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    Hannes Liebrandt (2014): Napoleon I. und sein kontroverses Verhältnis zur Religion. Versuch einer historischen Einordnung. In: Helikon.

    A Multidisciplinary Online Journal, 3. 181–205.

  • Geschichte, Gesellschaft & Polit ik /// history, society & Polit ics 181

    d e t a i l

    Abstract

    The present work deals with the highly controversial and still contested character of Napo-leon Bonaparte. Although the historical person has generally been examined in detail, some mainly private traits of the French military strategist and statesman still represent research desiderata. These certainly include the religiosity of the Corsican which is so diverse and sometimes contradictory that a separate consideration of both his religious policies as well as of his personal religiosity seems worthwhile. In the following, selected incidents will show how Napoleon instrumentalized and abused church and religion for his own purpo-ses throughout his life. A hasty condemnation as atheist or pure materialist, as it has often happened, would however do justice neither to the sources nor to the complex character of Napoleon. Therefore, the focus is placed on his personal religiosity and on how Napoleon managed to link his faith and his politics.

    Zusammenfassung

    Der Charakter Napoleon Bonapartes ist höchst kontrovers und immer noch umstrittenen. Obwohl die historische Person an sich gut aufgearbeitet wurde, stellen einzelne, vorwiegend private Züge des französischen Militärstrategen und Staatsmanns noch immer Forschungsde-siderate dar. Zu diesen zählt zweifelsohne die Religiosität des Korsen, die derart facettenreich und teilweise widersprüchlich ist, dass eine separate Betrachtung sowohl der Religionspoli-tik als auch der persönlichen Religiosität lohnend erscheint. Nachfolgend wird sich anhand ausgewählter Episoden zeigen, wie Napoleon zeitlebens die Religion und Kirche instrumen-talisierte und für eigene Zwecke missbrauchte. Eine vorschnelle Verurteilung als Atheisten oder reinen Materialisten, wie oftmals geschehen, würde jedoch weder den Quellen noch dem komplexen Charakter Napoleons gerecht werden. Um diese Widersprüchlichkeiten aufzuzeigen, wird der Fokus insbesondere auf die persönliche Religiosität gelegt und darauf, wie Napoleon seinen Glauben und seine Politik miteinander verband.

    Napoleon I. und sein kontroverses Verhältnis zur ReligionVersuch einer historischen Einordnung

    Hannes Liebrandt

    Geschichte, Gesellschaft & Politik

    history, society & Politics

  • Geschichte, Gesellschaft & Polit ik /// history, society & Polit ics 182

    Zur Einführung

    Das Interesse der historischen Forschung an der napoleonischen Epoche ist – sofern die Kirchenpolitik in den Fokus des Interesses gerückt wird – auf die weltpolitische Seite der Beziehungen Napoleons zum Katholizismus gerichtet. Die wenigen Spezialforschungen zu seinem individuellen Glauben entstammen nahezu ausnahmslos der ersten Hälfte des 20. Jahr-hunderts, während neuere Biographien die Religiosität nur oberflächlich thematisieren.1 Die Spezialforschung über das Konkordat von 1801 und über die Wiederherstellung der katholi-schen Kirche ist primär machtpolitisch orientiert und reflektiert überwiegend die Frage, ob das Konkordat die Rechte der Kirche oder die Freiheit des Staates mehr eingeengt habe.2

    Gerade jedoch für Napoleon als Erben und gleichsam Überwinder der Revolution lässt sich die politische Konzeption nur schwer von der persönlichen Motivation trennen, da die politische Intention stets ein Ausdruck der geistigen Persönlichkeit ist. Napoleons individu-eller Glaube, stellte die Forschung seit jeher vor die Frage, ob Napoleon dem Deismus oder eher dem Katholizismus zuzuordnen ist. Den Auslöser für die historische Forschung zum Beginn des 20. Jahrhunderts stellte zweifelsohne die Veröffentlichung der Tagebücher von General Gaspard de Gourgaud im Jahr 1898 dar.3 Diese stellten nahezu alle zeitgenössischen Charakterisierungen Napoleons in Frage, da sie sowohl eine Wertung als Deist, Materialist und als strenggläubiger Katholik zuließen. Die Geschichtswissenschaft erkannte bald die Ambivalenz des Quellenwertes Gourgauds und beschränkte sich wieder vornehmlich auf die machtpolitische Thematik.

    Der vorliegende Beitrag erhebt den Anspruch einer kritischen Auseinandersetzung mit dem außerordentlich widerspruchsvollen Quellenmaterial, wobei Napoleons politische Stellung zur Religion fast vollständig vernachlässigt werden soll. Es ist vielmehr zu untersu-chen, inwiefern Napoleon „religiös“ gewesen ist und worauf sich dieser individuelle Glaube gründete. Es wird sich hierbei zeigen, dass eine Differenzierung von Gottesgläubigkeit und Religionsgläubigkeit erforderlich ist, um Napoleon nicht fälschlicherweise dem Atheismus zuzuordnen.

    Da die Forschungsliteratur für diese Zielsetzung nur bedingt zu gebrauchen ist, gewinnen die Primärquellen, welche in Form von Memoiren, Gesprächsprotokollen, niedergeschrie-benen Reden und zeitgenössischen Wertungen überliefert sind, enorm an Bedeutung (s.u.). Daneben existieren zahlreiche Selbstzeugnisse Napoleons, diverse Schriften und Pamphlete und sogar eine Autobiographie, die eine hinreichende Grundlage darstellen, um ein fundier-tes Urteil über seine Religiosität fällen zu können.

    Eine Untersuchung, die bemüht ist, die Religiosität eines Souveräns herauszuarbeiten, ist in erster Linie immer biographisch ausgerichtet, weshalb die Übernahme einer chro-nologischen Darstellung als äußerer Rahmen Sinn ergibt. Dementsprechend soll anfangs Napoleons Erziehung und Jugend erörtert werden, bevor der Rahmen und auch die Arbeit mit seiner Verbannung auf Sankt Helena geschlossen wird. Innerhalb dieses Rahmens erscheint eine thematische Abhandlung der wichtigsten religionsrelevanten Episoden seines Lebens sinnvoll. Hierbei werden besonders Diskontinuitäten und Antagonismen im Leben

    1 Vgl. Franz Herre: Napoleon. Eine Biographie, München 2006.2 Vgl. Bernard Ardura: Le Concordat entre Pie VII et Bonaparte 15 juillet 1801, Paris 2001; siehe auch: Rodney

    Dean: L`église constitutionnelle, Napoléon et le concordat de 1801, Paris 2004.3 Gaspard Gourgaud: Sainte-Hélène. Journal inédit de 1815 à 1818, 2 Bde., Paris 1899; Dt.: Napoleons

    Gedanken und Erinnerungen, St. Helena 1815–18, übers. v. Heinrich Conrad, Stuttgart 1910.

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    Napoleons aufgezeigt, wodurch er sich zwangsläufig einer bestimmten religiösen Zuord-nung entzieht. Der daran anschließende Teil dient dazu, durch ausgewählte Memoiren wichtiger Zeitgenossen ein repräsentatives Urteil über Napoleons Religiosität zu fällen. Diese sollen im Idealfall einen Querschnitt des Umfelds Napoleons darstellen und werden sowohl methodenkritisch als auch bezüglich ihrer Authentizität unterschiedlich gewichtet.

    Individueller Glaube und religiöse Einstellung Napoleon Bonapartes

    Da die individuelle Religiosität immer auch ein Ausdruck der elterlichen Erziehung und der eigenen Sozialisation ist, gilt es im Folgenden, Napoleons Kindheit und Jugend genauer zu untersuchen. Der Historiker und Publizist Johannes Willms attestiert Napoleon eine strenge katholische Erziehung auf Korsika, die besonders von seiner Mutter Letizia Buona-parte forciert wurde,4 und deren Effekte sich zeitlebens als wirksam erwiesen. Napoleon äußerte selbst auf Sankt Helena, dass die Erinnerung an seine ausgesprochen religiös geprägte Jugend den Ausschlag gegeben habe, den Katholizismus in Frankreich zu erneuern.5 „Ich hing tatsächlich an der Religion meiner Kindheit“6, soll er rückblickend in der Verbannung geäußert haben.

    Die fünf Jahre, die Napoleon vom 15. Mai 1779 bis zum 17. Oktober 1784 in der Militärschule von Brienne-le-Château zubrachte, müssen auch in Bezug auf seine religi-öse Einstellung bestimmend gewirkt haben, da diese von einem Benediktinerorden geleitet wurde.7 Der Direktor der Militärschule war Pater Louis Berton, dem zwölf geistliche Lehrer unterstanden, die die Schüler unter anderem auch in Deutsch unterrichteten.8 Bezeich-nenderweise fällt in diese Episode seines jungen Lebens eine auf Sankt Helena geäußerte Bemerkung gegenüber dem Grafen Emanuel Las Cases: „Ich war gläubig gewesen, aber sobald ich anfing zu wissen und zu urteilen, erlitt mein Glaube einen Stoß und wurde unsi-cher. Und das geschah ziemlich bald, mit dreizehn Jahren.“9

    Folgt man der Behauptung Johannes Willms, dass Napoleon auf Korsika eine strenge katholische Erziehung erhalten habe, die ihm die „schlichte, naturhafte Form des Katholizismus“10 übermittelte, so muss die erste entscheidende Zäsur bezüglich seines individuellen Glaubens während seiner Kadettenzeit in Frankreich gesetzt werden. Augen-scheinlich müssen die ersten französischen Eindrücke und das wachsende Denkvermögen diesen Bruch bewirkt haben. Noch deutlicher wird sein Wandel in Bezug auf die Religion in einer im Jahre 1786 verfassten Denkschrift, in der Napoleon den Philosophen Jean-Jacques Rousseau gegen die Angriffe des Genfer Pfarrers Roustan verteidigte:

    Ist also die christliche Religion der politischen Verfassung eines Staates abträglich? Rousseau zweifelt so wenig daran, daß er sagt: „Die dritte ist augenscheinlich so schlecht, daß es verlo-rene Zeit wäre, es aufzuzeigen!“ Alles, was die gesellschaftliche Einheit zerbricht, taugt nichts.

    4 Johannes Willms: Napoleon. Eine Biographie, München 2005, S. 13.5 Vgl. Berthold Vallentin: Napoleon, Leipzig/Berlin 1998, S. 293 ff.6 Zit. n. Berthold Vallentin: Napoleon, Leipzig/Berlin 1998, S. 294.7 Willms: Napoleon, S. 14.8 Napoleon Bonaparte: Memoiren seines Lebens, Bd. 1, S. 37.9 Emmanuel Las Cases: Mémorial des Sainte Hélène, ou, journal où se trouve consigné: jour par jour, ce qu`a dit

    et fait Napoléon Durant dix-huit mois, 8 Bde., Paris 1823; Dt.: Napoleon I. Tagebuch von St. Helena, 2 Bde., Leipzig 1899, S. 323.

    10 Margot Lührs: Napoleons Stellung zu Religion und Kirche, in: Historische Studien 359 (1939), S. 12.

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    Alle Einrichtungen, die den Menschen in Widerspruch mit sich selber setzen, taugen nichts. Da dieser Grundsatz unbestreitbar ist, kann sie Herr Roustan nicht zerstören, er leugnet aber, daß er auch auf die reformierten Religionen zutrifft. Für die römische Religion liegt es klar auf der Hand, daß sie die Einheit des Staates sprengt.11

    In dieser Schrift stellte sich der 17-jährige Napoleon zum ersten Mal gegen die „staats-zerstörende Funktion“ des römischen Katholizismus, welche für ihn in der Doktrin und Geschichte des Christentums fest verankert war. Laut Napoleon wendet sich der Katholizis-mus „gegen das Grundgesetz der gesellschaftlichen Ordnung, die Grundlage der Regierung, denn es setzt an Stelle des allgemeinen Willens, das die Souveränität bildet, sein besonderes Vertrauen.“12 Er sieht in der katholischen Kirche eine schlechte Patriotin, die die Einheit des Staates gefährdet, und begründet dies ganz im Rousseauschen Sinne:

    […] das Unangenehme bei der Verteidigung, die das Evangelium aufstellt, ist im christli-chen Staate so gefährlich, daß es völlig die gesellschaftliche Einigkeit stört, weil die Diener des Gesetzes und die Diener der Kirche nicht die gleichen sind. Die Geistlichen bezwecken gerade damit, daß sie sich an bestimmte Regeln halten, ein Zuwiderhandeln der Befehle des Herrschers. […] Ihr fühlt also, daß sie auf den Staat mehr Einfluß ausüben als die Diener des Gesetzes. Und ist diese Körperschaft nicht überhaupt vom Staate unabhän-gig? Gewiß, weil sie nicht den gleichen Grundsätzen unterworfen ist. Sieht man sie das Vaterland verteidigen, die Gesetze, die Freiheit? Nein! Ihr Reich ist nicht von dieser Welt. Sie ist also niemals Bürger…13

    Indirekt forderte Napoleon bereits in jungen Jahren die Subordination der katholischen Kirche unter den Staat, da die auf das Jenseits gerichteten Tendenzen der Kirche sich nicht mit den diesseitigen Bestrebungen des bürgerlichen Regimes vereinigen lassen würden. Eine Ansicht, die sich nicht wesentlich ändern sollte.

    Seiner offensichtlichen Zurückhaltung gegenüber der katholischen Kirche zum Trotz ist Napoleon das Verständnis für religiöse Dinge aber niemals abhanden gekommen.14 Seine Religiosität ist eng verwachsen mit seinem Sinn für Tradition und mit der eigenen Sozia-lisation. Für Napoleon ist es in Anbetracht der Existenz mehrerer Religionen, von denen jede den Anspruch erhebt, die einzig wahre zu sein, nur folgerichtig, dass die Abstammung über die Glaubenszugehörigkeit entscheidet: „Wenn eine Religion vom Beginn der Welt an bestanden hätte, würde ich denken, daß sie die Wahrheit sei. Aber wie nun einmal die Dinge liegen, denke ich, daß jeder die Religion behalten muß, in der er aufgezogen ist, die seiner Väter“.15 Bedingt durch seine Herkunft und Jugend sieht sich Napoleon augenscheinlich dem Katholizismus verpflichtet, ohne für diesen vorbehaltslos einstehen zu müssen.

    Entgegen dieser traditionellen Einstellung zum Christentum äußert sich des Öfteren das aufklärerische Element seines Charakters und seine Kritikfähigkeit gegenüber der katholi-schen Kirche:

    11 Napoleon Bonaparte: Memoiren seines Lebens, Bd. 1, S. 65.12 Ebd.13 Ebd., S. 66.14 Lührs: Religion und Kirche, S. 13.15 Zit. n. Lührs: Napoleons Stellung, S. 13.

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    Meine Meinung steht fest: Ich glaube nicht, daß Jesus jemals existiert hat, und ich würde an die christliche Religion glauben, wenn Sie von Anbeginn der Welt an da gewesen wäre. Aber so wäre ja Sokrates zu ewiger Verdammnis verurteilt, desgleichen Platon, die Mohammedaner, die Engländer – und das wäre zu albern. Jesus wird gehängt worden sein, wie viele Fanatiker vor ihm, die den Propheten, den Messias spielen wollten.16

    Den Aussagen Napoleons ist eindeutig zu entnehmen, dass er besonders die episodisch kurze Existenz und den Exklusivitätsanspruch des Christentums als Grund für seinen feh-lenden Glauben anführt. Er konnte nicht glauben, dass Gott ganze Völker, ältere Kulturen und antike Philosophen von seinem Heilsplan ausgeschlossen haben könnte. Genau für viele dieser Philosophen und Kulturen, so bezeugen es die Quellen, hegte Napoleon von frü-hester Jugend bis an sein Lebensende tiefste Bewunderung. Besonders die Mathematik und Philosophie, deren Ursprünge in den vorchristlichen Zeitaltern begründet liegen, waren die Interessensschwerpunkte des jungen Napoleon.17 Am 18. Mai 1817 leitete Napoleon in einem Gespräch mit General Gourgaud die Etablierung des Christentums in Europa auf die Moral des Sokrates zurück.18 Vor dem Hintergrund dieser Auslegung der christlichen Genesis erklärt sich zugleich seine ablehnende Haltung gegenüber dem Exklusivitätsan-spruch des Christentums.

    Napoleon in Ägypten – Napoleon ein Konvertit?

    Im Folgenden sollen in Form einer thematischen Abhandlung einige wichtige Ereignisse während der Zeit seiner Regentschaft herausgegriffen werden, die Aufschlüsse über Napole-ons individuelle Religiosität liefern. Dabei muss stets zwischen den Geschehnissen, die dem machtpolitischen Kalkül Napoleons geschuldet sind, und jenen, die sich auf den individuel-len Glauben gründen, unterschieden werden. Dementsprechend erhalten private Episoden und Zeugnisse eine unweit höhere Gewichtung als beispielsweise die machtpolitischen Interessen hinter den Konkordatsverhandlungen.

    Als Argument für die religiöse Gleichgültigkeit Napoleons wird häufig angeführt, dass er während der ägyptischen Expedition von 1798 bis 1801 die Absicht gehabt habe, zum Islam überzutreten.19 Entfacht wurden diese Spekulationen, die in der historischen Forschung fast überall anzutreffen sind, durch Selbstzeugnisse Napoleons, welche vermutlich von frommen Mitmenschen überhöht dargestellt und oftmals aus dem Kontext gerissen wurden. Nach Gourgaud soll Napoleon Mohammeds Religion dem Christentum vorgezogen haben, da sie „weniger lächerlich [sei] als die unsrige.“20

    Berthold Vallentin erklärt diese Absicht mit dem Naturell Napoleons und sieht sie ferner als ein Ergebnis seiner geistigen Entwicklung:21

    So ist ihm selbst, der seiner Natur nach Dasein nur unmittelbar in seinen Ursprungs-formen aufzunehmen und in seiner endgültigen Weite zu umfassen drängt, Gott nur in

    16 Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 328.17 Vgl. Napoleon Bonaparte: Memoiren seines Lebens, S. 129 ff.18 Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 326.19 Lührs: Napoleons Stellung, S. 21.20 Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 330.21 Vallentin: Napoleon, S. 287.

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    jener primären Gefühlsgegenwart, nicht aber als Erscheinung vereinzelter Glaubensform, unantastbarer Besitz seines Inneren.22

    Diese Auffassung ist gleichzeitig das Fundament seiner religiösen Toleranz, da er nur das Göttliche schlechthin als Gegebenheit naturhafter Anlage angesehen hat. So bekannte sich Napoleon während der Konkordatsverhandlungen explizit dazu, eben von jener Inspiration getragen worden zu sein: „Man wird behaupten, dass ich Papist bin, ich bin gar nichts; ich war in Ägypten Mohammedaner, ich werde hier zum Wohle des Volkes Katholik sein, aber die Idee eines Gottes – und er hob die Hände gegen den Himmel – wer hat alles dies gemacht?“23

    Hier zeigt sich deutlich, wie schwer es ist, die politische von der persönlichen Sphäre zu trennen. Der Historiker muss sich stets der Tatsache bewusst sein, dass er einen Kom-promiss eingeht, wenn er darstellend komplexe Sachverhalte separieren möchte. In jedem Fall ist eine derartige Aussage mit einer katholischen Glaubensüberzeugung nicht vereinbar.Anhand seiner Koran-Studien und intensiven Beschäftigung mit den religiösen Gebräuchen Ägyptens lassen sich wertvolle Erkenntnisse über den individuellen Napoleons Glauben ableiten.24 Dieses Interesse an der islamischen und ägyptischen Historie und Kultur wurde Napoleon oftmals als Verrat am Christentum ausgelegt. Margot Lührs weist zu Recht darauf hin, dass ihn vermutlich eine „knabenhafte Entdeckerfreude“ beseelte, sein Lebensziel noch keine festen Formen angenommen hatte und er darüber hinaus etwas „europamüde“ gewesen sei.25 So war die ägyptische Expedition auch nicht rein militärisch angelegt, sondern diente ferner dem Zweck der kulturhistorischen Erforschung des Landes.

    Seine Faszination für die mohammedanische Religion ist ebenfalls ein Ausdruck seines individualistischen und komplexen Geistes. Rückschlüsse über seine Religiosität lassen sich insofern ziehen, als dass seine Bindung zum Katholizismus gegenüber dem kulturhistori-schen Interesse eine untergeordnete Rolle gespielt haben musste. Den staatsmännischen Pragmatismus und somit die wahren Ursachen seiner angeblichen Konversion legt Napo-leon selbst in seiner Autobiographie dar, die den Vorwurf einer beabsichtigten Bekehrung stark entkräftet: „Eroberer müssen den Mechanismus aller Religionen kennen und über alle zu sprechen wissen; sie müssen in Ägypten Muselmänner, in Frankreich Katholiken zu sein verstehen: und zwar Protektoren der betreffenden Religion.“26

    Die temporäre Zuneigung zu einer fremden Religion ist primär seiner staatsmännischen Auffassung geschuldet und weniger der Ausdruck eines persönlichen Empfindens. Napo-leon wurde diesbezüglich stets von pragmatischen Erwägungen geleitet, die jedoch gewiss mit einer tiefen religiösen Toleranz einhergingen. Wenn Napoleon behauptet, dass „jede Person in der Kirche desjenigen Kultes beigesetzt werden [muss], zu dem sie sich bekannt hat“,27 sind dies keine leeren Worte, sondern der Hinweis auf die unabänderliche Verwurze-lung des Menschen im angestammten Glauben. Deshalb kann man nicht davon ausgehen, dass Napoleon ernsthaft in Erwägung gezogen hat, den islamischen Glauben anzunehmen. Neben der Frage nach seinem individuellen Verhältnis zum Islam entnimmt Margot Lührs

    22 Vallentin: Napoleon, S. 286 ff.23 Zit. n. Vallentin: Napoleon, S. 290.24 Lührs: Napoleons Stellung, S. 21.25 Ebd.26 Napoleon Bonaparte: Ich, der Kaiser, übers. v. Heinrich Conrad, Wiesbaden 2003, S. 62.27 Zit. n. Vallentin: Napoleon, S. 295.

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    dieser Episode seines Lebens eine weitaus wichtigere Erkenntnis, nämlich dass Napoleon augenscheinlich an eine höhere Macht geglaubt haben musste.28 Dieser höhere Gottglaube kann bei Napoleon schwerlich geleugnet werden und zeigt sich auch in seiner tiefen Tole-ranz gegenüber den religiösen Gepflogenheiten der einheimischen Bevölkerung in Ägypten.

    Die Ächtung des Atheismus

    Den Glauben an eine höhere Macht und somit auch die Ablehnung atheistischer Gedanken beglaubigt eine weitere Episode seines Lebens, in der sich Napoleon ausdrücklich gegen den Atheismus gewendet hat. So beauftragte er im Jahr 1805, wenige Tage nach der Schlacht bei Austerlitz, seinen Innenminister, dass dieser den französischen Mathematiker und Astrono-men Joseph Jérome de Lalande daran hindern solle, weiterhin Schriften gegen das Dasein Gottes zu publizieren: „Mit einem schmerzlichen Gefühl vernehme ich, dass ein Mitglied des Instituts öffentlich den Atheismus predigt, ein System, das jede gesellschaftliche Organi-sation zerstört, das den Menschen all seiner Tröstungen und Hoffnungen beraubt.“29

    Berthold Vallentin glaubt unter anderem, in diesen Gedanken die wahren Befürchtun-gen Napoleons erkannt zu haben, welche vielmehr in der absoluten Glaubenslosigkeit des Volkes, als im Überschwang religiösen Glaubens lagen: „Nicht der Fanatismus, – der Athe-ismus ist die Krankheit, die heute zu fürchten ist“30, soll Napoleon in einer Staatsratssitzung von 1806 geäußert haben. Die Anhänger solcher und anderer gottesleugnerischer Denksy-steme begegneten an seinem Hof nachweisbar Ablehnung. Jene intellektuellen Gelehrten, die offenkundig die Existenz Gottes leugneten, hat er wiederholt in heftigen Wortgefechten über die letzten Fragen des Glaubens herausgefordert, immer gewiss – wie er sich rühmte – jeden ihrer Beweisgründe gegen das Dasein Gottes widerlegen zu können.31 Diese Ausein-andersetzungen verdeutlichen, dass die Anerkennung Gottes für Napoleon nicht nur eine Frage der staatlichen Politik war, sondern vor allem ein persönliches Anliegen. Der erwähnte Gefühlsdrang steht noch vor dem energischen staatlichen Handeln wie im Fall von Lalande. Dies ist also ein Fall, in dem der individuelle Glaube Napoleons über der staatsmännischen Intention steht bzw. deren Triebfeder darstellt. Auch aus der Retrospektive mehr als ein Jahrzehnt später bestätigte Napoleon seine Ansichten über den Atheismus und seine Abnei-gung gegenüber diesem:

    Der Kaiser war weit davon entfernt, Atheist zu sein. Trotz aller Betrügereien und Sittenver-derbnis der Diener der Kirche, die beständig predigen, daß ihr Reich nicht von dieser Welt sei und dennoch alles an sich reißen, was sie erreichen können, tat Napoleon von dem Augen-blicke an, wo er an der Spitze der Regierung stand, alles, was in seinen Kräften stand, um die Religion wiederherzustellen.32

    Napoleon konnte sich den Atheismus intellektueller Zeitgenossen nur durch deren Jugend und daher durch die revolutionäre Schule erklären. Eine Leugnung der Existenz Gottes aus Sicht eines gebildeten Menschen schien für ihn zeitlebens außerhalb der Vorstellungskraft zu liegen:

    28 Lührs: Napoleons Stellung, S. 22.29 Zit. n. Vallentin: Napoleon, S. 288.30 Ebd.31 Ebd., S. 289.32 Napoleon Bonaparte, Ich der Kaiser, S. 60.

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    Es ist dem Kaiser stets unbegreiflich gewesen, daß so hervorragende und gelehrte Männer wie Laplace, Monge und Berthollet nicht an das Dasein Gottes glaubten; er konnte sich ihren Materialismus nur dadurch erklären, daß ihre Jugendeindrücke zum Teil haftenge-blieben waren. Voltaires und Diderots Schule hat viel Unheil angerichtet.33

    Anhand dieser Aussage lässt sich erkennen, dass Napoleon dem individuellen Glauben einen Entwicklungsprozess zugrunde legt, der sich auch exemplarisch an ihm feststellen lässt. Die Jugend verknüpft Napoleon mit dem ersten Aufbegehren gegen die eigene Erziehung und gegen die verkrusteten religiösen Verhältnisse des Staates. Darauf folgt das intensive, geschichtlich-wissenschaftliche Interesse an der Religion, ehe am Ende des Lebens ein Wandel zur Frömmigkeit festzustellen ist: „Wie mancher prahlt nicht sein Leben lang mit seinem Unglauben; wenn er aber den Tod herannahen fühlt, dann sucht er bei der Religion sehnlichst die Hoffnung auf ein Jenseits.“34 Ob diese Wandlung, die sich bereits an seinem Vater feststellen ließ, ebenfalls die letzten Jahre Napoleons kennzeichnete, wird weiter unten noch intensiv untersucht werden.

    Napoleons Privatleben: Rückschlüsse auf den Glauben

    Im Folgenden wird der Blick auf das Privatleben Napoleons und hier besonders auf seine beiden Ehen mit Joséphine de Beauharnais und Marie-Luise von Österreich gerichtet. Als überaus wichtige Quelle erscheinen in diesem Zusammenhang die Memoiren der ersten Palastdame von Marie-Luise, Sophie Durand, die wie kein anderer Zeitzeuge einen Einblick in Napoleons Scheidung von Joséphine und auch in die folgende Trauung mit Marie-Luise gewährt.

    Frau Durand erklärt Napoleons Wunsch nach einer Scheidung von Joséphine damit, dass er der einzige in der Familie gewesen sei, dessen Ehe kinderlos geblieben ist.35 Folgen wir den Aufzeichnungen Durands, dann war sich Napoleon der Tragweite einer möglichen Scheidung im Hinblick auf die religiösen Maßstäbe des Volkes bewusst und soll sie daher explizit gescheut haben. Dementsprechend ließ Napoleon bereits im ersten Jahr nach der Kaiserkrönung „unter der Hand das Gerücht davon [einer möglichen Scheidung] im Volk verbreiten, um die öffentliche Meinung über diesen ebenso wichtigen wie delikaten Punkt zu sondieren.“36

    Die Skepsis Napoleons, die Frau Durand ihm im Hinblick auf die Ehescheidung unter-stellte, wird von dem Kammerherrn des Papstes, Engelbert Lorenz Fischer, nicht geteilt, der Napoleon einen äußerst kühlen Pragmatismus bescheinigte. Demzufolge soll Napo-leon bereits vor der kirchlichen Trauung gewusst haben, dass die Eheschließung nicht dem katholischen Kirchenrecht entsprach und somit von Anfang an ungültig gewesen war.37 Nach der ausdrücklichen Vorschrift des Konzils von Trient des 16. Jahrhunderts musste die Trauung vor einem rechtmäßigen Pfarrer (parochus proprius) in der Gegenwart zweier Zeugen geschehen.38 Kardinal Fesch, der die kirchliche Trauung leitete, war jedoch kein „parochus proprius“, da er weder der rechtmäßige Pfarrer des Kaisers oder der Kaiserin

    33 Napoleon Bonaparte, Ich der Kaiser, S. 60.34 Ebd.35 Sophie Durand: Mémoires sur Napoléon et Marie-Louise, 1810–1814, Paris 1886; Dt.: Napoleon und Marie

    Luise 1810–1815. Memoiren der Generalin Durand, Bd. 4: Napoleon und sein Hof, hg. v. Adolph Ebeling, Köln/Leipzig 1887, S. 3.

    36 Ebd., S. 3ff.37 Engelbert Lorenz Fischer: Napoleon I., dessen Lebens- und Charakterbild, Leipzig 1904, S. 58.38 Ebd.

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    war, noch eine Vollmacht von diesen erhielt.39 Die entscheidende Relevanz für die vorlie-gende Arbeit ergibt sich aus dem Vorwurf Fischers, dieser Formfehler sei Napoleon nicht unbekannt gewesen, und er habe somit die kirchliche Trauung als Farce genutzt, um die Kaiserin und auch das Volk zufriedenzustellen. Auf diesen Formfehler stützte sich Napo-leon nun, als er die Ehe mit Joséphine annullieren wollte. Dies bedeutete wiederum, dass die Krönung eines Kaiserpaares auf der bloßen Grundlage einer Zivilehe erfolgt ist, die seit dem Jahr 1796 und zudem mit dem Segen des Papstes bestanden hat.40 Das Pariser Ehege-richt folgte den Argumenten Napoleons und erklärte die kirchliche Trauung für ungültig.41 Dieser offensichtliche Widerspruch zwischen Frau Durand und Engelbert Fischer relativiert sich vor dem Hintergrund, dass Sophie Durand aller Wahrscheinlichkeit nach nicht so in den Formalitäten des katholischen Eheschließungsrechts bewandert gewesen sein dürfte wie ein Kammerherr des Papstes.

    Versucht man, aus dieser Periode Rückschlüsse auf die Religiosität Napoleons zu ziehen, fällt unweigerlich auf, dass er die christlichen Formalitäten persönlich verschmähte und aus reinem Opportunismus an diesen festhielt. Napoleon hielt, wie Margot Lührs sagt, an dem Kern der Religion fest, „ohne zu übersehen, was Menschenhand hinzugetan hatte“42, das ist in Verbindung mit verschiedenen Selbstzeugnissen43 Napoleons eindeutig zu verifi-zieren. Lührs attestiert Napoleon ferner, den Dogmen der Kirche reserviert und ungläubig gegenübergestanden zu haben, wodurch sich auch seine Abneigung gegenüber kirchlichen Riten erklären lässt.44 Die weitaus wichtigere Frage ist aber, ob diese Tatsache ein Indiz für die fehlende Frömmigkeit Napoleons darstellt oder ob sie, ähnlich wie in Ägypten, seinem staatsmännischen Pragmatismus geschuldet ist. In Anbetracht dessen, dass er der kirchli-chen Trauung nur unter dem ausdrücklichen Wunsch Joséphines zugestimmt hat und diese noch dazu erst in der Nacht vor der Kaiserkrönung vollzogen wurde,45 um eine bessere Außendarstellung der Krönungszeremonie zu erreichen, lässt sich ein Übergewicht oppor-tunistischer Gedanken gegenüber religiöser Empfindsamkeit schwerlich leugnen. Berthold Vallentin mag Recht haben, wenn er Napoleons Abneigung gegenüber der kirchlichen Ein-segnung durch sein instinktives Widerstreben gegenüber solchen Zeremonien begründete, wodurch die Auffassung von Lührs bestätigt wird.46

    Auch wenn die kirchliche Trauung mit Joséphine letztendlich wegen geringfügiger Formfehler für ungültig erklärt wurde, ist es dennoch möglich, Rückschlüsse auf Napoleons Religiosität zu ziehen, wenn er sich am 02. April 1810 zum zweiten Mal für eine kirchliche Trauung, diesmal mit Marie-Luise, entschied.47 Auch wenn das Ehegelöbnis formal ungültig war, könnte ein tief gläubiger Mensch weder die Scheidung, noch die zweite Eheschließung mit seinem Gewissen vereinbaren. Das Quellenmaterial erlaubt jedoch nur, das Fazit zu ziehen, dass er im Zuge der Scheidung einzig die öffentliche Meinung fürchtete und des-wegen so sehr auf die Rechtmäßigkeit der Scheidung bzw. auf die Unrechtmäßigkeit der

    39 Engelbert Lorenz Fischer: Napoleon I., dessen Lebens- und Charakterbild, Leipzig 1904, S. 58.40 Ebd.41 Ebd., S. 59.42 Lührs: Religion und Kirche, S. 15.43 Vgl. Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 330.44 Lührs: Napoleons Stellung, S. 15.45 Fischer: Napoleon I., S. 57 ff.46 Vallentin: Napoleon, S. 300.47 Durand: Napoleon und Marie Luise, S. 17.

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    kirchlichen Trauung Wert legte. Ein weiteres wichtiges Ereignis im Zusammenhang mit der zweiten Eheschließung schildert Napoleon in seiner Autobiographie, welche der Forschung zwar wenige, dafür umso bedeutendere Details in Bezug auf seine Religiosität liefert:

    Nach seiner Verheiratung mit Marie-Luise bot man alles auf, um den Kaiser zu bewegen, sich nach Art der französischen Könige mit großem Pomp in die Kirche Notre-Dame zu begeben, um dort öffentlich zu beichten. Er weigerte sich dessen auf das entschiedenste, denn einerseits war er zu wenig gläubig, als daß er von einer Beichte Segen zu ernten erhoffte, andererseits war er doch zu guter Christ, um kalten Herzens einen gottlosen Frevel zu begehen.48

    Vergleicht man dieses Selbstbekenntnis Napoleons in Bezug auf seine religiöse Einstel-lung mit der oben erwähnten Episode, so fallen doch enorme Widersprüche zwischen dem theoretischen Anspruch und dem praktischen Handeln auf. Er erklärte die Ablehnung der Beichte einerseits durch seinen fehlenden Glauben und andererseits durch Hemmungen, diesen ansonsten vortäuschen zu müssen. Folgt man jedoch den Behauptungen Gourgauds, dann soll sich Napoleon mehrfach über die Beichtzeremonie lustig gemacht haben49 und noch viel wichtiger, den vermeintlich wichtigsten Grund seiner Ablehnung genannt haben. So fürchtete Napoleon vielmehr die Verletzung des Beichtgeheimnisses durch den Pfarrer.50 Auch in dieser Hinsicht kommt der staatsmännische Charakter Napoleons stärker zum Vor-schein als sein individueller Glaube. Im Jahr 1810 war Napoleon auf der Höhe seiner Macht angelangt, parallel dazu erkannte er augenscheinlich keine Notwendigkeit, durch ein unnö-tiges Risiko seinen Nimbus zu gefährden.

    Diese These wird eindrucksvoll durch seine Weigerung gegenüber der Kommunion gestützt, da dieser die Beichte vorangegangen wäre. Die folgende Aussage Napoleons bringt seine Intention und seine Einstellung gegenüber der Beichte eindrucksvoll zum Vorschein:

    Wie hätte ich die Unabhängigkeit meines Denkens und Handelns unter dem Einfluß eines Beichtvaters bewahren können, der mich durch die Ängste der Hölle beherrscht hätte. Welche Macht kann in dieser Stellung nicht ein Schurke, der dümmste Mensch über die Lenker der Völker ausüben.51

    Der Selbstmordversuch von 1814

    Eine weitere relevante Episode seines Lebens stellt der in der Forschung oftmals vernach-lässigte Selbstmordversuch Napoleons im April 1814 dar. Am informativsten erscheint in diesem Zusammenhang der Bericht von Armand de Caulaincourt, Herzog von Viczenza und Großstallmeister des Kaisers, der unmittelbar bei dem Todeskampf Napoleons zugegen war.52 Im Folgenden soll weniger ein Rekonstruktionsversuch der Hintergründe oder des Leidenskampfes unternommen werden, als vielmehr der Beschluss zum Freitod themenspe-zifisch untersucht werden. Ähnlich den meisten zum Selbstmord entschlossenen Menschen,

    48 Napoleon Bonaparte: Ich, der Kaiser, S. 59.49 Vgl. Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 330.50 Ebd., S. 335.51 Zit. n. Lührs: Napoleons Stellung, S. 16.52 Armande Caulaincourt: Souvenirs. Recueillis et publiés par Charlotte de Sor, 2 Bde., Bruxelles 1837; Dt.: Unter

    vier Augen mit Napoleon, Denkwürdigkeiten des Generals Caulaincourt, hg. u. übers. v. Friedrich Matthaesius, Stuttgart 1956.

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    befand sich Napoleon Anfang 1814 in einer tief depressiven Stimmung.53 Caulaincourt schildert eindrucksvoll den Todeskampf Napoleons, während dessen Verlauf er ihn mehr-mals aufforderte ihm eine höhere Dosis des Giftes zu verabreichen,54 da die erste nicht die gewünschte Wirkung erzielt hatte. Dieser letztendlich gescheiterte Selbstmordversuch Napo-leons lässt bedeutsame Rückschlüsse auf Napoleons Religiosität zu, da der Selbstmord in den theologischen Grundsätzen des Christentums als schwere Sünde gilt. Der Ansatz der Theo-logen basiert darauf, dass sich der potenzielle Selbstmörder das Recht über Leben und Tod anmaßt und somit die Prokura Gottes hintergeht. Bereits Aurelius Augustinus verurteilte den Selbstmord als einen Verstoß gegen das fünfte Gebot Gottes und somit auch als Missachtung der heiligsten kirchlichen Doktrin.55 In gleicher Weise argumentierte Thomas von Aquin, der im Selbstmord eine Verletzung der Trias der Pflichten des Menschen sieht,56 nicht nur gegen-über Gott, sondern auch gegenüber dem Naturgesetz und der Gemeinschaft.57

    Dessen ungeachtet beschäftigte sich Napoleon auf Sankt Helena intensiv mit einer mög-lichen Rechtfertigung des Selbstmordes und fertigte zu diesem Zweck eigens einen Aufsatz über diese Thematik an.58 In diesem räumte er dem Menschen das Recht zum Selbstmord ein, „sobald sein Tod niemanden ein Unrecht zufügt und das Leben ein Übel für ihn ist. Das Leben gestaltet sich für den Menschen ausschließlich dann als Übel, sobald es ihm nur noch Qualen und Mühen bietet.“59 In gleicher Weise rechtfertigte Napoleon die Einnahme des Giftes gegenüber Caulaincourt: „Als guter Freund sollten Sie mir all die Leiden ersparen, die sich aus einer Verlängerung meines Daseins ergeben.“60

    Während die Theologen das menschliche Leben jedoch im Rahmen des göttlichen Heilsplans sehen, kritisiert Napoleon im weiteren Verlauf des Aufsatzes einzig den fehlenden Verstand des Selbstmörders, da der Mensch erst im Augenblick seiner Todesstunde den Beweis erhält, ob sein Leben ausschließlich aus Unglück und Leiden bestand.61 Mit dieser Ansicht reiht sich Napoleon gleichsam in eine Bewegung ein, die – ausgehend von der Französischen Revolution – einen Ausweg aus der religiösen Unmündigkeit des Menschen forderte.

    Napoleon näherte sich, wie des Öfteren zu erkennen, theologischen Problemen aus einer empirisch-psychologischen Betrachtungsweise an. Wenn er behauptet, „dass ein Mensch, der unter dem Druck des gegenwärtigen Unglücks sich das Leben nimmt, […] ein Unrecht an sich selbst [begeht],“62 dann rüttelt er gleichsam an den Grundfesten der theologischen Auslegung, da diese hauptsächlich ein Unrecht an Gott und dessen Heilsplan erkennt. Erstaunlich ist jedoch, dass Napoleon im Zuge der Beschäftigung mit dem Selbstmord seinen eigenen Selbstmordversuch von 1814 komplett verschwiegen hat. Er geht weder in diesem Aufsatz darauf ein, noch erwähnt er ihn in seinen zahlreichen Gesprächen auf Sankt Helena, wo er sich plötzlich mit folgenden Worten gegenüber Gaspard Gourgaud äußerte:

    53 Armande Caulaincourt: Souvenirs, S. 308 ff.54 Ebd., S. 336 ff.55 Aurelius Augustinus: 1. Buch, 20. Kapitel, in: Vom Gottesstaat (De civitate dei), München 2007.56 Thomas von Aquin: Summa Theologica; Dt.: Recht und Gerechtigkeit, hg. v. Albertus-Magnus-Akademie

    Walberberg bei Köln, Heidelberg, München 1953, Bd. 18.57 Ebd., S. 63 ff.58 Napoleon Bonaparte: Über den Selbstmord, In: Hans Landsberg (Hg.): Schriften und Gespräche, Berlin

    1912, S. 38–39.59 Ebd., S. 38.60 Caulaincourt: Unter vier Augen, S. 342.61 Napoleon Bonaparte: Über den Selbstmord, S. 38.62 Ebd.

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    „Der Selbstmord ist eine Feigheit. Bei den Engländern kommt Selbstmord oft vor; die Sucht ist dort eine Krankheit, die durch ihr feuchtes Klima veranlaßt wird.“63 Diese heftige Ver-urteilung des Selbstmordes ist jedoch adversativ zu den kirchlichen Vorstellungen ausgelegt. Er sieht in ihm vielmehr einen tiefenpsychologischen Makel des Menschen als eine Sünde gegenüber Gott. Die Antinomie seiner Ansichten über den Selbstmord treibt Napoleon jedoch erst dann auf den Höhepunkt, als er diesen nicht mehr nur verschweigt, sondern bewusst leugnet:

    Wie viel zu hoffen hätte ich nicht das Recht, ich, der eine so außerordentlich, so stürmische Laufbahn zurückgelegt, ohne ein einziges Verbrechen zu begehen! […] Ich kann vor den Richterstuhl Gottes treten, ich kann ohne Furcht sein Urteil erwarten. Der Gedanke an Mord oder Vergiftung, an ungerechte, vorausberechnete Tötung, der in Lagen, die der meini-gen gleichen, so gewöhnlich ist, hat nie mein Inneres beschlichen.64

    Durch diesen deutlichen Antagonismus zu den Schilderungen Caulaincourts muss dessen Quellenwert hinterfragt werden, um der Gefahr einer Vorverurteilung Napoleons zu entgehen. Betrachtet man die Memoiren Caulaincourts, gilt es jedoch als sehr unwahr-scheinlich, dass diese Ereignisse seiner Imagination geschuldet sind, zumal ferner kein Motiv dafür vorhanden war. Die Beziehungen zu Napoleon lobt er ausdrücklich und es sind weiter keine Anzeichen einer Rivalität oder Feindschaft vorhanden. Als wichtigstes Indiz für Caulaincourts Authentizität kann der Detailreichtum seiner Schilderungen genannt werden. Die namentliche Nennung von Zeugen, vom Ort und Geschehen, der detaillierte Abriss des Todeskampfes, der Bericht von Napoleons Äußerungen und sogar die Angabe des genauen Giftes65 erscheinen doch zu komplex und begründet, als dass sie frei erfunden sein könnten. Darüber hinaus bestätigen auch Gaspard de Gourgaud und Charles-Tristan de Montholon, der Generaladjutant Napoleons, dessen Selbstmordver-such von 1814.66

    Dieser Umstand wirft unweigerlich die Frage auf, weshalb Napoleon seinen Selbst-mordversuch bewusst verschweigen wollte. Da der Raum für Spekulationen in dieser Frage sehr groß ist, lässt sich nur vermuten, er habe sich diese Charakterschwäche67 nicht zugestehen wollen oder seine Einstellung gegenüber dem Selbstmord habe sich im Laufe der Zeit geändert. Vermutlich liegen die wahren Motive in der Mitte beider Denkansätze. Sein Anspruch nach einem vernunftgeleiteten Charakter konnte mit seinem Selbstmordversuch nicht in Einklang gebracht werden. Er greift jedoch bewusst die Theorie eines strafenden Gottes auf und ist darum bemüht, sich seiner menschlichen Fehler zu entledigen – der Verdacht eines möglichen Wandels liegt also recht nahe.Festzuhalten bleibt jedoch, dass Napoleon mit seinem Selbstmordversuch gegen die Grundmaximen der christlichen Religion verstoßen hat. Folgt man dem Theologen Johann Friedrich Teller in seiner „Vernunft- und schriftmäßigen Abhandlung über den

    63 Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 334.64 Zit. n. Fischer: Napoleon I., S. 203.65 Caulaincourt: Unter vier Augen, S. 335.66 Vgl. Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 334; Charles-Tristan Montholon: Récits de la

    captivité de l`empereur Napoléon à Sainte-Hélène, 2 Bde., Paris 1847; Dt.: Geschichte der Gefangenschaft Napoleons auf St. Helena, übers. v. August Dietzmann, Leipzig 1846, S. 230 ff.

    67 Auf Sankt Helena verknüpfte Napoleon den Entschluss zum Selbstmord mit Charakterschwäche und Feigheit des Individuums. Vgl. Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 334.

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    Selbstmord“ von 1776,68 dann schließt der Selbstmord und der Selbstmordversuch ein christliches Empfinden des Selbstmörders kategorisch aus: „Wenn ein Christ sein Leben lassen will, so gehört dazu, daß es von ihm gefordert werde, und daß derjenige, der es fordert, auch das Recht über Leben und Tod habe.“69

    Die zeitgenössische Wertung des Selbstmordes soll hierbei als Kontextinformation verstanden werden. Viel wichtiger erscheinen das persönliche Urteil Napoleons und dessen Rückschlüsse auf seinen individuellen Glauben. Wie hierbei unschwer festzustel-len ist, kann der Selbstmordversuch Napoleons nur hypothetisch auf seine Religiosität übertragen werden, da der Forschung keine Selbstaussagen zur Verfügung stehen, die den religiösen Aspekt hinreichend erklären. Da es ferner keine Beweise dafür gibt, dass der Selbstmordversuch Napoleons einzig in der Imagination Caulaincourts stattgefunden hat, hinterlässt zumindest diese Episode den Eindruck, dass Napoleon die Rechtferti-gung für sein irdisches Tun vor einer höheren Macht fürchtete. Sein religiöser Glaube, das ist entscheidend, kann im Jahr 1814 nicht so tief verankert gewesen sein, wenn er die Verletzung wesentlicher Doktrinen des christlichen Glaubens zumindest billigend in Kauf genommen hat.

    Ausgewählte Memoiren zu Napoleons Religionsauffassung

    Napoleons Verbannung auf Sankt Helena leitete zweifellos die intensivste Auseinanderset-zung mit der Religion ein. Dort gründete Napoleon seine Hoffnung, die Unsterblichkeit seines Ruhmes zu festigen, indem er seine politischen, kulturellen und religiösen Ziele aus-führlich darlegte und verklärte. Um der Gefahr zu entgehen, Napoleons Religiosität aus einem einseitigen Blickwinkel und auf der bloßen Grundlage von Niederschriften auf Sankt Helena zu bewerten, soll im folgenden Kapitel eine repräsentative Auswahl an Memoi-ren getroffen werden, welche Auskünfte über seinen individuellen Glauben liefern. Diese Darstellungen müssen stets methodenkritisch hinterfragt werden, da sie ausschließlich auf Zeitzeugenberichten basieren, die sich nach dem jeweiligen Grad der Animosität des Verfas-ser richten. Wenn Johannes Willms Napoleon unterstellt „die Verbannung auf Sankt Helena als sein Martyrium zu apostrophieren“, um den „begonnenen Siegeszug der Französischen Revolution“ „wenigstens propagandistisch zum Erfolg führen“,70 dann wird die Tragweite der Gefahr der subjektiven Färbung durchaus sichtbar.

    Der treueste Wegbegleiter Napoleons auf Sankt Helena war gewiss der französische General Gaspard Gourgaud, dessen Memoiren zugleich mit denen von Emmanuel Las Cases, Charles Tristan Montholon und Henri Gratien Bertrand zu den wichtigsten Quellen des letzten Lebensabschnitts Napoleons zählen.71 Laut Gourgaud widerstrebte Napoleon bereits die heiligste Doktrin der christlichen Kirche, die Schöpfungsgeschichte Gottes. In einem der zahlreichen Gespräche soll sich Napoleon dazu bekannt haben, die menschliche Schöpfung auf das Wirken der Sonne zurückzuführen:

    Die Vorstellung, daß es einen Gott gibt, ist das einfachste: Wer hat dies alles gemacht? Da ist ein Schleier, den wir nicht lüften können, das geht über die Kräfte unserer Seele und

    68 Johann Teller: Vernunft- und schriftmäßigen Abhandlung über den Selbstmord, Leipzig 1776.69 Ebd., S. 54.70 Willms: Napoleon, S. 664.71 Ebd., S. 663.

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    über unser Verständnis hinaus. Es ist ein höherer Bereich! Die einfachste Vorstellung ist die Anbetung der Sonne, die alles befruchtet. Ich wiederhole: ich glaube, der Mensch ist daraus hervorgegangen, daß die Atmosphäre von der Sonne erwärmt wurde; nach Verlauf einer gewissen Zeit hat dann diese Schöpferkraft aufgehört, sich zu betätigen.72

    Wegen dieser und anderer Aussagen Gourgauds ist seine Glaubwürdigkeit jedoch stets zu hinterfragen. Vor dem Hintergrund der bisher gewonnenen Erkenntnisse erscheinen Ausdrücke wie: „Wenn ich eine Religion haben müßte, so würde ich die Sonne anbeten, denn sie befruchtet alles, sie ist der wahre Gott der Erde!“73 konträr und widersinnig. Fest steht, dass Napoleon nichts ferner lag, als die Existenz Gottes in seiner Ursprungsform zu leugnen. Die Antinomie der Aussagen Bonapartes ziehen sich wie ein roter Faden durch das Geschichtswerk Gourgauds. Bekennt sich der Kaiser heute zum Sonnenkult, erklärt er Gourgaud morgen, dass er ein gläubiger Katholik sei, während er sich übermorgen als Anhänger des ontologischen Materialismus präsentiert: „Ich weiß wohl, es widerspricht der Religion, aber es ist meine Meinung: Wir sind alle nur Materie.“74 In dem weiteren Gespräch erklärt Napoleon den Menschen, die ihn umgebende Welt und die in ihr ablaufenden Pro-zesse ohne geistige bzw. immaterielle Elemente, wie beispielsweise Gott, dessen Existenz er anschließend mit der Methodik der Naturwissenschaft zu widerlegen sucht.75 In gleicher Weise argumentiert er gegen das Dasein Jesu, den er gar als „Fanatiker“ bezeichnet, der das Volk verführt habe und somit in der Logik Napoleons eines gerechten Todes gestorben sei.76

    Methodenkritisch ist Napoleons General wesentlich schärfer zu hinterfragen als alle anderen Zeitgenossen. Durch seine Neigung zur Bigotterie77 beeinflusste Gourgaud die Gespräche mit Napoleon maßgeblich und die Inkonsequenz seiner Aussagen ist primär seinem Auf-fassungssinn geschuldet, der unkritischer nicht sein konnte. Sein Geschichtswerk erhält vielmehr den Charakter eines Protokolls und mangelt an Schlussfolgerungen bezüglich Napoleons Religiosität. Es bleibt somit der Forschung vorbehalten, die verwertbaren Aus-sagen zu filtern, die dennoch zahlreich vorhanden sind und besonders Napoleons religiöse Betätigung auf Sankt Helena bestätigen. So soll Napoleon beispielsweise intensiv die Bibel gelesen haben.78 Damit belegt Gourgaud wie kein anderer Zeitgenosse den Glaubenswandel Napoleons zum Ende seines Lebens hin.79

    Der Baron Agathon Jean François Fain, der zwischen 1806 und 1815 als Napoleons Geheimsekretär fungierte, sieht den individuellen Glauben des Kaisers im Kontext der zeitgenössischen modernen Philosophie.80 Analog zu Gorgaud bescheinigt er jenem eine tief verankerte religiöse Toleranz,81 da laut Napoleon „der Glaube nicht dem Zugriff des Gesetzes unterliegt. Er ist das am tiefsten wurzelnde persönliche Eigentum der Menschen;

    72 Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 321.73 Ebd., S. 323.74 Ebd., S. 322.75 Ebd.76 Ebd., S. 328.77 Vgl. Lührs: Napoleons Stellung, S. 16.78 Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 329.79 Da dieser Punkt im Laufe der Arbeit separat betrachtet werden wird, soll hier der Hinweis auf Gourgaud

    genügen.80 Agathon Fain: Mémoires, Avec une introduction et des notes par P. Fain, Paris 1908; Dt.: Neun Jahre Napoleons

    Sekretär, 1806–1815, hg. v. Ernst Klarwill, Berlin 1926, S. 207.81 Vgl. Gourgaud: Napoleons Gedanken und Erinnerungen, S. 327.

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    niemand hat das Recht, sie darüber zur Rechenschaft zu ziehen.“82 Darüber hinaus muss man dem Grafen Fain weit weniger Beachtung schenken, da er in nahezu apologetischer Weise die Charakterzüge Napoleons einseitig fälscht und für Kritik am Kaiser vollkommen unzugänglich ist.

    Weitaus kritischer und somit für die Quellenarbeit bedeutend relevanter erscheinen die Memoiren von Claire Elisabeth Jeanne de Rémusat.83 Frau von Rémusat wird für die Frage nach Napoleons individueller Religiosität dahingehend interessant, dass sie als Hofdame des Kaisers und Vertraute Joséphines einen sehr persönlichen Eindruck in die Gedanken-welt Napoleons und auch in das interne Hofzeremoniell gewinnen konnte. So erzählt sie, „dass die Geistlichkeit am Hofe Napoleon‘s ohne allen und jeden Einfluß“ gewesen sei.84 „Sonntags wurde in der Kapelle desjenigen Schlosses, wo sich der Hof gerade aufhielt, eine h. Messe gelesen, der auch der Kaiser fast immer beiwohnte und das war Alles.“85 Bereits an der Wortwahl und der indirekten Kritik lässt sich auch die intentionale Absicht von Frau Rémusat erkennen, die vollkommen konträr zu der des Grafen Fain ist. Ihre Memoiren sind fast ausnahmslos durch eine Denunziation des Kaisers gekennzeichnet, die vermut-lich gefördert wurde durch die bisweilen pietätlose Art, mit welcher der Kaiser Joséphine und den Grafen de Rémusat behandelte. Die von Margot Lührs vertretene Ansicht, dass Frau Rémusat Napoleon „jedes Gefühl für Religion abspricht“86, kann nach dem Studium ihrer Memoiren allerdings nur teilweise bestätigt werden. Zwar unterstellt sie Napoleon einen kühlen und berechnenden Pragmatismus gegenüber der Geistlichkeit und erklärt weiter, dass ihm die Priester „verhaßt“ gewesen seien,87 sie trennt jedoch stets sorgfältig zwischen Vertretern bzw. Institutionen der Kirche und Napoleons persönlichem Sinn für Religion. Bezüglich der Frage des individuellen Glaubens geht sie ausdrücklich nicht so weit, ihn als Atheisten zu charakterisieren.88 Sie unterstellt ihm ein äußerst reserviertes und teilweise provokantes Verhältnis zur Kirche, ohne ihm jedoch das Verständnis für religiöse Dinge abzusprechen. Die Aussage von Margot Lührs, dass Frau von Rémusat Napoleon das „Gefühl für Religion“ verwehrt, muss daher als historisch falsch eingestuft werden.

    Die Memoiren Frau Rémusats berichten nur über den Zeitraum von 1802 bis 1808, wodurch sich die erste Palastdame der Kaiserin Marie-Luise, Sophie Durand, veranlasst sah die Memoiren weiterzuführen.89 Ihre Memoiren sind in einem weitaus objektiveren Stil verfasst, da sie sich vornehmlich auf eine emotionslose Berichterstattung beschränkte. Dem Vorteil der hohen Authentizität und Professionalität steht jedoch gleichsam der Nachteil der fehlenden persönlich motivierten und somit der distanzierten Charakteristik Napole-ons gegenüber. Trotz alledem hält sie generell an der Einstufung Napoleons als in seiner Grundüberzeugung religiös, wenn auch nicht kirchentreu, fest. Sie spricht sogar ausdrück-lich davon, dass er die Religion „verehrte“ und „sie auch äußerlich in [seinen] Dienern verehrt wissen wollte“, dass aber „die Gesinnung weit weniger aus einer inneren moralischen

    82 Fain: Neun Jahre, S. 207.83 Claire Elisabeth Rémusat: Mémoires, 1802–1808, 3 Bde., Paris 1879–1880; Dt.: Im Schatten Napoleons, Aus

    den Erinnerungen, hg. v. Friedrich Frh. von Falkenhausen, Leipzig 1941, Bd. II.84 Ebd.85 Ebd., S. 412.86 Lührs: Napoleons Stellung, S. 16.87 Rémusat, Im Schatten Napoleons, Bd. II, S. 412.88 Ebd.89 Durand: Napoleon und Marie Luise.

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    Überzeugung entsprang, als vielmehr aus der Erkenntnis, daß man die Anarchie und alle sonstigen destruktiven Elemente in einem Staate nur durch die Religion wirksam bekämp-fen und niederhalten könne, und daß sie allein die beste und solideste Stütze, sowohl der Throne, wie eines jeden gesicherten Staatslebens sei.“90

    Folgt man dieser Einschätzung, dann erkannte Napoleon in dem Glauben des Volkes ein überaus wichtiges staatserhaltendes Element. Bereits kurz nach seiner Erhebung zum Ersten Konsul im Jahr 1799 bestätigte Napoleon in einem Gespräch mit dem Royalisten Hyde de Neuville und General d‘Andigné seine Intention, die mit der Aussage Sophie Durands nahezu identisch ist: „Ich werde die Religion nicht für Sie, sondern für mich wiederherstel-len. Nicht daß wir andern, wir Adligen, sehr religiös wären, aber sie ist nötig für das Volk, und ich werde sie wieder einführen.“91

    In ihrem Urteil über Napoleons Religiosität unterscheidet sich Frau Durand nur unwesentlich von Frau Rémusat, da beide die religiösen Grundüberzeugungen den staats-männischen Interessen Napoleons unterordnen, ohne ihm jedoch den Glauben vollkommen abzusprechen. Frau Durand schildert weiterhin eine relevante Anekdote, in der Napoleon zum Jahreswechsel Glückwünsche von einer priesterlichen Gesandtschaft erhalten hat. Bevor der Generalvikar seine Botschaft übermitteln konnte, begegnete ihm Napoleon in einer Art und Weise, welche Erkenntnisse über seine religiöse Einstellung zulassen:

    So? Sie sind also der Mann, der das Feuer der Zwietracht in meinen Staaten schürt, und der mich, seinen rechtmäßigen Herrn und Gebieter, verrät auf Befehl eines fremden Priesters? Ich will aber nichts wissen von Fanatismus und Märtyrium. Merken sie sich das. Ich bin ein eben so guter katholischer Christ wie Sie, ja ein besserer als Sie alle. Aber die Rechte meiner Krone lasse ich nicht antasten. Gott hat mir nicht umsonst das Schwert gegeben, sie zu ver-teidigen.92

    Auch wenn der historische Kontext und Hintergrund dieser Begegnung hier außer Acht gelassen werden muss, so erkennen wir doch ein religiöses Selbstbekenntnis zum katholi-schen Christentum. Im Hinblick darauf, dass das bloße Glaubensbekenntnis Napoleons im Zuge der Bearbeitung schon hinreichend erwiesen wurde, ist zu erkennen, dass Napoleon beiläufig die Zwei-Schwerter-Lehre als Gleichberechtigung zwischen staatlicher „potestas“ und geistlicher „auctoritas“ interpretiert, da er behauptet, das Schwert direkt von Gott erhalten zu haben. Auch wenn diese Auslegung primär machtpolitisch interessant ist, deutet sich dennoch an, dass er zumindest äußerlich diese von Gott ausgehende Gewaltentheorie akzeptierte. Unklar bleibt, ob er dies nur zur Erhöhung seiner Position erwähnte oder tat-sächlich geglaubt hat.

    Die Grundgedanken von Frau Rémusat und Frau Durand, dass Napoleon in der Reli-gion primär die Funktion erkannte, dem Volk sittlichen Halt zu geben und somit den Staat zu stützen, bestätigt Pierre-Louis Roederer, Napoleons Minister und Mitglied des Staatsra-tes. In Anspielung darauf, dass sittliche Menschen für eine Republik unweit wichtiger seien als für eine Monarchie, begegnete Napoleon, dass dieses Ethos nur durch die Wiederher-stellung der Religion zu erreichen sei: „Aber wie will man in einem Staate Ordnung halten

    90 Durand: Napoleon und Marie Luise, S. 76.91 Friedrich Sieburg: Gespräche mit Napoleon, hg. v. Friedrich Sieburg, München 1962, S. 36.92 Durand: Napoleon und Marie Luise, S. 75.

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    ohne Religion? Die Gesellschaft kann ohne Ungleichheit des Vermögens nicht bestehen, und diese nicht ohne Religion.“93

    Des Weiteren weiß Roederer davon zu berichten, dass in einer Staatsratssitzung der Papst mit dem „Zorn des heiligen Petrus“ gegenüber Aufständischen gedroht haben soll, woraufhin Napoleon und sein Mitarbeiterstab in lautes Gelächter verfallen seien.94 Diese Aussagen eines führenden französischen Politikers zeigen erneut Napoleons Antipathie gegenüber religiösen Konventionen. Die offensichtliche Denunziation des Papstes ist wohl eher seinem Charakter geschuldet, als dass sie als Indiz für die Verachtung des Heiligen Stuhls oder gar für Napoleons Unglauben herangezogen werden kann. Nahezu alle Zeit-genossen charakterisierten Napoleon einerseits als wortgewandt, andererseits als zuweilen spöttisch bis provozierend. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Napoleons Abneigung gegenüber bestimmten christlichen Gepflogenheiten seinem Bedürfnis nach glorreicher Außendarstellung und, zugespitzt formuliert, seiner Eitelkeit geschuldet war. Diese These lässt sich wiederum durch einen Bericht Roederers verifizieren, in dem er über eine außer-ordentliche Sitzung des Staatsrates am 11. April 1802 referiert:

    Der Erste Konsul wünschte, daß die Regierung sich nur an dem Tedeum beteilige, Portalis und Cambacéres bestanden auch auf der Teilnahme an der Messe. Der Erste Konsul ver-langte, daß man ihn bei den Details der Zeremonie von den Küssen des Hostientellers und von allem, was ihn lächerlich machen könnte, dispensiere.95

    Betrachtet man das Tagebuch von Pierre-Louis Roederer, so erscheint er für die vorliegende Arbeit von ambivalenter Bedeutung. Auf der einen Seite gewährt er der Forschung einen Einblick in den inneren politischen Zirkel Bonapartes, auf der anderen Seite sind seine Aufzeichnungen hinsichtlich des Privatmanns Napoleon wenig erkenntnisreich. Umso bedeutender erscheinen jedoch seine Aussagen, die belegen, dass Napoleon bewusst den Besuch der Heiligen Messe vermieden hat. Auch Napoleons jüngerer Bruder Lucien Bona-parte interpretiert die wenigen Messebesuche Napoleons so: Jene habe die Messe einzig aus „Artigkeit gegen seine heilige Gendarmerie“96 besucht.97 Hier ist deutlich die Parallele zu seiner Intention bei der kirchlichen Trauung mit Joséphine zu sehen, die erwiesenerma-ßen ausschließlich auf das Drängen ihrerseits zurückgeht.98 In diesem Punkt widersprechen Roederer und Lucien Bonaparte Frau Rémusat, da diese Napoleon einen regelmäßigen Besuch der Messe bescheinigt.99 Die konvergente Bewertung dieses Zeremoniells bezüglich Napoleons Intention lässt jedoch über diese Diskrepanz hinwegsehen.

    Entgegen den geschilderten Ereignissen attestiert Margot Lührs Napoleon eine Unfä-higkeit zu „religiöser Heuchelei“100 und stützt sich dabei auf dessen Weigerung, zur Beichte und zur Kommunion zu gehen. Weiter merkt sie an, dass Napoleon bekanntlich nicht das Abendmahl vor der Kaiserkrönung genommen und dies mit folgenden Worten rückblickend auf Sankt Helena gerechtfertigt hat: „Ich glaube nicht genug daran, daß es seine Heilswir-

    93 Durand: Napoleon und Marie Luise, S. 75.94 Roederer: Aus der Umgebung Bonapartes, S. 118.95 Ebd., S. 119.96 Lührs: Napoleons Stellung, S. 15.97 Lucien Bonaparte: Memoiren Lucian Bonapartes, übers. v. Ludolf von Alvensleben, Meissen 1837, S. 39 u. 237.98 Vgl. Fischer: Napoleon I., S. 57 ff.99 Rémusat: Im Schatten Napoleons, Bd. II, S. 412.100 Lührs: Napoleons Stellung, S. 15.

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    kung auf mich hätte äußern können, glaubte aber noch zu viel daran, um kaltes Blutes ein Sakrileg auf mich zu nehmen.“101 Diese Erklärung Napoleons ähnelt fast im Wortlaut jener, mit der er ebenfalls rückblickend von Sankt Helena seine Weigerung für die Beichte, vor der Vermählung mit Marie-Luise, erklärt hat. Nachdem jedoch bereits diese Erklärung nahezu widerlegt worden ist, muss zumindest in diesem Fall Lührs Schlussfolgerung in Frage gestellt werden. Ihr Argument, dass Napoleon der Kommunion aus fehlender Überzeugung nicht zustimmte ist haltlos, da der Kommunion ebenfalls die Beichte als Voraussetzung bedarf. Rekapituliert man besonders die Aussagen Roederers und hält sich Napoleons Abneigung gegenüber jeglicher Art von kirchlichen Riten vor Augen, bleibt zumindest der Verdacht, dass er sehr wohl in der Lage war, einzig aus Pietät gegenüber seinen Mitmenschen bisweilen an diesen teilzunehmen.

    Klemens Wenzel Lothar von Metternich, zu Lebzeiten einer der Hauptkonkurrenten Napoleons, hat sich ebenfalls über den französischen Kaiser geäußert und sich in diesem Zusammenhang explizit mit Napoleons Religiosität beschäftigt. Mit Erstaunen kann seinen Memoiren entnommen werden, dass der kaiserliche Emporkömmling den elegantesten und reaktionärsten Grandseigneur des damaligen Europas persönlich außerordentlich faszinierte. Besonders Napoleons Einstellung, dass das Christentum die Basis der europäischen Zivili-sation darstelle, findet Metternichs Zustimmung.102 Weiter betont er, dass Napoleon den religiösen Gebräuchen stets mit Achtung begegnet sei und dass er auch in seinem Umfeld dieses Verhalten einforderte. Auch wenn sein Urteil über Napoleons Religiosität vorsichtig und diplomatisch ausfällt, wird doch die Grundtendenz seines Glaubens erneut bestätigt:

    Napoléon n`était pas irréligieux dans le sens ordinaire de ce terme. Il n´admettait pas qu´il eût jamais existé un athée de bonne foi; il condamnait le déisme comme fruit d´une speculation téméraire. Chrétien et catholique, ce n´est qu`à la religion positive qu´il reconnaissait le droit de gouverner les societies humaines.103

    Analog zu Frau Rémusat und Frau Durand bestätigt auch Fürst Metternich die grundsätzli-che Religiosität Napoleons. Er zeichnet ein Bild des Kaisers, das durch die Missbilligung des Atheismus und des Deismus gekennzeichnet ist. Letzteren verwirft Bonaparte als „specula-tion téméraire” und gibt sich somit als Widersacher von spekulativen Gotteserkenntnissen zu erkennen. Metternich lässt ferner keinen Zweifel daran, dass das katholische Christen-tum mit seinen ethischen und sozialen Eigenschaften seinem Wesen am meisten entsprach: „Il regardait le christianisme comme la base de toute civilisation véritable, le catholicisme comme le culte le plus favorable au maintien de l‘ordre et de la tranquillité du monde moral, le protestantisme comme une source de troubles et de déchirements.“104 Gleichsam bestätigt Metternich mit dieser Aussage Napoleons staatsmännischen Charakter und belegt ferner das Vorrecht politischer Interessen vor religiösen Empfindungen. So ist es symptomatisch für Napoleon, den Protestantismus aus politischem Kalkül abzuurteilen, nicht aber auf theolo-gischer Grundlage.

    101 Zit. n. Lührs: Napoleons Stellung, S. 15.102 Klemens Wenzel Nepomuk Lothar Metternich: Aus Metternich‘s nachgelassenen Papieren, 2 Bde., hg. v.

    Richard Mettrnich-Winneburg, Band 1: Napoleon Bonaparte, Wien 1880, S. 278 ff.103 Metternich: Nachgelassene Papiere, S. 278.104 Ebd.

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    Widersprüche und Gemeinsamkeiten

    Der Versuch einer Rekapitulation und Gegenüberstellung der wichtigsten Überzeugungen bezüglich Napoleons Religiosität lässt unweigerlich den Schluss zu, dass einzig Gaspard de Gourgaud mit seinen Ansichten aus der Reihe fällt. Dieser Umstand ist jedoch vielmehr seinem zuweilen naiven Charakter und seiner Neigung zur Bigotterie geschuldet, als dass er ernsthafte Rückschlüsse auf Napoleons individuellen Glauben zuließe. Es ist nicht schwer zu unterscheiden, wann der Kaiser den General nur verblüffen wollte und wann es ihm ernst war. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Aussagen Gourgauds jedoch sehr wertvoll, da sie ungekürzt und somit direkt die Zeugnisse Napoleons widergeben.

    Eine weitaus interessantere Kontroverse ergibt sich durch Roederers Aussage, dass Napo-leon selten die Heilige Messe besucht habe, und Frau Durands Schilderung des genauen Gegenteils. Durch Durands Einschätzung, dass diese Besuche jedoch weniger auf seinen Überzeugungen beruhten als auf seinem politischen Pragmatismus, bleiben die Rück-schlüsse auf Napoleons Religiosität faktisch identisch.

    Die übrigen Aussagen unterscheiden sich trotz ihrer divergierenden Prioritäten nur unwesentlich voneinander. Besonders Frau Rémusat, Frau Durand, Herr Roederer und Fürst Metternich unterscheiden energisch zwischen Napoleons Verhältnis zur Kirche und zu der Religion. In Bezug auf seine Religiosität ordnet ihn keiner dem Atheismus, dem Deismus, oder spekulativen Gotteserkenntnissen wie der Theophilanthropie oder dem Kult des höchsten Wesens zu. Im Gegenteil bezeugen insbesondere Sophie Durand und Fürst Metternich seine Verbundenheit mit dem Katholizismus. Im Gegenzug bestätigen Pierre-Louis Roederer und Frau Rémusat, dass sich Napoleon während seiner Regentschaft praktisch nicht am sakramentalen Leben der Kirche beteiligte und er den Dogmen und Ver-tretern der Kirche stets reserviert bis ablehnend gegenübergestanden sei. Folgt man jedoch den Aussagen Roederers, ist diese Antipathie mehr seiner Eitelkeit geschuldet, als dass sie als Indiz für seinen Unglauben herangezogen werden kann. Er besaß somit nicht die Demut, die dem katholischen Menschen eigen sein sollte, und es fehlte ihm in jedem Fall an Ehr-furcht gegenüber den irdischen Vertretern Gottes. Wenn Frau Rémusat behauptet, dass ihm die Priester verhasst gewesen seien105 und Pierre-Louis Roederer Anekdoten erzählt, in denen Napoleon gar den Papst ausgelacht haben soll, erkennt man sehr schnell die Berech-tigung dieser These.

    Ferner bezeugen nahezu alle Quellen, dass Napoleon der in der Kirche organisierten Religion, die überschaubar und kontrollierbar war, den Vorzug vor schweifendem Aber-glauben gab, den man mit den Mitteln der Politik nicht fassen konnte. Auch wenn er dem Katholizismus zeitlebens am nächsten stand, berichtet besonders Agathon Fain von Napole-ons tiefer religiöser Toleranz. Diese war jedoch primär seinem politischen Kalkül geschuldet, das größer war als seine Ergebenheit gegenüber bestimmten Religionen oder einem Gott. Genau in dieser These liegt auch der größte Schnittpunkt aller Aussagen begründet, nämlich im Primat der Politik.

    105 Rémusat, Im Schatten Napoleons, Bd. II, S. 412.

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    Kontinuitäten und Diskontinuitäten in Bezug auf Napoleons Einstellung zur Religion

    Ausgehend von den behandelten Aspekten und Episoden seines Lebens soll im Folgenden ein Rekonstruktionsversuch gewagt werden, der insbesondere die Frage nach Kontinuitä-ten und Diskontinuitäten seiner Religiosität beinhaltet. Zunächst ist festzustellen, dass sich Napoleons religiöse Überzeugungen stets im Rahmen seiner politischen und pragmatischen Grundsätze bildeten. Dies lässt sich sowohl in der Protektion des islamischen Glaubens als auch in der kirchlichen Trauung mit seinen beiden Ehefrauen erkennen. Während seine Fürsprache gegenüber dem Islam seine sowohl außen- wie innenpolitische Wirkung erzielte, klebt an der kirchlichen Trauung der Verdacht der Heuchelei, dieser primär aus innen-politischen und persönlichen Motiven zugestimmt zu haben. Der Selbstmordversuch von 1814 muss wieder unter pragmatischen Gesichtspunkten betrachtet werden, da er entgegen kirchlichen Vorstellungen sein Schicksal in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt und den göttlichen Souverän verkennt. Noch deutlicher wird der Pragmatismus Napoleons durch die Tatsache, dass er den Selbstmordversuch zwar faktisch selbst unternahm, ihn aber später theoretisch als Charakterschwäche aburteilt, um ihn anschließend zu ignorieren. Ferner scheint Napoleon zeitlebens kirchlichen Dogmen reserviert bis ablehnend gegenüberge-standen zu haben, wodurch er oftmals die religiösen Empfindungen seiner Mitmenschen verletzte. Aber auch wenn sein äußeres Verhältnis zur Kirche zurückhaltend war, so hat ihm ein echtes Verständnis für religiöse Dinge nie gefehlt. Indizien für Napoleons Akzep-tanz gegenüber einer höheren Macht ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Leben und äußern sich besonders während seiner ägyptischen Expedition und in seinem staat-lichen Handeln gegen Fürsprecher des Atheismus. Eine weitere Konstante erkennt man in seinem Bedürfnis, religiöse Weltanschauungen, aber auch gesellschaftliche Themen wie Selbstmord wissenschaftlich und psychologisch zu hinterfragen, um anschließend eine fun-dierte Meinung zu vertreten.

    Dieser Punkt impliziert gleichsam eine Diskontinuität im Leben Napoleons, da seine Aussagen oftmals konträr und widersprüchlich erscheinen und gewisse Ansichten daher unschlüssig wirken. Exemplarisch lässt sich diese These wiederum an seiner Auffassung gegenüber dem Selbstmord bestätigen. Ungeachtet der Tatsache, dass bereits die Aspekte in seinem Aufsatz teilweise gegensätzlich erscheinen, unterscheiden sie sich darüber hinaus auffallend von seinen Erklärungen auf Sankt Helena. In ähnlicher Weise können diese Erkenntnisse auch auf seine Einstellung gegenüber dem Islam und dem Atheismus über-tragen werden.

    Die weitaus bedeutendere Inkonstante seines Lebens liegt in seinem Werdegang begrün-det. So ist sein komplettes Leben von Diskontinuitäten bezüglich seines individuellen Glaubens gekennzeichnet. Nach der streng religiösen Erziehung folgt mit seiner Jugend und seiner Kadettenzeit in Frankreich eine Phase der kritischen Hinterfragung nahezu der kom-pletten Existenzgrundlage der katholischen Kirche. Die Zeitspanne seiner Regentschaft war wiederum geprägt durch einen diplomatischen Umgang mit der Religion. In dieser halten sich dennoch Episoden, die seinen individuellen Glauben bezeugen, wie beispielsweise sein persönlicher Gefühlsdrang, den Atheismus zu widerlegen, mit jenen die Waage, die den Eindruck der religiösen Heuchelei erwecken. Bezüglich seines letzten Lebensabschnittes herrscht in der Forschung ein allgemeiner Konsens und es zeigt sich nahezu widerspruchs-los eine erneute Annäherung an die christliche Religion. Emmanuel Augustin Dieudonné de Las Cases, der Napoleon freiwillig in die Verbannung nach Sankt Helena folgte, erzählt

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    davon, dass Napoleon ihm befahl, das Evangelium zu holen, aus dem er von Anfang an, bis zur Bergpredigt gelesen haben und anschließend die Reinheit, die Erhabenheit und die Schönheit der Moral gelobt haben soll.106

    Parodierte Napoleon zuweilen Geistliche in seiner Umgebung und schenkte ihnen wenig bis gar keine Beachtung, unterhielt er auf Sankt Helena mit dem Abbé Buonavita, der schon als Beichtvater seiner Mutter fungierte, und dem Abbé Vignali faktisch zwei Haus-geistliche.107 Bezeugen die Tagebücher von Pierre-Louis Roederer und von Frau Rémusat Napoleons Abneigung gegenüber dem Besuch der Heiligen Messe, folgte auf Sankt Helena die ausdrückliche Direktive, jeden Sonn- und Feiertag die Messe vormittags und zwar in Napoleons Wohnung zu feiern. Sowohl das Prozedere als auch die regelmäßige Teilnahme bestätigt Napoleons Leibarzt Dr. Francesco Antommarchi.108 Erschienen zu Zeiten seiner Regentschaft die Übernahme von kirchlichen Riten und Sinnbildern undenkbar, so beauf-tragte Napoleon im April 1820 den Abbé Vignali, für ihn eine beleuchtete Sterbekapelle (chambre ardente) zu errichten.109

    Charles-Tristan de Montholon, der Generaladjutant und weiterer Weggefährte Napole-ons auf Sankt Helena, bezeugt darüber hinaus sogar den Sinneswandel des Kaisers gegenüber der Beichte.110 Die Beichte übernahm der eben erwähnte Abbé Vignali, wobei es wiederum erstaunlich ist, dass Napoleon die Beichte bis zuletzt streng geheim halten wollte: „Er befahl mir, ihn rufen zu lassen und setzte hinzu: Sie werden uns allein lassen, aber zurückkommen, sobald er mein Zimmer verlassen hat. Richten Sie es so ein, daß man nicht erfahre, daß ich ihn die Nacht gesehen.“111 Diese ausdrückliche Bitte Napoleons lässt viel Raum für Spekulationen. Bertrand, dem Napoleon sein Testament anvertraute, soll später behauptet haben, er habe dies einzig aus politischen Gründen getan.112 Hätten ihn jedoch politische Gründe bewogen, den Priester zu rufen, so hätte Napoleon jedoch eher dafür Sorge tragen müssen, dass jeder davon erfuhr, damit keine Zweifel aufkommen konnten. Daher scheint eine instinktive Scheu Napoleons, sich seiner zweiflerischen Umgebung zu offenbaren, wahrscheinlicher. Sie hätten die Beichte womöglich noch als Akt charakterlicher Schwäche und somit als Eingeständnis Napoleons auslegen konnte. Seine Skepsis und seinen Argwohn gegenüber der persönlichen Offenba-rung im Angesicht eines Beichtvaters konnte Napoleon jedoch auch am Ende seines Lebens nicht ablegen. Wie bereits Gourgaud in Bezug auf seine Hochzeit ausführte, so lässt sich auch jetzt feststellen, dass er wohl die Verletzung des Beichtgeheimnisses fürchtete, welches womöglich seinen Nachruhm in Misskredit gebracht hätte.

    Die Beweise über Napoleons neu gewonnene Frömmigkeit kurz vor seinem Lebensende sind äußerst vielfältig und weitreichend. Sein Leibarzt Francesco Anntomarchi weiß weiter davon zu berichten, dass Napoleon seinem engsten Mitarbeiterkreis genaue Aufträge erteilt hat, wie er seinen nahenden Tod zelebrieren wollte:

    106 Las Cases: Denkwürdigkeiten, S. 122.107 Fischer: Napoleon I., S. 247.108 Francesco Anntomarchi: Mémoires, ou les dernier momens de Napoléon, 2 Bde, Paris 1825; Dt.: Napoleon I.

    kurz vor seinem Tode, nach dem Journal des Dr. F. Anntomarchi, hg. v. Marschall von Bieberstein, Leipzig 1903, S. 75 u. 105.

    109 Fischer: Napoleon I., S. 248.110 Montholon: Geschichte der Gefangenschaft Napoleons, S. 533 ff.111 Vgl. ebd., S. 533. 112 Vgl. Lührs: Napoleons Stellung, S. 23.

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    Ich bin in der katholischen Religion geboren, will die Pflichten erfüllen, die sie mir auferlegt und den Beistand derselben annehmen. Sie werden täglich die Messe in der benachbarten Kapelle lesen und das Allerheiligste 40 Stunden lang aussetzen. Nach meinem Tode werden Sie Ihren Altar an meinen Kopf in der Sterbekapelle aufstellen; Sie werden mit der Messe fortfahren, alle Zeremonien verrichten und nicht eher aufhören, als bis ich unter der Erde bin.113

    Auch das Abendmahl, welches Napoleon noch vor seiner Krönung entschieden abgelehnt hatte,114 erschien ihm nun als probates Mittel, der Nachwelt seinen Glauben zu bezeu-gen. Die Eucharistiefeier, die wiederum der Leibarzt Anntomarchi bezeugt, soll am 03. Mai nachmittags um zwei Uhr stattgefunden haben und widerlegt somit auch die letzten Zweifel gegenüber Napoleons neu gewonnener Frömmigkeit.115 Diese Auffassung bestätigt auch Engelbert Fischer, dessen Meinung über Napoleons Religiosität einen hohen Stellen-wert erhalten muss, da er der unmittelbaren Umgebung des Papstes entstammte: „[…] er war religiös nicht nur aus Politik, sondern auch aus Gemüt und aus Verstand, folglich aus Überzeugung, und er hat seine christkatholische Religion oft in seinem Leben durch Wort und Tat bekannt, insbesondere am Ende seines Daseins.“116

    Auch Engelbert Fischer spricht in dieser Einschätzung ausdrücklich den Glaubenswan-del Napoleons an, selbst wenn er die Diskontinuität seines Lebens etwas modifiziert bzw. entkräftet. Fakt ist jedoch, dass er sich in früheren Zeiten niemals so deutlich zum Katholi-zismus bekannt hatte, wie zum Ende seines Lebens hin. Es gibt kein bestimmtes Ereignis in seinem Leben, das man als „Bekehrung“ werten könnte, und somit kam auch das Christen-tum nicht wie eine Offenbarung über ihn. Auch deswegen herrschte in der Forschung lange Zeit Uneinigkeit über die Bewertung seiner Religiosität. Bevor er sogar die heiligen Sterbe-sakramente erhielt,117 ließ Napoleon am 15. April 1821 sein Testament verfassen, welches mit folgenden Worten beginnt: „Ich sterbe in dem Bekenntnisse der römisch-apostolischen Kirche, in deren Schoße ich vor mehr als 50 Jahren geboren bin.“118

    Am 05. Mai 1821 verstarb Napoleon in Longwood auf Sankt Helena. Auf seinen Leich-nam legte man ein großes Kruzifix, ein Symbol, welches seine komplexe und widersprüchliche Beziehung zur Religion nicht zu fassen vermag und dennoch am Ende seines Lebens steht.

    Schlussbetrachtung

    Napoleons Einstellung zu Religion und Kirche ist bis zum heutigen Tag umstritten und nicht gänzlich frei von Widersprüchen. Wie überhaupt die Persönlichkeit Napoleons anhand der Quellenlage allein nicht klar zu umreißen ist, so entzieht sich auch die Reli-giosität einer eindeutigen Festlegung. An seiner stets bewahrten religiösen Grundhaltung und an seinem allgemeinen Glauben an eine höhere Macht ist nicht zu zweifeln. Ungläubig war er nie gewesen, wohl aber zeitweise Deist, Skeptiker, vielleicht sogar Agnostiker. Napo-leon erkannte in dem Mangel menschlicher Selbstdetermination die Notwendigkeit einer höheren Macht, die den Menschen umfasst und leitet. Sein durchweg vernunftgeleiteter

    113 Anntomarchi: Napoleon I. kurz vor seinem Tode, S. 131.114 Vgl. Lührs: Napoleons Stellung, S. 15.115 Anntomarchi: Napoleon I. kurz vor seinem Tode, S. 145.116 Fischer: Napoleon I., S. 252.117 Fischer: Napoleon I., S. 252.118 Napoleon Bonaparte: Schriften und Gespräche, S. 195.

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    Charakter und sein Streben nach rationalen Erklärungen ordnen ihn augenscheinlich dem Deismus zu, während seine Ablehnung gegenüber spekulativen Gotteserkenntnissen ihn eher davon wegrücken. Bis zu seiner Kaiserkrönung im Jahr 1804 teilte er zu einem gewis-sen Grad jene deistischen Überzeugungen, die von der Intellektualität des 18. Jahrhunderts maßgeblich getragen wurden. Sein staatsmännischer Charakter und sein Pragmatismus kamen schließlich wieder zum Vorschein, als er allmählich realisierte, dass sich die Religion ohne festen Rahmen auflösen und somit die Ordnung des Staates gefährden würde. Aus dem gleichen Grund wendet er sich gegen die Bestrebungen der Theophilanthropen, die wegen ihres mangelnden Gottesbekenntnisses seine Missachtung erhalten hatten. Mag er infolge vielfältiger Einflüsse persönlich dem Dogmenglauben mit einiger Skepsis gegenübergestan-den haben, so war er doch von der Notwendigkeit des Katholizismus überzeugt.

    Die Existenzberechtigung der katholischen Kirche hielt er jedoch nicht nur aus Staats-raison für notwendig, sie gründete ebenfalls auf seiner tiefen persönlichen Überzeugung. Es lag ihm nichts ferner, als sie durch eine bloße Morallehre zu ersetzen. Dennoch geriet er mit der katholischen Kirche in schwere Konflikte, die schließlich in radikalen Eingriffen in deren Verfassung und in Polizeimaßnahmen gegen Mitglieder ihrer Hierarchie gipfelten. Die Spannungen mit der Kirche erwuchsen jedoch nicht etwa aus feindseligen Überzeugungen, sondern waren seinem politischen Kalkül geschuldet. Napoleon benutzte, ja missbrauchte die Kirche für seine politischen und dynastischen Zwecke. Sie wurde so zur Dienerin des Staates degradiert. Denn eine Grundüberzeugung geriet trotz aller äußeren Umstände und trotz seiner Annäherung an die Religion nie ins Wanken: die Subordination religiöser Emp-findungen unter das Primat der Politik.

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    Quelleneditionen

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    ▲Please cite this article as:Hannes Liebrandt (2014): Napoleon I. und sein kontroverses Verhältnis zur Religion. Versuch einer historischen Einordnung. In: Helikon. A Multidisciplinary Online Journal, 3. 181–205.

    Hannes Liebrandt - Napoleon I. und sein kontroverses Verhältnis zur Religion