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starke eltern starke kinder starke eltern starke kinder Deutscher Kinderschutzbund Jahresheft 1/2015 € 6,90 Familienzuwachs WENN AUS DREI VIER WERDEN WARUM PHANTASIE SO WICHTIG IST KEIN STRESS mit dem Aufräumen Draußen sein, Spaß haben, lernen, wachsen HILFE, unser Kind will nicht einschlafen Kinder brauchen Natur

starke kinder - Ziel:Marketing · 2018. 3. 14. · Elternliebe als eine ausschließlich „ge-bende Liebe“, die nicht auf Gegenliebe achtet, und als die „Summe aller posi-tiven

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Page 1: starke kinder - Ziel:Marketing · 2018. 3. 14. · Elternliebe als eine ausschließlich „ge-bende Liebe“, die nicht auf Gegenliebe achtet, und als die „Summe aller posi-tiven

starke elternstarke kinder

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Deutscher Kinderschutzbund Jahresheft 1/2015 € 6,90

Familienzuwachs

Wenn aus drei vier Werden

Warum Phantasie so Wichtig ist

Kein StreSS mit dem Aufräumen

draußen sein, spaß haben, lernen, wachsen

HilFe,unser Kind will nicht einschlafen

Kinder brauchen natur

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5starke eltern starke kinder 4 starke eltern starke kinder

Kindergarten & Schule

136 Übergänge gut gestalten

146 Schule neu denken

medien & Freizeit

152 Neue Kinderrechte-Webseiten des DKSB

156 Es war einmal ...

162 Grausam, altmodisch und reaktionär – kann man Kindern Märchen überhaupt zumuten?!

166 Lesen, Lachen, Lernen, Träumen: BÜchErEcKE

174 Kindertage auf Sylt

180 Wann sind wir endlich dahaa?

186 Kritzeln, Malen, Zeichnen – Eine Liebeserklärung an Stift & co.

201 Der Deutsche Kinderschutzbund

dieS & daS

6 hier erfahren Sie Aktuelles in Kürze

denKanStöSSe

16 Warum Kinder Natur brauchen

22 Draußen sein!

26 Gärtnern und Entdecken auf der Fensterbank

32 Ein gesunder Junge!

38 Unser Wunschkind Benedikt

42 „hätte ich das früher gewusst ...“

46 Gesundheit = chance

FamilienSachen

52 Aus Drei wird Vier

62 GEBUrTSTAGE – Prägend fürs ganze Leben

68 Alle Jahre wieder dasselbe Spiel?

72 Elternliebe

78 Beteiligung macht stark!

erziehung & entwicKlung

86 Schlaf ein, Kindchen ... oh bitte, bitte schlaf doch endlich!

92 Und nächtlich grüßt der Albtraum

98 Phantastische Phantasie

112 Alles in Ordnung?! – „Spring doch einfach drüber!“

116 (Wohlfühl-)Ordnung ins chaos

122 Was gegen das chaos helfen kann

124 Schöne neue Modewelt

130 Stark, schlau, schön ... Prinzessin?

inhalt

16 Warum Kinder Natur

brauchen

156 Es war einmal ...

86 Schlaf ein, Kindchen ...

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Thema wissen?

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vertiefen?

Oder ähnliche Artikel

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Dann folgen Sie einfach den Stern-

Symbolen, die Sie überall im Heft

finden und die unsere Texte als

„analoge Links“ miteinander

verbinden.

112 Alles in

Ordnung?!

52 Aus Drei wird Vier

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16 17starke eltern starke kinder starke eltern starke kinder

Warum Kinder

Naturbrauchen

Wir sind umgeben von Technik, unser Alltag lässt uns und unseren Kindern

oft wenig Raum für „Natürliches“. Dabei ist Natur so wichtig für unsere Kinder.

Hier erfahren sie – wie es der Kinderarzt Herbert Renz-Polster nennt – Widerständig-

keit, erleben Herausforderungen, entdecken, lernen und wachsen.

Gute Gründe, unseren Kindern den Zugang zur Natur zu bewahren.

voN Markus Hauser

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denkanstösse

Hausaufgaben freundlich, aber bestimmt nach draußen scheuchten. Bedenken, dass etwas passieren könnte, hatten sie, so weit ich mich erinnern kann, nicht. Wir hat-ten klare Anweisung, uns von bestimmten Grundstücken fernzuhalten, nicht auf der Straße Ball zu spielen und pünktlich um sechs zum Abendessen zurück zu sein. Was wir mit unserer freien Zeit anfingen, war uns überlassen. Also stomerten wir durch unser „Revier“, immer auf der Su-che nach Abenteuern, die wir uns meistens selbst ausdachten. Wir haben eine ganze Menge Unsinn angestellt, einigermaßen gefährliche Dinge ausprobiert (wer eine Schachtel Streichhölzer besorgen konnte, war der König), „Banden“ gegründet und wieder aufgelöst, kurz wir waren ziemlich beschäftigt und fürchteten uns vor nichts.

Andere ZeitenInzwischen sind einige Jahrzehnte ver-strichen. Kindheit sieht heute anders aus. Organisierter, strukturierter. Die Freiräu-me, die wir damals so selbstverständlich genutzt haben, sind weniger geworden. Kinder, so macht es den Eindruck, leben heute behüteter, geschützter, oft auch überwachter. Und auf jeden Fall mehr drinnen als draußen. Gruppen von Kin-dern, die ihre Nachmittage „outdoor“ ver-bringen, sind selten geworden. Nicht ein-mal an den Orten, an denen Natur noch einigermaßen zugänglich ist. Das stellt der Philosoph und Biologe Andreas Weber in seinem Buch Mehr Matsch! fest: „Selbst dort, wo urwüchsige Areale noch erreich-bar sind, gehen unsere Sprösslinge nicht hin. Auch Landkinder streunen nicht mehr durch die Umgebung.“1 Die Gründe? Sind vielfältig. Und ganz sicher sind nicht die vielgescholtenen „Helikopter-Eltern“, die ihre Kinder mutmaßlich nur in Begleitung außer Haus lassen, die Hauptverantwortli-chen. Unsere Lebenswelt, und damit auch die Lebenswelt unserer Kinder, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich

Auf Bäume klettern und sich den Wind um die Nase wehen lassen, die ersten reifen Himbeeren aus Nachbars Garten mopsen, Froschlaich sammeln und in Einweckgläsern nach Hause schleppen. Den baufälligen Schuppen am Ende der Straße inspizieren und zwischen rostigen Gartenstühlen nach dem Schatz suchen, der dort ganz sicher versteckt sein muss. Staudämme am Bach bauen, Gänseblüm-chenketten basteln, Steine sammeln, eine tote Maus untersuchen, dicken schwarzen Käfern Kunststückchen beibringen. So ha-ben wir die meisten Nachmittage unserer Kindheit verbracht, Mitte der Siebziger, ir-gendwo in der schwäbischen Provinz. Auf der einen Seite unserer Siedlung began-nen die Felder, auf der anderen die Streu-obstwiesen, wir mittendrin und immer unterwegs. Das war nichts besonderes, Kindheit spielte sich zumindest bei gutem Wetter an der frischen Luft ab. Dafür sorg-ten schon unsere Mütter, die uns nach den

verändert. Wir sind mobiler geworden, uns stehen Möglichkeiten zur Verfügung, von denen man früher nur träumen konn-te, und wir gestatten uns und unserern Kinder, diese auch zu nutzen. Dann geht der Sohn eben nicht zum Fußballtraining auf den Bolzplatz direkt um die Ecke, son-dern spielt lieber Hockey in einem Ver-ein am anderen Ende der Stadt, weil er das lieber mag und ein Talent dafür hat, braucht aber öffentliche Verkehrsmittel um hinzukommen. Die Tochter besucht nicht die Schule im eigenen Viertel, son-dern eine, an der ihre musischen Bega-bungen besser gefördert werden, sitzt dafür aber jeden Tag mehr als eine Stunde in der S-Bahn. Viele dieser Optionen und neuen Freiheiten kosten also Zeit. Dazu kommen Ganztagesangebote in Kitas und Schulen, längere Schulzeiten, Hausauf-gaben, Förderangebote – wann bliebe also noch Raum, auf eigene Faust draußen herumzustromern? Spaß machen würde es ohnehin nur, wenn auch andere Kin-der unterwegs sind. Aber die sind genau-so beschäftigt, treffen ihre Freunde im Tanzclub, im Jugend-Gemeinderat oder Kinder chor.

Wesentliche FAktoren Für die entWicklungWas auf der einen Seite eine wunderbare Chance ist, die vielfältigen Neigungen und Talente unserer Kinder zu unterstützen, hat eine für die kindliche Entwicklung nicht unerhebliche „Nebenwirkung“: Alle diese Angebote werden von Erwachse-nen FÜR Kinder gemacht. Kinder haben immer weniger die Gelegenheit, selbst zu entscheiden, was sie wann wo wie mit wem ausprobieren, entdecken, tun wol-len. Dabei ist gerade diese Freiheit (neben sicheren Bindungen und stärkender, für-sorglicher Begleitung) mitentscheidend für die Entwicklung „fester Wurzeln“2, wie der Kinderarzt Herbert Renz-Polster und der Neurobiologe Gerald Hüther in ihrem

Unsere Lebenswelt,

und damit auch die

Lebenswelt unserer Kinder, hat sich in den

vergangenen Jahrzehnten

deutlich verändert.

Gruppen von Kindern, die ihre Nachmittage „outdoor“ verbringen, sind selten geworden.

LeseTipp

einen „neuen Blick auf das kindliche Lernen, Fühlen und Denken“ verspricht das Gemeinschaftswerk der beiden renommierten Autoren. Und tatsächlich finden sich in dem schön gestalteten, mit einer Fülle an Fotos und (literarischen) Zitaten versehenen Buch eine Menge bedenkenswerter neuer Ideen. Man muss nicht unbedingt jede

Aussage unterschreiben, das Buch regt aber definitiv zum Weiter-denken und -diskutieren an und vermittelt interessante einblicke

in die kindliche entwicklung. spannend!

Herbert Renz-Polster, Gerald Hüther

Wie kinder Heute WacHsen. natur als entWicklungsrauM. Beltz verlag, IsBN 978-3-407-85953-2Preis: 17,95 euro

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elternliebe

elternliebe: Älteste und normalste liebe der Welt. Was macht sie aus? Wie kann man sie fassen? Wie erleben wir sie? Wie entwickelt sie sich? Wie verändert sie uns? Und wann empfinden wir sie am stärksten? Gedanken einer Mutter.

von Lena Domröse

Bei einer Umfrage in meinem Bekann-tenkreis höre ich schöne und sehr un-terschiedliche Beschreibungen. Sie sei unkündbar, unmittelbar, bedingungs-los, „lebenslänglich“, geprägt davon,

das Beste für sein Kind zu wollen, da-her aber auch geprägt von vielen Feh-lern (Was genau ist „das Beste“?). Sie sei außerdem abhängig von Persön-lichkeit, Selbstbewusstsein und eige-

nen Erfahrungen der Eltern mit ihren Eltern. Eine frischgebackene Mutter meint, dass sie die Elternliebe als ein ganz neues Gefühl wahrgenommen habe, als eine Art von Liebe, die sie

vorher nicht kannte. Freunde berich-ten mir, dass Elternliebe eine Dimen-sion angenommen hat, die sie sich selbst nicht erträumt hätten, dass sie aber auch erst wachsen musste. Sie er-

wähnen Einzigartigkeit der Elternliebe und Elternliebe als ein Ventil für neue Seiten von Zärtlichkeit und Beschüt-zerinstinkt, die sie in sich nie vermutet hätten. Auf meiner Suche nach einer guten Umschreibung interessiert mich aber auch die wissenschaftliche Perspekti-ve. Was sagt die?

EltErnliEbE als sElbstlosEs GEbEn?Der Hirnforscher und Biologe Dr. Ral-ph Dawirs, den ich beim Googeln von „Elternliebe“ sofort finde, beschreibt Elternliebe als eine ausschließlich „ge-bende Liebe“, die nicht auf Gegenliebe achtet, und als die „Summe aller posi-tiven Hinwendungen zum Kind“. Au-ßerdem spricht er Neugeborenen die

Freunde berichten mir, dass elternliebe eine Dimension angenommen hat, die sie sich selbst nicht erträumt hätten.

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87starke eltern starke kinder 86 starke eltern starke kinder

Schlaf ein, Kindchen ... oh bitte, bitte schlaf doch endlich!Gegen ende des ersten lebensjahres schlafen die meisten Kinder durch. das heißt, sie schlafen etwa sechs bis zehn stunden am stück. das bedeutet allerdings noch lange nicht, dass es ab dann keine Probleme mehr gibt mit dem ein- und durchschlafen. Gerade Klein- und Vorschulkinder entwickeln das aus-dem-bett-hüpfen gern zum dauersport. Was eltern und Kindern hilft, ruhige abende und nächte zu verbringen.

Von Anke GAsch

„Warum kämpfen Klein-, Vor- und Grundschulkinder eigentlich so häufig gegen das Ins-Bett-Gehen?“, habe ich mehrere Fachleute gefragt und erfah-ren: Einige tun es, weil sie schon viel zu müde fürs Waschen oder Zähneput-zen sind. Andere, weil es ihnen schwer fällt, abrupt aus einem schönen Spiel gerissen zu werden. Besonders für die Kleinen ist das schwer, denn das Mor-gen ist für sie noch nicht greifbar, ganz im Gegensatz zum prallen Hier und Jetzt.

Dann gibt es Kinder, die bereits häu-figer gezwungen worden sind, un-endlich lange schlaflos im dunklen Zimmer zu liegen. „So eine Situation ist für die meisten Kinder schwer zu ertragen“, erklärt Diplom-Psychologin Helena Harms. „Denn sie sind mit ei-

wollen die Kleinen natürlich unbedingt herauskommen und setzen alle Tricks ein, die sie auf Lager haben. „Mama, ich hab aber noch Durst!“, „Ich muss noch mal Pipi!“...Schließlich gibt es viele Kinder, die nicht ins Bett wollen, weil sie einfach

nem Urinstinkt ausgestattet, der lange für das Überleben unserer Spezies ge-sorgt hat. Und dieser sagt ihnen: Allein im Dunkeln bin ich in Lebensgefahr. Ich MUSS schnell zu meinen Eltern, ich BRAUCHE jetzt Körperkontakt, sonst bin ich verloren!“ Aus dieser Lage

Kinder haben Wie Wir erWachsenen auch bestimmte „schlaffenster“.

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(Wohlfühl-)ordnung ins Chaosnervige diskussionen ums ordnung halten und aufräumen kennen Eltern zur genüge. Meist hat der nachwuchs komplett andere Vorstellungen, oft sind sich nicht einmal Mama und Papa darüber einig, wie viel ordnung nötig ist. Trotzdem muss dauer-Zoff nicht sein. Ein Plädoyer für lebbare Kompromisse.

Von Anke GAsch und DAnielA hess

Sie sind das Chaos zu Hause leid? Die täglichen Diskussionen, das ewige Nörgeln, die nutzlosen Ermahnungen, Erinnerungen, Bitten? Sie hätten es gerne ein bisschen wohnlicher und weniger schlechte Stimmung, Ihnen ist aber nicht klar, wie das gehen könn-te? Es gibt Hilfe.Der erste Schritt: Machen Sie sich bewusst, dass das Aufräum- oder Ordnungsproblem ein Erwachsenen-Problem ist, also Ihres, nicht das Ihrer Kinder: Sie bestehen auf eine bestimmte Ordnung, Sie machen die Vorgaben, wer was wo wie aufzuräumen hat. Sie kommen unter Druck und fühlen sich frustriert, wenn das gemein-same Zuhause nicht so aussieht, wie Sie es für richtig halten. Wir glauben, dass es wichtig ist, sich diesen Punkt klar zu machen. Wir wissen aus (leidvoller!) Erfahrung: Die anderen Beteiligten, Ihr Nachwuchs, eventuell auch Ihr Partner/Ihre Partnerin, haben fast immer eine ganz andere Wahrnehmung der Situa-tion und eigene Vorstellungen davon, was Ordnung ist und wie viel auf welche Art sein muss, um sich daheim wohlzufühlen. Ist es da nicht nur fair (und notwendig), auch sie zu Wort kommen und ihren Standpunkt ver-treten zu lassen, beispielsweise in einem Familienrat?

Wer die Welt ändern möchte, muss bei sich selbst anfangenSie möchten einen solchen Familienrat einberufen? Dann ist es sinnvoll, dass Sie sich zunächst einmal selbst über ein paar Dinge klar werden. Wie wichtig ist Ihnen Ordnung? Was genau verstehen Sie darunter? Was stört Sie besonders? Und gibt es umgekehrt Be-reiche, in denen Sie etwas großzügiger sind oder zumindest groß-zügiger sein könnten? Ein Tipp: Versuchen Sie nicht, rationale Er-klärungen für Ihre Vorstellungen von Ordnung zu finden. Das wird Ihnen zweifellos gelingen (Spielzeug, das auf dem Fußboden liegt, geht kaputt, wenn man drauftritt; über den Schulranzen im Flur stolpert man), helfen tun diese „Sachargumente“ aber in der Regel nicht. Weil es beim Aufräumen oder Nicht-Aufräumen oft um ganz andere Dinge geht, als um ein gefühltes oder tatsächliches Ord-nungsdefizit. Um ungelöste Konflikte aus anderen Bereichen zum Beispiel oder auch um eine Menge unausgesprochener Gefühle. Seitens der Ordnungsliebhaber könnte sich das so darstellen: „Ich kann sagen, was ich will, ich werde nicht ernst genommen, keiner nimmt auf meine Bedürfnisse Rücksicht. Ich habe versagt, weil ich es nicht schaffe, für Ordnung zu sorgen, was in anderen Famili-en scheinbar mühelos gelingt.“ Die Ordnungsverweigerer mögen ebenfalls Nöte umtreiben: „Immer gibt es Streit wegen der blöden Aufräumerei, ich würde ja auch freiwillig ein bisschen aufräumen, aber wenn ich wieder und wieder gesagt kriege, dass ich dies und jenes endlich mal tun soll, hab’ ich überhaupt keine Lust mehr dazu. Und wenn ich mal von mir aus was wegräume, dann ist es doch wieder falsch oder nicht ordentlich genug. Bitte, dann mach’ ich halt gar nix.“

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➳Mehr dazu,

wie ein Familienrat

gelingt,finden Sie

auf Seite 93.

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Wann sind wir endlich dahaa?

Menschen, die mit Kindern unterwegs sind, können von diesem Klassiker ein Lied singen. Ein Lied, zu dem sich immer wieder neue Strophen gesellen. Thema mit Variationen! Dauerbrenner! „Wann sind wir endlich da? Wie lange dauert es noch? Mir ist so lang-weilig!“ Zum Glück gibt’s Dinge, die für Unterhaltung sorgen.

Von Heidemarie BroscHe

Tja, erst freuen sich die Kleinen wie wild auf die große Reise. Doch kaum hat das Auto die eigene Garageneinfahrt verlassen, geht es los: „Wann sind wir endlich da?“ Im Grunde ist es verständlich: Dank Gurt bzw. Kindersitz ist der Bewegungsdrang kolos-sal eingeschränkt – für viele Kinder eine enorme Einbuße an Lebensqualität. Doch Sicherheit geht vor. Außerdem haben Kin-der ein anderes Zeitgefühl als Erwachsene und für die Schönheiten der Landschaft eher wenig übrig.

EltErngEbotE

Wer gegen immer wieder aufkommende Langeweile nicht gewappnet ist, büßt Le-bensfreude ein. Ein Kind alleine kann zur Nervensäge werden. Mehrere schaffen es bis zur Heimsuchung. Freunde berichteten, wie ihre Kinder sich irgendwann sogar um die Autofenster stritten. „Der schaut aus meinem Fenster. Der ist so blöd. Ich hasse den.“ In der Folge Kreischen und Wehkla-gen. Bis zum Ende der Reise waren alle hoffnungslos zerstritten. Was also tun?

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