieben und Sat.1 aktuell in großem Stil machen: Da bekommt ein Startup Medienzeit nicht zum Fixpreis zur Ver-fügung gestellt, sondern gegen Umsatz- oder Unternehmensbeteiligungen – KochAbo ist ein Unternehmen, das in Österreich als eines der ers-ten so etwas gemacht hat.

Wie sollte Ihrer Meinung nach die Kooperation wnschVi KeVkinvziiVeiVhumVi zid VeienVbs-spV nklnsiVi kigVlVgi sVnin?— Das hängt vom Stadium ab, in dem sich ein Unter nehmen befindet. Auf lange Sicht ist es un-umgänglich, das Thema Vertrieb im Unternehmen zu verankern und nicht nur von außen zu bedie-nen. Aber es ist am Anfang natürlich oft nötig, das mit externen Dienstleistern abzudecken. Ein Bei-spiel aus meiner Tätigkeit ist das Unternehmen Autogott.at, eine Vergleichsplattform für Neuwa-gen, auf der man Autos direkt zum Bestpreis kau-fen kann. Da ist es mit der technischen Plattform allein nicht getan. Man braucht einerseits eine Vertriebsstruktur für die Partner, die Autohänd-ler, das heißt, man muss jemanden mit Partner-verträgen herumschicken; und man braucht ande-rerseits den Vertrieb in Richtung Konsument, um die Plattform bekannt zu machen – da muss man ausloten, über welche Kanäle das möglich ist. Es gab viele Selbstversuche des Gründers, beispiels-weise Verteilaktionen auf der Straße. Das war vom Prinzip her eine gute Idee, weil die Zielgruppe Autofahrer gut erwischt wurde, aber Reichweite und Kosten, also Ef fizienz, stehen in keiner guten Relation; besser ist da Suchmaschinen-Marketing.

Braucht man als Kreativer Online-Experten uües VngViV MkerVinign?— Viele Gründer, auch in der Kreativwirtschaft, sind noch stark der klassischen Medienlandschaft verhaftet. Die denken daran, eine Anzeige zu schalten oder einen Radiospot zu machen. Denen muss man klarmachen, wie stark sich die Medien-landschaft gewandelt hat. Für uns ist da sehr viel zu tun, weil sich dieser Bereich dauernd ändert. Das nötige Knowhow muss täglich erneuert und ergänzt werden. Suchmaschinen-Marketing ist heute anders als vor einem Jahr, weil sich laufend die Algorithmen ändern. Facebook, eine wichtige Plattform für unsere Kunden, verändert perma-nent sein Layout und seine Funktionalitäten. Da braucht man einen Profi, der sich tagtäglich mit diesen Plattformen beschäftigt. Das kann man nicht nebenbei machen.

Page 17: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

16

Wenn Design ein Gestaltungsprozess ist, dann muss es sich auch auf den Verkauf anwenden lassen. Darauf zielt der Begriff Sales Design ab. Damit ist gemeint, dass Design nicht nur eine Applikation, also eine formgebende Zusatzleis-tung für Dinge ist, sondern auch die „Gestaltung“ von Prozessen umfasst, zum Beispiel den Verkauf eines Möbel-, Kleidungs- oder Musikstücks. Diese „Gestaltung“ erfordert nicht weniger Kreativität als die eigentliche Gestaltung der Stücke. Vielen Kreativen aber erscheint die Fokussierung auf die eigene Marktpositionierung und auf Vertrieb immer noch als Zeitverschwendung. Sie finden, dass das Marketing im Vergleich zu Design und Produkt dabei zu sehr in den Vordergrund rückt. Dabei ist die größte Geringschätzung, die Krea-tive ihren Produkten und damit sich selbst antun können, die, sie nicht genauso emphatisch zu ver-markten, wie sie sie entwickeln. Ein innovatives Produkt, das den Konsumenten nicht erreicht, hilft weder dem Erzeuger noch dem Kunden. Darüber kann man klagen oder handeln, näm-lich indem man auch Vertrieb als kreative Arbeit begreift und sich an dessen Gestaltung macht.

Giuliano Favini, Gründer von Logotel, Dienst-leister für kommunikative Prozesse und Metho-denexperte für produktive Zusammenarbeit, macht junge Designer immer wieder darauf auf-merksam, dass es ihm beim italienischen Wort „innovazione“ vor allem auf den etymologisch zwar irrelevanten, aber interpretatorisch wich-tigen Wortbestandteil „azione“ ankommt, denn Innovation braucht Aktion. Innovativ ist für ihn erst dann etwas, wenn es in Handlung gesetzt

ist und wenn die Handlung Wirkung zeigt. Oder kurz: Ein innovatives Produkt – ob ein Möbel-stück, ein Kleid, ein Song oder eine App – ist erst dann innovativ, wenn es den Nutzer erreicht und dieser es tatsächlich anwendet.

Die optimale Gestaltung des Vertriebs darf in gesättigten Märkten aber keine nachrangige Zusatzleistung sein. Bei seinen Seminaren und Workshops geht es Favini daher nicht in erster Linie um das Wie des Verkaufens, sondern um das Warum. Erfolgreiche Kreative haben das Warum – intuitiv oder kalkuliert – für ihre Produkte fast immer beantwortet und es potenziellen Kunden auch passend, also verständlich und/oder emotio-nal, kommuniziert; oft, schon ehe sie sich auch Gedanken über das Wie gemacht haben. Häufig neigen Kreative aber dazu, für den Kunden zu entscheiden, ohne ihn zu fragen bzw. ohne ihm sinnfällig die jeweilige Anwendung zu erklären.

Dabei sollte der Konsument schon von Anfang an Teil des Ganzen sein. Wenn er im Zuge eines integrierten Gestaltungsprozesses, der den Ver-trieb mit einschließt, selbst zum Teil der Kommu-nikation wird, dann ist er nicht nur Markenfan, sondern auch Markenakteur. Lomography hat das perfekt vorgemacht. Left Boy tut das auch, wenn er seine Fans dazu animiert, seine Songs zu remi-xen und ins Netz zu stellen.

Die Inszenierung von Begegnungen zählt zu den kreativen Schlüsselstrategien am Point of Sale, und Clemens en August machen den Kon-takt zwischen ihrer Marke und den Kunden zu einer persönlichen Erfahrung. Diese bleibt nicht nur lange in Erinnerung, sondern macht die

V e rt r i e B i s t e i n k r e at i V e r G e s ta lt u n G s p r oz e s s

Page 18: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

17

Kunden selbst zu Ko-Vertreibern. Früher hieß das Mundpropaganda, heute heißt es Empfeh-lungs- oder C2C-Marketing. Dieses Kunden zu Kunden- Marketing funktioniert nicht nur auf Produkttest- und Handelsplattformen wie eBay. Vor allem für Kreativprodukte lassen sich loyale Kundenbeziehungen oft am besten über lokale Communitys aufbauen. Lena Hoschek hat es mit ihrem Grazer Store vorgemacht. Zunächst hat sie sich einen auch untereinander interagieren-den Kundenstamm vor Ort aufgebaut und diesen dann Schritt für Schritt erweitert – nach Wien und Berlin und dann virtuell über den erst später gelaunchten Onlineshop und eine gut betreute Facebook Seite in die ganze Welt.

Ein Aspekt der Begegnungsinszenierung kann auch der sogenannte „produktionsgetrie-bene Handel“ sein: Hoscheks Grazer Store war zugleich Schneiderei und Verkaufslokal. Auch zahlreiche andere Ateliers, Galerieshops und inszenierte Produktionsstätten wie die Schokola-denmanufaktur Zotter zeigen, dass Verkauf und Produktion an einem Ort eine unwiderstehliche Anziehungskraft erzeugen. Kunden schätzen die Transparenz des Herstellungsprozesses, Handge-machtes und Unikate, kurz: Sie suchen nach der Produkt-Aura im Zeitalter des Massenkonsums.

Web 2.0 Tools, Apps, Google & Co. unterstüt-zen diese Entwicklung sogar und helfen dabei, die Kunden wieder an den Verkaufsort zurück-zuholen. Lokale Shops profitieren von den neuen Medien, weil der analoge Point of Sale durch die mobile Nutzung über GPS-fähige Smart phones und Tablets aufgewertet, also zum Point of Inte-

rest wird. Die steigende Nutzung von lokalen Suchmaschinen und regionalen Bewertungsplatt-formen belegt diesen Trend. Auch Suchanfragen auf Google sind bereits zu einem Viertel lokal orientiert.

Dass man als Einzelunternehmer bei den unzähligen Vertriebskanälen leicht den Überblick verlieren kann, ist evident. Auch der Einwand, dass nicht jeder kreative Modedesigner, nicht jede geniale Architektin, nicht jeder Musiker auch inno-vativer Sales Designer sein könne, ist berechtigt. In solchen Fällen lohnen sich vielleicht gezielte Kooperationen innerhalb der Krea tivwirtschaft, gemeinsame Startup- Projekte von Mode- und Werbedesignern, IT- Pionieren und Musikern, die das Gemeinsame nicht pri mär in gleichen Firmen-anteilen sehen, sondern in der geteilten Idee und im kooperativen Innovationsgeist. Einer erfolg-reichen Praxis im Vertriebs design liegt vielfältiges Wissen unterschiedlichster Herkunft zugrunde. Branchenübergreifendes und interdisziplinäres Denken zeichnet auch den Sales Designer aus. Ferdinand Sarnitz’ Creative Factory in New York kann dafür ebenso als Vorbild gelten wie die Gründergruppe der Lomographic Society, die von ihrer Ausbildung und Persönlichkeit her unter-schiedliches Knowhow eingebracht hat und noch heute Entwicklung, Kommunikation und Vertrieb in Eigenregie erledigt.

Page 19: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

18

I n t e r v I e W m I t C h r I s t o p h h o f I n g e r

Wks snid IheV dneVriVi EeukhezigVi umni KeVk­invwneischkuis­UiiVeiVhumVin?— Mir scheint, da fließen zwar fast immer viel Herzblut und Leidenschaft ein, aber manchmal fehlt es am Reality Check – es gibt wenige, die von Beginn an einen geradlinigen Pfad gehen. Dieser ist meist inhalts- und seltener wirklich markt-getrieben, das heißt, dass jemand überlegt, was braucht der Markt und was gibt meine Kreativi-tät dafür her. Ich habe ja zwei Kreativwirtschafts-Gründungen mitgemacht, die Lomographen und 3united. Ich sehe das als Teil meiner Biografie und als große persönliche Bereicherung; und es ist auch für die urbane Ökonomie eine wichtige Bereicherung.

Ist es Ihrer Ansicht nach sinnvoll, dass ide-engetriebene Kreativunternehmen mit Markt-uoeschzig kebVniVin?— Ich denke ja, aber viele davon werden in der Frühphase budgetär schnell an ihre Grenzen sto-ßen. Wenn jemand das Selbstverständnis hat, ein Kreativer zu sein, innovativ sein und etwas Neues machen will, braucht es letztendlich immer ein Publikum, das das annimmt; und unsere Branche sagt dazu, dass die Chancen steigen, wenn man in eine Konversation mit dem Publikum eintritt. Vielleicht könnten Kreativunternehmen auch eine Art Einkaufsgemeinschaft für Marktforschung bilden: Wir tun uns zusammen, um den Markt besser zu verstehen. Es gibt nicht nur die ganz teuren Verfahren, sondern mit einer gewissen Offenheit kann man Kundenkontakte, die man vielleicht elektronisch von selbst erzielt, für Feed-back nützen. Dann muss ich vielleicht nur mal

»marktForschuNg ALS KONVERSATION MIT DEM PUBLIKUM«

christoPh hoFiNgEr übEr krEatiVE uNd mEiNuNgsForschEr, üBER IDEEN- UND MARKTGETRIE BENE UNTERNEHMEN, üBER METEORO-LOGIE UND WASSERSPORT.

christoph hofinger studierte

Germanistik und Soziologie

und ist seit 1996 als Sozial-

forscher tätig. Er leitet

gemeinsam mit Günther Ogris

das sozialwissenschaftliche

Institut SORA, das Marktfor-

schung und Gesellschaftsfor-

schung betreibt.

Page 20: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

19

zwei Stunden mit der Marktforschung reden und habe etwas Brauchbares, ohne dass ich 20.000 Euro ausgebe. Aber wenn ich Produkte mit weni-gen Transaktionen mit Kunden habe, dann ist es ein zäher Weg zum Geschäftsmodell. Man muss überlegen: „Was brauchen die Leute in ihrem Leben, welche Vorgänge gibt es – vom Parken bis zum Musikhören?“ Und rund um diese Dinge, die sehr viele Menschen täglich tun, kann ich erstens überlegen, was die Zielgruppe braucht, und zwei-tens, wie ich durch geschicktes Feedback mehr über meine Kunden erfahren kann. Da hilft es, wenn dieses „Mindset“ von Beginn an besteht. Um einen betriebswirtschaftlichen Klassiker zu zitieren: Es geht nicht darum, gut zu sein, son-dern great!

Uid glkzbVi SnV, KeVkinvziiVeiVhumVi snid dVe Mkeriuoeschzig gVgViübVe kzu gV­schlossVin?— Nicht alle, würde ich sagen. Bei manchen gibt es eine Neigung zum Solipsismus. Ich habe eine wahnsinnig gute Idee und eine Leidenschaft dafür – das ist zwar gut, aber manchmal führt das zum Blindflug. Es gibt den Irrglauben, dass Markt-forschung die Kreativität beschränken würde. Ich formuliere das so: Die Marktforschung bie-tet die Wetterkarten. Wenn Gegenwind ist, kann man nicht direkt zum Ziel segeln, dann muss man eben kreuzen. Der Meteorologe sagt dem Kapitän nicht, wo er hinsegeln soll, sondern wie er dort hinkommt. Manche Kreativen halten das auch für Machttechniken, so eine Art Big Brother. Es gab ja noch in den 1990er Jahren Parteien, die es für unethisch hielten, den Wählermarkt zu befragen. Schüssel hat gesagt, Umfragen solle man nicht trinken, sondern nur daran riechen. Aber ein biss-chen daran zu riechen schadet jedenfalls nichts.

Gnbi Vs krizVllV TeVids ni dVe Mkeriuoe-schzig, dnV uüe dnV KeVkinvwneischkui bVsoi-dVes niiVeVsskii sVni röiiiVin?— Ja. Es gibt zwar immer noch Dinge, die online nicht funktionieren, aber wenn ich schon online bin, dann kann ich das auch gleich für Marktfor-schung nützen. Das große Thema ist Big Data: Wir sind aktuell bei 400 Millionen Tweets täglich.

Es wird unglaublich viel Freizeit- und Konsumver-halten gratis und im Prinzip maschinenlesbar ins Web gestellt. Als kreatives Startup habe ich da eine gigantische Datenmenge, die man systema-tisch auswerten kann. Es gab schon in der Fern-sehserie Die Fraggles die allwissende Müllhalde als Orakel. Man muss dabei zwar berücksichtigen, dass nicht jeder Misthaufen ein Orakel ist, aber grundsätzlich kann man da einiges herausholen. Ich erwarte in den nächsten zwei Jahrzehnten einen gigantischen Durchbruch. Die Startups von China bis Wladiwostok werden alle künstliche Intelligenz auf riesige Datenmengen ansetzen. Wir arbeiten im Rahmen von Forschungsprojekten an solchen Konzepten mit, die dann in einigen Jah-ren Standard sein werden, insofern fühlen wir uns ein bisschen als Teil der Creative Industries.

Page 21: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

20

Im Folgenden geht es um die Veränderungen, die Internet, Smart-phone und Co. für Marketing mit sich gebracht haben. Das ist zwar für alle Kreativbranchen relevant, aber am ehesten für die Bereiche Multimedia, Software, Spiele und Musik, weil sich deren Produkte ohnehin schon im digitalen Netz „aufhalten“. Früher, d. h. im letzten Jahrtausend, gab es zwei Sorten von Marketing: Above the Line, klassische Werbung in Massenmedien, also in Zei-tungen und Magazinen, im Radio und Fernsehen, auf Plakaten und in Prospekten; und es gab Below the Line, also die unauffällige-ren Kanäle, etwa Direktmarketing, PR, Sponsoring und Product Placement.

Dann kam das Internet mit Web, E-Mail und Suchmaschinen, im nächsten Schritt mit Videokanälen und Social Media (user- generated content) und schließlich, als jüngster großer Schritt, mit dem mobilen Internet, das den Content verortet und vom Schreibtisch befreit. Im Marketing blieb damit kein Stein auf dem anderen, nicht zuletzt wegen des schleichenden Verfalls der Massen medien. Das gilt natürlich besonders für webaf fine Pro-dukte wie Apps, Musik und Videos, bei denen das Marketing den Vertrieb quasi ersetzt. Das gilt aber auch für weniger virtuelle Produkte, deren Marketing mittlerweile zu einem großen Teil online verläuft, auch wenn es zusätzlich noch so etwas wie eine klassische Distribution braucht. Da sich die neuen Marketing-kanäle laufend und rasend schnell verändern, ist es unmöglich, eine Übersicht zu verfassen, die nicht sofort überholt ist. Trotz-dem wird das im Folgenden in aller Kürze versucht.

Ein mittlerweile gut eingespielter Kanal ist Search Engine Optimization (SEO), also Maßnahmen, die die eigenen Web-sites in den Ergebnislisten von Google und Co. nach oben brin-gen. Ebenfalls fast schon klassisch: Pay per Click, also bezahlte Anzeigen etwa in Suchmaschinen, die zum gesuchten Begriff passende Links zeigen, die pro User-Klick bezahlt werden. Dazu zählt Google AdWords. Und, ein Web-Marketingkanal, der noch am ehesten dem altbekannten Zeitungsinserat entspricht: Display Marketing, also das Schalten von Bannern auf Websites mit hoher Besucherfrequenz wie Nachrichtenseiten. Auch nicht mehr ganz neu: E-Mail-Marketing, das heißt die Aussendung von Mails an aktuelle oder zukünftige Kunden, um die Kundenbindung zu stei-gern oder einen Kauf anzuregen.

o n l i n e m a r k e t i n Gs t i c h wo r t

Page 22: White Paper: focus NEW SALES

focus n e W s a l e s

21

Schon etwas spezieller wird es mit Af fi liate und Referral Mar-keting, also mit Lösungen, bei denen ein Partner für eine Provision oder, im zweiten Fall, einfach durch unentgeltliche Empfehlun-gen von zufriedenen Kunden einen Kauf zu erreichen versucht. Bekanntes Beispiel dafür ist Amazon: Viele Websites bieten zum entsprechenden Content, also etwa einer Buchbesprechung, einen Link zu Amazon, wo der besprochene Band gleich gekauft werden kann, und dafür erhalten sie eine Provision.

Damit kommen wir zu Online-PR, die ähnlich wie in real life funktioniert, nämlich indem Inhalte an Journalisten geliefert wer-den, und zwar von der Nachrichten-Website bis zum Blog; oder durch Seeding, also das Platzieren von Beiträgen an digitalen „Orten“, zum Beispiel Blogs, an denen sich die Zielgruppe auf-hält. Webspezifi scher wird es, wenn man nicht den Umweg über andere Content-Anbieter geht, sondern selbst zum Publizisten wird wie im Content Marketing: Durch Informationen und Unter-haltungsangebote in Blogs und Konsorten wird der Bezug zum Produkt mitgeliefert. Das funktioniert beispielsweise gut, wenn es um Software geht. So bietet die Marketing Software-Firma Hub-Spot frei zugängliche Fallbeispiele, Videos, Podcasts, Webinars und E-Books zum Thema Marketing im Web und gewinnt so ganz nebenbei neue Kunden.

Damit sind wir auch schon bei Social Media Marketing, also die Nutzung von Facebook, Twitter und wie sie alle heißen für die Vermarktung. Die nächsten Schritte sind Mobile Marketing, das Smartphones und Tablets als Medium benützt, und schließ-lich Behavioral Targeting, bei dem beispielsweise die besuchten Seiten, die Verweildauer, die Klicks, die Suchen und vieles mehr beim Besuch einer Website oder der Benützung einer Software ausgewertet werden, um spezifi sch passende Werbung oder Pro-dukte anzubieten.

In Zukunft wird das alte Thema Augmented Reality wohl eine neue Renaissance erleben, und die Verbindung aller möglichen Gegenstände des Alltags mit dem Internet wird neue Möglichkei-ten eröff nen. Beides wird heutige Geschäftsmodelle grundlegend verändern.

Page 23: White Paper: focus NEW SALES

focus n e W s a l e s

22

Kleine Länder haben auch kleine Märkte. Das triff t auch auf den Markt zu, in dem sich Industrie- bzw. Produktdesigner bewegen. Aber auch der (Aus-)Weg, sich international zu positionieren, wird immer enger. Weltweit mangelt es nicht an guten Gestal-tern und gerade auf den wichtigen europäischen Markt drängen auch immer mehr internationale Ateliers. Um in dieser Branche Fuß zu fassen, das heißt, genügend Aufträge zu akquirieren und längerfristige Partnerschaften mit großen Möbelmarken, Sanitär-unternehmen, Tableware-Produzenten oder Schmuck- und Acces-soire-Herstellern abzuschließen, ist es wichtig, nicht nur gute Entwürfe zu liefern, sondern Zeit und Energie in Beziehungen und Selbstmarketing zu investieren.

Von großen Labels Aufträge zu bekommen, gelingt dabei in der Regel nur den Designern, die es schaff en, Vertrauen aufzu-bauen. Und das geht vor allem über persönliche Kontakte, zum Beispiel durch Teilnahme an Praktika, Mitarbeit in renommierten Designbüros oder via Referenzen anderer Unternehmen.

Wer schon einmal einen Entwurf für ein etabliertes Label gemacht hat, dem öff nen sich auch die Türen anderer Produzen-ten leichter. Da sich ein Großteil des Designs im industriellen Umfeld bewegt, sind viele etablierte Designer davon überzeugt, dass Vertriebsförderung für Design am besten durch Förderung von Unternehmen zu erreichen ist, also im Bereich (klassischer) Wirtschaftsförderung. Allenfalls sollte das durch Förderungen von Kooperationen zwischen Unternehmen und Designern ergänzt werden, ebenso wie durch Preise und fi nanzielle oder strukturelle Anreize für Betriebe, Aufträge an Kreative zu vergeben.

Abseits des Industriedesigns können junge Designer aber auch den Weg über die Produktion von Kleinserien mit lokalen Herstellern gehen. Tatsächlich gibt es einen unübersehbaren Trend zu handwerklichen Stücken und zu Möbeln an der Schnitt-stelle zwischen Design und Kunst sowie zum Vertrieb von Klein-serien in Eigenregie, über Galerien, kunstnahe Crossover Shops oder Concept Stores. Ein Trend, der einerseits durch ein wach-sendes Interesse am Handwerk und an individuellen Produkten

D e s i G ns t i c h wo r t

Page 24: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

23

getrieben wird, andererseits zu einem gewissen Teil aber auch der Not gehorcht, mit der sich junge Designer angesichts eines „über-füllten“ Marktes konfrontiert sehen.

Ein aktuelles Beispiel für diesen Vertriebsweg ist „Himbeer & Soda“, der eben in Wien eröffnete „Raum für Kunst, Design und Plauderei“ mit Fokus auf Kunst, oder das seit 1998 existierende „Möbel“, eine Kombination aus Café und Shop mit Fokus auf Funktio nalität, das jungen Designern Chancen auf erste Öffent-lichkeit gibt. Mittlerweile bekannte Design-Teams wie LUCY.D oder Polka hatten im Möbel ihre erste Präsentationsplattform gefunden. Auch internationale Ausstellungen und Messen, etwa in Mailand oder Köln, bieten Designern mehr und mehr Möglich-keiten, sich auch mit Prototypen oder Kleinserien zu präsentieren.

Page 25: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

24

Die große Gemeinsamkeit im Verkaufen von Mode, egal ob man im eigenen Laden, in der Virtualität oder per Showroom in Paris verkauft, ist nach wie vor, dass man regelmäßig pro Saison eine neue Kollektion für den Markt zu produzieren hat – abgesehen davon wird das Verkaufen aber immer vielfältiger, nicht zuletzt durch das Web.

Der altbekannte und von den meisten angestrebte Weg geht über die wichtigen Modestädte Paris, Mailand und New York – ob nun im geteilten oder gar eigenen Showroom, durch die Teilnahme an einer Show oder, die Königsdisziplin, mit der eigenen Show. Das ist mit hohen Kosten verbunden, braucht aber vor allem auch Kompetenz: Welche Lage, welcher Zeitpunkt, welche PR-Agentur? So etwas ist für Neulinge kaum zu schaffen. In jedem Fall zahlt es sich als Vorbereitung für einen solchen Schritt aus, erst einmal einfach hinzufahren, zu schauen und zu recherchieren, bevor man es später selbst wagt. Bis sich der Erfolg (oder Nichterfolg) zeigt, dauert es erfahrungsgemäß drei bis fünf Jahre. Deshalb lohnt die Beschäftigung mit anderen Wegen.

Einfacher ist es oft, lokal ein eigenes Geschäft zu eröffnen und erst einmal am eigenen Standort zu verkaufen, bevor man weitere Schritte wagt: weitere Shops in anderen Lagen und Städten oder den Weg in die Internationalität. Das bedeutet auch, dass man viel schneller und direkter Kundenfeedback bekommt und so die Quali tät der eigenen Arbeit steigern kann. Und es gibt den Weg über bestehende Shops oder über „Shop im Shop“-Konzepte.

Und, natürlich, das Web: Es ist zwar vergleichsweise wenig aufwändig und wohl auch preiswert, den eigenen Webshop zu eröffnen. Die zentrale Frage dabei ist aber: Wie bringt man poten-zielle Kunden dorthin? Da kommen sofort Content Marketing und Social Media ins Spiel, mit deren Hilfe Aufmerksamkeit gewon-nen und in Shop-Besuche umgemünzt werden kann. Und natürlich braucht es Abstimmung zwischen dem realen und dem virtuellen Shop und nicht einfach eine Verdopplung im Cyberspace. Abgese-hen davon gibt es mehr oder weniger große, bekannte Web-shops wie Zalando, über die man absetzen kann, bei denen aber

m o D es t i c h wo r t

Page 26: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

25

ebenfalls – und wohl noch schwieriger – erst Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte erzeugt werden muss.

Zu klären ist also: Welche Plattform ist die richtige für mein Unternehmen? Wie komme ich dorthin und wie kann ich die Anfor-derungen, also Produktion und Logistik, erfüllen? Zentral für den Erfolg in der virtuellen Welt wird die Verknüpfung mit der Mate-rialität sein: Was man digital verkauft, muss real produziert wer-den, und die Kapazitäten dafür sind die Voraussetzung für den Erfolg beim physischen Verkaufen ebenso wie online. Weitere interessante Möglichkeiten des digitalen Kanals sind beispiels-weise Online-Tradeshows und digitale Fashion Weeks, doch der Weg dorthin ist nicht einfacher als in der physischen Welt. Direk-ter zugänglich, sinnvoll allerdings nur in Kombination mit guten Konzepten, um Aufmerksamkeit zu generieren, sind die eigene Online-Show, der Weg über themenspezifische Portale wie Etsy oder Crowdfunding-Ansätze wie die Finanzierung der Kollektion über Kickstarter.

Doch ganz egal, welchen Weg man wählt: In jedem Fall ist heute die Nutzung von Social Media für Marketingzwecke notwen-dig – und damit steigen die Chancen für kleine, kreative Unterneh-men, die mit innovativen Marketingideen ihre geringeren Budgets teilweise kompensieren können.

Page 27: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

26

Musik ist der Paradefall für die Krise der traditionellen Vertriebs-wege, die durch Digitalisierung und neue Medien hervorgerufen wurde. Der altbekannte Weg, allein aufgenommene Musik über den physischen Einzelhandel an die Fans zu bekommen, wird wohl kaum mehr funktionieren. Aber es gibt andere Möglichkeiten. Dazu gehört auch der Eigenvertrieb. Natürlich bei Live-Auftritten, denn besser kommt man nicht an seine Kunden heran. Und über die eigene Website, aber das ist schon schwieriger. Hier, ebenso wie bei den digitalen Vertriebsplattformen, ist nicht mehr der physische Vertrieb, sondern das Marketing das zentrale Problem: Wie kann man im gigantischen Kosmos von Millionen verfügbaren Songs Aufmerksamkeit gewinnen? Andererseits, mit dem richti-gen Dreh ist das Web der Ort, an dem genau das zu schaffen ist.

Musik kann natürlich auch über Branchenfremde vertrieben werden, etwa in der Boutique, beim Friseur oder im Buchgeschäft, den sogenannten Non-traditional Outlets. Verkaufen in der Musik bedeutet Dienstleistung vor allem durch professionelle Vertriebe, die Plattformen bestücken, unabhängig davon, ob physisch oder digital: Handelsketten, Einzelhändler, große Onlineplattfor-men wie iTunes, Streaming-Services wie Spotify, die mit einem Subskriptions-Modell arbeiten. Für beide Wege, Download und Streaming, sind unzählige Plattformen online, die vielfach Musik (zumindest anfangs) als Lockmittel zu anderen Produkten (iTunes, Amazon) oder als Mehrwertangebot (Access Provider) nützen – und die deshalb die Preise auch für jene vorgeben, die Musik zum Geldverdienen verkaufen. Ein beträchtlicher Teil der „gestream-ten“ Musik wird über Videoportale wie YouTube konsumiert, nicht über Audioservices.

Neben den professionellen Dienstleistungen für den Vertrieb im engeren Sinne ist jedoch der zweite, ohne Zweifel wichtigere, Teil des Verkaufens die Promotion. Hinzu kommt das richtige Plat-zieren auf diesen Plattformen, durchaus auch in Kooperation mit diesen. Die Hauptarbeit beim Musikverkaufen ist Marketing. Das ultimative Geschäftsmodell für Recorded Music alleine gibt es heute nicht mehr. Worauf es demnach ankommt, ist, den richtigen Mix an Einkommensquellen zusammenzustellen. Dabei werden Musikaufnahmen ein wichtiger Teil sein, aber es wird ebenso um Lizensierung, Synchronisation, Live-Auftritte und Merchandising gehen, weil kaum jemand noch bereit ist, für Recorded Music viel Geld auszugeben. Sehr wohl aber gibt es Leute, die für das mit Musik verbundene Lebensgefühl Geld ausgeben wollen. Ein Bei-spiel dafür: die Kopfhörer „Beats by Dr. Dre“, die 200 Euro kosten.

m u s i ks t i c h wo r t

Page 28: White Paper: focus NEW SALES

focus n e W s a l e s

27

Ein Weg könnte Umwegrentabilität sein, indem Downloads oder Streams mit anderen Produkten oder Dienstleistungen kombi-niert werden. Und: Eine mögliche Zielgruppe sind kommerzielle Nutzer, beispielsweise Geschäfte und Lokale, die Musik spielen und auch gleich verkaufen, oder Firmen, die für die Werbung mit Bands kooperieren. Selektion aus dem gewaltigen Musikuniver-sum ist eine wichtige Chance. Interessant, aber teuer sind Ver-sioning-Konzepte, bei denen ein Spektrum an Medien mit sehr ähnlichen Inhalten angeboten wird, vom Download über DVD bis zur exklusiven Limited Edition. Zum Verkaufen von Aufnahmen kommen Agenturen und Verlage für Auftritte, für die Vermarktung der Werke sowie für die Drittverwertung durch Lizenzen in Frage.

Wichtig ist das Zusammenspiel der Kanäle. Es hat keinen Sinn, einen physischen Vertriebspartner in einem Land zu besitzen, in dem man nicht auch live präsent ist, das heißt, man braucht auch Booking und Promotion. Zentral für alle, die Musik machen, ist heute natürlich der kreative Einsatz von Social Media. Aber das Web bietet zweifellos neue Möglichkeiten, die darüber hinausge-hen: vielleicht Crowdfunding für die nächste Produktion, fi nan-ziert durch vorweggenommenes Fantum? Das geht leichter, wenn man bereits eine eingeschworene Fangemeinde hat, aber Poten-zial für kostengünstige Innovation besteht auch hier. Ein wichtiges Zukunftsfeld ist die Kooperation mit anderen Kreativbereichen: Musik für Games und Multimedia, für Film und Video, für Events und Locations. Die Verknüpfung verschiedener Content-Produktio-nen bietet neue Chancen.

Und schließlich: Die große Bedeutung, die Musik einst für das Lebensgefühl ganzer Generationen besaß – für das eine Zeit lang beispielsweise Band-T-Shirts standen –, ist mit den heutigen Kanä-len des Musikhörens schwieriger zu verbinden; doch genau hier gibt es neue Ansatzpunkte: Die Überlegung, was Fans eigentlich (kaufen) wollen, könnte zu neuen Produkten, einem neuen Pro-duktmix und neuen Verknüpfungen zwischen möglichen Angebo-ten führen.

Zu den meisten der angesprochenen Ansätze muss klar gesagt werden: Mit dem großen Budget und der breiten Fanbase ist es bei jedem Marketingkanal und jeder Produktsparte leichter, erfolg-reich zu sein. Aber: Heute ist noch weniger als in der Vergangen-heit klar, wie man erfolgreich ist. Und genau diese Unsicherheit bei allen, auch den Großen, bietet die Chance für Junge, für Unbe-kannte, für die mit dem kleineren Budget, innovativ zu sein.

Page 29: White Paper: focus NEW SALES

focus n e W s a l e s

28

Der Focus Call „New Sales“ ist grundsätzlich für alle Kreativwirt-schaftssparten off en, die departure auch sonst betreut. Die Berei-che Design, Multimedia, Mode und Musik werden in diesem White Paper genauer dargestellt, weil dort sehr spezifi sche Bedingungen des Vertriebs bestehen und diese teilweise auch gut auf andere Sektoren übertragbar sind. Trotz der sehr besonderen Situation des audiovisuellen Bereiches kann vieles von dem, wie Musik und Multimedia heute als Vertriebsaufgaben funktionieren, auch dort gelten. Das triff t insbesondere deshalb zu, weil der Onlinebereich ergänzend zu den klassischen Kanälen (Kino, DVD, TV) neue Wege direkt zum Endkunden eröff net, ob nun als Video on demand, Electronic Sell-Through oder Web-TV.

Natürlich ist der Verlagsbereich mit seiner Sprachgebunden-heit, der Buchpreisbindung und der Dominanz des physischen Produktes ganz anders als Musik und Multimedia; trotzdem sind Aspekte übertragbar. Das massive Wachstum des Onlinebuch-handels bringt die etablierte, hochwertige Vertriebsstruktur über Buchhandlungen in Bedrängnis. Gleichzeitig wachsen das Hörbuch, vor allem auch zum Downloaden, und das E-Book, das gekauft oder gemietet direkt oder über Zwischenhändler ver-trieben wird. Bücher on demand und E-Books gaben dem Thema Selbstverlag neuen Aufschwung: Viele E-Book Bestseller sind heute selbst verlegt. All diesen Bereichen ist gemeinsam, dass meist Produkte über mehr oder weniger große Zwischenhändler an Endkunden gebracht werden, ob es sich nun um physische oder digitale Waren und Vertriebskanäle handelt.

Dies gilt grundsätzlich auch für den Kunstmarkt, der jedoch wiederum seinen sehr eigenen Bedingungen gehorcht. Die beherr-schenden Vertriebskanäle dort sind Galerien und Messen sowie, in

au D i oV i s i o n , v e r l A g s W e s e n , k u n s t m a r k t, a r C h i t e k t u r

s t i c h wo r t a n d e r e K r e a t i v b r a n c h e n :

Page 30: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

29

geringerem Ausmaß, Auktionen und Onlineplattformen. Die stei-gende Bedeutung des Onlinemarktes führt auch dazu, dass Editio-nen, vervielfältigte und digitale Formate wichtiger werden und dass Konzepte für erschwingliche Kunst und für neue Sammler entstehen.

Eine Überschneidung mit Mode, Design und Architektur gibt es dort, wo Produkte aus diesen Bereichen – Skizzen und Modelle – zu Kunsthandelsobjekten werden. Ganz anders funktioniert Archi-tektur, denn Architekten verkaufen meist keine Produkte oder Dienstleistungen über Zwischenhändler. Es gibt da etwa auch fast keine Patente in diesem Bereich. Architekten vertreiben nicht, sie akquirieren Aufträge und damit Kunden. Das heißt, sie machen das, was bei anderen Kreativunternehmen Key Account Manage-ment ist, und sie nehmen an Wettbewerben und ähnlichen Ver-gabeverfahren teil. Allerdings entstehen mittlerweile auch in der Architektur Konzepte, wie Dienstleistungen formalisiert und somit über neue Wege, ob nun digital oder nicht, vertrieben werden können.

Page 31: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

30

Page 32: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

31

Der Prozess des Verkaufens komplexer Pro-dukte – wie es viele Kreativleistungen auch sind, jedenfalls im B2B-Bereich – wird gewöhnlich als Kreislauf beschrieben. Diesen Zyklus durchläuft man vom Erkennen einer Verkaufschance bis zur Kundenbetreuung nach dem Abschluss. Und es ist insbesondere auch deshalb ein Kreislauf, weil der am besten zu überzeugende Kunde jener ist, dem man schon einmal etwas verkauft hat. Je nach Schritt im Zyklus sind verschiedene Fragen zu klären und Aufgaben zu erledigen. Am Beginn steht die Identifikation einer Chance, eines Lead. Zunächst müssen Informationen darüber gesam-melt werden: Was sind die Ziele des möglichen Kunden? Was ist sein Budget? Wie groß sind meine Chancen, den Auftrag zu gewinnen? Was brauche ich, um ihn zu erfüllen? Welchen Zeitrah-men hat der Kunde?

Es ist sinnlos, einem unmöglich erreichba-ren Projekt hinterherzulaufen – ebenso wie man die Finger von Aufträgen lassen sollte, die nicht rechtzeitig erledigt werden können oder die Kos-ten plus Gewinn nicht abdecken. Wenn die nötigen Informationen für die Grundentscheidungen vor-liegen, ist es Zeit für die Qualifizierung des Lead, in dem der Wissensstand über den Auftraggeber, die dort handelnden Personen, den Auftrag selbst und die damit verbundenen Tätigkeiten, aber auch über die Konkurrenz ausgebaut wird. Das bedeu-tet unter anderem, zu wissen, was die Anforde-rungen sind und was die Umsetzung kosten wird. Nun geht es darum, das Buying Center, also die an der Kaufentscheidung beteiligten Personen, zu kennen. Im Marketing werden dafür mindes-tens fünf Rollen beschrieben, die man identifizie-ren und deren Ziele man erkennen muss und für die man spezifische Nutzensangebote entwickeln

muss: Genehmiger, Entscheider, Bewerter, Benüt-zer und Coach, also jene Person, über die man die dringend nötigen Informationen über Auf-traggeber, Buying Center und Entwicklung des Kaufprozesses erhalten kann. Am schwierigsten zu finden, ist wohl der letzte: Ein Unterstützer, der verlässliche Aussagen liefert, Annahmen überprüft, Zugang ermöglicht, aber nicht unbe-dingt an der Entscheidung beteiligt sein muss. Gerade bei Kreativleistungen sind die Benützer oft nicht selbst beim Kunden vorhanden, sondern sind externe Käufer des Zwischenhändlers. Im nächsten Schritt folgt das Angebot inklusive des Preises, der das Budget des Auftraggebers, die eigenen Kosten sowie den nötigen Gewinn in eine Balance bringen muss. Danach kommt die Phase der Kaufentscheidung des Kunden, die letzte Ver-handlungen mit sich bringt, insbesondere über den Preis. Dies ist auch der Schritt, an dem man Feedback vom Kunden einholen sollte, egal ob er sich für oder gegen einen entschieden hat.

Die im positiven Fall anschließende Umset-zung ist vor allem hinsichtlich der Tatsache, dass es leichter ist, Kunden zu halten als neue zu gewinnen, auch aus Verkaufsperspektive ein wichtiger Abschnitt. Und zuletzt folgt die Kun-denpflege, das heißt das laufende Kontakthalten mit und Informieren von Kunden – bis zum nächs-ten Kauf!

Der B2B-Verkaufszyklus, wie er hier beschrie-ben ist, kommt in dieser Form aus der Software-Entwicklung für Unternehmenskunden. Das Grundprinzip ist allerdings für die meisten For-men des B2B-Verkaufens übertragbar, ob es nun um einen Designauftrag oder einen Plattenver-trag, einen Kollektionseinkauf oder einen Archi-tekturauftrag geht.

D e r B 2 B -V e r k au Fs z y k lu s

Page 33: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

32

I n t e r v I e W m I t B e n K n A p p

HVee Kikpp, gnbi Vs geoßV UiiVeschnVdV wn-schen Vertrieb in den Kreativbranchen und kidVeswon?— Meiner Meinung nach ist der Unterschied zu anderen professionellen Services eher gering, denn das ist auch Dienstleistung; und was wir machen, ist auch Kreativindustrie im weitesten Sinne. Vertrieb ist ein zentrales Thema in der Kreativwirtschaft, auch wenn das Produkt nicht immer so leicht fassbar ist. Das ist ein wesent-licher Bestandteil der Arbeit eines freischaf-fenden Designers, Musikers oder Architekten. Die Schwierigkeit dabei ist, dass jemand, der für Design begabt ist, nicht unbedingt auch ein begabter Verkäufer ist. Aber diese Schwierigkeit gibt es in jeder Branche. Wenn ein begabter Inge-nieur eine Firma gründet und damit erfolgreich ist, hat er, wenn die Firma wächst, irgendwann immer weniger Zeit, das zu tun, wofür er begabt ist, und muss immer mehr managen und verkau-fen. Das geht manchmal gut und manchmal nicht, aber das ist ein allgemeingültiges Thema.

Was würden Sie einem neu gegründeten Krea-invziiVeiVhumVi umnigVbVi wollVin?— Ich würde versuchen, bereits in der Startup-Phase das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es um Verantwortung über die eigene Person hinausgeht. Man wird sich nicht darauf verlas-sen können, dass das eigene Gestaltungstalent reicht, ein Unternehmen zu führen. Es werden auch andere Kompetenzen nötig sein, die man zum Teil selbst hat oder erwerben kann, für die man aber auch andere brauchen wird. Ich war anfangs in Wien allein selbstständig. Da ging es

»EIN BRAND IST EIN DIALOG GEWORDEN«

BEN KNAPP üBER MARKEN, VER TRIEB, diE krEatiVwirtschaFt, iNNoVatioN uNd diE VErbiNduNgEN zwischEN DIESEN fAKTOREN.

Ben Knapp stammt aus Wien,

studierte in Wien und London

Design, Branding und Inno-

vation Studies und arbeitet

seit 2006 für Saffron Brand

consultants, eine globale

Markenstrategie-Agentur

mit Standorten in London,

Madrid, New York, Mumbai,

Wien, Dubai, São Paulo,

Shanghai und Istanbul. Er

baute 2008 den Standort in

Indien auf und betreut seither

den osteuropäischen Markt

bis zur Türkei. Ein aus öster-

reichischer Sicht wichtiges

Projekt war die neue Marken-

strategie für A1.

Page 34: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

33

auch darum, wie ich Freelancer manage und wie ich Kunden betreue. Es ging um viele Kompeten-zen, von denen ich nie gedacht hatte, dass ich sie brauchen würde und für die ich Hilfe benötigte – Gespräche, Literatur, Beratungen. Ich habe mir Wissen angeeignet, aber es geht auch darum, dass es Leute gibt, die dir helfen. Das schafft Raum für die eigene Kreativität.

Was braucht ein Kreativ-Startup, um den eige-iVi Bekid z ViiwncrVlin?— Ich glaube, um dieses Thema wird zu viel Hokuspokus gemacht. Das ist für Startups nicht so schwierig, wie es scheint. Da wird oft baga-tellisiert in der Art: Lass’ ich mir halt ein Logo machen. Das ist es sicher nicht, aber es braucht auch keine wahnsinnigen Kosten. Es geht viel-mehr darum: Was macht das, was ich tue, ein-zigartig? Wenn es da auf den ersten Blick nichts gibt, muss man daran arbeiten, es einzigartiger zu machen. Wenn meine Dienstleistung am loka-len Markt einzigartig ist, wird sich das herum-sprechen. Die Marke ist das Produkt, das braucht nur ein bisschen Marketing. Wenn ich nicht der einzige am Markt bin, muss ich mit Beratern nachdenken: Was macht meine Arbeit und mich speziell? Was kann ich besonders gut? Was kann ich anders? Das verdichte ich zu einer Marken-idee. Diese Markenidee hilft schließlich dabei, bei den verschiedenen Interaktionspunkten mit Kunden, im Web, in Unterlagen und im Auftreten der Person, das Produkt zu „dramatisieren“, wie ich das nenne, es also zum Leben zu erwecken.

Mzss umki dks voi Aiukig ki umnidVirVi odVe pkssnVei dks num Peo Vss ikch zid ikchn?— Als Gründer sollte man sich Gedanken darüber machen, im etablierten Bereich passiert das stän-dig: Wie kann ich besonders sein? Jeder Mensch überlegt sich das, aber keiner sagt Marke dazu. Das ist ein Begriff, den wir aus dem Supermarkt kennen. Die zentrale Frage ist: Wie kann ich bes-ser werden? Wie kann das, was ich mache, toller und interessanter sein? Wie kann ich neue Kunden gewinnen? Das ist Markenarbeit. Die gewinnbrin-gendste Markenarbeit ist die Arbeit am Produkt. Die Marke selbst ergibt sich aus dem Talent und

Fo

to: ©

mo

bilk

om

au

stri

a

Page 35: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

34

dem Schaffensvermögen des Gründers, ob er nun Musiker, Architekt oder Programmierer ist.

Uid IheV AebVni nsi Vs, dks bVwzssi z umkchVin?— Wir machen natürlich auch das Übliche: Logos, Mission, Vision, Marketingkonzept – das ist das erste. Wichtiger ist, dass man sich als Startup dessen bewusst ist, dass sich beim Wach-sen immer mehr Stakeholder einmischen werden. Da muss man beachten, dass sie einem nicht die Verbindung zu dem abkappen, was die ursprüng-liche Motivation für das Unternehmen war. Das muss gar nicht die spezifische Entwurfstätigkeit in einer Branche sein. Es gibt Modeunternehmen, die sich in ein App-Unternehmen verwandeln.

Gibt es aus Branding-Sicht einen wichtigen UiiVeschnVd wnschVi B2B zid B2Cn?— Das ist in beiden Fällen fast genauso wich-tig; auch B2B-Entscheidungsträger sind Men-schen, die emotional mitentscheiden. Wenn sich die harten Fakten zwischen zwei Unternehmen kaum mehr unterscheiden, dann ist die Marke das letzte Unterscheidungsmerkmal. Und nicht zu vergessen ist, dass auch die eigenen Mitarbei-ter, die Investoren, die Verwaltung, Konkurrenz-unternehmen und die verschiedenen Stakeholder wichtige Markenzielgruppen sind.

Was bedeutet das Web und vor allem das umobnlV IiiVeiVi uüe dnV MkerVn?— Ich denke, damit ist endgültig die Zeit vor-bei, in der eine Marke ein dicker Bene Ordner im Regal war. Eine Marke kann jetzt nicht mehr starr und monolithisch sein. Eine Marke ist ein Dialog geworden. Sie muss sehr spezifisch auf Anforderungen und Veränderungen antwor-ten können, die im Minutentakt kommen, nicht im Quartals takt. Man steht im ständigen Aus-tausch mit Stake holdern: „Sagt uns, wie wir uns machen!“ Und darauf muss man schnell und flexibel reagieren.

Braucht es in der Kreativindustrie Innovation num VeienVbn?— Natürlich, absolut. Ich habe mit meiner Frau gerade intensiv darüber diskutiert. Sie ist

Unternehmerin im Kreativbereich – Social Media, Websites, Interface Design – und stellt sich die Frage, ob die direkte Kundenbetreuung vor Ort, d.h., man hetzt von Termin zu Termin, noch sinn-voll ist? Sollte man das nicht besser beispielsweise auf Onlineplattformen verlagern? Man verkauft nicht mehr selbst, sondern beschäftigt sich mit Menschen, die schon das Produkt suchen, das man anbietet. Und da gibt es viel Innovationsbe-darf. Da ist Schumpeters kreativer Wind der Zer-störung unterwegs, weil Google, Facebook und Co. ihren Profit optimieren. Tools, für die man vor fünf Jahren mit Kunden hätte rechnen können, sind heute gratis. Man muss etwas Neues suchen, das man bieten kann.

Wo sVhVi SnV ChkicVi uüe ösiVeeVnchnschV UiiVeiVhumVin?— Ich würde sagen auf zu neuen Ufern. Es ist bequem, in Europa Kreativdienstleistungen zu verkaufen, aber die großen Umsatzsteigerun-gen macht man, wenn man nach China, Indien oder Südostasien fliegt, denn da gibt es einen unglaublichen Bedarf nach nordwesteuropä-ischer Kreativität und Innovationskraft. Die sind hungrig nach europäischer Mode, Musik, Essen, Trinken, Lebensstil, Einrichtung und Architektur. Als europäisches Startup-Unternehmen investiert man sein weniges Geld am besten, wenn man sich dorthin vernetzt und jemanden findet, der das, was man macht, toll findet und bereit ist zu hel-fen, sodass man dort verkaufen kann.

Page 36: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

35

Page 37: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

36

B e s t p r a C t i C e s

LEBE DEIN LABEL

LENa hoschEk, das juNgE östErrEichischE MODELABEL, IST DABEI, AUSGEHEND VON GRAZ DIE WELT ZU EROBERN. MIT MITTLERWEILE VIER EIGENEN SHOPS, EINEM ONLINESTORE UND VER-triEbsPartNErN iN dEutschLaNd, itaLiEN, russ-LaNd uNd dEr schwEiz ErrEicht LENa hoschEk mit ihrEN FoLkLoristisch-gLamourösEN KOLLEK TIONEN EIN IMMER GRÖSSERES PUBLIKUM.

Womanlike in Ethno and Retro – Lena Hoschek (li) und ihre Kollektionen (Tradition/Spring Summer 2013)

Fo

tos:

© l

up

i Sp

um

a F

ine

Ph

oto

gra

ph

y

Page 38: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

37

Lena Hoschek scheint in ihren ersten sieben Jahren alles richtig gemacht zu haben. Ihre Karriere liest sich wie ein Musterbeispiel aus dem Lehrbuch „All about Sales in the Creative Industries“. Sie hat als Mittzwanzigerin vor gemacht, wie man in einem gesättigten, von internationalen Megamarken dominierten Markt als junge Modeschöpferin ein eigenes Label positio-nieren und ein expandierendes Unternehmen aufbauen kann: Design, Strategie, Marketing, Kommunikation und Vertrieb greifen bei ihr wie präzise Zahnräder ineinander. Auf die entscheidenden Fragen für Kreative, die auch wirtschaftlich erfolgreich sein wollen – Was macht das, was ich tue, einzigartig? Wie kann ich diese Einzig artigkeit am besten vermarkten? Wie schaffe ich das ohne großes Startkapital? –, hat sie für sich die richtigen Antworten gefunden.

Es begann 2006 mit der Eröffnung des ersten Shops in Graz, der zugleich Büro und Schneiderwerkstatt ist; also im vertrauten Umfeld des Freundes- und Bekanntenkreises, aus dem sich die erste Kundschaft rekrutierte. Parallel dazu kreierte sie ihre Social Media-Auftritte, die nicht nur fast alle Kanäle beschreiten, sondern privater, authentischer, salopper da her- kommen als vergleichbare Präsenzen. 20.000 Facebook Fans sind auch Beleg dafür, dass ihre Entwürfe den Zeitgeist einer Generation treffen, die mit post feministischer Gelassenheit der Pin-up-Erotik und dem Hüftschwung huldigt.

Mitten im internationalen Cool-Trend setzt Lena Hoschek auf das figur-betonte Frauenideal der 1940er und 1950er Jahre, kokettiert mit dem Dirndl und erobert mit bunten, folkloristischen Mustern, die sie mit punkiger Nonchalance bricht, selbstbewusst eine Nische. Der Mix aus üppiger Weiblichkeit, Fifties-Glamour und österreichischer Dirndl-Kultur ist zu ihrem unverwechselbaren Markenzeichen geworden, das auch international gut ankommt. 2011 reagierte sie darauf mit der Eröffnung eines eigenen Online-shops, um Marketing und Vertrieb auszubauen, ohne in vielen Ländern mit eigenen Shops präsent sein zu müssen.

Mit der klaren Absicht, tragbare Mode zu kreieren, setzt sich die Desig-nerin von der Intellektualität und abstrakten Konzeptualität vieler junger Avantgarde-Designer ab. Und weil sie selbst ausstrahlt, was ihre Mode signalisiert – Humor und selbstbewusste Weiblichkeit –, gelingt es ihr, ihren Fans mit jedem Kleid virtuell auch ein Stück ihres persönlichen Lifestyles mitzuverkaufen: ein Stück ihrer Kreativität und ihres Jetset-Flairs, das sie seit ihrem Durchbruch umgibt. Nur das Dirndl ist mittlerweile nicht mehr Bestandteil ihrer Damenkollektion, sondern wird gesondert unter dem eigenen Label Lena Hoschek Tradition angeboten und promotet, und zwar auf einer eigenen Facebook Seite und beim Münchener Oktoberfest mit einem Pop-up Store am Viktualienmarkt.

Page 39: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

38

B e s t p r a C t i C e s

ONLINE ON MAIN STREET

„Not just a LabEL“ (NjaL) hat sich iNNErhaLb WENIGER JAHRE ZUR füHRENDEN PLATTfORM zur ENtdEckuNg uNd FördEruNg juNgEr DESIGNER IN DER INTERNATIONALEN MODEWELT ENtwickELt. auF stEFaN siEgELs wEbsitE PräsENtiErEN sich auch zahLrEichE juNgE östErrEichischE LabELs.

Bradaric Ohmae (Spring Summer Collection 2012) – eines von zahlreichen österreichischen Labels auf NOT JuST A LABeL

Fo

tos:

© P

ete

r G

arm

usc

h

Sc

ree

nsh

ot:

© N

Jal

Page 40: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

39

Für Vogue Italia ist die Website des Südtirolers Stefan Siegel eine der einflussreichsten Modeseiten im Internet. Sie verzeichnet über 20 Millionen Besucher pro Monat und war schon zwei Jahre nach dem Launch 2008 in den schwarzen Zahlen. Werbe- und Kommissionseinnahmen aus dem Onlineshop sorgen für ausreichende Umsätze, um das Unternehmen weiter auf Expan-sionskurs zu halten. Mittlerweile ist ein Team von Designer Scouts ständig rund um den Erdball unterwegs, besucht Mode- und Design-Hochschulen sowie Fashion Shows und tauscht sich mit Insidern vor Ort aus, um die attraktivsten Newcomer mit an Bord zu holen. So wurden sie bei der Pariser Fashion Week unter anderem auch auf die jungen österreichischen Labels „FEMME MAISON“ und „Bradaric Ohmae“ aufmerksam. Parallel dazu bemühen sie sich, die Partnerschaften mit internationalen Modemagazinen wie Elle und Vogue sowie großen Modeketten wie Mango weiter auszubauen.

Die Gründe des Erfolgs liegen, wie so oft in der Kreativwirtschaft, nicht zuletzt in der Persönlichkeit des Gründers. Stefan Siegel vereint in seiner Biografie zwei Stränge, die verknüpft fast logisch auf die Gründung von NOT JUST A LABEL hinauslaufen: Während seines Studiums der Internationalen Handelswissenschaften in Wien arbeitete er für mehrere lokale Mode marken und Werbeagenturen. Im Anschluss daran schlug er eine Modelkarriere für Labels wie Prada, Gucci und Calvin Klein ein, ehe er in die Finanzwelt eintauchte und für Ernst & Young und Sal. Oppenheim in der Schweiz und für Merrill Lynch in London tätig war, wo er als Berater für internationale Modehäuser arbeitete.

Die Idee zu NJAL entstand aus Gesprächen mit befreundeten Designern, die sich beim Einstieg in die Modebranche schwertaten. Gemeinsam mit seinem Bruder Daniel, einem Open Source-Programmierer, entwickelte Siegel daraufhin die Plattform, die Designern die Möglichkeit bietet, ihre Arbeiten weltweit online zu präsentieren und über Verkäufe im NJAL Online-shop ihren Karriereverlauf eigenständig zu finanzieren. An die 10.000 Mode- und Schmuckdesigner aus über 90 Ländern tummeln sich mittlerweile mit ihren Kollektionen auf Siegels Plattform; allein aus Österreich sind es an die 80 Jungdesigner. Franziska Fürpass (FEMME MAISON) etwa, die seit ihrem ersten Upload auf NJAL von zahlreichen Interessenten, internatio-nalen Stylisten und Shops kontaktiert wird und ihre Kollektion – ehe sie selbst mit ihrer eigenen Website online ging – zunächst auf Siegels Website weltweit präsentieren konnte.

Siegel und sein Team setzen dabei auf ein nachhaltiges Konzept. Die Datenbasis der Plattform wird nicht dafür genutzt, kurzfristige Gewinne zu erzielen, sondern stellt die Bedürfnisse der Designer in den Vordergrund. Das Ziel ist es, Modemacher dabei zu unterstützen, erfolgreich zu sein, sie auch in Vertriebsfragen zu beraten (E-Commerce, Verträge, Preisbildung) und neue Kooperationsformen innerhalb der Design-Community anzuregen, die besseren Zugang zu Produzenten und Synergien beim Vertrieb ermögli-chen. „Denn“, so Siegel, „die Zeiten staatlicher Subventionen und üppiger Sponsorengelder für Talente sind vorbei. Modemacher müssen heute nicht nur ihr kreatives Handwerk erlernen, sondern von Anfang an auch, wie sie das Handwerk zu einem einträglichen Geschäft machen können.“

Page 41: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

40

B e s t p r a C t i C e s

LE NEw bLack ist das NEuE schwarz dEr modEWER MODE VERTREIBEN ODER SEINE KOLLEKTION UNTER DIE LEUTE BRINGEN WILL, MUSS IN EINE MODESTADT, UM DORT EINE SHOW ODER WENIGSTENS EINEN showroom zu machEN. LE NEw bLack biEtEt EiNE NEuE mögLichkEit: DEN WELTWEIT ERSTEN ONLINE SHOWROOM, DIE 24/7 fASHION WEEK.

Sc

ree

nsh

ot:

© L

EN

EW

BL

AC

K S

.A.S

Page 42: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

41

Le New Black entstand 2009 aus einer Tradeshow, die in Paris in real life stattfand. Die Gründer Vidya Narine und Bernard Coulombel beobachteten den Erfolg von Mode-Webportalen von NET-A-PORTER bis Zalando, die sich an Endkunden richten; und sie waren täglich mit dem enormen Aufwand konfrontiert, der sowohl auf Verkäufer- als auch auf Käuferseite existiert, um Mode zu handeln. Innerhalb einer kurzen Saison spielt sich alles in Paris, Mailand, New York und London ab, während ständig neue Standorte von Mode-Events in Brasilien, Russland, Indien und China entstehen.

Die Idee, durch Virtualisierung den Aufwand für alle Beteiligten zu senken, lag nahe. Es handelt sich demnach um eine reine B2B-Plattform, die nur für Brands und Käufer zugänglich ist – und für Journalisten. Die präsen-tierten Brands werden ebenso wie die Käufer ausgewählt, auf Qualität und Internationalität wird höchster Wert gelegt. Internationale Käufer – von Kaufhäusern bis Boutiquen – haben Zugang zum Angebot und können online Aufträge platzieren, und zwar nicht nur während weniger Tage, sondern über die gesamten sechs Monate einer Saison.

Le New Black konnte 2011 mithilfe eines Business Angels 420.000 Euro aufbringen und steht mittlerweile finanziell vollständig auf eigenen Füßen. Das Geschäftsmodell entspricht jenem eines Showrooms in der Realität: Dort mieten Modedesigner und Labels einen Stand für drei oder vier Tage, hier mieten sie einen virtuellen Showroom für ein Jahr. Die Verkäufer zahlen bisher noch keine Gebühr. Das wird sich aber wohl noch ändern, entspre-chend den realen Showrooms.

Auf Le New Black findet man derzeit 123 Brands von Castelbajac bis Tigersushi Furs sowie etwa 1900 Käufer. Davon sind etwas mehr als die Hälfte in Europa, ein Fünftel in Nord- und Südamerika und der Rest in Asien, Australien und Afrika – alles in allem 65 Länder. Zusätzlich werden via Newsletter, Blog und Social Media etwa 10.000 internationale Käufer und Pressevertreter erreicht. Bisher wurden auf Le New Black etwa 1200 Aufträge mit einem Volumen bis zu 25.000 Euro platziert.

Natürlich steht Le New Black heute nicht alleine da: Ebenfalls 2009 zeigten Viktor & Rolf ihre Sommershow nur online. Die gesamte Kollektion wurde von einem einzigen Model, Shalom Harlow, vorgeführt. Auf Digital Fashion Shows kann man seit 2012 Shows per Streaming betrachten, und die Digital Fashion Week in Singapur bringt eine ganze Woche Shows ausschließlich online. Selbstverständlich werden mittlerweile fast alle realen Shows auch im Web übertragen. Und die US-Website Moda Operandi kürzt den Weg zum Endkunden ab: Dort kann man direkt in der Fashion Show Stücke aus einer Kollektion bestellen, die dann einige Monate später nach Hause geliefert werden.

Page 43: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

42

B e s t p r a C t i C e s

zurück zum ursPruNg ALS INNOVATIONDIE HUTMANUfAKTUR MüHLBAUER WURDE 1903 iN FLoridsdorF gEgrüNdEt, wird iN ViErtEr gENEratioN Nach wiE Vor aLs FamiLiENuNtErNEhmEN gEFührt UND GENIESST MITTLERWEILE WELT-WEITES RENOMMEE.

⇑ Hertha Hurnaus, Frühling/Sommer 2003 ⇗ Gregor Zivic, Frühling/Sommer 2009 ⇒ „Kasimir“, 2012, Jakob Lena Knebl, Herbst/Winter 2013

Fo

to: ©

He

rth

a H

urn

au

s

Fo

to: ©

Gre

go

r Z

ivic

Fo

to: ©

hlb

au

er/

Kn

eb

l

Page 44: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

43

Klaus Mühlbauer leitet das Unternehmen seit 2001 und hat die ehemals lokal orientierte Firma in ein internationales Label umgebaut. Der Umbau hatte vor allem wirtschaftliche Gründe. Zuvor besaß Mühlbauer in Wien sechs Shops mit vier verschiedenen Sortimenten. Das Unternehmen lebte zu 80 Prozent vom Handel mit Damenbekleidung statt von der eigenen Kernkompetenz. Auf die besann man sich aber nun: der Hut nicht als Indus-trieprodukt, sondern in handwerklich und materialmäßig höchster Qualität und mit hohem Designanspruch, produziert im Familienunternehmen auch für eine jüngere Zielgruppe – nicht nur für ältere Damen und Herren, wie das zuvor der Fall war. Heute gibt es nur noch zwei Shops in Wien, aller-dings neue: ein Hutgeschäft und ein Geschäft für Designermode. Ebenso wie die Salzburger Filiale wurden diese Standorte von den Architekten Kuehn Malvezzi entworfen. Die Architektur steht damit heute ebenso wie die Produkte für eine Ästhetik, mit der das lokale Unternehmen locker mit den wichtigsten internationalen Brands in der Wiener Innenstadt mithalten kann.

Gemeinsam mit den beiden Designerinnen Nora Berger und Barbara Gölles entwirft Klaus Mühlbauer jährlich zwei Hutkollektionen für Damen und Herren; weiters gibt es eine Klassikerkollektion. Alle Mühlbauer Hüte werden in traditionellen Handwerkstechniken in Wien hergestellt. Um das Unternehmen neu aufzustellen und vor allem auch international zu positionieren, begann Mühlbauer nach der Geschäftsübernahme von seinem Vater die Ochsentour mit zehn bis fünfzehn jährlichen Messebesuchen zwischen New York, Mailand, Tokio, Berlin, München und, vor allem, Paris, wo die international wichtigste Accessoires-Messe, die Première Classe, zweimal jährlich stattfindet. „Um international wahrgenommen zu werden, muss man zumindest sechs bis zehn Saisonen Präsenz zeigen, erst dann kann man damit rechnen, Geld zu verdienen“, meint Mühlbauer. Die Ausdauer machte sich bezahlt: Heute exportiert die Hutmanufaktur Mühlbauer 70 Prozent ihrer Produkte in die ganze Welt, von den USA bis nach Japan, dem größten Markt. Insgesamt werden jedes Jahr etwa 20.000 Hüte produziert. Das Unternehmen hat mittlerweile 30 Mitarbeiter in Verkauf, Produktion und Verwaltung.

Mühlbauer ist heute wegweisend für das Thema Hutmode, fast alle großen Designer wenden sich an das Unternehmen, wenn sie sich mit Hüten beschäftigen. Doch auf den eigenen Lorbeeren ausruhen, kann man sich trotzdem nicht. Die Finanzkrise machte sich ebenso in den Verkaufszahlen bemerkbar wie die Katastrophe von Fukushima. Deshalb ist Mühlbauer ständig auf der Suche nach neuen Kunden.

Seit 2011 gibt es einen eigenen Onlineshop, über den im Unterschied zu den Geschäften auf Auftrag hin maßproduziert wird, statt ein riesiges Lager zu halten. Der Mühlbauer Onlineshop ist vor allem ein Angebot für Leute, die schon Mühlbauer Hüte gekauft haben, aber bei keinem Laden in real life vorbeikommen können. Große Wirksamkeit schreibt Mühlbauer Social Media zu: Über Facebook und Co. kann man Aufmerksamkeit bei Endkunden ebenso wie bei B2B-Kunden gewinnen.

Page 45: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

44

B e s t p r a C t i C e s

growth hackErs siNd diE NEuEN rENaissaNcE mENschENBLOSSOM IST EIN JUNGES STARTUP, DAS EINE APP füR DAS PROJEKTMANAGEMENT VON SOfTWARE- ENtwickLuNg im tEam VErkauFt. das tooL uNtEr-STüTZT DIE ORGANISATION UND ZUSAMMENARBEIT iN ENtwickLuNgstEams, VorraNgig soLchEN, diE MOBILE UND WEB-APPLIKATIONEN PRODUZIEREN. diE aPP ErLaubt schNELLstmögLichE rELEasE-zykLEN uNd diE oPtimiEruNg dEs ENtwickLuNgs-PROZESSES. GEGRüNDET 2011, HAT DAS UNTERNEHMEN HEUTE ETWA 250 fIRMEN ALS KUNDEN.

Fo

to: ©

Ole

ksa

nd

r H

na

ten

ko

Fo

to: ©

Ole

ksa

nd

r H

na

ten

koF

oto

: © B

loss

om

⇑⇗ Der Coworking Space sektor5 ⇒ Das Team von Blossom

Page 46: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

45

Das Büro befindet sich im Coworking Space sektor5 in Wien-Marga reten, aber die drei Partner Allan Berger, Nik Graf und Thomas Schranz sind real und virtuell auf der ganzen Welt zuhause. Sie gewannen 2012 bei Seedcamp eine Reise nach London und ins Gelobte Land alias Silicon Valley. Ihre Software wird von Branchengrößen wie Twitter, Facebook und Apple verwendet. Dazu Blossom: „Wir sprangen mit der Produktentwicklung auf eine neue Welle auf. Dabei hat es uns bisher am meisten geholfen, wenn wir uns mit anderen austauschen konnten, die in ähnlichen Bereichen tätig sind.“

Das Unternehmen entstand aus der Begeisterung für innovative Software-Entwicklung, deshalb ist Kundennähe von großer Bedeutung. Mittlerweile ist auch Verkaufen ein zentrales Thema: „Im Softwarebereich gibt es keine klassischen Vertriebsprobleme, so etwas ist ein Symptom für ein schlechtes Produkt, schlechte Kommunikation, schlechte Positionierung. Am Anfang wollten wir nur an Produktentwicklung arbeiten; mittlerweile sind wir draufgekommen, dass auch Verkaufen kreativ ist und Spaß machen kann.“ Vertrieb bedeutet im Web Marketing; und da sich die Marketing-kanäle laufend verändern, sind laut Blossom Gründer bessere Marketing-experten als Agenturen. Der Zugang zum Produkt läuft über eine Landing Page. Das Content Marketing dafür betreiben die Gründer selbst, vor allem Thomas Schranz, sowie hin und wieder befreundete Kollegen. Outsourcen sei ein großes Risiko, weil man zu langsam werde; es gehe darum, das Feedback der Kunden, die Produktentwicklung und das Marketing direkt miteinander zu verknüpfen. Wenn das Produkt nicht schnell genug an den Markt angepasst werden könne, sei es weg.

Der Begriff dafür ist Growth Hacker, also jemand, der fähig ist, die neuesten Kommunikationskanäle, Suchtechnologien und Social Media-Platt-formen zu kombinieren, um ein Produkt optimal zu vermarkten. Statt des klassischen Marketings verwendet ein Growth Hacker „Pull“. Er versteht, dass die gesammelten Daten über Nutzerverhalten die Möglichkeit bieten, zu überzeugen. Growth Hackers sind Hybride zwischen Marketingexperten und Programmierern: Heute gibt es Superplattformen wie Facebook, Apple und Android, die Zugang zu dutzenden Millionen Kunden ermöglichen. Zentraler Kanal für Blossom ist Content Marketing in eigenen und anderen Blogs, in Twitter, auf Quora und Facebook. Wie das funktioniert, zeigt Blossom Partner Schranz mit dem E-Book über Onlinemarketing, das er schreibt. Das Buch ist gleichzeitig ein inhaltliches Angebot für Interessierte und selbst ein Marketing-Tool, also Content Marketing über Content Marketing.

Page 47: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

46

B e s t p r a C t i C e s

DESIGN IST KEINE KUNST

soda dEsigNErs habEN sich sEit ENdE dEr 1990er JAHRE ZU EINEM INTERNATIONAL ERfOLG-rEichEN hEimischEN atELiEr ENtwickELt. diE VERTRIEBSSTRATEGIE SETZT KLAR UND KONSE-qUENT AUf BUSINESS TO BUSINESS-BEZIEHUNGEN.

Signature Designs by Soda: ⇑ Salt & Pepper für Berndorf⇗ Arne für Rapsel Spa ⇒ Lester für Wittmann

Fo

to: ©

Be

rnd

orf

Fo

to: ©

Ra

pse

l S

pa

Fo

to: ©

W

ittm

an

n M

öb

elw

erk

stä

tte

n

Page 48: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

47

Nada Nasrallah und Christian Horner entwerfen regelmäßig Objekte für namhafte internationale Hersteller wie Fontana Arte, MDF Italia, Rapsel, Ligne Roset, Bene, Philips und Wittmann. Den hohen Anspruch ihres Designs belegen zahlreiche weltweite Ausstellungen und Auszeichnungen.

Die Basis ihres Erfolgs ist einerseits die Tatsache, dass sie neben ihrem Designstudium an der Universität für angewandte Kunst in Wien und der ENSCI/Les Ateliers in Paris auch auf handwerkliche Ausbildungen als Goldschmiedin bzw. Möbeltischler zurückgreifen können. Das erleichtert die Kommunikation mit Produzenten, weil sie in Bezug auf technisch-handwerk-liches Knowhow auch die Sprache der Hersteller sprechen. Andererseits haben sie vor der Gründung ihres eigenen Ateliers ausreichend Erfahrungen in renommierten Designbüros bzw. in großen internationalen Unternehmen gesammelt, etwa bei Sottsass Associati und Studio Rizzatto in Mailand oder Philips Design in Singapur und Wien. Die dabei geknüpften Kontakte und das Renommee der Unternehmen öffneten ihnen danach die Türen zu bekannten Herstellern und erleichterten die Akquisition von Aufträgen. Die einzuschla-gende Vertriebsstrategie war für das Duo daher von Anfang an klar: Sie konzentrierten sich auf B2B-Kontakte, wobei „uns der persönliche Bezug zu unseren Auftraggebern auch heute noch besonders wichtig ist“, so Horner. Nasrallah und Horner setzen konsequent auf Industriedesign, auf Möbel und Accessoires, die als elegante und funktionale Begleiter des täglichen Lebens bestehen können und nicht mit Kunst kokettieren, frei nach Donald Judd: „Design muss funktionieren, Kunst nicht“ – oder wie Horner es formuliert: „Design bedarf keiner Erklärung.“

Als Inspiration dienen ihm und seiner Partnerin alltägliche Lebens-gewohnheiten, deren Beobachtung die Grundlage für neue Entwürfe bietet. Vertraute Handlungsrituale werden neu interpretiert und in einen anderen Kontext gesetzt, mit dem Ziel, diese zu unterstützen, zu verbessern und manchmal auch zum Besseren zu verändern. Ein gutes Beispiel dafür ist „Salt & Pepper“, ein Tableware-Produkt für Berndorf, das eine übliche Alltagsgeste – das Hinüberreichen von Salz und Pfeffer bei Tisch – in eine neue Form gießt: Die beiden Hälften vereinigen sich mit Hilfe unsichtbar integrierter Magneten zu einer Kugel, die über die Tafel gerollt werden kann.

Um sich in dem überlaufenen Markt, in den immer mehr Designer drängen, im Gespräch zu halten, bedarf es neben funktionellen Entwürfen aber auch immer wieder unverkennbarer Signature-Objekte, wie sie Nasrallah und Horner etwa mit der Badewanne „Arne“ für den italienischen Hersteller Rapsel oder mit dem Liegestuhl „Lester“ für Wittmann gelungen sind. Diese Objekte wurden nicht nur in Fachpublikationen gewürdigt, sondern sorgten auch in Publikumsmedien (Tageszeitungen und Wohn magazinen) für Furore. Auch für Designer, die über gute Kontakte zu renommierten Herstellern verfügen, ist Selbstmarketing über gute Medienarbeit heute unerlässlich, davon ist Christian Horner überzeugt. Auch wenn es für Soda Designers bis heute der schwierigste Teil der Arbeit ist.

Page 49: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

48

B e s t p r a C t i C e s

SELf-MARKETING UND KREATIVE KOOPERATIONENLEFt boy ist östErrEichs jüNgstEr star im music BUSINESS. DIE KUNST dEs sociaL mEdia sELF-markEtiNgs bEhErrscht ER GENAUSO VIRTUOS WIE REMIxING UND DIE INSZENIERUNG DAZU PassENdEr VidEocLiPs.

“i wasN’t big thEN, but i’m about to bE.”

(Left Boy, Wonderful Song)

Fo

to: ©

le

ftb

oy

Page 50: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

49

„Durch Facebook und YouTube bin ich dort, wo ich bin.“ Ferdinand Sarnitz alias Left Boy hat von Anfang an einen großen Bogen um traditionelle Vertriebsstrategien gemacht. Nicht nur mangels anderer Möglichkeiten, sondern aus strategischem Kalkül: „I stay in control, I make the decisions.“ Als sein eigener Social Media Manager konzentrierte er sich zunächst voll aufs Marketing. Das Motto: Schaffe zuerst den Hype und kümmere dich dann um Produkte, die du auch verkaufen kannst. Noch ehe er Anfang 2013 den ersten physischen Tonträger produzierte, mischte der 24- Jährige mit seiner Verschränkung aus Hip-Hop und Electro das Internet auf.

Über 130.000 Facebook Fans, YouTube Klickzahlen im siebenstelligen Bereich, 10.000 Follower auf Twitter und Top Charts auf Hyper Machine kommen nicht von ungefähr. Den Hype schaffte er mit einer Reihe genau überlegter Videos und mit gratis ins Netz gestellten Samples und Covers meist bekannter Songs, die ihn schnell bekannt gemacht haben. Dazu gehört auch, seine Fans aktiv aufzufordern, die von ihm produzierten Songs ein weiteres Mal zu remixen und wieder ins Netz zu stellen. Das stärkt nicht nur die Verbindung zur Community, sondern erhöht auch automatisch seine Web-Präsenz. Sarnitz nennt das sein kreatives Joint Venture mit den Fans. Auch auf der Musikplattform SoundCloud, die sich zum trojanischen Pferd im neuen Musik-Feed von Facebook entwickelt hat, ist Left Boy ein Dauer-gast. Dort kann er seine Stücke nicht nur zum Download anbieten, sondern auch in Blogs einbetten und über soziale Netzwerke teilen. Neue Tracks können automatisch per Twitter veröffentlicht werden. Damit hat Sarnitz zwar bislang keinen Cent verdient, sich aber zum Onlinestar hochgepusht. Und darauf aufbauend, erledigte sich der Ticketverkauf für seine immer zahlreicher werdenden Live-Auftritte fast von selbst. Auch die Major Labels wurden auf diesem Weg auf ihn aufmerksam.

Nun ist die erste Single erschienen, und zwar auf dem eigenen Label unter Patronanz der Warner Music Group. Im Sommer dieses Jahres folgt dann auch sein erstes Album traditionellen Vertriebswegen. Das professio-nelle Selbstmarketing ist aber bloß das eine Standbein. Das andere ist der konsequente Aufbau eines kreativen Netzwerks.

„Alles, was mit Left Boy zu tun hat“, sagt Ferdinand Sarnitz, „muss auf denselben Ton gestimmt sein: Optik, Akustik, Merchan dising und natürlich meine Bühnenpräsenz.“ In seiner WG in Brooklyn – Sarnitz nennt sie die Creative Factory – lebt er auf vier Stockwerken mit zwei Videoregisseuren, einem Musikproduzenten und einem Fotografen. In Wien kooperiert er mit der Designerin Laura Karasinski (housemaedchen), die mit ihm das Logo entworfen hat. „Das Umfeld ist perfekt. Wann auch immer jemand eine Idee hat, helfen wir uns gegenseitig, sie bestens umzusetzen.“

Page 51: White Paper: focus NEW SALES

50

focus n e W s a l e s

G a s t k o m m e n t a r

christian kesberg ist der

österreichische Wirt-

schaftsdelegierte in New

York und zuständig für

die USA- Aktivitäten von

ADVANTAGE AUSTRIA,

dem österreichischen

Auslandswirtschafts service

der Wirtschaftskammer,

das heißt, er beaufsichtigt

die service centers in

New york, chicago, Los

Angeles, Washington und

Atlanta.

Setzen wir uns dabei zuerst einmal mit den drei Grundelementen der Konfiguration des US-Mark-tes unter besonderer Betrachtung der Heraus-forderungen, die dabei für den kleinbetrieblich strukturierten Kreativwirtschaftssektor entste-hen, auseinander:

1. Riesig

Produkte und Dienstleistungen aus der Krea-tivwirtschaft sind üblicherweise sehr spezifisch und auf kleine Kundengruppen zugeschnitten. Flächendeckende Vertriebsstrukturen, wie wir sie aus dem Massengüterbereich kennen, gibt es auch im US-Kreativwirtschaftssektor kaum. Da dies in den meisten Fällen bedeutet, dass nur lokale Vertriebspartner oder Direktkunden im Einzelhandel gefunden werden können, ist die Auswahl des richtigen Pilotmarktes besonders wichtig und angesichts der Größe des Mark-tes besonders schwierig. Die dazu notwendigen Basisinformationen über Kaufkraft, Demografie oder Käuferpräferenzen sind zwar vorhanden, aber „im Streubesitz“ und müssen in mühsamen

dEr amErikaNischE MARKT: RIESIG,

saturiErt, aNdErs

Was bedeutet die Bearbeitung des Marktes USA für die europäische Kreativwirtschaft?

V o n C h r i s t i a n k e s B e r G

Page 52: White Paper: focus NEW SALES

51

focus n e W s a l e s

Vorrecherchen zusammengetragen werden. Die AußenwirtschaftsCenter der Wirtschaftskammer können bei diesem ressourcenintensiven Pla-nungsprozess mit Handlungsempfehlungen und Quellenhinweisen zwar helfen, die Hauptlast bleibt aber beim einzelnen Unternehmen.

2. Saturiert

Der Wettbewerb in den USA ist dichter als anderswo. Das hat viel mit der Dimension und der gebündelten Kaufkraft des größten Marktes der Welt, aber auch der ethnischen Diversität der USA zu tun. Asiatische und lateinamerikanische Anbieter, die in Europa kaum af fine Konsumen-tengruppen finden, treten hier ebenso massiv auf wie US-amerikanische Firmen, die mit Rücksicht auf die Größe ihres eigenen Binnenmarktes häufig auf die Bearbeitung europäischer Exportmärkte verzichten. Die Angebotsdichte dürfte zudem in der Kreativwirtschaft eher höher sein als in anderen Wirtschaftssegmenten, da besonders die IT-intensiven Bereiche oft auf Technologien basie-ren, die ihren Ursprung in den USA haben. Zu den notwendigen Hausübungen gehört unter den geschilderten Bedingungen auch eine ebenfalls zeitraubende Konkurrenzanalyse: Vieles, was in Europa zu Recht als Innovation zählt, ist in den USA bereits am Markt und muss im Preis- oder Qualitätswettbewerb verdrängt werden.

3. Anders

Amerika tickt anders als Europa: Ethnische Diversität, aber auch überraschend markante Unterschiede in der Mentalität und im Käufer-verhalten machen die Übertragung von im Heim-markt bewährten Produkt- und Geschäftsideen häufig schwierig. Dort, wo nicht nur Funktio-nalität zählt, sondern Ästhetik und Geschmack wesentliche Angebotselemente sind, wäre es besonders gefährlich, diese Barrieren zu unter-schätzen. Vieles aus der Angebotspalette der

Kreativwirtschaftsbereiche basiert auf einem kontinuierlichen Dialog mit dem Kunden oder auf tradiertem Verständnis seiner „soziokulturellen Spannweite“. In einen Exportmarkt lassen sich damit oft nur Grundideen und Prozesse übertra-gen, während in der Ausgestaltung wesentliche Adaptionen notwendig sind. Ein Beispiel: Die USA gelten im Designbereich zu Recht als „Cul-ture of Transition“, eine hoch mobile Wegwerf-gesellschaft, die schnell Ballast über Bord wirft, und in der Haltbarkeit und Qualität die Funktio-nalität und Attraktivität von „Problemlösungen“ viel weniger bestimmen als bei uns. Eine der inte-ressantesten Beobachtungen zum geschäftlichen Umgang mit den USA stammt aus dem Jahre 1848 aus der Feder von Alexis de Tocqueville: „I once met an American sailor and asked him why his country’s ships are made so that they will not last long. He answered offhand that the art of naviga-tion was making such quick progress, that even the best of boats would be almost useless, if it lasted more than a few years.“Die USA sind leider noch in einem anderen Aspekt anders. Sie gehören nicht zur Europä-ischen Union. Sicherheitsstandards, technische Vorschriften, Etikettierung oder Verpackung sind anders und oft gewöhnungsbedürftig reguliert. Dienstleistungen, die eine enge Zusammenar-beit mit dem Kunden an dessen Unternehmens-sitz notwendig machen, sind nur schwer oder gar nicht mit den arbeits- und visarechtlichen Vor-schriften vereinbar und führen häufig dazu, dass bereits in der Frühphase der Marktbearbeitung mit hohem finanziellem Risiko ein eigenes Unter-nehmen gegründet werden muss.

Zusammenfassung

Die USA sind mit Abstand der größte und span-nendste Markt für Produkte und Dienstleistungen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft. Es gibt ver-mutlich kaum einen in Österreich in diesem Seg-ment tätigen Unternehmer, der von der Dynamik und Vielfalt des US-Marktes nicht inspiriert und beeinflusst wurde und sich schon deshalb eine stärkere Anbindung an diesen Markt wünscht.

Page 53: White Paper: focus NEW SALES

52

focus n e W s a l e s

Da der Einsatz an personellen und finanziellen Ressourcen aber erheblich ist und durch nichts ersetzt werden kann, ist die Inangriffnahme der Bearbeitung des Marktes besonders für Klein- und Kleinstunternehmen eine strategische Entschei-dung, die gut überlegt werden muss. Besonders der intensive persönliche Kontakt, den der Krea-tive zum Kunden und zum kulturellen und gesell-schaftspolitischen Umfeld des Kunden benötigt, ist im Überseegeschäft nur mit hohem Aufwand herzustellen, der sich oft für kleine Unternehmen in einer Kosten-Nutzen- Analyse nicht rechnet. Die Kulturbarrieren zu den USA sind bei weitem weniger offensichtlich als in Asien oder im Mittle-ren Osten, aber kaum weniger stark ausgeprägt. Vorteile haben die Spieler aus der Kreativwirt-schaft aber durch ihre häufig überdurchschnitt-liche Af finität zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien und sozialen Netz-werken und einem dem Wirtschaftssegment inhärenten Mut zum Ungewöhnlichen. Wer es sich nicht oder noch nicht leisten kann, sich in Netzwerke über Konferenz- oder Messeteilnah-men einzukaufen, kann, wie die Erfahrung zeigt, durchaus auch als Guerilla-Marketeer Erfolg haben. Sich aus dem Shopping Guide von Miami South Beach oder SoHo durch das Studieren von Websites jene Boutiquen herauszusuchen, in die die eigenen Produkte passen könnten, einen Dia-log zu beginnen und dann einmal mit einem vir-tuellen oder reellen Musterkoffer im Geschäft zu stehen, ist zwar nicht immer, aber manchmal der Beginn einer geschäftlichen oder persönlichen Beziehung und damit der erste Pfeiler eines Brü-ckenkopfs am US-Markt.

Page 54: White Paper: focus NEW SALES

53

focus n e W s a l e s

Eine Frage, die sich jeder Kreative früher oder später stellt: Soll ich mich beim Vertrieb auf den heimischen Markt konzentrieren oder sind meine Produkte oder Dienstleistungen auch internatio-nal so attraktiv, dass ich den Sprung über die Grenzen wagen kann? Wie bei fast allen anderen vertriebsrelevanten Fragen gibt es auch dafür keine Patentrezepte. Die Beantwortung fällt meist nicht nur branchenspezifisch unterschied-lich aus, sondern lässt sich vielfach auch erst im Hinblick auf konkrete Produkte beantworten. Und sie hängt nicht zuletzt von der Persönlich-keit des Kreativen, seinem Netzwerk und seinen finanziellen Ressourcen ab. Denn international Aufmerksamkeit zu erzeugen, ist bei weitem schwieriger, als vor Ort zu reüssieren, und es ist ohne ein deutliches Alleinstellungsmerkmal in Anbetracht der wachsenden Zahl von Kreativen fast unmöglich.

Als Faustregel gilt daher in fast allen Bran-chen, dass die Präsenz vor Ort – vor allem, aber nicht nur zu Beginn – die zentrale Säule erfolg-reicher Vertriebswege ist. Für Industriedesigner, die für große Marken arbeiten wollen, heißt das etwa, als Praktikanten oder Mitarbeiter in einem großen Designbüro (physisch) präsent zu sein; für Musiker oder für Modedesigner, die ihr eige-nes Label aufbauen wollen, sich zuerst um einen lokalen Fan- bzw. Kundenstamm zu bemühen, gute Arbeit zu leisten und Energie in die Kommu-nikation mit der so entstehenden Community zu investieren, die dann mit dazu beiträgt, dass sich die Arbeit auch über die lokalen Grenzen hinaus herumspricht. Dabei helfen auch gute Netzwerke, vertrauensvolle, passend zum Label ausgesuchte

Vertriebspartner und kreative PR-Arbeit; und, wenn vorhanden, das entsprechende Image der „Herkunft“ (Stichwort Stadtmarketing) bzw. des Ausgangsstandorts. Das war Ende der 1990er Jahre zum Beispiel für Musiker im elektroni-schen Bereich der Fall, als Wien für einige Zeit als europäische Kapitale der E-Musik galt. Das nutzte Lena Hoschek bei ihrer Dirndl-Kollektion, die vom Windschatten des The Sound of Music-Revivals und der touristisch gefestigten öster-reichischen Trachtentradition profitierte; und das erleichterte es Mühlbauer – mit dem Backup eines handwerklichen Traditionsbetriebs aus der Alten Welt – mit seinen Hutkollektionen den Sprung über Atlantik und Pazifik zu wagen.

Mit Internet, Social Media und der interna-tionalen Verkehrssprache Englisch lassen sich die Grenzen zwar technisch problemlos überwin-den, aber bloß mit einer eigenen Website unter Millionen anderen wird man weder als Designer noch als Musiker sein Ziel erreichen, am globalen Markt Fuß zu fassen. Dazu kommen die vielfälti-gen kulturellen Besonderheiten und Mentalitäts-unterschiede in außereuropäischen Märkten, die man kennen muss, um richtige Kommunikations- und Vertriebsmaßnahmen setzten zu können. So beruht der globale Erfolg der in Wien gegründe-ten Lomographic Society vor allem auch darauf, dass sie in vielen Ländern eine starke lokale Basis vor Ort schaffen konnte. Dies wurde erreicht, da sie nicht nur zentral eine mehrsprachige Website betreibt, sondern zwanzig Seiten in verschiede-nen Sprachen, die sich nur das Backbone teilen, aber inhaltlich von den Locals programmiert werden.

lo k a l V e r s u s i n t e r n at i o n a l

Page 55: White Paper: focus NEW SALES

focus n e W s a l e s

54

I n t e r v I e W m I t B e r n d t h A u p t K o r n

Welche Thematiken bringen Sie mit der Krea-invwneischkui num VigVeVi Snii ni Koiikrin?— Wenn ich „Kreativwirtschaft“ höre, denke ich vor allem an Produktdesign, an Kommunikation mit dem Kunden, an innovative Vertriebswege wie zum Beispiel online und an Retail-Design, also die Architektur von Geschäften. Diese The-men finden in unserer Unternehmensgruppe an mehreren Standorten statt: in Tokio, unserem globalen Unternehmenssitz, aber auch in den regionalen Zentren; in Europa sind dies Paris und London. Creative Supplier kommen ins Spiel, wenn es um das Zusammenwirken interner Ent-scheider und externer Dienstleister von Kreativ-leistungen geht.

WnV uzirinoinVei dnV KoopVekinoi wnschVi VniVum globklVi UiiVeiVhumVi wnV IheVum zid externen Kreativunternehmen, die meistens eVlkinv rlVni snidn?— Es geht um zwei Dinge: um Kreativität und um Effektivität. Ein globales Unternehmen braucht kreative Konzepte, die weltweit funktionieren. Diese globale Perspektive muss der Dienstleister immer im Auge haben. Als Persönlichkeit braucht er dieses globale Flair, sonst bleibt er inadäquat. Außerdem muss man in der realen Welt zusam-menarbeiten. Ein Kreativer sollte daher möglichst dort sein, wo sein Kunde ist oder wo es möglichst viele „Artverwandte“ und „Geistesverwandte“ gibt. London ist ein solcher Ort: internationa-les Flair, viele potenzielle Kunden, vibrierendes Stadtleben, Ausbildungsstätten für Design und Kunst von Weltniveau und vieles mehr. All dies zieht Kreative an und wächst zu einem Kreativ-

»Nichts ErsEtzt diE PRäSENZ VOR ORT«

BERNDT HAUPTKORN üBER GLOBALI-TäT UND LOKALITäT, DARüBER, WER WO AUf WEN GEWARTET HAT ODER Nicht, übEr aNwEsENhEit uNd DISTANZ, üBER EINZIGARTIGKEIT UND MEDIENKOOPERATION, üBER NachFragE uNd ausbiLduNg, übEr PARIS, LONDON, MAILAND, BERLIN UND WIEN.

berndt hauptkorn ist cEo

Uniqlo Europe/SVP & Global

Officer bei fast Retailing.

Uniqlo ist die größte Marke

im Portfolio von fast Retail-

ing. fast Retailing ist nach

Inditex, H&M und Gap welt-

weit das viertgrößte Unter-

nehmen für den Handel mit

Textilien. Sein Hauptsitz ist in

Japan. Der Jahresumsatz liegt

bei etwa 10 Milliarden Dollar.

Vor seiner Rolle bei fast

Retailing war er Principal von

the boston consulting group,

Geschäftsführer von LABELUx

und schließlich Geschäftsfüh-

rer von Bally. Berndt Haupt-

korn stammt aus Deutschland

und lebt in Italien.

Page 56: White Paper: focus NEW SALES

focus n e W s a l e s

55

Cluster. Ohne einen starken kreativen Nukleus und ohne signifikante Kundenpräsenz wird es schwer für eine Stadt, so etwas zu erreichen. Man fragt sich: Warum bin ich hier?

EniV UinvVesniti wteV klso Vni gziVe Azs-gkigspzirin?— Es braucht ein paar Faktoren, die den Ort besonders machen. Ich glaube an die Kraft der Idee, an das Talent. Und ich glaube an die Kraft der Identität. Welche lebenden Österreicher haben Weltrang in ihrem kreativen Feld? Ich denke da an Namen wie Arnold Schwarzenegger im Bereich Film oder an Helmut Lang im Bereich Mode. Wenn man eine Arnold Schwarzenegger Akademie für Film und Trickanimation machen würde, wäre das eher nachvollziehbar als ohne diesen großen Namen. Man braucht Personen, die für etwas stehen und die dann auch einen ech-ten Beitrag leisten.

Sind Ihnen schon einmal Wiener Kreativ-ziiVe iVhumVi kzu dVi Rkdke gVekiVin?— Als Fashionkunde, Brancheninsider und Glo-bal Of ficer von Fast Retailing denke ich da vor allem an Helmut Lang. Helmut Lang hat einen bestimmten Modestil geprägt, der damals neu war und auch heute noch hochaktuell ist. Der Markenname Helmut Lang ist übrigens Teil der Markenfamilie von Fast Retailing.

Wie sollte Ihrer Ansicht nach ein Kreativer vorgehen, der über Wien und Österreich hin-kzsgVlkigVi wnlln?— Wien ist nicht direkt als Fashionstandort bekannt. Man vermutet aus Wien heraus nicht die Innovation im Fashionbereich. Wenn man aber ein Institut gründen würde und Helmut Lang wäre der Leiter, dann würde sich das über Nacht ändern. Ohne einen richtig bekannten Paten ist das schwierig. In vielen kreativen Zweigen denke ich an London, Paris und New York. Bei digital denke ich an San Francisco. Bei Kunst denke ich an Basel, Zürich und Miami. Bei Fashion und Möbeldesign natürlich an Mailand. Denke ich an Wien, dann denke ich an klassische Musik, ans Theater, die Oper, etwas später kommen dann

die Wiener Werkstätte und das MAK. Will Wien in anderen Kreativbereichen Fuß fassen, kommt man an intensivem Standortmarketing nicht vor-bei, ob das jetzt eine Vienna Fashion Fair oder Digital Vienna Days sind. Vielleicht kann man ja auch einen hoch dotierten Preis kreieren und jährlich an Kreative von Weltrang verleihen. Man braucht Ideen und man braucht dann nachhaltige Substanz.

Was würden Sie einem talentierten Mode-umkchVe VumpuVhlVi, dkumni Ve kzs WnVi hVekzs niiVeikinoikl wVedVi rkiin?— Wenn er oder sie sehr talentiert ist, müssen sie dorthin, wo die Besten ihres Faches sind, sonst wird es schwierig. Man kann nicht warten, bis sich ein Standort-Image entwickelt, man muss sich selbst ins Spiel bringen. Außerdem braucht man „Freunde“, deren Meinung in der Branche etwas zählt. Mit anderen Worten: PR und Networking. Der „Robinson-Ansatz“ führt selten zum Erfolg.

Sehen Sie im Vertrieb einen hohen Innova-inoisbVdkeun?— Grundsätzlich macht der digitale Kanal die ört-liche Präsenz weniger relevant. Insofern ist das eine Chance für jeden Standort. Die beste Form des Vertriebs ist aber immer noch gute Arbeit. Die spricht sich herum. Wenn man es schafft, für einen guten, bekannten Kunden etwas vorzule-gen und Erfolg zu haben, dann ist das die beste Visitenkarte.

Wie sehen Sie den Vertrieb über den digitalen WVgn?— Meiner Meinung nach kann der digitale Kanal die persönliche, direkte Begegnung nicht erset-zen. Videokonferenzen machen das Leben leichter, sogar viel leichter. Vertrauen und Wertschätzung entstehen aber durch echte Begegnung. Erst danach kommt die digitale Vertriebschance.

Page 57: White Paper: focus NEW SALES

focus n e W s a l e s

56

I n t e r v I e W m I t A n d r e A s W I e s m ü l l e r

WnV sVhVi SnV dnV krizVllV Snizkinoi dVe CeVk-invV IidzsienVs ni WnVin?Grundsätzlich haben wir in Wien ein international konkurrenzfähiges Potenzial an kreativen Talen-ten, dafür haben wir ausreichend Belege: Helmut Lang Ende der 1980er, die Rolle Wiens rund um die elektronische Musik in den 1990ern bis zu den Erfolgen des österreichischen Films. Leider haben sich diese Erfolge zu wenig in nachhaltigen Strukturen niedergeschlagen. Der Kreativsektor umfasst viele Branchen, ergo ist es schwer, eine generelle Antwort zu geben. Ein paar generische Beobachtungen kann man aber machen. Erstens, die Stadt selbst tritt zu zurückhaltend als Auf-traggeber der Creative Industries auf: Wenn wir einmal einen Blick auf das Design der Uniformen der Wiener Parkraumüberwachung werfen, sehen wir auf den ersten Blick Potenzial. Zweitens, im Heimmarkt fehlt es an privatwirtschaftlichen Auf-traggebern. Hier leistet departure Pionierarbeit. Hier fehlt es noch an Awareness in den Unterneh-men, welche wirtschaftliche Bedeutung zum Bei-spiel Design für den Unternehmenserfolg haben kann. Denken Sie an Apple, das ist vor allem auch ein Designunternehmen. Drittens, vielen Kreativ-unternehmen fehlt es an der kritischen Größe und an einer ausgeprägten Kooperationskultur. Kollek tive scheinen wirtschaftlich erfolgreicher zu laufen als EPUs. Mit dem Einzelkämpfertum der Kreativen verbunden ist mangelnde Ef fizienz und Professionalisierung in Themen wie Mar-keting/Vertrieb, Finanzplanung und Business Devel op ment. Auch ist Internationalisierung für EPUs einfach nicht realistisch machbar. Es ist interessant, dass sich ausgerechnet Kreative

»AUfHOLBEDARf bEi dEr ProFEssio-NALISIERUNG«

ANDREAS WIESMüLLER üBER DIE IT UND DIE DESIGNER, üBER BUSINESS-PLäNE UND fINANZIERUNG, LEAN UND KREATIV.

Andreas Wiesmüller studierte

an der Wirtschaftsuniversität

Wien Werbung und Verkauf.

Seit 2001 ist er Business

Angel mit Investitionsfokus

auf IT und Telekom sowie

Medien und Kreativwirtschaft

sowohl in Österreich als auch

international.

Page 58: White Paper: focus NEW SALES

focus n e W s a l e s

57

schwer tun, miteinander zu kooperieren. Der Startup-IT-Bereich hat sich da durch das Inves-toreninteresse seit Anfang der 1990er massiv professionalisiert: Heute findet man da kaum eine Neugründung mehr ohne Marktresearch, inter-disziplinäres Team, Business- und Finanzplanung, internationale Rolloutplanung – zwanzigjährige Neugründer haben die Denkweise in Kunden-nutzen und skalierbaren Geschäftsmodellen internalisiert und sind nicht mehr die blassen, ein-zelkämpfenden Programmier-Nerds. Da gibt es in der Kreativszene noch jede Menge Aufholbedarf: multidisziplinäre Teams zusammenzustellen, die durch ergänzendes Knowhow mehr gemeinsam erreichen können. Mir ist schon bewusst, dass Geschäftsmodelle in den Creative Industries nicht die Skalierbarkeit von IT haben, aber die Denk-weise und Methodologie ist durchaus anwendbar.

Was sind Ihre Kriterien, wenn jemand wegen VniVe Fniki nVezig roumumin? Bekzchi Ve VniVi uVeingVi BzsniVssplkin? OdVe eVnchi Vs, wVii umki dks TklVii sVhVi rkiin?Also, wenn jemand wegen einer Finanzierung kommt, schicke ich ihn zur Bank. Wenn mich jemand mit dem Wunsch anspricht, ein kluges Geschäftsmodell umzusetzen, dann höre ich es mir an. Ein gutes Beispiel dafür aus meiner Praxis ist das Magazin biber: Die, ein erfahrener Kurier Jour-nalist und ein Haufen Migranten, sind vor sechs Jahren mit einer Nullnummer des biber gekommen und haben gesagt: „Wir wollen eine Stadtzeitung für Tschuschen machen. Willst du das finanzie-ren?“ 99,9 Prozent der Leute, zu denen ich gesagt habe, ich würde das machen, waren der Meinung, ich sei in einer Midlife-Crisis, hätte verlernt zu rechnen und trinke zu viel. Aber die von biber waren letztendlich völlig davon überzeugt, dass sie das machen wollen, und völlig glaubwürdig, dass sie das können. Da hat das Team gepasst und der Wille, das durchzusetzen. Wir haben dann einige Wochen gemeinsam entwickelt, gerechnet und den Werber Rudi Kobza für das Projekt gewinnen können, um Knowhow und Kontakte der Werbe-wirtschaft reinzuholen. Und wir sind dann schnell gestartet. Dann ist das sehr organisch und wirt-schaftlich erfolgreich gewachsen.

SnV pltdnVeVi uüe schiVllVi Mkeriroiikri sikii lkigVum EiiwncrVlin?Genau! Mehr noch als schneller Marktkontakt. Es geht darum, die Produkte mit den zukünftigen Kunden zu entwickeln. Beim biber war die Redak-tion ja gleichzeitig Repräsentant der Zielgruppe: schnelles Prototyping, Feedback, Verbessern, Feedback, Verbessern. Je früher ich Feedback von meinen potenziellen Kunden habe, desto geringer das Risiko eines Flops, desto mehr Argumentation für die Finanzierung des nächsten Schrittes. Die neuen Medien schaffen da ganz neue Möglichkei-ten im Entwicklungsprozess.

Wks bekzchi Vs uüe Vni KeVkinvziiVeiVhumVi, zum VniVi Fniki nVe z gVwniiVin?Finanzier klingt nach Mäzenatentum, damit beschäftige ich mich nicht. Ich verstehe mich als Investor, der Zeit, Knowhow und finanzielle Mit-tel investiert und sich eine Rendite erwartet: eine finanzielle Rendite, aber auch eine persönliche Rendite. Die gute Nachricht: Ich bin sicher, eine wirklich gute Idee, ein gutes Produkt findet mit dem richtigen Team immer eine Finanzierung. Die schlechte Nachricht: Der Zugang, ich bin ein Künstler, ich entwerfe etwas und du, nimm das bitte und mach es zu Geld, ist für einen Business Angel völlig uninteressant.

Wks hkliVi SnV voi Ceowduzidnig uüe Peo-duktentwicklung, beispielsweise via Kickstar-iVen?Unglaublich spannend. Ich denke, wir stehen hier noch ganz am Anfang. Jeder, der im Bereich Creative Industries weiterkommen will, muss sich heute mit den Mechanismen der neuen Medien wirklich intensiv auseinandersetzen: Social Media, E-Commerce, Crowdfinancing, der wach-sende Einfluss von Mode-, Musik- und Design-Blogs. Hier kann durch intelligentes Vorgehen auch ein vergleichsweise schwacher Heimmarkt durchaus kompensiert werden.

Page 59: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

58

I n t e r v I e W m I t J o h A n n e s K n o l l

WnV wke Vs umöglnch, dkss Vni rlVniVs UiiVe-iVhumVi kzs Lni , gVgeüidVi voi SizdnVeVi-dVi, wVliwVniVi Eeuolg VeeVnchi zid dnV App umniilVewVnlV übVe 22 MnllnoiVi Mkl dowigV-lokdVi wzedVn?— Runtastic war von Beginn an international ausgerichtet und uns war klar, dass wir weltweit agieren wollen und auch müssen. Wir haben sehr bald herausgefunden, dass die Verfügbarkeit unserer Produkte in verschiedenen Sprachen sehr wichtig ist: Schließlich benützt man Inter-faces am liebsten in seiner Muttersprache, egal ob Apps oder andere Produkte. Unsere Apps sind in 18 Sprachen verfügbar, Runtastic.com ist in 12 Sprachen übersetzt. Allein das gibt uns die Mög-lichkeit, alle Regionen der Welt zu bedienen und so auch die breite Masse anzusprechen. Außer-dem legen wir Wert auf Produktqualität und unsere Entwickler gehören zu den Besten der Welt. Aus der Marketing-Perspektive war es von Beginn an so, dass wir viel über Social Media und Onlineservices gearbeitet haben. Auf diese Weise kann man einfach sehr viele Leute weltweit errei-chen, was uns geholfen hat, dorthin zu kommen, wo wir im Moment stehen.

Wie habt ihr den Sprung in die internationale Lngk gVschkffin? nVlV dzechkzs hochwVeingV Apps sind und bleiben ja klein.— Wir haben es geschafft, die Nutzer von der sehr hohen Qualität unserer Apps, der Website und seit März 2013 auch unserer Hardwarepro-dukte zu überzeugen und versuchen, den gesam-ten Fitnessbereich mit unseren Produkten abzudecken. Dazu gehören Qualitätsarbeit, viel

»ES GING DARUM, EIN EIGENES ÖKO-SYSTEM ZU BILDEN«

JOHANNES KNOLL, HEAD Of MARKE-tiNg VoN ruNtastic, übEr aPPs iN dEr muttErsPrachE, soFtwarE- UND HARDWAREVERTRIEB UND DIE GREIfBARKEIT VON HARDWARE.

Vier Studenten aus Ober-

österreich (René Giretzleh-

ner, florian Gschwandtner,

christian kaar, alfred Luger)

gründeten 2009 Runtastic. Sie

entwickelten noch als Studie-

rende eine App, die es Läufern

ermöglicht, ihre fitnessak-

tivitäten aufzuzeichnen, zu

verwalten und mit anderen

via Social Media zu teilen und

zu vergleichen. Mittlerweile

vertreibt das Unternehmen

auch Hardware (Uhren und

Pulsgurte) in Europa, Austra-

lien und Südafrika.

Page 60: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

59

Einsatz des Teams und innovative Ideen. Zent-ral war die Intention, nicht nur eine Sport-App zu liefern, sondern ein umfassendes Tool zu bie-ten rund ums Aufzeichnen von Fitnessaktivitäten, sich Verbessern und sich mit Freunden Verglei-chen. Es ging darum, ein eigenes Runtastic Öko-system zu bilden. Das alles hat dazu beigetragen, in die internationale Liga aufzusteigen und einer der 5 Top-Player in diesem Markt zu sein.

Wks bVdVziVi VeienVb uüe Vzchn?— Grundsätzlich führen wir keinen klassischen Vertrieb aus, weil wir unsere Apps direkt über den jeweiligen App-Store vertreiben. Außerdem ist bei uns als Marketing-Tool Social Media stark, weshalb wir auch im Marketing nicht wirklich mit traditionellen Tools arbeiten. Unsere Hardware vertreiben wir durch Importeure und in Koopera-tion mit großen Handelsketten.

Ihe vVerkzui umniilVewVnlV inchi umVhe ize SouiwkeV, soidVei kzch HkedwkeV, wks gki iVzV HVekzsuoedVezigVi ki Peodzrinoi zid Logistik stellt. Warum seid ihr diesen Schritt gVgkigVi zid wnV hki snch dks kzsgVwnerin?— Wir sind diesen Schritt gegangen, weil es für uns die logische Ergänzung zu den Apps war. Wir haben in den ersten beiden Jahren bemerkt, dass die Community danach fragt, und haben uns auch deshalb dafür entschieden. Das Ganze wird extrem gut angenommen und die Nutzer verbinden die hohe Qualität der Apps mit den Hardwareproduk-ten. Mit dem Schritt ins Hardware-Business wurde

die Marke Runtastic greifbarer, was für uns natür-lich einen sehr positiven Effekt mit sich bringt.

Uid wnV vVeieVnbi nhe dnV HkedwkeVn?— Wir vertreiben unsere Hardware im Runtastic Onlineshop und in Retail Stores in ganz Europa, Südafrika, Australien und auch bald schon in Amerika.

Isi Vs enching, dkss nhe Ezch kiukigs z VniVum geoßVi TVnl dzech App­Eiiwncrlzig uüe kidVeV FneumVi fiiki nVei hkbin? Gnbi Vs dnVsVs GVschtui iochn?— Genau, das ist richtig. Im ersten Jahr haben wir Apps für „Third Parties“ entwickelt. Da waren sehr namhafte Unternehmen dabei. Wir haben dann aber gemerkt, dass sich Runtastic schon selbst finanzieren kann und diese Entwicklungen operativ getrennt weitergeführt und an ein Part-nerunternehmen abgegeben. Wir wollten uns aus-schließlich unseren Produkten widmen.

Wie müsste man eurer Meinung nach Kreativ-ziiVeiVhumVi ziiVesiüi Vi, dkumni snV num Ve-ienVb VeuolgeVnchVe wVedVi röiiVin?— Diese Unternehmen sollten Coaching von erfahrenen Vertriebsprofis oder Partnern in Anspruch nehmen, weil man da das nötige Wissen erlangen und von der bereits vorhandenen Erfah-rung profitieren kann. Außerdem empfehlen sich Networking-Events, wo man sich austauschen und netzwerken kann.

Fo

to: ©

Ru

nta

stic

Page 61: White Paper: focus NEW SALES

focus N eW S a l e S

60

I n t e r v I e W m I t s A l ly B I B A W y

HkiiV Loumogekphy voi Aiukig ki VniV rlkeV VeienVbssiekiVgnVn?— Nein, natürlich nicht. Begonnen hat es ja als studentisches Kunstprojekt. Wir haben mit der Lomo LC-A unseren WG-Alltag fotografiert und die Fotos bei Festen Freunden gezeigt. Daraus hat sich ein lebendiger Diskurs über Fotografie und Ästhetik entwickelt. Wir haben gezeigt, was und wie man mit dieser Kamera fotografieren kann und das durch die zehn goldenen Regeln der Lomographie kommuniziert: das Manifest einer neuen Fotoästhetik. Heute sind verschwom-mene Fotos, Doppelbelichtungen und Light Leaks längst alltäglich, nicht mehr nur in der Kunst.

Ihr habt in erster Linie eine Ästhetik vertrie-ben, also nicht Kameras, sondern wie man sie vVewVidVi rkii, odVen?— Um diese Anwendung zu vertreiben, muss-ten wir uns aber auch darum kümmern, dass die Leute die Kamera in die Hand bekommen. Und so haben wir mit dem Vertrieb der Kameras begon-nen, der zunächst mal auf Schmuggel basierte. Das war natürlich kein tragbares Geschäftsmo-dell. Mit dem wachsenden Interesse waren wir gezwungen, das auf eine professionellere Basis zu stellen.

DnV spV nVllV Koumumzinrkinoi dVs Peodzris und der Anwendung legte dann auch die direkten Vertriebskanäle nahe.— Ja, wir haben die Lomo LC-A und die Anwen-dung klar im Kunstumfeld kommuniziert. Das legte nahe, auch den Vertrieb in diesem Umfeld zu organisieren. Das waren die „Ambassadors“:

»WIE MAN EIN PRODUKT KOMMUNIZIERT, IST TEIL DER krEatiVEN ENtwickLuNg dEs  ProduktEs«

saLLy bibawy übEr commuNity buiLdiNg uNd Product wordiNg, diE richtigE auswahL VoN VERTRIEBSPARTNERN UND DIE VortEiLE, iN EiNEm NischEN-MARKT ZU AGIEREN.

Sally Bibawy leitet gemein sam

mit Wolfgang Stranzinger und

Matthias fiegl die Lomographic

Society Internatio nal, die 2013

ihr 20-jähriges firmenjubiläum

feiert. Das weltweit agierende

Unternehmen, das sich mit Leib

und Seele der experimentel-

len und kreativen fotografie

verschrieben hat, fokussiert

auf den ganz speziellen und

einzigartigen Stil analoger

fotografie.

Page 62: White Paper: focus NEW SALES

61

focus n e W s a l e s

Kunstgalerien und Museumshops. Dann haben wir begonnen, Hubs zu gründen, zuerst in New York, dann in Hongkong. Überall, wo Aktionen stattfanden, hatten wir sehr gute Presse, auch weil wir viel Energie in die Pressearbeit investier-ten – nicht um die Kameras zu verkaufen, sondern um die Ausstellungen zu bewerben. Die Kunst, die „Outputs“ aus den Kameras, war genauso wichtig wie die Kameras selbst. Deshalb haben sich dann Galeristen als Distributoren gefunden: Sie haben Ausstellungen organisiert und bei den Ausstellun-gen die Kameras verkauft. Das war alles aus der Intention eines Kunstprojekts heraus motiviert.

Schon bei der ersten Ausstellung gab es die Lomowall.— Und sie ist immer noch unser wichtigstes Kommu nikationstool, unser visuelles Key Image: ein Mosaik von Fotos, das aus der Interaktion mit den Menschen entsteht, die die Fotos gemacht haben.

Uid kzs dnVsVi IiiVekrinoiVi ViiwncrVliV snch dnV Loumo­Coumumziniy …— … die bis heute einer der wichtigsten Werte unserer Firma ist.

WVlchV RollV spnVli snV hVziV iochn?— Sie ist für uns ganz wichtig. Die Community sind zum Großteil Kreative, Architekten, Grafi-ker, Künstler, gut ausgebildet und zwischen 20 und 40 Jahren alt. Wir haben eigene Teams, die mit Community und Kunden täglich kommuni-zieren und permanent neue Projekte entwickeln. Dieser Direktkontakt, auch mittels Online-Umfra-

gen, hilft uns, zu verstehen, ob ein neues Produkt akzeptiert wird, was verbessert werden kann und generell was für eine Entwicklung analoge Foto-grafie macht.

Sinchwoei oilniV: Dks Loumo­MkinuVsi wzedV sVhe ueüh kzch schoi übVe VniV VngViV WVbsniV vVeöffViilnchi.— Das war ein sehr entscheidender Schritt. Web-sites waren zu der Zeit ja ein völlig neues Medium. Auch wir hatten damals noch gar nicht abschätzen können, wie wichtig dieses Tool in Zukunft wer-den würde. 1996 haben wir die erste internatio-nale Seite gehabt, über die wir auch schon unsere Kameras verkauft haben. Das war in Österreich echte Pionierarbeit. Und weil wir von Anfang an auch auf Englisch kommuniziert haben, sind dann auch mehr und mehr Anfragen gekommen, aus Europa, den USA und Asien; vor allem in Japan und Hongkong hat sich schnell eine große Com-munity gebildet. Mittlerweile haben wir 20 Web-seiten in verschiedenen Sprachen. Sie teilen sich das technische Rückgrat. Fotocontent und Pro-jekte werden lokal selbstständig entwickelt und publiziert.

Wks wkeVi dnV itchsiVi ScheniiVn?— Der nächste Milestone war 1997/98, als wir auf den Action Sampler mit vier Linsen gestoßen sind. Auch diese Kamera war vom Ergebnis, von den Bildern, die man damit machen konnte, für uns besonders interessant: Wir haben die „rich-tige“ Anwendung gefunden und diese gleich über die Verpackung und in der Gebrauchsanleitung kommuniziert. Etwas, das wir bis heute erhal-ten haben. Zu jeder Kamera gibt es ein aufwän-dig gestaltetes Buch, das Funktionen, Tipps und Tricks und viele Fotos zeigt.

Wks hki snch uüe Loumogekphy vVetidVei, kls snch dnV dngniklV FoiogekfiV dzechgVsVi i hkin?— Mit dem Aufkommen der digitalen Fotografie wurden viele analoge Kameraprodukte einge-stellt. Das hat uns die Ruhe gegeben, in einem Nischenmarkt zu wachsen. Und die Zielgruppe ist jünger geworden. Junge Menschen, die „digital“ aufgewachsen sind, entdecken analoge Fotografie

Fo

to: ©

lo

mo

gra

ph

ic S

oc

iety

In

tern

ati

on

al

Page 63: White Paper: focus NEW SALES

62

focus n e W s a l e s

als kreative Beschäftigung. Wir bieten ihnen die Produkte, mit denen man unterschiedlichste analoge Techniken ausprobieren kann, zu einem leistbaren Preis.

Dann aber hat Instagram den Analog-Touch kzch dVe DngnikluoiogekfiV vVepkssi.— Instagram hatte ursprünglich sogar unseren Namen verwendet. Wir haben aber mit ihnen Kontakt aufgenommen und sie gebeten, für ihr Projekt einen neuen Namen zu finden. Letztlich hat uns Instagram mehr gebracht als gescha-det. Als Instagram an Facebook verkauft wurde, sind wir weltweit in der Presse in vielen Artikeln erwähnt worden. Und das Fazit, ob in der New York Times oder in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, war zu 99 Prozent, dass das „Original“, also die analoge Fotografie und damit auch Lomo-graphie, doch die bessere Lösung sei.

JVi i ikzchi nhe umni dVum iVzVi Smartphone Scanner doch auch in die digitale Welt ein.— Der Scanner ist für uns nur eine weitere Schnitt-stelle zwischen analoger und digitaler Welt. Mit ihm können Negative viel einfa-cher und schneller gescannt werden, direkt in die Geräte, die wir stets in der Hand haben. Das betrifft auch Menschen, die nicht analog fotografieren, die zu Hause aber noch viele alte Negative besitzen.

DVe SckiiVe wzedV kzu KncrsikeiVe gVlkzichi. Wkezumn?— Das war das erste Mal, dass wir mit Kick-starter gearbeitet haben. Aus zwei Gründen: Erstens konnten wir so Leute ansprechen, die wir sonst nicht erreicht hätten. Zweitens haben wir bei neuen Produkten normalerweise eine Entwicklungszeit von zwei Jahren, in denen wir alles selbst vorfinanzieren müssen. Mit dem Kickstarter-Projekt wurde der Vorfinanzierungs-druck verkürzt.

Was können andere Kreative von Lomo im Hniblncr kzu dVi VeienVb lVeiVin? — Vor allem das: Wie man ein Produkt kommu-niziert, ist ein Teil der Arbeit der Entwicklung des Produktes, der eigentlichen Produktidee. Im eigenen Wording und der Beschreibung der Anwendung stecken fast schon alle Informatio-nen für den Vertrieb. Das wird oft vergessen. Uns war das aber schnell klar. Es ist bis heute unser Erfolgsgeheimnis. Kreative müssen zuallererst daran denken: Was setzt du mit deinem Pro-dukt in Gang, was erzeugst du auf der Seite der User? Die Freiheit, etwas zu entwickeln, etwas zu machen, wohinter man voll steht und seine ganze Kreativität legt, muss man auch dafür nützen, alternative Wege im Vertrieb zu finden. Das ist oft ein Schritt, der übersehen wird. Und meist auch nicht einfach ist.

Page 64: White Paper: focus NEW SALES

63

focus n e W s a l e s

The World of Lomography: Der neue Smartphone Scanner (links) und das Key-Image des unternehmens: Lomowalls (oben und Seite 61).

Fo

tos:

©l

om

og

rap

hic

So

cie

ty I

nte

rna

tio

na

l

Page 65: White Paper: focus NEW SALES

64

focus n e W s a l e s

PERSPEKTIVEN

Neue Produkte oder Dienstleistungen der Kreativwirtschaft erwei-sen sich erst dann als innovativ, wenn sie auch den Markt erreichen und von Kunden angenommen werden. Dies macht deutlich, welche zentrale Rolle der Vertrieb für die kreative Arbeit spielt. Mit dem call Focus New sales möchte departure wiener kreativunterneh-men dabei unterstützen, neue, erfolgreiche Vertriebsstrategien zu entwickeln und anzuwenden.

Der fokus auf Vertrieb heißt: Der Weg zum Kunden ist das Ziel – nicht das Produkt allein steht im Mittelpunkt, sondern auch sein Verkauf. Das ist kein Gegensatz. Es geht dabei nicht darum, plötzlich dem Verkaufen mehr Aufmerksamkeit zu schenken als der Krea tion, dem Entwurf bzw. der Produktentwicklung. Es geht darum, schon bei der Entwicklung auch die Kunden und den Weg, wie diese am besten zu erreichen sind, mitzudenken.

Page 66: White Paper: focus NEW SALES

65

focus n e W s a l e s

W a s m a C h t m i C h u n D m e i n e l e i s t u n G F ü r k u n D e n e i n z i G a rt i G ?

Die Kunden von Anfang an mitzudenken, das heißt sich zunächst Klarheit über die eigene Einzigartigkeit zu verschaffen: Was kann nur ich, was mache nur ich? Was unterscheidet mein Produkt von allen anderen? Wel-chen Wert, welchen Sinn hat mein Produkt oder meine Dienstleistung für potenzielle Kunden? Das sind die entscheidenden Fragen, um den eigenen Brand aufzubauen und damit ein Unternehmen, das auch wirtschaftlich erfolgreich ist und Wachstumspotenzial hat. Daran schließt die Frage an, welche Instrumentarien Kreative brauchen, um ihre potenziellen Kunden und deren Bedürfnisse besser kennen zu lernen und mit ihnen so kommu-nizieren zu können, dass das Feedback in die Leistung bzw. Entwicklung produktiv einfließen kann? Und – für den Call – wie man sie bzw. wer sie dabei unterstützen kann?

W i e ko m m u n i z i e r e i C h D i e s e e i n z i G a rt i G k e i t ?

Diese Einzigartigkeit der eigenen Marke, der eigenen Person bzw. des jeweiligen Produkts muss potenziellen Kunden kommuniziert werden. Akteure der Kreativwirtschaft müssen also überlegen, wo sie überall mit Kunden in Kontakt kommen können – im eigenen Shop, via Website, Facebook oder Twitter, bei Showcases und Messen, durch User Response etc.  – und diese Kontaktstellen optimal für den Transport der Marken-idee nützen. Vertrieb funktioniert niemals nur über einen eigenen Shop, eine eigene Website oder mit der Referenzmappe des Architekten; es geht immer um einen Marketingmix, dessen Komponenten gefunden und gestaltet werden müssen. Das bedeutet heute faktisch immer auch die Einbeziehung von Onlinekanälen. Zu den Kunden kommen natürlich viel-fältige andere Marketing-Zielgruppen hinzu: Investoren, Konkurrenten, die Verwaltung und die Politik, die eigenen Mitarbeiter und Lieferanten; jede Menge Stakeholder der eigenen Marke.

Page 67: White Paper: focus NEW SALES

66

focus n e W s a l e s

W i e l a s s e n s i C h p r o D u k t e n t W I C K lu n g u n d   v e rt r I e B g l e I C h z e I t I g Vo r a n t r e i B e n ?

Vertrieb und Marketing sind strategische Fragen, die gezielt und langfris-tig geplant und umgesetzt werden müssen. Dabei wird es immer wieder nötig sein, sich Kompetenz und Hilfe auch von außen zu holen. Viele Krea-tivunternehmer gehen von einer gestalterischen Idee aus und nicht von einem wahrgenommenen Marktbedürfnis. Das ist grundsätzlich gut, weil dadurch Leidenschaft im Produkt erkennbar ist. Diese Idee muss aber von Anfang an auch mit Blick auf den Markt unterlegt sein; und das heißt schlussendlich auf den Kunden, der das Produkt oder die Dienstleistung kaufen soll. Sonst betreibt man kein Unternehmen, sondern ein Hobby.

Wenn ich weiß, warum jemand mein Produkt kaufen soll, wie oder wodurch es einen Gebrauchswert für den Käufer gewinnt, dann hat das nicht nur Einfluss auf die Gestaltung bzw. Entwicklung selbst, denn dann ist auch die Frage schon viel einfacher zu beantworten: Wie vertreibe ich meine Leistung? Und je früher im Entwicklungsprozess auch die adäqua-ten Vertriebswege mitgedacht werden, desto größer sind auch die Chan-cen für wirtschaftlichen Erfolg.

Auch dafür sind Onlinekanäle ein unerlässliches Hilfsmittel, das die vielfach für Kleinunternehmen zu aufwändige Marktforschung einfacher und billiger machen kann. Es macht ein Produkt besser, wenn man Kun-den fragt, es im Idealfall mit ihnen entwickelt und nicht einfach rät, was sie brauchen könnten. Schnelles Kundenfeedback ist stets einem langen Entwicklungsprozess in der sicheren Abgeschiedenheit vorzuziehen, denn es senkt das unternehmerische Risiko und steigert die Qualität. Für dieses rasche Feedback ist zunächst der lokale Markt ein guter Ort. Nicht zuletzt ist es vor Ort auch leichter, sich ein Bild über die direkte Konkur-renz, ihre Leistungen und Services zu machen und die eigenen Angebote gegebenenfalls neu zu justieren.

Page 68: White Paper: focus NEW SALES

67

focus n e W s a l e s

W i e k a n n i C h m e i n e k r e at i V i t ä t F ü r D e n V e rt r i e B e i n s e t z e n ?

Nicht nur Produkte und Dienstleistungen, auch deren Vertrieb bietet Her-ausforderungen für Kreativität und Chancen für einen „inhaltsgetriebe-nen“ Zugang zum Markt: Gerade die heute bestehende enorme Vielfalt an möglichen Marketing- und Kommunikationskanälen offeriert ein riesiges Potenzial für Innovation und kreative Gestaltung – und damit wird eine noch engere Wechselwirkung zwischen Produkt und Markt möglich. Die aktuelle Konjunktur von Content Marketing und Social Media-Marketing zeigt, wie eng diese Verknüpfung werden kann und dass mit tollen Ideen erfolgreiches Marketing auch sehr kostengünstig möglich ist, teils geht dabei die Kommunikation dem Produkt sogar voraus.

ko o p e r at i o n i s t e i n e G r u n D l a G e D e r k r e at i V i t ä t. W i e k a n n i C h B e i V e rt r i e B s F r a G e n DaVo n p r o F i t i e r e n ?

Natürlich ist nicht jede gute Industriedesignerin, ist nicht jeder kreative Musiker auch ein begnadeter Kommunikationsdesigner. Vertriebskoope-rationen, gemeinsame Onlineplattformen und Cross Selling-Konzepte ermöglichen jedoch Synergien und kommen kreativen Prozessen auch beim Verkauf sehr entgegen. Das beginnt beim Wissen über potenzielle Kunden, das mit gemeinsam betriebener Marktforschung und Kunden-kommunikation kostengünstiger zu gewinnen ist, und eröffnet Potenziale bei der Entwicklung innovativer Marketingstrategien und Vertriebswege durch Zusammenarbeit verschiedener Kreativunternehmen: gemein-same Projekte von Multimedia- und Musikproduzenten oder Mode- und Produktdesignern, die sowohl den Zugang zu Produzenten als auch zu Kunden optimieren bzw. erleichtern können, wenn sie als kooperative, Kreativität fördernde Herausforderung gesehen werden. Auch multidis-ziplinäre Teams über die Kreativwirtschaft hinaus (Kooperationen mit

Page 69: White Paper: focus NEW SALES

68

focus n e W s a l e s

„klassischen“ Unternehmen) können durch gesammeltes Wissen mehr erreichen. Nicht zuletzt ermöglicht auch simpler Informationsaustausch ohne gemeinsames Produkt neue Ideen und Wissenszuwächse, die pro-duktiv gemacht werden können. Denn Marktzugang ist vor allem in den umkämpften Gebieten der Kreativbranchen auch eine Frage von Netzwer-ken, von PR, von Beziehungen zu wichtigen Akteuren und Multiplikatoren im Markt.

W i e k a n n i C h C o n s u m e r to C o n s u m e r - B e z i e h u n G e n i n m e I n e m   m A r K e t I n g m I x n u t z e n ?

Kunden sind heute für Kreativunternehmen nicht nur wichtige Kommuni-kationspartner bei der Produktentwicklung, sie sind auch nicht zu unter-schätzende Marketingpartner. Und sie spielen nicht nur auf Produkt- und Handelsplattformen, sondern auch beim Crowdfunding für die Finanzie-rung von Produktentwicklung und Vertrieb eine Rolle. Empfehlungsmar-keting auf Consumer to Consumer-Basis erfordert aber eine intensive, authentische Kommunikation mit Stammkunden und Fans. Wenn dies gelingt, eröffnen Cross-Selling- und Up-Selling-Modelle für Produkte und Dienstleistungen weitere interessante Möglichkeiten. Ein neuer, bisher in Österreich noch selten angewandter Weg ist auch Media for Revenue und Media for Equity. Doch selbstverständlich liegt nicht allein in elektro-nischen Medien die Zukunft des Marketings. Auch offline bieten sich mit innovativen Konzepten, etwa der Verknüpfung von Produktion und Han-del, erfolgsversprechende Chancen: So wird z. B. der Verkauf am Produk-tionsstandort von vielen Kunden gern angenommen, weil er Authentizität und Besonderheit signalisiert. Direktvertrieb in Nischen- und Qualitäts-märkten, ob online oder in real life, bietet eine wichtige Alternative zu den riesigen Kanälen der Gegenwart im Internet. Insbesondere bei Mode, Design und Kunst gibt es einen Trend zu handwerklichen Kleinserien mit Vertrieb in Eigenregie, über Galerien, Crossover Shops und Concept Stores.

Page 70: White Paper: focus NEW SALES

69

focus n e W s a l e s

W e r h i l F t m i r , W e n n e s t r ot z D e m n i C h t F u n k t i o n i e rt ?

Man kann sich Wissen aneignen, Marketing- und Vertriebsratgeber lesen, sich auf die Trial and Error-Methode einlassen, sollte aber auch erken-nen, dass es Themenbereiche gibt, die mit Hilfe von außen besser zu bearbeiten sind: mit professionellen Beratern oder Vertriebspartnern in „klassischen“ Unternehmen. Vor allem anfangs kann professionelle Unter-stützung Fehler vermeiden helfen, die letztlich teurer kommen können als Coaching-Honorare. Das ändert nichts daran, dass erfolgreicher Vertrieb letztlich immer im Kern des Unternehmens verankert sein muss – in mög-lichst enger Verknüpfung mit der Produktentwicklung und mit den Krea-tiven, ihrer Individualität und ihrer jeweilig besonderen Persönlichkeit.

i n t e r n at i o n a l o D e r lo k a l – W i e s o l l i C h m i C h p o s i t i o n i e r e n ?

Last but not least eine wesentliche Grundentscheidung, die alle Kreativ-unternehmer immer wieder zu treffen haben: Um welchen Markt will ich mich primär kümmern? Lokal, international oder global? Hier vor Ort oder in den USA, in China, Russland oder Brasilien? Natürlich bieten die neuen Märkte vor allem in den prosperierenden Schwellenländern theoretisch mehr Optionen als der gesättigte heimische Markt. Aber wie komme ich dorthin? Onlinekanäle sind dabei gewiss hilfreich, aber nichts ersetzt die Vernetzung und die Präsenz vor Ort komplett. Ohne vertrauenswürdigen Vertriebspartner, der dieselbe „Sprache“ spricht und sie vor Ort richtig zu „übersetzen“ weiß, schrumpfen die Optionen schnell gegen Null.

Page 71: White Paper: focus NEW SALES
Page 72: White Paper: focus NEW SALES

i m p r e s s u m

HERAUSGEBER: departure – Die Kreativagentur der Stadt Wien GmbH, Bettina Leidl

KONZEPTION: Christian Dögl, Bettina Leidl, Anne Zimmermann

PROJEKTLEITUNG: Anne Zimmermann

AUTOREN: Christian Dögl, Wolfgang Reiter, Robert Temel (uma Holding GmbH)

REDAKTION : Wolfgang Reiter, Robert Temel, Anne Zimmermann

GASTKOMMENTARE: Carl Frech, Christian Kesberg, Doris Rothauer

INTERVIEWS: Christian Dögl, Wolfgang Reiter, Robert Temel

GRAFISCHE GESTALTUNG: Dieter Auracher

DRUCK: Remaprint

LEKTORAT: Simon Böckle, Robert Gisshammer

AUFLAGE: 1000

VERÖFFENTLICHUNG: Juni 2013

In dieser Publikation werden aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur männliche Formen verwendet. Diese beziehen sich gleichermaßen auf Männer und Frauen.

Page 73: White Paper: focus NEW SALES

D a n k a n :

Marlene Agreiter, Dieter Auracher, Allan Berger, Sally Bibawy, Camille Boyer, Christian Dögl, Tatjana Domany, Carl Frech, Walter Gröbchen, Anja Hasenlechner, Berndt Hauptkorn, Franz Hergovich, Christoph Hofinger, Oliver Holle, Christian Kesberg, Ben Knapp, Johannes Knoll, Reanne Leuning, Klaus Mühlbauer, Alexander Mühr, Andreas Oberkanins, Olga Okunev, Anna Popelka, Wolfgang Reiter, Doris Rothauer, Wally Salner, Thomas Schranz, Martin Sirlinger, Robert Temel, Adam Wehsely-Swiczinsky, Andreas Wiesmüller