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Research Collection Doctoral Thesis Ueber hochpolymerisierte Kohlenwasserstoffe die Polymerisation von Cyclopentadien und Inden Author(s): Bruson, Herman Alexander Publication Date: 1925 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000089290 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Doctoral Thesis

Ueber hochpolymerisierte Kohlenwasserstoffedie Polymerisation von Cyclopentadien und Inden

Author(s): Bruson, Herman Alexander

Publication Date: 1925

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Über

hochpolymerisierte Kohlenwasserstoffe.

Die Polymerisation von Cyclopentadienund Inden.

Ö.T.C)

VON DER

EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN

HOCHSCHULE IN ZÜRICHZUR ERLANGUNG

DER WÜRDE EINES DOKTORS DER

TECHNISCHEN WISSENSCHAFTEN

GENEHMIGTE

PROMOTIONSARBEIT

VORGELEGT VON

HERMAN ALEXANDER BRUSON, S. B.

AUS MIDDLETOWN, Ohio, IL S. A.

Referent: Herr Prof. Dr. H. Staudinger.Korreferent: Herr Prof. Dr. H. E. Fierz.

398

ZURICH d 1925.

Diss.-Druckerei Gebr. Leemann & Co., A.-<}.

Stockerstr. 64.

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TO My BELOVED PARENTS.

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Die vorliegende Arbeit wurde im Laboratorium für allge¬

meine Chemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule

in Zürich ausgeführt.

Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle

meinem hochverehrten Lehrer,

Herrn Prof. Dr. H. Staudinger,

auf dessen Anregung diese Arbeit unternommen wurde, für seine

wertvollen Ratschläge bei der Ausführung derselben, herzlich

zu danken.

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Einleitung.

Trotz der Erfolge der modernen organischen Chemie in

der Konstitutionsaufklärung kompliziert gebauter Verbindungen,ist sie bis jetzt nur wenig in den Bau von hochmolekularen

Stoffen eingedrungen. Es scheint auch ein fast aussichtsloses

Beginnen, sich mit der Konstitutionsaufklärung von Stoffen be¬

schäftigen zu wollen, die oft infolge ihrer Schwerlöslichkeit und

kolloidalen Eigenschaften nur unscharf definiert sind, und bei

denen wir schließlich nicht wissen, ob die gewöhnlichen Valenz¬

vorstellungen der organischen Chemie auf so große Moleküle

noch angewendet werden können.

Es gibt jedoch eine Reihe hochmolekularer Stoffe, bei denen'

eine Konstitutionsaufklärung durchführbar erscheint, durch welche

zugleich das Valenzproblem der hochmolekularen Körper allge¬

mein gelöst würde. Es sind dies diejenigen Stoffe, welche durch

Polymerisation aus relativ einfachen Verbindungen entstehen,

deren Struktur bekannt ist. So z. B. der Kautschuk, der ein

Hochpolymeres des Isoprens ist.

Denn bei diesen Verbindungen reduziert sich die Konsti¬

tutionsaufklärung nur auf die Fragen, wie die einfachen Mole¬

küle darin zusammengehalten werden, und ob sie durch die nor¬

malen Hauptvalenzen, oder durch ,,Nebenvalenzen", nach der in

der anorganischen Chemie so fruchtbaren Werner'schen Theorie,

verbunden sind.

Dieselbe Frage stellte sich in bestimmten Fällen schon bei

niedrigen Polymeren. Für einige sehr unbeständige dimere Ketene

nahm nämlich Schroeter1) auf Grund ihrer Labilität und leichten

Spaltbarkeit Nebenvalenzbindung der beiden Bestandteile an. Stau¬

dinger, in Gemeinschaft mit A. Rheiner2) konnte dagegen durch

1) Schroeter, B. 49, 2697 (1916): B. 53, 1917 (1920).

2) H. Staudinger und A. Rheiner, Helv. VII, 8 (1924).

— 8 —

Überführung in wirkliche, cyclische Verbindungen zeigen, daß

sie als Cyclobutanderivate aufzufassen, und daß die beiden darin

enthaltenen Ketenmolöküle demnach mit normalen Valenzen an¬

einander gebunden sind.

In einer Eeihe von in den letzten Jahren in diesem Institut

durchgeführten Arbeiten haben nun Staudinger und seine Mit¬

arbeiter zeigen können, daß sich die gewöhnlichen chemischen

Vorstellungen von der Bindungsart der Moleküle auch auf das

Gebiet der hochmolekularen Stoffe, ohne Annahme von Neben¬

valenzen, übertragen lassen.

Wenn man demnach von der Möglichkeit einer Nebenvalenz-

bindung absieht, können sich Moleküle ungesättigter Verbindun¬

gen auf zwei, in ihrem Endergebnis wesentlich verschiedene Arten

miteinander verbinden.

Einmal durch Aufspaltung von Doppelbindungen und Zusam¬

mentreten der nun freie Valenzen besitzenden Kohlenstoffatome

zu Ringen, wobei valenztheoretisch einwandfreie Verbindungen

entstehen, wie z. B. Trioxymethylen aus Formaldehyd.

Zweitens durch Aufspaltung von Doppelbindungen und Zu¬

sammentreten der ungesättigten Kohlenstoffatome nicht zu Bin¬

gen, sondern zu Ketten, an deren beiden Enden dann je eine

alleinstehende, freie Valenz anzunehmen ist. Es scheint auch

nicht unmöglich, daß an den Enden einer solchen Kette, wenn

sie genügend lang ist, freie Valenzen existieren können.J) Man

kann sich vielleicht denken, daß in derartigen langen Ketten,

„Makromolekülen", der ganze oder wenigstens größte Teil der

freien, innern Energie verbraucht ist für die gegenseitige Bindung

der einzelnen Moleküle4) und dann verschwinden die Endvalenz¬

kräfte, weil keine oder nur wenig Energie für ihre Wirkung

übrig bleibt. Tatsächlich ist es Staudinger und Lüthy ') gelungen,

in ihrer Arbeit über Formaldehyd eine derartig gebaute Kette

im Paraformaldehyd nachzuweisen.

3) Solche Valenzformeln sind kürzlich für polymerisierte Siliciumkohlen-

wasserstoffe beschrieben worden. Vergl. Kipping, Jour. Ghem. Soc. Trans. 1923,

2590; 125, 2291 (1924).

4) Die hochmolekularen Verbindungen sind alle viel weniger reaktionsfähig

als die einfachen Moleküle, ans denen sie aufgebaut sind.

5) Vergl. Max Lüthy, Diss. Zürich 1924.

— 9 —

Gegen das Vorhandensein von großen Ringsystemen (mehrals Achtringen) spricht die Baeyer'sche Spannungstheorie ; für

fast alle chemischen Zwecke kann die einfache Vorstellung von

geraden Ketten dienen.

Enthalten die zusammentretenden Moleküle nur eine Doppel¬bindung, so entstehen in beiden obigen Fällen — die unwirk¬

samen, freien Endvalenzen außer Acht gelassen — gesättigteKörper. Während aber bei den ringartigen Polymeren nur niedrigmolekulare Produkte entstehen — mit der Bildung eines Vier-,eines Fünf- und eines Sechsringes sind die durch die Baeyer'scheSpannungstheorie gegebenen Möglichkeiten erschöpft — können

im zweiten Falle unter Bildung von langen Ketten, zwar mehrere

und viel höhere polymerisierte Produkte entstehen.

Anders wird es, wenn die Grundmoleküle mehr als eine

Doppelbindung enthalten. Dann sind in der ersten Gruppe Ver¬

bindungen vom niedersten bis zum höchsten Molekulargewichtund jedem beliebigen Sättigungsgrad denkbar. Ein Beispiel hier¬

für bildet das Isopren als Grundkörper der Terpene und Poly-terpene.

Im Gegensatz dazu besitzen dann die Makromoleküle der

zweiten Gruppe immer noch eine Doppelbindung, die eine che¬

mische Reaktionsfähigkeit hervorruft und weitere Untersuchungerlaube.

Die vorliegende Arbeit behandelt die Polymerisation von Mole¬

külen bekannter Konstitution zu hochpolymerisierten Produkten,welche vorgenommen wurde, um zu sehen, wie weit die gewöhn¬lichen theoretischen Vorstellungen von der Bindungsart der Mole¬

küle, von Isomerie und von Nebenvalenzkräften sich auf das

Gebiet der hochpolymeren Körper übertragen lassen, mit der

Ansicht dieses wichtige Gebiet durch das Studium von neuen

Hochpolymeren und Polymerisationsprozessen zu erweitern.

Über die katalytische Polymerisation des

Cyclopentadiens.

Bekanntlich polymerisiert sich das Oyclopentadien beim Stehen

zu Dicyclopentadien, während bei höherem Erhitzen ein Gemisch

von höhermolekularen Polymerisationsprodukten erhalten wird. lï

Aus diesem Gemisch von Polymerisationsprodukten wurde von

H. Staudinger und A. Rheiner2) ein Tri- und Tetracyclopentadien,

ferner ein hochmolekulares, unlösliches Polycyclopentadien isoliert

und der Polymerisationsverlauf darnach folgendermaßen formuliert:

CH2 CH2 CH2 CH2 CH2 CH2 CH2 / CH2 \ CH2

Dabei können sich Gemische von Stereoisomeren bilden ; über

diese Polymerisationsprodukte soll im zweiten Abschnitt dieser

Arbeit berichtet werden.

Das Oyclopentadien sollte als Butadienderivat ein dem Kaut¬

schuk ähnliches Polymerisationsprodukt liefern,2) und es ist auffal¬

lend, daß dieser Unterschied in dem Verlauf der Polymerisation zwi¬

schen diesem Ringkörper und dem einfachen Butadien besteht.

Zwar haben schon Kraemer und Spilker') beobachtet, daß

Mineralsäuren oder alkoholisches Kali unter Wärmeentwicklung

auf Oyclopentadien einwirken, unter Bildung von braunen oder

schwarzen Harzen, ohne sie aber näher zu untersuchen. Nach

L) Kronstein, B. 35. 4151 (1902); Weger, Zeitschr. angew. Chemie 22, 345

(1909); Stobbe und Eeuß, A. 39). 151 (1912).

2) Staudinger und Rbeiner, Helv. VII, 23 (1924).

J) Kraemer und Spilker, B. 29, 552 (1896).

— 11 —

Harries*) sollen diese Produkte in naher Beziehung zum Kaut¬

schuk stehen.

Nun ist es uns gelungen, aus dem Cyclopentadien mittelst

Katalysatoren wie z. B. Zinntetrachlorid, ein hochmolekulares Poly¬

merisationsprodukt rein herzustellen, das völlig verschieden ist

von dem obigen unlöslichen, durch Erhitzen entstehenden Poly-

cyclopentadien.

Es ist eine kautschukähnliche Substanz, löslich in Benzol,Chloroform und Schwefelkohlenstoff, in Aceton und Alkohol da¬

gegen unlöslich ; weiter besitzt es pro Mol. Cyclopentadien eine

Doppelbindung.Man kann deshalb das Produkt in folgender Weise analog

dem Kautschuk formulieren:

Butadien Butadien-Kautschuk

X CHs-CH-CH=CH2-> • • CH1-CH-CH-CH1-(-CHI-CH=CH-CH,-)-CH1-CH CH-CH, • •

Cyclopentadien „ Cyclopentadien - Kautschuk "

CH2 CH2 , ^/CH8 v CHS

XCH-CH-CH CH-K.-CH-CH CH-CH-I -CH-CH-CH-CH-j-CH-CH CH-CH ••

Es stellt gewissermaßen einen „Cyclopentadien-Kautschuk"dar. In Anlehnung an die Nomenklatur für andere hochmolekulare

Substanzen wie z. B. „ParaJnden", „Para-Cumaron". usw., soll

es als PARA-Cyclopentadien bezeichnet werden.

Die Zahl der im Para-Cyclopentadien miteinander verketteten

Cyclopentadienmoleküle konnte nicht genau ermittelt werden, weil

nur sehr kleine, schwankende Gefrierpunktsdepressionen in Benzol¬

lösung und fast keine Siedepunktserhöhung in Chloroformlösungzu beobachten waren. Das Molekulargewicht in Benzol schwankte

zwischen 1266 und 6670, entsprechend (CsH^o bis (CjHbWAußer der Formulierung als Butadienderivat, kommt auch

eine zweite in Betracht; es können sich die Athylenbindungen,ähnlich wie beim Meta-Styrol zu einer langen Kette zusammen¬

gelagert haben. Dieses Polymere entspräche dann dem Para-

Inden, auf das im dritten Abschnitt dieser Arbeit eingegangen wird.

l) Harries, „Untersuchungen über die natürlichen und künstlichen Kautschuk¬

arten", 1919, S. 250.

— 12 —

(I)

CH2

XX•HC CH-

CHS

XX-HC CH-

CH2XX

-HC CH

HC CH HC CH HC --CH

Verkettung der 1,4 Atome wie beim Butadien Kautschuk.

• HC CH HC— CH HC CH---

y ce, y CH2' y ce,

HC — CH HC=—-CH HC^--CH

Verkettung der 1,2 Atome ') wie beim Meta-Styrol.

Die besondere Reaktionsfähigkeit der 1,4-Stellung im Cyclo-

pentadien6) und auch das kautschukähnliche Verhalten des Para-

Cyclopentadiens sprechen für die Formulierung als Butadieaderi-

vat. (Formel I).

Frisch dargestellt ist das Para-Cyclopentadien eine schnee¬

weiße, zähe, amorphe Masse, die wie frisch gefällter Kautschuk

aussieht, aber, im Vakuum vollständig getrocknet, eine schwam¬

mige Masse liefert, welche sich zu einem weißen Pulver zerreiben

läßt. Durch Bromtitration in verdünnter Chloroformlösung läßt

sich im Para-Cyclopentadien eine Doppelbindung pro Cyclopen-

tadiengruppe nachweisen.

Das Para-Cyclopentadien unterscheidet sich vom Kautschuk

durch seine sehr starke Autoxydabilität ;') bei Stehen an der

Luft nimmt es rasch Sauerstoff auf — ein Atom pro Mol. Cyclo-

pentadien — und geht in das Para-Cyclopentadien-Oxyd (G>iH.60)x

über, ein tief orange-rotes Pulver, das in allen gewöhnlichen

Lösungsmitteln unlöslich ist. Das gleiche Produkt erhält man

5) Die Orientierung der CH2-Gruppe immer nach der gleichen Richtungist natürlich willkürlich angenommen.

6) Cyclopentadien addiert Brom in 1,4-Stellung. Thiele, A. 314, 296 (1901).

') Der natürliche Kautschuk oxydiert sich auch an der Luft, allerdings viel

weniger leicht, und nimmt auch ein Atom Sauerstoff pro Isoprengruppe auf.

Vergl. Pummerer und Burkard, B. 55, 3462 (1922).

- 13 -

bei der Oxydation mit Kaliumpermanganat; die erwarteten hoch¬

molekularen Säuren konnten bisher nicht isoliert werden.

Bei der Einwirkung von Ozon auf die Chloroformlösung des

Para-Cyclopentadiens, erhält man ein Ozonid, das Jedoch stark

mit obigem Oxyd verunreinigt ist ; von einer weitern Unter¬

suchung des Ozonids wurde deshalb abgesehen.

Analog dem natürlichen Kautschuk reagiert Para-Cyclopen-

tadien mit salpetriger Säure und bildet ein unlösliches Nitrosit,

das nicht rein hergestellt werden konnte, da es von dem beige¬

mengten Oxyd nicht zu trennen ist.

Das Para-Cyclopentadien gleicht weiter dem Kautschuk darin,daß es mit .Schwefelchlorür in Chloroformlösung ein „Vulkani¬

sationsprodukt" bildet. In konzentrierten Lösungen liefert diese

Vulkanisation unter Wärmeentwicklung ein hartgummiähnliches,in allen gewöhnlichen Solventien unlösliches Produkt. In verdünn¬

ten Lösungen entsteht eine weiche, gelatinöse Masse, die beim

Trocknen im Vakuum zu Pulver zerfällt. Auch dieses Produkt

war nicht rein, sondern ebenfalls sauerstoffhaltig.

Das Paj-a-Cyclopentadien ist schwer hydrierbar. Die Hyd¬

rierung in Hexahydrotoluollösung mit Platinschwarz im Drehauto¬

klaven unter 60 Atm. Wasserstoffdruck bei Temperaturen von

150—170° gab kein vollständig hydriertes Produkt. Erst beim

Erhitzen auf 200° ohne Lösungsmittel unter 70—80 AtmosphärenWasserstoffdruck verwandelt sich die Substanz in einen glasigen

gesättigten Körper, der unlöslich in den gebräuchlichen Solventien

ist. In Chloroform oder Benzol quillt er auf. Da es nicht möglich

war, das Platin zu entfernen, wurde das Produkt nicht näher

untersucht.

Bei der trockenen Destillation zerfällt das Para-Cyclopen¬tadien bei Temperaturen über 160° in ein Gemisch von Spalt¬

produkten; in den tiefsiedenden Anteilen konnte Cyclopentadien

nachgewiesen werden; der pyrogene Zerfall ist also ähnlich dem

des Kautschuks.

Sehr merkwürdig verläuft die Einwirkung von trockenem

Halogenwasserstoffgas auf Para-Cyclopentadien in Benzol- oder

Chloroformlösung. Hierbei entstehen tiefblaue Reaktionsprodukte.

— 14 —

Man kann diese Reaktion für den Nachweis von sehr kleinen

Mengen Para-Cyclopentadien gebrauchen.8)Durch Zink sollte man das Halogen entfernen können und

so einen Kohlenwasserstoff erhalten analog dem Cyclo-Kautschuk,

der kürzlich hier aufgefunden worden ist.9) In der Tat wurde ein

ziegel-rotes Pulver erhalten, das aber nicht vollständig chlorfrei

war und deshalb nicht weiter untersucht wurde.

8) Diese blaugefärbten Produkte werden durch Alkohol oder Wasser zer¬

setzt. Die Reaktion kann auch zum Nachweis von kleinen Mengen Cyclopentadiendienen. Man polymerisiert das Cyclopentadien zuerst mit sehr wenig verdünnter

Zinntetrachloridlösung, und behandelt dann das mit Alkohol gefällte Para-

Cyclopentadien in Chloroformlösung mit trocknem Chlorwasserstoffgas. 0,001 gr

Para-Cyclopentadien in 2 ccm Chloroform läßt sieh so leicht nachweisen.

Andere blaue Halogenderivate, die im zweiten Abschnitt dieser Arbeit be¬

handelt werden, entstehen bei der Einwirkung von Brom und Chlor auf Di-

cyclopentadien in Eisessiglösung; auch bei Einwirkung von Schwefelsäure unter

Zusatz von Eisessig auf Cyclopentadien bei —80° entstehen blaue Derivate.

9) Privat-Mitteilung von Herrn W. Widmer.

Über die Einwirkung von Katalysatoren auf die

Polymerisation des Cyclopentadiens.

Es ist bekannt, daß Katalysatoren die Polymerisation in hohem

Maße beeinflussen können. Vielfach hat man AluminiumehJorid

oder konzentrierte Schwefelsäure angewandt; wie z. B. 7a\v Poly¬

merisation des Cumarons, des Indens; — Zinntetrachlorid, das zur

Polymerisation des Cyclopentadiens sich besonders eignet, ist da¬

gegen in seltenen Fällen gebraucht worden. Gerhardt1) hat im

Jahre 1845 damit das Anethol in Anisoin übergeführt, ferner

findet sich eine Angabe, daß Cumaron mittelst Zinntetrachlorid

in Cumaronharz übergeführt werden kann.2) Endlich existieren

zahlreiche Angaben für die Polymerisation von Isoprenen unter

Einfluß von Katalysatoren ; hier wurde unter anderem Borfluorid

genannt.3)

Eine systematische Untersuchung über die Einwirkung von

Polymerisationsmitteln auf ungesättigte Substanzen fehlte aber

bisher vollständig, darum wurden hier die verschiedensten Stoffe,

vor allem Halogenderivate, auf Cyclopentadien einwirken gelassen,um zu sehen, welche die Bildung des hochmolekularen Polymeri¬

sationsproduktes, speziell des Para-Cyclopentadiens, veranlassen.

Eine Gesetzmäßigkeit kann aus den bisherigen Beobachtungen

noch nicht abgeleitet werden, aber es zeigt sich, daß hauptsächlichdie Stoffe die Polymerisation in hohem Grad beeinflussen, welche

die Tendenz haben, mit organischen Körpern Molekülverbindun¬

gen oder „Nebenvalenzverbindungen" zu geben.

Solche sind durch P. Pfeiffers Untersuchungen beim Zinntetra¬

chlorid bekannt ; wie Zinntetrachlorid verhalten sich Titantetra¬

chlorid, Antimonpentachlorid und Bortrichlorid ; die Fluoride,

i) Gerhardt, Journ. für prakt. Chemie I, 36, 270 (1845).

2) Ellis und Rabinovitz, Zeitschr. für angew. Chemie 32, 1919, 70.

3) D.R.P. 264 925.

— 16 —

z. B. Siliciumfluorid und Borfluorid, die beständige anorganische

Komplexverbindungen liefern, beeinflussen dagegen die Polymeri¬

sation nur wenig.

Beständige Salze, wie die Haloide der Alkali- und Erd¬

alkalimetalle, weiter ausgesprochene Säurechloride, wie z. B. das

Siliciumtetrachlorid, Acetylchlorid, und das Phosphortrichloridhaben sehr wenig Einfluß auf die Polymerisation; dies hängt

damit zusammen, daß diese Stoffe keine Nebenvalenzverbindungen

bilden. Der Unterschied zwischen Silicium- und Zinntetrachlovid

ist dabei besonders interessant.

Es sei hier angeführt, daß nicht nur die Polymerisation

von Cyclopentadien, sondern auch von Inden, Cumaron, Styrol,

Isopren und chinesischem Holzöl, durch die gleichen Mittel stark

beeinflußt wird; merkwürdigerweise haben diese Stoffe keinen

Einfluß auf die Polymerisation des Acrylesters und Zimtesters,

von denen ja der erste besonders leicht in ein hochpolymeresProdukt übergeht. Dies rührt davon her, daß Stoffe, wie z. B.

Zinntetrachlorid, mit der Estergruppe reagieren, und daß sich

so Komplexverbindungen mit der Carbonylgruppe bilden und die

Wirkung des Zinntetrachlorids für die Polymerisation der Äthylen¬

gruppe verloren geht ; solche Komplexverbindungen wurden bei

Acrylester und Zimtester beobachtet. Auffallend ist aber auch,

daß das sonst leicht polymerisierbare Vinylbromid ebenfalls nicht

durch die genannten Polymerisationsmittel beeinflußt werden

kann.

Die erste Phase der Reaktion mit den verschiedenen Kataly¬

satoren ist die Bildung einer Molekülverbindung, die gewöhnlich

gefärbt ist. Bei der Polymerisation von Cyclopentadien mittels

Arsentribromid tritt z. B. eine schöne, tiefe Blaufärbung ein;mit Zinntetrachlorid, Antimonpentachlorid, Titantetrachlorid, ent¬

stehen rot gefärbte Molekülverbindungen; Aluminiumchlorid wird

mit einer gelben Schicht bedeckt. Bei Zusatz von Alkohol, Wasser

oder Aceton werden diese Molekülverbindungen zerstört, wie man

an dem Aufhellen oder Verschwinden der Farbe beobachten kann,und die Polymeren scheiden sich, meist weiß, in fester Form aus.

Es ist interessant, daß diese Polymeren nicht völlig identisch

sind mit den Polymerisationsprodukten, die ohne Katalysatoren

— 17 —

erhalten werden; dies trifft hauptsächlich für Styrol und Isopren

zu. Auch aus dem Cyclopentadien entsteht, wie schon früher

erwähnt, eine ganz andere Reihe von Polymeren, die im nächsten

Kapitel behandelt werden.

Im allgemeinen zeigen die Polymeren, welche durch Kataly¬

satoren entstehen, Molekulargewichte von 1500—4000, die aber

nicht so hoch sind wie diejenigen der eigentlichen Kolloide, wie

z. B. Kautschuk ; sie stehen als hochmolekulare Produkte also

an der Grenze zwischen Kristalloiden und echten Kolloiden, was

in Übereinstimmung mit ihren physikalischen Eigenschaften steht.

Das Para-Cyclopentadien ist pulvrig, und seine Lösungen sind

viel weniger viskos als Lösungen von Kautschuk oder Meta-

Styrol von gleicher Konzentration.

Bemerkenswert ist auch, daß ein Gemisch von zwei Kataly¬

satoren eine Reaktion hervorrufen kann, die mit einem Katalysator

allein nur langsam oder überhaupt nicht geht.

Reines Isopren z. B. wird durch zehn Minuten langes Durch¬

leiten von Bortrifluorid oder Siliciumtetrafluorid gar nicht poly-

merisiert. Mit Zinntetrachlorid polymerisiert sich Isopren langsam

zu einem hochpolymerisierten Körper. Bei Anwendung verdünnter

Zinntetrachloridlösung braucht es gewöhnlich 10—20 Minuten,

bis die Reaktion beendet ist. Leitet man aber zuerst Bortri¬

fluorid- oder Siliciumtetrafluorid-Gas einige Minuten lang durch

und gibt dann etwas verdünnte Zinntetrachloridlösung zu, so

verläuft die Polymerisation so rasch, daß das Gemisch aufsiedet

und das Polymerigationsprodukt sofort oder nach 2—3 Minuten

mit Alkohol ausgefällt werden kann.

Hier sei noch die Wirkung der verschiedenen Katalysatoren

auf die Polymerisation des Cyclopentadiens angeführt. Dia nach¬

stehend genannten Katalysatoren wurden in allen Fällen so unter¬

sucht, daß in 1 ccm reines Cyclopentadien 1—2 Tropfen des

flüssigen oder eine Messerspitze des festen Katalysators zuge¬

geben wurde ; nach einiger Zeit wurde Alkohol zugesetzt und

nachgesehen, ob sich Para-Cyclopentadien ausscheidet. In

manchen Fällen war es dabei nötig, mit Chloroform zu ver¬

dünnen und auch bei tiefer Temperatur zu arbeiten. Zur Iden-

— 18 —

tifizierung des Para-Cyclopentadiens kann in allen Fällen die Reak¬

tion mit trockenem Chlorwasserstoff in Benzol oder Chloroform

dienen; beim Vorliegen von Para-Cyclopentadien tritt eine tief¬

blaue Färbung ein.

Gruppe I des periodischen Systems.Ia. NaCl, NaBr, NaJ, KCl, KBr, KJ

Ib. Cu2Cl», Cu2Br2, Cu2J2, CuClä, CuBr2, AgFl, AgCl, AgBr

und AgJ

polymerisieren Cyclopentadien nicht.

Gruppe II.

IIa. MgFl2, MgCl2, MgBr2, CaFl2, CaCl2, SrCl2, BaCU,IIb. CdCl2, Hg2Cl2) Hg2Br2, Hg2J2, HgBrä, HgO

polymerisieren Cyclopentadien nicht.

HgCl2 gibt Spuren von Para-Cyclopentadien nach zwölfstün-

digem Stehen, ZnCl2 und ZnBr2 reagieren langsam, geben aber

nach 12 Stunden eine ziemlich gute Ausbeute von Para-Cyclopen¬

tadien.

Gruppe III.

BoFl3-gas wird 15 Minuten durch Cyclopentadien geleitet.

Es hat sich kein Para-Cyclopentadien gebildet.

Bo Cls reagiert unverdünnt sehr heftig mit Cyclopentadien,so daß Verharzung eintritt. In verdünnter Lösung (1: 10) bildet

sich das Para-Cyclopentadien bei Zimmertemperatur rasch, bei

— 80° sehr langsam.

Bo203 polymerisiert nicht.

Al Fis polymerisiert nicht.

AlCls wirkt auf Cyclopentadien ein, aber es bildet sich nur

eine kleine Menge des Para-Cyclopentadiens nach 12-stündigem

Stehen; wahrscheinlich bilden sich hier andere Produkte. Das

AI Cl3 wird gelb gefärbt.

AI Br3, hauptsächlich AI J3 wirken viel heftiger auf Cyclopen¬tadien ein; im letzteren Fall erwärmt sich die Flüssigkeit bis

zum Siedepunkt. Es bildet sich das Para-Cyclopentadien in guter

Ausbeute.

— 19 —

Gruppe IV.

(Acetylchlorid, Acetylbromid, und Oxalylchlorid wirken kaum

ein.)

Si Fli wird während zehn Minuten durch reines Cyclopen-

tadien geleitet. Polymerisiert nicht.

Si Cli und Si Brj wirken kaum auf Cyclopentadien ein ; nach

zwölf Stunden haben sich nur Spuren von Para-Cyclopentadien

gebildet.

SnCl4. Ein Tropfen reagiert sehr heftig bei gewöhnlicher

Temperatur mit reinem Cyclopentadien, so daß sich dunkle Poly¬

merisationsprodukte bilden. Bei — 5 " in verdünnter Lösung tritt

momentan Polymerisation ein, die Lösung färbt sich gelb bis

rot. Bei 80" in verdünnter Lösung (1: 10) ist nach einigen

Minuten die Polymerisation beendet. Das Para-Cyclopentadien wird

in letzterem Fall als zähe, weiße Masse mit Alkohol ausgefällt.

Sn Br4 reagiert nur langsam mit unverdünntem Cyclopentadien ;

nach fünf Stunden haben sich ungefähr 40 °/o Para-Cyclopentadien

gebildet.

SnJ4 polymerisiert nicht oder nur beim langen Stehen.

SnCL wirkt schwach polymerisierend. Nach zwölfstündigem

Stehen mit reinem Cyclopentadien bilden sich nur Spuren von

Para-Cyclopentadien.Pb Flj, Pb Cl2, Pb Js polymerisieren nicht.

Ti Cli. Ein Tropfen reagiert sehr heftig mit Cyclopentadien

unter Bildung eines braunen Harzes. In verdünnter Lösung bei

--80" erhält man nach einigen Minuten quantitativ Para-Cyclo¬

pentadien ; es verhält sich also gleich wie Sn CU, nur sind die

primären Anlagerungsprodukte etwas tiefer gefärbt, und das ge¬

fällte Para-Cyclopentadien ist weniger zähe und elastisch. Es ist

fast pulvrig.

ZrCli polymerisiert nicht.

Gruppe V.

PCL,, PBr^, IMi, PCI, wirken langsam auf Cyclopentadien

ein. Es bilden sich harzige Produkte neben öligen Substanzen,

wahrscheinlich Additionsprodukte.

— 20 —

P0C13 wirkt langsam auf unverdünntes Cyclopentadien ein.

Nach zwölf Stunden entsteht unreines Para-Cyclopentadien in guter

Ausbeute.

PäOi polymerisiert Cyclopentadien nach einigen Stunden.

Das ausgefällte Cyclopentadien ist gelblich.

AsFs — polymerisiert Cyclopentadien sofort — fast explo¬

sionsartig.

AsCl3 reagiert heftig unter Bildung eines schwarzen Harzes.

In verdünnter Chloroformlösung (1: 10) entsteht bei tiefer Tem¬

peratur Para-Cyclopentadien, aber nicht rein. In conc. Lösung

wurde oft Blaufärbung beobachtet.

As Br3. Reagiert nicht momentan mit unverdünntem Cyclopen¬

tadien. Die Kristalle lösen sich in Cyclopentadien unter Blau¬

färbung, dann schlägt die Farbe in grün um. Das mit Alkohol

ausgefällte Produkt wurde nicht näher untersucht.

SbF3 polymerisiert nur beim langen Stehen.

Sb Cl3 polymerisiert bei Zimmertemperatur rasch, sehr lang¬

sam bei — 80 °; es entsteht Para-Cyclopentadien.

Sb Br3 polymerisiert etwas langsamer als Sb Cl3- Die Poly¬

merisation ist nicht so heftig als mit SbCl3. Zugabe von etwas

Chloroform bildet eine schöne Blaufärbung.

Sb J3 reagiert nur sehr langsam. Nach zwölfstündigem Stehen

bilden sich nur Spuren von Para-Cyclopentadien.Sb C1& verhält sich wie Sn Cl4. In verdünnter Lösung tritt

bei —80" Polymerisation zu Para-Cyclopentadien ein.

Bi CL reagiert bei Zimmertemperatur unter Bildung des Para-

Cyclopentadiens in einigen Stunden.

BiBr3 und BiJ3 polymerisieren nicht.

VCls polymerisiert nicht.

Gruppe VI.

S2CI2 reagiert heftig mit Cyclopentadien; möglicherweise

entsteht das Schwefelchlorür-Anlagerungsprodukt des Para-Cyclo-

pentadiens,

S 0 CI2 reagiert langsam, S 02 Cl2 viel schneller ; es entsteht

unreines Para-Cyclopentadien.

— 21 —

H2 S04 und Cl SO3 H reagieren sehr heftig mit Cyclopentadion

und liefern schwarze oder braune Harze, — unreines Para-Cyclo-

pentadien.

C5H6SO3H reagiert etwas langsamer. Es bildet sich eine

schwarze harzige Masse.

SeCl2 reagiert heftig mit Cyclopentadien unter Bildung von

dunkeln, harzigen Massen, ganz analog der Reaktion mit Schwefel-

chlorür.

Cr Cls polymerisiert nicht.

Gruppe VII.

Jod bildet bei längerem Stehen mit Cyclopentadien dunkle,

zähe Massen; wahrscheinlich entstehen neben Polymerisations¬

produkten auch Additionsprodukte.

MnCl2 reagiert nicht mit Cyclopentadien.

Gruppe VIII.

FeF, polymerisiert nicht; oder sehr wenig beim langen

Stehen.

FeCl2 reagiert sehr langsam. Nach 24 Stunden hat sich

eine kleine Menge Para-Cyclopentadien gebildet.

FeCl3 und FeBr3 polymerisieren Cyclopentadien sofort unter

Bildung von Para-Cyclopentadien.Co Cla und Ni Cl3 polymerisieren nicht.

Es ist schließlich noch zu untersuchen, ob die mit den ver¬

schiedenen Polymerisationsmitteln erhaltenen Para-Cyelopentadienewirklich identisch sind. Nach einer vorläufigen Untersuchungsind die Produkte alle amorph und hochmolekular, aber es muß

eine größere Zahl von Molekulargewichtsbestimmungen vorge¬

nommen werden, um einen endgültigen Entscheid zu geben.

Die besten Katalysatoren sind SnCI4, TiCl4, SbClo, und

BCI3, — alle leicht hydrolysierbare Salze, löslich in Cyclopen¬tadien und Chloroform unter den Bedingungen der Polymerisation.

Von allen diesen Katalysatoren ist das wasserfreie, flüssige Zinn¬

tetrachlorid vorzuziehen, weil es in großer Verdünnung und auch

bei niedrigen Temperaturen sehr glatt reagiert, leicht entfern-

— 22 —

bar ist, und eine quantitative Ausbeute von analysenreinem Para-

Cyclopentadien liefert.

Um ganz reines Para-Cyclopentadien zu erhalten, muß man

die Polymerisation in Stickstoff ausführen; Produkte, die an der

Luft dargestellt sind, enthalten 1—2 °/o Sauerstoff und gehen,

wenn nicht in Stickstoff aufbewahrt, schon in einigen Wochen voll¬

ständig in das unlösliche Para-Cyclopentadien-Oxyd über.

Experimenteller Teil.

Werden zu 5 ccm auf ca. —80" gekühlten Cyclopentadien

einige Tropfen kalter, konzentrierter Schwefelsäure zugegeben,so beobachtet man die Ausscheidung einer gallertartigen Masse,

welche unter den schwarzen, von der Schwefelsäure getroffenenund verkohlten Partien rein weiß erscheint. Beim Erwärmen auf

Zimmertemperatur verkohlt unter Aufblähen das ganze Produkt

und geht in den schwarzen pechartigen Körper über, den Kraemer

und Spilker erhalten haben. Durch sofortiges Eintauchen in kalten

Alkohol, zur Entfernung der Schwefelsäure, gelingt es, eine weiße,

etwas beständigere Masse zu erhalten, die nach einigen Stunden

sich dunkel zu färben beginnt. Die Verkohlung ist etwas geringerund das Produkt reiner, wenn statt konzentrierter Schwefelsäure

eine verdünnte Lösung von Schwefelsäure in Eisessig (1 : 5),ebenfalls bei —80°, angewendet wird. In diesem Falle wurde

oft eine tiefblaue Färbung der Lösung beobachtet.

Auch so gewonnen ist die Substanz zur Analyse kaum rein

genug. Sie löst sich in Benzol oder Chloroform nicht vollständigund wird beim Aufarbeiten, wahrscheinlich infolge Spuren darin

zurückgebliebener Schwefelsäure, braun. Es wurden deshalb die

früher erwähnten systematischen Versuche mit verschiedenen Ka¬

talysatoren ausgeführt, um einen Katalysator zu finden, welcher

ohne Verkohlung auf Cyclopentadien glatt polymerisierend ein¬

wirkt, und der leicht zu entfernen ist.

— 23 —

Polymerisation von Cyclopentadien mit Zinntetrachlorid.

Darstellung des Para-Cyclopentadiens.

13,5 gr O/s Mol.) frisch destilliertes Cyclopentadien, das durch

Depolymerisation von Dicyclopentadien hergestellt war,') wird nach

Verdünnen mit ca. 45 ccm Chloroform unter Kühlung auf ca.

— 5 " bis — 10 ° mit einer Lösung von 0,2 ccm wasserfreiem

Zinntetrachlorid in 5 ccm Chloroform während ca. fünf Minuten

tropfenweise versetzt. Bei zu rascher Zugabe tritt unter starker

Erwärmung Dunkelfärbung und Verharzung ein. Bei langsamer

Zugabe erhält man zuerst eine gelbliche, dann eine tief orange¬

rote Lösung, ein Zeichen einer primären Bildung von Komplex¬

verbindungen. Nach weiteren zehn Minuten wird die ziemlich

viskose Lösung unter Umrühren in 100 ccm Alkohol (95 °/o)

gegossen ; dabei scheidet sich das Polymerisationsprodukt als zähe,

kautschukähnliche, weiße Masse aus ; die Komplexverbindung wird

also unter Entfärbung zerstört. Nach dem Auswaschen mil Alkohol

und Äther wird nochmals durch Auflösen in Benzol und Aus¬

fällen mit Alkohol gereinigt und dann im Vakuum bei 50 '

ge¬

trocknet. Ausbeute ca. 12 gr. Die anfangs schwammige Masse

verliert beim Trocknen die Elastizität, und es bleibt eine weiße,

amorphe Masse zurück, die sich zu einem Pulver zerreiben läßt.

Das Para-Cyclopentadien ist in Benzol, Chloroform. Tetrachlor¬

kohlenstoff und Schwefelkohlenstoff löslich, schwerlöslich in Pe-

troläther, unlöslich in Alkohol, Äther und Aceton. Zur Analyse

muß das Produkt unter sorgfältigem Luftabschluß aufgearbeitet

werden, sonst ist dasselbe infolge Autoxydation sauerstoffhaltig.

Das Produkt unter Stickstoff dargestellt und dreimal aus Benzol¬

lösung mit Alkohol ausgefällt, gab nach 48-stündigem Trocknen

bei 50° im Hochvakuum, folgende Analyse:

1 0,1042 gr Subst. gaben 0,3465 gr CO« und 0,0857 gr H2ÜII 0,1724 gr , „ 0,5735 gr CO*

„0,1433 gr H,0

(C5Hfi)x Ber. C 90,84 H 9,16%,Cef. I 0 90,69 H 9,22 °j0

,II C 90,72 H 9,32 0|0

Andere unter Luftzutritt dargestellte Proben zeigen, daß

!) Vergl. Stobbe und Reuß, A. 391, 154 (1912).

- 24 —

schon während der Polymerisation 1 bis 2 °/o Sauerstoff aufgenom¬

men wurden. Zwei solche Proben gaben z. B.

C 89,98 H 8,98 0 1,04°/0C 89,63 H 8,90 0 1,47 °|0

Die Molekulargewichtsbestimmung in Benzol nach der Ge¬

frierpunktsmethode ergab keine übereinstimmenden Werte ; das

Produkt ist hochmolekular.

Mol. Gew. kryoskopisch in Benzol (K = 51).

0,1166 gr Subät. I in 15,66 gr Benzol, dT = 0,030°

0,2530 gr Subst. I in 15,C6 gr Benzol, dT = 0,051°

0,6192 gr Subst. I in 15,66 gr Benzol, dT = 0,082°

0,2118 gr Subst. Hin 16,23 gr Benzol, dT = 0,010°

0,4C56 gr Subst. Hin 16,23 gr Benzol, dT = 0,027°

Mol. Gew. iür (C5H6)20 Ber. 1320

(C6H6)40 ,2640

(C6H6)100 „6600

Gel 1266; 1616; 2459; 6670; 4740.

In siedendem Chloroform wurde fast keine Erhöhung des

Siedepunktes beobachtet.2)

Bromtitration.

Para-Cyclopentadien addiert Brom in verdünnter Chloroform¬

lösung. Da in konzentrierter Lösung das Brom auch substituie¬

rend einwirkt, wurden die Proben in 75 ccm Chloroform gelöst

und mit <y5 - Br2 - Lösung (entsprechend 0.4 Br - Lösung) titriert.

Weil das Additionsprodukt selbst gelb gefärbt ist, wurde der

Endpunkt mit Jodkalistärkepapier bestimmt. Die titrierte Lösung

wurde jeweils mit einem Überschuß von 5 ccm der Brom¬

lösung stehen gelassen ; in jedem Fall war nach vier Stunden

noch freies Brom vorhanden. Zwei verschiedene Proben ergaben

folgende Resultate :

Subst. Volumen n/5-Br2-Lösung verbraucht Ber. für I <T\ Ber. für 2 zs.

0,3856 gr 30,49 ccm 29,20 ccm 58,40 ccm

0,2182 gr 14,85 ccm 16.50 ccm 33.00 ccm

0,1764 gr 13,20 ccm 13 35 ccm 26,70 ccm

0,1403 gr 9,85 ccm 10,60 ccm 21,20 ccm

0,1262 gr 7,95 ccm 9,55 ccm 19,10 ccm

2) Der große Unterschied in der Molekulargewichtsbestimmung dürfte auf

verschiedener Reinheit beruhen.

— 25 —

Es ist darnach eine Doppelbindung für eine C,H«-Gruppe

vorhanden.

Oxydation des Para-Cyclopentadiens. Autoxydation.

Beim Stehen an der Luft nimmt, wie erwähnt, das Para-

Cyclopentadien Sauerstoff auf und färbt sich gelb. Nach ca. einem

Monat wird es gewichtskonstant und Analysen zeigen, daß für

eine C5Hfi-Gruppe ein Atom Sauerstoff aufgenommen wird.

Gewogene Proben fein pulverisiertes reines Para-Cyclopen-

tadien wurden im mit Sauerstoff gefüllten Exsikkator stehen ge¬

lassen unter öfterer Erneuerung des Sauerstoffes; nach 33 Tagen

trat keine Sauerstoffaufnahme mehr ein und es hatte sich das

Oxyd gebildet. I II

Gewicht der Subst. am Anfang 0,1173 gr 0,0975 gr

„nach 33 Tagen 0,1459 gr 0,1208 gr

l des aufgenommenen Sauerstoffs 0,0286 gr 0,0233 gr

Prozent Sauerstoff 19,60 °/0 19,29 °|„

Ber. für (C5HeO)x 19,51 °|0 19,51 °/0

0,1143 gr Subst. gaben 0,3055 gr CO, und 0,0753 gr H40

(CBH„0)x Ber. C 73,12 H 7,37 0 19,51 °/„

Gef. C 72,89 H 7,38 0 19,60 °/„

Das Para-Cyclopentadien-Oxyd ist ein tiefgelbes bis orange¬

rotes, amorphes Pulver, das in den gebräuchlichen organischea

Lösungsmitteln wie Benzol, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff,

Essigester, Aceton, Eisessig, Alkohol und Äther unlöslich i3t.

Beim Erhitzen über, 160° färbt es sich allmählich dunkel und

zersetzt sich über 300" völlig, ohne daß ein bestimmter Schmelz¬

punkt zu beobachten ist. Beim Einleiten von Chlorwasserstoff

in eine Suspension des Oxyds in Chloroform tritt zum Unter¬

schied von Para-Cyclopentadien keine Blaufärbung ein ; das Pro¬

dukt wird schwarz. Bei der pyrogenen Zersetzung gibt das Oxyd

gelbe Dämpfe ab, aber es sind nur Spuren von Cyclopentadien

hier zu erkennen.

Oxydation mit Kaliumpermanganat.

2 gr Para-Cyclopentadien in 25 ccm reinem Tetrachlor¬

kohlenstoff wenden mit Kaliumpermanglanat (20 gr) bei Zusatz

— 26 —

von 75 ccm 2 N-Schwefelsäure und 100 ccm Wasser unter Tur-

binieren oxydiert; dann wird der Tetrachlorkohlenstoff verdampft

und unter Durchleiten von Schwefeldioxyd der Braunstein ent¬

fernt. Ungelöst bleiben 0,6 gr einer schwachbraunen, amorphen

Masse, die völlig unlöslich ist, und nach der Analyse aus dem

gleichen Para-Cyclopentadien-Oxyd besteht.

1 0,0952 gr Subst. gaben 0,2566 gr C02 und 0,0635 gr HsO

II 0,1075 gr „ „ 0,2896 gr C02 „ 0,0718 gr H20

(C5H60)x Ber. C 73,12 H 7,37 °/0

Gef. I C 73,51 H 7,48 °/0

,II C 73,47 H 7,50%

Aus dem wässerigen Filtrat konnten bestimmte Oxydations¬

produkte durch Ausäthern nicht isoliert werden; offenbar ist ein

Teil der Substanz durch den großen Überschuß von Kalium¬

permanganat verbrannt worden.

Ozonisation.

2 gr Para-Cyclopentadien in 200 ccm reinem Chloroform

wurden während neun Stunden mit Ozon behandelt. Das Ozonid

schied sich darnach als gelbliche, gallertartige Masse aus. Nach

dem Absaugen des Chloroforms und Trocknen blieb ein gelbliches

Pulver zurück, das beim Erhitzen verpufft, also ein Ozonid dar¬

stellt ; nach der Analyse ist aber das Produkt stark mit Oxyd

verunreinigt.

0,1399 gr Subst. gaben 0,3360 gr CO, und 0,0899 gr H80

(C6H603)x Ber. C 52,68 H 5,30 0 42,02 °/0

(C5HB0)x Ber. C 73,12 H 7,37 0 19,51 °/0

Gef. C 65,50 H 7,20 0 27,30 °/„

Beim Kochen mit Wasser bleibt ein großer Teil ungelöst.

In der wässerigen Lösung findet sich nach dem Eindampfen eine

braune, syrupöse Flüssigkeit, die Aldehydreaktion zeigt und hoch¬

molekulare Äbbauprodukte des Para-Cyclopentadiens darstellt.

Nitrosit.

2 gr Para-Cyclopentadien in 75 ccm Toluol werden mit

nitrosen Gasen behandelt, die aus Stärke und Salpetersäure her-

- 27 —

gestellt sind. Es scheidet sich eine gelbe, gallertartige Masse ab,die nach dem Abfiltrieren und Auswaschen mit Toluol, im Hoch¬

vakuum getrocknet wurde. Das so erhaltene Mtrosit ist ein gelb¬liches Pulver, das sich beim höheren Erhitzen allmählich dunkel

färbt und über 280° völlig zersetzt. Es ist nicht rein; aus

den Analysen geht hervor, daß die Substanz wieder mit Oxyd

verunreinigt ist; eine Trennung dieser völlig unlöslichen Sub¬

stanzen läßt sich nicht herbeiführen.

H 4,26 N 19,71 °ioH 5,81 N 13,46 °/0H 6,62 N 10,21 °/0H 6,72 N 6,90 °/0H 6,50 N 7,09 °/„

Vulkanisation.

Wenn man eine Lösung von 1 gr Para-Cyclopentadien in

10 ccm Chloroform mit einer Lösung von 1 gr Schwefel-

chlorür in 3 ccm Chloroform versetzt, so wird das Gemisch

heiß und nach einigen Minuten erhält man eine feste, gallertartigeMaße. In noch konzentrierter Lösung scheidet sich das Scliwefel-

chlorüranlagerungsprodukt in einer festen, hartgummiähnlichenMasse aus. Zur Analyse wurde deshalb das Vulkanisationsproduktin sehr verdünnter Lösung dargestellt.

Zu 1,7 gr reinem Para-Cyclopentadien in 75 ccm reinem

Chloroform wurde eine Lösung von 2 ccm Schwefelchlorür

(frisch destilliert) in 25 ccm Chloroform gegeben und das Ge¬

misch auf dem Wasserbad erwärmt. Es schied sich eine gelbe,kautschukähnliche Masse aus, die durch Verreiben mit Chloro¬

form und Benzol möglichst gut ausgewaschen wurde. Nach dem

Trocknen im Hochvakuum bei 50° bildete sie ein gelbes, in den

gebräuchlichen Lösungsmitteln unlösliches Pulver. Beim Erhitzen

zersetzt sich dieses bei Temperaturen über 150° ohne zu schmel¬

zen. Nach der Analyse hat sich Schwefelchlorür angelagert, aber

das Produkt ist ebenfalls durch einen sauerstoffhaltigen Körper

verunreinigt.

(C5H6)N203

(C5H6)SNA

(C6H6)3NA

Ber. C 42,24

„C 57,67

„C 65.65

Gef. C 64,57

C 64,08

— 28 —

0,1906 gr Subst. gaben 0,1204 gr AgCl und 0,1949 gr BaS04 (Carius)

0,2136 gr „ „ 0,1309 gr AgCl „ 0,2330 gr BaS04

0,1347 gr „ „0,0820 gr AgCl „ 0,1452 gr BaS04

0,1393 gr „ „ 0,0860 gr AgCl „ 0,1509 gr BaS04

0,1494 gr „ „ 0,3076 gr C02 „ 0,0716 gr HsO

0,1541 gr „ „ 0,3186 gr C02 „ 0,0732 gr H20

(C6He)sS2Cl, Ber. 0 54,02 H 5,44 S 19,24 Cl 21,28 °/0

(CäH6)4S,Cl2 „C 60,12 H 6,06 S 16,06 Cl 17,76 °|0

(C5H6)5S2C12 „C 64,48 H 6,50 S 13,78 Cl 15,24 °|0

Gef. C 56,15 H 5,38 S 14,81 Cl 15,06 °I0

,C 56,39 H 5,33 S 14,88 Cl 15,27 %

Behandlung mit Chlorwasserstoffgas und Darstellung eines

Cyclopentadien-Cyclo-Kautschuks.

Durch eine Lösung von 0,5 gr reinem Para-Cyclopentadienin 10 ccm reinem Chloroform wurde trockenes Chlorwasserstoff¬

gas während fünf Minuten durchgeleitet. Kurz nach Beginn des

Durchleitens nahm die Lösung eine blaue Färbung an, die sich

immer vertiefte; eine Ausscheidung trat aber nicht ein. Petrol-

äther fällt daraus das Hydrochlorid als blauschwarze, zähe Masse

aus. Zugabe von Alkohol zu der blauen Lösung zerstört die blaue

Farbe.

Zur Darstellung des Cyclopentadien-Cyclokautschuks wurden

zu einer Lösung von 4 gr Para-Cyclopentadien in 200 ccm

Toluol 5 gr Zinkpulver zugegeben, und durch das auf dem

Wasserbad am Rückflußkühler erhitzte Gemisch unter gleichzei¬

tigem Turbinieren ein Strom von trockenem Chlorwasserstoffgas

während drei Stunden durchgeleitet. Der Kolbeninhalt färbte sich

dunkel und bald fiel eine rote, gallertartige Masse aus. Das Ge¬

misch wurde noch acht Stunden auf 110° erhitzt und dann fil¬

triert. Der Rückstand wurde, um das eingeschlossene Zink zu

entfernen, zuerst mit verdünnter Salzsäure behandelt, dann noch

mehrere Stunden unter gleichzeitigem Erwärmen mit Eisessig

geschüttelt. Dann wurde mit heißem Wasser gewaschen, bis das

Filtrat keine Chlorreaktion mehr zeigte. Nach nochmaligem Wa¬

schen mit Alkohol und Äther und Trocknen wurde ein ziegelrotes

Pulver erhalten, das aber noch etwas Chlor enthielt, wie sich

— 29 —

beim Erhitzen mit Natrium zeigte. Eine Analyse wurde nicht

ausgeführt.

Reduktion mit Wasserstoff und Platin.

In einem ersten Versuch wurden 6 gr Para-Cyclopen¬tadien in 50 gr Hexahydrotoluol mit 0,3 gr Platinschwarz im

Drehautoklaven unter 50 Atmosphären Wasserstoffdruck 15 Stun¬

den auf 170" erhitzt. Die Lösung war nun tief braun, und

Alkohol fällt daraus eine braune zähe Masse, die noch stark

ungesättigt war und sich als unverändertes Para-Cyclopentadienerwies.

Ein zweiter Versuch wurde ohne Lösungsmittel ausgeführt.Um das Platin im festen Para-Cyclopentadien gut zu verteilen,wurden in einer Benzollösung desselben 0,2 gr Platinschwarz

suspendiert und das Para-Cyclopentadien samt dem Fiatin daraus

mit Alkohol gefällt. Nach dem Trocknen wurde die Masse in

den Drehautoklaven gebracht, die Luft bis auf 10 mm Druck

ausgepumpt, und Wasserstoff eingeleitet bis zu einem Druck

von 55 Atmosphären. Der Autoklav wurde acht Stunden auf

200° erhitzt, in welcher Zeit der Druck auf 70—80 Atmosphären

stieg. Als Keaktionsprodukt wurde eine braune, glasige Masse

erhalten, die in den gebräuchlichen Lösungsmitteln unlöslich ist,In Chloroform oder Benzol quillt sie auf wie Kautschuk. Da es

nicht möglich war das Platin zu entfernen, wurde keine Analyse

gemacht. Doch ist der Körper vollständig gesättigt, so daß diesmal

Reduktion eingetreten zu sein scheint.

Trockene Destillation von Para-Cyclopentadien.

Wenn man Para-Cyclopentadien erhitzt, so fängt eine all¬

mähliche Zersetzung an. Bei ca. 160° wird es schwarz und bei

ca. 250" zersetzt es sich unter Bildung von gelben' Dämpfenmit unangenehmem Geruch. Zur Untersuchung der dabei gebil¬deten Produkte wurden 2 gr Para-Cyclopentadien bei gewöhn¬

lichem Druck destilliert und die Zersetzungsprodukte in einer

auf —80" gekühlten Vorlage aufgefangen.Eine geringe Menge höher siedender Anteile kondensiert

sich an den kalten Partien des Kolbens zu gelben Tropfen ; das

— 30 —

Destillat, eine braune Flüssigkeit von unangenehmen Geruch,

ging bei nochmaliger Destillation zwischen 30° und 100° über.

Im Kolben blieb ca. 1 gr verkohlter Rückstand.

Bei Zugabe von verdünnter Zinntetrachloridlösung zu dem

zwischen 30 °— 50 ° siedenden Destillat wurde das Gemisch warm ;

mit Alkohol wurde Para-Cyclopentadien ausgefällt, welches nach

dem Waschen mit Alkohol und dann mit Äther die charak¬

teristische Blaufärbung mit Chlorwasserstoffgas gab. Es entsteht

demnach bei der Destillation eine geringe Menge Cyclopentadien,neben anderen, hauptsächlich niedrig siedenden Kohlenwasser¬

stoffen.

I. Zur Konstitution des Dicyclopentadiens.

Wie schon Kraemer und Spilker,1) die Entdecker des Dicyclo¬

pentadiens, auf Grund der Molekularrefraktion angenommen, und

Eijkmann2) und neuerdings Staudinger und Rheiner3) durch kata-

lytische Hydrierung nachgewiesen haben, enthält das Dicyclopen-

tadien zwei Doppelbindungen, von denen durch Bromtitration nur

eine nachzuweisen ist.3) Es müssen sich darnach zwei Moleküle

Cyclopentadien unter Bildung eines neuen Vier-, Fünf-, oder Sechs¬

rings vereinigt haben.

(I) 1,2 Addition.

HC

CH?

HC —

CH HC

+

CH HC

- CHjxCH

CH

CH9 -CH.

HC

HC

•CH —HC'

CH —HC

CH

CH

CH CHv

CHS +

CH CH/ HC

(II) Partiell 1,4 Addition.

, CH2v , CH2,

HC/ XCH HC CH CH/ x CH

CH.

CH HC CH CH CH

(III) 1,4 Addition.

CH - CHx

, CH CH HC CH - CH

CHS + CH2 +

'CH2

CH CH7 X^CH CH HC — CH

CH2l

CH

CH

CH

Formel III, nach welcher nur zwei Stereoisomere möglieh sind,

würde der schon im ersten Abschnitt erwähnten Reaktionsfähigkeit

i) Kraemer und Spilker, B. 29, 558 (1896).

2) Eijkmann, C. 1903, II, 989 (Ref.).

3) Staudinger und Rheiner, Helv. VII, 23 (1924).

— 32 —

der 1,4 Kohlenstoffatome Kechnung tragen, über die Leichtigkeitder Aufspaltung ließe sich wenig sagen, da der gebildete Sechs¬

ring kein Sechsring im Sinne der Baeyer'schen Spannungstheorieist. Hingegen würde, was Staudinger und Rheiner über die Re-

trans

aktionsfähigkeit der einer Doppelbindung benachbarten Kohlen¬

stoffatome als Ursache der leichten Spaltbarkeit des Dicyclopen-tadiens anführen, hier noch in vermehrtem Maße zutreffen.

Nach Formel II, welche von Wie'and4) in Analogie zum Auf¬

bau des Limonens aus Isopren aufgestellt wurde, könnte auch die

Leichtigkeit der Aufspaltung so erklärt werden. In der von

Kraemer und Spilker aufgestellten Formel I macht der Viernng

4) Wieland, B. 39, 1492 (1906).

— 33 —

zusammen mit denjenigen beiden Kohlenstoffatomen des Vier¬

rings, welche durch die benachbarten Doppelbindungen besonders

reaktionsfähig gemacht sind, die leichte Aufspaltung in der Hitze

wahrscheinlich. Auch ist diese Formulierung die einzige, welche eine

gleichartige weitere Anlagerung von Cyclopentadienmolekülen

erlaubt. Die Formel läßt zwei strukturisomere und zwei stereoiso¬

mere Körper zu. (Siebe Seite 32.)

Zur Frage der Struktur- und Stereoisomerie beim Oicyclopentadien.

Staudinger und Rheiner schlössen aus der Tatsache, daß in

jedem durch Polymerisation von Cyclopentadien erhaltenen Dicyclo-

pentadienpräparat neben dem festen sich ein flüssiger Anteil be¬

findet, daß hier Isomere vorliegen. Der flüssige Anteil destillierte

bei der Vakuumdestilliation (12 mm) in einem Intervall von 8° bis 10"

bei 60° bis 70° über, und aus der höheren Fraktion konnte in

der Tat durch Aufnehmen in absolutem Methylalkohol, Ausfrieren

bei — 80° des darin noch enthaltenen festen Dicyclopentadiens

von Smp. 32°, und Destillation der methylalkoholischen Lösung

im Vakuum ein flüssiges Dicyclopentadien als Destillat erhalten

werden, das nach dem Erstarren in Eis-Kochsalz bei 19,5 " schmolz.

Durch katalytische Hydrierung ging es in dasselbe Di- und Tetra-

hydro-Dicyclopentadien über, welches aus dem bei 32° schmel¬

zenden Körper erhalten wurde.

Existierten wirklich zwei isomere Dicyclopentadiene. die in

dasselbe Di- und Tetrahydroprodukt übergehen, so war Formel

III ausgeschlossen und auch die zweite unwahrscheinlich gewor¬

den ; man müßte denn annehmen, daß immer zuerst die dem

Ringe zunächstliegende Doppelbindung reduziert werde.

Um das Resultat sicher zu stellen, wurde die Untersuchung

des flüssigen Anteils wiederholt, mit dem Ergebnis, daß es zum

mindesten sehr unwahrscheinlich ist, daß es sich hier um ein

Gemisch von Isomeren handelt. Es liegt wohl vielmehr ein Ge¬

misch von Polymeren vor, nämlich festes Dicyclopentadien, ver¬

unreinigt durch etwas Tricyclopentadien und eine geringe Menge

Cyclopentadien.

Es wurde die Fraktionierung des flüssigen Anteils, diesmal

unter Benutzung des Widmer'schen Fraktionieraufsatzes ') wied'er-

^7vërgi. G. Widmer, Helv. VII, 59 (1924).

— 34 —

holt, und von dem bei 12 mm von 54° bis 68° übergehenden

Destillat 4 Fraktionen aufgefangen. Davon waren die erste

und letzte Fraktion flüssig (bei 20° Zimmertemperatur), während

die mittleren fest waren; die zweite zeigte noch etwas Flüssig¬

keit neben dem festen Anteil.

Da bei einer anderen Destillation derselben Substanz in einer

mit Kohlensäure-Äther gekühlten Vorlage über 1 °/o der ange¬

wandten Substanz Cyclopentadien erhalten wurde, und es ander¬

seits bekannt ist, wie kleine Spuren Cyclopentadien und andere

Verunreinigungen den Schmelzpunkt des Dicyclopentadiens sehr

beträchtlich unter Zimmertemperatur erniedrigen,6) so besteht

offenbar die erste Fraktion aus festem Dicyclopentadien, das

durch Spuren, bei der Destillation mit in das Destillat gegangener

Cyclopentadiendämpfe verflüssigt worden ist. Entsprechend, ist

der flüssige Zustand der vierten Fraktion zu erklären, nur daß

hier eine höher siedende Verunreinigung, die auch das geringe

Steigen des Siedepunktes während der Destillation verursacht hat,

den Schmelzpunkt erniedrigt ; sehr wahrscheinlich das im Vakuum

bei 120° (10 mm) siedende Tricyclopentadien. Ein Gemisch von

etwas Tricyclopentadien und Dicyclopentadien ist flüssig bei 20 °;

der Schmelzpunkt variiert mit dem Mengenverhältnis, aber liegt

immer tiefer als Zimmertemperatur (20°).Festes Dicyclopentadien (Smp. 32 °), das mehrere Stunden

auf 100°, bei der Vakuumdestillation herrschende Ölbad¬

temperatur erhitzt wurde, war nachher bei Zimmertemperatur

(19°) flüssig; nach weiterem Erhitzen auf 125° während 45

Stunden konnte selbst bei ca. — 80 ° durch Impfen eine Kristalli¬

sation kaum hervorgerufen werden. Bei der fraktionierten Vakuum¬

destillation im Widmerapparat gab die Flüssigkeit in fast quan¬

titativer Ausbeute Dicyclopentadien, das völlig fest war. Der Siede¬

punkt stieg während der Destillation um nur 7°, und die letzten

Tropfen des Destillates waren flüssig. Im Kolben blieb eine geringe

Menge eines Öles, das bald erstarrte und roh bei 50° schmolz;

sehr wahrscheinlich Tricyclopentadien. Schon 0,5 gr dieses Kör¬

pers verflüssigte bei 20° das gesamte Destillat (13 gr) in wenigen

Minuten!

6) Stobbe und ßeuß, A. 391, 155 (1912); Btard und Lambert, ß. 24 (II),556 (1891), R.

— 35 —

Darnach dürfte das bei 19° bis 20° schmelzende Dicyclopen¬

tadien, das Rheiner erhalten hatte und welches, genau nach seinen

Angaben, — ohne Benützung des Widmerapparates —, aus der bei

65 °—68 ° übergegangenen, flüssigen vierten Fraktion wieder er¬

halten werden konnte, durch Tricyclopentadien etwas verunrei¬

nigtes Dicyclopentadien sein. Durch das Ausfrieren war das durch

Tricyclopentadien verflüssigte Dicyclopentadien der vierten Frak¬

tion an Tricyclopentadien angereichert worden, wurde aber durch

die nachfolgende Destillation wieder weitgehend zu dem bei 19°

schmelzenden Produkt gereinigt. Bei nochmaliger Vakuumdestil¬

lation im Widmerapparat liefert dieses auch wirklich das bei 32°

schmelzende Dicyclopentadien.

Mit dem jetzigen Resultat in Übereinstimmung ist, daß ein

Gemisch der beiden „Isomeren" keine Schmelzpunktsdepression

zeigt, sondern einen mittleren Schmelzpunkt von 24°—25°, den

Rheiner beobachtet hat.

Dazu kommt, daß auch Versuche, das feste Dicyclopentadien

durch Erhitzen mit Eisessig oder Trimethylamin bei 100° im

Bombenrohr in Isomere überzuführen, Flüssigkeiten ergaben, die

bei der Vakuumdestillation fast quantitativ festes Dicyclopentadien

vom Smp. 32° zurückliefern.

Fraktionierung des Dicyclopentadiens.

Es wurden 250 gr zum Teil flüssiges Dicyclopentadien der

Vakuumdestillation bei 12 mm unterworfen und neben einem

geringen Vorlauf 4 Fraktionen aufgefangen:

Vorlauf, Sdp. 49—54° ca. 3 ccm Flüssigkeit, n* = 1,48795.

Unangenehmer, merkaptanartiger Geruch. Wahrscheinlich Ver¬

unreinigung mit etwas Cyclopentadien beigemengt.

Fraktion I, Sdp. bei 12 mm 54—56,5°, 50 gr Flüssigkeit,

nff = 1,50051.

Fraktion II, Sdp. 57—58,5° 60 gr festes Dicyclopentadien,

mit etwas Flüssigkeit. n§"= 1,50527.

Fraktion III, Sdp. 58—63°, 90 gr festes Dicyclopentadien,

Smp. 32", nD°= 1,50758.

Fraktion IV, Sdp. 65—68 °, 40 gr Flüssigkeit, nff = 1,50387.

— 36 —

Fraktion IV wurde nach den Rheiner'schen Angaben durch

wiederholtes Ausfrieren der methylalkoholischen Lösung bei — 80 °

vom festen Dicyclopentadien möglichst befreit. Aus der methyl¬

alkoholischen Lösung wurde dann durch Absaugen des Alkohols

im Vakuum und Überdestillieren des Rückstandes aus dem Widmer¬

apparat ein flüssiges Destillat erhalten, das bei 20° schmolz.

Die nochmalige Vakuumdestillation lieferte aus diesem Körper,bei einem Siedepunkt von 58° bei 11 mm, festes Dicyclopentadien

vom Smp. 32°.

Oxydation.

Es wurde zur direkten Konstitutionsaufklärung des Dicyclopen-

tadiens durch oxydativen Abbau übergegangen. Durch die Auf¬

spaltung der zwei miteinander verbundenen Cyclopentadienringean den beiden noch vorhandenen Doppelbindungen sollten Tetra¬

carbonsäuren eines Vier-, Fünf-, oder Sechsringes zu erhalten

sein, nach den drei möglichen Verbindungsarten, die eingangs

besprochen wurden. Die Bildung und Spaltung läßt sich unter

Annahme von Formel I folgendermaßen formulieren:

a Cn.2 OHg OM2

_/\n /\_/\

wa«fr HOOC.CH.-CH —CH.CH.-COOB'

« 8-> o',

)o, wass% I I» x! /

Oxydation HOOC-CH — CH-COOH

der Aldehyde

Von Wieland (1. c.) und Staudinger und Rheiner schon in

dieser Richtung ausgeführte Versuche mit Permanganat führten

zu öligen Gemischen, aus denen nichts Kristallisiertes zu isolieren

war. Dieselbe Erfahrung wurde wieder gemacht mit mäßig kon¬

zentrierter Salpetersäure als Oxydationsmittel ; neben einem Öl

wurde Oxalsäure erhalten.7)Durch Ozonisation des Dicyclopentadiens in Chloroform hatte

schon Bögemann8) ein unreines Ozonid bekommen, das mit Wasser

schwer zu spalten war und, wie auch Staudinger und Rheiner

fanden, dabei zum Teil verharzte.

7) Auch mit ganz verdünnter Salpetersäure (2. N) tritt in der Wärme

leichte Reaktion ein unter Bildung von Oxalsäure.

") Bögemaim, Inaug.-Diss. Kiel, 1909, S. 44.

— 37 —

In Übereinstimmung mit diesen Erfahrungen wurde durch

Ozonisation in reiner Tetrachlorkohlenstofflösung ein reines, bei

120—125° schmelzendes, in allen Lösungsmitteln unlösliches Di-

ozonid erhalten, das auch mit Wasser schwer zu spalten ist, unter

teilweiser Verharzung.

Dagegen gelang es durch Ozonisation in Eisessiglösung neben

einem Oxo-Diozonid, ein Diozonid zu erhalten, das von dem in

Chloroform- oder Tetrachlorkohlenstofflösung erhaltenen vollstän¬

dig verschieden ist. Es schmilzt bei 95—98°, ist in Aceton und

Pyridin leicht löslich, und geht beim Kochen mit Wasser schon

nach wenigen Minuten vollständig in Lösung, ohne zu verharzen.

Das Oxo-Diozonid, das bei längerer Einwirkung von Ozon

auf Dicyclopentadien in Eisessig entsteht, unterscheidet sich vom

normalen Diozonid nur durch seine Schwerlöslichkeit und den

Schmelzpunkt. Es zersetzt sich ebenso leicht mit Wasser und

liefert wahrscheinlich dieselben Spaltprodukte.Beide liefern bei der Spaltung mit Wasser Aldehyde und

Aldehydsäuren. Doch war es nicht möglich, bei weiterer Oxy¬dation die zu erwartenden Säuren zu fassen. Mit Kaliumper¬

manganat wurde Oxalsäure erhalten; auch bei sorgfältiger Oxy¬dation mit frisch gefälltem Silberoxyd in wässeriger Suspensionwurde Kohlendioxydabspaltung beobachtet und ölige Oxydations-

produkte erhalten. Ebenfalls schmierige Produkte entstanden

durch Oxydation mit alkalischem Quecksilberoxyd, ammoniakali-

schem Silbernitrat, und Chromsäure. Ozon, 30 °/oiges Wasserstoff¬

superoxyd in alkalischer Lösung, salpetrige Säure, wirken nur

wenig darauf ein ; auch nach längerem Einwirken war noch

Aldehydreaktion nachzuweisen.9)Die Darstellung eines echten Diozonids genügt an sich zu der

wichtigen Feststellung, daß im Dicyclopentadien nur die beiden

schon durch Reduktion nachgewiesenen Doppelbindungen vorhan¬

den und keine weiteren reaktionsunfähigen Doppelbindungen anzu¬

nehmen sind. Das Dicyclopentadien kann also nicht eine Neben-

9) Es bleibt wahrscheinlich nichts anderes mehr übrig, als die bei der

Spaltung der Ozonide durcn Wasser gebildeten Produkte direkt zu untersuchen.

Es wurden noch einige Vorversuche in dieser Richtung gemacht, z. B. das

Aldehydgemisch lieierte feste Reaktionsprodukte mit p-Nitrophenylhydrazin,Phenylhydrazin und Semicarbazid.

— 38 —

valenzbindung zweier Cyclopentadienmoleküle darstellen, sondern

es ist eine Hauptvalenzbindung derselben.

Das unlösliche, schwer spaltbare Diozonid, das in Chloroform¬

oder in Tetrachlorkohlenstofflösung sich bildet, ist ein polymeri-

siertes Diozonid, das aber wegen seiner Unlöslichkeit keine Mole¬

kulargewichtsbestimmung ausführen läßt. Das monomere, leicht

lösliche und leicht spaltbare Diozonid zeigt die Eigenschaften

eines normalen Ozonides.

Schon bei dem Ozonid des symmetrischen Butylens ist eine

Polymerisation zu einem dimeren Ozonid beobachtet worden.10)

Dies ist auch bei verschiedenen Peroxyden der Fall. Baeyer und

Villiger11) z. B. beobachteten eine Umlagerung von Peroxydea

analog der Beckmann'schen Umlagerung (I) und dann eine Poly¬

merisation der entstehenden Verbindung zu dimeren und höheren

Polymeren (II). g r

^ ,0 ? ®

C< | ^ C = 0 -> 0 0 (II)I xo | ||E 0 0 0

1

E

R R

Auch Staudinger und Meyer 1J) beobachteten Polymerisations¬

erscheinungen bei den Peroxyden der Methylenkohlensäure-Salze.

Das asym. Diphenylaethylenperoxyd verhält sich ähnlich. Die

Polymerisation, die zu hoch molekularen Produkten führt, konnte

folgendermaßen formuliert werden:

E, (OK), B, (OK), B, (OK), R, (OK),I ! I I I I ! I

jC — c + c c c— c c—c

I ! ! ! 1 I I I0 — 0 —0 0 0 0-0 0—

(C6H5), (CeH6), (C6H5), (C6H5)2I III0 — OH, - C CH, C CHj C CH,

II I I I I I I0 — 0 —0 0 0 0 0 0 —

i°) Harnes und Evers, B. 45, 936 (1912); A. 390, 235 (1912).

u) Baeyer und Vffliger, B. 32, 3625 (1900); B. 33, 858 (1900).12) Staudinger und Meyer, Helv. V, 664 (1922).

— 39 —

Die Formulierung von Ozoniden kann mit diesen Reaktionen

in Zusammenhang gebracht werden. Man kann denken, daß das

Ozon sich nach Formel (A) anlagert, und nicht wie Harries an¬

nimmt, einen Fünfring bildet. (Formel B).

(E)

(A)

-HC-

10-

-CH —i

-0 = 0

-HC—CH —

1 1 (B)0 0 Nach Harries

jösliche, leichtspaltbarenormale Ozonide

/°x(C) —HC CH —

1 10 0

Unbeständig

\/ \

\

V

Unlösliche, schwer spaltbare,polymerisierte Ozonide

/-HC—CH-\il a>)

V 0-0 = 0/x

4- 4-

o-ox-HC< >CH

X0 — CK

/ -HC — CH — \

1 ! (F)\ 0 = 0 - 0 = 0/x

Dieser monomolekulare Körper (A) ist aber unbeständig, wie

z. B. das monomolekulare Malonsäureanhydrid, das ebenfalls einen

Vierring darstellt. Wegen seiner Unbeständigkeit lagert sich das

Ozonid in eine oxyd-peroxyd-artige Verbindung um. Formel (C).

Diese kann mit einem Ring-Acetal verglichen werden. Die Um¬

lagerung gleicht der der Peroxyde zu Estern, respektive Laktonen.

Die leicht spaltbaren Ozonide dürften eventuell alle der Formel (C)

zugeschrieben werden. Diese Umlagerung wird durch Eisessig

begünstigt.

Weiter kann das unbeständige Ozonid (A) sich polymerisieren,

genau wie es bei den Peroxyden der Fall ist. Diese Reaktion

wird durch Chloroform oder Tetrachlorkohlenstoff begünstigt. Die

hochmolekularen Polymeren sind schwer spaltbar. (Formel D).

Von beiden Formen können sich Oxo-Ozonide ableiten, denen

dann die Formel (E) und (F) zukommen müßte.

— 40 —

Experimenteller Teil.

Oxydation von Dicyclopentadien mit Salpetersäure

2 gr Dicyclopentadien wurden mit 10 ccm Salpeter¬

säure (2 : 1) einige Stunden auf dem Wasserbad erhitzt, dann

zur Trockne eingedampft, und der braune, schmierige Rück¬

stand auf Tonplatte aui'gestrichen. Im Verlauf einiger Tage schie¬

den sich farblose Nadeln aus, welche sich nach dem Umkristal¬

lisieren aus Äthylalkohol durch den Schmelzpunkt von 99° und

Mischprobe (ebenfalls 99°) als Oxalsäure erwiesen.

Ozonisation von Dicyclopentadien. In Eisessig.

Bei der gewöhnlichen Ozonisation entsteht ein Gemisch von

normalem Diozonid Ci0H12Ob und Oxo-Diozonid C^H^Ot. Wenn

die Ozonisation aber unterbrochen wurde, bevor die Lösung voll¬

ständig gesättigt war (Prüfung mit Brom in Eisessig), konnte das

normale Diozonid allein erhalten werden. Das Oxo-Diozonid be¬

gann sich erst auszuscheiden, nachdem die Lösung vollständig

gesättigt war. Die Versuche wurden mit einem starken (ca. 6 %

Ozon), trockenen, ungewaschenen Ozonstrom aus fünf Siemens¬

zellen (10,000 V) ausgeführt.Mit einem, nach Harries' Angaben,,mit Kalilauge und conc.

Schwefelsäure gewaschenen Ozonstrom wurden dieselben Resultate

erhalten.

Darstellung des normalen Diozonids.

10 gr Dicyclopentadien in 100 ccm Eisessig wurden während

20 Stunden ozonisiert. Die Lösung war danach viskos, aber voll¬

ständig klar. Wie die Prüfung mit Brom-Eisessiglösung ergab,

war die Lösung noch schwach ungesättigt. Sie wurde dann in

ca. 500 ccm absoluten Äther gegossen, wobei das Diozonid fast

quantitativ als weißes, körniges Pulver ausfiel. Nach dem Ab-

flutschen und Waschen mit absolutem Äther wurde es 16 Stunden

im Hochvakuum (1 mm) bei 30° getrocknet.

Eigenschaften: Dicyclopentadien-Diozonid ist ein weißes Pul¬

ver, das bei 95—98° unter Zersetzung schmilzt, bei höherem

Erhitzen aber explodiert. 0,5 gr im Reagensrohr erhitzt, deto-

— 41 —

niert mit Knall aber ohne Feuererscheinung. Es ist sehr hygro¬skopisch, wird an der Luft durch Feuchtigkeitsaufnahme flüssigund zersetzt sich allmählich.

Es ist sehr leicht löslich in Aceton und kaltem Pyridin,etwas schwerer in Eisessig und kaltem Methylalkohol ; schwer

löslich in Essigester, nur wenig löslich in Benzol, Chloroform,Schwefelkohlenstoff oder Kohlenstofftetrachlorid ; unlöslich in

Äther oder Petroläther.

Analyse:

1 0,1124 gr Subst. gaben 0,2130 gr C0ä und 0,0592 gr Hä0II 0,1702 gr „ „

0,3219 gr C02 „ 0,0893 gr H20

C10H180« Ber. 0 52,60 H 5,30 0 42,10 °j0Gef. I C 51,68 H 5,91 0 42,41 •/„

„II C 51,58 H 5,89 0 42,53 •/„

Mol. Gew. kryoskopisch in Eisessig: (K = 39).

0,2304 gr Subst. in 22,10 gr Eisessig, dT = 0,189° M = 215

0,3418 gr „ „22.10 gr „ ,

dT = 0,249« M = 242

Ber. für CloH]2Oe Mol. Gew. = 228

Die Übereinstimmung zwischen den berechneten und den ge¬

fundenen Analysenwerten für Kohlenstoff und Wasserstoff ist

nicht sehr gut. Die Ungenauigkeit der Analysenwerte erklärt sich

aus der Schwierigkeit, die Substanz völlig rein herzustellen, da

sie hygroskopisch und als amorpher Körper nur durch Umfallen

zu reinigen ist. Eventuell könnte auch etwas Oxo-Diozonid bei¬

gemengt sein, da es nicht ausgeschlossen ist, daß in 100 ccm

Eisessig merkliche Mengen Oxo-Diozonids sich lösen.

Beim Kochen mit Wasser geht das Diozonid sehr leicht in

Lösung. Diese ist klar, etwas gelblich, riecht äpfelartig und

zeigt starke Aldehydreaktion. Phenylhydrazin in 50 °/oiger essig¬saurer Lösung, gibt einen gelben Niederschlag, der roh bei 80°

unscharf schmilzt, und der aus einer ätherlöslichen und äther¬

unlöslichen Substanz besteht.

Darstellung des Oxo-Diozonids.

Das Oxo-Diozonid bildet sich sehr reichlich in Form einer

weißen gallertartigen Ausscheidung, wenn man einen Ozonstrom

— 42 —

während 48 Stunden durch eine Lösung von 10 gr üicyclopen-tadien in 100 ccm Eisessig leitet. Die Lösung ist jetzt vollständig

gegen Brom-Eisessiglösung gesättigt. Das Oxo-Diozonid wird mit

ca. dem 5-fachen Volumen absoluten Äther gefällt und mit Äther

nachgewaschen. Um es von dem beigemengten normalen Diozotiid

zu befreien, wurde es mehrmals mit kaltem Aceton gut geschüt¬telt und gewaschen. Das normale Diozonid geht dadurch leicht

in Lösung. Das aceton-unlösliche Produkt enthält jetzt viel Aceton

und ist aufgequollen. Durch Waschen mit Äther wird das Aceton

entfernt und es bleibt ein weißes Pulver zurück, das nach dem

Trocknen im Hochvakuum bei 30° ganz rein ist.

Eigenschaften: Das Oxo-Diozonid ist ein weißes amorphesPulver, das bei 105—108° unter Aufblähen schmilzt. Beim

höheren Erhitzen explodiert es wie das normale Diozonid. Es

ist viel weniger hygroskopisch als dieser und verändert sich beim

Stehen an der Luft nur sehr langsam. In den gewöhnlichen

Lösungsmitteln, wie kaltem Aceton, Äther, Eisessig, Methylal¬

kohol, Äthylalkohol, Benzol, Chloroform, Schwefelkohlenstoff und

Kohlenstofftetrachlorid ist es fast unlöslich. In heißem Pyridinwie auch in heißem Eisessig ist es leicht löslich, aber es wird

dabei gespalten.

Beim Kochen mit Wasser geht es leicht in Lösung wie das

normale Diozonid und bildet wahrscheinlich dieselben Spaltpro¬dukte. (Phenylhydrazin in 50 °/oiger essigsaurer Lösung gibt einen

Niederschlag vom Smp. ca. 80°.)

Analyse:

I 0,1536 gr Subst gaben 0,2796 gr CO, und 0,0807 gr Hs()II 0,1470 gr „ „ 0,2684 gr C02 „ 0,0782 gr HsO

C]0Hlf06 Ber. C 52,60 H 5,30 0 42,10 °/0

C10H1207 „C 49,16 H 4,96 0 45,88 °/0

Gef. I C 49,64 H 5,89 0 44,47 °/0

„H C 49,79 H 5,98 0 44,23 °/0

Auch hier wieder die Diskrepanz zwischen gefundenen und

berechneten Werten. Es ist trotzdem zu erkennen, daß im Molekül

ein Sauerstoffatom mehr vorhanden ist.

— 43 —

Ozonisation in Tetrachlorkohlenstoff.

7 gr Dicyclopentadien in 100 ccm reinem Tetrachlorkohlen¬

stoff wurden 20 Stunden ozonisiert, wonach die Lösung vollständig

gesättigt war und sich eine weiße gallertartige Masse ausge¬

schieden hatte. Das gesamte Gemisch wurde in 200 ccm Äther

gegossen und das abgeschiedene pulverige Diozonid mit Äther

gut gewaschen. Nach dem Trocknen im Hochvakuum bei 30°

während 16 Stunden wurde es analysiert.

I 0,0637 gr Subst. gaben 0,1212 gr C0S und 0,0317 gr H,0

II 0,0623 gr „ „ 0,1186 gr CO, „ 0,0293 gr H,0

CoH^O«, Ber. C 52,60 H 5,30 0 42,10 •»/„Gef. I C 51,89 H 5,58 0 42,53 °/0

„II C 51,91 H 5,28 0 42,81 °/0

Eigenschaften: Weißes amorphes Pulver, welches bei 114"

sintert, und bei 120—125° unter Zersetzung schmilzt. Es ist

explosiver als das in Eisessig erhaltene Diozonid, löst sich, eben¬

falls im Gegensatz zu ihm, in keinem der gebräuchlichen Lösungs¬

mittel in der Kälte ; in siedendem Eisessig und heißem Pyridin

wird es gespalten. In Wasser geht es erst nach langem Kochen

unter Aufspaltung in Lösung; ein großer Teil verharzt. Beim

Stehen verändert es sich in einigen Wochen zu einem in Aceton

löslichen Körper.

Versuche zur Oxydation der Diozonid-Spaltprodukte.

1. Mit Ozon. Das bei der Ozonisation von 10 gr Dicyclo¬

pentadien in 100 ccm Eisessig erhaltene Gemisch von Diozonid

und Oxo-Diozonid wurde mit 100 ccm Wasser gekocht, bis alles

in Lösung gegangen war (ca. 20 Minuten). Durch 30 ccm dieser

Lösung wurde ein Ozonstrom während 5 Stunden durchgeleitet.

Die gelbe Farbe der Lösung verschwand, aber nach dem Ein¬

dampfen auf dem Wasserbad blieb ein brauner sirupöser Rück¬

stand, der starke Aldehydreaktion zeigte.

2. Mit alkalischem Wasserstoffsuperoxyd. 50

ccm von der obigen Lösung von Ozonidspaltprodukten wurden mit

Kaliumhydroxyd alkalisch gemacht und 15 ccm Wasserstoffsuper¬

oxyd (30 °/o) zugegeben. Sauerstoffentwicklung. Das Gemisch

_ 44 —

wurde 3 Stunden geschüttelt und 12 Stunden stehen gelassen.Dann wurde der Überschuß an H202 mit etwas Platinmohr in

der Wärme zersetzt. Die abfiltrierte und mit Essigsäure neu¬

tralisierte Lösung enthielt noch viel Aldehyd.

3. Mit ammoniakalischem Silbernitrat. Die Lö¬

sung der Spaltprodukte von 5 gr in Eisessig ozonisiertem Di-

cyclopentadien wurde mit Kalilauge neutralisiert und mit einer

ammoniakalischen Silbernitratlösung (aus 30 gr AgNOj, 50 ccm

25 °/oige Kalilauge und 130 ccm conc. Ammoniak) über Nacht

stehen gelassen, wobei sich Silber ausschied. Sie wurde dann

mit Essigsäure angesäuert und mit Schwefelwasserstoff behan¬

delt. Das Filtrat wurde schwach alkalisch gemacht und das Blei¬

salz mittelst Bleiacetatlösung gefällt. Nach gutem Waschen wurde

das Bleisalz in Wasser suspendiert und mit Schwefelwasserstoff

behandelt. Das Filtrat liefert nach dem Eindampfen ein braunes

Pech, das nicht weiter aufgearbeitet wurde.

4. Mit Silberoxyd. Die Lösung der Spaltprodukte von

10 gr ozonisiertem Dicyclopentadien wurde mit 65 gr frisch ge¬

fälltem Silberoxyd in 150 ccm Wasser 40 Stunden geschüttelt. Da

sie noch Aldehydreaktion zeigte, wurde sie am Rückflußkühler,der mit einem U-rohr mit Barythydratlösung gegen außen abge¬

schlossen war, gekocht. In der Wärme geht die Oxydation ziem¬

lich leicht, zugleich aber spaltet sich reichlich Kohlendioxyd ab,wie der Niederschlag im U-rohr bewies. Nach Entfernung von

Silber und Silberoxyd durch Schwefelwasserstoff wurde die Lösung

eingedampft. Es hinterblieb ein brauner Sirup, löslich in Aceton.

Er ist nicht unzersetzt destillierbar und konnte nicht kristallisiert

erhalten werden.

5. Mit Chromsäure. Nach der Oxydation mit Chrom¬

säure in Eisessig, wurde dieser im Vakuum abdestilliert

und der Rückstand mit Äther extrahiert, wobei nur eine sehr

kleine Menge eines gelben Sirups erhalten wurde. Die Haupt¬

menge der Oxydationsprodukte bildete ein Gemisch von Chrom¬

salzen, die nicht weiter untersucht wurden.

6. Mit Kaliumpermanganat. Die Lösung der Spalt¬produkte von 10 gr in Eisessig ozonisiertem Dicyclopentadien

— 45 —

wurde mit Natriumcarbonat neutralisiert und bei 25° mit einer

4 °/oigen Lösung von Kaliumpermanganat oxydiert. Das Filtrat

reagierte alkalisch und wurde mit Bleiacetat behandelt. Aufarbei¬

tung wie beim Versuch 3 ergab ein braunes, in Alkohol und

Äther unlösliches Pech.

Der Versuch wurde nochmals abgeändert wiederholt. Da

bei der Abscheidung der freien Säuren immer nur utfkristallisier-

bare Öle oder Schmieren erhalten worden waren, wurde versucht,

durch Überführung in die Ester zum Ziele zu gelangen.

Nach der Entfernung des Braunsteins wurde genau neutrali¬

siert und mit Silbernitrat das Silbersalz gefällt. Es wog getrocknet17 gr und wurde mit 30 gr Methyljodid nach Zusatz von 20 ccm

abs. Äther 3 Stunden auf dem Wasserbad am Rückflußkühler

gekocht, das Silberjodid abfiltriert und das Filtrat im Vakuum

eingedampft. Das zurückbleibende farblose Öl, ca. 4 ccm, wurde

bei 1,5 mm destilliert. Bei 80° kamen ölige Tropfen über, die

bald zu farblosen Kristallen vom Smp. 55° erstarrten: Oxalsäure¬

dimethylester. Die Mischprobe mit Oxalsäuredimethylester schmolz

bei 54—55°. Durch Erhitzen mit Ammoniak wurde Oxamid er¬

halten. Der größte Teil des Öls blieb, zu einem braunen Harz

zersetzt, im Kolben zurück.

7. Mit Salpetersäure. 50 ccm der Lösung der Di-

ozonidspaltprodukte von Versuch 1 wurden mit 50 ccm einer

1: 1 - Lösung von Salpetersäure während 4 Stunden gekocht. Dann

wurde mit Kalilauge alkalisch gemacht und genau wie bei den

anderer. Versuchen, über das Bleisalz zu fassen gesucht. Auch

hier wurde ein braunes Pech erhalten.

8. Mit Ns03. Die Aldehyde werden nicht oder kaum an¬

gegriffen.

Bei der Vakuumdestillation einer wässerigen Lösung der Spalt¬

produkte von der Ozonisation von 5 gr Dicyclopentadien bleibt

ein gelber Syrup im Kolben zurück, der teilweise in Wasser

schwer löslich ist, sauer reagiert und Aldehydeigenschaften be¬

sitzt. Er ist löslich in Sodalösung, fällt aber beim Ansäuern

nicht mehr aus. Smp. ca. 105°.

II. Polycyclopentadien.

Wie früher erwähnt, bildet Cyclopentadien beim Erhitzen

neben einem unlöslichen Polycyclopentadien von unbekannter

Molekülgröße, eine Reihe von Polymeren, von denen bisher ein

Tri- und ein Tetracyclopentadien isoliert worden ist.

Es war für die Formulierung von Polycyclopentadien und

Para-Cyclopentadien von Wichtigkeit, festzustellen, wie hoch poly-

merisiert das Polycyclopentadien im Vergleich zum Para-Cyc¬

lopentadien sei, weil hier zwei verschiedene, wahrscheinlich hoch-

polymerisierte Produkte sich von demselben Grundkörper bilden,

und zwei verschiedene Bindungsarten der Moleküle anzunehmen

waren.

Es wurde nun bei der Wiederdarstellung der Polymeren zu¬

nächst neben den bekannten Polymeren noch ein Pentacyclopen¬tadien isoliert, ein weißes amorphes Pulver vom Snip. 270°,

löslich in Schwefelkohlenstoff, siedendem Chloroform und sie¬

dendem Benzol. Aus Benzollösung wie auch aus Nitrobenzol,

Dichloraethylen oder Pyridin scheidet es sich beim Abkühlen

in gallertartiger aufgequollener Form aus, und scheint vollständig

amorph zu sein.

Es zeigte sich nun, daß die Schmelzpunkte von Tri-, Tetra-,

und Pentacyclopentadien, als Funktion des Molekulargewichts in

ein Coordinatensystem eingetragen, fast eine gerade Linie bil¬

den. Diese bemerkenswerte Regelmäßigkeit, die für eine regel¬

mäßige Aneinanderlagerung der Cyclopentadienmoleküle spricht,wie sie die angenommenen Formeln auch wiedergeben, erlaubte

durch Extrapolation mit Hilfe des Schmelzpunktes des Polycyclo-

pentadiens, dessen Molekulargewicht festzustellen. Es sind dar¬

nach nur 6 oder höchstens 7 Cyclopentadienmoleküle darin ver¬

einigt; also daß die Cyclopentadienmoleküle beim Erhitzen unter

Ringbildung zu relativ niedrigen Polymeren zusammentreten (For¬mel I), bei Einwirkung eines Katalysators, wie Zinntetrachlorid,

_ 4T —

dagegen ein viel höheres, kettenförmig gebautes Polymères bil¬

den. (Formel II).

Formel I Formel II

Polycyclopentadien.Wobei x relativ klein ist

Para-Cyclopentadien.Wobei x viel höher ist.

Das reine Polycyclopentadien schmilzt bei ca. 373° unter

Zersetzung und ist im Vergleich zu Para-Cyclopentadien sehr

reaktionsträg, viel beständiger, an der Luft nicht autoxydabel,

und in allen gewöhnlichen Solventien unlöslich. (30 Lösungsmittel

probiert). Im Hochvakuum ist es nicht unzersetzt destillierbar,

sondern wird zu Cyclopentadien gespalten.

Der Schmelzpunkt von Cyclopentadien liegt bei —85°.

5

5-

*"

1

11

i-

--*""f,»-

1

l

/ )

1

1i

1 1

f

-/oo" O" IOO° 100° 300° .foo0

Schmelzpunkt

Schmelzpunkt-Mol. Gew. Kurve für die Cyclopentadien Polymeren.

Bei der Reduktion liefert das Dicyclopentadien und auch

das Tetracyclopentadien gesättigte Kohlenwasserstoffe, die viel

stabiler sind als die entsprechenden ungesättigten Verbindungen,wie es schon von Staudinger und Rheiner beobachtet worden ist.

Das Tricyclopentadien läßt sich auch in ätherischer Lösung

bei Gegenwart von Platinmohr leicht reduzieren, nimmt die für

zwei Doppelbindungen berechnete Menge Wasserstoff auf und

— 48 —

liefert ein vollständig hydriertes Produkt, das Tetrahydro-tri-

cyclopentadien, vom Smp. 43°, welches gegen Brom gesättigt

ist und bei gewöhnlichem Druck unzersetzt destilliert werden

kann.

Nun zeigt es sich, daß die nicht reduzierten Polymeren des

Cyclopentadiens durch kochende konzentrierte Salpetersäure leicht

angegriffen werden — das Pentacyclopentadien und das Poly-

cyclopentadien deutlich schwerer als die niedrigeren Polymeren,— und daß die vollständig hydrierten Produkte, nämlich das

Tetrahydro-dicyclopentadien, Tetrahydro-tricyclopentadien, und Te-

trahydro-tetracyclopentadien, kaum angegriffen werden. Sie ver¬

halten sich wie gesättigte Paraffinkohlenwasserstoffe.

Dieses Verhalten ist in Übereinstimmung mit der schon früher

erwähnten, leichten Spaltbarkeit des Dicyclopentadiens, die auf

die Nachbarschaft einer Doppelbindung zurückzuführen ist, nach

der Beobachtung, daß die Verbindungen von Typus— CH = CH — CHî-j-R,

wie sie in Limonen und Kautschuk vorkommen, an der durch

die punktierte Linie bezeichneten Stelle sich spalten.1)

Besonders interessant aber sind die physikalischen Eigen¬

schaften des Tetra- und Pentacyclopentadiens, welche in Lösung

Gel-bildende Eigenschaften eines „reversiblen Kolloides" zeigen.Das Tetra-cyclopentadien löst sich • in siedendem Essigester

auf und bildet beim Erkalten, in nicht zu verdünnten Lösungen

(1: 3), ein Gel, das ziemlich große Mengen Essigester einschließt,und das ganz amorph aussieht.

Das Pentacyclopentadien zeigt diese gelbildenden Eigenschaftenin noch viel höherem Grad, hauptsächlich, wenn man es aus

siedendem Nitrobenzol, Benzol, oder Xylol durch Abkühlen aus¬

scheidet. Beim Trocknen bildet eine scheinbar große Masse von

aufgequollenem Pentacyclopentadien nur eine relativ kleine Mengetrockenen Pulvers zurück, das sich aber wieder auflösen läßt

und beim Erkalten wieder als Gel ausfällt. Auch in Pyridin-,

Chloroform-, und Chlorbenzollösung bildet sich das Gel.

Im Hochvakuum ist das Pentacyclopentadien bei höherer Tem¬

peratur unzersetzt sublimierbar.

!) Staudinger und Rheiner, Helv. VII, 25 (1924).

— 49 —

, Ein auffallendes Resultat liefert die Untersuchung dieser Poly¬meren mit dem Polarisationsmikroskop, wonach alle Glieder dieser

Serie von Polymerisationsprodukten kristallinisch sind2) und

zwar sind das Tetra-, Penta-, und Polycyclopentadien mikrokri¬

stallinisch, — obgleich ihre Kristallform nicht genau definiert

werden konnte3) und die Anisotropie nur durch ihre starke Aus¬

löschung des polarisierten Lichtes und die Doppelbrechung, welche

für ein Kristallgitter im Molekül spricht, sich bestimmen läßt.

Die kristalline Struktur dieser Polymeren stimmt überein mit

ihrem niedrigen Molekulargewicht.Schließlich wurden die Molekulargewichte dieser ganzen Serie

sorgfältig bestimmt nach der ebullioskopischen oder kryoskopi-schen Methode und auch nach der Rast'schen Kampfermethode,4)die hier sehr befriedigende Werte ergab. Alle Glieder, mit Aus¬

nahme des Polycyclopentadiens, sind leicht löslich in geschmol¬zenem Kampfer und geben in sehr verdünntem Gemisch (1 Teil

Subst. in 20—30 Teilen Kampfer) scharfe Schmelzpunkte und

die erwarteten Schmelzpunktdepressionen.

Experimenteller Teil.

Allgemeine Bemerkungen.'

Beim Erhitzen von Dicyclopentadien auf Temperaturen unter¬

halb 125° wird es nur wenig verändert. Eine Probe, die während

zwei Wochen konstant auf 100° erhitzt wurde, war nachher

flüssig und lieferte bei der Vakuumdestillation festes Dicyclopen¬tadien und sehr wenig (ca. 2 °/o) Tricyclopentadien.

Je höher die Temperatur und je länger die Dauer des Er-

hitzens, je mehr bilden sich die höheren Polymeren.

2) Ich möchte an dieser Stelle Herrn Dr. L. Weber von der mineralogischenAbteilung der E. T. H. meinen besten Dank aussprechen für die Unterstützung,die er durch die mikroskopische Untersuchung dieser Polymeren meiner Arbeit

zuteil werden ließ.

J) Sie sehen aus unter höchster Vergrößerung wie Schüppchen von keiner

bestimmten Form; die größeren Teilchen sehen ganz amorph aus, nur die kleinen

Teilchen zeigen die Doppelbrechung. Die Proben waren zur optischen Unter¬

suchung in eine Flüssigkeit vom Brechungsindex n = ca. 1,5 eingebettet.*) B. 55, 1051 (1922).

— 50 —

A. Beim Erhitzen von Dicyclopentadien während 14 Stunden

auf 150—160° bildet sich:

Tricyclopentadien ca. 40 °/o

Tetracyclopentadien cal 10 %

Pentacyclopentadien ca. 2 %

Polycyclopentadien weniger als 1 °/o

Unverändertes Dicyclopentadien ca. 50 °/o

B. Beim, Erhitzen während 22 Stunden auf 170—180":

Tricyclopentadien ca. 50 °/o

Tetracyclopentadien ca. 30 °/o

Pentacyclopentadien ca. 5 %

Polycyclopentadien ca. 2—3 °/o

Unverändertes Dicyclopentadien ca. 10 °/o

C. Beim Erhitzen während 90 Stunden auf 200":

Tricyclopentadien ca. 25 °/o

Tetracyclopentadien ca. 45 °/o

Pentacyclopentadien ca. 10 °/o

Polycyclopentadien ca. 15 °/o

Unverändertes Dicyclopentadien ca. 5 °'o

Di- und Tricyclopentadien wurden im Vakuum abdestilliert;

Tetracyclopentadien vom Kolbenrückstand mit Äther ausgezogen

und Pentacyclopentadien mit siedendem Benzol extrahiert. Un¬

gelöst bleibt Polycyclopentadien.

Darstellung des Polycyclopentadiens.

135 gr Dicyclopentadien wurden im zugeschmolzenen Rohre

zuerst 3 Stunden auf 200—240", dann weitere 90 Stunden

konstant auf 200° erhitzt. Das so erhaltene harte, etwas gelb¬liche Produkt wurde pulverisiert und im Soxhlet mit einer Reihe

von Lösungsmitteln gründlich extrahiert.

I. Durch Extraktion mit niedrigsiedendem Petroläther wur¬

den 51 gr einer klebrigen, gelben Masse erhalten, die aus Tri-,Tetra- und sehr wenig unveränderten Dicyclopentadien bestand.

IL Durch gewöhnl. Äther wurden 20 gr eines gelblichen

Körpers extrahiert, der in Benzol leicht löslich war und sich

in siedendem Methylalkohol zum Teil löste. Nach dem Auskochen

51 —

mit Methylalkohol schmolz er bei 130—140". Das methylalko¬holische Filtrat schied beim Erkalten eine amorphe Masse vom

Smp. 91—115° aus, welche nach weiterem Umkristallisieren aus

Methylalkohol bei ca. 64° schmolz und Tricyclopentadien darstellt.

(Reines Tricyclopentadien schmilzt bei 60°).

Das in siedendem Methylalkohol unlösliche Produkt vom Smp.

130—140° wurde mit Essigester extrahiert. Der schwer lösliche

Rückstand schmolz bei 188—191 °; aus dem Essigester schied

sich beim Erkalten Tetracyclopentadien vom scharfen Smp.

190° aus.

III. Mit Methylalkohol wurde nur ein Extrakt von 2 gr

erhalten, der zur Hauptsache aus Tetracyclopentadien bestand

(Smp. 170°).

IV Durch Benzol wurden 40 gr extrahiert. Alkohol fällte

aus der Benzollösung ein weißes Pulver aus, das bei ca. 270"

schmolz. Durch nochmalige Extraktion im Soxhlet mit Essig¬ester wurde es in zwei Bestandteile zerlegt:

Aus der Essigesterlösung schieden sich beim Abkühlen Kri¬

stalle vom Smp. 240—245° aus; der in Essigester unlösliche

Hauptbestandteil, welcher bei 260—300 ° unter Zersetzung schmolz,wurde durch mehrmaliges Umfallen aus Benzollösung mit Äther

gereinigt und schmolz bei 277—290°. Nach Analyse und Mole¬

kulargewichtsbestimmung in 'siedendem Chloroform liegt ein Penta-

cyclopentadien, (C5He)5 vor. Das Produkt, obgleich es stimmende

Analysen-Werte gab, war in Lösung gelb gefärbt. Später darge¬

stellte Proben derselben Substanz waren ganz weiß, schmolzen

scharf bei 270 ° nach mehrmaligen Umkristallisieren aus siedendem

Benzol, und wurden in nachfolgender Weise dargestellt. (Siehe

unten.)

V. Die Extraktion mit Chloroform ergab ca. 0,5 gr Substanz,

welche nach dem Umfallen mit Alkohol einen Zersetzungspunkt

von ca 320 ° zeigte. Sie ist entweder ein höheres Polymerisations¬

produkt oder Pentacyclopentadien, das mit Polycyclopentadien ver¬

unreinigt ist; denn bei längerer Extraktion können merkliche

Mengen Polycyclopentadien in die Chloroformlösung übergehen.

Die Menge war zu klein, um weiter zu untersuchen.

— 52 —

VI. Die 20 gr Substanz, welche nach der Extraktion im

Soxhlet zurückbleiben, stellen das Polycyclopentadien dar. Es

schmilzt bei ca. 373°.

Zur Darstellung des Pentacyclopentadiens.

Das bei 277—290° schmelzende Produkt, das oben erhalten

wurde, zeigte zuerst die Eigentümlichkeit, bei der Molekularge¬

wichtsbestimmung in Benzol (kryoskopisch) sehr hohe, schwan¬

kende Werte zu geben, (C5H6)1S bis (CsHe^o, hingegen in sie¬

dendem Chloroform konstante, auf (C5H6)5 stimmende zu liefern.

Später dargestellte Proben zeigten, daß die Substanz schwer lös¬

lich in kaltem Benzol ist und daß eine Gallerte entsteht. Des¬

halb ergaben die Molekulargewichtsbestimmungen in der Kälte

sehr hohe und schwankende Werte.

Zur reinen Darstellung des Pentacyclopentadiens wurden 50

gr Dicyclopentadien im zugeschmolzenen Rohre während 22 Stun¬

den auf 170° erhitzt, und das erhaltene weiße Produkt direkt

im Hochvakuum destilliert. Zuerst ging Dicyclopentadien über,

dann bei 2 mm und 105—115", ca. 25 gr einer einheitlichen

Fraktion, die bald erstarrte und nach mehrmaligem Umkristalli¬

sieren aus Methylalkohol sich als Tricyclopentadien vom Smp.

60 ° erwies.

Bei ca. 150" (2 mm) ging eine Fraktion über, die sofort er¬

starrte, bei 140" roh schmolz, und nach Umkristallisieren aus

Essigester sich als Tetracyclopentadien vom Smp. 188° erwies.

(Ausbeute ca. 10 gr).

Der Kolben-Rückstand, der nicht über 250° erhitzt wurde,

wurde dann mit siedendem Benzol ausgezogen und heiß filtriert.

Beim Abkühlen schied sich eine gallertartige Masse aus, die nach

mehrmaligem Umkristallisieren aus Benzol bei 270 ° scharf schmolz.

Ausbeute ca. 1 gr. Die Mutterlaugen enthalten zur Hauptsache

Tetracyclopentadien. Nur wenig Polycyclopentadien hat sich ge¬

bildet.

Analyse des bei 277—290° schmelzenden Körpers.

Mol. Gew. Bestimmung in Chloroform (ebullioskopisch)(K = 38.8).

— 53 —

0,1141 gr Subst. in 18,80 gr Chloroform, dT = 0,081° M = 291

0,2227 gr „ „ 18,80 gr „dT = 0,133» M = 346

0,3012 gr „ , 18,80 gr „dT — 0,183° M = 339

0.1400 gr „ gaben 0,4646 gr C02 und 0.1191 gr H80.

(CBH„)B Ber. C 90,84 H 9,16 °/„Gef. C 90,50 H 9,54 °/0

Mol. Gew. Ber. 330

Gef. 339; 346

Analyse des bei 270° scharf schmelzenden Körpers:

0,0996 gr Subst. gaben 0,3310 gr C02 und 0,0815 gr. H20.

Mol. Gew. in Benzol ebullioskopisch (K = 26,7)

0,1020 gr Subst. in 14,00 gr Benzol, dT = 0,062« M = 313

0,1630 gr „ „ 14,00 gr „dT = 0,100° M = 310

Mol. Gew. nach der Rast'schen Kampfermethode: (K = 400)

0,0108 gr Subst. in 0,1610 gr Kampfer A = 8,4° M = 320

0,0050 gr „ „ 0,1454 gr A = 4,0° M = 344

(CSH6)5 Ber. C 90,84 H 9,16 °/0Gef. C 90,64 H 9,17 °/0

Mol. Gew. Ber. 330

Gef. 313; 310; 320; 344

Eigenschaften: Weißes Pulver, löslich in siedendem Benzol,

Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Pyridin und Xylol, — schwer lös¬

lich in der Kälte. Unlöslich in Äther, Methyl- oder Äthylalkohol,oder Petroläther; schwer löslich in siedendem Essigester. Nach

dem Umkristallisieren von Benzol Smp. 270° scharf. Liefert

Cyclopentadien bei Destillation unter Atmosphärendruck. Im Hoch¬

vakuum ist das Pentacyclopentadien unzersetzt sublimierbar. Smp.des Sublimats ist ebenfalls 270° C.

Tricyclopentadien.

50 gr Dicyclopentadien wurden im zugeschmolzenen Rohre

während 14 Stunden auf 150—160° erhitzt und die erhaltene

weiße Masse im Hochvakuum destilliert. Ca. 25 gr unverändertes

Dicyclopentadien destillierten zuerst über. (Sdp. 50— 70 ' bei 3

mm). Dann bei 105—110° destillierten ca. 20 gr. eines farblosea

— 54 —

Öls über, das bald erstarrte und roh bei 40" schmolz. Nach dem

Umkristallisieren aus Methylalkohol erhält man es als ein weißes

Pulver vom konstantem Smp. 60". Kleine Mengen Dicyclopen-

tadien erniedrigen den Schmelzpunkt sehr beträchtlich bis auf

20—40°.

Das Tricyclopentadien besteht aus feinen Nädelchen. Durch

kochende, konzentrierte Salpetersäure wird es leicht angegriffen.

Beim Erhitzen wird es teilweise in Cyclopentadien gespalten, ein

Teil destilliert bei gewöhnlichem Druck unzersetzt über.

Es ist leicht löslich in Äther, Essigester, Petroläther, Aceton,

Benzol, Chloroform und Schwefelkohlenstoff, schwer in Methyl¬

oder Äthylalkohol, sehr schwer in Eisessig.

Mol. Gew. in Benzol (kryoskopisch) K = 51

0,1386 gr Subst. in 18,11 gr Benzol, dT = 0,203° M = 193

0,2632 gr „ „ 18,11 gr dT = 0,371° M = 200

Mol. Gew. in Kampfer nach der Rast'schen Methode:

(K-400)

0,0044 gr Subst. in 0,1382 gr Kampfer, A = M0 M = 198

0,0061 gr „ „ 0,1639 gr A = 7,4° M = 201

(C5H6)3 Ber. Mol. Gew. = 198

Tetrahydro-tricyclopentadien.

5,0 gr Tricyclopentadien vom Smp. 53" (statt 60") wurde

in 100 ccm Äther gelöst und nach Zugabe von 0,5 gr Platin¬

mohr mit Wasserstoff geschüttelt. In ungefähr einer Stunde nahm

die Substanz 1040 ccm Wasserstoff auf, statt der für zwei Dop¬

pelbindungen berechneten 1060 ccm. (Bei 20" C, 733 mm Atmo¬

sphärendruck plus einem mittleren Wasserüberdruck von 125 mm

Hg. Total 858 mm.) Bei weiterem einstündigen Schütteln wurde

kein Wasserstoff mehr aufgenommen. Nach dem Abfiltrieren des

Platins und Abdünsten des Äthers blieb ein kristallinischer Kör¬

per zurück, der roh bei 40" und nach dem Umkristallisieren

aus Methylalkohol bei 43° schmolz. Wie die Betrachtung unter

dem Mikroskop zeigt, besteht er aus feinen Nadeln. Die Misch¬

probe mit Tricyclopentadien vom Smp. 58" schmolz bei 33—36°.

Das Produkt war vollständig gegen Brom in Chloroform gesättigt.

— 55 —

Bei gewöhnlichem Druck ist es in kleinen Mengen unzersetzt

destillierbar, und wird durch kochende Salpetersäure (59 °'oig)kaum angegriffen.

Analyse:

I 0,1090 gr Subst. gaben 0,3568 gr C02 und 0,1122 gr H20.II 0,1934 gr „ , 0,6330 gr C02 „ 0,1920 gr HsO.

(C15HS2) Ber. C 89,03 H 10,97 »j0Gef. 1 C 89,35 H 11,53 °/„

„II C 89,26 H 11,13 °/0

Mol. Gew. in Benzol — kryoskopisch (K = 51)

0,1094 gr Subst. in 17,58 gr Benzol, dT = 0,165° M = 192

0,2235 gr , „ 17,58 gr „dT = 0,327« M = 199

Mol. Gew. in Kampfer (K = 400)

0,0160 gr Subst. in 0,1525 gr Kampfer. A - 20,6° M = 204

C18HS, Mol. Gew. Ber. 202

Eigenschaften: Das Tetrahydro-tricyclopentadien ist löslich

in den gewöhnlichen organischen Lösungsmitteln mit Ausnahme

von Eisessig. Schwer löslich in Methyl- oder Äthylalkohol.

Smp. 43".

Tetracyclopentadien.

Das Tetracyclopentadien entsteht reichlich beim Erhitzen von

50 gr Dicyclopentadien während 22 Stunden auf 170—180°. Di-

cyclopentadien und Tricyclopentadien werden im Vakuum abdestil¬

liert. Obgleich das Tetracyclopentadien im Hochvakuum auch ab¬

destilliert werden kann, wird es aber leichter durch Ausziehen

mit Äther erhalten. Zu diesem Zweck wird der Kolbenrückstand

mit Äther gründlich ausgezogen, wobei das Tetracyclopentadienin Lösung geht. Ungelöst bleiben Pentacyclopentadien und Poly-

cyclopentadien, neben etwas Tetracyclopentadien. Nach dem Ab-

dünsten des Äthers wird das Produkt mit siedendem Methyl¬

alkohol ausgezogen, um es von Spuren von Tricyclopentadien zu

befreien. Der in Methylalkohol unlösliche Rückstand wird dann

aus siedendem Essigester beim Erkalten als Gel erhalten, wonach

er nach mehrmaligem Umkristallisieren aus Essigester konstant

bei 188—191 " schmilzt.

— 56 —

Das Tetracyclopentàdien siedet bei 160—165° bei 1 mm und

ist im Hochvakuum unzersetzt destillierbar. Es ist etwas schwerer

löslich in den entsprechenden Lösungsmitteln als Tricyclopen-tadien ; doch löst es sich in beträchtlichen Mengen in Äther,

Petroläther (niedrigsiedendem) und Aceton, sehr leicht in kaltem

Benzol, Chloroform, und Schwefelkohlenstoff, sehr schwer in

siedendem Methyl- oder Äthylalkohol. In Eisessig ist es fast

unlöslich. Bei Destillation unter gewöhnlichem Druck wird es

in Cyclopentadien gespalten. Durch kochende, konzentrierte Sal¬

petersäure wird es leicht angegriffen.

Mol. Gew. in Benzol kryoskopisch (K = 51)

0,1155 gr Subst. in 17,13 gr Benzol, dT = 0,127°

0,2111 gr „ , 17,13 gr „dT = 0,226°

Mol. Gew. in Kampfer (K = 400)

0,0028 gr Subst. in 0,1542 gr Kampfer, A = 2,2°

0,0028 gr „ „ 0,1620 gr A = 2,6°

(CA)* Mol. Gew. Ber. 264.

Tetrahydro-Tetracyclopentadien.

Das bei 200—202° schmelzende Produkt, das Rheiner er¬

halten hat,5) gab folgende Molekulargewichts-Werte in Kampfer.

0,0032 gr Subst. in 0,1338 gr Kampfer, A = 3,6° M = 265

(C80HM) Mol. Gew. Ber. 268

Durch kochende, konzentrierte Salpetersäure wird es kaum

angegriffen. Beim gewöhnlichen Druck ist es unzersetzt de¬

stillierbar.

Spaltung des Polycyclopentadiens.

2 gr Polycyclopentadien wurden im auf ca. 500" erhitzten

Metallbad im Hochvakuum (1 mm) destilliert und die übergehendenDämpfe in einer mit flüssiger Luft gekühlten Vorlage kondensiert.

Es sammelte sich darin ca. 1 ccm farbloses, bei der Temperaturder flüssigen Luft festes, bei gewöhnlicher Temperatur flüssigesDestillat, das bei 720 mm bei ca. 40" siedete und fast reines

Cyclopentadien darstellte. Zur Identifizierung wurde es mit einigen

'>) Staudinger und Rheiner, Helv. VII, 30 (1924).

M = 270

M = 278

M = 259

M = 266

— 57 —

Tropfen einer verdünnten Zinntetrachloridlösung in Chloroform

polymerisiert, und das mit Alkohol gefällte und mit Äther ge¬

waschene Polymerisationsprodukt als Paracyclopentadien nachge¬wiesen durch die Blaufärbung mit trockenem Chlorwasserstoff¬

gas in Benzollösung.In einem anderen Versuch wurden die Zersetzungsproclnkte

durch eine ammoniakalische Kupferchlorürlösung geleitet ; es

konnten aber keine Acetylenverbindungen nachgewiesen werden.

Das Polycyclopentadien zerfällt demnach bei der trockenen

Destillation wieder in Cyclopentadien.

Analyse des Polycyclopentadiens vom Smp. 373°.

0,1605 gr Subst. gaben 0,5330 gr COs und 0,1314 gr H20

(CBH6)X Ber. C 90,84 H 9,16 °/0Gef. C 90,56 H 9,17 •/„

III. Blaue Halogenverbindungen.

In Tetrachlorkohlenstofflösung oder in Chloroform reagiert

Dicyclopentadien mit Brom und Chlor unter Bildung von farblos

oder mit schwach gelber Farbe gelöst bleibenden Additionspro¬

dukten.

In Eisessiglösung tritt dagegen eine ganz andere .Reaktion

ein. Bei der Einwirkung von Brom z. B. fällt ein tiefblau¬

schwarzer Körper aus, der in allen Lösungsmitteln unlöslich

ist und Sauerstoff enthält. Bei höherer Temperatur zersetzt

er sich, ohne vorher zu schmelzen, unter Abspaltung von Brom¬

wasserstoff. Nach den Analysen ist es schwer zu entscheiden,

ob der Sauerstoffgehalt des Körpers aus der Luft stammt oder

von einem angelagerten Acetylrest, da die theoretisch zu er¬

wartenden Werte für die verschiedenen möglichen Formulierungen

zu wenig voneinander differieren.

Der blauschwarze unlösliche Körper bildet sich auch in Amei¬

sensäure und Propionsäure. Bei Ausführung des Versuches in

Buttersäure oder Valeriansäure sollte es leicht zu entscheiden

sein, ob sich diese Reste mit dem Dicyclopentadien vereinigt

haben oder nicht, da hier die verschiedenen möglichen theore¬

tischen Werte genügend weit auseinander liegen.

Es sei hier nur erwähnt, daß die Reaktion kompliziert ver¬

läuft, da nur ein Atom Brom in das Molekül eingetreten ist,

und da das Produkt nach seinen physikalischen Eigenschaften

höher polymerisiert zu sein scheint. Daß es nicht ein einfaches

bromsubstituiertes Dicyclopentadien ist, geht aus der Analyse

hervor. Auch die Annahme, daß der Sauerstoffgehalt aus der

Luft komme, scheint unhaltbar, da der Körper sich unter Luft¬

abschluß in Eisessig bildet, aber bei Zutritt von Luft in Kohlen-

stofl'tetrachlorid nicht entsteht. Die Analysen stimmen auch am

besten auf die Formel C^tL.OBr, bei welcher ein Eintritt von

CHCOBr angenommen ist. Unter solch einer Annahme ver¬

läuft die Reaktion unter Bromwasserstoff- und Wasserabspaltung.

— 59 —

Allerdings bildet sich auch in Benzollösung bei langem Stehen

eine kleine Menge eines blauschwarzen Produktes. Ob dieses

aber mit dem in Eisessig erhaltenen Körper identisch ist, konnte

nicht geprüft werden, da die Substanzen nicht schmelzen und nur

durch Analyse unterschieden werden können.

Chlor wirkt auch auf Dicyclopentadien in Eisessig ein unter

Bildung eines blauen Körpers. In Kohlenstofftetrachloridlösung

tritt eine solche Reaktion nicht ein.

Experimenteller Teil.

12 gr Dicyclopentadien in 10 ccm Eisessig werden tropfen¬

weise mit einer Lösung von 4 ccm Brom in 10 ccm Eisessig

versetzt. Zuerst wird das Brom entfärbt; dann wird die Lösung

warm und färbt sich tief blau.

Nach einigen Stunden wird das Gemisch fest. Durch Wa¬

schen mit niedrigsiedendem Petroläther werden Eisessig und lös¬

liche Bestandteile entfernt. Ungelöst bleiben ca. 6 gr eines tief

blauschwarzen amorphen Pulvers, das in allen gebräuchlichen

Lösungsmitteln völlig unlöslich ist. Drei verschiedene Präparate

wurden analysiert.

Analyse: I 0,1138 gr Subst. gaben 0,0888 gr AgBr (Carius)II 0,1297 gr „ ., 0,1022 gr AgBr

III 0,1707 gr „ „ 0,1320 gr AgBr

I 0,2284 gr Subst. gaben 0,4748 gr CO, und 0,0984 gr HsO

il 0,1421 gr „ 7» 0,2970 gr cos , 0,0651 gr H,0

C10HnBr Ber C 56,87 H 5,25 Br 37,88 •/„

C10H12Br flC 56,60 H 5,70 Br 37,70 °|0

C10H12OBr »C 52,63 H 5,30 Br 35,05 0 7,1 °/0

C,0H„CH3COBr 11C 56,68 H 5,55 Br 31,46 0 6,29%,

C10HuCH2COBr »C 56,91 H 5,17 Br 31,58 0 6,32 °/0

Gef I C 56,69 H 4,84 Br 33,12 0 5,35 °/0

VII C 57,03 H 5,15 Br 33,53 0 4,29 °/,(

TIII C — H - Br 32,90%,

Über die Polymerisation des Indens.

Die Polymerisation des Indens ist schon mehrfach bearbeitet

worden. Krämer und Spilker1) erhielten durch Behandeln einer

20 °/oigen Indenlösung in Benzol oder Äther mit 15 bis 20 °/o

konzentrierter Schwefelsäure ein hochmolekulares, harzartiges,

„Para-Inden" vom Smp. 210°.

Ein tetramolekulares Inden ist von Weger2) durch Schüt¬

teln von Inden mit einigen Prozent konzentrierter Schwefelsäure

erhalten und als p-Inden bezeichnet worden. Endlich wurde ein

Di-Inden aus Inden von Weißfgerber3) durch Kochen mit Eis¬

essig erhalten. Die Polymerisation des Indens, sowohl zu Di-

Inden, wie auch zu Poly-Indenen ist kürzlich von H. Stobbe und

F. Färber4) behandelt worden. Sie erhielten letzteres, das sie

für ein neues Polymères ansehen und „meta-Inden" benennen,

durch Einwirkung von konzentrierter Schwefelsäure auf reines

oder hochprozentiges Inden, als Produkt von zwischen 220" und

280° schwankendem Schmelzpunkt Nach ihren Angaben liegen

darin 16 bis 22 Indenmoleküle polymerisiert vor.

In diesem Laboratorium waren Versuche über die Polymeri¬sation des Indens schon Ende 1923 ausgeführt; sie wurden nicht

publiziert, weil sie im Zusammenhang mit noch unvollendeten

Untersuchungen über die Polymerisation anderer Stoffe standen.

Mit konzentrierter Schwefelsäure in der Kälte wurde das

Para-Inden von Krämer und Spilker dargestellt, das übereinstim¬

mend mit ihren Angaben ein weißes, amorphes Polymerisations¬

produkt vom Smp. 212—214" (unkorr.) bildet. In Benzollösung

ausgeführte kryoskopische Molekulargewichtsbestimmungen er-

!) Kraemer und Spilker, B. 23, 3278 (1890); B. 33, 2260 (1900).2) Weger, Ztschr. angew. Chemie, 22, 344 (1909). — Weger und Billraan,

B. 36, 643 (1903).

3) Weißgerber, B. 44, 1438 (1911).

*) H. Stobbe und F. Färber, B. 57, 1838 (1924).

— 61 —

gaben Werte von 1250 bis 1400, wonach in diesem völlig schwefel¬

freien Produkt 11—12 Moleküle Inden polymerisiert vorliegen.

Wie Cyclopentadien läßt sich auch Inden sehr leicht durch

Zinntetrachlorid und andere Halogenverbindungen, wie Titantetra¬

chlorid, Bortrichlorid, Antimonpentachlorid und Antimontrichlond,in ein hochmolekulares Produkt überführen. Durch die Einwirkungvon verdünnter Lösung von Zinntetrachlorid in Chloroform auf

mit Chloroform verdünntes, reines Inden erhielten wir ein benzol¬

lösliches weißes Pulver, welches, nach mehrmaligem Umfallen

mit Alkohol und Trocknen im Hochvakuum, bei nicht zu schnellem

Erhitzen,0) bei 248—250° unter Zersetzung schmolz, und in Ben¬

zollösung ein Molekulargewicht von 2900—3000, entsprechend

(C9H8)2, bis (C9H8)26, zeigte.

Nach Löslichkeit und sonstigen physikalischen und chemischen

Eigenschaften — mit Ausnahme von Schmelzpunkt und Mole¬

kulargewicht — weisen das Para-Inden von Krämer und Spilker,und das durch Zinntetrachlorid entstehende Polymere keine Unter¬

schiede auf. und es soll darum der alte Name Para-Inden bei¬

behalten werden.

Es sind weiße, geruchlose, amorphe Pulver, löslich in Benzol,

Chloroform, Schwefelkohlenstoff und Pyridin, unlöslich oder nur

in Spuren löslich in Alkohol, Aceton, Äther, niedrigsiedendemPetroläther und Eisessig. In siedendem Essigester lösen sie sich

auf, und scheiden sich beim Erkalten als amorphe Fällungenwieder aus. die unter dem Mikroskop keine kristalline Struktur

zeigen.

Gegen Brom oder Kaliumpermanganat erweisen sich beide

als vollständig gesättigt. In der Hitze tritt einmal ein Zerfall

zu Inden ein, wie Stobbe und Färber beobachten; weiter bildet

sich, entsprechend den Beobachtungen von Weger und Billmann,Truxen und Hydrinden, neben höher siedenden Produkten.

Mit Schwefelchlorür reagierte das Para-Inden in der Kälte

nicht merklich, beim Erhitzen erfolgte lebhafte Reaktion, die

nicht weiter untersucht wurde.

5) Der Schmelzpunkt dieses Produktes variiert mit der Schnelligkeit des

Erhitzens, wie es bei amorphen Körpern ja meistens der Fall ist.

— 62 —

Ozon wirkt auf Para-Inden in Kohlenstofftetrachloridlösung

ein. Man erhält ein gelbliches Pulver, das bei hoher Temperatur

sich zersetzt, ohne zu schmelzen; es ist ein Gemisch von ver¬

schiedenen Oxyden. Nach der Analyse ist es sauerstoffreicher

als ein Monoxyd, ärmer als ein Dioxyd und vermutlich liegt ein

nur partiell ozonisiertes Produkt vor. Wahrscheinlich ist der Benzol¬

kern angegriffen worden, denn gleiches ist auch beim Meta-

Styrol der Fall.

Wie schon früher erwähnt, liegen in diesen Polymeren keine

eigentlichen Kolloide vor, nur relativ hochmolekulare Polymeri¬

sationsprodukte, die aber noch nicht den Polymerisationsgrad

der Kolloide erreicht haben ; dem entsprechend geben diese Pro¬

dukte, zum Unterschied von den eigentlichen Kolloiden — Kaut¬

schuk- und Meta-Styrol — Lösungen, die viel weniger viskos sind als

Lösungen von Kautschuk oder Meta-Styrol von gleicher Konzentra¬

tion. Man kann annehmen, daß im Para-Inden die Polymerisation

durch Zusammenlagern der Doppelbindungen erfolgt ist, ähnlich

wie beim Meta-Styrol, nur daß dort eine stärkere Polymerisation

eingetreten ist.

CeH5 / C6H5 \ C6H5I I ICH — CH,-\ - CH - CH,~ I- CH— CHä

Meta-Styrol; wobei x sehr hoch ist.

Celi4 — CHj / CgH4 — CHj \ GeH4 — CHSI II II ICH CH-l-CH CH-l-CH CH

Para-Inden; wobei x viel kleiner ist.

Es läßt sich überhaupt das Inden als ein zu einem Ringe

geschlossenes Methylderivat des Styrols auffassen, ähnlich, wie

das Cyclopentadien als zum Ring geschlossenes Methylderivat des

Butadiens angesehen werden kann.

Es wäre deshalb von Interesse gewesen, das Inden in ein

hochmolekulares Poly-Inden überzuführen, das dem Meta-Styrol

entspräche; es wurde deshalb die Polymerisation durch Erhitzen

von Inden ohne Katalysatoren untersucht.

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Durch 25-stündiges Erhitzen im zugeschmolzenen Rohr auf

260" wurde eine gelbe, harzartige Masse erhalten, aus welcher

durch Aufnehmen in Äther und Ausfällen mit Alkohol, neben

einer geringen Menge des ätherunlöslichen Truxens, ein hell¬

gelbes, amorphes Pulver isoliert werden konnte, das bei 100°

bis 110° schmilzt, je nachdem man langsam oder rasch

erhitzt. Es ist leicht löslich in Aceton, Äther, Essigester, Benzol,

Chloroform, schwer in Alkohol, Eisessig, oder Petroläther. Nach

der Analyse, ebullioskopischen und kryoskopischen Molekularge¬

wichtbestimmungen in Benzol- und Acetonlösung, und Bromtitra-

tion, liegt ein stark ungesättigtes Tetra-Inden vor, das drei bis

vier Doppelbindungen enthält, — genauere Zahlen wurden bisher

nicht erhalten.

Bei der Destillation unter gewöhnlichem Druck destillierte

zu ca. 50 % Inden, eventuell auch etwas Hydrinden über ; der

Kolbenrückstand bestand zur Hauptsache aus Truxen. Im Hoch¬

vakuum verhält sich die Substanz gleich.

Experimenteller Teil.

Einwirkung von Katalysatoren auf Inden.6)

Inden wurde, wie das Cyclopentadien, entweder unverdünnt

oder in 50 0/oiger Chloro'formlösung mit 1—2 Tropfen des

flüssigen oder einer Messerspitze des festen Katalysators ver¬

setzt, dann wurde Alkohol zugesetzt und geprüft, pb dabei eine

Ausscheidung von dem unlöslichen Para-Inden erfolgt. Es wur¬

den ungefähr dieselben Beobachtungen wie beim Cyclopentadien

gemacht, also Salze wie KCl, NaCl, MgCl2 wirken in der Kälte

auf Inden nicht ein ; Zn Cl2 führt langsam in Para-Inden über.

Vergleicht man AI FL, A1C13, AlBri, und A1J3, so wirkt

letzteres am stärksten polymerisierend, während AI Fl», keine Wir¬

kung hat.

Gerade umgekehrt verhalten sich die Halogenverbindungen

des Zinns, Phosphors, Arsens und Antimons ; hier sind die Jod-

6) Stobbe und Färber (1. c.) beschreiben die Einwirkung von AI Cl3, Zn Cl2und OaCL.

— 64 —

Verbindungen viel weniger wirksam als die Chlorverbindungen;

Sb Cl3 wirkt rasch, As Cl3 nur langsam polymerisierend.

Die besten Katalysatoren sind Sn Cl^, Ti Cl4, Bo Cl3, Sb Cl0

und SbCl3, die unverdünnt mit reinem Inden unter starker Er¬

wärmung reagieren, so daß man ein reines Polymères nur in

verdünnter Lösung erhält. Phosphor-oxychlorid wirkt hier stärker

polymerisierend als auf das Cyclopentadien. Ausgesprochene Säure¬

chloride, wie das Si Cl4, CH3 COCl, und Oxalylchlorid wirken

nicht polymerisierend, ebenso nicht die Fluoride: SiFU und BoFl;.

Phosphorpentoxyd polymerisiert Inden langsam, Schwefelsäure

bekanntlich sehr rasch.

Eisenchlorid polymerisiert langsam.

Schwefelchlorür gibt Anlagerungs- und Polymerisationspro¬

dukte.

Darstellung von Para-Inden mit conc. Schwefelsäure.

25 ccm reines Inden in 60 ccm Benzol werden tropfenweiseunter Kühlung und Umrühren mit 5 ccm conc. Schwefelsäure

versetzt; dabei tritt Braunfärbung ein. Nach 15 Minuten wird

das Gemisch in 600 ccm 95 %>igen Alkohol gegossen, und die

ausgeschiedene weiße Masse abfiltriert und mit Alkohol gewa¬

schen. Das Para-Inden wird durch dreimaliges Aufnehmen in

Benzol und Ausfällen mit Alkohol gereinigt, dann im Hochvakuum

bei 50° getrocknet. Man erhält so ein völlig schwefelfreies Pro¬

dukt vom Smp. 212—214°.

0,1044 gr Subst. gaben 0,3552 gr C02 und 0,0669 gr H20

(C9H8)X Ber. C 93,06 H 6,94 °/0Gef. C 92,81 H 7,20 °|0

Mol. Gew. kryoskopisch in Benzol (K — 51)

0,2276 gr Subst. in 15,03 gr Benzol, dT = 0,060° M = 1287

0,3512 gr „ „ 15,03 gr „dT - 0,095« M = 1253

0,4416 gr / „ 15,03 gr „dT = 0,107" M = 1400

Mol. Gew. Ber. fur (C»H8)n = 1276

,, ,, „ ., (C<)H8)]3 — loy2

— 65 —

Darstellung von Para-Inden mit Zinntetrachlorid.

10 ccm Inden in 10 ccm Chloroform versetzt man unter

Kühlung auf 10" mit einer Lösung von ca. 0,2 ccm Zinntetra¬

chlorid in 1 ccm Chloroform. Die Lösung wird warm, färbt sich

gelb, schließlich rot und wird etwas viskos. Nach 5—10 Minuten

werden zum Verdünnen nochmals 10 ccm Chloroform zugegeben

und dann unter Umrühren in Alkohol gegossen. Die farbige

Komplexverbindung wird zerstört, und es scheidet sich das Para-

Inden als weißer Niederschlag quantitativ aus, der wieder durch

Aufnehmen in Benzol, Umfallen mit Alkohol (dreimal wiederholt),

und Trocknen im Hochvakuum bei 50° gereinigt wird. Smp.

248—250°. Das Produkt ist zinn- und chlorfrei.

0,0810 gr Subst gaben 0,27 60 gr C02 und 0,0488 gr H20

(C„H8)X Ber C 93,06 H 6,94 °/0

Gef. C 92,96 H 6,76 %

Mol. Gew. kryoskopisch in Benzol (K = 51)

0,2588 gr Subst. in 17,98 gr Benzol, dT = 0 025° M = 2940

0,4246 gr „ ,.17,98 gr „

dT = 0,040° M = 3010

0,6240 gr „ „ 17,98 gr „dT = 0,058° M = 3050

Mol. Gew. Ber. für (CBH8)16 2900

n H M 1! (^9^8)86 3016

Ozonisation von Para-Inden.

Durch eine Lösung von 5 gr Para-Inden in 100 ccm reinem

Tetrachlorkohlenstoff wurde 18 Stunden lang Ozon (nicht ge¬

waschen) durchgeleitet. Die gallertartig ausgeschiedene gelbe

Masse wurde zur Entfernung von etwa noch vorhandenem un¬

angegriffenem Para-Inden gründlich mit Benzol gewaschen. Die

dadurch pulvrig gewordene Substanz wurde nach nochmaligem

Auswaschen mit Äther im Hochvakuum bei 40° getrocknet und

so ein gelbes Pulver erhalten, das bei 200° verkohlt, ohne zu

schmelzen. In Chloroform, Pyridin, Essigester, ist dieses leicht,

in Benzol, Tetrachlorkohlenstoff, und Schwefelkohlenstoff schwer

löslich; ganz unlöslich ist es in Alkohol und Äther. In kaltem

Aceton löst es sich nur zum Teil, was auf ein Gemisch hindeutet,

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wie auch die Analyse auf ein Gemenge von Mono- und Dioxyden

schließen läßt.

0,0707 gr Subst. gaben 0,1990 gr CO, und 0,0366 gr HsO.

(C9H80)x Ber. 0 81,8 H 6,05 %

(C9H80,)x „C 73,0 H 5,40 %

Gef. C 76,76 H 5,80 %

Die Substanz verhält sich auch gar nicht wie ein Ozonid ;

ist nicht explosiv und durch Kochen mit Wasser oder Eisessig

nicht oder schwer zersetzbar. Die wässerige Lösung reagiert

sauer und gibt mit ammoniakalischem Silbernitrat schwache Alde¬

hydreaktion, nicht aber mit essigsaurem Phenylhydrazin.

Zersetzung im Hochvakuum.

bei der Destillation von 6 gr des Para-Indens (SnCU Poly¬

mere) bei 0,2 mm im Metallbad wurde ein bei 60—759 sie¬

dendes Destillat erhalten, das durch Destillation bei gewöhnlichem

Druck, Überführung in das Pikrat und Polymerisation mit Zinn¬

tetrachlorid zu Para-Inden, sich als Inden erwies. Eine höher

siedende Fraktion, vermutlich Di-Inden, wurde wegen der ge¬

ringen erhaltenen Menge nicht weiter untersucht. Der braune,

harzartige Kolbenrückstand ließ sich zum Teil in Äther auf¬

nehmen. Alkohol fällte daraus ein hellgelbes Pulver vom Smp.

ca. 160", das wahrscheinlich identisch ist mit dem bei 15-5°

schmelzenden Hexa-Inden, welches Stobbe und Färber bei der

Vakuumdestillation ihres „Meta-Indens" erhielten. Aus dem äther¬

unlöslichen Teil wurde durch Umkristallisation aus siedendem

o-Xylo! Truxen vom Smp. über 360° erhalten. Das mit conc.

Schwefelsäure nach Kraemer und Spilker hergestellte Para-Inden

verhält sich bei der Destillation im Vakuum gleich.

Destillation bei gewöhnlichem Druck ergibt noch leichter

Zersetzung, hauptsächlich zu Inden und Truxen.

Tetra-Inden.

25 gr Inden (frischdestilliert) wurden im Bombenrohr 25

Stunden auf 260° erhitzt, die erhaltene gelbe, harzige Masse

wurde mit Äther extrahiert; ungelöst blieb Truxen als gelbes

Pulver (ca. 0,5 gr) vom Smp. über 360°, gelbe Nadeln nach dem

Umkristallisieren aus siedendem Xylol.

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Aus dem ätherischen Filtrat konnte mit Alkohol ein hellgelbesPulver ausgefällt werden, das durch dreimaliges Lösen in Äther

und Ausfällen mit Alkohol gereinigt wurde. Es schmilzt bei län¬

gerem Erhitzen unscharf zwischen 99—100 °, bei raschem Erhitzen

bei 109—110°. In den organischen Lösungsmitteln, außer in

Alkohol, Eisessig, und Petroläther ist das Polymere leicht löslich.

0,1028 gr Subst. gaben 0,3506 gr C02 und 0,0666 gr HjO

(C9H8)4 Ber. C 93,06 H 6,94 °/0Gef. 0 93,01 H 7,27 %,

Mol. Gew. kryoskopisch in Benzol (K —51)

0,1170 gr Subst. in 15,41 gr Benzol, dT = 0,091° M = 426

0,2648 gr „ „ 15,41 gr „dT = 0,189° M = 464

0,3687 gr „ „ 15,41 gr „dT = 0,261» M = 468

0,5244 gr „ „ 15,41 gr dT = 0,369« M = 470

Ebullioskopisch in Benzol (K = 25.7)

0,3108 gr Subst. in 17,83 gr Benzol, dT — 0,090° M = 497

Ebullioskopisch in Aceton (K = 17)

0,2209 gr Subst. in 15,17 gr Aceton, dT = 0,053° M = 467

0,3858 gr „ „ 15,17 gr dT = 0,089° M = 486

Mol. Gew. Ber. iür (C9H8)4 = 464.

Das Produkt ist gegen Brom stark ungesättigt und enthält

3—4 Doppelbindungen, doch muß noch geprüft werden, ob nicht

auch Substitution durch Brom neben Addition eingetreten ist.

0,1333 gr Subst. verbrauchten 4,7 ccm V5 Br2 - Lösung, statt

der für vier Doppelbindungen berechneten 5,72 ccm.

0,1312 gr. Subst. verbrauchten 5,9 ccm n 5Br2- Lösung, statt

5,64 ccm für vier Doppelbindungen berechnet.

Der Endpunkt der Reaktion wurde mit Jodkalistärkepapier

bestimmt.

Destillation des Tetra-Indens.

2,5 gr des Tetra-Indens wurden im Vakuum bei 10 mm de¬

stilliert. Das Destillat bestand aus Inden und Hydrinden. Im

Kolben blieb Truxen und etwas unverändertes Tetra-Inden.

Bei der trockenen Destillation unter gewöhnlichem Druck

zersetzt es sich sehr leicht und liefert neben Inden etwas

Hydrinden und sehr reichlich Truxen, in ca. 50 °/o Ausbeute.

Curriculum vitae.

Der Verfasser dieser Arbeit, Herman Alexander Bruson, aus

den Vereinigten Staaten von Amerika, wurde im Jahre 1901 als

Sohn von Samuel Bruson in Middletown, Ohio, U. S. A. geboren.

Er besuchte die „Elementary School" und beendigte seine Mittel¬

schulstudien an der „Woodward High School" von Cincinnati,

Ohio. Hierauf studierte er ein Jahr an der University of Cincinnati

und vier Jahre an dem Massachusetts Institute of Technology in

Cambridge, Massachusetts, und erwarb dort den Grad ,,Bachelor

of Science".

Von September 1923 an arbeitete er in Zürich bei Prof. Dr. Stau¬

dinger, unter dessen Leitung er die vorliegende Promotionsarbeit

im Laboratorium für allgemeine Chemie an der Eidgenössischea

Technischen Hochschule ausführte.