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Jetzt neu: www.laborwelt.de Nr. 2 / 2012 – 13. Jahrgang LABOR WELT Automation Probenvorbereitung für das Next-Generation Sequencing Fermenter Parallele Bioreaktorsysteme zur Prozessoptimierung Epigenetik Modifikationen von DNA und Histonen als Diagnose-Tools

Laborwelt 02/2012

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Automation: Probenvorbereitung für das Next-Generation Sequencing Epigenetik: Modifi kationen von DNA und Histonen als Diagnose-Tools Fermenter: Parallele Bioreaktorsysteme zur Prozessoptimierung

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Nr. 2 / 2012 – 13. Jahrgang

LABORWELTAutomationProbenvorbereitung für das Next-Generation Sequencing

FermenterParallele Bioreaktorsysteme zur Prozessoptimierung

EpigenetikModifi kationen von DNA und Histonen als Diagnose-Tools

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LABORWELT 13. Jahrgang | Nr. 2/2012 | 3

Inhalt

4 Nachrichten aus der Wissenschaft Erbgutanalyse von Embryonen, Genetische Ursachen von Migräne,

DFG veröffentlicht Förderatlas 2012, Bauen mit DNA-Ziegeln

36 Labormarkt im Umbruch No more family – Bio-Rad vor dem Verkauf?

IFermenter & Bioprozesse

Wissenschaft Parallele Rührkesselreaktoren6 Verbesserte Enzymhydrolyse von

Biomassesuspensionen Dirk Weuster-Botz et al., TU München

Paperwelt Quality by Design8 Optimierung von Mixed-feeding-Strategien Oliver Spadiut, BOKU, Wien, Österreich

Blitzlicht Benchtop-Bioreaktoren10 Optimierung der Bioprozessentwicklung Claudia Hüther, DASGIP AG, Jülich

Blitzlicht Zelltherapie12 GMP-gerechte Kultur von mesenchymalen Stammzellen Ralf Huss et al., apceth GmbH, München Expertenpanel Bioökonomie15 Stoffliche Nutzung von Biomasse und Kohlendioxid Jürgen Eck, Richard Eno und Eckhard Boles Blitzlicht Biosensorik16 Chip-basierte Sensoren für die Biotechnik Matthias Bäcker & Michael Schöning, FH Aachen, Campus Jülich

IIAutomation

Blitzlicht Simulation/Modellierung18 Realitätsnahe Simulation von Zellsignalprozessen Martin Meier-Schellersheim et al., NIAID, Bethesda, Charité, Berlin

Blitzlicht Real-time PCR21 Genotyping mit ultra-Hochdurchsatz- PCR Burkhard Ziebolz, Roche Applied Science, Penzberg Paperwelt Screening23 Selektive Hemmung von TH17-Zellen

Gitte Neubauer, Cellzome AG/GlaxoSmith Kline, Heidelberg

Blitzlicht Next-Generation Sequencing24 Probenvorbereitung auf Liquid Handling-Systemen Jürgen Zimmermann, EMBL, Heidelberg

Expertenpanel Automatisierte Diagnostik26 Automation in den Omics Alexander Kohlmann, Stefan Müllner, Peter Nürnberg

IIIEpigenetik

Blitzlicht DNA-Methylierung27 Mit Elektrophorese einen Blick auf die DNA werfen Evamaria Falck, Bernhard Wünsch, Universität Münster

Paperwelt Sequenzierung29 Mit oxBS-Seq auf der Jagd nach Hydroxymethylcytosin Wolf Reik, Babraham Institute, Cambridge, GB

Blitzlicht Chromatin-Immunopräzipitation30 ChIP im Lebendgewebe – ein Überblick Anke Hoffmann, Dietmar Spengler, MPI für Psychiatrie, München Blitzlicht Krebs-Biomarker32 Tumordiagnose anhand modifizierter Histone Stefan Holdenrieder, Jörg Ellinger, Universitätsklinikum Bonn

Expertenpanel Krebs, Alzheimer, Arzneimittelentwicklung34 Angriffsziele für Therapien Johannes Gräff, Michael Lübbert und Lutz Hein

37 Akademischer Stellenmarkt

41 Termine

42 Ausblick/Impressum

TITEl: Fermenter & BioprozesseDie datengestützte Etablierung von Prozessen zur Produktion von Bio-pharmazeutika oder von Enzymen zur Feinchemikalienherstellung verdrängt zusehends die erfahrungsgestützte Entwicklung. Wichtig dabei: automa-tisierte Minifermenter (vgl. S. 6, 10).

TITEl: LaborautomationAutomation gilt als Voraussetzung, um die molekulare Diagnostik zum Patienten zu bringen. In dieser Ausgabe: ein qPCR-System im 1536-Well-Format und die Automati-on der Next-Generation-Sequenzie-rung (vgl. S. 21, 25)

Laborwelt 2 / 2012

TITEl: EpigenetikMit verbesserten Methoden gelingt es immer genauer zu ergründen, wie Modifikationen der DNA- und Histonstruktur die Genexpression regulieren. Erste Verfahren drängen bereits in die medizinische Anwen-dung (vgl. S. 34).

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4 | 13. Jahrgang | Nr. 2/2012 LABORWELT

Nachrichten Aktuelles

Intro

Bioprozesstechnik, Enzymproduktion und der Aufschluss von Biomasse werden in Zeiten weltweiter Förderinitiativen zur Bioökonomie immer wichtiger. Kein Wunder, dass die ACHEMA als traditionelle Leistungsschau der Prozessspezialisten, Bioingenieure und Verfahrenstechniker ei-nen entsprechenden Themenschwerpunkt setzt. Nicht nur eine Roadmap Bioraffineri-en (vgl S. 42) und die ersten Gewinner der „Innovationsinitative Industrielle Biotech-nologie“ wurden in Frankfurt präsentiert. Die BiobasedWorld rückte die gesamte Wertschöpfungskette in den Vordergrund. Die Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, im Falle seiner Wiederwahl einen zweistelligen Milliardenbetrag in die Bio-ökonomie zu investieren, unterstreicht, dass die Bundesregierung gut beraten ist, jetzt Geld in konkrete Projekte zu stecken. Aktuelle Entwicklungen dokumentieren wir in dieser Ausgabe mit einem Expertenpanel Bioökonomie (vgl. S. 15) und in unserem Spe-zial „Fermenter & Prozesse“ (ab S. 6).

Zukunft der Diagnostik

Anders als in Deutschland und der EU beschränken die USA die Bioökonomie nicht auf die Grüne und Weiße Biotechno-logie – ein Vorteil, gerade wenn es um die Translation von Zukunftstechnologien wie der molekularen Diagnostik oder der Next-Generation-Sequenzierung in die diagnosti-sche Anwendung geht. Zuvor stehen jedoch Standardisierung und Automation an. Was derzeit schon geht und was noch zu leisten ist, erklären Experten auf Seite 25. Über neue Automationslösungen im Sequencing, der qPCR und der experimentellen Funktionsan-notation von zellteilungsrelevanten Signal-wegen lesen Sie ab Seite 18. Ein zunehmend interessantes medizinisches Forschungsfeld ist die Epigenetik. Was therapeutisch und diagnostisch bereits möglich ist, behandelt unser drittes Spezial ab Seite 27. Dass Europa den Vorgaben der USA meist folgt, scheint hier von Vorteil für die Forschung.

Thomas Gabrielczyk

Erbgutanalyse

Sicherere Ermittlung des Embryo-GenomsForscher können mit Hilfe einer mütterlichen    

Blutspende das Genom des Fötus auslesen.In unserem Blut schwimmen nicht nur Blut-

körperchen oder Blutplättchen, auch sogenann-te zellfreie DNA findet sich darin. Forscher der Universität Washington in Seattle (USA) haben sich erfolgreich zunutze gemacht, dass bei Schwangeren etwa 10% der zellfreien Blut-DNA vom Fötus stammen. In vorerst nur zwei Fällen verglichen sie die isolierten Stücken der zellfrei-en DNA mit den Genomen der Eltern. Auf diese Weise konnte das Team um Jay Shendure das ge-samte Fötusgenom erfolgreich bestimmen. Ein

Vergleich mit der DNA, die nach der Geburt aus Nabelschnurblut gewonnen wurde, ergab bei der Probe aus der 18. Schwangerschaftswoche eine Übereinstimmung von 98%. Auch wurden 39 von 44 Mutationen erkannt, die weder beim Vater noch bei der Mutter zu finden waren und damit spontan im Genom des Neugeborenen entstanden sind. Im Magazin Science TranSlaTio-nal Medicine (doi: 10.1126/scitranslmed.3004323) schreiben die Forscher, dass es „bald möglich sei, den Fötus in einem einzigen, nichtinvasiven Test auf das Vorhandensein entsprechender Erban-lagen für die mehr als 3.000 monogenetischen Erkrankungen zu kontrollieren.“

Bei den für die Pränataldiagnostik notwendi-gen Tests wie der Fruchtwasseruntersuchung oder der Chorionzottenbiopsie kommt es selten zu Spontanaborten, die auch gesunde Föten betreffen können. Diese Gefahr besteht bei der Analyse mütterlicher zellfreier DNA nicht. Obwohl der Test für einen Routineeinsatz noch nicht sensitiv genug ist, glauben die Forscher, dass er prinzipiell auch bei Blutproben aus der 8. Schwangerschaftswoche funktioniert.

Forschungsförderung

Geldspritze von DFGDie Deutsche Forschungs-Gemeinschaft    

(DFG) hat den „Förderatlas 2012“ sowie 20 neue Sonderforschungsbereiche (SFB) präsentiert.

Wer hat im vergangenen Jahr die meisten Forschungsgelder eingeworben? Bei den Hoch-schulen sind wieder die RWTH Aachen und die LMU München einsame Spitze. Regional be-trachtet hat Berlin seinen Vorsprung gegenüber München ausgebaut. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der jährlichen Analyse der DFG. Ende Mai präsentierte sie in Bonn zusammen mit der Hochschulrektorenkonferenz und dem Stifter-verband für die Deutsche Wissenschaft in Bonn den 300 Seiten starken „Förderatlas 2012“. Das Ranking war so langweilig wie noch nie: Bezo-gen auf die Bewilligung von DFG-Geldern nach Hochschulen hat sich im Vergleich zum Vorjahr kaum etwas getan. Nach Aachen und München folgen die FU Berlin, die TU München und die Universitäten Heidelberg und Freiburg.

Nahezu zeitgleich stellte die DFG 20 neue SFBs vor. Insgesamt 176 Mio. Euro werden von 1. Juli 2012 an über einen Zeitraum von vier Jahren verteilt. SFBs sind unter Forschern beliebt, weil auch aufwendige und langfristige Vorhaben re-lativ unkompliziert verwirklicht werden können. Zwölf Projekte haben einen direkten Laborbezug. Dabei geht es zum Beispiel um funktionelle Mikrogele, die Anwendung von Epigenetik-Er-kenntnissen in der Medizin und neue Strategien im Kampf gegen Leukämie, Multiple Sklerose oder den Mangel an Spenderorganen.

Migräneforschung

Auf Gen-SucheEin internationales Forscher-Konsortium hat    

vier neue Gen-Orte entdeckt, die das Risiko für Migräne-Attacken beeinflussen.

Migräne ist eine Volkskrankheit, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich be-einträchtigt. Ein internationales Forscherteam hat in naTure GeneTicS (doi:10.1038/ng.2307) eine Studie zu den genetischen Ursachen der Krankheit präsentiert. Das Team unter der Leitung von Experten aus Finnland, Deutsch-land und den Niederlanden nahm dabei die häufigste Migräne-Variante ins Visier, welche ohne Wahrnehmungsstörungen auftritt („ge-wöhnliche Migräne“). Der Ansatz der Forscher: Neue Genvarianten zu finden, die das Risiko für das Auftreten der Krankheit beeinflussen. Die Suche war erfolgreich, da vier neue Risiko-Varianten entdeckt worden sind.

Für die Studie wurden die Gendaten von Mi-gränepatienten mit denen von symptomfreien Menschen verglichen. Das Ergebnis: zwei be-reits bekannte und vier neue Sequenzvarianten, die bei den Migränepatienten gehäuft auftra-ten. Fünf dieser Varianten (SNPs) befinden sich in der Nähe von bekannten Genen und könnten deren Ablesehäufigkeit beeinflussen. Die sechs-te Variante unterscheidet von den anderen: Es ist der erste Migräne-SNP, der in einem Gen liegt. Das Gen MEF2D ist der Bauplan für einen Transkriptionsfaktor, der unter anderem schon mit dem Auftreten der Parkinsonschen Krank-heit in Verbindung gebracht wurde.

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LABORWELT

Technologie

Zeichenzoo aus DNA-ZiegelnUS-Forscher haben biokompatible DNA-Ziegel    

entwickelt, mit denen sie nach dem Baukasten-prinzip bereits 100 Formen nachgebildet haben.

Was wurde mit DNA-Molekülen nicht schon alles gebaut? Smileys, Sterne, Käfige... Seit 2006 arbeiten Forscher in aller Welt daran, nanosko-pisch kleine Strukturen und Objekte aus dem Molekül des Lebens herzustellen. Grundlage die-ser Origami-Bewegung ist die Fähigkeit langer, einsträngiger DNA-Moleküle, sich eigenständig

in eine gewünschte Form zu falten. Peng Yin von der Harvard Universität in Boston hat nun das nächste Level erreicht. Jetzt heißt es: bauen statt falten, Bauklötze statt Papier. Yins Team hat kur-ze, synthetische DNA-Stücke hergestellt, die sich zu kleinen Ziegeln von 7 mal 3 Nanometern Länge arrangieren. Abhängig von der an der Außenseite zugänglichen Sequenz passen die DNA-Ziegel zueinander und verbinden sich zu einer Wand aus DNA-Ziegeln – oder auch nicht. Wie die Sys-tembiologen seit Ende Mai auf der Webseite des Fachmagazins Nature zeigen, sind – ein bisschen Hirnschmalz bei der Versuchsplanung voraus-gesetzt – der Fantasie keine Grenzen gesetzt. So konnten sie mit dieser Methode bereits mehr als 100 Symbole und Zeichen nachbauen.

Bisher wurden für das Origami DNA-Moleküle aus Viren genutzt. Für Anwendungen am Men-schen, wie etwa DNA-Käfige als Transportvehikel für Arzneimittel, ist das allerdings ein Problem: Das Immunsystem kann diese Vehikel als fremd einstufen und attackieren. Die synthetischen DNA-Ziegel sind laut Yin aber höchst biokompati-bel und können das Immunsystem täuschen.

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Blick in die Stammzellfabrik

Aus der LABORWELT.de-Galerie „Bild der Woche“

Wie zerbrechliche Seifenblasen oder kunstvolle Ballonfiguren schwebt diese Zellformation durch das Bild. Es handelt sich um adulte Stammzellen und daran hängende Skelett-muskel-Vorläuferzellen. Diese Aufnahme gehört zu den zehn besten des Wettbewerbs Bio-Art, der in diesem Jahr zum ersten Mal ausgetragenen wurde.

Mitte Mai veröffentlichte die Federation of American Societies for Experimental Biology (FASEB) die Gewinner des Bio-Art-Wettbe-werbs. Laut FASEB war dies der erste Wett-bewerb für biomedizinische Bilder. Allerdings war die Teilnahme nur FASEB-Mitgliedern und Beschäftigten der US-Gesundheitsinstitute (National Institutes of Health, NIH) gestattet.

Nichtsdestotrotz waren darunter originelle und fesselnde Beiträge. Zu den zehn Gewinnermo-tiven gehören zum Beispiel elektrische Fische aus Gabun, die Nervenbahnen der Retina und die Gliedmaße eines Mausembryos. Die LABOR-WELT-Redaktion hat unter ihnen den Beitrag von Douglas Cowan von der Harvard Medical School in Boston (USA) ausgewählt. Seine Mikroskopieaufnahme zeigt von Myoblasten getragene adulte Skelettmuskelstammzellen. Cowan arbeitet an der Entwicklung künstlicher „Stammzellfabriken“. In solchen Bioreaktoren sollen einmal Stammzellen für zum Beispiel Zelltherapien in ausreichend großen Mengen hergestellt werden.

(alle Bilder der Woche auf Laborwelt.de)

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6 | 13. Jahrgang | Nr. 2/2012 LABORWELT

I

Fermenter & Prozesse Parallele Rührkesselreaktoren

Verbesserte Enzym-Hydrolyse von BiomassesuspensionenDipl.-Ing. Peter Riedlberger und Prof. Dr.-Ing. Dirk Weuster-Botz, Lehrstuhl für Bioverfahrenstechnik, Technische Universität München; Dr. Tanja Kurzrock, 2mag AG, München

Reststoffe von Pflanzen fallen täglich im Tonnenmaßstab in der Land- und Forstwirtschaft an. Diese Abfälle enthalten jedoch noch große Mengen an wertvollen Zuckermolekülen, wie Glukose und Xylose, die als Ausgangsstoffe für biotechnologische Prozesse zur Gewinnung von Chemika-lien eingesetzt werden können. Neben einer stofflichen ist auch eine energetische Nutzung der erzeugten chemischen Substanzen möglich. Die dadurch gewonnenen Biokraftstoffe der zweiten und dritten Generation, wie beispielsweise Ethanol oder Butanol, stehen nicht im Wettbewerb mit der Nahrungsmittelproduktion, da ausschließlich Rest- und Abfallstoffe als Ausgangsmaterialien verwendet werden. Für eine optimale Verwertung und biotechnologische Umsetzung dieser Pflan-zenmaterialien sind zahlreiche experimentelle Untersuchungen notwendig. Eine Schlüsselrolle stellt die möglichst vollständige Freisetzung der Zuckermoleküle aus den Pflanzenmaterialien durch Enzympräparate dar. Sowohl die Entwicklung effizienter Verfahren zur enzymatischen Hydrolyse als auch die Optimierung der Enzympräparate konnte durch Reihenuntersuchungen in miniaturisierten und 48-fach parallelisierten Rührreaktoren realisiert werden. Die Daten aus dem Millilitermaßstab konnten zudem direkt in den Litermaßstab übertragen werden.

Der hohe experimentelle Aufwand zur Opti-mierung enzymatischer Hydrolysen von Pflan-zenmaterialien ist mit sequenziellen Untersu-chungen im klassischen Rührkesselreaktor nur schwer zu bewältigen. Auch Reaktorsysteme mit vier bis acht parallelisierten Reaktoren sind in der Regel nicht ausreichend, um schnell ein optimales Hydrolyse-Verfahren zu entwickeln. Andererseits können stark miniaturisierte und parallelisierte Reaktionssysteme, wie beispiels-weise Mikrotiterplatten mit 96 Kavitäten1,5-6,11-12 nur bedingt mit Standard-Rührkesselreaktoren verglichen werden. Des Weiteren erweisen sich geschüttelte Mikrotiterplatten durch das besonders geringe Reaktionsvolumen als nachteilig bei der Homogenisierung von suspendierten Pflanzenmaterialien mit hohem Feststoffanteil und mit großen Partikelab-messungen.

Einen neuen Ansatz zeigen Weuster-Botz et al.14 mit Rührkesselreaktoren im Milliliter-maßstab auf. Diese Bioreaktoren zeichnen sich durch zum Labor- oder Produktions-maßstab vergleichbare verfahrenstechni-sche Eigenschaften aus, wodurch bereits in vielen Fällen eine direkte Skalierbarkeit von mikrobiellen Prozessen erreicht werden kann. Neben unterschiedlichen biotech-nologischen Prozessen mit Escherichia coli, Bacillus subtilis und Cupriavidus necator4,7-8,13 konnte dies auch für Prozesse mit dem My-celbildner Streptomyces tendae3 und der Hefe Saccharomyces cerevisiae2 gezeigt werden. Die 48-fach parallel angeordneten Reaktoren ermöglichen ein effizientes biotechnologi-sches Arbeiten im Hochdurchsatz, weshalb sie auch eine interessante Möglichkeit für die Untersuchung von enzymatischen Verzucke-

Fermenter et al.

Effiziente biotechnologische Fermentations-verfahren und die entsprechende Sensorik zu ihrer Überwachung werden immer wichti-ger. Allein der Markt für Biopharmazeutika soll laut ReseaRch&MaRkets bis 2015 jährlich um 11,2% auf 126 Mrd. Euro wachsen. Hinzu kommen neue Prozesse zur Produktion von Kraftstoffen und Feinchemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen im Rahmen der jetzt startenden Bioökonomie-Offensive der Bundesregierung. Nicht zuletzt weil sechs weitere EU-Länder und US-Präsident Barack Obama entsprechende Bioökonomie-Initiativen angekündigt haben, sind derzeit weltweit neue Methoden gefragt, die die Prozess entwicklung beschleunigen.

Von Screening bis Biosensorik

Von einem neuen Verfahren, mit dem sich der optimale Enzymcocktail zur Hydrolyse lignozellulosehaltiger Reststoffe wie Stroh und Holz finden lässt, berichten Forscher um Dirk Weuster-Botz. Die 48-fach par-allelisierten Rührreaktoren im Milliliter-maßstab lassen sich in den Litermaßstab skalieren. Wie weit sich die Verhältnisse sogenannter Benchtop-Bioreaktoren in Minireaktoren im Millilitermaßstab oder gar Mikrotiterplattenformat nachstellen lassen, diskutieren Claudia Hüther et al. von der Eppendorf-Tochter DASGIP aus Jü-lich. Das Vorscreening geeigneter Prozess-bedingungen ist letztlich getrieben von dem Gedanken, die bislang weitgehend erfahrungsgestützte Prozessentwicklung durch einen wissenschaftlich reprodu-zierbaren Prozess zu ersetzen. Getrieben vom Quality-by-Design-Gedanken stellen Spadiut et al. eine neue Mixed-feeding-Strategie vor, die genutzt werden kann, um P. pastoris-Produktionsstämme hinsicht-lich ihrer Produktivität zu charakterisieren. Darüber hinaus berichten Huss et al. über Fortschritte bei der GMP-gerechten Pro-duktion von Stammzellen und Schöning et al. über neuartige enzymbasierte Biosen-soren. Abgerundet wird das Thema durch Expertenstatements zur Bioökonomie. Abb. 1: (A) 48-fach gefertigte „S-Rührer“ mit einzelnem Milliliter-Rührreaktor ohne Strömungs-

brecher im Vordergrund am Deckel des (B) parallelen Rührkesselreaktorsystems

A B

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LABORWELT 13. Jahrgang | Nr. 2/2012 | 7

Parallele Rührkesselreaktoren Fermenter & Prozesse

rungsreaktionen in den Biomassesubstraten darstellen.

Um Biomassesuspensionen mit hohem Feststoffanteil von bis zu 20% (w/w) und Partikelgrößen von mehreren Millimetern im Milliliter-Rührreaktor enzymatisch hydroly-sieren zu können, wurde ein neues Rührorgan („S-Rührer“9) für die gleichmäßige Homogeni-sierung entwickelt. Dies ermöglicht erstmals zum Standard-Rührkesselreaktor vergleichbare reaktionstechnische Untersuchungen der enzymatischen Feststoffhydrolyse in 48-fach miniaturisierten Rührkesselreaktoren10.

48-fach paralleles Rührkesselreaktorsystem

Das 48-fach parallelisierte Rührkesselreaktor-system (2mag AG, Abb. 1B) ist modular aufge-baut. Neben einem Grundkörper mit 48 Posi-tionen für Einwegbioreaktoren, integriertem induktiven Antrieb sowie einer Temperierung ermöglichen 48 parallel angeordnete, gleitend gelagerte Rührorgane die effektive Homoge-nisierung der Biomassesuspension.

Für die Homogenisierung der Biomasse-suspension wird, wie in Abbildung 1A veran-schaulicht, das neue Rührorgan „S-Rührer“ in Milliliter-Bioreaktoren eingesetzt. In die Rühr-organe sind zwei Dauermagnete integriert, um diese magnetisch-induktiv in Rotation versetzen zu können. Die Rührerdrehzahl kann über ein Steuergerät zwischen 60 min–1 und 4000 min–1 eingestellt werden. Die S-förmige Geometrie des Rührers entsteht durch zwei ge-genüberliegende Rührpaddel. Diese erzeugen bei Rotation eine tangentiale und axiale Strö-mung des Rührmediums und durchmischen so die Suspension.

Für hohe Feststoffkonzentrationen und große Partikelgröße der Pfl anzenmaterialien sind Einweg-Bioreaktoren ohne Strömungs-brecher zu bevorzugen. Das Arbeitsvolumen liegt zwischen 8 ml und 15 ml und ist somit ausreichend groß für die mehrfache Proben-nahme. Die Probennahme kann manuell oder automatisiert mit Hilfe eines Pipettierroboters durch den Deckel des Rührkesselreaktionssys-tems erfolgen.

Homogenisierung und enzymatische Hydrolyse von Pfl anzenmaterialien

Um eine schnelle Verzuckerung der sus-pendierten Pflanzenmaterialien durch en-zymatische Hydrolyse zu erreichen, ist eine gleichmäßige Homogenisierung der Suspension notwendig. Über Mischzeitex-perimente konnte die Homogenisierung im Milliliter-Rührreaktor untersucht und be-wertet werden (Abb. 2A). Selbst für geringe volumenbezogene Leistungseinträge kleiner 0,2 W L–1 konnte eine schnelle Durchmischung (97% Homogenität) für Wasser, mikrokris-

talline Zellulose (20%) und Weizenstroh (5%) festgestellt werden.

Pflanzenmaterialien wie Weizenstroh bestehen größtenteils aus Lignozellulose. Diese enthält neben Zellulose und Lignin auch große Mengen an Hemizellulose. Deshalb sind neben Zellulasen auch Hemi-zellulasen als Enzyme für die enzymatische Hydrolyse von Biomasse interessant. Da die Ausbeute der Monosaccharide beim rohem Pfl anzenmaterial meist auf maximal 20% be-schränkt ist, sind Substrat-Vorbehandlungen notwendig. Für Weizenstroh mit etwa 2 mm Faserlänge wurde die enzymatische Hydro-lyse nach hydrothermischer (160 °C; 1 h) und nach chemisch-thermischer Vorbehandlung (135 °C; 0,5 h) mit Schwefelsäure (1% v/v) im gerührten Milliliter- und Liter-Maßstab bei vergleichbaren Durchmischungszahlen un-tersucht. Zusätzlich wurde reine mikrokristal-line Zellulose hydrolysiert. Es konnte gezeigt werden, dass Suspensionen mit 20% Fest-stoffanteil mikrokristalliner Zellulose und 8% vorbehandeltem Weizenstroh gleichmäßig homogenisierbar und somit für eine effektive enzymatische Hydrolyse von suspendierten Pflanzenmaterialien einsetzbar sind. Für die freigesetzten Monosaccharide konnten bei vergleichbaren Durchmischungszahlen im Milliliter-Rührreaktor nahezu identische Glukose-Freisetzungen zum Standard-Rührkesselreaktor im Liter-Volumen erreicht werden (Abb. 2B).

Fazit

Mit den neu entwickelten, 48-fach paralleli-sierten Rührreaktoren im Milliliter-Maßstab ist es erstmals möglich, Feststoffanteile und Partikelgrößen vergleichbar zum Liter-Maßstab enzymatisch zu Monosacchariden zu hydrolysieren. Damit konnte ein schnelles und effi zientes Verfahren zur Evaluierung und Optimierung enzymatischer Hydrolysen von Pfl anzenmaterialien entwickelt werden. Ver-gleichbare verfahrenstechnische Parameter, wie Leistungseintrag oder Durchmischung ermöglichen eine einfache Maßstabsvergrö-

ßerung vom Milliliter- in den Liter-Maßstab. Eine Automatisierung ist einfach mit einem Pipettierroboter möglich.

Literatur[1] Chundawat SPS, Balan V, Dale BE (2008): Biotechnol

Bioeng 99:1281-1294.[2] Gebhardt G (2010): Reaktionstechnische Untersuchungen

von rekombinanten Saccharomyces cerevisiae zur Bern-steinsäureherstellung. Dissertation. Lehrstuhl für Biover-fahrenstechnik. Technische Universität München

[3] Hortsch R, Stratmann A, Weuster-Botz D (2010): Biotech-nol Bioeng 106: 443-451.

[4] Höfel T, Wittmann E, Reinecke L, Weuster-Botz D (2010): Appl Microbiol Biotechnol 88: 477-484.

[5] Jäger G, Wulfhorst H, Zeithammel EU, Elinidou E, Spiess AC, Büchs J (2011): Biotechnol J 6:1-12

[6] King BC, Donnelly MK., Bergstrom GC, Walker LP, Gibson DM (2009): Biotechn Bioeng 102:1033-1044.

[7] Knorr B, Schlieker H, Hohmann H-P, Weuster-Botz D (2007): Biochem Eng J 33: 263-274.

[8] Kusterer A, Krause C, Kaufmann K, Arnold M, Weuster-Botz D (2008): Bioprocess Biosyst Eng 31: 207-215.

[9] Riedlberger P, Weuster-Botz (2010): Rührorgan für Flüssig-keiten. Gebrauchsmusterschrift DE 20 2010 011 902 U1

[10] Riedlberger P, Weuster-Botz D (2012): Bioresource Technol 106: 138-146.

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[12] Song L, Laguerre S, Dumon C, Botonnet S, O´Donohue MJ (2010): Bioresource Technol 101:8237-8243.

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[14] Weuster-Botz D, Puskeiler R, Kusterer A, Kaufmann K, John GT, Arnold M (2005): Bioprocess Biosyst Eng 28: 109-119.

Korrespondenzadressen

2mag AGDr. Tanja KurzrockSchragenhofstr. 35 J-K80992 MünchenTel: +49-(0)-89-143342-52Fax: +49 (0)[email protected]

Technische Universität MünchenLehrstuhl für BioverfahrenstechnikProf. Dr.-Ing. Dirk Weuster-BotzDipl.-Ing. Peter RiedlbergerBoltzmannstraße 1585748 [email protected]

Abb. 2: (A) Mischzeit bis zu einem Homogenisierungsgrad von 97% als Funktion des Leistungs-eintrags des neu entwickelten „S-Rührers“ in magnetisch-induktiv angetriebenen Mil-liliter-Rührreaktoren. (B) Enzymatische Hydrolyse im Satzverfahren im 10 ml-Maßstab verglichen mit dem 1 l-Maßstab im Rührkesselreaktor (vol. Leistungseintrag < 0,4 W L-1, T = 50 °C, pH 5,0)

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Fermenter & Prozesse Paperwelt

LABORWELT:Was ist der Hintergrund Ihrer Arbeiten?

Spadiut:Im Rahmen der Quality by Design (QbD)-Initia-tive fordert die FDA vor allem pharmazeutische Betriebe zu erhöhtem Prozessverständnis und

wissenschaftlich basierter Prozesskontrolle auf, um auf dieser Basis gesicherte Produktqualität und -quantität zu erzielen. Viele pharmazeu-tisch relevante Proteine werden momentan rekombinant, also mittels gentechnisch ver-änderter Mikroorganismen, hergestellt. Ein wichtiger Organismus hierfür ist die Hefe Pichia

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pastoris. Eines der Ziele unserer Arbeit ist es, basierend auf QbD-Prinzipien innovative und effektive Bioprozesse mit diesem Mikroorganis-mus zu entwickeln und aufgezeichnete Daten und erhaltene Informationen in Wissen umzu-wandeln, um das generelle Prozessverständnis zu erhöhen und wissenschaftlich basierte Bioprozesse generieren zu können.

LABORWELT:Wie sind Sie methodisch vorgegangen?

Spadiut:Zur Ertragssteigerung der methylotrophen Hefe P. pastoris und zur Verringerung von im Prozess produzierter Wärme und benötigtem Sauerstoff werden oft sogenannte „mixed-feed“-Strategi-en verwendet, das heißt, die Mikroorgansimen werden mit einer Mischung aus Glyzerin und Methanol gefüttert. Da Glyzerin in gewissen Konzentrationen jedoch die Expression re-kombinanter Proteine reprimiert, musste man das optimale Verhältnis dieser zwei Substrate bis dato in recht aufwendigen Experimenten bestimmen. In dieser Arbeit kontrollierten und variierten wir die „spezifi sche Substrataufnah-merate (qs)“ von Glyzerin und Methanol separat und konnten in nur wenigen Experimenten gewisse Effekte der einzelnen Substrate sowohl auf den Metabolismus der Hefe als auch auf die rekombinante Proteinexpression zeigen.

Optimierung von Mixed-Feeding-StrategienDénes Zalai, Christian Dietzsch, Christoph Herwig, Oliver Spadiut; A dynamic fed batch strategy for a Pichia pastoris mixed feed system to increase process understanding; Biotechnol Prog. 2012 Apr 14. doi: 10.1002/btpr.1551.

Feeding-Strategien mit verschiedenen Substraten werden oft untersucht, um die Expres-sion rekombinanter Proteine in Pichia pastoris zu verbessern. Normalerweise erfolgt die Optimierung des Substratmischungsverhältnisses oder der Methanolkonzentration empi-risch auf Basis zahlreicher Fed batch-Experimente oder zeitaufwendiger kontinuierlicher Prozesse. In einer aktuellen Studie haben Wiener Wissenschaftler um Oliver Spadiut die Substratversorgung mit Methanol und Glycerin einem Fed-batch-Prozess entkoppelt und den Einfluss der Substratauf nahmerate qs auf Substratflux und Expression des Modellpro-teins Meerrettich-Peroxidase in einer P. pastoris-Mutante untersucht. Mit dieser Strategie konnten Spadiut und Kollegen die spezifische Glyzerin-Aufnahmerate bestimmen, bei der die Produktivität nachließ.

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Paperwelt Fermenter & Prozesse

Oliver SpadiutUniv.-Ass. Dipl.-Ing. Dr. nat. techn. Oliver Spadiut promovierte 2008 im Bereich Biotechnologie an der BOKU Wien. Für seine Dissertation wurde er mit drei Wis-senschaftspreisen ausgezeichnet. Nach Forschungsaufenthalten an Universitäten in Thailand und Kanada und einer knapp zweijährigen Post-Doc-Zeit an der KTH in Stockholm, Schweden, ist er seit 2010 als Universitätsassistent am Institut für Biochemical Engineering unter der Leitung von Prof. Christoph Herwig an der Technischen Universität Wien (VUT) tätig.

LABORWELT:Was sind Ihre wichtigsten Ergebnisse?

Spadiut:Durch dynamische Fed-Batch-Experimente konnten wir die spezifi sche Aufnahmerate von Glyzerin, bei der die maximale spezifi sche Pro-duktivität eines rekombinanten Enzyms erzielt werden konnte und bei deren Überschreitung reprimierende Effekte hervorgerufen wurden, relativ einfach und innerhalb kurzer Zeit be-stimmen. Außerdem konnten wir den Vorteil einer dynamischen Prozessführung gegenüber

konventionellen Methoden zeigen und iden-tifizierten einen zeitabhängigen Effekt der Produktivität von P. pastoris. Diese Arbeit zeigt die Vorteile und den Nutzen der spezifi schen Substrataufnahmerate qs als Parameter für Bioprozesskontrolle und -optimierung in ei-nem mixed feed-System und unterstreicht die Bedeutung von dynamischen Experimenten in der Bioprozessentwicklung.

LABORWELT:Welcher direkte praktische Nutzen lässt sich aus Ihrer Arbeit ziehen?

Spadiut:Unsere innovative, auf der spezifischen Substrataufnahmerate basierende Strate-gie, die dynamische Batch- und Fed-Batch-Kultivierungen umfasst, ermöglicht eine schnelle und einfache Charakterisierung rekombinanter Hefestämme, erlaubt wissen-schaftlich basiertes Prozessverständnis und führt außerdem zu erhöhten spezifischen Produktivitäten. Alle diese Elemente stehen im Einklang mit den QbD-Leitlinien, weshalb man die von uns entwickelte dynamische Prozessführung basierend auf qs als wert-volle Erweiterung der bioprozesstechnolo-gischen Toolbox betrachten kann.

LABORWELT:Wie gehen Ihre Arbeiten nun weiter?

Spadiut:Wir arbeiten gerade an der Entwicklung und Implementierung von Konzepten und Tools, wie Soft-Sensoren, um diese dynamischen Feeding-Regimes online kontrollieren und steuern zu können. Außerdem überprüfen wir, ob unsere Strategie eine generische Methode darstellt, also ob wir sie auch auf andere rekombinante Produkte, verschie-dene Hefestämme und sogar andere Mik-roorganismen (zum Beispiel E. coli) sowie Säugerzellen anwenden können.

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Fermenter & Prozesse Benchtop-Bioreaktoren

Optimierung der Bioprozessentwicklung Claudia M. Hüther und Kathrin Schmale, DASGIP GmbH, Jülich

Die biopharmazeutischen Märkte sind in den letzten beiden Jahrzehnten permanent gewach-sen. Der weltweite Umsatz wird bis 2015 voraussichtlich auf 126 Mrd. EUR ansteigen1; zwischen 2009 und 2016 gehen Analysten von Research & Markets von einem jährlichen Umsatzplus von durchschnittlich 11,2% aus. Um diese Erwartungen zu erfüllen, muss die Biotechnologie-Industrie allerdings ihre Entwicklungskosten senken, Fehler in der späten klinischen Entwicklung minimieren, die Entdeckung neuer Targets und Molekularklassen vorantreiben und die Prozessentwicklung insgesamt beschleunigen.

Die „Quality by Design“-Initiative (QbD) der US-amerikanischen Arzneimittelzulassungs-behörde (FDA) bietet Orientierungshilfen zur Verringerung des regulatorischen Aufwands, der mit der Zulassung von Arzneimitteln verbunden ist. Verfahrensweisen werden rationalisiert, die Entwicklungszeiten für Me-dikamente verkürzt und die Arbeitsauslastung optimiert. In der Definition der FDA heißt es: „Quality by Design bezeichnet das Design und die Entwicklung eines Produkts und der dazu-gehörigen Herstellungsprozesse, die während der Produktentwicklung eingesetzt werden, um zu gewährleisten, dass das Produkt am Ende des Herstellungsprozesses stets die vorab definierte Qualität erreicht“.

Auch wenn die Vorteile von QbD vor al-lem in der Produktion zum Tragen kommen, wirkten sie bis in die frühesten Stadien der Produktentwicklung zurück. Die statistische Versuchsplanung (Design of Experiments, DoE), maßstabsgetreue Prognose-Modelle und präzise Prozessanalysen während der Entwicklung fallen allesamt in den Bereich des QbD-Gedankens.

Technologie für die Bioprozessentwicklung

Die frühe Prozessentwicklung umfasst neben der Zelllinien- und Klonauswahl auch das Screening von Medien, Substratkomposition und Fütterungsstrategien sowie anderer Prozessbedingungen. Traditionell werden hierzu Schüttelkolben eingesetzt, obwohl deren Einschränkungen allgemein bekannt sind. Sie ermöglichen indirekt die Kontrolle von Temperatur, des Umgebungsgases und der Agitationsrate. Die Überwachung und Kontrolle von kritischen Prozessparametern wie beispielsweise dem pH-Wert, dem Ge-löstsauerstoff (DO) oder das Anwenden von definierten Fütterungsprofilen sind mit die-sen Gefäßen allerdings nicht möglich. Diese kritischen Faktoren beeinflussen jedoch das Verhalten, die Lebensfähigkeit und Produkti-

vität der Kulturen und damit letztendlich die Produktqualität und -stabilität. Die Auswahl von suboptimalen Klonen in einer frühen Entwicklungsphase ist bei der Verwendung von Schüttelkolben nichts Ungewöhnliches. Daraus kann eine verringerte Zellproduktivität und Produktqualität während der gesamten Entwicklung resultieren.

Dieses Risiko lässt sich eliminieren, wenn bereits während des Screenings Geräte verwendet werden, deren physikalische und mechanische Eigenschaften Bioreaktoren im Produktionsmaßstab so gut wie möglich imitieren. Auf diese Weise lässt sich das Ziel von QbD umsetzen, Qualitätsmaßnahmen, die bereits während der Entwicklung eingeleitet wurden, zu einer hohen Produktqualität zu führen.

Moderne Benchtop-Bioreaktoren verfügen über das Potential, die erforderliche Prozess-konsistenz zu gewährleisten. Bei den heuti-gen hochentwickelten Benchtop-Systemen werden Sensoren und IT-Steuermodule eingesetzt, um kritische Prozessparameter wie Temperatur, pH-Wert, Gelöstsauerstoff und Agitation zu überwachen und zu regeln. Wie in Bioreaktoren im Produktionsmaßstab erfolgen Begasung und Substratzufuhr

nach vordefinierten Einstellungen. Manche Benchtop-Bioreaktoren sind sogar mit einer Prozessanalytik zur Echtzeit-Überwachung von Abgasen, Nährstoffen, Biomasse und anderen Parametern ausgerüstet.

Mittlerweile bieten verschiedene Hersteller Benchtop-Bioreaktorsysteme (meist kleiner als 10 l) an, die sich – mit Ausnahme ihrer Größe – praktisch nicht von industriellen Bioreaktoren im Produktionsmaßstab unterscheiden. Identi-sche Form-Verhältnisse ermöglichen beispiels-weise die Berechnung von hydrostatischem Druck und Sauerstofflöslichkeit, während angepasste Agitationssysteme für vergleich-bare Flüssigkeitsdynamik, Stoffübergang und Mischung sorgen. Wissenschaftler können somit anhand der Ergebnisse der Benchtop-Systeme bereits in der Prozessentwicklung das Zellwachstum und die Produktkinetik zum Beispiel eines 2.000 Liter-Bioreaktors vorhersagen.

Um in der Entwicklungsphase so viele In-formationen wie nötig zu ermitteln, ist der Maßstab des Bioreaktors entscheidend. Übli-cherweise werden Mikro- (unter 1 ml), Mini- (1 ml - 500 ml) und Benchtop-Maßstab (0,5 l - 10 l) definiert. Der Pilot- und Produktionsmaßstab umfasst normalerweise 10l bis 100 l bzw. mehr als 100 l, auch wenn das spezielle Volumen in Abhängigkeit von dem jeweiligen Produkt erheblich abweichen kann.

Typischerweise werden in der Prozess-entwicklung Benchtop-Bioreaktoren mit Arbeitsvolumina von zwei bis drei Litern ein-gesetzt. Der vergleichsweise große Platzbedarf schränkt die Verwendung solcher Bioreak-toren bei hochgradig parallelen Screening-Schritten aber ein. Auch aufgrund ihres hohen Verbrauchs an wertvollen Materialien sind diese Systeme für schnelle Klon- und Zelllinien-Screenings oder die Medienentwicklung nicht optimal geeignet.

Häufig werden daher in der frühen Entwick-lung Modelle im Mikrotiterplattenformat ein-gesetzt. Viele Experten sind der Ansicht, dass diese Systeme für grundlegende Screening-Experimente, nicht jedoch für ernsthafte Pro-

Abb. 1: Paralleles Benchtop-Bioreaktorsystem für die Zellkultur

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Benchtop-Bioreaktoren Fermenter & Prozesse

zessentwicklungsarbeiten geeignet sind. Dr. Frank Baganz vom University College London hat den direkten Zusammenhang zwischen Bioreaktor-Größe und der daraus resultieren-den Datenqualität wie folgt dargestellt: Je kleiner die Systeme sind, desto weniger sind sie in der Lage, aussagekräftige Prozessdaten zu liefern.

Mini-Bioreaktorsysteme liefern die größte Flexibilität

Das Merck Research Institute definiert das op-timale Bioreaktor-System im Kleinmaßstab zur Prozessentwicklung als paralleles Bioreaktor-System mit mindestens 24 einzelnen Bioreak-toren und jeweils ca. 100 ml Arbeitsvolumen, doppelter Kapazität für Säugetierzellkulturen oder mikrobielle Fermentation und automa-tischer Probennahme. Nur wenige handels-übliche Systeme erfüllen diese Kriterien für Bioreaktor-Systeme im Kleinmaßstab.

Miniaturisierte Benchtop-Bioreaktoren sind mit den verschiedensten Konfigurationen und Datenverarbeitungsleistungen erhältlich. Der Hauptfaktor bei der Beurteilung dieser Systeme ist das Maß an Übertragbarkeit des Labormaßstabs auf den Pilot-/Produktions-maßstab. In Tabelle 1 sind die spezifischen Faktoren erläutert, welche bei der Beurteilung eines Benchtop-Systems zu berücksichtigen sind.

Fazit

Der wachsende Markt für Biopharmazeutika ist stark umkämpft. Sobald Patente auslaufen, sehen sich die Entwickler von Urheber-Produk-ten dem Wettbewerb von Wettbewerbern und Biosimilar-Entwicklern ausgesetzt. Unterneh-men, die die Arzneimittelentwicklung rationa-lisieren, werden mit niedrigeren Entwicklungs-kosten, kürzeren Fristen und möglicherweise geringeren Herstellungskosten belohnt. Zur Ausschöpfung dieser Wettbewerbsvorteile müssen weder neue molekularen Targets oder Molekülklassen entdeckt noch eine vollkommen neuartige Prozessausrüstung oder Grundoperationen eingeführt werden: Diese Nutzeffekte sind bereits innerhalb der Unternehmen mit Prozessentwicklungskom-petenzen vorhanden.

Moderne Benchtop-Bioreaktoren haben die Art und Weise verändert, wie die Hersteller von biopharmazeutischen Produkten die Prozessentwicklung standardisieren und rati-onalisieren. Diese Systeme, die die kritischen Aspekte der großtechnischen Fermentation und Zellkultur imitieren, bieten Daten- und Informations-Managementtools, die die Einhaltung behördlicher Vorgaben sowohl im Hinblick auf die Zulassung als auch auf die QbD-konforme Prozessentwicklung un-terstützen.

Potentielle Käufer von miniaturisierten Benchtop-Bioreaktoren sind gut beraten, eine Checkliste mit den Faktoren zu erstellen, die für ihre Arbeitsabläufe sowie ihre regulato-rischen und wissenschaftlichen Bedürfnisse relevant sind. Dies wird ihnen angesichts der breit gefächerten Produktlandschaft dabei helfen zu beurteilen, welche dieser Faktoren die jeweiligen Systeme vorweisen können. Diese Funktionen und Anforderungen variie-ren abhängig von den aktuellen und zukünf-tigen Prozessentwicklungsanforderungen des Endnutzers.

Die führenden Anbieter von Benchtop-Bioreaktoren arbeiten stetig an der Ver-besserung von Funktionalitäten und der Vor-hersagbarkeit ihrer Miniatur-Systeme. Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren eine breitere Palette an Geräten zur Verfügung stehen wird, die für das Screening und die frühe Prozessentwicklung konzipiert sind, insbesondere in einem Größenbereich der zwischen Mikro- und Benchtop-Geräten angesiedelt ist.

Literatur[1] US Biopharmaceutical Market – Trends, Forecast, Competition

& Strategic Analysis (2009-2016), Markets and Markets, 2010[2] DePalma A, Microreactors Carve out Growing Niche, Genetic

Engineering & Biotechnology News 30(3), 2010[3] Global Biopharmaceutical Market Report (2010-2015), In-

ternational Market Analysis Research and Consulting Group (IMARC), 2010

[4] US Food and Drug Administration, Guidance for Industry: Quality Systems Approach to Pharmaceutical CGMP Regulati-ons, 2006

[5] Betts JI and Baganz F, Miniature bioreactors: current practices and future opportunities, Microbial Cell Factories 5(21): 2006

[6] Bareither R and Pollard D, A review of advanced small-scale parallel bioreactor technology for accelerated process de-velopment: current state and future need, Biotechnology Progress 27: pp2-4, 2011

Korrespondenzadresse

Claudia M. HütherDASGIP GmbHRudolf-Schulten-Str. 5, 52428 [email protected]

Faktoren für die erfolgreiche Wahl geeigneter Benchtop-Bioreaktortechnologie

Arbeitsvolumen Die Gefäßgröße variiert von einigen Mikrolitern bis hin zu mehren hundert Millilitern. Mischverhältnisse, Gasaustausch und Aspekt-Ratio-Verhältnisse sollten vergleichbar mit größeren Systemen sein, um die Übertragbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

Prozessparameter Die Überwachung der Prozessparameter im Rahmen der QbD-basierten Prozessentwicklung sollte der geplanten Prozessanalytik in den späteren Phasen entsprechen. Die kritischen Prozes-sparameter sollten sich systematisch erfassen lassen . Die Nutzer sollten auf die Möglichkeit zur Integration von Analysegeräten und Software sowie Automatisierungsoptionen achten.

Automatische Probennahme

Diese Funktion erspart die manuelle Probenentnahme aus dem Bioreaktor wie auch der weite-ren Analyse dieser Proben. Es gilt jedoch zu beachten, dass die vollständige Automatisierung, beispielsweise durch Robotik, nicht die echten Prozessabläufe im größeren Maßstab dupliziert.

Parallelität Es gilt hierbei die geeignete Anzahl an simultan geführten Prozessen zu ermitteln, die es ermöglichen die kritischen Prozessparameter zuverlässig einzugrenzen ohne eine übermäßige Datenflut zu generieren. Die Vergleichbarkeit der Messmethoden mit größeren Systemen muss dabei gewährleistet sein.

Einmal-Gefäße Ebenso wie in der biopharmazeutischen Produktion verursachen Einmal-Gefäße zwar erhöhte Materialkosten, verkürzen jedoch die Leerlaufzeit zwischen einzelnen Prozessdurchläufen und machen Reinigung, Sterilisierung und die dabei nötige Validierung überflüssig.

Computerisierung Hierzu zählen die Kontrolle der einzelnen Prozessparameter (pH, Temperatur, DO usw.) sowie die Datenerfassung, die Integration in den IT-Backbone (Archivierungssysteme, Prozessleit-systeme), Datenerfassung, -analyse und -speicherung. In diesem Zusammenhang sind die Schnittstelle und Benutzerfreundlichkeit von Bedeutung.

Scale-Up Das Hauptziel von Scale-Down-Experimenten ist es, mit Hilfe der kleinvolumigen Kulturen das Verhalten im großen Maßstab vorherzusagen. Systeme, die diese prädiktive Funktion nicht besitzen, sind Schüttelkolben in keiner Weise überlegen. Zu berücksichtigende Faktoren sind das Formdesign des Bioreaktors, Rührung, Substratzufuhr, Prozessüberwachung, -Kontrolle und -Regelung sowie die Probennahme.

Platzbedarf Miniaturisierte Benchtop-Bioreaktoren sollten einen Platzbedarf aufweisen, der Hinsichtlich Wartung, Betrieb, Service und Workflow gut zu handhaben ist. Anwender sollten sich der Kom-promisse zwischen Reaktorgröße, Platzbedarf, Durchsatz und Datenqualität bewusst sein.

Modularität Die Software sollte den Einsatz von zwei oder mehreren Mini-Bioreaktorsystemen ermögliche und damit eine nahtlose Konnektivität für die Datenerfassung, -Analyse und -Transfer bieten.

Upgrading Nutzer sollten berücksichtigen, dass Weiterentwicklungen bei Überwachungs- und Kontrollfunktionen auch nachträglich installiert werden können.

Konnektivität von externen Geräten und Software

Die nahtlose Integration von Laborgeräten wie Analysatoren (z.B. HPLC, Massenspektrometern oder Zellzählern), automatische Probennahme und Liquid-Handling ermöglicht das Ermitteln qualitativ hochwertiger Daten sowie das Verkürzen von Entwicklungsphasen. Das Einbinden gezielter Software unterstützt z.B. die Versuchsplanung nach den QbD-Vorgaben (Design of Experiments, DoE) und ermöglicht die QbD-konforme Dokumentation.

Tab. 1: Bei der Auswahl geeigneter Bioreaktorsysteme sollten Anwender die Anforderungen an ihr neues System evaluieren, insbesondere mit Hinblick auf spezielle Erfordernisse des Entwicklungsprozesses und die spätere Produktion und Zulassung.

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Fermenter & Prozesse Zelltherapie

GMP-gerechte Kultur von mesenchymalen Stammzellen Prof. Dr. Ralf Huss, Dr. Christoph Peter, Dr. Suncana Kern, Dr. Christine Günther, apceth GmbH & Co. KG, München

Die GMP-gerechte Kultivierung von mesenchymalen Stammzellen sowie die Erfüllung der um-fassenden europäischen und nationalen arzneimittelrechtlichen Vorgaben sind die Grundvoraus-setzung für eine klinische Prüfung und Zulassung entsprechender Zellpräparate für den Einsatz am Menschen. Hierzu gilt es, einen entsprechenden Prozess zu entwickeln und kontinuierlich im Rahmen des Qualitätsmanagements zu verbessern, wie es seit langem für die Herstellung und das „in den Verkehr bringen“ von nicht zellbasierten Therapien üblich ist. Nur so können die Sicherheit und der Nutzen einer neuen Therapieform auf der Basis von mesenchymalen Stammzellen für den Patienten weitestgehend garantiert werden. In gleicher Weise erlaubt ein entsprechendes Herstellungs- und Kultivierungsverfahren die Vergleichbarkeit verschie-denster MSC-Präparate im Hinblick auf eine wissenschaftliche und (prä)klinische Bewertung von mesenchymalen Stammzellen.

Während hämatopoetische Stammzellen (HSCs) schon seit Jahrzehnten in der klinischen Behandlung von Leukämien oder anderen bösartigen Erkrankungen eingesetzt werden, haben em bryonale Stammzellen (ES-Zellen) oder induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) aufgrund ethischer Bedenken be-ziehungsweise noch unbekannter genetischer Risiken wohl zu Recht noch keinen unmit-

telbaren Einzug in die klinische Anwendung gefunden. Demgegenüber haben mesenchy-male Stamm- oder Stromazellen (MSCs) in den vergangenen Jahren zunehmende Bedeutung in der möglichen Behandlung verschiedenster Erkrankungen erlangt. Dies zeigt sich nicht zuletzt in einer stark ansteigenden Zahl an wis-senschaftlichen Publikationen und klinischen Prüfungen (www.clinicaltrials.gov)1-2.

Abb. 1: A-C Reinraum als Voraussetzung für die GMP-gerechte MSC-Kultivierung; D Knochen-mark als Ausgangsmaterial für die MSC-Isolierung; E Adhärente MSCs in Kultur; F Adipo gene Differenzierung von kultivierten MSCs.

MSCs sind adulte Stammzellen (Abb. 1), die sich zu therapeutischen und möglicherwei-se auch diagnostischen Zwecken aus fast allen humanen Gewebearten leicht isolieren lassen. Humanes Knochenmark (Abb. 1D), Fettgewebe oder Nabelschnurgewebe sind gängige Entnahmequellen; die Gewinnung und Kultivierung von MSCs sind daher im Ge-gensatz zu ES weitgehend unumstritten. Nach aktuellem Wissensstand birgt die klinische Anwendung von MSCs am Menschen zudem wahrscheinlich weniger Sicherheitsrisiken als die Anwendung von ES und iPS1,2.

Die umfassende Charakterisierung von MSCs und ihrer biologischen Funktion in vitro und in vivo hat gezeigt, dass ihre Wirkung in der Zelltherapie durch die Sekretion von parakrinen Faktoren vermittelt wird, die zur Geweberegeneration, einer beschleunigten Wundheilung und zur Immunmodulation führt. Im Gegensatz dazu wird in der Zellersatzthera-pie die Fähigkeit der MSCs zur Differenzierung in ausgereifte Zellen aller Keimbahnen genutzt, zum Beispiel beim Tissue engineering1-3.

Unabhängig von der Art der Zelltherapie und der gewählten medizinischen Indikation zur klinischen Behandlung am Menschen ist die Kultivierung von MSCs immer ein sehr komplexer pharmazeutischer Prozess. Die Hauptgründe dafür liegen sowohl im hohen wissenschaftlich-medizinischen und regulato-rischen Innovationsgrad sowie in den (zell)bio-logischen Wirkungsmechanismen im Körper, die bisher noch nicht vollständig erforscht und verstanden sind. Die zwei wichtigsten Aspekte müssen aber ohne Ausnahme bei jedem Zell-präparat erfüllt werden: (i) die wichtigen biologischen Eigenschaften,

welche das therapeutische Potential von MSCs hegen, sollten bei ihrer Kultivierung erhalten oder sogar gefördert werden; und

(ii) alle potentiellen Risiken für die Patienten sollten weitestgehend vorhersagbar sein und möglichst ausgeschlossen werden.

EU-Regularien

Um die Herstellung derart pharmakologisch wirksamer MSCs für die sichere klinische Anwendung am Menschen zu gewährleisten, werden kultivierte MSCs für die klinische An-wendung in Europa als sogenannte Advanced therapy medicinal products (ATMP) behan-delt. Im Rahmen der ATMP-Verordnung (EC 1394/2007) hat der europäische Gesetzgeber die EG-GMP-Richtlinien (2003/94/EG) und die pharmazeutischen Standards auch bei der Kultivierung von MSCs für die klinische Anwendung durchgesetzt4,5. Das Hauptziel ist, einen umfassend sicheren, robusten und standardisierten, GMP-gerechten Produk-tionsprozess durch das Zusammenspiel der voneinander unabhängigen Komponenten GMP-Herstellung, GMP-Qualitätskontrolle und GMP-Qualitätssicherung sicherzustellen (Abb.

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Zelltherapie Fermenter & Prozesse

2). Dementsprechend ist seit Dezember 2011 in der pharmazeutischen Entwicklung von MSCs in Europa eine Herstellungserlaubnis in Ver-bindung mit einem indikationsabhängigen „Investigational Medicinal Product Dossier“ (IMPD) erforderlich4. Die nach den GMP-Richtlinien hergestellten MSCs können dann als klinisches Prüfpräparat (Annex 13, EG-GMP-Leitfaden) in einer klinischen Studie eingesetzt werden. Nach beendeter klinischer Studie kann dann die zentrale europäische Zulassung als ATMP-Arzneimittel durch die European Medicines Agency (EMA) erfolgen, da im Falle von ATMPs keine lokale Zulassung möglich ist. In bestimmten Ausnahmefällen ist auch eine Anwendung außerhalb einer klinischen Studie durch die sogenannte „Hospital exemption“ nach § 4b Abs. 3 AMG möglich6. Dies sollte jedoch auch von Seiten des Gesetzgebers nur eine Ausnahme bleiben.

Wissenschaftlich-technische und Qualitäts-Voraussetzungen

Der GMP-Leitfaden regelt ausführlich, welche wissenschaftlich-techni-schen und qualitativen Voraussetzungen bei der Herstellung von MSCs als Arzneimittel gegeben sein müssen5. Die GMP-gerechte Kultivierung von MSCs fi ndet in überwachten Reinräumen statt, die – je nach den in ihnen stattfi ndenden Produktionsschritten – klassifi ziert sein müssen (Abb. 1 A-C). Der EG-GMP-Leitfaden sieht zum Beispiel für Durchführun-gen am offenen Produkt die höchste Reinheitsklasse A vor – im Gegensatz zu Produktionsschritten in geschlossenen Systemen, die in niedrigeren Reinheitsklassen C oder sogar D durchgeführt werden können. Die Rein-heitsklassen sind durch Grenzwerte der in den jeweiligen klassifi zierten Bereich vorkommenden Partikel und Keime defi niert5,7. Die Einstufung, welche Prozessschritte in welcher Umgebung durchgeführt werden müs-sen, sollten durch eine Risikoanalyse des Prozesses festgelegt werden5,7. Dabei werden alle durchzuführenden Prozessschritte unter dem Aspekt betrachtet, wie hoch das Risiko einer Beeinträchtigung der Qualität der Zellkultur oder das Risiko für den Patienten ist.

Der wesentliche Bestandteil der GMP-gerechten Kultivierung von MSCs ist eine kontinuierliche Durchführung von Qualitätskontrollen (Abb. 2). Diese beginnt bereits bei den Ausgangsmaterialien (z.B. Kno-chenmark), führt weiter über einen oder mehrere in-Prozess-Kontroll-punkte bis zur Qualitätskontrolle des Endproduktes und schließlich der Freigabe des Produktes für die Anwendung im Patienten durch die „Qua-lifi ed Person“ (QP). Die Qualität des Produktes wird über Spezifi kationen defi niert, die das Endprodukt erfüllen muss. Kriterien für die Freigabe der kultivierten MSCs sind die Identität, Reinheit, Sterilität, Wirksamkeit und genetische Stabilität. Ein Problem, das sich bei der Produktion von MSCs stellt, ist, dass es bislang keinen Oberfl ächenmarker gibt, der für die Identitätsbestimmung von MSCs benutzt werden könnte. Nichts-destotrotz wird weiterhin versucht, einen solchen spezifi schen Marker zu identifi zieren, der tatsächlich eine Bedeutung für die Funktion von MSCs besitzt. So hat sich die „International Society of Cell Therapy“ (ISCT) zunächst um einen Kompromiss aus einer Kombination von Ober-fl ächenmarkern und Differenzierungspotential als Identitätskriterien für MSCs bemüht8. Ein zuverlässiges Qualitätssicherungssystem begleitet die Qualitätskontrolle sowie die Herstellung und gewährleistet, dass zu jedem Zeitpunkt der Produktion alle GMP-Standards vollständig befolgt werden (Abb.2).

Quality-by-design

Die Wichtigkeit des Zusammenspiels von Qualitätskontrolle, Quali-tätssicherung und Produktion bei der GMP-konformen Kultivierung ist besonders im pharmazeutischen Quality-by-design-Konzept ersichtlich (Abb. 2)10. Quality-by-design bedeutet, dass die Qualität ein Bestandteil des Produktes ist und daher bei der Entwicklung des Produktes und dem Herstellungsprozess berücksichtigt und in die Prozesse eingebaut werden muss. Dabei sollten kontinuierliche Risikoanalysen und das Knowledge-Management

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LABORWELT

Abb. 2: Kontrolle über den Prozess führt zur Robustheit des Prozesses und zur Sicherheit des Produktes.

(i) eine weitestgehende Kontrolle über das MSC-GMP-Produkt,

(ii) die kontinuierliche Adaptation und Verbes-serung der Prozesse, und

(iii) eine rasche Behebung aller aufgetretenen Abweichungen sowie deren künftige Vermeidung (CAPA, „corrective action and preventive action“)

ermöglichen. Das risikobasierte Herangehen entwickelt sich mehr und mehr zu einem zentralen Bestandteil bei der Etablierung und Durchführung GMP-konformer Prozesse. Da-durch ist es möglich, schon vor und während der Entwicklung mögliche Risiken zu erkennen und zu minimieren. Die Risikoanalyse hilft wei-terhin, die wesentlichen Punkte zu identifi zie-ren, sich darauf zu konzentrieren und dadurch effi zienter und schneller zu einem robusten Prozess zu gelangen10.

Für die klinische Anwendung von MSCs ist die Expansion, durch die die Charakteristik und die Qualität der Zellen möglichst nicht verändert werden, eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen robusten Prozess. Hierbei bleibt die Diskussion weiterhin kontrovers, wie viele Zell-teilungen in der Zellkultur möglich sind, ohne die biologische Funktion von MSC zu beein-fl ussen. Unklar ist auch, welche Bedeutung die nachgewiesenen oder vermuteten genetischen Veränderungen besitzen, die in Abhängigkeit der Passagen in der Zellkultur, der Anzahl der Zellverdopplungen und der Kultivierungsdauer auftreten können9. Entscheidend hierfür sind auch die angewendeten Methoden, z.B. WGAS („whole genome association study”) oder der Karyotyp.

Während autologe MSCs kein Risiko der Transmission von genetischem Fremdmaterial zeigen, ist die standardisierte Kultivierung auch

nach GMP im Hinblick auf die Konsistenz des Prozesses zwischen einzelnen Präparaten im Gegensatz zu einem allogenen MSC-Zellpro-duktes zweifellos eine Herausforderung. Auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist die Herstellung von MSCs für die autologe Anwen-dung durch die kleine Chargengröße, bei der ein Produktionsprozess eine Charge für einen Patienten ergibt, eine größere Herausforderung als bei der Herstellung allogener Produkte. Bei diesen können in einem Produktionsprozess eine Charge für die Behandlung vieler Patienten hergestellt werden.

Literatur1. Huss, R. (2010) Stem Cells Dev. 19(5):593-4. 2. Trounson, A. (2009) BMC Medicine 7: 293. Baiguera, S., et al. (2012) Transplant International 25(4):

369-82 4. EU ATMP Verordnung: EC 1394/2007 5. EG-GMP-Leitfaden 6. Entscheidungsbaum: Hospital Exemption http://www.pei.

de/cln_101/nn_1946116/SharedDocs/Downloads/pu/inno-vationsbuero/entscheidungsbaum-_C2_A74b-amg,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/entscheidungs-baum-%C2%A74b-amg.pdf

7. EN ISO 146448. Dominici, M., et al. (2006) Cytotherapy, 8(4): 315-317 9. Sensebe, L., et al. (2011) Human Gene Therapy 22(1): 19-2610. Yu, L.X. (2008) Pharm Res. 25(4):781-791

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Ralf Huss (CSO)apceth GmbH & Co. KGMax-Lebsche-Platz 30, 81377 MünchenTel.: +49-(0)89-700-9608-33Fax: +49-(0)[email protected]

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LABORWELT 13. Jahrgang | Nr. 2/2012 | 15

Expertenpanel Fermenter & Prozesse

BioökonomieProf. Dr. Eckhard Boles, Dr. Jürgen Eck und Rick Eno

Nirgendwo sonst weltweit wird derzeit mehr in die Vision einer wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Produktion gesteckt als in Deutschland. Bis zu 2,4 Mrd. Euro hat das BMBF bis 2016 für die „Nationale Forschungsstrategie BioÖkonomie“ eingeplant. Im Kern des langfristig angestrebten Produktionswandels hin zu biobasierten Verfahren geht es darum, industriege-führte Konsortien zu etablieren, die den Technologietransfer vom Labor- und Pilotmaßstab in die Anwendung schaffen. Dafür muss sich aber eine Voraussetzung einstellen, die in Europa nicht gegeben ist: Forschung muss schnell und effizient verwertet werden.

LABORWELTWelche Fortschritte gibt es bei der Entwick-lung von Produktionsorganismen, die Pento-sen und Hexosen aus Lignozellulose gleich-zeitig zur Fermentation von Biokraftstoffen nutzen können?

Boles:Biokraftstoffe der zweiten Generation, wie etwa Zellulose-Ethanol, entstehen durch Vergärung von pflanzlicher Biomasse. Die nach dem enzy-matischen Aufschluss anfallenden lignozellulo-sischen Hydrolysate enthalten nicht nur leicht vergärbare Glukose (C6-Zucker), sondern auch C5-Zucker wie Xylose und Arabinose. Obwohl auch immer wieder verschiedene Bakterienar-ten für die Vergärung der Hydrolysate ins Spiel gebracht werden, wird generell die Hefe Saccha-romyces cerevisiae aufgrund ihrer hohen Etha-nolproduktionsraten und der Prozessrobustheit als der geeignetste Mikroorganismus angese-hen. Der Nachteil von S. cerevisiae, nämlich die Unfähigkeit C5-Zucker zu vergären, konnte in den letzten Jahren mittels genetischer Metho-den weitestgehend behoben werden. Es stehen inzwischen verschiedene industriell einsetzbare C5-vergärende Hefen zur Verfügung.

Diese Hefen können Lignozellulose-Hydroly-sate mit Erträgen von mehr als 90% der theore-tischen Ethanolausbeute vergären. Jedoch wer-den dabei die C5-Zucker erst vergoren, nachdem die Glucose aufgebraucht ist. Das führt zu einer unerwünschten, deutlich verlängerten Prozess-dauer. Die Ursache ist, dass bisher für Hefezellen keine spezifischen Aufnahmesysteme für C5-Zu-cker zur Verfügung stehen. Stattdessen werden C5-Zucker nur langsam und unspezifisch mit Hilfe der Importsysteme für Glukose aufgenom-men. Für andere Zuckerarten und in Bakterien

konnte kürzlich gezeigt werden, dass wenn die Zellen jeweils spezifische Aufnahmesysteme ausbilden, verschiedene Zucker gleichzeitig und rascher vergoren werden können. Es besteht also dringender Bedarf hinsichtlich der Entwicklung spezifischer C5-Transporter für Hefen.

Eckhard BolesInstitut für Mole-kulare Biowissen-schaften, Goe-the-Universität Frankfurt am Main, Mitgründer der Butalco GmbH

LABORWELTWelche Fortschritte gibt es bei dem Bemühen, Chemikalien und Wertstoffe regenerativ zu erstellen, und wie ist Deutschland im interna-tionalen Vergleich aufgestellt?

Eck:Die Jubiläumsausgabe des Wirtschaftsmaga-zins Capital titelt im Mai dieses Jahres „In der Poleposition“ und weist Deutschland eine führende Rolle beim Eintritt in das Zeitalter der Nachhaltigkeit und der Bioökonomie zu. Im internationalen Vergleich haben wir diese Stellung aufgrund einer starken technologi-schen Grundlage insbesondere der industriellen „weißen“ Biotechnologie und den traditionell starken Ingenieurswissenschaften unter an-derem im Bereich Verfahrensentwicklung und Anlagenbau erarbeiten können. Nicht zuletzt hat uns der Fakt, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland noch nie mit Rohstoffreichtum gesegnet war, schon früher als andere über ressourceneffiziente Verfahren und Produkte nachdenken lassen. Zur Schließung von Stoff-kreisläufen muss das mittel- und langfristige Ziel klar die Erweiterung der Rohstoffbasis für die Herstellung von Chemikalien und Wert-stoffen sein. Dies kann nur unter Nutzung von Lignozellulose sowie industrieller Abfallströme wie CO2 als Rohstoffe durch hochspezialisierte mikrobielle Produzentenorganismen geschehen.

Jürgen EckChief Technology Officer, BRAIN AG, Zwingenberg

Ein Beispiel hierfür ist die Kooperation der RWE Power AG und der BRAIN AG zur Nutzung von CO2 aus Kraftwerksabgasen zur Herstellung von Kunststoffen und Plattformchemikalien, in der bereits erste bedeutende Meilensteine auf dem Weg zur Nutzung von CO2 als Rohstoff erzielt werden konnten. Eine solche Erweiterung der Rohstoffbasis würde Deutschland nicht nur den Ausblick auf einen schier unendlich verfügbaren Rohstoff geben, sondern auch über die Steige-rung der Rohstoffeffizienz einen klaren Vorteil im globalen Wettbewerb des beginnenden Wirtschaftszyklus der Bioökonomie verschaffen. Die „Poleposition“ haben wir erreicht, nun gilt es, diese konsequent auszunutzen und in den ersten Runden des Rennens den Vorsprung auszubauen. Die Startampel des Rennens ist spätestens mit der Bekanntgabe des „National Bioeconomy Blueprint“ der Obama-Administra-tion am 26. April auf Grün geschaltet.

Rick EnoCEO und Präsident, Metabolix Inc., Cambridge (Mass.), USA

LABORWELTWas macht Deutschland attraktiv für einen Hersteller des Biokunststoffes PHA?

Eno:Europa ist mit 50% Anteil der größte Markt für Bioplastik. Laut Freedonia Group soll sich der Weltmarkt für Biokunststoffe bis 2015 verdreifachen, mit Westeuropa als weiterhin größtem Verbraucher. Seine zentrale Lage macht Deutschland für uns als Hersteller von PHA zum idealen Standort. Sie ermöglicht es uns, den di-rekten Kundenkontakt zu intensivieren. Zudem bietet der BioCampus Cologne ein stimulieren-des Life Sciences-Umfeld. Von hier aus können wir sehr kosteneffizient unsere regionalen Initi-ativen zu erneuerbaren Chemikalien ausbauen. Des weiteren haben viele unserer Kunden hier ihren Standort. In Europa wollen wir besonders im Markt für kompostierbare Tragetaschen auf Basis unserer Mvera film- und Mirel-Marken expandieren. Ihre Eigenschaften sind äquiva-lent zu denen erdölbasierter Tragetaschen und können mit derselben Technologie und ähnlicher Produktivität wie diese verarbeitet werden. Da-rüber hinaus sind sie aber in Boden und Wasser abbaubar (Mirel) beziehungsweise industriell kompostierbar (Mvera). Zudem nutzen wir unsere PHA-Technologie zur Entwicklung bioba-sierter C3- und C4-Chemikalien, einem 10 Mrd. $-Weltmarkt mit Applikationen in Kunststofftei-len und Spandex (C3) sowie Farben, Klebstoffen, Windeln und Beschichtungen (C3).

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Fermenter & Prozesse Biosensorik

Chip-basierte Sensoren für die Biotechnik Dipl.-Ing. Matthias Bäcker, Prof. Dr.-Ing. Michael J. Schöning, Institut für Nano- und Biotechnologien (INB), Fachhochschule Aachen, Campus Jülich

Am Institut für Nano- und Biotechnologien (INB) der Fachhochschule Aachen wird seit mehreren Jahren an Chip-basierten Sensoren zur Erfassung chemischer und biologischer Größen geforscht. Zur Herstellung dieser Sensoren wird dabei auf bewährte Verfahren der Siliziumplanartech-nologie zurückgegriffen. Beispielhaft werden in diesem Artikel kapazitive Feldeffektsensoren zur pH-Messung und enzymbasierte Biosensoren zum Nachweis von Glukose, Glutamat und Glutamin vorgestellt.

Die Herstellung von pharmazeutischen Pro-dukten erfolgt heutzutage nicht mehr nur durch chemische Synthese, sondern auch biotechnologisch mit Hilfe lebender Zellen. Biotechnologische Prozesse sind in der Regel hochkomplex. Die verwendeten Zellen und Mikroorganismen müssen unter optimalen und definierten Bedingungen im Bioreaktor kultiviert werden, um reproduzierbar Pro-dukte hoher Qualität erzeugen zu können. Analytische Verfahren spielen somit eine zentrale Rolle bei dem Verständnis und der Optimierung dieser Prozesse1. Während der Kultivierung werden Substrate verbraucht und Produkte sowie Metabolite erzeugt. Die-se Änderungen haben direkten Einfluss auf die Umgebungsbedingungen im Bioreaktor. Zur Beschreibung dieser Bedingungen wer-den neben physikalischen Parametern (z.B. Temperatur, Druck) sowohl chemische (z.B. pH-Wert, Nährstoffkonzentration) als auch biologische (z.B. Zellaktivität) Parameter erfasst2. Aufgrund der möglichen Integration mehrerer Funktionalitäten innerhalb eines Bauelementes könnten hierbei Chip-basierte Sensoren als Analysetool Einsatz finden.

Kapazitiver pH-Sensor

Potentiometrische pH-Einstabglaselektro-den ermöglichen in der Bioverfahrenstechnik zwar einerseits eine permanente Überwa-chung des pH-Wertes, andererseits stellen deren unzureichende Autoklavierbarkeit und Handhabung im praktischen Einsatz limitie-rende Faktoren dar. Solche pH-Elektroden müssen für einen sterilen Messbetrieb autoklavierbar sein, was sowohl eine verrin-gerte Lebensdauer als auch Abweichungen in der Messcharakteristik (Kalibrierungs-fehler) zur Folge haben kann und häufig ein Austauschen der Elektroden notwendig macht. Während des Messeinsatzes kommt es zudem häufig zu Verschmutzungen oder Verstopfungen des Diaphragmas durch Be-standteile des Mediums (z.B. durch Proteine),

was zu Messungenauigkeiten führen kann. Daneben stellt vor allen Dingen Glasbruch bei unsachgemäßem Ein- und Ausbau eine weitere Hauptausfallursache dar.

Neue Alternativkonzepte auf der Basis von Feldeffektstrukturen wie etwa Ionen-sensitive Feldeffekttransistoren (ISFETs) scheitern bisher im Wesentlichen an einer unzureichenden Langzeitstabilität und Zuverlässigkeit im Messbetrieb sowie an den relativ hohen Herstellungskosten. Verglichen mit ISFETs bestechen planare EIS (Elektrolyt-Isolator-Silizium)-Strukturen (d.h. nicht photolithographisch strukturierte Feldeffektsensoren) durch ihre einfachere Herstellung und vielfältige Nutzbarkeit3.

Derartige kapazitive EIS-Sensoren be-stehen aus einem halbleitenden Silizi-umsubstrat, auf dem durch thermische Trockenoxidation eine etwa 30 nm dünne Siliziumdioxidschicht (SiO2) aufgewachsen wird. Zum Messbetrieb wird die Oberfläche des Sensorchips in Kontakt mit der Analyt-lösung gebracht. In den meisten Fällen kann der Sensorchip mit einem O-Ring gegen die Flüssigkeit abgedichtet werden, wodurch

ein aufwendiger Verkapselungsprozess wie z.B. bei ISFETs hinfällig wird. Der elektrische Stromkreis wird über eine Referenzelektrode (z.B. Ag/AgCl), welche Kontakt zum Elektro-lyten und ein definiertes Potential liefert, geschlossen (siehe Abb. 1a).

In Abhängigkeit von der Protonenkon-zentration des zu messenden Elektrolyten stellt sich an der Grenzfläche Elektrolyt/Isolator eine definierte Oberflächenladung ein. Diese wiederum führt zu einer Kapa-zitätsänderung der Sensorstruktur, welche die eigentliche Messgröße des Sensorchips darstellt. Wird nun die Kapazität der Sen-sorstruktur mit Hilfe eines Regelkreises konstant gehalten, so lässt sich der zeitliche Verlauf des Oberflächenpotentials direkt in Abhängigkeit vom pH-Wert bestimmen. Abbildung 1b zeigt beispielhaft das Sensor-verhalten in pH-Pufferlösungen im Bereich von pH 10 bis pH 3.

Zur Verbesserung der Sensorcharak-teristika kann eine weitere Dünnschicht auf dem SiO2 abgeschieden werden. Bei der Wahl eines geeigneten pH-sensitiven Transducermaterials zeigt insbesondere eine Doppelisolatorschicht bestehend aus SiO2 und Tantalpentoxid (Ta2O5) herausra-gende Eigenschaften. Ta2O5 ist chemisch äußerst beständig und weist eine nahezu Nernst ’sche Sensitivität auf. Mit Ta2O5-basierten pH-Sensoren wird eine Ansprech-zeit (90%) von weniger als einer Minute bei einer mittleren pH-Sensitivität von 57 mV/pH und einer Messgenauigkeit von 0,1 pH im Bereich von pH 2 bis pH 12 erzielt. Die Robustheit von Ta2O5 ermöglicht den Einsatz solcher Sensoren auch in (biologischen) Produktionsanlagen, die mittels Cleaning-in-place (CIP)- oder Sterilisation-in-place (SIP)-Verfahren gereinigt werden müssen. Auch nach bis zu 30 CIP- bzw. SIP-Zyklen konnte kein Nachlassen der pH-Sensitivität festgestellt werden3,5. Des Weiteren konnte der Einsatz eines EIS-Sensors zum inline-

Abb. 1: pH-Messgerät mit EIS-Sensor, Referenzelektrode und Probezelle (a) und exemplari-sche Messung im Bereich von pH 10 bis pH 34 (b)

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Biosensorik Fermenter & Prozesse

Monitoring des pH-Wertes während einer Zellkulturfermentation erfolgreich demons-triert werden3,6.

Mikrofl uidikchip mit enzymbasierten Biosensoren

Ein weiteres Anwendungsbeispiel, bei dem Chip-basierte Sensorsysteme eine Rolle spielen können, stellt die Erfassung von relevanten Nährstoffkonzentrationen bei Fermentati-onsprozessen dar. Am INB wurde als möglicher Lösungsansatz unlängst ein Mikrofl uidikchip entwickelt, der drei enzymbasierte, ampero-metrische Biosensoren zum Nachweis von Glukose, Glutamat und Glutamin auf einem einzigen Chip integriert7.

Die Herstellung des Mikrofluidikchips er-folgte in drei Schritten: Zunächst wurden Platindünnschichtstrukturen mittels Elek-tronenstrahlverdampfung abgeschieden und mit Lift-off-Technik strukturiert. Anschließend wurde ein linearer Fluidikkanal auf dem Chip durch photolithographische Strukturierung eines 100 µm dicken SU-8 Photolacks erzielt. Die Breite des Kanals beträgt 1,75 mm und der Abstand zwischen Einlass und Auslass 15 mm. Die Funktionalität der Biosensoren wurde durch Immobilisierung unterschiedlicher Enzyme ge-währleistet, die spezifi sch die Nährstoffkonzen-tration im Analyten detektieren. Zur Herstellung des Glukosesensors wurde hierzu auf Glukose-Oxidase zurückgegriffen, der Glutamatsensor basierte auf Glutamat-Oxidase. Die Detektion von Glutamin erfolgte durch Kopplung von zwei Enzymen: Glutaminase katalysiert die Umsetzung von Glutamin zu Glutamat, welches anschließend von Glutamat-Oxidase umgesetzt wird. Bei den Oxidase-basierten Reaktionen

entsteht als Nebenprodukt der enzymatischen Reaktion Wasserstoffperoxid. Dieses wird an den gegen eine Ag/AgCl-Referenzelektrode polarisierten Platinelektroden umgesetzt. Der resultierende Strom fungiert als Maß für die Analytkonzentration8.

In Abbildung 2a ist ein derartiger Mikrofl ui-dikchip mit immobilisierten Enzymmembranen dargestellt. Zur Messung wurde der Fluidikka-nal mit einem Plexiglasdeckel verschlossen und an ein Fließinjektionsanalyse-System angeschlossen. Die Biosensoren wurden systematisch hinsichtlich ihrer intrinsischen Sensoreigenschaften (Sensitivität, linearer Messbereich, untere und obere Nachweis-grenzen) charakterisiert. Abbildung 2b zeigt exemplarisch das Ansprechverhalten des Glutaminsensors auf eine dreifache Injektion von Analytlösung mit einer Glutaminkonzent-ration im Bereich von 0,01 mM bis 20 mM. Die ermittelten Sensitivitäten beliefen sich auf 1,47, 3,68 und 0,28 µAs/mM für den Glukose-, den Glutamat- bzw. den Glutaminsensor. Im Falle des Glukose- und des Glutamatsensors wurde eine untere Nachweisgrenze von 0,05 mM ermittelt, für den Glutaminsensor betrug diese 0,1 mM. Die Kennlinien des Glukose- und des Glutaminsensors verliefen linear bis zu einer Analytkonzentration von 20 mM, die des Glutamatsensors bis zu 10 mM.

Die Verwendung der bi-enzymatischen Nach-weisreaktion für den Glutaminsensor hat zur Folge, dass dieser einer intrinsischen Queremp-fi ndlichkeit gegenüber Glutamat unterliegt. Das bedeutet, der Glutaminsensor ist nicht allein in der Lage, zwischen Glutamat und Glutamin in der Messprobe zu unterscheiden. Dennoch konnte durch die zusätzliche Integration des Glutamatsensors eine Differenzanordnung realisiert werden, welche die Querempfind-

lichkeit signifi kant reduziert7. Das dargestellte Sensorprinzip lässt sich durch Modifi zierung der Rezeptorschicht beispielsweise durch Immobilisierung von weiteren Enzymen oder Ionen-selektiven Membranen erweitern.

Literatur [1] Ulber, R., Hitzmann, B., Scheper, T., Chemie Ingenieur

Technik 73 (2001), 19-26.[2] Rehbock, C., Beutel, S. Brückerhoff, T., Hitzmann, B.,

Riechers, D., Rudolph, G., Stahl, F., Scheper, T., Friehs, K., Chemie Ingenieur Technik 80 (2008), 267-286.

[3] Schöning, M.J., Brinkmann, D., Rolka, D., Demuth, C., Poghossian, A., Sensors and Actuators B 111-112 (2005), 423-429.

[4] Wagner, T., Maris, R.J., Ackermann, H.-J., Otto, R., Beging, S., Poghossian, A., Schöning, M.J., Sensors and Actuators B 127 (2007), 217-223.

[5] Bäcker, M., Beging, S., Biselli, M., Poghossian, A., Wang, J., Zang, W., Wagner, P., Schöning, M.J., Electro-chimica Acta 54 (2009), 6107-6112.

[6] Bäcker, M., Pouyeshman, S., Schnitzler, Th., Poghossi-an, A., Wagner, P., Biselli, M., Schöning, M.J., Physica Status Solidi A 208 (2011), 1364-1369.

[7] Bäcker, M., Rakowski, D., Poghossian, A., Biselli, M., Wagner, P., Schöning, M.J., Journal of Biotechnology (2012) 10.1016/j.jbiotec.2012.03.014.

[8] Bäcker, M. Delle, L., Poghossian, A., Biselli, M., Zang, W., Wagner, P., Schöning, M.J., Electrochimica Acta 56 (2011), 9673-9678.

Die Autoren danken S. Beging, A. Poghossian und T. Wagner für die technische Unterstützung und fachliche Diskussion.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Michael J. SchöningFachhochschule Aachen, Campus JülichInstitut für Nano- und BiotechnologienHeinrich-Mußmann-Str. 1, 52428 JülichTel.: +49-(0)241-6009-53215Fax: +49-(0)241-6009-53235www.fh-aachen.de/[email protected]

Abb. 2: Entwickelter Mikrofl uidikchip mit integrierten Biosensoren (a) und beispielhafte amperometrische Glutamindetektion (b)

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II

Automation Simulation/Modellierung

Realitätsnahe Simulation von ZellsignalprozessenBastian Angermann1, Frederick Klauschen1,2, Martin Meier-Schellersheim1, 1National Institute of Allergy and Infectious Diseases, Bethesda, USA; 2Charité Universitätsmedizin, Berlin

Die stetig besser werdenden experimentellen zellbiologischen Methoden aus den Bereichen der Proteomik, Genomik oder Mikroskopie bilden die gr0ße Komplexität biologischer Prozesse immer genauer ab. Allerdings stellt die optimale Nutzung der gewonnenen Messergebnisse, das heißt die Übersetzung in ein funktionelles Verständnis, große Herausforderungen an die Datenanalyse. Neben klassischen bioinformatischen oder statistischen Analysemethoden wird eine Integration experimenteller Ergebnisse mit quantitativen dynamischen Modellie-rungsansätzen benötigt. Die Erstellung entsprechender Modelle kann jedoch in vielen Fällen technisch so schwierig sein, dass selbst erfahrene Theoretiker auf starke Vereinfachungen bei der Beschreibung der komplexen biologischen Zusammenhänge zurückgreifen müssen. Die hier vorgestellte Modellierungsmethode überwindet viele der technischen Schwierigkeiten und erschließt auch primär experimentell arbeitenden Wissenschaftlern die Möglichkeit, morphologisch und biochemisch realistische Zellmodelle zu simulieren und damit Hypothesen quantitativ zu testen und mit experimentellen Daten abzugleichen.

In den letzten Jahren hat die Anzahl der Forschungsvorhaben sprunghaf t zuge-nommen, die sogenannte Discovery- oder Daten-getriebene Strategien verfolgen und mit neuen Hochdurchsatzverfahren aus der Genomik oder Proteomik primär umfassende Daten generieren. Im Allgemeinen gestatten diese Daten jedoch noch keine unmittelbaren Schlussfolgerungen auf die zugrundeliegen-den biologischen Mechanismen, sondern bil-den lediglich die Grundlage für das Aufstellen von Hypothesen, die dann in zielgerichteten Experimenten getestet werden müssen. Viele

Phänomene in der Biologie und Medizin ent-stehen durch ein komplexes Zusammenspiel zahlreicher molekularer Komponenten, die in biochemischen Netzwerken organisiert sind. Die Formulierung zellbiologischer und medizinischer Hypothesen wird durch diese Komplexität erschwert, da solche Gefüge nur noch schwer intuitiv zu erfassen sind, insbesondere, wenn die Hypothesen darauf abzielen, das dynamische Verhalten solcher Vielkomponenten-Systeme zu verstehen oder gar vorherzusagen. Die Schwierigkeit rührt vor allem daher, dass biologische Prozesse

Automation

Auf 4,1 Mrd. US-$ soll der globale Markt für Laborautomation in den nächsten drei Jahren wachsen. Zwar finden sich die Hauptabnehmer für automatisierte Produkte nach wie vor in der pharmazeu-tischen und Biotech-Industrie, doch wird Automation auch in der Grundlagenfor-schung – zum Beispiel in Sequenzierungs-projekten – immer wichtiger, um schneller zu Ergebnissen zu kommen und publizieren zu können. Zudem bieten hinreichend automatisierte und systemintegrierte Lösungen potentielle Einnahmequellen für die Auftragsforschung. Die meisten von der US-Automationsgesellschaft SLAS befrag-ten Unternehmen gaben an, in diesem Jahr IT-Dienstleistungen in Auftragsforschung erbringen lassen zu wollen, dicht gefolgt von Forschungsservices.

Von Bio-IT zu PCR

Um die Datenflut aus den immer zahlrei-cher werdenden Discovery- und Omics-Projekten interpretieren zu können, ist vor allem eines nötig: einfach zu bedienende bioinformatische Tools, die Aufschluss über die biologische Relevanz der Daten geben. Ein solches Werkzeug zur Modellierung von Signalketten stellen Angermann et al. in diesem Special vor. Wie weit sich die Auto-mation der quantitativen PCR treiben lässt, zeigen Forscher von Roche Diagnostics auf. Sie haben eine entsprechende PCR-Plattform für den Ultrahochdurchsatz in verschiedenen Applikationsfeldern, wie Mi-krobiologie oder Krebsdiagnose, getestet und stellen Daten zur Systemintegration mit Liquid-Handlern im 1.536-Well-Format vor. Hochdurchsatz ist auch gefragt, wenn es darum geht Diagnostiktests durchzufüh-ren. Was die Omics-Technologien bereits heute zur Hochdurchsatzdiagnostik bei-steuern können, erläutern Peter Nürnberg, Martin Blüggel und Alexander Kohlmann im LABORWELT-Expertenpanel. Highlight: Mit Proteininteraktionsanalyse gelang es unlängst, den ersten TH17-Blocker zu identifizieren.

Abb. 1: Definition der Rekrutierung eines Gabg-Heterotrimers an einen gebundenen Re-zeptor als Teil eines Modells der Aktivierung von G-Proteinen. Die linke Bildseite zeigt die Komplexe vor der Assoziation, der mittlere Bildteil das Produkt der Reak-tion, deren Parameter am rechten Bildrand spezifiziert sind. Der Nutzer kann durch Zeichnen einer Linie (im Bild grün) die Wechselwirkung zwischen der intrazellulären Bindungsstelle des zuvor definierten Rezeptor-Liganden-Komplexes mit dem Ga-Fragment des Heterotrimers definieren. Nachdem die Assoziationsrate festgelegt ist, ist die Rekrutierung vollständig beschrieben.

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Simulation/Modellierung Automation

wie etwa die Entwicklung der Immunantwort auf eine Infektion oft nichtlinear sind. Das bedeutet, dass man ihnen nicht unmittelbar ansieht, wie sich Unterschiede in den Aus-gangsbedingungen im Laufe der Zeit auf das Verhalten des Systems auswirken können.

Um dieser Problematik zu begegnen, wer-den mathematische Modelle und Computer-programme entwickelt, mit deren Hilfe das zeitlich-dynamische Verhalten biologischer Systeme simuliert werden kann1. Solche theo-retischen Ansätze können dem Biologen im Prinzip ein Werkzeug zur Verfügung stellen, mit dem Hypothesen getestet werden kön-nen, bevor Experimente gemacht werden oder mit dem geprüft werden kann, ob ex-perimentelle Ergebnisse mit bestehenden Modellen vereinbar sind. In der Zellbiologie ist das Ziel hierbei häufig, mit Hilfe der Simulationen zu untersuchen, ob eine Hy-pothese prinzipiell ein zelluläres Phänomen erklären kann (kommt die Simulation mit einigermaßen vernünftigen Annahmen dem experimentell beobachteten Sachverhalt wenigstens nahe) und welches Experiment am besten geeignet wäre, die Hypothese detaillierter zu prüfen.

Simulationen oft zu wenig realitätsnah

Ein Problem solcher Simulationsmodelle war aber bisher zum einen eine vereinfach-te – und damit teilweise realitätsferne – Darstellung der komplexen intrazellulären Signalprozesse. Zum anderen war die bei der Modellimplementierung technisch sehr aufwendige Erstellung der mathematischen Gleichungen schwierig. Dies ist besonders gravierend, weil es für solche Anwendungen von Computersimulationen in der biome-dizinischen Forschung wesentlich ist, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem echten und dem simulierten System (Modell) besteht. Sind die Abstraktionen zu stark, können die Simulationsergebnisse kaum noch mit den experimentellen Daten verglichen werden. Dies birgt zweierlei Gefahren in sich: Es kann sein, dass ein Modell versagt, ohne dass sich die Schwächen des Modelles biologisch analysieren lassen. Dann hat man aus dem Modell nichts lernen können. Zum anderen kann es passieren, dass ein abstrak-tes Modell gar nicht mehr falsifizierbar ist: Aufgrund der Abstraktion passt es zu einer zu weiten Klasse experimenteller Befunde. Modelle, die nicht falsifizierbar sind, sind wissenschaftlich jedoch nahezu wertlos. Viele Modelle in der mathematischen und auch der computergestützten Biologie sind sehr abstrakt und rechtfertigen dies oft mit dem Hinweis darauf, dass detailliertere Modelle auch detaillierte Daten benötigen, die nicht immer zur Verfügung stehen. Leider führt diese Argumentation in einen Teufelskreis:

Experimentatoren messen weniger Details als sie technisch könnten, weil keine Modelle gebaut werden, die diese Details verwenden würden und umgekehrt.

Besonders wichtig für das Testen von Hypo-thesen ist es auch, Modellveränderungen vornehmen zu können: Dabei liegt gerade in der Einführung von Mutationen oder der in silico (also simulierten) Applikation zielgerich-teter Inhibition einzelner Signalkomponenten der große Nutzen der Simulationsmodelle. Eine von uns in der Märzausgabe von Nature Methods vorgestellte Methode2 ermöglicht jetzt erstmals eine Kombination aus morpho-logisch und biochemisch realistischen Zell-modellen – mit einfacher Modellimplemen-tierung und -Simulation und der Möglichkeit, Modelle ohne technische Hürden überwinden zu müssen, an neue Fragestellungen anzu-passen. Eine grafische Benutzeroberfläche erleichtert dabei wesentlich die Modelldefi-nition und Simulation: I Zuerst wird das Signalnetzwerk definiert.

Vorteil der neuen Methode ist dabei, dass sie eine effiziente Erstellung auch hochkomplexer Netzwerke erlaubt, da lediglich die Moleküle und die relevanten bi-molekularen Interaktionen manuell definiert werden müssen (Abb. 1). Die Kon-struktion sämtlicher möglicher molekularer Komplexe und die Erstellung des eigentli-chen Signalnetzwerkes (definiert durch die Gesamtheit der Reaktionen zwischen den Komplexen) erfolgt im Anschluss vollauto-matisch. Dies ist einerseits wichtig, weil die Anzahl der möglichen multi-molekularen Komplexe die Zahl der einzelnen Signal-moleküle in der Regel um ein Vielfaches übersteigt und damit deren manuelle De-finition von einer gewissen Netzwerkgröße

an unpraktikabel und fehleranfällig wird. Des Weiteren wären manuelle Änderungen großer bestehender Signalnetzwerke sehr aufwendig, selbst dann wenn beispiels-weise nur das Bindungsverhalten eines einzelnen Proteins verändert werden soll. Denn die Reaktionen für alle Komplexe, in denen das Protein enthalten ist, müssten dann ebenfalls modifiziert werden. Dies bedeutet, dass die automatische Netzwerk-generierung insbesondere für die compu-tergestützte Erforschung pathologischer Signalpfadveränderungen von Bedeutung ist, da hierfür ausgehend vom physiolo-gischen (gesunden) Ursprungsnetzwerk einzelne oder mehrere Veränderungen in das Modell eingebaut werden müssen. Um etwa den Effekt einer für die Tumormedizin relevanten Kombinationstherapie eines EGFR-Inhibitors mit einem weiteren zielge-richteten Medikament in Zellen mit einer aktivierenden EGF-Rezeptor-Mutation (und ggf. weiteren Mutationen) zu untersuchen, müssen sämtliche beteiligten Komplexe und mathematischen Reaktionsgleichun-gen angepasst werden. Mit der automati-schen Netzwerkgenerierung erfordert dies lediglich eine manuelle Veränderung pro Molekül (anstatt für alle multi-molekularen Komplexe) mithilfe der grafischen Benut-zeroberfläche. Diese Methode erlaubt es daher auch biomedizinischen Wissen-schaftlern ohne größere Vorkenntnisse in mathematischer oder computergestützter Modellierung, detaillierte Modelle zellulä-rer Signalprozesse zu erstellen und so zum Beispiel die Effekte von Mutationen in in silico-Experimenten zu untersuchen.

I Nachdem die Signalkomponenten und ihre gegenseitigen Wechselwirkungen

Abb. 2: Definition zweier wechselwirkender Zellen im Celldesigner. Organische Zellformen können mit Hilfe der Schieberegler auf der linken Seite editiert werden. Änderungen werden in der räumlichen Darstellung in Echtzeit aktualisiert. Eine Durchdringung zweier Zellen wird automatisch vermieden. Für die im Bild türkis gefärbte Zelle wird der Zellkern gezeigt, dessen Form vom Nutzer frei bestimmt werden kann.

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Automation Simulation/Modellierung

bestimmt sind, wird die Form der Zelle(n), also das morphologische Zellmodell für die Simulationen definiert. Wiederum steht hierfür ein Werkzeug mit grafischer Benutzeroberfläche zur Verfügung. Mit dem ‚Celldesigner’ (Abb. 2) können na-hezu beliebige Zellgeometrien erzeugt werden, so dass ein direkter Vergleich der experimentellen Mikroskopiedaten mit den Ergebnissen der Simulationen möglich wird. Ein großer Vorteil der automati-sierten Erzeugung von Signalnetzwerken in der neuen Software ist, dass sich die simulierte Biochemie an sich verändernde zelluläre Formen anpassen kann, ohne dass der Benutzer in den Simulationsablauf eingreifen muss. Das bedeutet, die vor-gestellte Methode gestattet es erstmals, realitätsgetreue und dynamische Zellfor-men mit detaillierter Biochemie in Simu-lationen zu kombinieren. Des Weiteren ermöglicht die Software eine detaillierte Zuordnung der Signalmoleküle zu ver-schiedenen (teils durch Diffusionsprozesse kommunizierenden) Zellkompartimenten (membrangebunden oder zytosolisch). Diese Möglichkeit, Rezeptoren spezifischen Membranelementen zuzuweisen und ergänzend zu zytosolischen Molekülen zu betrachten, verbessert die Realitätstreue und damit den praktischen Nutzen der Simulationen.

I Schließlich wird die eigentliche Simulation des Modells durchgeführt. Die Simulati-onsergebnisse können in Echtzeit über eine grafische Benutzeroberfläche visualisiert werden, die die präzise Darstellung der Konzentrationen auswählbarer Signalmo-

Abb 3: Intrazellulärer Konzentrationsverlauf des aktivierten Fus3-Enzyms in einer simu-lierten Hefezelle

leküle im Zeitverlauf mit Bezug zur Zellform (Abb. 3) erlaubt.

Anwendung

Eines der zellulären Signalsysteme, die mit der neuen Methode detailliert untersucht wurden, ist das Reaktionsnetzwerk, das die lokalisierte Stimulation eines Pheromonrezeptors in He-fezellen mit der Aktivierung eines wichtigen Enzyms verbindet, der MAP-Kinase Fus3. Um solche Signale auszutauschen, nehmen die Hefezellen eine charakteristische birnen-artige Form an und nähern sich einander an der verjüngten Halsregion, in der dann die Pheromonrezeptoren stimuliert werden. Die Konzentration der Komponenten des Signal-netzwerks in dieser Region führt zu einer sehr effizienten Fus3-Aktivierung, deren Biochemie in einer beispielhaften Studie umfassend quantitativ untersucht wurde3. Die gemesse-nen Konzentrationen und molekularen Wech-selwirkungsparameter ermöglichten es, ein detailliertes Modell des Netzwerks zu bauen, das dann in eine realistische computergene-rierte Zellform eingebettet wurde. Obwohl das modellierte Netzwerk nur ein Dutzend Molekültypen enthält, führt die Tatsache, dass einige von ihnen an mehrere Reaktionspartner gleichzeitig binden und auch in verschiedenen Aktivierungszuständen vorliegen können, zu einer Vielzahl von Komplexkombinationen, de-ren Reaktionen als ein mathematisches System von mehr als 200 gekoppelten Differentialglei-chungen beschrieben werden müssen. Dazu kommt, dass unterschiedliche Bereiche der simulierten Zellen unterschiedliche Reaktions-

netzwerke beinhalten. Während herkömmliche Simulationsmethoden, bei denen jede einzelne Reaktion vom Modellierer spezifiziert werden muss, hier nicht anwendbar gewesen wären, war die neue automatisierte Methode in der Lage, die experimentellen Befunde nicht nur nachzuvollziehen, sondern darüber hinaus zu zeigen, wie wichtig die räumliche Organisation der Signalkomponenten für die effiziente Akti-vierung des Fus3-Enzyms ist.

Die hier beschriebene Software ist frei verfügbar, funktioniert auf Windows-, Macin-tosh- und Linux-Computern und kann über die Internetseite der Arbeitsgruppe für computer-gestützte Zellbiologie am Institut für Allergien und Infektionskrankheiten an den NIH (USA) direkt bezogen werden: http://go.usa.gov/QeH

Literatur

[1] Aldridge, B. B., J. M. Burke, et al. (2006). „Physicochemi-cal modelling of cell signalling pathways.“ Nat Cell Biol 8(11): 1195-1203.

[2] Angermann, B. R., F. Klauschen, et al. (2012). „Computa-tional modeling of cellular signaling processes embedded into dynamic spatial contexts.“ Nat Methods 9(3): 283-289.

[3] Maeder, C. I., M. A. Hink, et al. (2007). „Spatial regu-lation of Fus3 MAP kinase activity through a reaction-diffusion mechanism in yeast pheromone signalling.“ Nat Cell Biol 9(11): 1319-1326.

Danksagung

Die beschriebene Forschung wurde gefördert vom intra-muralen Forschungsprogramm des National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) der National Institutes of Health (NIH), USA.

Korrespondenzadressen

Bastian Angermann1

[email protected] Klauschen1,2

[email protected] Alex D Garcia1

[email protected] Zhang1

[email protected] Martin Meier-Schellersheim1

[email protected]

1Laboratory of Systems BiologyNational Institute of Allergy and Infectious DiseasesNational Institutes of HealthBethesda, Maryland, USA. 2Institut für PathologieCharite Universitätsmedizin, Berlin

www.laborwelt.de

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Real-time PCR Automation

Genotyping von Krebs und Pathogenen mittels Hochdurchsatz-PCRDr. Burkhard Ziebolz, Roche Applied Science, Penzberg

Anwendungen der Real-time PCR im Ultrahochdurchsatz stellen wegen der geringen einge-setzten Volumina und großen Geschwindigkeit besonders hohe Ansprüche an die eingesetzte Hardware. Unlängst konnten Forscher der französischen, für den Infektionsschutz zuständigen Behörde ANSES erstmals zeigen, dass das LightCycler® 1536 System (Roche Applied Science, Penzberg) die gefährlichen enterohämorraghischen E. coli (Serovar EHEC O26:H11)-Erreger des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) anhand einer einzigen Basenvariation im arcA-Gen von harmloseren EPEC-Stämmen unterscheiden kann5. Bislang waren die Tests nur auf we-sentlich langsamer arbeitenden PCR-Plattformen möglich, die statt 1.536 lediglich 96 Proben parallel verarbeiten können. Forscher des Pariser CRICM2 berichteten kurz darauf über einen neuen PCR-Assay auf dem LightCycler® 1536 System, der die empfindliche Quantifizierung seltenener Tumor-DNA in Blutproben ermöglicht. Mit dem neuen Test, der selten auftretende Mutationen des IDH1-Gens in einem Überschuss frei zirkulierender DNA erfasst, kann der prognostische Marker in Personen mit Hirntumoren (Gliomen) empfindlicher erfasst werden als mit bisherigen Standardverfahren. Die Detektion erfolgt auf Basis von sequenzabhängigen Änderungen der Schmelztemperatur von IDH1-Allelen und deren direkter Quantifizierung mittels digitaler PCR. In einer dritten Arbeit3 konnten Forscher der Firmen Labcyte und Roche die hohe Genauigkeit, Reproduzierbarkeit und Material- sowie Probenersparnis bei der mi-niaturisierten qPCR demonstrieren, die sich durch Kombination des Echo 555 Liquid Handlers mit dem LightCycler® 1536 System ergibt.

Infektionen mit dem Lebensmittelkeim E. coli 026:H11 können schwere Durchfälle hervor-rufen oder sogar zum lebensbedrohlichen hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) führen. Die Schwere des Verlaufs hängt unter anderem vom Erreger ab. Sogenannte EPEC-Stämme rufen meist bei Kindern Diarr höe hervor. Die gefährlicheren EHEC-Stämme, die blutige Darmentzündungen, Thrombozyto-penie und Nierenfunktionsstörungen verursa-

chen, forderten im vergangenen Sommer im Zuge des bisher schwersten EHEC-Ausbruches in Deutschland 56 Todesopfer. Mit klassischen mikrobiologisch-biochemischen Tests lassen sich EHEC- und EPEC-Stämme nicht vonein-ander differenzieren. Genotypisierung der Erregergene wzxO26, flicH11, eae-beta, stx, espK und arcA gestattet jedoch die schnelle und spezifische Bestimmung der meisten Subty-pen1. Während sich wzxO26, flicH11, eae-beta,

stx und espK mit Hochdurchsatz-qPCR iden-tifizieren lassen, stand für die qPCR-basierte Differenzierung von EHEC und EPEC auf Basis einer Einzelbasenvariation (SNP) im arcA-Gen bislang kein entsprechendes Verfahren zur Verfügung. Wissenschaftler der Agence Nati-onale de Sécurité Sanitaire de l‘Alimentation, de l‘ Environnement et du Travail (ANSES) um Sabine Delannoy haben unlängst gezeigt, dass die arcA-Genotypisierung auf dem LightCycler® 1536 Real-time PCR System hoch-präzise, schnell und mit hoher Reproduzierbar-keit durchgeführt werden kann5.

Mit dem System wurden dazu 148 E. coli-Stämme in Doppelansätzen getestet, deren Haplo typ durch Sequenzierung bereits bekannt war2. Zusätzlich wurden 33 O26:H11-Stämme unbekannten Genotyps bestimmt. Für die Real-time PCR, die mit der Bravo Liquid Dispenser-Plattform (Agilent) auf ein Endvolumen von 1 µl pro Well eingestellt worden waren, wurden die Primer an DNA-interkalierende Sonden (Minor-groove-binder, MGB) oder alternativ an LNAs (locked nucleic acid) gekoppelt.

Bei den insgesamt 769 durchgeführten Doppelansätzen zeigten sich keine PCR-Fehler und die Sensitivität war hoch – die mit 0,1-1ng Template-DNA erzielten Cp-Werte lagen zwi-schen 19,2 und 27,4 (MGB) beziehungsweise 18,9 und 26.3 (LNA). Zudem beobachteten Delannoy et al. eine große Genauigkeit (vgl. Tab. 1): Die auf dem LightCycler® 1536 System erzielten Genotypisierungsergebnisse mit den 148 Proben bekannter arcA-Sequenz zeigten 100%ige Übereinstimmung mit den Ergeb-nissen der Sequenzierung. Zudem ergab sich eine 100%ige Konkordanz der Ergebnisse der Doppelbestimmungen (sowohl bei Nutzung derselben oder einer anderen Mikrowellplatte). Die Analyse war mit weniger als 90 Minuten außerdem schnell.

Genotypisierung von Biomarkern mit COLD-PCR und digitaler PCR

Mutationen im Gen für das Enzym Isocitrat-Dehydrogenase 1 (IDH1) wurden unlängst mit einer positiven Überlebensprognose von Gliompatienten assoziiert4. Personen mit dem Hirntumor, die eine Punktmutation tragen, zeigen eine höhere Lebenserwartung als solche, die das Wildtypgen tragen. Al-lerdings ist der bisherige Standardnachweis – die konventionelle PCR mit nachfolgen-der Sanger-Sequenzierung – nicht sensitiv genug, um die seltene Mutation in einem Überschuss von Wildtyp-DNA zu detektieren. Unter einem Anteil von 20% bezogen auf die Wildtyp-DNA erfasst das Verfahren die Mutation nicht mehr. Um dieses Problem zu lösen, entwickelten Blandine Boisellier et al. vom CRICM in Paris ein zweistufiges PCR-Verfahren, um frei im Blutplasma flotierende Tumor-DNA mit der IDH1-Mutation selektiv anzureichern5. Bei der Entwicklung ihres

Das LightCycler® 1536 System, das von Roche Applied Science für Forschungsanwendun-gen angeboten wird, bietet die Möglich-keit, besonders schnelle (Dauer eines Laufs < 50 Min.) DNA- und RNA-Analysen auf Basis der Real-time PCR durchzuführen. Das Gerät arbeitet mit einer Array-ähnlichen, speziell wär-meleitenden 1536-Well-Platte mit Reaktionsvo-lumina von 0,5 µl bis 2 µl und einer schnellen Temperatursteuerung. Das LightCycler 1536 Ins-trument unterstützt die Kombination von zwei Anregungsfiltern mit zwei Emissionsfiltern, die für die Detektion von interkalierenden grünen Farbstoffen sowie von ein- oder zweifarbigen Hydrolysesonden optimiert wurden.

Laborwelt Hintergrund

Hohe Präzision in 1.536 Wells

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Automation Real-time PCR

hochsensitiven Genotyping-Assays machten sie sich die Tatsache zunutze, dass der Einzel-basenunterschied zwischen IDH1-Wildtyp und -Mutante die Schmelztemperatur verändert und damit die PCR-Effizienz unterhalb einer kritischen Schmelztemperatur Tc drastisch abnimmt. In einer ersten Machbarkeitsstudie auf dem LightCycler® 480 System konnten die Forscher an einer Verdünnungsreihe der DNA mit IDH1-Mutation zeigen, dass der Einsatz der COLD-PCR die Detektion der IDH1-Mutation gegenüber dem Standardverfahren um den Faktor 10 verbessert.

Für den Biomarkernachweis aus Blut wähl-ten Boissellier et al. ein zweistufiges Verfah-ren. Nach DNA-Extraktion aus Blut reicherten sie zunächst DNA mit der seltenen Mutation selektiv mit COLD-PCR an und quantifizierten die IDH1-Mutation mit Hilfe klonaler Ampli-fikation in den 1536 wells des LightCycler® Real-time PCR Systems. Die zuvor selektiv amplifizierte mutante DNA war zuvor 1 zu 100.000 verdünnt worden, so dass statistisch pro Well nur noch 0,5-1 DNA-Moleküle zu erwarten waren und somit eine Quantifizie-rung (0= nicht vorhanden, 1=vorhanden) der Mutation möglich wird (Digitale PCR). Die Methode ist prinzipiell nicht auf den IDH1-Biomarker beschränkt, sondern lässt sich

ganz allgemein zur Biomarker-Anreicherung und -Quantifizierung nutzen.

Miniaturisierte qPCR

Grundsätzlich ist die Miniaturisierung der PCR durch Einsatz des LightCycler® 1536 Real-time PCR Systems mit einer erheblichen Material-, Proben- und Zeitersparnis verbunden (vgl. Tab. 1). Besonders durch Kopplung an Liquid Handling-Systeme wie den Echo 555 (Labcyte), die kontaktfrei pipettieren, ohne Tips zu be-nötigen, lassen sich so erhebliche Kosten- und Zeitvorteile erzielen und zugleich Kreuzkon-taminationen vermeiden. In systematischen Labortests zeigte das Labcyte-System Stan-dardabweichungen beim Pipettieren zwischen 0,011 µl bei 0,5 µl Endvolumen und 0,025µl bei 1 µl Endvolumen5. Kombinierter Einsatz des Echo 555 und des LightCycler® 1536 Real-time PCR Systems lieferten hochreproduzierbare PCR-, Genotyping- und Genexpressions-Ergebnisse.

Fazit

Mit dem LightCycler® 1536 Real-time PCR Sys-tem steht ein vollautomatisiertes Hochdurch-

Anwendung eingesetzte Hardware Proben Sonden Resultat Dauer/Volumina Anmerkung

Genotypisierung eines arcA-SNPs zur Unterschei-dung von EHEC O26- und EPEC O26-Stämmen

LightCycler® 1536 System (Roche) +Bravo Automated Liquid Dispenser (Agilent Techno-logies)

192, davon 148 sequen-ziert

MGB-konjugierte Sonden

Reproduzierbarkeit: alle 768 Doppelansätze stimmten im Er-gebnis übereinGenauigkeit: 100% Konkordanz der Ergebnisse zu sequenzierten Allelen

PCR: 50 Min pro LaufReaktionsansatz, PCR & Analyse: < 90 Min pro Lauf

Im Vergleich zu einer PCR-Nachweismethode im 96-Well-Maßstab konnte der Proben- und Materialeinsatz sowie Zeitaufwand bei hervorragender Inter- und Intraplatten-Reproduzierbarkeit erheblich reduziert werden.

LNA-konju-gierte Sonden

Reproduzierbarkeit: alle 768 Doppelansätze stimmten im Er-gebnis übereinGenauigkeit: 100% Konkordanz der Ergebnisse zu sequenzierten Allelen

1. Vergleich von konventio-neller PCR und COLD-PCR zur Detektion der IDH1-Mutation2. Identifikation seltener IDH1-Mutationen in Blutplasma-DNA von Gliompatienten

1. konventionelle Amplifi-kation vs. COLD-PCR:LightCycler® 480 System 2. Digital PCR:LightCycler® 1536 System +Bravo Automated Liquid Dispenser (Agilent Techno-logies)

Verdünnungs-reihe einer Gliom-Probe mit R132H IDH1-Mutation in Wildtyp-DNA (25%-0,05%)

1.konventio-nelle PCR: PCR Master Mix (Abgene), reverse Primers (Invitrogen)COLD-PCR: LightCycler® 480 HRM Master2. Wildtyp und mutante LNA-Sonden (Eurogentec)

Sensitivität: Gegenüber dem Goldstandard (konventionelle PCR + Sequencing) konnte durch den Einsatz der COLD-PCR die IDH-Mutation 10-fach empfind-licher in einem Überschuss an-derer DNA-Fragmente detektiert werden. Relative Quantifizierung: Der Einsatz des LightCycler® 1536 Systems ermöglicht ein hoch selektives Genotyping der IDH1-Mutation in Blut, das frei flotierende Tumor-DNA enthält

kleinste Volumina: 1 µl/Well

Die Veränderung der sogenannten „kritischen Schmelz-temperatur“ (Tc) bei Änderung eines einzel-nen Nukleotids lässt sich erfolgreich für die präferentielle Anrei-cherung der seltenen IDH-1-Mutation, aber auch anderer Biomar-ker durch COLD-PCR nutzen. Anschließende klonale Amplifikation mittels digitaler PCR ermöglicht eine Quanti-fizierung der Mutation

Miniaturisierung der qPCR LightCycler® 1536 System (Roche) +tipless Echo® 555 Liquid Handler (Labcyte)

Real-time PCR von 0,5 µl- und 1 µl-Ansätzen

GADPH-Primer

Reproduzierbarkeit: der Va-riationskoeffizient (CV) war mit 0,94% (bei einem Ansatzvolumen von 0,5 µl) und 0,97% (1 µl) ausgezeichnetGenauigkeit: die volumetrische Genauigkeit lag zwischen 96,4% und 97,8%, und es traten keine Kreuzkontaminationen auf.

Volumina von 0,1-1 µl/Well

Die Gerätekombination von LightCycler® 1536 System und dem Echo® 555 Liquid Handler bietet exzellente Geno-typisierungs- und Gen-expressionsresultate bei maximaler Proben- und Materialersparnis

Tab. 1: Anwendungen des LightCycler® 1536 Systems: MGB = Minor groove binder; LNA = Locked nucleic acids

satzsystem für verlässliche Genexpressions-analysen und das Genotyping zur Verfügung.

Literatur

[1] Bugarel M., Beutlin L., Scheutz F., Loukiadis E., Fach P. (2011): Appl. Environ. Microbiol. 77, 2275-2281.

[2] Miko A., Lindstedt B.A., Brandal L.T., Lobersil I., Beutin L. (2010): FEMS Microbiol. Letters 303, 137-146

[3] Dubbink H.J., Taal W, van Marion R, Kros JM, van Heuvel I, Bromberg JE, Zonnenberg BA, Zonnenberg CB, Postma TJ, Gijtenbeek JM, Boogerd W, Groenendijk FH, Smitt PA, Dinjens WN, van den Bent MJ. (2009): Neurology 73(21), 1792-1795

[4] Nobusawa S., Nobusawa S, Watanabe T, Kleihues P, Ohg-aki H. (2009): Clin Cancer Res. 15(19): 6002-7

[5] https://www.roche-applied-science.com/sis/rtpcr/LC1536/index.jsp?id=LC1536_070000

Korrespondenzadresse

Dr. Burkhard ZiebolzRoche Diagnostics GmbHNonnenwald 282377 PenzbergTel.: +49-(0)8856-604830Fax: +49 [email protected]

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Paperwelt Automation

Dr. Gitte NeubauerNach Biochemie-Studium am Imperial College in London promovierte Dr. Neubauer am EMBL bei Prof. Matthias Mann auf dem Gebiet der Proteomik, wo sie Pionierarbeit für die massen-spektrometrische Analyse von Protein-Komplexen leistete. Als Cellzome-Gründerin baute sie Cell-zomes Massenspektrometrie- und IT-Abteilungen auf, bevor sie die chemoproteomische Screening-Abteilung zur Wirkstoff-Forschung etablierte. Seit der Übernahme durch GSK im Mai 2012 leitet Dr. Neubauer Cellzome. Sie ist Autorin von mehr als 35 wissenschaftlichen Publikationen und als Erfin-derin auf mehreren Patentanmeldungen genannt.

Selektive Hemmung von TH17-ZellenGiovanna Bergamini, Kathryn Bell, Satoko Shimamura, Thilo Werner, Andrew Cansfield, Katrin Müller, Jessica Perrin, Christina Rau, Katie Ellard, Carsten Hopf, Carola Doce, Daniel Leggate, Raffaella Mangano, Toby Mathieson, Alison O‘Mahony, Ivan Plavec, Faiza Rharbaoui, Friedrich Reinhard, Mikhail M Savitski, Nigel Ramsden, Emilio Hirsch, Gerard Drewes, Oliver Rausch, Marcus Bantscheff & Gitte Neubauer: A selective inhibitor reveals PI3Kg dependence of TH17 cell differentiation, Nature Chemical Biology, doi:10.1038/nchembio.957

Interleukin-(IL-)17-produzierende T-Helfer-Zellen (TH17) spielen eine wesentliche Rolle in der Pathogenese von Autoimmunkrankheiten wie der rheumatoiden Arthritis. Forscher des unlängst vom britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline übernommenen Heidelberger Proteomics-Spezialisten Cellzome haben Ende April ihre chemoproteomische Hochdurchsatz-methode KinobeadsTM eingesetzt, um ein Multiplexscreening der Wechselwirkungen einer Molekülbibliothek mit 16.000 Substanzen mit Protein- und Lipidkinasen in Zellextrakten durchzuführen. Beim KinobeadsTM-Verfahren wird die kompetitive Bindung von Kinasen an Wirkstoffe oder eine Festphasenmatrix massenspektrometrisch quantifiziert. Mit dem Verfahren konnten die Wissenschaftler jetzt mit CZC24832 den ersten selektiven Inhibitor des Enzyms Phosphoinositid-3-Kinase g (PI3Kg) identifizieren. Die Modellverbindung war effektiv in in vitro- und in vivo-Entzündungsmodellen. Weitere Untersuchungen ergaben, dass CZC24832 an der Regulation der TH17-Differenzierung durch PI3Kg beteiligt ist und dass die selektive Hemmung der Phosphoinositid-3-Kinase g eine Behandlungsmöglichkeit bei Entzündungs- und Autoimmunkrankheiten darstellt.

LABORWELT:Was sind Ihre wichtigsten Ergebnisse?

Neubauer In der Veröffentlichung haben wir den ersten selektiven Inhibitor von PI3Kg (CZC24832) beschrieben, der anti-inflammatorische Wirkung in Tiermodellen zeigt. Damit wurde bestätigt, dass die Hemmung der Kinase-Aktivität von PI3Kg eine valide Strategie zur therapeutischen Intervention bei Entzün-dungskrankheiten darstellt. Obwohl die Rolle von PI3Kg im angeborenen Immunsystem relativ gut beschrieben ist (z.B. reguliert PI3Kg die Migration von Immunzellen zum Entzündungsherd), konnte bisher noch

nicht eindeutig gezeigt werden, dass PI3Kg auch eine Rolle im adaptiven Immunsystem wahrnimmt. In einem zellbasierten Aktivi-tätsprofil von humanen Primärzellen unter proinflammatorischen Stimuli konnte die Selektivität von CZC24832 bestätigt und außerdem eine hemmende Wirkung der Ausschüttung von Interleukin 17A (IL-17A) gezeigt werden. Weiterführende Studien konnten diesen Effekt auf die Differen-zierung von naiven T-Zellen zu TH17-Zellen zurückführen, die durch PI3Kg reguliert wird. Die anti-inflammatorische Wirkung von PI3Kg-Inhibitoren kann also durch die Mo-dulierung von angeborenen und adaptiven Immunreaktionen herrühren.

LABORWELT:Wie sind Sie methodisch vorgegangen?

Neubauer Wir haben unsere chemoproteomische KinobeadsTM-Methode im gesamten frühen Prozess der Wirkstof f-Forschung ange-wendet. Das heißt, vom Hochdurchsatz-Screening einer Substanzbibliothek bis hin zur Bestimmung der Potenz und Selektivität ausgewählter Moleküle in unterschiedli-chen Spezies haben wir alle Messungen mit nativen Proteinen aus unseparierten Zellextrakten durchgeführt. Je nach Frage-stellung benutzen wir quantitative massen-spektrometrische oder Antikörper-basierte Detektion der Kinasen.

LABORWELT:Welche Rolle spielte bei der Identifikation die Automation Ihrer KinobeadsTM-Techno-logie?

Neubauer Die Automation war entscheidend, um den nötigen Durchsatz an Substanzen bewältigen zu können. Dazu haben wir neben der massen-spektrometrischen Plattform die Detektion mit Antikörpern etabliert. Mit diesem Assay können wir jetzt etwa 10.000 Substanzen pro Tag bei einer Konzentration screenen, aber auch die Potenz aller neu synthetisierten Moleküle gegen sechs Kinasen gleichzeitig bestimmen. Somit beeinflussen sowohl die Potenz als auch die Selektivität direkt das Design neuer Substanzen in der Wirkstoff-optimierung.

LABORWELT:Welcher direkte praktische Nutzen lässt sich aus Ihrer Arbeit ziehen?

Neubauer Die Veröffentlichung der Struktur und die Charakterisierung von CZC24832 als selektiver PI3Kg-Inhibitor wird zur weiteren Validierung und Aufklärung der Funktion des Enzyms von Nutzen sein. Das erstmalige Aufzeigen der Regulierung der Differenzierung von TH17- Zellen durch PI3Kg wird für Krankheits-bilder interessant sein, die stark durch IL-17 geprägt sind. LABORWELT:Wie gehen Ihre Arbeiten nun weiter?

Neubauer Cellzome wurde kürzlich vom britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline über-nommen, was uns die Möglichkeit gibt, unsere chemoproteomischen Technologien noch wesentlich breiter in der Wirkstoff-Forschung einzusetzen und neue Metho-den für besondere Problemstellungen zu entwickeln.

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Probenvorbereitung auf Liquid Handling-SystemenDr. Jürgen Zimmermann, European Molecular Biology Laboratory, Heidelberg

Liquid Handling-Systeme sind die Generalisten im Sequenzierungslabor. Ihre Einsatzgebiete reichen vom einfachen Pippetieren, der Probenlogistik über Extraktions- und Aufreinigungs-aufgaben bis hin zur Erzeugung von Sequenzierungsbibliotheken im Bereich Next Generation Sequencing (NGS). Einige Downstream-Anwendungen, wie zum Beispiel Clustererzeugung, Emulsion-PCR bis hin zur direkten Probenvorbereitung vor der Beladung des Sequenzie-rungsgerätes, werden von dedizierten Automaten durchgeführt. Diese Arbeitsteilung im Labor hat im Wesentlichen zwei Gründe: Erstens, der Downstreambereich ist technologisch für die gängigen Laborsysteme zur Zeit wegen des geringen Volumens, der Integration oder Nähe zum Sequenzierungsgerät und der Komplexität noch nicht erreichbar. Zweitens, im Up streambereich liefern Liquid Handling-Systeme den nötigen Probendurchsatz, insbeson-dere wenn man die Zunahme von Multiplexverfahren berücksichtigt. Zusätzlich bieten sie sowohl die notwendige Variabilität zur Durchführung vielfältiger Protokolle (Probenvorbe-reitung für die Sequenzierung von gDNA, RNA, ChIP, Exome Capture, etc.) – unabhängig von der eingesetzten Sequenzierungstechnologie (Illumina, 454, etc.) – als auch die notwendige Anpassungsfähigkeit als Folge der schnellen Evolution der Verfahren.

bung bereits mit einem Sequenzierungsgerät überlegenswert.

Automatisiertes Erzeugen von Bibliotheken

Die hier vorgestellte Automatisierungslösung ermöglicht die gesamte Generierung von Bi-bliotheken ohne jegliche manuelle Eingriffe oder zusätzliche Geräte außerhalb des Decks, ausgehend von der gescherten Ausgangs-DNA bis hin zur größenselektierten und amplifi zier-ten Bibliothek (Abb. 1c). Die Deckkapazitäten sind ausreichend für alle Hilfssysteme, Che-mikalien und sonstiges Verbrauchsmaterial. Weitere Module enthalten das Setup für die die Quantifizierung mittels qPCR – andere Verfahren können eingebunden werden –, die Normalisierung und das Pooling.

Das System basiert auf einem Biomek FXp mit einem 96-Kanal-Kopf (bis zu 200µl) mit integriertem Gripper und einem 8-Kanal-Kopf (bis zu 1.000 µl) mit Kanalspreizung (Abb. 1a). Das Deck ist wie folgt konfi guriert (Abb. 1b): Ein integriertes PCR-Gerät dient sowohl der PCR als auch der sicheren versiegelten Lagerung des Produktes am Ende des Prozes-ses bei 10°C, ein Peltieradaptor speichert das Restvolumen der Bibliothek, das nicht für die abschließende PCR benötigt wird. Ein Orbital-shaker sorgt für die intensive Vermischung der Reaktanden in den meisten Prozessschritten. Die eingebaute Waschstation erlaubt durch intensives, kanalspezifisches Waschen die mehrfache Verwendung des Spitzenmaterials. Eine Position ist für die Magnetpartikelsepara-tion mit einem Neodymmagneten reserviert. Reservoire mit entsprechender Konfi guration für Waschen, Reinigung und Größenselektion

Automation Next-Generation Sequencing

Abb.1: (a) Biomek FXp-Gesamtübersicht (b) SPRIworks HT-Deckaufbau für die Produktion von bis zu 96 genomischen Bibliotheken mit integ-riertem, automatisiertem PCR-Gerät, magnetischem Separator, Waschstation und den notwendigen Reservoirs, Spitzen und MTP für Input/Output und Prozessierung. (c) Flussdiagramm Bibliothekserzeugung für die gDNA-Sequenzierung mit SPRIworks HT

Beispielhaft wird hier die Produktion von Bibliotheken aus genomischer DNA (gDNA)beschrieben. Vorausgehen sollen jedoch einige kurze Überlegungen zum Automati-sierungsbedarf: Ausgehend von einem Se-quenzierungsgerät, zum Beispiel Illumina 2000, ergibt sich eine Kapazität von 16 Lanes. Je nach vorgegebenem Multiplexfaktor von 8 bis 32 ergeben sich zwischen 128 und 768 Bibliotheken, die erzeugt, anschließend vermessen sowie gepoolt werden müssen. Die gleichzeitige manuelle Prozessierung von 48 Proben pro Tag ist eine erhebliche

Anforderung an die Gewissenhaftigkeit und Ausdauer des ausführenden Personals. Die Ausführungsdauer skaliert hier linear. Ein automatisiertes Liquid-Handling-System wie der Biomek FXp mit SPRIworks HT (Beckman Coulter) benötigt für die vollautomatische Be-arbeitung von 1 bis 96 Proben etwa konstant sechs Stunden, kann also entweder mehrmals am Tag gestartet werden oder steht für an-dere Verfahren zur Verfügung und erlaubt damit dem Laborpersonal die Bearbeitung weiterer Aufgaben. Somit ist die Anwendung eines Liquid Handling-Systems in einer Umge-

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Next-Generation Sequencing Automation

sowie PCR-Reinigung decken den Bedarf für größere Volumen und benötigen drei weitere Positionen. Enzyme und Puffer werden in Drehverschlussgefäßen in einem Alumini-umblock vorgelegt. Die Waschstation und die fl üssigkeitsgetriebenen Pipetten werden mit unterschiedlichen großvolumigen Vorratsfl a-schen ver- und entsorgt. Vier Positionen wer-den für sterile und 200 µl-Filterspitzen und eine Position für sterile 1.000 µl-Filterspitzen benötigt. Weitere Positionen werden für Transferplatten im Deepwell- und im PCR-Format, teilweise geschichtet, sowie den selbstdichtenden PCR-Deckel verwendet. Zwei Positionen sowie das zweite auf dem Deck zu sehende Peltierelement werden hier nicht verwendet. Eingangsproben (50 ng-1 µg in 50 µl) und Adaptoren (2,5 µl, Ilumina. Bei Custom-Adaptoren ist die Konzentration entsprechend ihrer Effi zienz anzupassen) werden jeweils in einer Deepwell-Mikrotiterplatte vorgelegt.

Alle Module des Gesamtprozesses sind in einer Softwareoberfl äche integriert, können jedoch auch einzeln ausgeführt werden. Die Granularität erlaubt es, die Bibliotheksproduk-tion selbst an verschiedensten Schritten des Prozesses (Endrepair, A-Tailing, etc.) zu starten. Die Ergebnisdaten aus einer qPCR können automatisiert eingelesen und zur Normali-sierung eingesetzt werden. Nach Auswahl der entsprechenden Zielkonzentrationen und der Zuordnung der Ausgangskavitäten zu den ent-sprechenden Pools erfolgt die Abarbeitung der Arbeitsliste. Das integrierte Fehler„handling“ korrigiert für Proben, die außerhalb der Spezi-fi kation liegen. Die Kalkulation des gesamten Chemikalienverbrauches erfolgt zu Beginn des Prozesses. Die Bedienungssof tware zeigt sowohl Setup als auch Position der Komponenten und unterstützt den Nutzer zusätzlich. Insgesamt ergibt sich daraus sich eine einfache, fl exible und durchgängige Pro-benlogistik. Die Implementation des Prozesses unter einer integrierten Software stellt jedoch keine Einschränkung für die weitere Verwend-barkeit des Liquid Handling-Systems dar, da das System in allen sonstigen Funktionen und auch der weiteren Programmierbarkeit nicht eingeschränkt ist. In einem Lauf können

zwischen 1 und 96 Proben (kontinuierlich in Schritten von 1) prozessiert werden, ohne dass sich die Gesamtausführungsdauer des Programmes wesentlich verändert. Alle Aufreinigungsschritte und die Größenselek-tion basieren auf Agencourt Ampure XP- und Agencourt Size Selection-Magnetpartikelen. Es ist möglich, für jede einzelne Probe oder Gruppen von Proben eigene Bereiche für eine Größenselektion softwareseitig festzulegen („small“ [150-350 Bp Peak bei 250 Bp], „me-dium“ [250-450 Bp, peak bei 350 Bp], „large“ [350-700 Bp, Peak bei 525 Bp]). Die angegeben Werte beziehen sich auf die Fragmentlänge ohne Adaptoren. Entsprechend werden die Verhältnisse von Reaktionsvolumen und Be-advolumen gesteuert.

Arbeitsablauf

Der Workflow (Abb. 1c) setzt sich im we-sentlichen aus den üblichen Schritten der Probenvorbereitung für ein Illumina-System zusammen: Endrepair, A-Tailing, Adapter- Ligation, Größenselektion, PCR, Normalisie-rung und Pooling. Der Ablauf der einzelnen Schritte besteht aus Zugabe der angesetzten Reaktionsmischungen zur Probe oder zum vorhergehenden Produkt, Mischen auf dem Orbitalschüttler, Inkubation, Zugabe der entsprechenden Magnetpartikel, Inkubation, Separation der Magnetpartikel, Waschen der Magnetpartikel, Elution des Produktes und Überführen des Eluates in eine neue Mikrotiterplatte. Wegen der fortgesetzten Sedimentation der Magnetpartikel, die sich aufgrund der Dauer des Protokolls auch in einer inhomogenen Verteilung das Materials und damit unvorhersehbarer Ausbeuten und Größenselektion bemerkbar machen würden, wird vor der Zugabe in den Vorratsbehältern durch Pipettieren intensiv gemischt. Da Mikro titerplatten mehrfach auf dem Deck übereinander gestapelt sind, übernimmt das System auch die entsprechende Plattenlo-gistik für das jeweilige Stapeln und Entsta-peln. Basierend auf dem SPRIworks HT Kit (Beckman Coulter) fi nden sämtliche Schritte

des Prozesses bis auf die integrierte PCR bei Raumtemperatur (15°-30°) statt, bedürfen also in den meisten Fällen keiner zusätzlichen Thermostatisierung. Eine Kompensation der Evaporation oder eine Folierung ist ebenfalls nicht notwendig. Lediglich im Rahmen der PCR wird eine verstärkte Silikonmatte ver-wendet. Der Kit enthält alle notwendigen Komponenten bis auf Ethanol, Magnetparti-kel zur Aufreinigung der fi nalen PCR-Produkte sowie den KAPA qPCR-Kit (Kapa Biosystems) zur Quantifi zierung der Bibliothek. Die gelie-ferten Mengen enthalten einen Überschuss der Mengen, die nicht aus den Vorratsgefäßen entnommen werden können.

Die Abbildung 2a zeigt exemplarisch durch Ultraschallscherung (Covaris) erzeugte DNA-Fragmente, die Abbildung 2b die aus einem Aliquot von 100 ng produzierte Bibliothek. Insgesamt sind die Produktmengen sowie Größen nach PCR und Aufreinigung über Platten hinweg homogen. Sie variieren je nach verwendetem Template und Adapter. So lassen sich etwa mit 1 µg Ausgangsmaterial bis zu 1 µg Produkt erzeugen, 100 ng liefern 25 µl mit einer Konzentration von bis zu 3 ng/µl. Die Abbildung 2b zeigt die Größenverteilung der erzeugten Bibliothek bei der gewählten Selektion für „small“, sowie deren Menge. Nach der Aufreinigung sind weder Spuren von Adaptern noch Primern nachzuweisen. Schachbrettexperimente mit einem Muster aus alternierend belegten und freien Kavitä-ten, belegen die Abwesenheit von Kreuzkonta-minationen. Im Anschluss können die Proben direkt auf einem cBOT-System (Illumina) zur Cluster-Generierung verwendet werden. Auf einem HiSeq2000 (Illumina) lassen sich in der Sequenzierung bis zu 300 GB für 100 Bp, „single End“- und entsprechend 600 GB für „paired End“-Läufe erreichen.

Korrespondenzadresse

Dr. Jürgen ZimmermannEMBL/GeneCoreMeyerhofstr. 1D-69117 Heidelberg

Abb.2: (a) 5 µg humane mit Ultraschall gescherte DNA. Für die nachfolgenden Schritte werden jeweils 100 ng verwendet. (b) Typisches Intensitäts- und Größenprofi l einer gDNA-Bibliothek, dargestellt auf einem Agilent Bioanalyzer High Sensitity Chip

A B

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Automation Expertenpanel

Automatisierte DiagnostikDr. Alexander Kohlmann, Prof. Dr. Peter Nürnberg, Dr. Stefan Müllner

Hochdurchsatz-Techniken zur in vitro-Diagnose und Analyse von Blut und Gewebe stehen erstmalig vor einem Systemwechsel. Wurden bislang meist nur wenige Marker untersucht, eröffnen große Fortschritte in den Omics-Techniken zunehmend die Untersuchung von mul-tiplen Parametern in immer größerem Umfang.

LABORWELTWelche Fortschritte lässt die zunehmende Automation des NGS in der onkologischen Diagnostik erwarten, und wie verlässlich sind die mit den derzeit vermarkteten Plattformen erzielten Sequenzierungsergebnisse?

KohlmannSeit Juni 2010 sind im MLL Münchner Leuk-ämie Labor (www.mll.com) molekulare Mu-tationsanalysen auf einer Next-Generation Sequencing-Plattform für Routineanalysen akkreditiert. Dank zunehmender Automation wurde es möglich, einen Großteil der klassi-schen Sequenzierungsanalysen mittlerweile auf der Roche/454-Plattform durchzuführen. Da die Anzahl an molekularen Markern und Anfra-gen nach Mutationsanalysen stetig zunehmen, werden neue Gene überwiegend nur noch auf einer Next-Generation-Sequencing-Plattform etabliert. Wie kürzlich in einer internationalen Ringstudie gezeigt, zeichnet sich die 454-Tech-nologie durch eine sehr gute Reproduzierbarkeit der Ergebnisse aus (Kohlmann et al., Leukemia. 25(12):1840-8.). Eine breitere Anwendung in der klinischen Diagnostik wird immer deutlicher. So wurden sowohl bei der Probenvorbereitung als auch bei der Bioinformatik große Schritte genommen. Auf der Seite der Probenvorberei-tung ist es mittlerweile möglich, bereits vorpi-pettierte 96-Well-Primerplatten zu verwenden, was die Komplexität im Laboralltag deutlich re-duziert. Halbautomatische Miniaturansätze der Amplicon-PCR mittels Access Arrays (Fluidigm) gestatten zudem eine deutliche Reduktion von einzusetzenden Patientenproben und Enzymen. Verschiedene Automationslösungen erlauben außerdem die vollautomatische Durchführung von PCR-Aufreinigung, Amplicon-Pooling und Bead-Anreicherung für die Sequenzierung (Beckman Coulter). Das Einsatzgebiet der sen-sitiven Mutationsanalysen stellt sich dadurch

gegenwärtig sehr vielfältig dar. Zum einen wer-den mittels Deep sequencing (~500 einzelne reads pro Amplicon bei Diagnosestellung) ca. 15 molekulare Marker in der Routinediagnostik angeboten, um hämatologische Erkrankungen zu klassifizieren. Weitere Gene eignen sich zu-dem, um prognostische Einschätzungen eines Krankheitsverlaufs abzugeben. Verstärkt wer-den Deep sequencing-Analysen auch genutzt, um die nachgewiesenen patientenspezifischen Mutationen im Anschluss an die Erstdiagnose gezielt im Krankheitsverlauf unter Therapie oder auch vor und nach Transplantation mit sehr hoher Sensitivität zu analysieren (>1000-fold coverage). Jedoch ist bereits abzusehen, dass es in Kürze nicht mehr ausreichend sein wird, einzelne Biomarker zu messen. Stattdessen rücken Gen-Panels immer mehr in den Vorder-grund, was die heute kommerziell verfügbaren Plattformen und Automatisierungslösungen vor neue Herausforderungen stellt.

Peter Nürnbergist der Geschäfts-führer der Berliner ATLAS Biolabs GmbH.

LABORWELTWas kann die Next-Generation-Sequenzierung im Bereich der Diagnostik leisten?

NürnbergKlein aber fein wider groß und mächtig: Bei der Entwicklung der neuen Sequenziermethoden ging es zunächst darum, möglichst viele Mega-basen und später Gigabasen mit einem Lauf zu generieren, um wissenschaftliche Durchbrüche in der Genomanalyse zu ermöglichen. So lieferte der erste kommerzielle Sequenzierer der neuen Generation 20 Mb pro Lauf (454 GS20). Das ent-spricht in etwa einem Bakteriengenom. Heute sind wir bereits bei 600 Gb (HiSeq 2000), ein Äquivalent von bis zu sechs Humangenomen pro Lauf. Manchmal ist weniger jedoch mehr und Gigantismus nicht die Lösung. Das trifft insbesondere auf die diagnostischen Anwen-dungen des Next-Generation Sequencings (NGS) zu. Hier kommt es auf Schnelligkeit und Verlässlichkeit an. Das bieten die neuen Benchtop-Sequenzierer mehr oder weniger. Ob 454 GS Junior, Ion Torrent PGM oder der MiSeq von Illumina – sie sind von ihrer Kapazität her (noch) nicht geeignet, ganze Humangenome zu sequenzieren, aber sie liefern beachtliche Da-tenmengen in sehr kurzer Zeit, wenige Stunden im Vergleich zu vielen Tagen bei ihren großen „Brüdern“. Damit stellen sie ideale Werkzeuge für die schnelle Sequenzierung von Infektions-keimen oder „Gene Panels“ in einem diagnos-tischen Umfeld dar. Die einfachere Bedienung und standardisierte Workflows tun ein Übriges. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann diese anwen-derfreundlichen Tischgeräte Datenmengen in der Größenordnung von kompletten Exomen oder ganzer Humangenome ausspucken (ent-sprechende Ankündigungen zum Ion Proton von Life Technologies gibt es bereits), aber viele Nutzer werden weiterhin überschaubare Daten-sätze von gezielten Analysen eines Teilbereiches des Genoms bevorzugen – nicht zuletzt, weil sie mit mehr in mehrfacher Hinsicht überfordert wären. Die Datenhaltung und die Dateninter-pretation von ganzen Genomen stellt heute noch zu hohe logistische Anforderungen an die diagnostisch orientierten Nutzer.

LABORWELTWelche Rolle spielen High-Throughput-Tools zur Biomarker-Analyse in der Diagnostik?

MüllnerDer Bedarf an besseren und maßgeschnei-derten Wirkstoffen für gezieltere Therapien, insbesondere für chronische Erkrankungen und Krebs, erfordert neue Diagnose-Systeme und indikationsspezifische Biomarker. Die für die Biomarkersuche bislang eingesetzten Omics-Technologien generieren zwar hohe Datendichten, berücksichtigen allerdings in der Regel nicht die elementaren Anforderungen statistischer Verfahren. Für eine sichere Aus-wahl und Validierung von Biomarkern ist der Variationskoeffizient (VK) entscheidend. Somit eignen sich für die Entwicklung neuer Biomar-ker nur solche Hochdurchsatztechnologien, die

Stefan Müllnerist CEO der Protagen AG in Dortmund.

für die Einzelmessung einen VK im einstelligen Prozentbereich ermöglichen. Dies wird umso wichtiger, wenn mehrere Biomarker zu einer diagnostischen Gesamtaussage (Multiplex-Assay) herangezogen werden sollen.

Alexander Kohlmannist Abteilungsleiter Next-Generation Sequencing und Microarrays am MLL Münchener Leukämie Labor.

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III

DNA-Methylierung Epigenetik

Mit Elektrophorese einen Blick auf die DNA werfenEvamaria Falck, Prof. Dr. Bernhard Wünsch, Universität Münster

Bei einigen Krebsarten – unter anderem Gebärmutter- und Eierstockkrebs sowie bösartigen Prostatatumoren – wurde ein Zusammenhang zwischen dem Methylierungsgrad (Verhältnis Methylcytosin zu Gesamtcytosin) einiger Gene und dem Auftreten der Krankheit beobachtet1-3. Eine globale Hypomethylierung bei zugleich stattfi ndender lokaler Hypermethylierung führt zur Deaktivierung von Tumorsuppressorgenen, was dem Beginn einer Krebserkrankung gleichzuset-zen ist4. Globale DNA-Hypomethylierung ist bedeutsam, da sie mechanistisch in die Veränderung der DNA eingreift5. Durch den verringerten Methylierungsgrad können zum Beispiel Onkogene gezielt aktiviert werden. Diese Veränderungen erhöhen die Möglichkeit, an Krebs zu erkranken und sind somit entscheidend in der Diagnostik.

Zur Bestimmung des genomweiten Methy-lierungsgrades sind verschiedene analytische Methoden bekannt6. In den neunziger Jahren wurden verschiedene bioanalytische Verfahren entwickelt, die entweder auf Assays beruhen oder Antikörper nutzen. Eine Zeit lang wurden standardmäßig die Verhältnisse der Mono-nukleotide nach enzymatischer Hydrolyse bestimmt. Das Verhältnis zwischen Cytosin und 5-Methylcytosin kann auf verschiedene Weise analysiert werden. Die Trennung der Analyten ist zum Beispiel mit HPLC und die anschließen-de Quantifi zierung mit UV-Detektion bei 254 nm möglich. Ein Verfahren, das deutlich weni-ger Probenmenge erfordert, ist die Separation durch Kapillarelektrophorese. Weitere Vorteile der Kapillarelektrophorese im Vergleich zu HPLC-Methoden sind die schnellere Durchfüh-rung und die geringeren Kosten aufgrund des nicht vorhandenen Fließmittelverbrauchs.

Schmitz et al. haben eine hochsensitive kapil-larelektrophoretische Methode entwickelt, bei der durch Einsatz von Laser-induzierter Fluores-

zenzdetektion die Probenmenge weiter reduziert werden kann7. Das Verfahren beruht auf der Gewinnung der Analyten in einem dreistufi gen Verfahren. Zunächst wird die DNA mit Mikro-kokkennuklease in Mono-, Di- und Trinukleotide gespalten, die alle eine endständige 5’-Hydroxy-gruppe aufweisen. Diese werden durch Phospho-diesterase Typ II in 2’-Desoxynukleosid-3’-mono-phosphate umgewandelt. Die Bildung dieser Mononukleotide ist die Grundlage der weiteren Kopplungsreaktion mit dem Fluoreszenzfarbstoff BODIPY®. Dieser wird kovalent mit den Mononu-kleotiden verknüpft, und die Produkte können nach einer micellaren kapillarelektrophoretischen Trennung bei 502 nm angeregt werden. Das bei 511 nm auftretende Emissionsmaximum ist frei von Matrix- oder anderen Interferenzen und somit hochselektiv für die Analyten.

Das gesamte Verfahren weist gegenüber anderen Analysemethoden einige Vorteile auf: Durch Verwendung der micellaren elektro-kinetischen Chromatographie (MEKC) lassen sich die relativ unpolaren Analyten sehr gut

Abb. 1: HEK 293-Zellen: Veränderung des Methylierungsgrades nach Azacytidin-Behandlung

Ob ein Gen abgelesen wird oder nicht, hängt auch von kleinen Modifi zierungen ab, die an DNA und Histonproteinen hängen. Die molekulare Epigenetik beschäftigt sich mit diesen Markierungen, die unabhängig von der genetischen Information mitvererbt werden können. Der große Unterschied zwi-schen Genotyp und Epigenotyp liegt aber in der Veränderbarkeit. Die DNA-Sequenz eines Individuums steht weitestgehend fest, die Epigenetik-Markierungen werden hingegen – auch unter dem Einfl uss der Umwelt – an-gebracht, verändert oder abgelöst.

Nutzen für Diagnose und Therapie

Die physiologisch bedeutendste DNA-Markierung ist die Methylierung von Cytosinen. Zunehmend wird klar, dass dieses Methylierungsmuster bei einigen Krebsarten verändert ist. Um diese Er-kenntnis für die Tumordiagnostik nutzen zu können, müssen preiswerte, skalierbare und sensitive Verfahren zur Bestimmung dieses Musters entwickelt werden. Eva-maria Falck und Bernhard Wünsch stellen eine solche Methode vor (Seite 27). Eine andere Art, den Methylierungsspiegel zu bestimmen, ist die Chromatin-Immun-präzipitation (ChIP). Anke Hoffmann und Dietmar Spengler zeigen, dass die ChIP mit einem optimierten Protokoll auch für Analysen geeignet ist, bei denen nur wenig Ausgangsmaterial verfügbar ist (S. 30). Eine erst kürzlich entdeckte DNA-Markierung sind Hydroxymethyl-Gruppen an Cytosi-nen. In der Rubrik Paperwelt stellt Wolf Reik eine Methode vor, die diese Markierungen in der Sequenz aufspürt (S. 29).

Nicht nur die DNA hat epigenetische Markierungen mit diagnostischem Wert. Stefan Holdenrieder und Jörg Ellinger zei-gen, dass auch Histon-Markierungen und Nukleosom-Zusammensetzung als Biomar-ker für die Tumordiagnostik geeignet sind (S. 32). Im Expertenpanel wird schließlich die Frage erörtert, ob Eingriffe in epigenetische Prozesse auch zu neuen Therapien von Krankheiten führen können (S. 34).

Epigenetik

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Epigenetik DNA-Methylierung

auftrennen. Die Anwendung eines Fluores-zenzfarbstoffs führt zur Absenkung der Quan-tifi zierungs- und Bestimmungsgrenze. Gerade die hohen Anregungs- und Emissionswellen-längen sowie die geringe Stokes-Verschiebung machen BODIPY® zu einem idealen Reagenz für die DNA-Analytik, bei der stets nur sehr geringe Probenmengen vorliegen. Die primäre Aminfunktion von BODIPY® ermöglicht die Bildung eines Phosphorsäureamids mit den vorliegenden Nukleosid-Monophosphaten. Für diese Reaktion gibt es keine Konkurrenzreak-tionen, da keine weiteren Säuren vorliegen8. Schließlich ist für eine Analyse lediglich eine Probenmenge von 1 µg DNA erforderlich, was ein erheblicher Vorteil gegenüber anderen Analyseverfahren ist.

HEK 293-Zellen als Testsystem

Zur Bestimmung von Veränderungen des Me-thylierungsgrades von HEK 293-Zellen wurde von uns die vorgestellte Methode angepasst und modifiziert9. Die Trennspannung wurde zur Verkürzung der Migrationszeiten der Ana-lyten auf 25 kV heraufgesetzt. Dadurch konnte ein Durchgang einschließlich Spülschritten in weniger als 45 Minuten abgeschlossen werden. Zudem wurde der Trennpuffer optimiert. Um reproduzierbare Migrationszeiten zu erhalten, musste für jeden Analysendurchgang frischer Trennpuffer eingesetzt werden. Dies war nötig, da eine Trennung von 45 Minuten bereits zu einer erheblichen Veränderung der Ionenkon-zentration im Puffer führte, die wiederum eine Verschiebung der Migrationszeiten verursachte. Die optimierte Methode wurde anschließend validiert, um sie zur Analyse des Methylierungs-grades unterschiedlich behandelter Zelllinien einzusetzen.

Die Validierung erfolgte mit zwei synthetisch hergestellten Oligomeren, die jeweils 25% Cy-tosin, Guanin, Adenin und Thymin enthielten. Während das eine Oligomer frei von Methyl-cytosin war, wies das andere einen Methylie-rungsgrad von 10% auf. Durch Mischen wurden

Methylierungsgrade von 0,00%, 2,00%, 4,00%, 6,00%, 6,48% und 10,00% exakt eingestellt. Anschließend wurde jede Mischung wie be-schrieben hydrolysiert, mit BODIPY® verknüpft und analysiert. Für jedes Nukleotid wurde der bestimmte Anteil durch den tatsächlich enthal-tenen Anteil geteilt, um den Detektionsfaktor jedes einzelnen Nukleotids zu ermitteln. Dieser enthält alle Einfl üsse durch nukleotidspezifi sche Abweichungen im enzymatischen Prozess, in der Konjugation mit BODIPY® und in der Fluoreszenzquantenausbeute. Der Regressions-koeffi zient der erhaltenen Kalibrationsgerade lag bei 0,989, was einen sehr guten Wert für biologische Proben darstellt.

Diese Kalibrationsgerade mit den ermittelten Detektionsfaktoren wurde verwendet, um den Methylierungsgrad der behandelten Zellen zu untersuchen. Zwei HEK 293-Zelllinien wurden hierbei mit unterschiedlichen Konzentrationen von Methotrexat oder Pemetrexed behandelt. Beide Stoffe sind Folsäure-Analoga, die bereits erfolgreich in der Krebstherapie eingesetzt werden10. Es sollte untersucht werden, ob diese beiden Zytostatika den Methylierungsgrad der Zellen verändern. Die Zelllinien wurden mit 0,05 µM und 0,1 µM der Arzneistoffe versetzt und 24 sowie 72 Stunden inkubiert. Zudem wurde eine unbehandelte Probe nach 0, 24 und 72 Stunden als Referenzprobe entnommen. Die DNA der resultierenden Proben wurde ex-trahiert und mit der beschriebenen Methode analysiert.

Zur Überprüfung dieses Versuchsaufbaus wurden HEK 293-Zellen mit Azacytidin über 0, 24, 48, 72 und 96 Stunden behandelt. Als Cyto-sin-Analogon senkt dieser Wirkstoff nachweis-lich den Methylierungsgrad und kann somit als Positiv-Kontrolle verwendet werden.

Reproduzierbare Ergebnisse

Durch Behandlung der Zellen mit Pemetrexed wurde der Methylierungsgrad geringfügig, aber signifi kant erhöht. Ein vergleichbares Er-gebnis wurde nach Behandlung der Zellen mit

Metho trexat erhalten. Azacytidin führte zu der erwarteten deutlichen Senkung des Methylie-rungsgrades. Innerhalb von 96 Stunden wurde der Methylierungsgrad von 4,61% auf 1,38% gesenkt (vgl. Abb. 1). Das beobachtete Signal-zu-Rausch-Verhältnis ermöglicht eine problemlose Auswertung der Elektropherogramme, auch bei einem geringen Methylierungsgrad von 1,38% (vgl. Abb. 2). Die Betrachtung der einzelnen Werte und der dazugehörigen Standardab-weichungen zeigt die gute Anwendbarkeit und Reproduzierbarkeit der Methode.

Die Kalibrationsgeraden weisen geringe rela-tive Standardabweichungen auf. Die relativen Standardabweichungen der Mononukleotide überschreiten 3,6% nicht. Lediglich 5-Methyl-cytosin, dessen absolute Signalgröße deutlich unter denen der übrigen Nukleotidsignale liegt, weist eine relative Standardabweichung von 14,9% auf. Auch dieser Wert liegt im Bereich der Richtlinien der Industrie für die Validierung von bioanalytischen Methoden12.

Bei allen mit Wirkstoffen versetzten Proben lagen die Standardabweichungen stets unter 0,25%. Dieser niedrige Wert zeigt deutlich, dass auch geringe Veränderungen im Methylierungs-grad präzise analysiert werden können. Durch die Verwendung der vorgestellten Methode können somit kleine Änderungen des Methy-lierungsgrades schnell und exakt bestimmt werden. Aufgrund der geringen benötigten Probenmenge lässt sich der Methylierungsgrad von DNA aus verschiedenen Zellen problemlos untersuchen.

Literatur

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[3] R. L. Collard, N. S. Harya, F. A. Monzon, C. E. Maier, D. S. O‘Keefe, The Prostate 2006, 66, 687-695.

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Schmitz, J. Chromatogr. B 2007, 850, 548-552.[8] O. J. Schmitz, C. C. T. Worth, D. Stach, M. Wiessler, Angew.

Chemie Int. Ed. 2002, 41, 445-448.[9] E. Falck, A. Groenhagen, J. Mühlisch, G. Hempel, B.

Wünsch, Anal. Biochem. 2012, 421, 439-445.[10] J. Walling, Invest. New Drugs 2006, 24, 37-77.[11] S. Hagemann, O. Heil, F. Lyko, B. Brueckner, PLoS One 2011,

6 (3), e17388.[12] ICH-Q2A: Guidline for Industry – Text on Validation of

Analytical procedures 1995 & 1996.

Korrespondenzadresse

Dipl.-Chem. Evamaria Falck, Prof. Dr. Bernhard WünschInstitut für Pharmazeutische und Medizinische ChemieWestfälische Wilhelms-Universität MünsterHittorfstr. 58-62, 48149 MünsterTel.: +49-(0)251-83-33310

Abb. 2: Bestimmung des Methylierungsgrades nach 48 Stunden, entweder unbehandelt, (Methylierungsgrad 3,45%, links) oder behandelt mit 1 µM Azacytidin (Methylie-rungsgrad 1,85%, rechts), Signale (v. l. n. r.): Adenin-BODIPY®-Konjugat, Guanin-BODIPY®-Konjugat, Thymin-BODIPY®-Konjugat, Cytosin-BODIPY®-Konjugat und 5-Methylcytosin-BODIPY®-Konjugat

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Paperwelt Epigenetik

Wolf ReikProf. Dr. Wolf Reik ist Direktor des Epigenetik-Programmes am Babraham Institute, Cam-bridge (GB). Nach seinem Medizin-Studium an der Universität Hamburg forschte er erst mit Rudolf Jaenisch und danach als EMBO Fellow mit Azim Surani in Cambridge. Später war er Fellow des Lister Institute of Preventive Medi-cine und Stellvertretender Direktor des Bab-raham Institute. Reik lehrt an der Universität Cambridge und forscht auch am Sanger Insti-tute. Er kann auf mehr als 150 Forschungspubli-kationen und etliche Preise wie den Wellcome Prize of Physiology verweisen. Außerdem ist er unter anderem Mitglied der EMBO, der Royal Society und der Academia Europaea, sitzt im Vorstand des EpiGeneSys EU Network of Excel-lence und berät die Firma CellCentric.

Mit oxBS-Seq auf der Jagd

nach HydroxymethylcytosinBooth MJ, Branco MR, Ficz G, Oxley D, Krueger F, Reik W, Balasubramanian S. Quantitative Sequencing of 5-Methylcytosine and 5-Hydroxymethylcytosine at Single-Base Resolution, Science. 18 May 2012, Vol. 336 no. 6083 pp. 934-937 DOI: 10.1126/science.1220671

Eine Form der epigenetischen Regulierung ist das Anhängen von Methylgruppen an die Base Cytosin. Erst kürzlich wurde gezeigt, dass das aber noch nicht das Ende der Modifikationen ist. Neben der „fünften Base“ 5-Methylcytosin (mC) gibt es noch eine sechste (5-Hydroxymethylcytosin, hmC), siebente (5-Formylcytosin, fC) und achte (5-Carboxycytosin, cC). Die Entdeckung von hmC in Säu-getieren ist von großer Bedeutung für die Epigenetik. Sie zeigt, dass die Methylierung von Cytosin kein finaler Schritt zur Stummschaltung von Genen ist, andere Funktionalisierungen mit Regula-toraufgaben sind möglich. Wie weit hmC verbreitet ist, ist allerdings schwierig herauszufinden. Es wird angenommen, dass der hmC-Gehalt von Gewebe zu Gewebe variiert – ganz im Gegensatz zu einem weitestgehend konstanten mC-Spiegel. Die höchsten Werte für hmC wurden im zentralen Nervensystem gefunden. Außerdem ist hmC wohl an der Regulierung der Pluripotenz von Stamm-zellen beteiligt. Trotzdem ist noch nicht abschließend geklärt, ob hmC ein wichtiger epigenetischer Marker per se ist – oder vielmehr ein Intermediat eines aktiven Demethylierungsprozesses hin zum unmethylierten Cytosin. Mit der von Reik und Balasubramanian entwickelten oxidativen Bisulfit-Sequenzierung (oxBS-Seq) ist nun erstmals eine Methode verfügbar, mit der alle hmCs des Genoms quantitativ und einer Auflösung auf Einzelbasenniveau erfasst werden können.

LABORWELT:Wie ist die oxBS-Seq-Methode entstanden?

Reik:Als die neuen Modifikationen entdeckt wurden, kam natürlich die Frage auf, wie man jene Stellen im Genom nachweisen kann. Wo sind sie? Wieviele gibt es? Wir haben zunächst mit Antikörpern gegen hmC gearbeitet (ähnlich ChIP-Seq). So konnten wir die hydroxyme-thylierten DNA-Fraktionen mit Hilfe gebun-dener Antikörper isolieren und dann selektiv sequenzieren. Das funktionierte ganz gut, allerdings ist die Auflösung mit 50 bis 100 bp nicht besonders überzeugend. Außerdem ist

die ChIP-Seq nicht quantitativ. Die Methode, die es für die Bestimmung von mCs schon gab, die Bisulfit-Sequenzierung, ist im Gegensatz dazu quantitativ, bei einer hohen Auflösung. Allerdings war das Problem, dass mC und hmC auf Bisulfit genau gleich reagieren– nämlich gar nicht. Man kann sie nicht unterscheiden. Wir fragten uns dann: Gibt es einen Weg, die Grund-idee der Bisulfitmethode beizubehalten, aber die Chemie so zu modifizieren, dass die Methyl- und Hydroxymethylgruppen getrennt bestimmt werden können? Ein Ansatz war, hmC selektiv zu Formylcytosin (fC) zu oxidieren. fC reagiert mit Bisulfit wie unmethyliertes Cytosin – zu Uracil. Nur die Bisulfit-resistenten mCs bleiben in der

Sequenz übrig. Die Gruppe um Shankar Balasub-ramanian fand dann tatsächlich eine Chemikalie, die diese Reaktion selektiv vermittelt. Jetzt war der Weg frei. Wir haben zwei parallele Sequen-zierungsreaktionen gemacht – eine mit der Chemikalie, die andere ohne. Subtrahiert man die Ergebnisse dann voneinander, erhält man eine Sequenz, die Cytosine, Methylcytosine und Hydroxymethylcytosine aufweist – quantitativ und auf Einzelbasenniveau.

LABORWELT:Könnte man die anderen Cytosinmodifikatio-nen auf ähnliche Weise bestimmen?

Reik:Genau, mit der gleichen Logik kann man in verschiedene biochemische Richtungen ge-hen, vorausgesetzt natürlich, entsprechende, selektive Chemikalien sind gefunden.

LABORWELT:Unterscheiden sich hmC und mC funktionell?

Reik:Wenn alle Cytosinmodifikationen ihre eigenen Signalfunktionen haben, dann sollte es Proteine geben, die sie spezifisch erkennen können. Da solch ein Protein für hmC noch nicht bekannt ist, kann meine Antwort nur vorläufiger Natur sein: Es sieht so aus, als ob hmC einen weniger repres-siven Einfluss auf die Genregulation hat, als mC. Mehr kann man aber noch nicht sagen.

LABORWELT:Was haben Sie bei der Analyse der Cytosin-modifikationen der DNA embryonaler Maus-stammzellen herausgefunden?

Reik:Im Wesentlichen haben wir uns bei der Sequen-zierung auf die CpG-Inseln (CGIs) fokussiert – und nicht das gesamte Genom sequenziert. Dabei haben wir drei CGI-Arten mit jeweils unterschiedlichen Mustern von Cytosinmo-difikationen gefunden. Die interessanteste davon: CpG-Inseln, die sowohl mC als auch hmC aufweisen. Wir haben 800 von diesen CGIs innerhalb von und zwischen den Genen gefunden, aber nicht in den Promotorregionen. Diese Inseln werden gezielt von bestimmten Oxidasen, den sogenannten TET-Enzymen, be-arbeitet. Hier wird viel mC produziert, das von den TET-Enzymen gleich in hmC umgewandelt wird. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um einen Zyklus, der nach jeder Zellteilung von vorn losgeht. Eine solche konstante Reprogrammie-rung ist charakteristisch für pluripotente Zell-typen. In ausdifferenzierten Geweben stellen wir uns vor, dass die Modifikationen innerhalb der CGIs einen Endzustand erreicht haben. In-teressant ist, dass das Wiederherstellen eines solchen Mittelzustandes eine Möglichkeit zur Reprogrammierung von Gewebestammzellen hin zu pluripotenten Stammzellen sein könnte. Daran arbeiten wir bei uns im Labor derzeit.

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ChlP im Lebendgewebe – ein ÜberblickCTA Anke Hoffmann, Dr. Dietmar Spengler, Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München

Chromatin-Immunpräzipitation (ChIP)-Assays ermöglichen, die Wechselwirkungen von nuk-leären Proteinen und chromatisierter DNA in lebenden Zellen routinemäßig zu analysieren. Die ChIP-Technik kann hierbei für ein breites Spektrum von Fragestellungen, wie zum Beispiel der genspezifi schen oder genomweiten Lokalisation von Histonmodifi kationen, Transkripti-onsfaktoren und anderer Chromatin-bindender Faktoren, eingesetzt werden. Aufgrund der hohen zellulären und funktionellen Komplexität des Gehirns haben in vivo-ChIP-Experimente im Bereich der neurobiologischen Forschung vergleichsweise wenig Beachtung gefunden. Der Grund hierfür ist oftmals die geringe Menge an Ausgangsmaterial. Daher ist eine sorgfältige Optimierung der einzelnen ChIP-Arbeitsschritte geboten.

ChIP-Nachweisverfahren basieren darauf, dass an die chromatisierte DNA gebundene Proteine durch eine kurze Behandlung mit Formaldehyd fi xiert werden. Hierbei werden Protein-Chromatin-Bindungen im Bereich von 2 Å (1 Å entspricht 10–10 m) gleichsam in einer Momentaufnahme festgehalten. Die fixierten Protein-Chromatin-Komplexe werden anschließend geschert (300 bis 600 Basenpaare) und mit Antikörpern gegen das zu untersuchende Protein immunpräzipitiert. Danach wird die DNA aus den Immunkomple-xen aufgereinigt und mit (gen-)spezifi schen Primern amplifi ziert (Abb. 1). Alternativ kann die immunpräzipitierte DNA als Hybridisie-rungsprobe in Microarray-Experimenten (ChIP-on-chip) oder in Sequenzierungen (ChIP-seq) eingesetzt werden.

Neurobiologie: in vivo-ChIP heikel

Die überschaubaren technischen, apparati-ven und zeitlichen Anforderungen haben zur raschen Verbreitung dieser Technik beigetra-gen. Ungeachtet dieser raschen Fortschritte haben in vivo-ChIP-Experimente im Bereich der neurobiologischen Grundlagenforschung vergleichsweise wenig Anklang gefunden. Die Gründe liegen an erster Stelle an der außeror-dentlich hohen zellulären und funktionellen Komplexität des Gehirns. Um aussagekräftige Experimente durchführen zu können, ist es notwendig, die zu untersuchende Gehirnregi-on klar abzugrenzen. Andernfalls kann es zum Beispiel aufgrund einer stark abweichenden Genexpression in angrenzenden Geweben zur Verfälschung von ChIP-Ergebnissen kommen. Dies bedeutet in der Praxis, dass Gehirn-schnitte der Untersuchungsprobe gefärbt und lichtmikroskopisch beurteilt werden, bevor anschließend gezielt Gewebe entnommen wird. Für das ChIP-Experiment steht daher häufi g äußerst wenig Ausgangsmaterial zur Verfügung. Bei der Isolierung spezifischer

Zellkerne des Hypothalamus ist zum Beispiel die Ausbeute auf mehrere tausend Zellen beschränkt. Sollen zudem Neurone von Glia-zellen und Astrozyten getrennt werden, ist darüber hinaus eine Auftrennung anhand zellspezifi scher Marker notwendig (z.B. mittels FACS-Analyse).

Wir haben daher verschiedene ChIP-Protokolle bezüglich ihrer Eignung für in vivo-ChIP- Experimente getestet und stellen hier die Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden vor. Zudem präsentieren wir ein optimiertes Protokoll zur Bearbeitung meh-rerer Proben bei vergleichsweise geringem Arbeitsaufwand.

ChIP – Erst „Fast“, dann „Rapid“

Die ersten ChIP-Protokolle wurden vor annä-hernd 25 Jahren entwickelt und schrittweise ei-ner wachsenden Zahl von neuen Anwendungen

angepasst. Wir beschränken uns hier auf jene Modifi kationen, die im Hinblick auf in vivo- ChIPs von neuronalen Geweben interessant sind.

Die Entwicklung des „Fast ChIP“-Protokolls führte zu einer deutlichen Zeitersparnis bei gleichzeitig verringertem Arbeitsaufwand. Bei dieser Methode erfolgt die Inkubation des An-tikörpers mit dem Protein-Chromatin-Komplex in einem Ultraschallwasserbad und kann so von mehreren Stunden (häufi g über Nacht) auf bis zu 15 min reduziert werden. Im Anschluß an einen Proteinase K-Verdau erfolgt die Umkehrung der Protein-Chromatin-Fixierung während einer 10-minütigen Inkubation bei 100°C in Gegenwart von Chelex 100. Die aus dem Überstand isolierte DNA kann ohne weitere Aufreinigungsschritte in nachfolgenden PCRs verwendet werden. Auch wenn dieses Fast ChIP-Protokoll innerhalb eines Tages durchgeführt werden kann, erfordert die geringe DNA-Ausbeute vergleichsweise viel Ausgangsmaterial (0,5-1 x 106 Zellen).

Eine Modifi kation dieses Protokolls, das soge-nannte „Rapid ChIP“-Protokoll, sieht die direkte Durchführung der PCR-Analyse mit dem immun-präzipitierten, Protein G-Partikel gebundenen Material vor (bead-PCR). Die Anwendung dieses Protokolls führte in unseren Versuchen jedoch zu unbeständigen Ergebnissen, da bei kleinen Gewebeproben die Menge der immunpräzipi-tierten DNA häufi g unter dem Detektionslimit lag. Zudem spielt die Auswahl der verwendeten Protein A/G-Partikel für den Einsatz in quan-titativen PCR-Analysen eine kritische Rolle. So wurde berichtet, dass die Verwendung von magnetischen Partikeln die Quantifi zierung des SYBR-Green-Signals beeinträchtigt.

Mit der Einführung des EpiQuik ChIP Kit (Epi-gentek) gelang ein wichtiger Schritt in Richtung eines Hochdurchsatz-Protokolls. Dieser Ansatz im Mikroplattenformat basiert auf deutlich ver-kürzten Immunpräzipitations- und Waschschrit-ten, wobei zwischen den Arbeitsabschnitten kein Probentransfer erforderlich ist. Auch wenn

Abb. 1: Schematische Darstellung einer ChIP. Protein-Chromatin-Komplexe werden mittels Formaldehyd fi xiert. Die Zell- und Kernmembranen werden aufgebrochen, das Chro-matin fragmentiert. Im Anschluß an die Immunpräzipitation werden die spezifi schen Antikörper-Protein-Chromatin-Komplexe mit Hilfe magnetischer Protein G-Partikel isoliert. Die so angereicherte DNA wird aufgereinigt und mit Primern amplifi ziert.

Epigenetik Chromatin-Immunpräzipitation

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Chromatin-Immunpräzipitation Epigenetik

sich diese Methode potentiell für die Automa-tisierung von ChIPs anbietet, stellt die Menge an benötigtem Ausgangsmaterial (mindestens 500.000 Zellen) für viele neurobiologische Fra-gestellungen ein Ausschlusskriterium dar.

CChIP: Die nächste (kleinere) Dimension

Die Einführung des „Carrier ChIP“ (CChIP) ermöglichte erstmals die Aufarbeitung von Proben mit geringer Zellzahl, wobei Chromatin von Drosophila als Träger (engl. carrier) zum Einsatz kam. Die damit verbundene Reduzierung des Reaktionsvolumens erlaubte eine erhöhte Rückgewinnung des Ausgangsmaterials bei gleichzeitiger Verringerung des Hintergrund-signals. Allerdings ist der Einsatz sorgfältig optimierter Primer für die PCR-Analyse erfor-

derlich, um die zu untersuchende DNA sicher von der eingesetzten Träger-DNA abzugrenzen. Entsprechende Einschränkungen ergeben sich für ChIP-on-chip- und ChIP-seq-Anwendungen. Da die CChIP in ihrer ursprünglichen Form mit nativem (unfi xiertem) Chromatin durchgeführt wurde, erschwert es zudem die Untersuchung des Bindungsverhaltens von Transkriptions-faktoren.

Eine Weiterentwicklung der CChIP-Technik stellt das „Fast CChIP“-Protokoll dar, wobei die Vorteile der Fast ChIP und der CChIP vereint wurden. Unter Verwendung von Chromatin der Hefe (Saccharomyces cerrevisiae) als Träger gelang es, Protein-DNA-Interaktionen in kleinen Gehirnstanzen (0,2 mm3) zu untersuchen. Damit wurde erstmalig nachgewiesen, dass die ChIP zur Untersuchung sehr kleiner Gewebeproben genutzt werden kann, auch wenn der Einsatz von Träger-Chromatin den Bereich potentieller Anwendungen weiterhin einschränkte.

Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Untersuchung geringer Zellzahlen ist die „Micro ChIP“ (µChIP). Dieses Protokoll beschreibt die Untersuchung von Chromatin aus 1.000 Zel-len bei Verzicht auf zusätzliches Trägermaterial. Überdies eignet sich die µChIP zur Analyse sehr kleiner Gewebeproben (1 mm3) und kann inner-halb eines Tages durchgeführt werden.

Optimiertes Protokoll

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die ursprüngliche ChIP-Methode in den vergange-nen 20 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt wurde, wobei ein besonderes Augenmerk auf der Verringerung der Menge an benötigtem Ausgangsmaterial lag. Durch eine verbesserte Abstimmung einzelner Arbeitsschritte dieser Protokolle, gelang es uns, die Effi zienz für ChIP- Experimente mit sehr kleinen Gewebeproben weiter zu steigern.

Die wesentlichen Gesichtspunkte sollen hierbei beispielhaft anhand der Untersuchung des Bindungsverhaltens des Methyl-CpG-Bin-dungsproteins 2 (Mecp2) an die Verstärkerregi-on (engl. enhancer) des Gens AVP – den Bauplan für das Peptidhormon ADH (Antiduretisches Hormon) – beleuchtet werden. Als Ausgangs-material verwendeten wir eine 1 mm3 kleine Gewebsstanze des hypothalamischen Nucleus paraventricularis (PVN) der Maus (Abb. 2). Nach Homogenisation des Gewebes wurden die Protein-Chromatin-Komplexe mittels Formal-dehyd fi xiert. Für eine optimale Anreicherung des Chromatins werden Zell- und Kernmembran in zwei getrennten Schritten aufgebrochen und die zytoplasmatische Fraktion verworfen. Anschließend wird das Chromatin mittels Ultra-schallbehandlung (z.B. Biorupter, Diagenode) fragmentiert. Hierbei ist eine ungleichmäßige Exposition und Überhitzung der Probe sorg-fältig zu vermeiden. Für eine hohe spezifi sche Bindung des Antikörpers wird das Chromatinge-misch verdünnt (wobei 1% des Ausgangsmate-

rials als „Input“ für die spätere Quantifi zierung der immonopräzipitierten DNA zurückbehalten wird), über Nacht mit dem Mecp2-Antiserum inkubiert und am darauffolgenden Tag mit magnetischen Protein G-Partikeln präzipitiert. In unserem Protokoll erfolgt die Umkehrung der Protein-Chromatin-Fixierung sowie ein Proteinase K-Verdau innerhalb von 2 h in einem einzigen Schritt bei 62°C. Für die abschließende Aufreinigung der DNA im Überstand verwen-den wir Zentrifugationssäulen (Ultra Clean PCR Clean-Up Kit, MoBio) anstelle einer Phenol/Chloroform-Extraktion und DNA-Präzipitation. Die so gewonnene DNA kann dann für weitere Fragestellungen, zum Beispiel zur quantitativen PCR Analyse, verwendet werden.

Die in diesem Protokoll vorgestellten Modifi -kationen gestatten die synchrone Bearbeitung mehrerer, sehr kleiner Gewebeproben bei gerin-gem Zeit- und Arbeitsaufwand. Damit eignet sich dieser Ansatz vorzüglich zur Analyse von spezifi schen Gehirnregionen größerer Untersu-chungsgruppen von Nagern, die verschiedenen Versuchsbedingungen ausgesetzt wurden.

Stress zerstört Epigenetik-Markierung

So gelang es zum Beispiel unserer Gruppe mit Hilfe eines Mausmodells für frühkindlichen Stress die Rolle des Proteins Mecp2 hinsicht-lich der epigenetischen Regulation des Stress-gens AVP zu untersuchen. Hierbei wurden neugeborene Mäuse während der ersten zehn Tage jeweils täglich für drei Stunden von ihren Müttern getrennt. Die Untersuchung des hypothalamischen PVN dieser Mäuse im Alter von sechs Wochen offenbarte eine deutlich geringere Methylierung der CpG-Insel im Bereich der Verstärkerregion des AVP-Gens im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, welche nicht von ihren Müttern getrennt wurde. Diese geringere Methylierung konnte auch noch im Alter von drei Monaten sowie einem Jahr nachgewiesen werden und spiegelte sich in einer erhöhten Expression des AVP-Gens wider. Hierbei konnten wir mit Hilfe der in vivo-ChIP- Technik eine geringere Bindung von Mecp2 an der AVP-Verstärkerregion bei sechs Wochen alten Mäusen, welche nach der Geburt zeitweise von ihren Müttern ge-trennt wurden, nachweisen (Abb. 3) und neue Erkenntnisse bezüglich der AVP-Regulierung gewinnen. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die in in vivo-ChIP-Methode im Bereich der neurobiologischen Forschung einen wichti-gen Beitrag zur Beantwortung vieler Frage-stellungen leisten kann.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Dietmar Spengler Max-Planck-Institut für Psychiatrie Kraepelinstraße 2, 80804 München Tel.: +49-(0)-89-30622-587

Abb. 2: in vivo-ChIP-Assay mit Mecp2 an PVN-Geweben von Mecp2(y/+)- (Wildtyp) oder Mecp2(y/-)- (Mecp2-defi zient) Mäusen. Die Protein-Chromatin-Kom-plexe wurden laut Protokoll analysiert (siehe Text). In Mecp2(y/+)-Mäusen bin-det Mecp2 an die AVP-Verstärkerregi-on, in Mecp2(y/-) -Mäusen jedoch nicht.

Abb. 3: Oben: Schematische Darstellung des Stressgens AVP. Die senkrechten Bal-ken in der AVP-Verstärkerregion stel-len die einzelnen CpGs dar. Unten: Bei frühkindlichem Stress verringert sich die Bindung von Mecp2 an die Verstärkerregion des AVP-Gens im PVN von 6 Wochen alten Mäusen.

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Epigenetik Krebs-Biomarker

Neben genetischen Veränderungen spielen epigenetische Modifi kationen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Progression von Tumorerkrankungen. Diese werden stabil an die nächste Zellgeneration vererbt, ohne dass eine Veränderung der DNA-Sequenz vorliegt. Sie umfassen DNA-Methylierungen, Histon-Modifikationen, microRNA-Expression und Chromatin-Remodelling-Prozesse. Lange Zeit standen für die Tumordiagnostik vor allem Hypermethylierungen von Cytosin-Nukleotiden in CpG-Inseln der Promotorregion von Sup-pressorgenen im Fokus des Interesses. Diese Veränderungen heben bei vielen Tumorarten die Hemmung des Tumorwachstums auf und sind somit funktionell wie auch diagnostisch von Bedeutung. Einige DNA-Methylierungen auf im Blut zirkulierender DNA zeigen bereits

vielversprechende Ergebnisse als Biomarker in der Tumordiagnostik wie zum Beispiel die Septin-9 Hypermethylierung für das kolorek-tale Karzinom. Im Gewebe von Gliomen ist die Hypermethylierung des O(6)-Methylguanin-DNA Methyltransferase (MGMT)-Promotors ein wichtiger Indikator für das Ansprechen des Tumors auf eine Alkylanzien-basierte Chemo-therapie. In den vergangenen Jahren wurde der Einfl uss von kurzen regulatorischen microRNA und von Histonmodifikationen für die Ent-wicklung von Tumorerkrankungen verstärkt untersucht. Eine Reihe von microRNAs wurden als potentielle diagnostische und prognostische Biomarker im Serum und Plasma von Patienten mit unterschiedlichen Tumorerkrankungen gefunden. Hinsichtlich Histonmodifi kationen liegen derzeit überwiegend Ergebnisse aus dem

Tumorgewebe vor. In einigen Pilotstudien wur-den allerdings bereits Histonmodifi kationen auf im Blut zirkulierenden Nukleosomen als potentielle Biomarker für die Tumordiagnostik beschrieben.

Struktur des Chromatins

Im Zellkern ist das humane Chromatin aus nukleosomalen Grundeinheiten aufgebaut (Abb. 1). Die nukleosomalen Histone weisen einen globulären C-Terminus und einen aus den scheibenartigen Nukleosomen herausra-genden N-Terminus auf. Diese N-terminalen Endigungen können vor allem an den basischen Aminosäuren Lysin und Arginin, aber auch an Serin und Threonin post-translational modi-fi ziert sein. Die Veränderungen umfassen die kovalente Bindung von Azetyl-, Methyl-, Phos-phat-, Ubiquitin-, SUMO-, ADP-Ribose- und Bio-tingruppen. Zusätzlich liegt eine Graduierung hinsichtlich einer ein-, zwei- und dreifachen Methylierung vor. Die Vielfalt der variierbaren Möglichkeiten von Histonmodifikationen spiegelt sich in der „Histon-Code“-Hypothese wider, nach der defi nierte Kombinationen von Histon-Markierungen zu einer Veränderung der Chromatinstruktur und einer feinen Regu-lierung des Transkriptionsstatus führen. Für die Modifi kationen wurde eine einheitliche Nomen-klatur festgelegt. So wird etwa die dreifache Methylierung (me3) des Lysins 9 (K9) auf dem Histon 3 als H3K9me3 bezeichnet.

Histonmodifi zierende Enzyme

Am Anbringen bzw. Entfernen der Modifi katio-nen sind eine Reihe von Enzymen beteiligt, die den funktionellen Status der Histone gezielt beeinfl ussen: Das Anfügen von Azetylgruppen durch Histon-Azetyltransferasen (HAT) führt zu einer Chromatin-Dekondensierung, wodurch die Bindung von Transkriptionsfaktoren ermöglicht wird, während die Entfernung von Azetylgrup-pen durch Histon-Deazetylasen (HDAC) eine Kondensation und damit eine transkriptionelle Ruhigstellung der betroffenen Genabschnitte nach sich zieht. Ob das Einbringen von Me-thylgruppen durch Histon-Methyltransferasen (HMT) transkriptionsfördernd oder -hemmend wirkt, hängt von den davon betroffenen Histon-positionen ab; der Effekt von Histon-Demethy-lasen (HDM) ist entsprechend entgegengesetzt. So fördern zum Beispiel Methylierungen von H3K4 und H3K36 die Transkriptionsaktivität während Methylierungen von H3K9, H3K27 und H4K20 diese inhibieren. Darüber hinaus regulie-ren Kinasen und Phosphatasen die Phosphory-lierung, Ubiquitin-Ligasen und Deubiquitinasen die Ubiquitinylierung von Histonen. Diese Ver-änderungen spielen neben der Genexpression und Transkription auch bei weiteren zellulären Prozessen wie DNA-Replikation und Apoptose eine wesentliche Rolle.

Tumordiagnose anhand modifi zierter HistoneStefan Holdenrieder, Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie,Jörg Ellinger, Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Universitätsklinikum Bonn

Post-translationale Modifi kationen und alternative Varianten von Histonen spielen bei ei-ner Vielzahl von zellulären Prozessen, wie Genexpression, DNA-Replikation und Reparatur, Chromosomen-Kondensation und -Segregation sowie Apoptose, eine wesentliche Rolle. Hierbei ist eine optimal abgestimmte Interaktion mit anderen epigenetischen Veränderun-gen wie DNA-Methylierungen sowie mit Histon-bindenden Proteinen von Bedeutung. Eine Dysregulation der Histonmodifi kationen führt zu einer Störung dieser Prozesse und ist mit der mehrstufi gen Entstehung und Progression von Tumorerkrankungen assoziiert. Die mo-difi zierten Histone können sowohl im Tumorgewebe als auch im Blut nachgewiesen werden. Dieser Überblick erläutert die Bedeutung dieser neuen Biomarker-Klasse für die Diagnostik und das Management von Tumorerkrankungen.

Abb. 1: Das Chromatin ist aus nukleosomalen Grundeinheiten aufgebaut, die jeweils aus einem zentralen Histonoktamer mit den doppelt vorhandenen Histonen H2A, H2B, H3 und H4 und 147 bp doppelsträngiger DNA bestehen. Jeweils etwa 20-80 Bp Linker-DNA verbindet die einzelnen Nukleosomen. Ein weiteres Histon H1 befi ndet sich an der Außenseite der Nukleosomen und trägt zur Stabilisierung der Chromatin-Tertiärstruktur bei. Die aus den Nukleosomen herausragenden Histonendigungen (N-Terminus) können post-translational durch Enzyme modifi ziert worden sein (siehe Text). HAT (Histon-Azetyltransferasen), HDAC (Histon-Deazetylasen), HMT (Histon-Methyltransferasen), HDM (Histon-Demethylasen) (adaptiert nach Füllgrabe 2010).

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Krebs-Biomarker Epigenetik

Vielfältige Interaktionen der verschiedenen Histon-Modifi kationen lassen darauf schließen, dass nicht einzelne Veränderungen, sondern eher ganze Modifi kationsmuster auf einem Nu-kleosom im Sinne eines „Nukleosomen-Codes“ den Status der DNA-Sequenz defi nieren und regulieren: So ist etwa eine Ubiquitinylierung von H2B notwendig für eine Methylierung des Lysins 79 auf H3. Auch wird die Bindung des Heterochromatin Proteins 1 (HP1) am methylier-ten Lysin 9 auf H3 durch eine Phosphorylierung auf dem benachbarten Serin 10 gelockert und durch Azetylierung auf Lysin 14 ganz gelöst und dadurch die inhibierende Wirkung von H3K9me3 aufgehoben. Schließlich unterliegen die Modifi kationen einer unterschiedlichen Dy-namik, wobei die Methylierungen – insbeson-ders wenn diese mehrfach vorliegen – deutlich stabilere Markierungen sind als Azetylierungen und Phosphorylierungen, die aufgrund ihrer kürzeren Halbwertszeiten variablere Signale darstellen. Histonmodifi kationen sind in das Netzwerk epigenetischer Veränderungen eingebunden und werden sowohl durch mi-croRNAs als auch durch DNA-Methylierungen beeinfl usst. So interagiert die DNA-Methyl-transferase 1 (DNMT1) mit der Methylierung des Lysins 9 auf H3, wodurch ein stabiler repressiver Transkriptionsstatus erreicht wird.

Neben den Histonmodifi kationen treten auch alternative Histonvarianten auf. Anstelle des Histons H2A kann die Variante H2A.Z in tran-skriptionell aktiven Nukleosomen eingebaut sein, H2A.X als Sensor für eine DNA-Schädigung zur Rekrutierung von DNA-Reparaturkomplexen dienen oder verschiedene MacroH2A-Varianten bei inaktiven X-Chromosomen oder vermehrt bei Tumorerkrankungen gefunden werden. CENP-A ist eine Zentromer-spezifische H3-Variante, während H3.3 ebenfalls in den Promo-torregionen aktiver Gene lokalisiert ist.

Tumorspezifi sche Modifi kationsmuster

Bei Tumorerkrankungen wurden charakteris-tische Muster von Histonmodifikationen im Tumorgewebe mittels Immunhistochemie (IHC), Chromatin-Immunpräzipitation (ChIP) und Tissue-Microarray (TMA)-Untersuchungen gefunden und mit dem Tumorstadium und der Prognose der Patienten korreliert. Diese Verände-rungen sind häufi g mit einer aberranten Genex-pression, einer genomischen Instabilität sowie mit DNA-Reparatur- und Zellzyklus-Störungen verbunden. Bei diversen Tumorarten trat typi-scherweise ein globaler Verlust der Azetylierung des Lysins 16 auf H4 (H4K16ac) sowie der Trime-thylierung des Lysins 20 auf H4 (H4K20me3) auf, der mit einer DNA-Hypomethylierung auf repetitiven DNA-Sequenzen („Satelliten-DNA“) einherging. Der dadurch hervorgerufene re-laxierte Chromatinstatus ist für eine größere DNA-Instabilität verantwortlich, wodurch sich die Korrelation mit der Progression der Erkran-kung erklärt. Eine verminderte Methylierung von

H3K4 (H3K4me2 und H3K4me3), verbunden mit einer reduzierten Transkriptionsaktivität, wurde beim Prostatakarzinom gefunden und zeigte ein früheres Auftreten von Rezidiven an. Hinsichtlich der Modifi kationen von H3K9 wurden bei unter-schiedlichen Tumorarten konträre Ergebnisse be-schrieben. So war ein suppressiver Status durch eine verminderte Azetylierung (H3K9ac) und vermehrte Methylierung (H3K9me3) beim Pros-

Auch im Blut wurden Histonmodifi kationen auf ihre Eignung als Biomarker für die Tumor-Diagnostik untersucht. Die erste methodi-sche Studie hierzu erschien 2008, bei der die Histon-Markierung H3K9me1 auf im Plasma zirkulierenden Nukleosomen mittels ChIP de-tektiert und die assoziierte DNA anhand einer real-time PCR für perizentrische repetitive Sequenzen quantifi ziert wurde. In weiteren Untersuchungen fanden sich erhöhte Konzent-rationen an DNA von H3K9me3 und H4K20me3 bei Patienten mit Multiplem Myelom, während die Werte bei Patienten mit kolorektalem Kar-zinom erniedrigt waren (Abb. 2). Zudem waren die Werte für H3K27me3 bei Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom vermindert. Die Ergebnisse für das kolorektale Karzinom wurden kürzlich in einer unabhängigen Pati-entenkohorte bestätigt. Im Gegensatz dazu waren bei Patientinnen mit Mammakarzinom die H3K9me3- (Abb. 2) und H4K20me3-Marker deutlich erhöht. Allerdings beruhen die Ergeb-nisse dieser Studien auf geringen Patienten-zahlen und müssen durch weitere prospektive Untersuchungen validiert werden.

Fazit

Nachdem sich zirkulierende Nukleosomen in zahlreichen Studien als wertvolle Marker zur Prognoseabschätzung und zur frühzeitigen Be-urteilung des Ansprechens einer zytotoxischen Therapie erwiesen haben, ist anzunehmen, dass hier – und im Therapiemonitoring – die zukünfti-gen Indikationsfelder für Histon-Modifi kationen im Blut liegen werden. Durch die Quantifi zierung geeigneter Muster von Tumor-assoziierten Histon-Modifi kationen ist eine weitere Verbesse-rung der Aussagekraft im Vergleich zur unspezifi -scheren Gesamt-Nukleosomen-Konzentration zu erwarten. Zudem sind einige Histon-Deazetylase-Inhibitoren bereits zur Behandlung von kutanen T-Zell Leukämien zugelassen, weitere befi nden sich zur Behandlung diverser Tumorarten in der klinischen Prüfung. Für diese bieten sich die entsprechenden Histon-Modifi kationen als Bio-marker ideal zur Verlaufskontrolle an. Schließlich sind derzeit eine Reihe von robusten, immuno-logischen Testverfahren für die Quantifi zierung von Histon-Modifi kationen und -Varianten in der Entwicklung, was zukünftige qualitätskontrollier-te Messungen erleichtern wird. So wird sich in absehbarer Zeit erweisen, welchen Stellenwert die neue Klasse der zirkulierenden Nukleoso-menmarker für Diagnose und Management von Tumorerkrankungen einnehmen wird.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Stefan HoldenriederInstitut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie, Universitätsklinikum BonnSigmund-Freud-Str. 25, 53105 BonnTel: +49(0)-228-287-12126

tata-, Ovarial- und Magenkarzinom ein ungüns-tiger prognostischer Parameter, während diese Konstellation bei Astrozytom, Lungen-, Nieren-karzinom und bei hämatologischen Neoplasien günstig war. Ähnlich unterschiedliche Ergebnisse sind für die repressive Methylierung von H3K27 (H3K27me3) beschrieben, was darauf hinweist, dass einerseits die Balance der beteiligten Enzy-me und weiterhin das umfassendere Muster an Modifi kationen im „Nukleosomen-Code“ mit der Aggressivität der Erkrankung korreliert.

Nukleosomen im Blut als Biomarker

In eigenen Untersuchungen wurden eine Korrelation einer erniedrigten Methylierung von H3K4, H3K9 und H3K27 sowie einer ver-minderten Azetylierung von H3 und H3K18 mit einer ungünstigen Prognose beim Nierenzell-karzinom, und in ähnlicher Weise beim Prosta-takarzinom sowie bezüglich H3K4 und H4K20 beim Blasenkarzinom gefunden. Hinsichtlich der Histon-Varianten war beim primären Le-berzellkarzinom H2A.1 überexprimiert während H2A.2 vermindert war. MacroH2a scheint das Wachstum von Melanomen zu unterdrücken. Beim Lungenkarzinom waren MacroH2A1.1 und MacroH2A2 bei schnell proliferierenden Tumo-ren unterexprimiert und korrelierten mit einem früherem Auftreten eines Tumorrezidivs.

Abb. 2: Konzentration von Satelliten-DNA

( SAT 2) an Nukleosomen mit H3K9me3 bei gesunden Kontrollen (Ges), Patien-ten mit benignen Erkrankungen (Ben), mit einer Karzinomerkrankung (alle CA), einem kolorektalen Karzinom (CRC) oder einem Brustdrüsenkarzi-nom (BCA). Signifi kante Unterschiede bestehen zwischen Tumorpatienten und gesunden (*) bzw. benignen Kon-trollen (·) (nach Leszinski, 2012).

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Epigenetik Expertenpanel

Angriffsziele für TherapienProf. Dr. Michael Lübbert, Dr. Johannes Gräff, Prof. Dr. Lutz Hein

Unter epigenetischen Veränderungen versteht man Modifikationen des DNA-Strangs und seiner Eiweißhülle, die die genetische Sequenz nicht verändern, aber die Gen-Aktivität beeinflussen. Für eine Reihe von Krankheiten wurde gezeigt, dass solche epigenetischen Regulatoren und Enzyme lohnenswerte Therapie-Ziele darstellen können. LABORWELT fragte Experten aus den Bereichen Stoffwechselkrankheiten, neurodegenerative Erkrankungen und Krebs, wie weit die Entwicklung solcher „Epigenetik“-Medikamente vorangeschritten ist.

Lutz HeinProf. Dr. Lutz Hein, Direktor am Insti-tut für Experimen-telle und Klinische Pharmakologie & Toxikologie der Uni -versität Freiburg

Michael LübbertProf. Dr. Michael Lübbert, Oberarzt am Kompetenzzen-trum Leukämien und Präleukämien am Universitätskli-nikum Freiburg

LABORWELTWelche auf epigenetische Veränderungen abzielende, therapeutische Ansätze zur Blut-krebsbekämpfung sind derzeit zugelassen oder befinden sich in klinischen Studien?

LübbertAuf der Suche nach einer altersgerechten und effektiven Behandlungsform der Myelodys-plastischen Syndrome (MDS) mit epigenetisch wirksamen Medikamenten sind bereits gute Erfahrungen mit dem Einsatz von niedrig dosiertem Vidaza und seiner „Schwester-Substanz“ Decitabin gemacht worden, so daß beide in Nordamerika für die Therapie dieser Präleukämie zugelassen wurden, Vidaza auch in Europa. Hier handelt es sich um zytostatika-ähnliche, jedoch epigenetisch wirksame Me-dikamente. Beide werden ebenfalls auf ihre Wirksamkeit bei akuter myeloischer Leukämie (AML) untersucht.

Als kurativer Therapieansatz bei AML ste-hen bei Patienten mit biologischem Alter bis mindestens 70 Jahren und gutem Allgemein-zustand die Standardchemotherapie und die allogene Blutstammzelltransplantation zur Verfügung. Für ältere Patienten, die durch ihre Begleiterkrankungen und reduzierten Allge-meinzustand dieser intensiveren Therapie nicht zugeführt werden können, bieten epigenetische Therapieansätze eine attraktive Behandlungs-option. In einer multizentrischen randomisier-ten („DECIDER“-Studie) wird die Behandlung von älteren AML-Patienten mit Decitabin in insgesamt vier Wirkstoffkombinationen un-tersucht. Ziel dieser Studie ist zu prüfen, wie Decitabin in der Kombination mit Valpoinsäure bzw. dem Vitamin-A-Präparat Retinsäure im Hinblick auf eine komplette oder zumindest teilweise Remission und auf das Überleben

der Patienten wirkt. In diese Studie sollen 200 Patienten eingeschlossen werden.

Darüber hinaus bietet die im Vergleich zur konventionellen Chemotherapie mildere epige-netische Behandlung, einem Teil der Patienten, den Allgemeinzustand so zu verbessern, dass im weiteren Verlauf trotz ihres Alters eine allogene Blutstammzelltransplantation durchgeführt werden kann. Dieses Konzept wird als „bridging to transplant“ bezeichnet.

LABORWELTIn Mausmodellen der Alzheimer-Krankheit hat man den Neuronenverlust mit Histon-Deazety-lasen-Blockern rückgängig machen können. Ist das eine Option für den Menschen? Und welche anderen epigenetischen Therapie-Targets für neurodegenerative Erkrankungen gibt es?

GräffIn der Tat stimmen die Versuche an verschiede-nen Tiermodellen hoffnungsvoll. Es ist jedoch schwierig vorherzusagen, wie das menschli-che Alzheimer-Hirn auf dieselben Substan-zen reagiert, da kein einziges Tiermodell die Alzheimer’sche Krankheit in ihrer vollen Kom-plexität erfassen kann. Zudem weiss man noch nicht, wie genau diese Blocker im Hirn funkti-onieren. Nichtsdestotrotz bin ich vorsichtig op-timistisch, denn in der Krebsforschung werden verschiedene Histon-Deazetylasen-Blocker seit geraumer Zeit mit Erfolg und ohne grosse Ne-benwirkungen angewandt – obwohl man auch hier deren präzise, molekulare Abläufe nicht vollständig versteht. Ganz allgemein geht es mit diesem Ansatz sowohl in der Alzheimer- als auch in der Krebsforschung darum, körpereige-nen Abwehrmechanismen unter die Arme zu greifen. Unter den anderen Therapieansätzen

Johannes GräffDr. Johannes Gräff, Postdoc der Gruppe Brain and Cognitive Sciences am Massa-chusetts Institute of Technology in Boston (USA)

sticht vor allem die DNA-Methylierung hervor. Auch hier beruft sich die Hirnforschung auf Resultate der Krebsforschung. Während es mit Ansätzen bei der Histon-Azetylierung darum geht, Körperabwehr- oder Gedächtnisgene bei deren Aktivität zu unterstützen, können mit Substanzen, welche die DNA-Methylierung ver-ändern, schadhafte Gene etwa auch inaktiviert werden. Jedoch ist die Regulierung der DNA-Methylierung weitaus komplexer als diejenige der Histon-Azetylierung, weshalb hier meines Erachtens mehr Vorsicht geboten ist.

LABORWELTWo kann die Epigenetik bei der Etablierung neuer Therapien helfen?

HeinDie Epigenetik kann dort helfen, wo epigeneti-sche Mechanismen wie die DNA-Methylierung und Histonmodifikation verändert sind und zu Erkrankungen beitragen. Derzeit gilt dies insbesondere für die Entstehung und Progres-sion von Krebs. Werden durch Methylierung der Promotorbereiche Tumorsuppressorgene inaktiviert, ist es sinnvoll, die Aktivität von Me-thyltransferasen zu hemmen. Die zugelassenen DNA-Nukleosidanaloga Azacitidin und Decita-bin werden zur Behandlung von Lymphomen eingesetzt. Bemerkenswert ist, dass es zudem Arzneistoffe gibt, die neben ihrer eigentlichen Wirkung auch die DNA-Methylierung beein-flussen. Der Blutdrucksenker Hydralazin hat als Methyltransferase-Hemmstoff sicher eine schwächere Wirkung als Azacitidin, zeigt aber weniger Nebenwirkungen. Was klinisch aus diesen Substanzen wird, werden die klinischen Studien ergeben. Das zweite Target sind Histon-modifikationen, die die Zugänglichkeit des Chroma tins regulieren. Zugelassen sind derzeit die Histondeacetylase (HDAC)-Inhibitoren Vorinostat und Romidepsin. Auch das Antie-pileptikum Valproinsäure wird in klinischen Studie als HDAC-Hemmstoff eingesetzt. Wichtig fr alle epigentischen Wirkstoffe wird sein, die Wirksamkeit sorgfältig gegen das Nebenwirkungsprofil abzuwägen. Denn die DNA-Methylierung ist ein sehr grundlegender biologischer Prozess, so dass sich die Frage stellt, ob man hier Eingriffe riskieren sollte. Die Zahl an Histonmodifikationen ist indes so groß, dass die Hoffnung berechtigt erscheint, hier spezifisch wirksame, nebenwirkungsarme Therapeutika entwickeln zu können.

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Seite bitte abtrennen – per Fax an 030-264921-11 Verbände Service

Dt. Ver. Gesell. f. Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL)

Geschäftsstelle der DGKLFriesdorfer Str. 15353175 BonnTel.: +49-(0)-228-92-68-9522Fax: +49-(0)[email protected]

Deutsche Gesellschaft für Proteomforschung

c/o MPI für BiochemieAm Klopferspitz 18a82152 MartinsriedTel.: +49-(0)-89-1897-9007Fax: +49-(0)[email protected]

BIO Deutschland

Tegeler Weg 33/berlinbiotechpark10589 BerlinTel.: +49-(0)-30-3450593-30 Fax: +49-(0)-30-3450593-59 [email protected]

Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM)

c/o Institut für Hygiene und Med. MikrobiologieCarl-Neuberg-Straße 130625 HannoverTel.: +49-(0)-511-532-4655Fax: +49-(0)-511-532-4355www.dghm.org

bts (Biotechnologische Studenten-initiative e.V.)

c/o BIOCOMLützowstraße 33–3610785 BerlinTel.: +49-(0)-30-2649-21-21Fax: +49-(0)-30-2649-21-11www.bts-ev.de

Gesellschaft für Genetik

c/o HZM – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit/Inst. of Develop-mental GeneticsTel.: +49-(0)-89-3187-2610Fax: +49-(0)-89-4620www.gfgenetik.de

Gesellschaft für Signaltransduktion

c/o Prof. Dr. Ralf HassMed. Hochschule HannoverAG Biochemie u. Tumorbiol.30625 HannoverTel.: +49-(0)-511-532-6070Fax: +49-(0)-511-532-6071www.sigtrans.de

Gesellschaft für Pharmakologie und Toxikologie

Geschäftsstelle der DGPTAchenbachstraße 4340237 DüsseldorfTel.: +49-(0)-211-600-692-77Fax: +49-(0)[email protected]

Nationales Genomforschungsnetz

c/o DKFZIm Neuenheimer Feld 58069120 HeidelbergTel.: +49-(0)-6221-424-743Fax: +49-(0)[email protected]

Deutsche Gesellschaft für Neurogenetik

Institut für Humangenetik Calwer Straße 772076 TübingenTel.: +49-(0)-7071-2977692Fax: +49-(0)[email protected]/dgng/

Netzwerk Nutrigenomik

Netzwerk NutrigenomikArthur-Scheunert-Allee 11414558 NuthetalTel.: +49-(0)-33200-88-301Fax: +49-(0)[email protected]

DiagnostikNet-BB

Netzwerk DiagnostikBerlin-Brandenburg e.V.Neundorfstraße 1716761 HenningsdorfTel.: +49-(0)-3302-55-199-14Fax: +49-(0)-3302-55-199-10f.adams@diagnostiknet-bb.dewww.diagnostiknet-bb.de

Verband der Diagnostica-Industrie e.V.

Verband derDiagnostica-Industrie e.V.Neustädtische Kirchstr. 810117 BerlinTel.: +49-(0)-30-200-599-40 Fax: +49-(0)[email protected]

ÖsterreichischeReinraumgesellschaft (ÖRRG)

ÖRRGNeudorf 41A-8262 Ilz Tel.: +43-(0)-3385-8117 Fax: +43-(0)-3385-8117offi [email protected] www.oerrg.at

Österreichische Ges. f. Laboratoriums-medizin & Klinische Chemie

ÖGLMKC GeschäftsstelleInfomedica-KEG, Xenius BehalTullnertalgasse 72A-1230 WienTel./Fax: +43-(0)-1889-6238 offi [email protected]

www.oeglmkc.at

Kontakt zu Verbänden Die Mitglieder der nachfolgenden Fachgesellschaften erhalten LABORWELT regelmäßig mit freundlicher Empfehlung ihrer Organisationen. Wer sich darüber hinaus für eine Mitarbeit oder einen Beitritt interessiert, erreicht die Fachgesellschaften unter den folgenden Kontakt daten:

Ich interessiere mich für den Beitritt Unterstützung für Jungwissenschaftler Interessenvertretung eine Spende Fachgruppen im Bereich

Verband (siehe unten, bitte ankreuzen)

Bitte kontaktieren Sie mich

Name Firma

Tel. Fax

E-Mail

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Branche Labormarkt im Umbruch

No more family – Bio-Rad vor dem Verkauf?Dr. Patrick Dieckhoff, BIOCOM AG

Milliardenschwere Übernahmen sind gang und gäbe im Labormarkt. Grund genug, in dieser LABORWELT-Serie einen Blick auf die Player, ihre Strategien und Deals zu werfen. Klar ist: Elefantenhochzeiten bleiben an der Tagesordnung. Die Preise bleiben hoch, genauso wie die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Labormarkt in zehn Jahren völlig anders darstellen wird als heute. Der US-amerikanische Immundiagnostik-Spezialist Bio-Rad könnte bald das „Verkaufen“-Schild ins Fenster hängen. Gerüchte an der Börse halten sich. Der Familienbe-trieb in den USA könnte damit das nächste Übernahmeziel werden. Interessenten für den seit Jahrzehnten etablierten Laborkonzern gibt es offenbar genügend.

Der Firmengründer von Bio-Rad stirbt, und an der Börse steigt der Kurs des Unternehmens. So feiert der Kapitalmarkt üblicherweise die Demission eines erfolglosen Managers, aber doch nicht den Tod eines Firmenkapitäns, der sein Unternehmen erfolgreich mehr als ein halbes Jahrhundert kommandiert hat.

Mit annähernd 7.000 Mitarbeitern gehört die US-amerikanische Bio-Rad Laboratories Inc. zu den etablierten Playern im Laborgeschäft. Die Angebotspalette ist beeindruckend: Das Unternehmen erwirtschaftet rund 2 Mrd. US-$ Umsatz mit mehr als 5.000 Life-Sciences-Produkten, etwa 3.000 kommen noch einmal im zweiten Geschäftsfeld, der klinischen Diagnostik, hinzu. In der Elektrophorese und bei Protein-Assays gehört das Unternehmen zu den Marktführern.

Auch Bio-Rads Produkte für die PCR, die Chromatographie oder die Gel-Imageanalyse werden in mehr als 100.000 Laboren auf der ganzen Welt gefunden. Unter Analysten erfreut sich das Unternehmen eines guten Rufs. Seit 1994 konnte Bio-Rad den Gewinn

in jedem Jahr steigern. Heute betragen die Profite 406 Mio. US-$. Der Aktienkurs spie-gelt diese gute Entwicklung wider. Der Wert des Unternehmens verdreifachte sich in den vergangenen zehn Jahren. Unter dem Kürzel „BIO“ wird das Unternehmen mit rund 2,7 Mrd. US-$ an der New Yorker Börse bewertet. Auch eine Beteiligung an der Göttinger Sartorius AG in Höhe von mehr als 30% gehört zum Vermögen. Dennoch ist das Unternehmen ein mittelgroßer Player im Labormarkt. Nur die Aktienmehrheit der Familie Schwartz verhinderte, dass die Firma zu den heißen Übernahmekandidaten zählt.

Um Bio-Rad zu verstehen, muss man in das Jahr 1952 zurückgehen. Der Legende nach sa-ßen David Schwartz und seine Frau Alice beim Bridge als sich eine Diskussion über Produkte entspann, die der Markt braucht, aber niemand herstellt – wie etwa das Tabakmosaikvirus, das Alice für ihre Forschungsarbeiten in Berkeley verwendete. Gesagt – getan, noch im selben Jahr wurde Bio-Rad gegründet als Lieferant für Werkzeuge, die in der Forschung im Labor

angewendet werden. Die Idee war gut. Die Firma wuchs. Ende der sechziger Jahre stieg Bio-Rad in die klinische Diagnostik ein. Es folgten weitere Akquisitionen. 1999 kauften die Amerikaner das Diagnostik-Geschäft von Sanofi-Pasteur. Anfang des neuen Jahrtau-sends war eine Zeit des Aufräumens. So wur-den das Halbleitergeschäft, die Optoelektronik, Meteorologie- und Mikroskopie-Produktlinien veräußert. Im Jahr 2007 wurde dafür die Schweizer Diamed Holding AG zugekauft, ein Spezialist für Hämatologie.

It‘s all family business.

All das geschah unter der Ägide eines famili-engeführten Managements, das die Geschicke der Firma bis heute bestimmt. Doch das Fun-dament beginnt zu bröckeln. Firmengründer und Chairman David Schwartz verstarb im April dieses Jahres, seine Frau Alice – eben-falls Aufsichtsratsmitglied – ist 85. Ihr Sohn Norman, Chief Executive Officer von Bio-Rad, ist auch schon 62. Freiwillig würden sie die Firma, die ihr Leben geprägt hat, wohl nicht verkaufen. Der Druck von Aktionären steigt jedoch. Mit dem 7,4-fachen des Gewinns ist Bio-Rad an der Börse im Vergleich zu anderen Laborzulieferern recht preisgünstig bewertet. Ein Bieterkampf um eine mögliche Übernah-me könnte das ändern. Und im Aufsichtsrat von Bio-Rad sitzen mächtige Investoren, unter anderem Jerome Dodson, Chef des 6,1 Mrd. US-$-schweren Parnassus-Fonds. Sie könnten geneigt sein, ihre Anteile zu versilbern. Doch eine Mehrheit gibt es nur mit den Aktien der Familie. Zu den Interessenten gehören die üblichen Verdächtigen wie Life Technologies oder Thermo Fisher. Beide Konzerne haben die passende Größe, sind chronisch Übernahme-hungrig und befinden sich auf dem Weg, die gesamte Produktpalette in Life Sciences und Diagnostik abzudecken. Niemand kennt die Schmerzgrenze der Käufer – allerdings auch niemand die der Familie Schwartz.Verstorbener Bio-Rad-Gründer Schwartz und sein wohl bekanntestes Produkt

Bio-Rad in Zahlen:

Umsatz: 2,07 Mrd. US-$Gewinn (EBITDA): 416 Mio. US-$Operative Marge: 12,3%

Börsenwert: 2,7 Mrd. US-$ (Stichtag 6.6.)Mitarbeiter: 7.030 CEO: Norman Schwartz

Umsätze: regional

| Europa: 896,4 Mio. US-$| Asien: 398,4 Mio. US-$| USA: 631 Mio. US-$| Kanada, Lateinamerika: 147,7 Mio. US-$

Sparten nach Umsatz:

| Life Sciences: 694,7 Mio. US-$| Clinical Diagnostics: 1,36 Mrd. US-$| Übrige: 15,0 Mrd. US-$

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LABORWELT 13. Jahrgang | Nr. 2/2012 | 37

Stellenmarkt Service

Akademischer Stellenmarkt

Karriere DiagnostikSpezialisiert auf den LifeSciences / HealthCare-Sektor besetzen wir Positionen in allen Bereichen namhafter internationaler Unternehmen. Wir sind stets auf der Suche nach qualifizierten Kandidaten/innen. Ak-tuell sind wir mit Suchaufträgen für nachfolgende Karrierepositionen im Bereich der klinischen Diagnostik betraut:

Europäischer Market Manager Labordiagnostik m/wZielgruppe Hospital oder Privatlabore

Manager Market Access und Reimbursement(companion diagnostics) m/w

Globaler Sales Manager in-vitro Diagnostic m/w

Internationaler Produkt Manager Klinische Chemie / Applika-tionen und Assays m/w

Internationaler Produktmanager für ImmunoassayAutomatisation / Produktlaunch m/w

Produktspezialist Autoimmundiagnostik (international) m/w

Market Manager Diagnostische Atemtests / Europa m/w

Weitere Informationen zu den o. g. Positionen finden Sie unter www.trockle-unternehmensberatung.com. Gerne beraten wir Sie auch telefonisch! Rufen Sie an, wenn Sie sich verändern möchten oder auf der Suche nach einer neuen Herausforderung sind.

Kontakt: Dr. Susanne Simon, TROCKLE Unternehmensberatung, Geimoosstr. 12, 8712 Stäfa / Zürich, Schweiz, Phone + 41- (0)43 - 818 03 34 , E-Mail: [email protected]

Mannheim University of Applied Sciences

Wir sind eine der großen und leistungsstarken Hochschulen des Landes Baden-Württemberg und beschäftigen z Zt. über 170 Professoren, 370 Mitarbeiter und ca. 700 Lehrbeauftragte und Studentische Hilfskräfte.

Die Hochschule Mannheim, Fakultät für Verfahrens- und Chemietechnik, sucht für das Institut für Biologische Verfahrenstechnik im Rahmen eines Forschungs-projektes einen

Dipl.-Ing. (FH) / Bachelor (m/w)Entgeltgruppe 10 TV-L, Beschäftigungsumfang 100 %

(39,5 Std. / Woche) oder 2 Stellen 50% (19,75 h/ Woche) für Masterstudenten geeignet

KZ 2028P

Projektaufgaben:

– Wissenschaftliche Mitarbeit im Projekt der Karl-Völker-Stiftung mit dem The-ma „Wasserdesinfektion nach einem unmittelbaren Katastropheneinsatz“. In Zusammenarbeit mit der International Water Aid Organization (www.iwao.de) ist es Ziel, eine Wasserdesinfektionsanlage für den Einsatz nach einer Trinkwasser-Katastrophe auf Basis von Silber-Kupfer-Zink-Oberflächen zu entwickeln, die in Wasser-führende Leitungen und Behälter eingesetzt werden können.

– Einrichtung, Instandhaltung und Wartung vorhandener Messgeräte und Anlagen sowie der Aufbau von Versuchsanlagen.

– Einholung von Angeboten und Vorbereitung der Bestellung von neuen Anschaffungen.

– Betreuung und Wartung der vorhandenen Rechner und der dazugehörigen Software.

– Ausarbeitung von Verfahrenskonzepten und Anlagentechniken zur Arron-dierung von Praktikumsversuchen und deren Realisierung.

– Mitwirkung bei der Betreuung von Studien- und Bachelorarbeiten.

Anforderungsprofil:

– erfolgreicher Abschluss eines Hochschulstudiums, vorzugsweise im Be-reich Verfahrens-technik/Bioverfahrenstechnik, Chemische Technik oder verwandter Studiengänge.

Es besteht die Möglichkeit neben der Tätigkeit ein Masterstudium durchzuführen. Das Arbeitsverhältnis ist für die Dauer des Projektes (18 Monate) befristet. Die Stelle ist grundsätzlich teilbar.

Um den Anteil von Mitarbeiterinnen zu erhöhen, werden qualifizierte Frauen ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert. Schwerbehinderte Bewerber/innen werden bei entsprechender Eignung vorrangig eingestellt.

Für fachliche Fragen steht Ihnen der Leiter des Instituts für Biologische Verfahrenstechnik, Prof. Dr. Peter M. Kunz ([email protected], Tel. 0175-2091380), für Personalfragen Frau Bickenbach (Personalabteilung, Tel. 0621/292-6408) gerne zur Verfügung.

Ihre schriftliche Bewerbung richten Sie bitte unter Angabe der Kennzahl an [email protected] oder per Post an die Personalabteilung der Hochschule Mannheim, Paul-Wittsack-Str. 10, 68163 Mannheim.

hochschule mannheim university of applied sciencesZertifikat seit 2007 – audit familiengerechte hochschule

Post-doctoral positionsare available in biological mass spectro-metry laboratory to develop the method of shotgun lipidomics and its applications in cell biology and clinical chemistry1,2,3.

The work will focus on the molecular characterization of individual lipids and complex lipid-protein assemblies by means of high resolution mass spectrometry on LTQ Orbitrap and Q Exactive machines. Successful candidates will have ex-pertise in mass spectrometry (work experience with Orbitrap machines is a plus) or lipid biochemistry / lipidomics. They will work in international interdisciplinary scientific environment; good communication skills and the ability to rapidly acquire new knowledge and skills in other scientific disciplines (including translational research) are essential.

Max Planck Society is an equal opportunity employer; applications from women and handicapped individuals are explicitly encouraged.

Application (cover letter, CV and publication list as a single pdf file) should be e-mailed directly to the Group Leader Dr. Andrej Shevchenko, [email protected]

[1] Ejsing, CS; Sampaio, JL; Surendranath, V; Duchoslav, E; Ekroos, K; Klemm, RW; Simons, K; Shevchenko, A, Global analysis of the yeast lipidome by quantitative shotgun mass spectrometry. Proc Natl Acad Sci U S A 2009; 106: 2136-41.

[2] Sampaio, JL; Gerl, MJ; Klose, C; Ejsing, CS; Beug, H; Simons, K; Shevchenko, A, Membrane lipidome of an epithelial cell line. Proc Natl Acad Sci U S A 2011; 108: 1903-7.

[3] Herzog, R; Schwudke, D; Schuhmann, K; Sampaio, JL; Bornstein, SR; Schroeder, M; Shevchenko, A, A novel informatics concept for high-throughput shotgun lipidomics based on the molecular fragmentation query language. Genome Biol 2011; 12: R8.

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Service Stellenmarkt

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Wir sind Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

Das Helmholtz Zentrum München als Träger des Bayerischen Frauenförderprei-ses sowie des Total E-Quality Zertifikates strebt eine Erhöhung des Frauenanteils an und fordert deshalb qualifizierte Interessentinnen auf, sich zu bewerben. Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt.

Das Institut für Stammzellforschung (Max Eder Gruppe ‚normale und maligne Brust-Stammzellen‘ von Dr. Christina Scheel) sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n

Postdoc (m/w)Bereich normale und Krebs-

Stammzellen der Brust 2012/1539

Ihre Aufgaben

– Analyse der molekularen Kontrolle von Stammzell-Eigenschaften und Plastizität in normalen Brustepithel- und Brustkrebs-Zellen

– Untersuchung der Rolle von Wachstumsfaktoren und den von ihnen akti-vierten Signalübertragungswegen

– Verwendung anspruchsvoller, neuester und noch weiter zu entwickelnder Verfahren für humane adulte Stammzell-Isolation, -Manipulation und -Kultur

– Interaktion mit unseren klinischen Partnern am Institut für Pathologie der Ludwig-Maximilian Universität München

Ihre Qualifikationen

– Promotion in Biologie, Medizin oder verwandten Disziplinen

– Erfahrung im Bereich der Brust- bzw. Brustkrebs-Stammzellen oder der Metastasierung wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich

– Erfahrung in FACS, Isolation, Kultur, Phänotypisierung, Transfektion / Infektion adhärenter humaner/muriner Zelllinien oder primärer Zellen, sowie der Klonierung retroviraler Vektoren

– höchstes wissenschaftliches Interesse

– Fähigkeit eigenverantwortlich und innerhalb eines Teams zu arbeiten

Unser Angebot

– Tätigkeit in einem innovativen, zukunftsorientierten Unternehmen

– umfangreiches Fortbildungsangebot

– zunächst für zwei Jahre befristetes Arbeitsverhältnis und eine Vergütung nach TVöD (EG 13)

Bitte senden Sie Ihre Bewerbung bevorzugt per E-Mail an:Dr. Christina ScheelE-Mail: [email protected]: +49-(0)89 3187-2012

Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)Institut für StammzellforschungIngolstädter Landstraße 1, 85764 Neuherberg

Die Translationale Onkologie an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (TRON) ist ein innovatives, schnell wachsendes, biopharmazeutisches Institut mit dem Ziel, innovative Diagnostika und Arz-neimittel zur Behandlung von Krebs und Erkrankungen des Immunsystems zu entwickeln. TRON wurde als gemeinnützige GmbH im Januar 2010 gegründet und ist seitdem auf dem Gelände der Universitätsmedizin Mainz angesiedelt. TRON arbeitet in intensiver Kooperation mit der Universität Mainz und regionalen Unternehmen zusammen.

Ab sofort sind wir auf der Suche nach einer/m

Technischen/ Assistentin/en (Vollzeit)

Ihr Aufgabengebiet:Sie sind Teil einer zentralen Funktionseinheit unseres Unternehmens, welche ihren Schwerpunkt in der immunohistochemischen Analyse von Geweben hat. Ihre Aufgaben umfassen das Fixieren, Einbetten, Schneiden und Markieren von kryo- und formalinfixierten Geweben, die Etablierung und Validierung von Färbeprotokollen (Fluoreszenz-, AP- und Peroxidase basierende Assays) sowie neuer Färbetechniken; aber auch die Auswertung, Dokumentation und Archivierung der Färbungen. Sie arbeiten in engem Kontakt mit verschiedenen Projektteams des Unternehmens und bekommen somit Einblicke in vielschich-tige Fragestellungen im Bereich der Tumorimmunbiologie. Nach entsprechender Einarbeitung übernehmen Sie die eigenständige Planung, Durchführung und Auswertung von Experimenten und Serviceleistungen in Absprache mit den Projektteams.

Ihre Profilanforderungen:– Sie besitzen eine abgeschlossene Berufsausbildung als Technische/r Assis-

tent/in, Biologielaborant/in oder vergleichbare Qualifikation.

– Sie besitzen praktische Erfahrungen vor allem in der Probenpräparation von unterschiedlichen Geweben (fixieren, einbetten, schneiden), sowie Kenntnisse der gängigen Färbetechniken.

– Sie haben Spaß an der Etablierung von Versuchsprotokollen und neuen Methoden.

– Erfahrungen mit der Kultivierung und Transfektion (Manipulation) von gängigen Zellkultur- Zelllinien runden Ihr Profil ab.

– Persönlich zeichnen Sie sich durch eine selbstständige, sorgfältige und zuverlässige Arbeitsweise aus.

Ein sicherer Umgang mit der englischen Sprache sowie mit MS-Office-Anwen-dungen ist ebenfalls wünschenswert, Berufserfahrungen sind von Vorteil. Zudem sollten Sie Motivation, Organisationstalent und soziale Kompetenz mitbringen.

Wir bieten ein angenehmes Betriebsklima, gründliche Einarbeitung und herausfor-dernde Aufgaben im Bereich Forschung und Entwicklung von Krebstherapeutika, sowie ein abwechslungsreiches und spannendes Arbeitsumfeld. Wir suchen hoch motivierte Mitarbeiter, welche unsere Begeisterung für Forschung und Wissen-schaft teilen, Spaß an der Bewältigung neuer Aufgaben haben und Teil unseres jungen und engagierten Teams werden wollen.

Ihre Bewerbung übersenden Sie bitte unter Verwendung der Referenz „TAIHC“ und Angabe Ihres Gehaltswunsches per E-Mail in einem PDF-Dokument (max. 2 MB) an: [email protected]

Translationale Onkologiean der Universitätsmedizinder JGU Mainz

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Produktwelt Service

Die ATLAS Biolabs GmbH ist ein europaweit aktives Dienstleistungsunternehmen in den Bereichen DNA-Sequenzanreicherung (Nimble-Gen, Agilent, RainDance), Next-Generation Sequencing (Ilumina, Roche, Life Technologies) und DNA-Chip-Technologien. Die Firma verfügt über alle wichtigen DNA-Chip-Plattformen (Affymetrix, Agilent, Illumina, und NimbleGen) sowie ein Massenspektrometer der Firma Se-quenom für gezielte SNP-Genotypisierungen, Mutationsanalysen (OncoCarta Panel) und Methylierungsuntersuchungen.

Die Firma ATLAS Biolabs bietet ihre Services vorwiegend im Rahmen kleiner, mittlerer und großer Forschungsprojekte an und wurde von so wichtigen Herstellern wie Affymetrix, Agi-lent und NimbleGen für den fachkundigen und normgerechten Einsatz ihrer Produkte wieder-holt erfolgreich zertifiziert.

Als Ausgründung aus dem Deutschen Res-sourcenzentrum für Genomforschung (RZPD) und dem Cologne Center for Genomics (CCG) verfügt ATLAS Biolabs über eine langjährige Erfahrung in allen wichtigen Bereichen der Genomforschung. Die ständige Erweiterung des Angebots durch die Implementierung neuer Technologien, wie jüngst das Next-Generation

MicroDiscovery

Neuer NGS-Daten-Analyse-Service für ChIP-Seq-Daten

Die MicroDiscovery GmbH bietet Bioinfor-matik-Dienstleistungen mit flexiblen statis-tischen Werkzeugen für Qualitätskontrolle, Visualisierung und Analyse von NGS-Daten (z. B. Solexa, SOLiD, 454), die weit über die Möglichkeiten konventioneller NGS Analyse-Tools hinausgehen. Das interdisziplinäre Expertenteam prozessiert die Daten optimal, um spezifische Fragestellungen zu lösen, wie etwa den Nachweis von Methylierungen, die Identifikation von Mutationen (SNPs, Insertionen und Deletionen) oder Expres-sionsanalysen (RNA-Seq). Basierend auf umfangreichen Erfahrungen erzielt das Un-ternehmen schnell und effizient biologisch aussagekräftige Ergebnisse.

Seit neuestem bietet der NGS-Service von MicroDiscovery zusätzlich eine proprietäre ChIP-Seq-Datenanalyse-Pipeline. Neben eta-blierten Methoden zur Qualitätssicherung, zum Mapping und Peak Calling entwickelte die Firma eigene Algorithmen, die maßge-schneidert auf spezifische Anforderungen angewendet werden können. Ein innovativer Peak-Finding-Algorithmus ermöglicht die Identifikation signifikanter Genregionen. Das Verfahren beruht auf einem flexiblen Peakmodell, das ohne weitergehende Annah-men zum Peak-Shape arbeitet. Dieser Ansatz ermöglicht die Detektion unterschiedlichster Peak-Formen und findet auch atypische Peaks, die durch herkömmliche Verfahren übersehen werden. Das Verfahren beruht auf einem adaptiven Suchfenster, dessen Größe anhand eines Kontrolldatensatzes dynamisch berechnet und angepasst wird. Die statistische Signifikanz wird mit Hilfe von Resampling-Techniken berechnet.

MicroDiscovery GmbHDr. Arif MalikMarienburger Str. 110405 BerlinTel.: +49-(0)[email protected]

ATLAS Biolabs

DNA-Spezialist bietet umfassende Analysen

Sequencing, ermöglicht es dem Unternehmen, auf Kundenbedürfnisse bestmöglich einzu-gehen. Atlas Biolabs bietet eine kompetente Beratung, um optimale Lösungen zur gezielten und umfassenden Analyse des Genoms sowie bedarfsgerechte Datenauswertung sicherzu-stellen. Ob Standardapplikationen oder auf die besonderen Wünsche der Kunden zuge-schnittene Spezialanwendungen: Die Erfüllung höchster Qualitätsansprüche wird durch ein professionelles Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9001: 2008 und EN ISO 13485:2003 + AC:2009 erreicht.

Zu den Kunden von Atlas Biolabs zählen akademische Forschungseinrichtungen, Phar-ma- und Biotechnologieunternehmen sowie klinische Forscher und Ärzte im In- und Ausland. Das Unternehmen ist seit 2010 Mitglied im Netz-werk Diagnostik Berlin-Brandenburg e.V. ATLAS Biolabs GmbH Friedrichstraße 14710117 Berlin Tel.: +49-(0)-30-3198-9660 [email protected] www.atlas-biolabs.com

Der Pipettierroboter PIRO von LTF Labortechnik kombiniert komfortable Bedienbarkeit mit maximaler Pipettier-Performance – egal, ob es sich um einen einfachen Probentransfer oder ein komplexes Pipettierprotokoll handelt. Jeder Anwender kommt in wenigen Minuten zum Erfolg. PIRO bietet mit höchster Präzision den optimalen Weg zur Standardisierung von Experimenten. Jedes Platten-/Gefäßformat kann verwendet beziehungsweise über den innovativen „Plate Creator“ eingerichtet werden. Austauschbare Pipettierköpfe (Vol.-Bereich: 0,5 - 1000 µl), Level sensing und das neuartige Pipettiertracking machen das Gerät hochflexibel, präzise und sicher. Um den PIRO kennenzulernen, können unverbindlichen Demo-Termine vereinbart werden.

Durch Hochgeschwindigkeitspipettieren ist das Ansetzen eines kompletten PCR-Setups in weniger als zehn Minuten möglich. Der Spitzensparmodus erlaubt zudem die Mehrfachverwendung von Spitzen, und ein Wechselkopfsystem macht den Austausch von Pipettierköpfen möglich. Das Drag and

drop Programming sorgt für eine intuitive Bedienbarkeit des Geräts.

Der PIRO wird während der ACHEMA 2012 auf dem Dornier-LTF-Stand ausgestellt: Halle 4.2, Stand K60.

LTF Labortechnik GmbH & Co. KGTel.: +49-(0)-8382-9852-0Fax: +49-(0)[email protected]. labortechnik.com

LTF Labortechnik

PIRO – Der persönliche Pipettierassistent

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Service Produktwelt

Ein technischer Bericht über eine detaillierte Bewertung von mehreren handelsüblichen Mikroplatten zur Proteinfällung, die von un-abhängiger Stelle durchgeführt wurde, kann kostenlos auf der Webseite von Porvair Sci-ences heruntergeladen werden. Der Bericht beschreibt und erläutert die Ergebnisse einer Reihe von vergleichenden Experimenten, die im Rahmen der unabhängigen Bewertung durchgeführt wurden. Die Bewertung kom-mentiert dabei, wie vorteilhaft der Wegfall des „Befeuchtens“ und Entweichens der Probe durch die p3-Platte ist, ohne dabei auf kom-plexe Ventilsysteme zurückgreifen zu müs-sen. Außerdem wird in dem Bericht darauf hingewiesen, dass die neuartig behandelte Frittmatrix, die bei der p3-Platte verwendet wird, hohe Durchflussraten aufrechterhält und somit eine schnelle Probenvorbereitung ermöglicht. Der Bericht stellt außerdem fest, dass die p3-Platte keine negativen, unspezi-fischen Bindungsprobleme mit sich bringt. In Verbindung mit der Kostenwirksamkeit haben diese Vorteile dazu geführt, dass das pharmazeutische Unternehmen, das diese Bewertung durchgeführt hat, die p3-Platten jetzt täglich verwendet.

Porvair Sciences Ltd.Dr. Bill BradburyTel.: +44-(0)[email protected]

Mit der Mikroplatte p3 von Porvair Sciences Ltd. gehören sowohl das Durcheinander als auch die umfangreiche Probenvorbereitung der Vergangenheit an (d. h. kein Zentrifugieren, kein Vortexen), die für die herkömmlichen Techniken zur Proteinfällung typisch sind.

Die Verwendung der Proteinfällung als ein Verfahren zur Probenvorbereitung gehört in der pharmazeutischen Industrie zur gängigen Praxis. Daher hat die Notwendigkeit, das Ver-fahren zu rationalisieren, um den Zeitaufwand für Techniker zu minimieren, eine zunehmende Anzahl an gewerblich genutzten Mehrloch-Filtermikroplatten vorangetrieben, die für die Probenvorbereitung zur Proteinfällung optimiert wurden.

PromoKine

Große Auswahl an Fluoreszenz-Farbstoffen für die Bioanalytik

Mit den PromoFluor-Farbstof fen bietet Promo Kine eine große Auswahl an exzel-lenten Fluorophoren an, die den blauen bis nahen Infrarot-Bereich des Lichtspektrums abdecken und ideal zur schnellen, einfachen und effizienten Kopplung an Proteine, Nuk-leinsäuren und Antikörper geeignet sind. Die momentan erhältlichen PromoFluor-Farb-stoffe (z. B. PromoFluor-350, PromoFluor-415, PromoFluor-488P, PromoFluor-555, PromoFlu-or-590, PromoFluor-647, PromoFluor-680, PromoFluor-700 & PromoFluor-750) sind kos-tengünstige und qualitätsmäßig ebenbürtige Alternativen zu bekannten Fluorophoren wie etwa den Alexa Fluor® und Cy™-Farbstoffen und zeigen eine außergewöhnliche Photo-stabilität, hohe Fluoreszenzintensitäten und Quantenausbeuten sowie gute Wasserlöslich-

keit. Die PromoFluor-Farbstoffe sind als Car-boxylsäuren, NHS-Ester und Maleimide sowie als Konjugate mit Aminogruppen, Biotin, Avidin, Streptavidin, Phalloidin, Antikörpern und dUTP erhältlich und für Immunfluores-zenz-, FISH-, FACS-, Microarray-Experimente etc. optimal geeignet. Gebrauchsfertige „PromoFluor Labeling-Kits“ zur bequemen Markierung von Proteinen, Antikörpern und DNA sind auch erhältlich.

Ebenfalls können eine Vielzahl von Fluo-reszenzfarbstoffen für die Färbung von Zell-strukturen und Organellen sowie ein breites Sortiment an fluoreszierenden Kalzium-, Zink , pH- und Chlorid-Indikatoren bezogen werden. Kits für die selektive Fluoreszenfärbung von viablen, apoptotischen und nekrotischen Zellen sowie zahlreiche Fluoreszenz-markierte Biomoleküle für die Detektion und Quanti-fizierung apoptotischer Zellen runden das Angebot ab.

PromoCell GmbH Sickingenstraße 63/6569126 HeidelbergTel.: +49-(0)-6221-649-340Fax: +49-(0)[email protected]

Porvair

Probenvorbereitung zur Proteinfällung verbessert

in hochautomatisierten Systemen entwickelt. Sie weist keine alphanumerische Codierung auf und ist daher besonders für automatisierte Verschlusstechniken mit Metallabdeckplatten geeignet, wie sie beispielsweise im Ultra-High-Throughput-Screening-System (uHTS) des Automatisierungsanbieters GNF-Systems Anwendung finden.

Greiner Bio-One GmbHDr. Rainer HellerTel.: +49-(0)[email protected]/bioscience

Greiner Bio-One

Neue 1536 Well-Mikroplatte aus CycloolefinMit der Einführung einer schwarzen 1.536 Well-Cycloolefin-Mikrotiterplatte mit festem Boden für Fluoreszenzmessungen und lichtgeschützte Wirkstofflagerung setzt Greiner Bio-One Maß-stäbe in der hochautomatisierten Wirkstoff-forschung. Denn das neue Produkt kombiniert die exzellenten optischen Eigenschaften von Cycloolefinen mit dem produktionstechnischen Know-how des Unternehmens im Bereich hoch-formatiger Mikrotiterplatten.

Cycloolefine sind Werkstoffe, die aufgrund ihrer quarzglasähnlichen Eigenschaften häu-fig für optische Systeme, zum Beispiel Linsen, verwendet werden. Infolge ihrer besonders geringen Eigenfluoreszenz im kurzwelligen UV-Bereich sind sie für empfindliche Fluores-zenzmessungen hervorragend geeignet. Dank ihrer außerordentlich geringen Wasserdampf-durchlässigkeit und ihrer Beständigkeit gegen polare Lösungsmittel wie Dimethylsulfoxid können Mikroplatten aus Cycloolefinen zusätzlich sehr gut für die Probenlagerung verwendet werden.

Die neue 1.536 Well-Mikroplatte aus schwar-zem Cycloolefin wurde speziell für den Einsatz

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LABORWELT 13. Jahrgang | Nr. 2/2012 | 41

Kalender Service

VeranstaltungskalenderJuni – August 2012

26.-28.6.12Der GMP-Beauftragte in der Biotechnologie, HeidelbergInfo: CONCEPT Heidelberg GmbH(Tel.: E-Mail: [email protected],Web: www.concept-heidelberg.de)

27.-28.6.12Bioprocessing & Stem Cells Europe, London (UK)Info: Select Biosciences(Web: www.selectbiosciences.com/conferences)

16.-20.7.12Quantitative Biology: Current Concepts and Tools for Strain and Pprocess Developments (Summer School), BerlinInfo: Nicola Gruß, DECHEMA e.V.(E-Mail: [email protected],Web: http://kwi.dechema.de/QBio.html)

17.-20.7.126th European Congress of Pharmacology – EPHAR 2012, Granada (ES)Info: Spanish Society of Pharmacology(E-Mail: [email protected],Web: www.ephar2012.org)

18.-20.7.124th International Congress on Stem Cells and Tissue Formation: Quantitative Stem Cell Biology – From Models to Applications, Dresden Info: Ramona Liedtke,, CRT Dresden(E-Mail: [email protected],Web: www.stemcellcongress-dresden.org)

25.-27.7.12EMBL Conference – Microfluidics 2012, HeidelbergInfo: (Web: www.embl.de/training/events/2012/MCF12-01/index.html)

29.7.-3.8.12Plant Biology Congress Freiburg 2012, Freiburg Info: Katja Lemke, Albert Ludwigs University/FESPB/EPSO (Web: www.plant-biology-congress2012.de)

4.–5. Juli 2012, Nürnberg

MedTechPharma 2012

Mehr als 1.000 Akteure aus der Medizin-technik- und Pharma-Sparte werden An-fang Juli auf der „MedTech Pharma 2012 – Medizin innovativ“ in Nürnberg erwartet. Der Kongress hat sich als wichtiger Treff-punkt für die Branche etabliert.

9.–11. Juli 2012, Leipzig

Systembiologie der Säugerzelle

Die 4th Conference on Systems Biology of Mammalian Cells (SBMC ) bietet im Leipzi-ger Gewandhaus die Möglichkeit für einen aktiven Erfahrungsaustausch, basierend auf neuesten Forschungsergebnissen der Säugetierzellforschung.

18.–19. September 2012, Dortmund

5. NRW Nano-Konferenz

Themenschwerpunkte der diesjährigen Veranstaltung sind Graphen, Nanotech-nologie für die Umwelttechnik, Nanopho-tonik und Sicherheit in der Nanotechnik. Begleitet wird die Konferenz von einer Ausstellung.

23.-26.6.12European Human Genetics Conference 2012, NürnbergInfo: ESHG (Web: www.eshg.org)

23.-27.6.12CYTO 2012, LeipzigInfo: ISAC (Web: www.cytoconference.org)

25.-27.6.1219. Arbeitstagung „Micromethods inProtein Chemistry“, BochumInfo: Linda Pötter, Medizinisches Proteom-Center, (E-Mail: [email protected],Web: www.arbeitstagung.de)

25.-26.6.12Verhalten von Pflanzenschutzmitteln im Boden, im Wasser und in der Luft, MainzInfo: Sabine Mummenbrauer, Akademie Fresenius (E-Mail: [email protected], Web: www.akademie-fresenius.de/2042)

2.-3.7.12Maßgeschneiderte biogene Inhaltsstoffe für eine biobasierte Wirtschaft, PotsdamInfo: Dr. Dagmar Weier, Projektträger Jülich(E-Mail: [email protected])

4.-5.7.12MedTech Pharma 2012 – Medizin innovativ, NürnbergInfo: Forum MedTech Pharma(E-Mail: [email protected],Web: www.medtech-pharma.de)

9.-11.7.12Conference on Systems Biology of Mammalian Cells (SBMC) 2012, LeipzigInfo: Elena Solovarova,HepatoSys Competence Network(E-Mail: [email protected],Web: www.sbmc2012.de)

10.7.12Erfolge der klinischen Medizin/ Personalisierte Medizin: Marketing-Idee oder echter Fortschritt? – Leopoldina-Symposien, Halle (Saale)Info: Sophia Schemel, Leopoldina(E-Mail: [email protected],Web: www.leopoldina.org)

13.7.1215th Berlin Symposium Xenotransplantation, BerlinInfo: Prof. Dr. Joachim Denner, Robert-Koch-Institut (E-Mail: [email protected], Web: www.rki.de)

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42 | 13. Jahrgang | Nr. 2/2012 LABORWELT

Ausblick

Inserentenverzeichnis

BIOCOM AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8, 13, 43European Biotechnology Foundation . . . . U3Microsynth AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5New England Biolabs GmbH . . . . . . . . . . . . .U4Particular GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9Porvair Sciences Ltd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13Roche Diagnostics GmbH . . . . . . . . . . . . . . . U2Witec AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .BeilageBioTek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Beilage

Roadmap Bioraffinerien: Hoher Forschungsbedarf von Thomas Gabrielczyk, Redaktion LABORWELT

Die gute Nachricht steht ziemlich am Ende: „Insgesamt sollte die Bundesregierung auch zukünf-tig Forschung und Entwicklung zum Thema Bioraffinerien über die gesamte Entwicklungskette hinweg deutlich erkennbar und in notwendigem Umfang fördern.“ Nachzulesen ist sie in der Kurzfassung der am 18. Juni auf der ACHEMA vorgestellten „Roadmap Bioraffinerien“. Die Stärken/Schwächen-Analyse der im Auftrag der Bundesregierung erstellten Potentialanalyse sollten Forscher kennen, die in dem Gebiet „stoffliche Nutzung von Biomasse“ auf Fördergelder hoffen. Denn sie beleuchtet erstmals, wie Deutschland hinsichtlich der Implementierung vier verschiedener Bioraffinerie-Typen positioniert ist, auf welchen Gebieten es also Nachholbedarf, Technologielücken und dementsprechend Fördergelder zu holen gibt.

Seit Herbst 2010 hatten 30 Experten um DECHEMA-Geschäftsführer Prof . Dr . Kurt Wa-gemann Informationen zusammengetragen, um ein Bild des Entwicklungsstandes und -potentials verschiedener Technologieplatt-formen zu geben . Zudem haben sie für Zucker/Stärke-, Pflanzen/Algenöl-, Lignocellulose- und Synthesegas-Bioraffinerien, die primär auf die stoffliche Nutzung von Biomasse abzielen, SWOT-Analysen (Strengths, Weaknesses, Op-portunities, Threats) vorgelegt . Diese schaffen die Grundlage für Handlungsempfehlungen – und damit die künftige Priorisierung der Forschungsförderung im Rahmen der Bioöko-nomie-Strategie 2030 der Bundesregierung . Nicht berührt durch die Roadmap ist indes die Nutzung der Biomasse zur Energieerzeu-gung, die knapp 70% der fossilen Rohstoffe verschlingt .

Positives Fazit und Handlungsbedarf

Grundsätzlich sehen die Experten aus For-schung und Unternehmen Deutschland gut positioniert, insbesondere bei der industriellen und energetischen Nutzung von Biomasse . Indes gebe es noch zu wenige Pilot- und Demon- strationsanlagen sowie Verbesserungsbedarf

LABORWELT (ISSN 1611-0854) erscheint vierteljährlich im Verlag der

BIOCOM AGLützowstraße 33–3610785 Berlin, GermanyTel./Fax: 030/264921-0 / 030/[email protected]

RedaktionDipl.-Biol. Thomas GabrielczykTel.: 030/264921-50

AnzeigenleitungOliver SchnellTel. 030/264921-45, [email protected]

LeserserviceAngelika Werner, Tel. 030/264921-40

Graphik-DesignMichaela Reblin

Druck:Druckhaus Humburg GmbH, 28325 Bremen

Für einen regelmäßigen Bezug von LABORWELT ist eine kostenlose Registrierung unter www.biocom.de oder per Fax erforderlich.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge stehen in der inhaltlichen Verantwortung der Autoren.Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des BIOCOM Verlages darf kein Teil in irgendeiner Form reproduziert oder mit elektronischen Systemen verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.Titelbild: Merck KGaA. Teilbeilagen (CH): Witec

© BIOCOM AG, Berlin

BIOCOM AG

Impressum

ThemenFunctional Genomics & Aktuelles Während Forscher angesichts moder-ner Hochdurchsatztechniken wie dem Next-Generation Sequencing oder der Massenspektrometrie in biologischen Daten ertrinken, hinkt die experimen-telle Funktionsvalidierung hinterher . In einem Spezial „Functional Genomics“ berichten wir über jüngste Fortschritte bei der Funktionsanalyse des Genoms, Proteoms und Metaboloms . Zusätzlich stehen aktuelle Entwicklungen in Mi-kroskopie und neue Verfahren in der Stammzellforschung im Mittelpunkt der nächsten Printausgabe von LABORWELT (Erscheinungsdatum 23 . August 2012) . Bereits zuvor wird ein Teil der Bei träge auf der Online-Plattform LABORWELT .de veröffentlicht werden .

Expertenpanel MetabolomicsWerbekunden bietet diese Ausgabe eine opti male Plattform für ihre Produkt-und Image anzeigen . Reser vieren Sie Ihren Werbeplatz in der LABORWELT-Themenausgabe bis spätestens zum 10 . August 2012 . Ergänzend zu den drei Themenschwerpunkten lassen wir Exper-ten zu aktuellen Entwicklungen im An-wendungsfeld „Metabolomics“ zu Wort kommen . Informationen zur möglichen Teilnahme eines Ihrer Experten sowie über die aktuellen Themen gibt Oliver Schnell (Tel .: +49-30-264921-45, E-Mail: o .schnell@biocom .de) .

bei der Verfahrensentwicklung zum Biomasse-aufschluss und ihrer Konversion .

Ingesamt seien derzeit nur wenige Bioraffine-rietypen soweit entwickelt, dass ein industrieller Einsatz lohnt: die Zucker- und Stärkeraffinerie sowie die Pflanzenölraffinerie . Schon bei der Nutzung von Lignozellulose gibt es große Unter-schiede: Während die Gewinnung von Zellstoff bereits stattfindet, hat es die Gewinnung fer-mentierbarer Kohlenhydrate nicht einmal in den Demonstrationsmaßstab geschafft . Gerade einmal technisch validiert sind Frischgrasraf-finerien, wie sie in Selbelang (Brandenburg) entstehen sollen und Synthesegas-Bioraffierien wie am Standort Senden .

Daraus ergibt sich Forschungsbedarf entlang der Wertschöpfungskette . Bei den Zucker-/Stärkeraffinerien gilt es, die Produktveredlung sowie die Kopplung von Wertstoff- und Energie-erzeugung voranzutreiben . Bei Algenlipidbioraf-finerien steht der Machbarkeitsnachweis noch aus . Als wichtiges Handlungsfeld beurteilen die Autoren der Roadmap auch die Entwicklung von Verfahren zur Konversion von Lignozellulose aus Holz und Stroh . Insbesondere die wirtschaftli-che Nutzung der Pentosen und des Lignins sei noch unterentwickelt . Details zu absehbaren Förderlinien lassen sich mit etwas Phantasie aus dem 100 Seiten-Bericht ableiten .

www.laborwelt.de

Vorschau Heft 3/2012

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3. Jahreskongress zum Strategieprozess

Nächste Generation biotechnologischer Verfahren

28. Juni 2012, Café Moskau, Karl-Marx-Allee 34, 10178 Berlin

Ein biologisches Implantat mit Sensortechnik, biomimetische Solarpaneele oder ein universeller Syntheseautomat für Feinchemikalien – dies sind nur drei der Ideen für neue Anwendungen, für die eine neue Bioverfahrenstechnik künftig Lö-sungen bereitstellen kann. Um die dafür erforderliche Zusammenarbeit von Natur- und Ingenieurwissenschaften zu fördern, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2010 gemeinsam mit den Forschungsorganisationen und Hochschulen den Strategieprozess „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren“ gestartet.

Neben den Forschungs- und Entwicklungsleistungen müssen aber auch geeignete wirtschaftliche, rechtliche und gesell-schaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Welche hemmenden und fördernden Faktoren lassen sich identifi-zieren? Durch welche Maßnahmen können sie beeinflusst werden? Diese und weitere Fragen stehen im Fokus des dritten Jahreskongresses im Strategieprozess. Darüber hinaus werden Ergebnisse der bisherigen Fachgespräche diskutiert und die angelaufenen Fördermaßnahmen präsentiert.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist erforderlich unter [email protected].

Weitere Informationen zum Programm gibt es unter www.biotechnologie2020plus.de

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