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J Lab Med 2008;32(5):339–360 2008 by Walter de Gruyter Berlin New York. DOI 10.1515/JLM.2008.015 2008/15 Article in press - uncorrected proof Onkologie Redaktion: P. Stieber Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern Sensible use of tumor markers Petra Stieber* und Volker Heinemann Institut fu ¨ r Klinische Chemie, Medizinische Klinik III, Klinikum der Universita ¨ t Mu ¨ nchen, Campus Großhadern, Mu ¨ nchen, Deutschland Zusammenfassung Als Tumormarker werden heute alle nachweisbaren oder messbaren Substanzen zusammengefasst, die auf einen Tumor hinweisen oder zu seiner Charakterisierung und Messung seiner Ausbreitung und Therapieansprechen beitragen ko ¨nnen. Humorale zirkulierende Tumormarker- substanzen als Vorstufen normaler Antigene, ektopisch gebildete Hormone oder Enzyme, ontogenetisch alte reaktivierte Antigene, hybridom-definierte Muzine und Zytokeratine sind unter den Tumormarkern von beson- derem Interesse. Es gibt bis heute keinen tumorspezifischen Biomarker, alle bislang bekannten Tumormarker sind physiologisch beim Menschen im Blut nachweisbar. Ihre diagnostische Bedeutung liegt mehr in der Quantita ¨ t denn in der Qua- lita ¨t. Die gemessene Tumormarkerkonzentration reflek- tiert Tumormasse und -ausbreitung und ist prima ¨ r von der Tumorblutversorgung abha ¨ ngig. Im Einzelnen stellt sie ein integrales Maß aus der im Tumor vorhandenen Tumormarker-Expression, -Synthese, -Freisetzung, dem im Organismus ablaufenden Tumormarker-Katabolismus und der Tumormarker-Exkretion dar. Tumormarker-A ¨ nde- rungen ohne Korrelation zur Tumormasse ko ¨ nnen des- halb auch durch Sto ¨ rungen von Katabolismus und der Exkretion (Leber-, Niereninsuffizienz), durch Freisetzung infolge invasiver diagnostischer Maßnahmen (Endo- skopie, Biopsie, Katheterisierung) oder durch akute Therapieeinwirkung (Operation, Radio-, Chemotherapie) auftreten. Wegen Standardisierungsproblemen zwischen glei- chen Tumormarker-Tests verschiedener Hersteller, muss bei einer punktuellen Diagnostik, z.B. mittels PSA die Interpretation immer auf den assayspezifischen Referenz- * Korrespondenz: Dr. med. Petra Stieber, Institut fu ¨ r Klinische Chemie, Klinikum der Universita ¨ t Mu ¨ nchen, Campus Großhadern, Marchioninistr. 15, 81366 Mu ¨ nchen, Deutschland Tel.: q49 (089) 7095-3115 Fax: q49 (089) 7095-6298 E-Mail: [email protected] angaben erfolgen und bei Verlaufsbestimmungen eines Patienten der gleiche Test vom selben Hersteller (evtl. im gleichen Labor bestimmt) herangezogen werden, das Testergebnis ist zusammen mit dem jeweils verwendeten Test und Hersteller anzugeben. Von den potenziellen Indikationen fu ¨ r den Einsatz zir- kulierender Tumormarker ist die zur Fru ¨ herkennung/ Screening eines Tumors bis auf die umstrittene von PSA beim Prostatakarzinom unrealistisch, die zur Tumorloka- lisation (PSA; HTG) und fu ¨ r die Diagnose begrenzt, die fu ¨ r die Prognose zunehmend von Bedeutung und die fu ¨r die Therapie-U ¨ berwachung und Rezidiverkennung die meist verwandte, im Kontext mit endoskopischen und bildgebenden Verfahren. Unter kritischer Auswahl von Tumormarkern nach Ziel- tumor, bei Verlaufsbestimmungen unter Verwendung der gleichen Tests und unter Beru ¨ cksichtigung eines ver- wertbaren Informationsgehalts leisten Tumormarker ei- nen wichtigen Beitrag zur Diagnostik, Prognosefindung, Beurteilung der Therapieantwort und Rezidiverkennung. Die Qualita ¨ t des Untersuchers geht besonders auf dem Sektor der onkologischen Labordiagnostik signifikant in die Qualita ¨ t des erhobenen Befundes ein. Schlu ¨ sselwo ¨ rter: Einflussgro ¨ ßen; Indikationen; Interpre- tation; Methodenabha ¨ ngigkeit; Nachsorge; onkologische Biomarker; Prima ¨ rdiagnose; Prognose; Screening; Sensitivita ¨ t; Spezifita ¨ t; Sto ¨ rgro ¨ ßen; Therapiekontrolle; Tumormarker. Abstract Tumor markers refer to all detectable and measurable analytes which are able to indicate a solid tumor or con- tribute to its characterization or judgment concerning tumor spread and therapy efficacy. Among the markers, humoral circulating tumor substances, such as precur- sors of normal antigens, ectopically produced hormones or enzymes, ontogenetic old reactivated antigens, hybridoma-defined mucins and cytokeratins are of spe- cial interest. Up to now, no tumor specific biomarker has been detected, all markers known so far are physiological components of blood; thus, their diagnostic capacity is more related to quantity than to quality. The tumor marker concentration depends on the tumor blood supply and reflects tumor mass and tumor spread as a sum of mark- Bereitgestellt von | Universitaetsbibliothek der LMU Muenchen Angemeldet | 129.187.254.47 Heruntergeladen am | 14.11.13 15:50

Sinnvoller Einsatz von TumormarkernJ Lab Med 2008;32(5):339–360 2008 by Walter de Gruyter • Berlin • New York. DOI 10.1515/JLM.2008.015 2008/15 Article in press - uncorrected

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J Lab Med 2008;32(5):339–360 � 2008 by Walter de Gruyter • Berlin • New York. DOI 10.1515/JLM.2008.015 2008/15

Article in press - uncorrected proof

Onkologie Redaktion: P. Stieber

Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern

Sensible use of tumor markers

Petra Stieber* und Volker Heinemann

Institut fur Klinische Chemie, Medizinische Klinik III,Klinikum der Universitat Munchen, CampusGroßhadern, Munchen, Deutschland

Zusammenfassung

Als Tumormarker werden heute alle nachweisbaren odermessbaren Substanzen zusammengefasst, die auf einenTumor hinweisen oder zu seiner Charakterisierung undMessung seiner Ausbreitung und Therapieansprechenbeitragen konnen. Humorale zirkulierende Tumormarker-substanzen als Vorstufen normaler Antigene, ektopischgebildete Hormone oder Enzyme, ontogenetisch altereaktivierte Antigene, hybridom-definierte Muzine undZytokeratine sind unter den Tumormarkern von beson-derem Interesse.

Es gibt bis heute keinen tumorspezifischen Biomarker,alle bislang bekannten Tumormarker sind physiologischbeim Menschen im Blut nachweisbar. Ihre diagnostischeBedeutung liegt mehr in der Quantitat denn in der Qua-litat. Die gemessene Tumormarkerkonzentration reflek-tiert Tumormasse und -ausbreitung und ist primar vonder Tumorblutversorgung abhangig. Im Einzelnen stelltsie ein integrales Maß aus der im Tumor vorhandenenTumormarker-Expression, -Synthese, -Freisetzung, demim Organismus ablaufenden Tumormarker-Katabolismusund der Tumormarker-Exkretion dar. Tumormarker-Ande-rungen ohne Korrelation zur Tumormasse konnen des-halb auch durch Storungen von Katabolismus und derExkretion (Leber-, Niereninsuffizienz), durch Freisetzunginfolge invasiver diagnostischer Maßnahmen (Endo-skopie, Biopsie, Katheterisierung) oder durch akuteTherapieeinwirkung (Operation, Radio-, Chemotherapie)auftreten.

Wegen Standardisierungsproblemen zwischen glei-chen Tumormarker-Tests verschiedener Hersteller, mussbei einer punktuellen Diagnostik, z.B. mittels PSA dieInterpretation immer auf den assayspezifischen Referenz-

*Korrespondenz: Dr. med. Petra Stieber, Institut fur KlinischeChemie, Klinikum der Universitat Munchen, CampusGroßhadern, Marchioninistr. 15, 81366 Munchen, DeutschlandTel.: q49 (089) 7095-3115Fax: q49 (089) 7095-6298E-Mail: [email protected]

angaben erfolgen und bei Verlaufsbestimmungen einesPatienten der gleiche Test vom selben Hersteller (evtl. imgleichen Labor bestimmt) herangezogen werden, dasTestergebnis ist zusammen mit dem jeweils verwendetenTest und Hersteller anzugeben.

Von den potenziellen Indikationen fur den Einsatz zir-kulierender Tumormarker ist die zur Fruherkennung/Screening eines Tumors bis auf die umstrittene von PSAbeim Prostatakarzinom unrealistisch, die zur Tumorloka-lisation (PSA; HTG) und fur die Diagnose begrenzt, diefur die Prognose zunehmend von Bedeutung und die furdie Therapie-Uberwachung und Rezidiverkennung diemeist verwandte, im Kontext mit endoskopischen undbildgebenden Verfahren.

Unter kritischer Auswahl von Tumormarkern nach Ziel-tumor, bei Verlaufsbestimmungen unter Verwendung dergleichen Tests und unter Berucksichtigung eines ver-wertbaren Informationsgehalts leisten Tumormarker ei-nen wichtigen Beitrag zur Diagnostik, Prognosefindung,Beurteilung der Therapieantwort und Rezidiverkennung.Die Qualitat des Untersuchers geht besonders auf demSektor der onkologischen Labordiagnostik signifikant indie Qualitat des erhobenen Befundes ein.

Schlusselworter: Einflussgroßen; Indikationen; Interpre-tation; Methodenabhangigkeit; Nachsorge; onkologischeBiomarker; Primardiagnose; Prognose; Screening;Sensitivitat; Spezifitat; Storgroßen; Therapiekontrolle;Tumormarker.

Abstract

Tumor markers refer to all detectable and measurableanalytes which are able to indicate a solid tumor or con-tribute to its characterization or judgment concerningtumor spread and therapy efficacy. Among the markers,humoral circulating tumor substances, such as precur-sors of normal antigens, ectopically produced hormonesor enzymes, ontogenetic old reactivated antigens,hybridoma-defined mucins and cytokeratins are of spe-cial interest. Up to now, no tumor specific biomarker hasbeen detected, all markers known so far are physiologicalcomponents of blood; thus, their diagnostic capacity ismore related to quantity than to quality. The tumor markerconcentration depends on the tumor blood supply andreflects tumor mass and tumor spread as a sum of mark-

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er expression, synthesis, release, the catabolism of theorganism, as well as the marker excretion. Changes inbiomarker levels without correlation to tumor load can bedue to impairment of the liver and kidney function or dueto invasive diagnostic methods (endoscopy, biopsy, ure-teral catheter) or due to acute reactions on treatment(surgery, radio-chemotherapy). Due to problems withstandardization between assays from different producersmeasuring the same antigen, interpretation of biomarkersof single measurements, such as PSA (prostate specificantigen), must be performed using assay specific refer-ence ranges and interpretation of serial measurementsmust be performed using the identical assay. The testresult has to be indicated together with the assay used(kit and producer). Among the potential indications fortumor marker determinations, the early detection orscreening of a tumor is unrealistic – except PSA in pros-tate cancer detection. In rare cases, biomarkers can behelpful in tumor localization (HTG (human thyreoglobu-line), PSA) and support of primary diagnosis, the knowl-edge about their prognostic relevance is increasing, themost widely used indication is therapy control and fol-low-up care in context with medical imaging. Providedthat markers are critically selected following the locali-zation of the tumor, that serial determinations are per-formed using the identical assay and that the clinicalquestion is relevant, tumor markers contribute to a sig-nificant degree to diagnosis, prognosis, therapy controland early detection of metastatic or recurrent disease.Especially in the field of diagnostic oncology, the qualityof the investigator is significantly linked to the quality ofthe test result.

Keywords: dependency on kit used; follow-up care; indi-cations; influencing factors; interfering factors; inter-pretation; oncological biomarker; primary diagnosis;prognosis; screening; sensitivity; specificity; therapycontrol; tumor marker.

Einleitung

Diagnostische Maßnahmen haben in der Onkologie – wiein jeder anderen medizinischen Disziplin auch – dasWunschziel, mit moglichst wenig Belastung fur denPatienten ein Optimum an Information zu erhalten. Somitwird der Bestimmung der sogenannten ,,Tumormarker‘‘als minimal invasive, schnelle, reproduzierbare und wenigkostenintensive Untersuchungsmethode bei Tumorer-krankungen seit vielen Jahren großes Interesseentgegengebracht.

Was wird als Tumormarker bezeichnet?

Fur die Diagnostik ware es ideal, wenn eine Zelle erstnach ihrer malignen Transformation Signalsubstanzen ingenugender Konzentration in das Blut sezernieren wurdeund wenn man daruber hinaus durch deren Nachweisden Ursprungsort eines Tumors feststellen konnte.

Trotz intensiver Forschung gibt es bis heute keinen sol-chen Tumormarker im eigentlichen Sinne. Alle derzeitbekannten onkologischen Biomarker sind auch beigesunden Personen immer im Blut nachweisbar, dasheißt, Marker mit einhundertprozentiger Tumor-Spezifitat(bei benignen Erkrankungen und gesunden Personennicht nachweisbar) wurden bis heute nicht entdeckt. Da-ruber hinaus ist das Ausmaß der Freisetzung von Bio-markern bei soliden Karzinomen zumindest in den fruhenTumorstadien nicht so deutlich ausgepragt, dass sich dieKonzentrationen von denjenigen gesunder Personengenerell abheben wurden. Daraus resultiert eine Uberlap-pung der Kollektive Tumorkranker mit Nicht-Tumorkran-ken und eine Sensitivitat, die nie 100% erreicht(Abbildung 1).

Dass man bis heute trotz wesentlich sensitiverer bio-chemischer Technologien keinen solch einhundertpro-zentigen Tumormarker entdeckt hat, ist enttauschend,spiegelt aber den außerst komplexen pathophysiologi-schen Hintergrund von Tumorerkrankungen wider und istsomit nicht erstaunlich. Realistisch betrachtet bedeutetdas, dass man derzeit zumindest schon die dominante-sten Parameter entdeckt hat, die Vernetzung und Inter-pretation der Parameter aber noch zu wunschen lasst.

Diejenigen Parameter, die trotz dieses problematischenHintergrundes in der Medizin als Tumormarker bezeich-net werden, sind im Blut und/oder in anderen Korper-flussigkeiten zirkulierende Makromolekule – zumeistProteine mit einem Kohlenhydrat- oder Lipidanteil –deren Auftreten und Konzentrationsanderungen mit demEntstehen und dem Wachstum von malignen Tumoreneines Individuums in gewisser Beziehung stehen. Tumor-marker werden in oder auf Tumorzellen beziehungsweisedurch Induktion anderer Zellen gebildet und gelangen alszirkulierende Antigene in Korperflussigkeiten wie Blut,Aszites oder Pleuraexsudat.

Die derzeit in der Routinediagnostik eingesetzten Ana-lyte konnen zusammengefasst werden in ontogenetischalte reaktivierte Antigene, wie die vor uber 40 Jahren alserste onkologische Biomarker entdeckten onkofetalenAntigene AFP und CEA, biosynthetisch aberrierende Vor-stufen normaler Antigene, z.B. Blutgruppensubstanzen(CA 19-9, CA 242), in ektopisch gebildete normale Anti-gene, z.B. Hormone (HCG, ProGRP, PTH, Calcitonin,u.a.), Enzyme ( PSA, NSE, TK, PHI), hybridom-definierteMuzin-Substanzen wie MUC-1 Antigene (CA 15-3, MCA,CA 549, TAG-12, CA 27.29, BR) oder andere (CA 125,CA 72-4), Zytokeratine (CYFRA 21-1, TPA, TPS) u.a.(Paraproteine, ß2-Mikroglobulin, SCCA, HTG).

Verglichen mit den seit vielen Jahren bestens etablier-ten objektiven Kriterien zur Beurteilung der Wertigkeitneuer therapeutischer Moglichkeiten – existieren nursparliche Richtlinien zur Beurteilung der Effektivitat dia-gnostischer Maßnahmen in der Onkologie. Insbesonderegibt es keinerlei verpflichtende Kriterien, die vor der Ein-fuhrung eines neuen diagnostischen Mediums oder Ana-lyten erfullt sein mussen. Das hat zur Konsequenz, dassaufgrund einer rasanten Entwicklung seitens der Indu-strie den betreuenden Arzten eine immer großere Anzahl

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Abbildung 1 Verteilung von CA 125 als Beispiel fur die Uberlappung innerhalb der Kollektive von gesunden Kontrollpersonen,Patienten mit benignen Erkrankungen und Patienten mit Karzinomen.

schnell erhaltlicher diagnostischer Tests zur Verfugungsteht, deren Nutzen haufig unzulanglich belegt ist.

Diese Ubersicht soll Hilfestellungen bei der Fragestel-lung, Auswahl und Interpretation der wichtigsten Tumor-marker geben.

Qualitatsmerkmale von Tumormarkern

Der diagnostische Wert eines Tumormarkertests ist durchseine Empfindlichkeit (Sensitivitat) und seine Spezifitatcharakterisiert.

Die Sensitivitat eines Tumormarkers gibt den Pro-zentsatz richtig-positiver Ergebnisse bei Vorhandenseineines Tumors an. Angaben uber die Empfindlichkeit sindnur dann zuverlassige Kriterien, wenn die Stadien einerTumorerkrankung gut definiert sind.

Die Spezifitat eines Tumormarkers gibt an, bei wie vielProzent der Gesunden beziehungsweise von benignenErkrankungen Betroffenen (Nicht-Tumorkranken) dasTestergebnis richtig-negativ ausfallt. Sie ist also umsohoher, je niedriger der Prozentsatz falsch-positiverBefunde ist. Angaben uber die Spezifitat geben nur danneine zuverlassige Aussage, wenn die Kontrollgruppegenau charakterisiert ist und auch je nach klinischerFragestellung die klinisch relevante Kontrollgruppeuntersucht wurde. Dabei stellt ein klinisch und klinisch-chemisch unauffalliges Normalkollektiv eine Art Basisun-tersuchung dar. Neben vieler organbezogener benignerErkrankungen mussen letztendlich zum Zeitpunkt der Pri-mardiagnostik einer Tumorerkrankung auch Angabenuber alle anderen malignen Erkrankungen vorhandensein. Hintergrund fur diese hohe diagnostische Anforde-rung in der Labormedizin ist die Matrix Blut, die im

Gegensatz zu den beiden anderen diagnostischen Ein-heiten in der Onkologie, der Radiologie und der Patho-logie, keinen primaren Organbezug als diagnostischenAusgangspunkt bietet.

Der sogenannte ,,Cut-off‘‘ bezeichnet den angenom-menen oberen Grenzwert eines Tumormarkers beigesunden Personen beziehungsweise bei den differen-tialdiagnostisch relevanten benignen Erkrankungen. DieFestlegung dieses Cut-offs bestimmt in Abhangikeit vonder Spezifitat eines Markers dessen Sensitivitat (Abbil-dung 1). Der Cut-off oder Grenzwert ist keine starre Gren-ze und kann je nach der Intention verandert werden. Willman zum Beispiel moglichst viele Tumorpatienten erfas-sen, sollte der Grenzwert eher tiefer angesetzt werden.Man nimmt dafur allerdings zwangslaufig eine erhohteRate falsch-positiver Ergebnisse in Kauf. Will man dage-gen sichergehen, dass ein positives Testergebnis mitgroßter Wahrscheinlichkeit einen Tumor anzeigt, so istder Grenzwert entsprechend hoch festzusetzen. In die-sem Falle erhalt man relativ viele falsch-negativeErgebnisse.

Hieraus geht zunachst hervor, dass die diagnostischeWertigkeit von Tumormarkern bei einer einmaligen Unter-suchung in hohem Maße von der Festlegung des Cut-offs abhangig ist und nicht uberinterpretiert werdensollte. Jeder Cut-off ist mit großer Wahrscheinlichkeit furden einzelnen Patienten falsch, da das Ausmaß der Frei-setzung onkologischer Biomarker sehr individuell ist undsomit ein allgemeiner Cut-off dem Individuum nichtgerecht werden kann. Daher kann ein solcher Grenzwertbei einer ersten Untersuchung nur als eine Art diagnos-tische Orientierungshilfe dienen.

Nach internationaler Vereinbarung entspricht dieserCut-off in der Routinediagnostik der Laboratoriumsme-dizin zumeist der 95ten oder 97,5ten Perzentile gesunder

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Kontrollpersonen. Beim gleichen Schwellenwert sinkt beiguten Tumormarker-Testen die Spezifitat nur unwesent-lich gegenuber einer fur die Tumorerkrankung differential-diagnostisch wichtigen benignen Krankheitsgruppe, beimanchen Markern jedoch deutlicher bis auf 80% undweniger. Der Vergleich der Sensitivitat verschiedenerTeste bei der gleichen malignen Erkrankung sollte des-halb immer am gleichen Kollektiv und immer gegenuberder entsprechenden differentialdiagnostisch wichtigenbenignen Erkrankung erfolgen (Richtlinien EGTM) w1x.

Fur die Brauchbarkeit eines Tumormarkers-Testes inder Diagnostik und insbesondere in der Screening-Situ-ation sind weiterhin die pradiktiven Werte, das heißt Vor-hersagewerte, von Bedeutung. Hierbei unterscheidetman einen positiven und einen negativen pradiktivenWert. Der positive Vorhersagewert sagt aus, mit wel-cher Wahrscheinlichkeit innerhalb einer gemischten Kon-trollgruppe bei positivem Testergebnis ein Tumor vorliegt.Der negative Vorhersagewert bezieht sich auf die

Tumorfreiheit, also die Wahrscheinlichkeit, bei einemnegativen Testergebnis keinen Tumor zu haben. Die Spe-zifitats- und Sensitivitatswerte beziehen sich auf einhomogenes Kollektiv, wahrend die Vorhersagewerte aufeinem gemischten Kollektiv beruhen. Hierbei ist wieder-um die Pravalenz eines Karzinoms eine wesentlicheEinflussgroße, das heißt, das Verhaltnis Tumorkrankerzu Nicht-Tumorkranken in dem zu untersuchendenPatientenkollektiv.

Auswahl eines geeigneten Tumormarkers

Aus der Vielzahl von beschriebenen Tumormarkernhaben sich bislang nur einige in der Routine als brauch-bar erwiesen (Tabelle 1) w1–5x, wobei die Bestimmungmehrerer gleichbedeutender Tumormarker sinnlos ist(z.B. Kombinationen von CA 15-3 mit CA 27–29 oder CA19-9 und CA 242). Jedes neu beschriebene tumorasso-

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ziierte Antigen sollte zunachst anhand des gleichenPatientenkollektivs mit bereits etablierten Parameternverglichen werden. Nur bei eindeutig besserem Sensiti-vitats-Spezifitatsprofil entsprechend einer besseren oderadditiven klinischen Aussagekraft sollte ein bewahrterMarker durch einen neuen ersetzt werden oder aber auchzur kombinierten Bestimmung als sinnvoll erachtetwerden.

In Tabelle 2 sind die wichtigsten biochemischen Eigen-schaften, Referenzbereiche, Hauptindikationsgebietesowie die moglichen Einfluss- und Storgroßen der ein-zelnen Tumormarker zusammengefasst, die bereits in derRoutinediagnostik Anwendung finden w4, 5x.

Indikationen zur Bestimmung vonTumormarkern (Tabelle 3)

Kein Screening mit Tumormarkern!

Insbesondere aufgrund der fehlenden Tumor- und Organ-spezifitat aber auch aufgrund der starken Uberlappungder Konzentrationen und der daraus resultierendenniedrigen Empfindlichkeit haben Tumormarker in derScreeningsituation (einmalige Untersuchung asympto-matischer Personen) nicht nur keinen Stellenwert, son-dern sind potentiell gefahrlich. Tumormarker gehoren niein ein routinemaßiges Laborprofil bei Aufnahmeuntersu-chungen bzw. bei Check-up-Untersuchungen. DemPatientenwunsch, ,,zum Ausschluss‘‘ einer eventuell vor-handenen Tumorerkrankung eine Untersuchung vonTumormarkern durchzufuhren, sollte ein Arzt nicht Folgeleisten.

Die Begrundung fur diese restriktive Haltung ist, dassjeder bislang verfugbare Tumormarker (von PSA bis HER-2/neu shed antigen) bei jedem Menschen physiologischim Blut vorkommt. Das Ausmaß der Freisetzung dieserZellprodukte ist individuell stark unterschiedlich (indivi-duelle Basiswerte). Ein Referenzbereich beschreibt meistdie 95te oder 97,5te Perzentile der untersuchten gesun-den Kontrollpersonen, hat aber in keinster Weise dieBedeutung einer Trennung von tumorfrei zu tumorkrank,d.h. dass weder ein Wert innerhalb des Referenzbereichsgleichzusetzen ist mit ,,kein Tumor‘‘ noch ein Wert ober-halb dieses Referenzbereichs ,,Tumor‘‘ bedeutet.

Folgendes Beispiel soll zeigen, warum die derzeit ver-fugbaren Tumormarker fur Screeninguntersuchungenasymptomatischer Personen nicht geeignet sind.

Nehmen wir an, dass der CA 125-Test beim Ovarial-karzinom eine diagnostische Sensitivitat von 50 Prozentund eine diagnostische Spezifitat von 95 Prozent besitzt.Das bedeutet einerseits, dass 50 Prozent der Tumorpa-tienten auch im fortgeschrittenen Stadium nicht erkanntwerden und andererseits, dass bei Durchuntersuchungeiner Bevolkerungsgruppe von 10000 Frauen, bei denendie Erkrankung mit einer Haufigkeit von 0,5 Prozent auf-tritt, 25 Patientinnen mit Ovarialkarzinom erfasst werden.Bei der angenommenen Spezifitat von 95 Prozent wur-den den 25 richtig-positiven Testergebnissen allerdings

498 falsch-positive Testergebnisse gegenuberstehen(5 Prozent von 9950). Bei diesen Patientinnen einenTumor auszuschließen, bedeutet fur das Individuum eineerhebliche psychische Belastung und daruber hinauseinen erheblichen finanziellen Aufwand. Bei diesen theo-retischen Ausfuhrungen ist noch nicht die Tatsacheberucksichtigt, dass CA 125 von vielen Tumoren gestei-gert freigesetzt werden kann und somit als Konsequenzeine Ganzkorpertumorsuche durchgefuhrt werdenmusste.

Ausgehend von den individuellen Basiswerten der ein-zelnen Personen ist die Uberlappung der Werte gesunderKontrollpersonen, verschiedenster akuter und chroni-scher benigner Erkrankungen (Leber, Niere, entzundlicheErkrankungen usw.) und von Karzinompatienten groß.Abbildung 1 beschreibt die Realitat der Uberlappung derKollektive am Beispiel der CA 125-Werteverteilung, dasgilt in mehr oder weniger starker Auspragung fur alleonkologischen Biomarker. Je nach diagnostischer Trenn-scharfe eines Analyten oder anders formuliert je nachAusmaß der Beeinflussung durch nicht-maligne Erkran-kungen erreichen die meisten bislang bekannten Tumor-marker bei starker Freisetzung eine einhundert-prozentige Tumorspezifitat (CA 15-3 erreicht diese dia-gnostische Sicherheit bei Werten von ca. 100U/mL, CA 19-9 erreicht diese Spezifitat erst bei Wertenum 20.000 U/mL, die LDH erreicht die einhundertprozen-tige Spezifitat generell nicht). Doch selbst bei einer ein-hundertprozentigen Tumorspezifitat bleibt es schwierig,die Lokalisation des Tumors aufgrund der Freisetzungeines bestimmten Markers zu sichern, da die meistenKarzinome zumindest im fortgeschrittenen Stadium zueiner Freisetzung mehrerer Marker fuhren konnen. Ahn-lich wie in der Pathologie zahlt dann das Freisetzungs-muster. Die Interpretation solcher differential-diagnostischen Befunde erfordert allerdings derzeit nocheine große Erfahrung und sollte Spezialisten vorbehaltensein.

Aufgrund der gegebenen Organspezifitat haben Thy-reoglobulin und insbesondere das prostataspezifischeAntigen PSA einen anderen Stellenwert. Allerdings mussan dieser Stelle erwahnt werden, dass auch fur das Pros-tatakarzinom bislang nicht gesichert ist, ob dessen fruh-zeitige Entdeckung das Uberleben der Patienten verlan-gern kann. Somit konnte man sich derzeit denEmpfehlungen der EGTM (European Group on TumorMarkers) anschließen, die zum jetzigen Wissensstandden Einsatz von PSA als Screeningparameter nicht pro-pagiert, es aber denjenigen asymptomatischen Mannernnicht vorenthalt, die aus eigenem Antrieb und insbeson-dere nach sorgfaltiger Aufklarung die PSA-Bestimmungals Screeningparameter wunschen. In der aktuellen Situ-ation soll auf die offizielle S3-Leitlinie verschiedener deut-scher interdisziplinarer Fachgesellschaften (DGU, BDU,AUO, DKG, DKH, BPS, AWMF) zur Frage der Pros-tatakrebs-Fruherkennung durch die PSA-Bestimmungnur nach Aufklarung und Einwilligung des Patienten hin-gewiesen werden (www.awmf-leitlinien.de).

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Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern 345

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Page 8: Sinnvoller Einsatz von TumormarkernJ Lab Med 2008;32(5):339–360 2008 by Walter de Gruyter • Berlin • New York. DOI 10.1515/JLM.2008.015 2008/15 Article in press - uncorrected

346 Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern

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Tabelle 3 Indikationen fur die Tumormarker-Bestimmungen.

Marker Indikationen fur Tumormarker-Bestimmungen

Screening Diagnose Follow-up Prognose

CEA C-Zelltumore C-Zelltumore Kolon, Mamma, Lunge, C-Zell Kolon, Magen, MammaAFP Risikogruppen Keimzell, HCC Keimzell, HCC KeimzellCA 19-9 Pankreas Pankreas, Gallenwege Magen, KolonCA 72-4 Magen, Ovar muzinosCA 125 Ovar seros Ovar serosCA 15-3 Mamma MammaHER-2/neu Mamma Mamma MammaNSE Lunge SCLC Lunge SCLC, Neuroblast. TU, Apud. LungeProGRP Lunge SCLC Lunge SCLC Lunge SCLCSCC Lunge NSCLC Zervix, HNO-TU, OesophagusCYFRA 21-1 Lunge NSCLC, CCC Lunge NSCLC, Harnblase Lunge NSCLCHCG Risikogruppen Keimzell, trophoblast. TU Keimzell, trophoblast. TU Keimzell, trophoblast. TUPSA Prostata Prostata ProstataCalcitonin C-Zelltumore C-Zelltumore C-Zelltumore C-ZelltumoreHTG diff. SD-CaS100 mal. Melanom mal. Melanom

Fur Risikogruppen vereinzelt relevant

Durchaus geeignet ist die Bestimmung von tumorasso-ziierten Antigenen in definierten Zeitabstanden bei eini-gen Gruppen von Risikopatienten, bei denen mit einererhohten Krankheitshaufigkeit gerechnet werden kann(Anstieg der Pravalenz einer Erkrankung). So z.B. dieAFP-Bestimmung kombiniert mit der Ultraschalluntersu-chung auf Entstehung eines hepatozellularen Karzinoms(zwei bis dreimal pro Jahr bei Leberzirrhose, vor allemdurch chronische Hepatitis B/C), die Calcitonin-Bestim-mung bei Verwandten von Patienten mit familiaremmedullaren Schilddrusenkarzinom (C-Zellkarzinom) bzw.einer MEN II zur Fruherkennung einer inapparentenErkrankung (heute zunehmend ersetzt durch molekular-genetische RET-Onkogen-Bestimmung).

Die derzeit verfugbaren tumorassoziierten Antigenesind zum jetzigen Kenntnisstand zur Uber-nicht geeignetwachung (und fruhzeitigen Entdeckung eines Karzinoms)von Risikopatienten, wie Patienten mit familiarer Polipo-sis Coli (Kolorektales Karzinom), postmenopausalenFrauen (Ovarialkarzinom) oder Patientinnen mit familiarerHaufung bzw. genetischer Belastung einesMammakarzinoms.

Wichtig vor der Primartherapie einesKarzinoms

Es besteht Einigkeit daruber, dass Tumormarker nur sel-ten einen regelrechten Beitrag in der Diagnosefindungvon Tumorerkrankungen zum Zeitpunkt der Erstdiagnoseleisten konnen. Zum einen beruht das auf der Tatsache,dass die meisten Tumorerkrankungen, wie z.B. Mam-makarzinom und Kolonkarzinom in einem nicht metasta-sierten Stadium entdeckt werden und die Tumormarker-freisetzung bzw. der Gefaßanschluss haufig noch nicht

stark ausgepragt ist. Andererseits ist die Beurteilung derFreisetzung eines Tumormarkers immer abhangig vomgewahlten Grenzwert. Letztendlich kann das Vorhanden-sein einer pratherapeutischen tumorbedingten Freiset-zung tumorassoziierter Antigene erst nach Abschluss derersten Therapiephase (Operation und/oder Radio-Che-motherapie) durch Feststellung der individuellen Basis-werte beurteilt werden, dies gilt zumindest fur die fruhenTumorstadien.

Vom Standpunkt der onkologischen Biomarker ausbetrachtet, beginnt die Nachsorgephase mit dem Zeit-punkt der Primardiagnose und so ist es empfehlenswert,die mit der großten Wahrscheinlichkeit von einembestimmten Karzinom freigesetzten Tumormarker vorTherapiebeginn zu bestimmen (Tabelle 1). Dieser Erst-befund zeigt das Freisetzungsmuster des Tumors an undkann prognostische Informationen liefern (z.B. CEA beimkolorektalen Karzinom). Zusatzlich kann eine starke Frei-setzung von Markern zu diesem Zeitpunkt ein Hinweisauf eine noch nicht entdeckte Fernmetastasierung undsomit Indikator fur ein sensitiveres bildgebendes Stagingsein. Obligatorisch ist die pratherapeutische Bestimmungvon AFP, HCG und LDH bei Keimzelltumoren, da diesedrei Kenngroßen in das Staging in Form der S-Klassifi-kation eingehen.

Tumormarker in der Differentialdiagnose

Liegen bei einem Patienten zum Zeitpunkt der Primar-diagnose bereits Metastasen vor oder handelt es sich umunklare Raumforderungen der Leber, Lunge oder desSkelettsystems (Cancer of Unknown Primary, CUP), sokonnen Tumormarker stufendiagnostisch wegweisendsein bzw. sogar diagnosesichernd. Das gilt fur diejenigenBiomarker, die ab einem bestimmten Ausmaß der Frei-

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Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern 347

Article in press - uncorrected proof

setzung typisch fur eine bestimmte Tumorerkrankungwerden, d.h. Tumor- und Organspezifitat erreichen.

So kann bei bestehendem Verdacht einer pathologi-schen Fraktur die Bestimmung von PSA bei Mannernsowie der Immunelektrophorese inkl. Bence-Jones-Pro-tein wertvolle Hinweise auf das Vorliegen eines Prosta-takarzinoms bzw. eines Plasmozytoms geben.

Des Weiteren sind diejenigen Biomarker hilfreich, derengesteigerte Freisetzung besonders haufig mit einembestimmten Karzinom einhergeht: hierzu gehoren AFP,ProGRP, HER-2/neu und S100. Das gilt fur AFP-Erho-hungen )100 ng/mL zur Differenzierung der beidenwichtigsten AFP-Tumorquellen eines hepatozellularenKarzinoms und Keimzelltumors mittels Lektin-Affinitats-Chromatografie durch Concanavalin A (hohe Bindungbeim HCC/benigner Lebererkrankung) oder einer malig-nen AFP-Quelle an Lens culinaris-Agglutinin (Bindung)15% spricht fur Malignitat). Bei einem unklaren Leber-rundherd ermoglicht die kombinierte Bestimmung vonAFP und CEA eine gute Differenzierung zwischen einemhepatozellularen Karzinom und Lebermetastasen einesanderen Primartumors. Eine AFP-Konzentration)500 ng/mL spricht mir großer Wahrscheinlichkeit fur einHCC (falls ein Keimzelltumor ausgeschlossen werdenkann), ein CEA )50 ng/mL spricht fur Lebermetastaseneines anderen Primartumors, wobei im Weiteren das Frei-setzungsmuster mehrerer Tumormarker Aussagen zurLokalisation des Primartumors ermoglichen kann. BeiVorliegen einer Raumforderung der Lunge spricht eineProGRP-Freisetzung )500 pg/mL fur ein kleinzelligesLungenkarzinom-Differentialdiagnostisch muss sehr sel-ten ein metastasiertes medullares Schilddrusenkarzinomoder metastasiertes neuroendokrines Prostatakarzinomberucksichtigt werden. Eine Freisetzung des HER-2/neushed antigens ist bei Werten )80 ng/mL wegweisend furein primares Mammakarzinom, wobei diese Freisetzungin das Blut keine Korrelation zur HER2-Expression desMetastasengewebes haben muss. Gleichermaßenbesteht bei einer S100-Freisetzung )1 ng/mL dringen-der Anhalt fur ein metastasiertes malignes Melanom.

Neben bzw. zusatzlich zu diesen als Einzelmarker aus-sagekraftigen Parametern ist das Freisetzungsmusterweiterer Biomarker diagnostisch wegweisend. Hierbeispielt der sogenannte fuhrende Marker eine Rolle (z.B.CA 19-9 beim Pankreaskarzinom, CYFRA 21-1 beimcholangiozellularen Karzinom, CA 125 und CA 72-4 beimOvarialkarzinom, CA 72-4 beim Magenkarzinom usw.),aber auch die Nicht-Freisetzung (z.B. CA 15-3 und CA125 beim kolorektalen Karzinom).

Somit ist in der Situation eines CUP im Gegensatz zuallen anderen Indikationen die Bestimmung aller haufig-sten Biomarker in Kombination indiziert (CEA, AFP,CA125, CA 19-9, CA 72-4, CA 15-3, CYFRA 21-1, NSE,ProGRP, SCCA, S100, HER-2/neu, Thyreoglobulin,Bence-Jones-Protein und bei Mannern PSA), wobei manje nach Lokalisation der Metastasierung auch stufendiag-nostisch vorgehen kann.

Werte nach der Ersttherapie sehr wichtig

Die Bestimmung der Tumormarker ca. 30 Tage nachBeendigung der ersten Therapie (Operation und/oderRadio/Chemotherapie) ist von großter Bedeutung, um diefur die weitere Nachsorge relevanten individuellen Basis-werte des jeweiligen Patienten zu erheben. Im Falle einerkompletten Tumorentfernung (R0-Resektion) sollen dieTumormarker zumindest in den Referenzbereich, bessernoch in oder unterhalb des Bereichs des Mediansabfallen.

Diese postoperative Bestimmung der Tumormarkermuss auch dann erfolgen, wenn die Marker praoperativinnerhalb des Referenzbereichs liegen. Lediglich bei Wer-ten unterhalb der Nachweisgrenze kann die postopera-tive Bestimmung entfallen.

Im gesamten weiteren Krankheitsverlauf orientiert sichdie Interpretation der Tumormarker nur noch an diesenindividuellen Basiswerten, Referenzbereiche haben keineBedeutung mehr. Der haufig geaußerte Satz ,,Die Tumor-marker sind normal‘‘ darf sich also nur darauf beziehen,dass keine signifikante Anderung zu den individuellenBasiswerten vorliegt und diese Interpretation darf gene-rell nur unter Beibehaltung der gleichen Teste erfolgen.Somit ist derzeit die postoperative Tumormarkerbestim-mung unter Berucksichtigung der Halbwertzeit fur denPatienten meist von großerer Tragweite als die praope-rative Bestimmung. Werden diese individuellen Basis-werte nach abgeschlossener Ersttherapie nicht ermittelt,konnen Tumormarker in der Nachsorgesituation zumin-dest nicht fruhzeitig auf ein Rezidiv hinweisen und meistnicht einmal zeitgleich mit dem klinischen Verdacht einerProgression die Diagnose erharten.

Tumormarker in der Verlaufsbeobachtungsind wichtig

Erkrankungsfreie Nachsorge

Insgesamt stellen tumorassoziierte Antigene ein hoch-sensitives diagnostisches Potential in der Nachsorge vonTumorerkrankungen dar. Mit Hilfe der in definiertenZeitintervallen durchgefuhrten Tumormarkerbestimmungkann ein Rezidiv langfristig vor der klinisch manifestenProgression angezeigt werden. Das gilt insbesonderedann, wenn man die Kinetik ausgehend von den indivi-duellen Basiswerten interpretiert.

Deshalb ist der Wiederanstieg eines Tumormarkersnach erfolgter Normalisierung nach vermeintlich kurativerOperation (z.B. Kolonkarzinomoperation) als dringenderVerdacht auf ein Rezidiv oder eine Metastasierung zuwerten. Die Moglichkeit fur eine noch kurative Resektionsinkt jedoch mit wachsender Latenzzeit zwischen erstemTumormarkeranstieg und Diagnosesicherung (CT, Endo-skopie, etc.). Die notwendige Anstiegssteilheit zurErreichung einer hohen Tumorspezifitat und damit Ver-meidung falsch positiver Befunde ist neben PSA erst seit

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Page 10: Sinnvoller Einsatz von TumormarkernJ Lab Med 2008;32(5):339–360 2008 by Walter de Gruyter • Berlin • New York. DOI 10.1515/JLM.2008.015 2008/15 Article in press - uncorrected

348 Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern

Article in press - uncorrected proof

kurzem fur CEA und CA 15-3 bekannt. Fur diese beidenTumormarker ist ein reproduzierbarer einhundert-prozentiger Anstieg basierend auf den individuellenBasiswerten und unter Berucksichtigung relevanter Ein-flussgroßen tumorspezifisch w6x. Unter Berucksichtigungder nachweisbaren Geschwindigkeit der Tumormarker-zunahme (Dopplungszeit DZ) scheint diese beim kolorek-talen Karzinom bei Lokalrezidiv oder Weichteil-metastasierung langsamer (z.B. langere DZ )100d) alsbei Metastasierung in Lunge, Leber, Knochen oder mul-tipler Metastasierung zu verlaufen (DZ -100d) w7x.Immerhin ist ein Gesamtuberlebensvorteil durch eineintensivere postoperative Nachsorge nach kurativer kolo-rektaler Operation inzwischen gesichert w8x und diesernach einer Metaanalyse w9x vor allem durch die CEA-Kontrollen belegt. Problematischer ist die Situation beivielen Tumoren mit nur begrenzten chemotherapeuti-schen Moglichkeiten wie beim Bronchial- und Magen-karzinom, weil bisher trotz fruherer Diagnose mangelseffektiver Therapie dadurch kein wesentlicher Uberle-bensvorteil fur die Patienten erreicht werden konnte.

Kontrolle der Therapie im metastasierten Stadium

Nach Beginn einer Chemotherapie weisen kontinuierlichabfallende Tumormarkerwerte auf die Effektivitat derTherapie hin. Wahrend konstant bleibende Tumormar-kerwerte auf eine stabile Erkrankung hinweisen, sindzunehmende Tumormarkerwerte verdachtig im Hinblickauf ein Nicht-Ansprechen des Tumorwachstums auf dieTherapie und weisen auf die Notwendigkeit hin, das the-rapeutische Konzept zu wechseln. Es besteht eine guteKorrelation zwischen der Anderung der Tumormarker-konzentration unter Therapie und dem klinischenZustand (Remission oder Progression). Es ist jedoch zubeachten, dass es in den ersten Tagen einer Radio- undChemotherapie oder auch durch Manipulation am Tumorzu einem fluchtigen Tumormarkeranstieg infolge Tumor-zerfalls kommen kann. Um Tumorfreiheit widerzuspiegelnmussen die ausgangs von dem Tumor freigesetzten Bio-marker ihre individuellen Basiswerte wiedererlangen.Selbst wenn die Bildgebung komplette Remissionanzeigt, spricht ein Tumormarker oberhalb der indivi-duellen Basiswerte noch fur Tumorrest und fur die Not-wendigkeit der Fortfuhrung der Therapie. Andersausgedruckt, kann nur durch Wiedererreichen der indi-viduellen Basiswerte auch von einer ,,biochemischenRemission‘‘ ausgegangen werden.

In der Situation der systemischen Therapie im fortge-schrittenen Tumorstadium kann der stufendiagnostischeEinsatz von onkologischen Biomarkern und Bildgebungzu deutlicher Kostenreduktion fuhren. Bei gleichbleiben-der oder verbesserter klinischer Symptomatik undkontinuierlicher Abnahme der Tumormarker kann diebildgebende Diagnostik zur Therapiekontrolle in wesent-lich großere Intervalle gefasst werden.

Aufgrund fehlender Studien zur Geschwindigkeit undStarke der Reaktion der Tumormarker auf die verschie-

denen Therapiemodalitaten in Korrelation zum klinischenTherapieansprechen ist derzeit die Tumormarkerande-rung allein keine Indikation fur eine Therapieanderungoder -induktion (Ausnahme HCG beim Hodentumor).

Tumormarker bei den haufigsten solidenTumorerkrankungen

In Tabelle 3 sind die bei den jeweiligen Tumoren relevan-testen Biomarker dargestellt. Es ist wichtig darauf hin-zuweisen, dass aufgrund der nicht gegebenenOrganspezifitat prinzipiell etliche der Biomarker bei denverschiedensten Tumoren gesteigert freigesetzt werdenkonnen, wobei CEA und CYFRA 21-1 die starksten ,,Pan-Tumormarker‘‘ darstellen. Derzeit haben nur diejenigenMarker mit der großten Wahrscheinlichkeit fur tumorbe-dingte Freisetzung in der Routineversorgung einen Stel-lenwert. Im Gegensatz zur Pathologie, die immer dieSumme einzelner Faktoren diagnostisch genutzt hat,setzt sich in der Labordiagnostik erst jetzt durch, dassTumore auch im Blut ein regelrechtes Freisetzungsmusterhinterlassen. Somit wird auch hier in vermutlich naherZukunft eine Kombination vieler bekannter und potentielleiniger neuer Biomarker zu deutlicher Steigerung der dia-gnostischen Aussagekraft fuhren, was allerdings ohneEDV-gestutzte Dateninterpretation nicht realisierbar seinwird.

Kolorektales Karzinom

Das karzinoembryonale Antigen CEA stellt seit 40 Jahrenbeim kolorektalen Karzinom den Marker der ersten Wahldar (Abbildung 2). Zum Zeitpunkt der Primardiagnostikeines kolorektalen Karzinoms steht die CEA-Freisetzungin ausgepragter Korrelation zum Tumorstadium (Dukes A:0–20%; B: 20–40%; C: 40–60%; D: 60–95%), ebensogibt es eine deutliche Korrelation der praoperativen CEA-Serumkonzentration zum postoperativen, rezidivfreienIntervall und zur Uberlebenszeit.

Die ASCO (American Society of Clinical Oncology) hatin jahrlich uberarbeiteten Empfehlungen zum kolorektalenKarzinom die primare Rolle des Tumormarkers CEA alsZusatzinstrument zur Bestimmung von Prognose undVerlaufskontrolle auf Rezidiv und Therapieansprechenanerkannt w10x, ebenso die EGTM w11x. Zusatzlich hat dieAJCC (American Joint Committee on Cancer) empfohlen,das pratherapeutische CEA (C1: CEAs5 ng/mL, C0: CEA-5 ng/mL; CX: CEA nicht bekannt) wegen gesichertemhoherem Rezidivrisiko und schlechterer Prognose beiErhohung in die klassische TNM- und R-Tumorklassifi-kation aufzunehmen w12x. Die starke prognostische Aus-sagekraft von CEA im Vergleich zu anderen Biomarkernzum Zeitpunkt der Primardiagnose eines nicht metasta-sierten kolorektalen Karzinoms ist in multivariaten Ana-lysen anderen Biomarkern uberlegen w13x. Wegen bislangfehlender Evidenzen unterstutzen ASCO, NACB und

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Page 11: Sinnvoller Einsatz von TumormarkernJ Lab Med 2008;32(5):339–360 2008 by Walter de Gruyter • Berlin • New York. DOI 10.1515/JLM.2008.015 2008/15 Article in press - uncorrected

Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern 349

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Abbildung 2 Freisetzungsrate (Sensitivitat) haufiger Biomarker beim kolorektalen Karzinom (Primardiagnose).

EGTM zurzeit nicht die Bestimmung von CEA zumScreening oder zur alleinigen Entscheidung uber eineadjuvante Chemotherapie, aber seine praoperativeBestimmung als Ausgangsbasiswert und zur Abschat-zung der Prognose w1, 2x. Inzwischen gilt als gesichert,dass eine intensivere Nachsorge von Patienten mit Dick-darmkarzinom nach kurativer Resektion einen Funf-Jah-res-Gesamtuberlebensvorteil erbringt w8x und diesennach einer Meta-Analyse w9x nur im Zusammenhang mithaufigen CEA-Kontrollen ()3= im 1./2. postoperativenJahr). Ferner zeigte nach einer prospektiven randomi-sierten Studie ein postoperativ im Verlauf steigenderCEA-Wert haufiger beim Rektum- als beim Kolonkarzi-nom ein asymptomatisches lokales Rezidiv an und wardarin kosteneffektiver als andere Maßnahmen. Da eineResektion isolierter Metastasen bei Fruhentdeckung zueinem besseren Uberleben und erhohter Lebensqualitatfuhrt, empfehlen ASCO, NACB und EGTM bei potenziel-ler Lebermetastasenresektion den CEA-Test alle zwei bisdrei Monate im Stadium II und III uber zwei bis drei Jahrenach Primardiagnose/-therapie und bei erhohter CEA-Konzentration eine zusatzliche Untersuchung auf Meta-stasierung w1, 2, 10x.

Pankreaskarzinom

Tumormarker der ersten Wahl beim Pankreaskarzinom istdas Cancer Antigen 19-9, das erfolgt im Einklang mit denEmpfehlungen der EGTM w14x, der NACB w15x und seit2006 auch erstmals der ASCO w10x. Die Sensitivitat vonCA 19-9 fur das Pankreaskarzinom liegt zwischen 70 und80% – unabhangig vom Differenzierungsgrad (Abbildung3). Ein CA 19-9-Wert innerhalb des Referenzbereichsschließt ein Pankreaskarzinom nicht aus, wobei zu

berucksichtigen ist, dass diejenigen Personen mit derseltenen Blutgruppe Lewis-a/b-negativ CA 19-9 nichtfreisetzen konnen, also unterhalb der Nachweisgrenzeliegen.

Es konnte gezeigt werden, dass Patienten mit rese-zierbaren Pankreastumoren in uber 60% erhohte CA 19-9-Werte aufweisen, bei einer Tumormarkerdopplungszeitvon einem halben bis dreieinhalb Monaten. Daher wirdempfohlen, bei Patienten mit Oberbauchbeschwerdenund einem Alter uber 45 Jahre nach zwei bis drei Wocheneine CA 19-9-Bestimmung durchzufuhren, wenn bisdahin die Atiologie unklar bleibt und die Beschwerdenweiterhin bestehen.

Es besteht keine Korrelation der Markerkonzentrationzur Tumormasse, jedoch weisen CA 19-9-Werte uber1.000 U/mL bei Patienten mit Pankreaskarzinom im All-gemeinen auf eine Lymphknotenbeteiligung hin, Werteuber 10.000 U/mL fast immer auf eine hamatogeneMetastasierung.

In den letzten Jahren wird zunehmend der Stellenwertvon CA 19-9 als Indikator zu einem intensiveren pra-operativen Staging postuliert, da sich viele Patienten erstintraoperativ als inoperabel herausstellen. Es ist belegt,dass die CA 19-9-Konzentrationen bei Patienten mit ei-nem operablen Tumor zum Zeitpunkt der Primardiagnosesignifikant niedriger liegen w16x. Doch auch innerhalb derGruppe der Patienten mit operablem Tumor normalisier-ten sich die CA 19-9-Serumspiegel nur bei 29%, 13%,und 10% der Patienten im Stadium I, II, oder III. Innerhalbder Patientengruppe mit dem gleichen Tumorstadiumwar die mediane Uberlebenszeit bei denjenigen Patientensignifikant langer, bei denen CA 19-9 durch die Operationin den Referenzbereich absank. (Stadium I: 33 versus11,3 Monaten; Stadium II: 41 versus 8,6 Monaten; Sta-dium III: 28 versus 10,8 Monaten). Bei denjenigen Patien-

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350 Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern

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Abbildung 3 Freisetzungsrate (Sensitivitat) haufiger Biomarker beim Pankreaskarzinom (Primardiagnose).

ten mit Progression zeigten 88% einen starken CA19-9-Anstieg.

Unter systemischer Therapie wie Chemo- und/oderRadiotherapie konnte inzwischen reproduzierbar belegtwerden, dass die CA 19-9-Konzentration im Verlauf einedeutliche Aussagekraft bezuglich der Ansprechrate undder Uberlebenszeit von Patienten mit einem Pankreas-karzinom besitzt w17, 18x. Die bildgebende Beurteilungdes Therapieansprechens z.B. mittels Computertomo-grafie ist bei diesem Karzinom aufgrund der lokalen des-moplastischen und entzundlichen Reaktionen erschwert,die Kriterien des klinischen Ansprechens zu subjektiv, umreproduzierbar zu sein. Da CA 19-9 mit großer Wahr-scheinlichkeit im Rahmen eines Pankreaskarzinoms ver-mehrt freigesetzt wird, kann es bei den meisten Patientenals Verlaufsparameter eingesetzt werden.

Eigene Untersuchungen w19, 20x zeigen, dass die Aus-sagekraft von CA 19-9 bezuglich des Therapieanspre-chens systemischer Therapien im fortgeschrittenenStadium unabhangig von der Abfallgeschwindigkeit ist.Allen Studien ist gemeinsam, dass Patienten mit einemCA 19-9-Abfall unter Therapie (CA 19-9-Responder) einsignifikant langeres Gesamtuberleben aufwiesen als diePatienten, bei denen CA 19-9 unter Therapie nicht abfiel(Non-Responder).

CA 19-9 hat in der Verlaufsbeurteilung nach abge-schlossener Ersttherapie je nach Anstiegssteilheit eineEmpfindlichkeit von 80–100% in der fruhzeitigen Entde-ckung einer Progression. Inwieweit und in welchen Inter-vallen CA 19-9 zur Verlaufsbeurteilung eingesetzt werdensollte, hangt in erster Linie von der individuellen Patien-tensituation ab und auch von den gegebenen therapeu-tischen Moglichkeiten im Falle einer Progression desPankreaskarzinoms.

Wird CA 19-9 in der Differentialdiagnose bei klinischemund/oder bildgebendem Verdacht auf ein Pankreaskar-zinom eingesetzt, dann ist haufig die Tatsache proble-

matisch, dass CA 19-9 rein biliar aus der Zirkulationeliminiert wird. Eine Cholestase jeglicher Genese kannaufgrund der reduzierten Ausscheidung zu teilweise starkerhohten CA 19-9-Konzentrationen fuhren, d.h. eine vor-handene Cholestase fuhrt zu einer reduzierten diagnos-tischen Aussagekraft von CA 19-9. Ebenso kann eineakute Cholangitis und Pankreatitis vorubergehend zusehr hohen CA 19-9-Werten von 20.000–30.000 U/mLfuhren.

Hepatozellulares Karzinom (HCC)

Fur die Fruherkennung, Diagnose und Verlaufsbeobach-tung des primaren Leberzellkarzinoms ist der Tumormar-ker Alpha-Fetoprotein (AFP) von besonderer Bedeutung.Aufgrund der verbesserten bildgebenden Diagnostikinklusive CT und NMR werden heutzutage die HCC ineinem fruheren Tumorstadium entdeckt, was in Anbe-tracht der Korrelation der AFP-Freisetzung zum Tumor-stadium im Vergleich zu den fruher beschriebenenSensitivitaten mit einer geringeren allgemeinen AFP-Positivitatsrate gekoppelt ist. So weisen derzeit bei Erst-diagnose etwa 60–70% der Patienten pathologischeAFP-Konzentrationen auf; dabei liegen ca. 30% der Wer-te uber 1.000 ng/mL, 20% sogar uber 10.000 ng/mL(Abbildung 4). Da kleine HCC-Herde (-1–2 cm) haufigAFP-negativ sind, bleibt abzuwarten, ob sich in Zukunftandere Biomarker wie das DCP (des-gamma-carboxyprothrombin) additiv zu AFP etablieren werden. Derzeitist AFP der empfohlene Tumormarker seitens diagnosti-scher Gesellschaften wie EGTM w14x und NACB w21x, undklinischer Gesellschaften wie der EASL und der BritishSociety for Gastroenterology.

Aufgrund der relativ hohen Tumor- und Organspezifitatvon AFP und der ebenfalls hohen Sensitivitat beim HCCsowie einer großen und klar umschriebenen Risikogrup-

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Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern 351

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Abbildung 4 Freisetzungsrate (Sensitivitat) haufiger Biomarker beim Leberzellkarzinom (Primardiagnose).

pe fur die Entwicklung eines hepatozellularen Karzinomskommt AFP ein hoher Stellenwert in der regelmaßigen(alle drei Monate unter Anwendung des gleichen Testes)Uberwachung von Patienten mit Leberzirrhose oderchronischer Hepatitis zur Fruherkennung eines Leber-zellkarzinoms zu. Hierbei ist besonders zu berucksichti-gen, dass Patienten mit AFP-positiven chronischenLebererkrankungen eine hohere Wahrscheinlichkeit furdie Entwicklung eines hepatozellularen Karzinoms haben.

Ab Konzentrationen )1.000 ng/mL hat AFP bei unkla-ren Raumforderungen der Leber diagnostischen Stellen-wert, wobei generell zu berucksichtigen ist, dass auchnicht-seminomatose Keimzelltumoren mit einer starkenAFP-Freisetzung einhergehen konnen.

AFP ist nicht in die TNM-Klassifikation des Leberzell-karzinoms integriert, eine gesteigerte AFP-Freisetzungdes Primartumors stellt jedoch einen unabhangigenungunstigen Prognosefaktor dar.

Magenkarzinom

CA 72-4 hat beim Magenkarzinom eine hohere Spezifitatund Sensitivitat als CEA oder CA 19-9 und ist demnacham besten fur die Therapie- und Verlaufskontrolle desMagenkarzinoms geeignet. Aber es besteht eine eindeu-tige additive Sensitivitat durch die zusatzliche Bestim-mung von CEA und CA 19-9, sodass die Kombinationdieser drei Marker beim Magenkarzinom das beste Spe-zifitats-Sensitivitats-Profil aufweist (Abbildung 5).

Zahlreiche Untersucher beschreiben die pratherapeu-tische prognostische Relevanz der CA-72-4-Freisetzungbeim Magenkarzinom w22x. So kommt neben Alter undTumorstadium dem CA 72-4 eine unabhangige progno-stische Relevanz zu. Patienten mit einem CA 72-4-Wert)6 ng/mL haben ein 4,2-fach hoheres Risiko an derKrankheit zu versterben als Patienten mit einem CA 72-

4-Wert -6 ng/mL. Diese prognostische Information hatjedoch derzeit rein informativen Charakter und ist nichtin das Staging integriert.

Die Nachsorge des Magenkarzinoms hangt stark vonden gegebenen therapeutischen Moglichkeiten undderen Effektivitat zum Zeitpunkt einer eintretenden Pro-gression ab. Somit muss auch in Einklang mit denEmpfehlungen der EGTM und NACB die Nachsorge mit-tels Tumormarker sehr kritisch und auf den Patientenindividuell abgestimmt erfolgen w23x. CA 72-4 besitztzusammen mit CEA und CA 19-9 eine sehr hoheEmpfindlichkeit im Nachweis eines Rezidivs des Magen-karzinoms. Bei Patienten, bei denen zum Zeitpunkt derPrimardiagnose CA 72-4 oder CA 19-9 oder CEA ver-mehrt freigesetzt wurde, wird die Rezidivierung immerdurch die Tumormarker im Verlauf angezeigt (Sensitivitat100%).

CA 72-4 zeigt eine ausgepragte interindividuelleSpannbreite der Konzentration bei Gesunden, Konzen-trationen bis zu 70 ng/mL konnen physiologisch vorkom-men. Zudem zeigt CA 72-4 bei 10–20% aller Menschenvollig unabhangig vom Krankheitsstatus eine extremeintraindividuelle Streubreite der Freisetzung, die Ursachehierfur ist bislang ungeklart. Das bedeutet, dass im Ver-lauf einer bekannten Tumorerkrankung wie dem Magen-oder Ovarialkarzinom das Verhalten der CA 72-4-Freiset-zung zunachst beobachtet werden muss – zeigen sichstarke Anstiege oder Abfalle ohne eine Korrelat zu klini-schem Ereignis, dann sollte im weiteren Verlauf auf dieBestimmung von CA 72-4 verzichtet werden, um Fehlin-terpretationen zu vermeiden.

Mammakarzinom

Mehrere onkologische Biomarker werden im Rahmeneines Mammakarzinoms vermehrt freigesetzt, aber das

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352 Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern

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Abbildung 5 Freisetzungsrate (Sensitivitat) haufiger Biomarker beim Magenkarzinom (Primardiagnose).

Abbildung 6 Freisetzungsrate (Sensitivitat) haufiger Biomarker beim Mammakarzinom (Primardiagnose).

Verhaltnis von Spezifitat und Sensitivitat ist fur CA-15-3und CEA beim Mammakarzinom am effizientesten (Abbil-dung 6), wobei das unseren eigenen Erfahrungen undden Empfehlungen der EGTM w24x entspricht, wahrenddie NACB-Guidelines CEA nur in seltenen Fallen einenStellenwert beimessen w25x und die ASCO-Guidelinesgenerell nur die Muzinmarker CA 15-3 und CA 27–29 invereinzelten Indikationen berucksichtigen.

Neben CA 15-3 gibt es weitere Tests wie MCA, CA549, TAG-12, CA M26, CA M29, CA 27.29, die ebenfallsgleiche oder ahnliche Epitope des MUC-1-Antigensnachweisen und eine dem CA15-3-Test vergleichbareBedeutung besitzen. Demnach ist nach jetzigem Kennt-nisstand die kombinierte Bestimmung mehrerer dieser

,,Muzin-Tumormarker‘‘ ohne Wert, da sie ahnliche Struk-turen messen und keine zusatzliche Information liefern.

Aufgrund der fehlenden Tumor- und Organspezifitatund daruber hinaus der niedrigen Empfindlichkeit habenTumormarker in der Screening-Situation sowie in der Fruh-entdeckung des Mammakarzinoms bei Hochrisikogrup-pen mit genetischer Belastung keinen Stellenwert.

Je nach Untersucher wird zum Zeitpunkt der Primar-diagnose eine vermehrte CA 15–3- und CEA-Freisetzungin jeweils durchschnittlich ca. 15 bis 35% festgestellt,wobei fur beide Marker eine deutliche Korrelation zumTumorstadium besteht. Es herrscht Einigkeit daruber,dass diese Tumormarker derzeit keinen Beitrag in derDiagnosefindung des Mammakarzinoms leisten konnen.

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Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern 353

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Dennoch ist empfehlenswert, CEA und CA 15-3 vor derersten Therapie zu bestimmen. Einerseits kommt derMarkerkonstellation prognostische Aussagekraft zu,zusatzlich kann eine sehr starke Freisetzung von Markernzu diesem Zeitpunkt ein Hinweis auf eine noch nichtnachgewiesene Fernmetastasierung sein.

Die pratherapeutischen CA 15-3- und CEA-Konzentra-tionen sind unabhangige prognostische Faktoren sowohlfur das rezidivfreie Intervall als auch fur das Uberleben.Eine besonders starke prognostische Aussagekraftkommt dem postoperativen Abfall von CEA um )33%zusammen mit dem Lymphknotenstatus zu (ss0,0001,RRs2,05) w26x. Dieser prognostischen Aussagekraftkommt derzeit nur Informationscharakter zu, entspre-chende prospektive randomisierte therapeutische Inter-ventionsstudien fehlen.

Nach aktuellem Kenntnisstand haben Tumormarker inder Uberwachung der neoadjuvanten und adjuvantenChemo- und/oder Strahlentherapie des Mammakarzi-noms keinen Stellenwert.

Die fur die weitere Nachsorge relevanten individuellenBasiswerte der Tumormarker der Patientinnen werdenetwa vier Wochen nach Beendigung der ersten Therapie-phase (Operation und Chemo-/Strahlentherapie) erreicht.Somit ist sehr wichtig, zu diesem Zeitpunkt CA 15-3 undCEA in Kombination und unabhangig von der praopera-tiven Wertelage zu bestimmen. Fehlen diese individuellenBasiswerte, nimmt man sich das diagnostische Potentialder fruhzeitigen Beurteilung einer Rezidivierung sowiedie Beurteilung einer biochemischen Remission im Falleeiner auftretenden Metastasierung und konsekutiverTherapie.

CEA und CA 15-3 konnen Fernmetastasen in 70% derFalle entdecken, sind aber nicht hilfreich in der fruhzei-tigen Entdeckung von Lokalrezidiven sowie lokoregio-naren Lympknotenmetastasen sowie Zweitkarzinomender Brust. Mit zunehmender Anzahl der Progressionenwerden CEA und CA 15-3 in bis zu 100% markerpositivw27x. Ausgehend von den individuellen Basiswerten dereinzelnen Patientinnen ist ein reproduzierbarer einhun-dertprozentiger Anstieg von CEA oder CA 13 nahezutumorspezifisch w6x, bei einem isolierten Anstieg von CEAmuss neben einer Metastasierung des Mammakarzinomsein kolorektales Karzinom differentialdiagnostischberucksichtigt werden, bei einem isolierten CA 15-3-Anstieg ein Ovarialkarzinom.

Trotz dieser hohen diagnostischen Fahigkeit der Bio-marker in der fruhzeitigen Entdeckung von Metastasenbesteht derzeit eine eher restriktive Grundhaltung gegen-uber einer apparativen Nachsorge des Mammakarzi-noms. Ursachlich hierfur ist, dass der Beweis der klini-schen Relevanz einer fruhzeitigen Therapie durchfruhzeitig entdeckte Metastasierung mittels tumorasso-ziierter Antigene und moderner bildgebender Technologie(MRT, PET-CT) aussteht.

Die fruhzeitige Beurteilung der Effektivitat systemischerTherapien des metastasierten Mammakarzinoms ist der-zeit Gegenstand intensiver Untersuchungen. Aufgrund

des zunehmenden Spektrums an Therapiemoglichkeitenwird die schnelle Beurteilung der Wirksamkeit einer ein-zelnen Therapie klinisch relevant. Die bislang vorliegen-den Daten sind fur eine tumormarkergesteuerteTherapieentscheidung noch nicht ausreichend w28, 29x.Ebenso ist der Stellenwert des HER_2/neu shed antigensin der alleinigen Therapieentscheidung noch nichtgeklart, allerdings ist die gesteigerte Freisetzung diesesAntigens einerseits ein diagnostischer Parameter fur dasmetastasierte Mammakarzinom und weiterhin ein Indi-kator fur eine Uberprufung des HER2-Status der Meta-stasen unabhangig vom Primartumor w30x.

Eine Schwangerschaft fuhrt zu einem deutlichenAnstieg von CA 15-3. Daher sollte in der Nachsorgesi-tuation einer Mammakarzinompatientin wahrend derSchwangerschaft und Stillzeit kein CA 15-3 bestimmtwerden. Beginnt eine Mammakarzinompatientin in derNachsorgesituation mit Rauchen, so kann die CEA-Frei-setzung nach einigen Monaten ansteigen – d.h. die indi-viduellen Basiswerte andern sich. Umgekehrt fallen dieBasiswerte ab, wenn die Patientin das Rauchen aufgibt.

Ovarialkarzinom

Der beste Serum-Tumormarker beim epithelialen Ova-rialkarzinom ist CA125. Fur muzinose Ovarialkarzinomeist CA 72-4 haufig der fuhrende Marker, so dass sich zumZeitpunkt der Primardiagnose vor der ersten Therapie diekombinierte Bestimmung von CA125 mit CA 72-4empfiehlt (Abbildung 7).

Nach der NACB und EGTM wird zur Zeit ein Screeningauf Ovarialkarzinom mittels CA125 in Kombination mitanderen Verfahren nur bei Frauen mit hereditarer Brust-und Ovarialkrebsbelastung (BRCA1/BRCA2-Mutationoder Mismatch-Repair-Genveranderung) empfohlen w1,2, 31, 32x. Bei ihnen sollten wenigstens halbjahrlicheCA125-Bestimmungen (gleicher Test) mit jahrlichemtransvaginalen Ultraschall durchgefuhrt werden. Fernerempfiehlt die EGTM CA125-Messungen bei postmeno-pausalen Frauen mit unklaren Beckentumoren, wobei beierhohtem CA125-Spiegel )35 U/mL eine weitere Abkla-rung erforderlich ist. Mehrere Expertengremien und dieEGTM empfehlen zusatzlich eine Therapie-Response-Prufung bei Primartherapie mittels CA125, z.B. durchUntersuchung auf 50%igen (zwei initiale Proben zumAnstiegs- und zwei nachfolgende Proben zum Abfalls-nachweis) oder 75%igen (mit nur drei Proben) Konzen-trationsabfall mit der letzten Serumprobe mindestens 28Tage nach der vorherigen Probe und einem initialen Pro-benwert von wenigstens )40 U/mL (gleicher Test) w32x.Ein geringerer Konzentrationsabfall spricht fur ein The-rapieversagen und legt den Abbruch einer ineffektivenbzw. Wechsel auf eine andere Therapie nahe. Eingroßerer Abfall dagegen bestatigt ein Therapieanspre-chen und die Fortfuhrung der Therapie. Ferner sprichteine gemessene CA125-Konzentrationserhohung zumZeitpunkt der fruher angestrebten Second-Look-Opera-

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354 Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern

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Abbildung 7 Freisetzungsrate (Sensitivitat) haufiger Biomarker beim Ovarialkarzinom (Primardiagnose).

tion mit hoher Spezifitat fur einen Residualtumor (in biszu 50% der Falle auch bei normaler CA125-Konzentra-tion). Bezuglich Verlaufsuntersuchungen nach vollstan-diger Primartherapie empfehlen die EGTM u.a. zurzeiteine routinemaßige CA125-Konzentrationsmessung nurbei Auftreten von verdachtigen Symptomen. Die Vorlauf-zeit des CA125-Anstiegs vor einer gesicherten Progres-sion wurde zu einem bis 15 Monaten (Median zwei bisdrei Monate) bestimmt. Hinweis auf eine Progression istz.B. ein CA125-Anstieg von unter bis uber die obere nor-male Referenzgrenze (35 U/mL) und eine bestatigte Ver-dopplung des oberen Referenzgrenzwertes (Sensitivitat84%, Spezifitat 98%) oder des CA 125-Nadirs (tiefsterVorwert) (Ss94%, Sps100%) w33, 34x.

Im Falle eines muzinosen Ovarialkarzinoms ist bei CA72-4 die Streubreite zu beachten (siehe Absatz Magen-karzinom). Vorsichtige Interpretation bei Patientinnen mitchronischer Lebererkrankung ist angezeigt, insbesonderemit Aszitesbeteiligung. Diese Patientinnen haben signifi-kant hohere Basiswerte, je nach Therapie der Leberer-krankung haufig auch fluktuierend.

Lungenkarzinom

Das Lungenkarzinom wird in zwei histologische Haupt-gruppen unterteilt: das kleinzellige (SCLC: 20–25%) undnicht-kleinzellige Karzinom (NSCLC: Plattenepithel-,Adeno-, großzelliges Karzinom). Entsprechend Empfeh-lungen der EGTM und NACB ist der Einsatz der Tumor-marker NSE, CEA, SCCA, CYFRA 21-1 und ProGRP inAbhangigkeit von der klinischen Fragestellung sinnvollw35, 36x (Abbildung 8). Obwohl nicht empfohlen fur dasScreening und die Primardiagnose, sind NSE andProGRP von Bedeutung als Marker im Gewebe (Immun-histochemie) und im Serum fur die SCLC-Diagnose bei

Vorliegen eines unklaren Lungenrundherdes. Bei Lungen-tumoren unbekannter oder nicht verfugbarer Histologiekonnen deutlich erhohte Serumkonzentrationen von NSEund/oder insbesondere ProGRP differentialdiagnostischfur ein SCLC und gegen ein NSCLC sprechen w37x, wah-rend CYFRA 21-1 und CEA bei Bronchialkarzinomenjeglicher Histologie in starkem Umfang freigesetzt wer-den konnen w38, 39x. Ferner ist ein hoher Wert des Mark-ers SCCA mit hoher Wahrscheinlichkeit wegweisend furein NSCLC bzw. Plattenepithelkarzinom w39x. Die wich-tigste Indikation fur die Bestimmung der Marker ist zurBeurteilung der Therapiewirksamkeit und in der post-operativen Nachsorge. Postoperativ mit physiologischerHalbwertzeit abfallende Tumormarkerwerte konnen einerster Hinweis auf eine kurative Resektion und gute Pro-gnose sein. Ein langsamerer Abfall und fehlende Nor-malisierung sprechen fur eine nicht-kurative Operationbzw. ein nicht ausreichendes Staging bei Primardiagnose(okkulte Metastasen). Den ersten Hinweis auf Rezidivstellen im Verlauf ansteigende Tumormarkerwerte uberden individuellen Basiswert hinaus dar. Beim NSCLChaben CYFRA 21-1, beim SCLC NSE und ProGRP sowieSCCA beim Plattenepthelkarzinom eine fast einhundert-prozentige Spezifitat und 70-80%ige Sensitivitat fur einRezidiv mit Vorlaufzeiten von zwei (SCCA) bis zu 15Monaten (CYFRA 21-1) vor dem Nachweis. Die ,,Lead-Time‘‘ von CYFRA 21-1 kann hilfreich sein fur einen fru-heren Einsatz der Bildgebung als kosteneffektive undnicht-invasive Maßnahme sowie fur eine noch moglichechirurgische Intervention.

Hodentumoren

Bei Hodentumoren (reine Seminome, nicht-seminoma-tose Hodentumoren oder Kombinationstumoren) sind

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Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern 355

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Abbildung 8 Freisetzungsrate (Sensitivitat) haufiger Biomarker beim Lungenkarzinom (Primardiagnose).

Prognose und Uberleben vom TNM-Stadium, der Zahlund Ausdehnung viszeraler Metastasen (Leber, Knochen,Lunge, Hirn) und den initialen Serum-Konzentrationender Tumormarker AFP, HCG, LDH (und PLAP) abhangig.Bei Routineuntersuchungen wegen eines Verdachts aufeinen Hodentumor werden neben CT (Abdomen, Becken,Thorax) Serum-Tumormarker-Bestimmungen von AFP(endodermaler Sinustumor), HCG (Syncytiotrophoblast-Zellen), LDH und PLAP (nicht bei aktiven Rauchern). In50–90% beim Seminom und 20–36% bei nicht-semi-nomatosen Tumoren) empfohlen w1, 2, 40x. Nach eineminternationalen Konsensus w41x sind pratherapeutischeKonzentrationen von AFP, HCG und LDH, Ort des Pri-martumors und der Nachweis nicht-pulmonaler viszeralerMetastasen unabhangige Faktoren fur das Uberleben.Die Tumormarker LDH, HCG und AFP ermoglichen dieEinteilung in drei Gruppen unterschiedlicher Prognose(gut: LDH -1,5=N, AFP -1.000 ng/mL, HCG -5.000U/L; mittel: LDH 1,5-10=N, AFP 1.000–10.000 ng/mL,HCG 5.000–50.000 U/L; schlecht: LDH )10=N, AFP)10.000 ng/mL, HCG )50.000 U/L) mit abfallendenRaten fur Gesamt- und erkrankungsfreies Uberleben(ca. 90%; 50% und ca. 30%). Trotz der Erfolge der Che-motherapie sind die Heilungs- bzw. Uberlebensratenbesonders in der letzten Gruppe immer noch schlecht.Ferner wurde in das TNM-Stagingsystem eine zusatzli-che S-Variable (fur Serumwerte: Sx, S0, S1,2,3 fur stei-gende Prognosegruppen, s.o.) unter Berucksichtigungder pratherapeutischen Serumkonzentrationen von AFP,HCG und LDH aufgenommen. Neben obiger Prognose-Klassifikation ist eine Verlangerung der Abklingzeit vonAFP ()7d) und HCG ()3d) nach den ersten beiden Che-motherapiezyklen ein weiterer unabhangiger ungunstigerPrognosefaktor w42, 43x. Nach Empfehlungen der EGTMund NACB und EBM-validierten Empfehlungen w44x soll-ten deshalb AFP-, HCG- sowie LDH-Konzentrationen vor

Orchiektomie zur Evaluation und zum Staging vonHodentumoren verwendet werden. Bei Seminomen miterhohtem AFP besteht der Verdacht auf einenKombinationstumor.

Interpretation bzw. Fehlinterpretation vonTumormarkerbefunden

Die Interpretation von Tumormarkerbefunden ist schwie-rig und bedarf eines hohen Kenntnisstandes seitens desLabormediziners sowie des betreuenden Arztes. Somitgeht die Qualitat der Untersucher signifikant in die Qua-litat des Befundes ein.

Die Klassiker der Fehlinterpretation

Vom Missverstandnis eines Cut-off’s

Die wohl haufigste Fehlinterpretation von tumorassozi-ierten Antigenen liegt im Bereich der Uberbewertung vonGrenzwerten, Referenzbereichen oder Cut-off’s undUnterschatzung der Bedeutung individueller Basiswerte.Jeder Patient braucht nur einmal eine Beurteilung seinerTumormarkerbefunde im Vergleich zu einem Referenz-kollektiv, und zwar bei der ersten Bestimmung einesTumormarkers – wobei wie eingangs erortert auch hiergilt: ein Wert innerhalb des Referenzbereichs schließtkeinesfalls einen Tumor aus, ein Wert oberhalb desReferenzbereichs ist erst bei sehr hohen Konzentrationenein Hinweis auf eine Tumorerkrankung, hat ansonstenzunachst nur informativen Charakter (Abbildung 9). Imweiteren Verlauf der Tumorerkrankung kommt dem Refe-renzbereich keinerlei Bedeutung mehr zu, die Befunde

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356 Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern

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Abbildung 9 Freisetzung von CEA bei Gesunden und beim kolorektalen Karzinom zum Zeitpunkt der Primardiagnose in Abhangigkeitvom Tumorstadium. Die jeweilige Zunahme der CEA-Konzentration beschreibt die Entwicklungsgeschichte des Tumors, wobei diewichtigsten Zeitpunkte zum Nachweis eines organbegrenzten Tumors sich innerhalb des Referenzbereichs abspielen und nur anhandder individuellen Kinetik beobachtet werden konnten.

mussen im Abgleich mit den individuellen Basiswerteninterpretiert werden.

Wichtig ist es hierbei zu beachten, dass jeder Patientseinen individuellen ,,Basiswert‘‘ fur die verschiedenenTumormarker aufweist, wobei verstandlicherweise in denmeisten Fallen dieser individuelle Normalwert zum Zeit-punkt vor der Tumorerkrankung nicht bekannt ist. DieserWert kann eher sehr niedrig liegen, sich aber auch an deroberen Referenzbereichsgrenze oder –definitionsgemaß–in 5% der Falle auch oberhalb dieser Grenze bewegen.Jeder dieser Werte ist fur den einzelnen Patienten nacherster- in kurativer Absicht erfolgter- Therapie als seinspezifischer ,,Normalwert‘‘ zu betrachten. Fur die weitereVerlaufsbeobachtung dient dieser Wert als Basis, wobeidann der Referenzbereichsgrenze aller gesunden Kon-trollpersonen keine Bedeutung mehr zukommt und viel-mehr die kinetische Entwicklung bei jedem individuellenPatienten ausschlaggebend ist. Somit ist ein prozentualerAnstieg eines Markers wahrend der Verlaufsbeobachtungund innerhalb des sogenannten Referenzbereichs einentschieden empfindlicheres diagnostisches Kriteriumals die Beurteilung eines Einzelwertes gegenuber einerfestgelegten oberen Referenzbereichsgrenze.

Problematisch ist derzeit noch, dass in Ermangelungvon prospektiven Observationsstudien von Tumorpatien-ten fur viele der Biomarker die fur eine tumorspezifischeAussage notwendige Anstiegssteilheit noch nicht detail-liert untersucht ist. Unsere eigenen Ergebnisse zeigen,dass – unabhangig von der Wertelage-ein reproduzier-barer einhundertprozentiger Anstieg der CEA- und auchCA 15-3-Konzentration (einmalig oder aber kontinuier-lich) ausgehend von diesen individuellen Basiswertentumorspezifisch ist und auf Rezidivierung bzw. Metasta-sierung des Karzinoms bzw. ein Zweitkarzinom hinweistw6x. Naturgemaß darf diese Interpretation der Anstiegs-steilheit nur auf der Basis von Werten durchgefuhrt wer-den, die im Verlauf mit dem gleichen Test gemessen

wurden. So reduziert die haufige Praxis der Nichtmittei-lung der verwendeten Teste letztlich die klinische Rele-vanz der Diagnostik.

Methodenabhangigkeit

Es ist von besonderer Wichtigkeit darauf hinzuweisen,dass Tumormarkerwerte zum Teil stark methodenabhan-gig sind. Mit Kits verschiedener Herstellerfirmen konnenim gleichen Serum vollig unterschiedliche Werte gemes-sen werden, sogar dann, wenn es sich im Prinzip umdieselbe Methode unter Benutzung identischer monoklo-naler Antikorper handelt w45, 46x (Abbildung 10). Trotzvielfacher Standardisierungsversuche, insbesondereauch der EGTM (European Group of Tumor Markers) hatsich herausgestellt, dass die letztlich individuelle Antigen-Antikorperreaktion, wie sie den Tumormarkertestenzugrunde liegt, von den kleinsten Anderungen der Matrixabhangig ist. Generell ist die klinische Aussagekraft furdie verschiedenen Teste haufig gut vergleichbar, nichtaber deren Wertelage. Auf diese Weise konnen Remis-sionen und Progressionen vorgetauscht werden. Unno-tige diagnostische oder gar falsche therapeutischeKonsequenzen sind dann die Folge. Aus diesem Grundemuss dem in der Onkologie tatigen Arzt bekannt sein,mit welchem Kit der Marker bestimmt ist (Angabe vonHersteller und Gerat auf dem Befundbericht; z.B.: CEA:1 ng/mL; Abbott, Architect). Mit diesem Test muss derindividuelle Basiswert bestimmt sein, ausgehend von die-sen Basiswerten erfolgt die Interpretation im Verlauf.Dazu muss immer der gleiche Test beibehalten werden,sonst ist ein Vergleich der einzelnen Werte nicht zulassig.Am besten ist es, die Untersuchungen in einem Labordurchfuhren zu lassen, welches die Vorbefunde derPatienten gespeichert hat und jeden neuen Wert zusam-men mit den Vorbefunden zur Verfugung stellt. Falls einWechsel der Methodik notwendig ist, ist eine Vor-Serum-

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Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern 357

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Abbildung 10 PSA-Konzentration unter Berucksichtigung der jeweiligen Testmethode. PSA wurde in identischen Serumproben mitverschiedenen Testen gemessen. Je nach Test und der entsprechenden Wertelage kann man die Ergebnisse vollig unterschiedlichinterpretieren, was insbesondere im Verlauf zur Fehlinterpretation fuhrt.

kontrolle des Patienten beziehungsweise eine voruber-gehende parallele Bestimmung mit beiden Methodenuber ein bis zwei Untersuchungsintervalle erforderlich.Bedauerlicherweise fehlt in Deutschland eine gesetzlicheVorgabe, die eine Angabe des verwendeten Testes zwin-gend macht und daruber hinaus die Laboratorien zu einerParallelmessung im Falle eines Testwechsels zwingt. ZurZeit arbeiten jedoch Patienteninitiativen an der Verbes-serung dieser fur Tumorpatienten gefahrlichen Situation,indem auf den jeweiligen Websites Laboratorien gelistetwerden, die auch ohne gesetzliche Verpflichtung dieverwendeten Testsysteme zusammen mit den erstelltenBefunden zuganglich machen.

Praoperativ ,,normal‘‘ – Nachsorge sinnlos?

Es herrscht sehr haufig unter Arzten und nachfolgenddann auch unter Patienten die irrige Meinung, dass eineNachsorge mittels Tumormarkern generell nur dann sinn-voll ist, wenn der Primartumor zu einer gesteigertenFreisetzung von Tumormarkern gefuhrt hat. Diese Fehl-aussage basiert haufig auf einer indirekten Ubertragungder Befunde aus der Pathologie im Primartumorgewebeim Vergleich zum Metastasengewebe. Fur die diagnosti-sche Wertigkeit von Tumormarkern im Blut in der Nach-sorge mit dem Ziel, der Entdeckung von Rezidiven undFernmetastasen ist es jedoch unerheblich, ob der Pri-martumor zu einer gesteigerten Freisetzung eines tumo-rassoziierten Antigens gefuhrt hat oder nicht.

Somit muss eine postoperative (entsprechend derHalbwertszeit der jeweiligen Tumormarker) oder postthe-rapeutische Kontrolle drei bis vier Wochen nach Been-digung der adjuvanten Therapie vollig unabhangig vompraoperativen Ausgangswert durchgefuhrt werden, auchwenn die praoperativen Werte innerhalb des sogenann-ten Referenzbereichs liegen, das gleiche gilt fur die wei-tere Nachsorge bzw. Verlaufsbeobachtung.

Einfluss- und Storgroßen

Einflussgroßen (in vivo)

Die Konzentration eines Tumormarkers ist nicht nur vonder Tumormarker-Expression, -Synthese, -Freisetzungund-Exkretion sowie Tumormasse und Tumorausbreitungabhangig, sondern auch von der Blutversorgung desTumors sowie von der Korperlage des Patienten zumZeitpunkt der Blutentnahme.

Daruberhinaus sind der Metabolismus und die Elimi-nationskinetik sowie intraindividuelle Schwankungen vontumorassoziierten Antigenen, ferner z.B. der Menstrua-tionszyklus, das Vorliegen einer Graviditat sowie iatro-gene Einflusse von Bedeutung. Erhohte Tumormarker-werte konnen auch bei Storungen der Ausscheidungbeobachtet werden, so bei Niereninsuffizienz, Leberin-suffizienz und insbesondere bei Cholestase.

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358 Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern

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Insbesondere fur das Glykoprotein CA 19-9 bestehteine Korrelation zu einer vorhandenen Cholestase. BeiCA 19-9 handelt sich um ein Hapten der menschlichenLewis-a-Blutgruppendeterminante, welches im normalenPankreas auf der oberflachlichen Epithelmembran derPankreasgange lokalisiert ist und in den Pankreassaftsezerniert wird. Die Erhohung von CA 19-9 bis zu Wertenvon ca. 400 U/mL wahrend Cholestase und der hochsig-nifikante Abfall nach der ERCP zur Gallensteinentfernunglasst eine biliare Ausscheidung dieses Antigens anneh-men. Aber auch ein reduzierter Metabolismus von CA 19-9 in der Leber konnte diese Konzentrationsanderungenverursachen. Beim Mirizzi-Syndrom sowie bei akuterCholangitis wurden CA 19-9-Konzentrationen zwischen190 und 32.000 U/mL beschrieben. Fur die haufigschwierige Differentialdiagnose unklarer anhaltenderOberbauchbeschwerden kann bei gleichzeitig vorhan-dener cholestatischer Komponente der weitere Marker-verlauf, parallel zu Cholestaseparametern, hilfreich sein.Bei Patienten mit Pankreas- oder Gallengangskarzino-men fallt CA 19-9 nach Beseitigung der biliaren Abfluss-storung nur leicht ab, jedoch nicht in den Referenz-bereich, bei Patienten ohne Karzinom sinken die Werteunter den Cut-off ab.

Auch eine eingeschrankte Nierenfunktion kann dieSerumkonzentrationen der Tumormarker beeinflussen.Die hochsten Konzentrationen bei chronischer Ein-schrankung der Nierenfunktion zeigen niedermolekulareMarker wie SCCA, CYFRA 21-1 und ProGRP. Aber auchhochmolekulare Proteine wie CA 125 und CA 15-3 kon-nen hohere Konzentrationen im Vergleich zu gesundenKontrollpersonen aufweisen. Problematisch ist, dass eskeine Korrelation zum Kreatinin gibt, was die Interpreta-tion von Tumormarkern im Verlauf von Tumorpatientenmit eingeschrankter Nierenfunktion erschwert.

Vereinzelt wurde auch eine Abhangigkeit zwischendem CA 125-Wert und dem Menstruationszyklusbeschrieben. Im Allgemeinen handelt es sich hierbeijedoch um geringfugige Veranderungen, die keine statis-tische Signifikanz erreichen. Bei Patientinnen mit Ova-rialzysten kann es jedoch vereinzelt zur Lyse einer Zyste(stark CA 125-haltig) kommen und dann zu einem voru-bergehenden aber deutlichen Anstieg von CA 125 bis zu200–300 U/mL. Daher sollte nie aufgrund eines einzelnenCA 125-Anstieges (wie generell fur alle anderen Markerauch) eine diagnostische oder gar therapeutische Kon-sequenz gezogen werden.

Neben den ublicherweise in der Schwangerschaft furdiagnostische Zwecke eingesetzten Markern AFP undHCG zeigen auch andere Marker wie CA 15-3, CA 125und CYFRA 21-1 eine signifikante Erhohung wahrend derSchwangerschaft. So nimmt CA 15-3 unter der Schwan-gerschaft kontinuierlich zu und sollte wahrend Schwan-gerschaft und Stillzeit nicht zur Verlaufskontrolle desMammakarzinoms oder eines anderen Karzinoms ein-gesetzt werden. CEA hingegen als zweiter Marker zeigtkeine Abhangigkeit von der Schwangerschaft und kannsomit weiterhin zur Nachsorge eingesetzt werden. Eben-so sind CA 19-9, CA 72-4, NSE und SCCA unabhangig

von der Schwangerschaft, CA 125 kann bis zur 16.Schwangerschaftswoche maßig zunehmen. CYFRA 21-1nimmt zum Ende der Schwangerschaft gelegentlich zu,was evt. durch Uteruskontraktionen bedingt sein kann.

Wichtig zu erwahnen ist auch der Einfluss des Rau-chens auf die CEA-Konzentration, wobei diese hoherenKonzentrationen nicht fur alle Teste zur CEA-Bestimmunggleich ausgepragt ist. Dieses Phanomen kann durch denEinsatz unterschiedlicher Antikorper zur Detektion vonCEA erklart werden.

An weiteren iatrogenen Einflussen ist insbesondere dieteilweise deutlich ausgepragte PSA-Freisetzung imAnschluss an die digital rektale Palpation bzw. den trans-rektalen Ultraschall der Prostata, aber auch an eineZystoskopie, Koloskopie oder Prostatabiopsie. Auch einakuter Harnverhalt, eine Katheterisierung der Harnblaseoder die Ergometrie sowie generell intensives Fahrrad-fahren (z.B. im Fitness-Studio oder Mountainbiking) kon-nen PSA stark ansteigen lassen.

Auch bei anderen Organen konnen invasive diagnosti-sche Maßnahmen wie Endoskopien und Biopsien zu teil-weise starken Erhohungen der Tumormarker fuhren(CYFRA 21-1 und SCCA bei Bronchoskopie, aber auchdurch Intubation und Uberdruckbeatmung), CA 125 beiLaparoskopie und Laparotomie und CEA bei einerKoloskopie.

Zusammengefasst ausgedruckt, sollten Blutproben furonkologische Biomarker immer vor invasiven diagnosti-schen Maßnahmen entnommen werden.

Falls dennoch vor der Blutentnahme solch eine iatro-gene Maßnahme stattgefunden hat, muss vor einer nachs-ten Kontrolluntersuchung die physiologische Aus-scheidung entsprechend der Halbwertszeit der einzelnenTumormarker abgewartet werden (Tabelle 2) z.B. drei bisvier Wochen bei PSA.

Storgroßen (in vitro)

Lagerungsbedingungen: Tumormarker sind im Allgemei-nen relativ stabil nach der Blutentnahme. Dennoch solltedie Trennung des Serums vom Blutkuchen moglichstrasch erfolgen. Das gilt insbesondere: Fur PSA, falls diezusatzliche Bestimmung von freiem PSA durchgefuhrtwerden soll, muss die Zentrifugation der Probe spates-tens drei Stunden nach der Blutentnahme erfolgen.Anschließend kann die Probe fur 24 h bei q48C gelagertwerden. Bei langerem Intervall bis zur Bestimmung solltedie Probe bei mindestens –208C tiefgefroren werden. FurNSE-Analysen, muss eine moglichst schnelle Trennungdes Serums vom Blutkuchen binnen 60 Minuten nach derBlutentnahme erfolgen, da sonst durch passive Diffusionaus den Thrombozyten und Erythrozyten eine NSE-Frei-setzung erfolgt. Fur ProGRP-Analysen muss zusatzlichdie Probe schnellstmoglich bestimmt werden, oder biszur Bestimmung bei –808C gelagert werden.

Hamolyse: hier ist besonders der Einfluss auf die NSE-Konzentration zu erwahnen, da Thrombozyten und Eryth-rozyten NSE-haltig sind.

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Stieber und Heinemann: Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern 359

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Hautkontakt mit den primaren oder sekundaren Pro-bengefaßen. SCCA (Squamous cell carcinoma Antigen)wird hierdurch deutlich erhoht.

Kontamination der Probe mit Speichel (Niesen, Hustenbei der Bearbeitung der Probe), dies fuhrt bei SCCA undCA 19-9 zu deutlich erhohten Konzentrationen.

Falsch-positive Testergebisse der Tumormarker durchdie Humanen Anti-Maus-Ig-Antikorper (sogenannte,,Heterophile Antikorper‘‘) w47x. Sie konnen bei Patientenentstehen, bei denen aus diagnostischen oder therapeu-tischen Grunden im Rahmen einer Immunszintigraphieoder Immuntherapie Maus-Immunglobuline appliziertworden sind. Hierdurch ist es moglich, dass in Testsys-temen, in denen monoklonale Maus-Antikorper verwen-det werden, ein positives Signal vorgetauscht wird. Dieseheterophilen Anti-Ig-Antikorper konnen auch bei Patien-ten, die mit sogenannten ,,Frischzellen‘‘ behandelt wor-den sind vorkommen und somit falsch hohe Tumor-markerwerte vortauschen. Heterophile Antikorper konnenauch sehr selten bei Normalpersonen vorkommen, wobeiuber die Herkunft dieser HAMA zurzeit keine Klarheitbesteht.

Ausblick ,,Onkologische Biomarker‘‘

Aufgrund unserer in wenigen Jahren deutlich verbesser-ten analytischen Mess- und Nachweismethoden undErgebnisse der weltweiten Proteomics- und Genomics-Forschung wurden auch auf dem Sektor der Onkologiekurzlich viele neue Biomarker beschrieben. Legt man dieseit etlichen Jahren beschriebenen Kriterien der EGTMzur Evaluierung neuer Biomarker zu Grunde w1x, so mus-sen diese neuen Biomarker zeigen, dass sie besser oderadditiv zu bereits bekannten Biomarkern sind, um furzumindest eine der vielfaltigen Indikationen in der Onko-logie hilfreich zu sein. Im deutlichen Widerspruch zu allenErwartungen hat sich aber gezeigt, dass es schwer ist,die Effektivitat teilweise bereits seit Jahrzehnten etablier-ter Biomarker zu erreichen, geschweige denn ein bes-seres diagnostisches Profil zu belegen. Daruberhinaushaben offensichtlich einige der kurzlich entdeckten Bio-marker ein bemerkenswertes Problem der Kurz- undLangzeitstabilitat, wie z.B. der vielfach propagierte Bio-marker fur das kolorektale Karzinom TIMP-1 w48x. Somitist aus unserer Erfahrung die Wahrscheinlichkeit gering,dass in den nachsten Jahren wirklich bessere Biomarkerzur Verfugung stehen werden.

Was dagegen wesentlich besser geworden ist, ist dasVerstandnis fur ein Freisetzungsmuster an Markern,welches ein Tumor im Blut hinterlasst. Die Akzeptanz ei-ner Summendiagnostik ist auch in der Onkologie starkgeworden. Wichtig ist nun, dass in enger Kooperationzwischen unabhangigen Wissenschaftlern, Biomathe-matikern und der diagnostischen Industrie die relevan-testen Kombinationen zur Erprobung und zum klinischenEinsatz kommen. Dadurch wird einerseits bei behutsa-mer Kombination der relevanten Marker die diagnosti-sche Aussagekraft gesteigert werden, andererseits wird

durch die hierfur notwendige Unterstutzung durch dieEDV eine rasche und weite Verbreitung der erhobenenDaten auf hohem Qualitatsniveau erfolgen konnen. DieseDaten sind fur die betroffenen Patienten ausdrucklichnotwendig.

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