Upload
others
View
0
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Research Collection
Doctoral Thesis
Ueber die Dehydratation und Pyrolyse der Propylalkohole
Author(s): Haerry, Peter
Publication Date: 1946
Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000096694
Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For moreinformation please consult the Terms of use.
ETH Library
https://doi.org/10.3929/ethz-a-000096694http://rightsstatements.org/page/InC-NC/1.0/https://www.research-collection.ethz.chhttps://www.research-collection.ethz.ch/terms-of-use
UEBER DIE
DEHYDRATATION UND PYROLYSE
DER PROPYLALKOHOLE
VON DER
EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN
HOCHSCHULE IN ZÜRICH
ZUR ERLANGUNG
DER WÜRDE EINES DOKTORS DER
TECHNISCHEN WISSENSCHAFTEN
GENEHMIGTE
PROMOTIONSARBEIT
VORGELEGT VON
PETER HAERRY
dipl. Ing.-Chem.
aus Birrwil (Aargau)
Referent: Herr Prof. Dr. A. GuyerKorreferent : Herr Prof. Dr. H. E. Fierz
Buchdruckerei Stalden AG., Konolfingen 1946
Leer - Vide - Empty
Meinen lieben Eltern
Leer - Vide - Empty
Meinem verehrten Lehrer
Herrn Prof. Dr. A. GUYER,
unter dessen Leitung diese Arbeit ausgeführt
wurde, möchte ich hier für seine wertvollen
Ratschläge und für das mir entgegengebrachte
wohlwollende Interesse meinen herzlichsten
Dank aussprechen.
Leer - Vide - Empty
Inhaltsverzeichnis.Seite
I. EINLEITUNG 9
II. THEORETISCHER TEIL 11
1. Zur Kenntnis der Propylalkohole 11
2. Literaturübersicht .......... 12
3. Theorien über den Mechanismus der Dehydratation ... 18
4. Andere katalytische Eigenschaften der Tonerde . . . . 22
5. Theoretische Berechnungen ........ 24
a) Das statische Problem 24
b) Das kinetische Problem 33
6. Zur Pyrolyse der Propylalkohole 36
7. Der thermische Zerfall der primären Reaktionsprodukte . . 37
III. EXPERIMENTELLER TEIL 42
1. Allgemeines ........... 42
a) Einleitung 42
b) Die Darstellung des Tonerdekatalysators 42
c) Schema und Beschreibung der Apparatur 43
d) Arbeitsweise der Apparatur ....... 46
e) Die Definition der Kontaktzeit und der Gasausbeute . . 47
f) Die Reindarstellung der Propylalkohole ..... 49
g) Die Analyse der Reaktionsgase 50
2. Zur Dehydratation des n-Propylalkohols ..... 51
a) Vorversuche, Entwicklung der Apparatur . . . . . 51
b) Zur Reindarstellung des Propylens 54
c) Die obere thermische Grenze der Katalyse .... 55
d) Vergleichende Versuche mit gebranntem Ton .... 58
e) Die Pyrolyse im Glasrohr ........ 59
3. Zur Dehydratation und Pyrolyse beider Propylalkohole,
vergleichende Resultate bis zu hohen Temperaturen . . 62
a) Reaktionen des n-Propylalkohols über Tonerde ... 62
b) Reaktionen des iso-Propylalkohols über Tonerde ... 68
c) Die Pyrolyse des n-Propylalkohols im Quarzrohr ... 69
d) Die Pyrolyse des iso-Propylalkohols im Quarzrohr ... 74
e) Zusammenfassung und Formulierung ..... 74
4. Die Zersetzung von Propylen ........ 86
a) Die Pyrolyse im Quarzrohr ....... 86
b) Die Spaltung über Tonerde . . . . . . . 91
5. Andere Beiträge zur Kenntnis der Spaltungsreaktionen . . 93
a) Die Spaltung von n-Propylalkohol im Eisenrohr ... 93
b) Zur Dehydratation von iso-Butylalkohol 97
c) Einige Versuche mit Propionaldehyd und Aceton ... 99
6. Die Katalyse mit Tonerde bei tiefen Temperaturen . . . 103
a) Resultate mit mittleren Kontaktzeiten ..... 103
b) Zur Frage der Aetherbildung ....... 109
c) Statische Versuche , . . . . .111
IV. ZUSAMMENFASSUNG 114
Leer - Vide - Empty
I. EINLEITUNG.
Ein kurzer geschichtlicher Rückblick zeigt uns, dass die Beobach¬
tung der Spaltung von Alkoholen weit zurück geht. Schon früh ist
die Methode der Wasserabspaltung in der flüssigen Phase mittels
Schwefelsäure, wie auch diejenige in der Gasphase durch direkte
Katalyse mit festen Kontakten erkannt worden. Zur Anwendung
gelangte allerdings vornehmlich der Aethylalkohol. Das erste Zitat
stammt von Priestley^) im Jahre 1783. Er beobachtete eine Zerset¬
zung von Alkohol, indem er diesen durch ein auf Rotglut erhitztes
Tonrohr leitete. Die Analyse dieser Reaktionsprodukte konnten je¬doch erst Deimann2) und Mitarbeiter in den Jahren 1795/99 durch¬
führen. Diesen Forschern gelang auch die Entdeckung der Schwefel¬
säuremethode im Jahre 1797. Während eines halben Jahrhunderts
blieben diese frühen Erkenntnisse liegen. Im Jahre 1854 versuchte
Williamson 3) die erste Deutung des Reaktionsmechanismus in flüs¬
siger Phase. In den Jahren 1873/78 entwickelten Erlenmeyer und
Bunte die Schwefelsäuremethode weiter. 4) Die schon am Ende des
18. Jahrhunderts entdeckte Spaltung in der Gasphase wurde erst zu
Beginn des 20. Jahrhunderts von Gregorieff wieder beschrieben.5)Hier und in den verschiedenen Veröffentlichungen von Ipatieff6) inden Jahren 1902/03 ist erstmals die Gewinnung von Propylen aus
Propylalkohol mit reiner Tonerde, Kaolin und Graphittiegelmasseals Kontakte erwähnt.
1) Priestley, Phil. Trans. 73, 429 (1783)
2) Deimann, Crell. Ann. 11, 312, 430 (1795)
Deimann, van Trootswyck, Lauwereriburg & Bondt,
Ann. chim. 21, 58 (1797)
Ann. phys. 2, 208 (1799)
3) Williamson, A. 40, 98 (1854), vergl. dazu die Ausführungen unter Abschnitt 3
„Theorien über den Mechanismus der Dehydratation."
4) Erlenmeyer &. Bunte, A. 168, 64 (1873) ; 192, 244 (1878)
5) Gregorieff, J. soc. russ. phys. ehem. 33, 173 (1901)
6) Ipatieff, B. 35, 1062 (1902)B. 36, 1997 (1903)
9
Hieher gehört eigentlich die erste Entdeckung und Erforschungdes Einflusses von Katalysatoren auf die pyrogenetische Aufspaltungvon Alkoholen. Durch diese Versuche fand die erste Deutung der
Rolle der Tonerde in der organischen Chemie statt.
Aus dieser kurzen Darstellung sehen wir, dass diese Probleme
schon früh aufgegriffen wurden. Genaue Ausführungen über das
Verhalten der beiden Propylalkohole über grosse Temperaturgebietefehlen, oder sind bis heute noch recht spärlich und teilweise wider¬
sprechend. Diese Erkenntnisse werden unter der Auswertung früherer
Veröffentlichungen in dieser Arbeit beschrieben. Die heutige Kennt¬
nis der Energetik und der Kinetik dieser Reaktionen erweitert den
Einblick und muss zur Deutung verschiedener Beobachtungen zu¬
gezogen werden. Das Studium des rein thermischen Verhaltens
dieser Alkohole, die Pyrolyse, wird zur Abklärung der Zerfalls¬
reaktionen bei hohen Temperaturen wertvolle Beiträge gestatten.Dazu wird die Spezifität der reinen Tonerde als wasserabspaltender
Katalysator durch Versuche mit diesen aliphatischen Alkoholen einer
erweiterten kritischen Prüfung unterzogen.
10
IL THEORETISCHER TEIL.
1. Zur Kenntnis der Propylalkohole.
Es gibt zwei strukturisomere Propylalkohole, einen primären und
einen sekundären. Es ist dies der erste in der Reihe der alipha¬tischen Alkohole, dessen Konstitution zwei strukturisomere Verbin¬
dungen ermöglicht. Die Strukturlehre, welche die Kohlenwasserstoff¬
reste auf Methan zurückführt, forderte die Existenz zweier isomerer
Propylalkohole, deren Unterschied auf verschiedener Struktur der
C3H7-Reste beruht. Wir können die Strukturformeln dieser beiden
Alkohole wie folgt darstellen.1)
Normaler Isomerer
Propylalkohol Propylalkohol
H
H H H H-C-H H
III / I/C-C-C-H /C C-H/III / \ IO H H H OH H\ \H H
Von den primären Zerfallreaktionen interessiert uns vor allem
die Abspaltung von einem Molekül Wasser aus den beiden isomeren
Propylalkoholen. Die Tatsache, dass wir durch Wasserabspaltungzum gleichen Glied der Olefinreihe, dem Propylen gelangen, ge¬stattet den Schluss, dass sich beim Wasseraustritt Hydroxyl und
Wasserstoff nicht am gleichen, sondern an benachbarten Kohlen¬
stoffatomen abspalten. Die nicht mehr abgesättigten Kohlenstoff¬
valenzen befinden sich somit an benachbarten Kohlenstoffatomen.
1) Karrer, Lehrbuch der Org. Chemie 24, 48, 5. Aufl. (1937)
11
Diese Reaktionen können wir wie folgt formulieren :
CH3CH =
Propylen
CH, + H20Wasser
CH3 • CH2 • CH2OH
primärer Propylalkohol1)normaler Propylalkohol(n-Propylalkohol)
CH3 • CHOH • CH3sekundärer Propylalkohol 2)isomerer Propylalkohol(iso-Propylalkohol)
Durch Dehydrierung der beiden Propylalkohole gelangen wir
zu den entsprechenden Oxydationsprodukten.
CH3CH2CH2OHn-Propylalkohol
CH3CHOHCH3 -
iso-Propylalkohol
-> CH3CH2CHOPropionaldehyd
> CH3COCH3Aceton
+ H2Wasserstoff
+ H2Wasserstoff
Diese Dehydrierungen erlangen bei der oben genannten Wasser¬
abspaltung vor allem als primäre Nebenreaktionen Bedeutung.
2. Literaturübersieht.
Beschäftigen wir uns in dieser Arbeit speziell mit den Dehy-dratationsreaktionen der Propylalkohole, so ist eine Orientierungüber die in der Literatur beschriebenen Arbeiten unerlässlich. Wir
gewinnen daraus ein Bild über die mannigfaltigen Möglichkeiten,die zur Lösung solcher Aufgaben beigetragen haben. Der folgenden
Zusammenstellung liegt die Klassierung der zur Anwendung gelangten
Katalysatoren zu Grunde. Es sind diese in den verschiedensten
Formen auftretenden Körper (Katalysatoren), die uns gestatten, die
unter 1) angeführten primären Zerfallsreaktionen der Propylalkoholeauf die uns interessierende Reaktion der Wasserabspaltung zu Ole-
finen zu beschränken, indem diese Spaltung derart beschleunigt wird,dass die anderen Reaktionen vollständig zurücktreten. Die Kataly¬satoren teilen wir ein in Elemente, Mineralsäuren, Salze und Oxyde.
1) Zur technischen Gewinnung wird dieser Alkohol aus dem Vorlauf von Roh¬
spiritusfuselöl durch Fraktionierung abgeschieden. (Schüpphaus, Am. Soc. 14,53 (1852))
2) Dieser Alkohol ist durch Reduktion von Aceton leicht zugänglich. (Ipatieff,B. 40, 1278 (1906))
12
a) Elemente.
Senderens fand, dass mit Salzsäure gewaschene Tierkohle Pro-
pylalkohol oberhalb 300° zu dehydratisieren vermag, jedoch haben
Nebenreaktionen noch bedeutenden Anteil.1) Ebenso zersetzt aus¬
geglühte Bäckerkohle bei 380° die Propylalkohole ; Wasserstoff und
Grenzkohlenwasserstoffe treten als Nebenprodukte auf.2)Roter Phosphor ist aktiver. Der normale Alkohol wird bei 180°
und der isomere bei 150° gespalten. Die Anwesenheit von schwer
zu entfernendem Phosphorwasserstoff hat jedoch dieser Katalyse das
Interesse genommen.3) Fein verteilte Metalle wie z. B. reduziertesNickel und Kupfer wirken auf primäre und sekundäre Alkohole
dehydrierend, bei tertiären Alkoholen jedoch im Sinne einer raschen
Spaltung in Aethylenkohlenwasserstoffe.4) Die Wirkung des Kupfersbei 300 ° bietet ein einfaches Mittel, im Sinne der schon im vorderen
Abschnitt beschriebenen Reaktionen, zur Erkennung der Natur ali¬
phatischer Alkohole, indem Primäre Aldehyde und Sekundäre Ketone
liefern.5)
b) Mineralsäuren.
Konzentrierte Schwefelsäure eignet sich bei Beachtung gewisser
Bedingungen gut zur Darstellung von Propylen.6) Ein Zusatz vonwasserfreiem Aluminiumsulfat verbessert die Reinheit des Olefins,
wobei noch die Temperatur herabgesetzt werden kann.7) (Ueber den
Reaktionsmechanismus siehe die Ausführungen im Abschnitt 3). Auch
verdünnte Schwefelsäure kann zur Dehydratation verwendet werden,8)diese Säure hat jedoch bei der Reaktion in umgekehrtem Sinne,der Hydratation von Olefinen, grössere Verwendung. Allgemein ist
zu sagen, dass die Schwefelsäure vor allem zur technischen Ge¬
winnung der niederen Aether Bedeutung erlangt hat. So wird
Methyl-, wie auch Aethylaether gewonnen. Entsprechend können
auch die Propylaether, allerdings mit kleineren Ausbeuten, isoliert
1) Senderens, C. r. 144, 381 (1907)
2) Lemoine, C. r. 146, 1360 (1908)
3) Senderens, C. r. 144, 1109 (1907)
4) Sabotier & Senderens, A. (8) 4, 467 (1905)
5) Bouveault, Bl. (4) 3, 119 (1908)
«) Senderens, Cr. 151, 392 (1910)
7) Senderens, Bl. (4) 9, 373 (1911)
8) Senderens, C. r. 176, 813 (1923)
13
werden.1) Phosphorsäure und Arsensäure können die Schwefelsäure
zur Darstellung von Aethern ersetzen.2) Mit Phosphorsäure ist auch
die Darstellung von Propylen aus Isopropylalkohol beschrieben.3)Andere Säuren sind zur Darstellung von Propylen nicht zu Bedeutung
gelangt. Durch Absorbieren der Säuren auf Träger können feste
Kontakte erhalten werden. Das Arbeiten mit solchen Körpern ge¬stattet nach Senderens wesentlich tiefere Reaktionstemperaturen als
andere feste Kontakte wie Salze oder Oxyde.4) Sanders und Dodgestellen jedoch fest, dass diese Kontakte anfangs wohl sehr aktiv
sind, die Wirksamkeit infolge der Flüchtigkeit der Säuren aber
rasch verlieren.5)
c) Salze.
Diese Katalysatorklasse ist in der Literatur viel beschrieben.
Eine Zusammenstellung der wichtigsten Vertreter zeigt die Mannig¬
faltigkeit dieser Körper. So finden wir, wobei nur die einfacheren
Formen, ohne die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten ange¬führt sind: Ton; Kaolin; Graphittiegelmasse (Ton und Graphit);Phosphate von Aluminium; Calcium; Magnesium und Cadmium;Aluminiumsulfat und -silikat; Natriumbisulfat (krist. u. geschm.);Bauxit und Silicagel.
Ssakmin findet die Scherben unglasierter Tonteller als geeigneten
Katalysator,6) doch soll ihre katalytische Wirkung bedeutend geringersein als die von reinem Aluminiumoxyd.7) Alle sogenannten pla¬stischen Tone besitzen die gleiche katalytische Wirksamkeit wie
Kaolin.8) Graphittiegelmasse soll dem aufs sorgfältigste vorbe¬
reiteten Aluminiumoxyd gleichwertig sein und reines Propylen er¬
geben.9) Propylenausbeuten von 84—94% konnten aus Isopropyl¬alkohol bei 360 ° mit primärem, sekundärem und tertiärem Calcium-
1) Southerden, Proc. ehem. Soc. 20, 117 (1904)Norton & Prescott, Am. Soc. 6, 243 (1894)
Katuno, C. 1939, I, 630, C. 1940, II, 1277 (1940)
2) Masson A. 31, 63 (1839)
3) Ormandy & Craven, J. Soc. ehem. Ind. 48, Trane. 291 (1929)*) Senderens, C. r. 192, 1335 (1931)
5) Sanders
phosphat, tertiärem und sekundärem Magnesiumphosphat, Alumini¬
umphosphat und Sulfat erhalten werden.1) Mit normalem Propyl-alkohol beginnt nach Senderens die Reaktion mit Aluminiumsulfat
und -silikat bei 250—260°, mit geschmolzenem Natriumbisulfat bei
125°, mit krystallisiertem bei 200—210°. 2) Senderens fand auch
Aluminiumphosphat als guten Dehydratationskatalysator, der den
normalen Alkohol bei 300—340° und den Isomeren bei 250—300°
spaltet.3) Zum Studium der Kinetik des Alkoholzerfalls verwendet
Dohse bei tiefen Temperaturen und Drucken Bauxit.4) Sabatier
stellt jedoch fest, dass dieser Katalysator bei 400°nur dehydrierend
wirkt.6) Mit engporigem Silica-Gel wurde ein Katalysator gefunden,
der länger aktiv bleiben soll als Ton oder Aluminiumoxyd, da sich
letztere leichter mit Kohle überkrusten.6)
d) Oxyde.
Sabatier und Mailhe fanden durch systematische Untersuchungen
drei Gruppen in dieser Katalysatorklasse. Es sind dehydrierende,
gemischt wirkende und dehydratisierende Oxyde.7) Mangan und
Magnesiumoxyd sollen auf Aethylalkohol nur dehydrierend wirken.
Die meisten Oxyde beschleunigen sowohl die Wasserabspaltung, wie
auch die Dehydrierung. Es sind Oxyde von Silicium, Chrom, Titan,
Beryllium, Zirkonium, Uran, Molybdän, Eisen, Vanadium und Zink.
Wir wollen jedoch in dieser Gruppe am Beispiel des Siliciumdi-
oxydes zeigen, dass innerhalb desselben Katalysators grosse Variations¬
möglichkeiten bestehen, was wir später am Beispiel der Tonerde
noch deutlicher sehen werden. Senderens beobachtete, dass Quarz¬
sand zwischen 350 und 360° dehydratisierend wirkt. Reiner durch¬
sichtiger, staubfreier, pulverisierter Quarz wirkt dagegen bei 480°
dehydrierend.8) Aus Natriumsilikat gefällte, gewaschene und bei
gelinder Hitze getrocknete Kieselsäure bildet mit Alkohol bei etwa
280° ausschliesslich Olefine. Wird jedoch diese Kieselsäure eine
1) Allardyce, Trans. Roy. Soc. 21, 315 (1927) (C. 1928, I, 1612)
2) Senderens, C. r. 190, 1167 (1930)
3) Senderens, C. r. 144, 1110 (1907) Bl. (4) 1, 690 (1907)
4) Dohse, Z. phys. Chem. (B) 5, 131 (1929)
5) Sabatier, Die Katalyse, 213 (1927)
6) Rollet & Maurer, B. 73, 740 (1940)
7) Sabatier & Mailhe, A. (8) 20, 341 (1910)
8) Senderens, Bl. (4) 1, 687 (1907)
15
Stunde auf Rotglut erhitzt, so reagiert sie erst bei 340° und bildetneben Olefin noch 5,3% Wasserstoff. Durchsichtiger, fein pulveri¬sierter Quarz reagiert mit Alkoholen erst bei 400° unter Bildungvon gleichen Teilen Olefin und Wasserstoff. Wird dieser aberwährend 6 Stunden auf Rotglut erhitzt, so erhalten wir bei 480°fast ausschliesslich Wasserstoff.1)
Die Gruppe der rein wasserabspaltenden Katalysatoren umfasstnach Sabatier die Oxyde des Aluminiums, des Thoriums und desWolframs.2) Die Dauer der Aktivität soll bei der Tonerde die ge¬ringste sein, da diese bei höherer Temperatur einer molekularen
Verdichtung unterliegt. Das Thoriumoxyd soll gegen hohe Tempe¬raturen unempfindlicher sein, da durch das hohe AtomgewichtKondensationen durch Kalzination bei Rotglut verhindert werden.3)Dieses Oxyd stellt somit einen gleichmässig wirkenden Katalysatordar, der aus Isopropylalkohol gegen 260°Propylen abgibt. In anderenVeröffentlichungen wird jedoch auch auf eine dehydrierende Wirkungder Thoriumerde hingewiesen.4) Wolframtrioxyd wird oberhalb 250°durch Alkohol leicht in die blaue Modifikation reduziert, die sichder Form W205 nähert. Dieses blaue Oxyd stellt auch für Propyl-alkohole einen aktiven und regelmässig wirkenden, wasserabspal¬tenden Katalysator dar.5)
Zur Wasserabspaltung der Propylalkohole über Tonerde findenwir einige nähere Angaben. Schon Gregorieff fand, dass Propylal-kohol bei 300 ° zu 90 °/o in Olefin gespalten werden kann.6) Ipatieff7spaltet Propylalkohol in einem mit Aluminiumoxyd beschicktenKupferrohr bei 560 °. So gewinnt er Propylen von grosser Reinheit.
1) Senderens, C. r. 146, 125 (1908)2) Sabatier & Mailhe, C. r. 147, 106 (1909), C. r. 116, 1376, (1908),
Bl. (4) 1, 107, (1907)3) Sabatier, Die Katalyse, 214 (1927)4) Brown & Reid, J. phys. Chem. 28, 1077 (1924)
Gilfillan, Am. Soc. 44, 1323 (1922)Hoover & Rideal, Am. Soc. 49, 104 (1927)Sanders & Dodge, Ind. Eng. Chem. 26, 209 (1934)Kearby
Der Isomere liefert schon bei 360° 96%iges Propylen. SenderensA)
kann über sorgfältig präparierten Tonerde-Katalysatoren aus beiden
Alkoholen sehr reine Olefine gewinnen. Nach neueren Daten beginnt die
Wasserabspaltung beim Normalen bei238°.z) Nach Bonham liegen
die günstigsten Temperaturen bei 360—370°. Eine Regeneration
kann durch Ausglühen des ausgeschiedenen Kohlenstoffs geschehen.3)Uebereinstimmend sind die Resultate von Trautz und Winkler.
Danach ist der günstigste Temperaturbereich 300—400°. Bei 300°
ist die Reaktion noch langsam, während oberhalb 400° die Tonerde
unwirksam wird, Dehydrierungserscheinungen treten hervor.4) Unter
den gleichen Bedingungen soll der normale Alkohol ca. 10 °/o weniger
Propylen liefern wie der Isomere.5) Ein Patent bringt einen Beitrag
zur technischen Seite dieser Reaktionen. Danach bietet das Konstant¬
halten der Temperatur beim Arbeiten mit grossen Katalysatormassen
Schwierigkeiten. Durch Behandlung in mehreren Stufen in einer
Reihe miteinander verbundener Kontakträume wird das Problem
gelöst, dabei wird nur ein Ofen geheizt, die anderen werden durch
Wärmeaustauscher auf die entsprechende Temperatur gebracht.6)Aus dieser grossen Zahl der zur Verwendung gelangten Katalysatoren
sehen wir, dass die Gruppe der Oxyde von Aluminium, Thorium
und Wolfram die geeignetsten Körper sind. Betrachten wir die Auf¬
gabe von der technischen Seite, so ist wohl das leicht zugängliche
Aluminiumoxyd der beste Kontakt. Dieser Dehydratationskatalysatorwird auch beim Studium des Reaktionsmechanismus, hinsichtlich
des Einflusses der Form auf seine Aktivität, Gegenstand genauerer
Betrachtungen sein.
1) Senderens, Bl. (4) 3, 201 (1908)
2) Senderens, C. r. 190, 1167 (1930)
3) Bonham, J. Amer. Pharm. Assoc. 14, 114 (1925) (C. 1925, I, 2215)
4) Trautz & Winkler, J. prakt. Ch. 104, 44 (1922)
5) Coudet & Schenker, Helv. Chim. Acta. 10, 132 (1927)
8) Distillers Co. Ltd. E. P. 516360 (1938)
17
3. Theorien über den Mechanismus der Dehydratation.
Zur Erklärung des Reaktionsmechanismus müssen wir auch auf
entsprechende Veröffentlichungen anderer Alkohole zurückgreifen.Die Vorgänge in der flüssigen Phase finden ihre erste Deutung vonWilliamson.*) In erster Linie bildet die Schwefelsäure den Ester:2)
CnH2n+,OH + H2S044°~80
> H20 + CnH2n +1OS02OHAlkohol Alkylschwefelsäure
Diese Reaktion verläuft unter 100 °C. Bei etwa 130° reagiertdie Alkylschwefelsäure mit einem weiteren Alkoholmolekül undspaltet unter Zurückbildung der Schwefelsäure den Aether ab.
130°CnH2n+iOS02OH + CnH2n +1OH Il> 0(C„H2n+1)2 + HOS02OH
Aether
Bei höherer Temperatur (160°) zerfällt hingegen der Esterdirekt in das entsprechende Olefin und Schwefelsäure.
C„H2n+,08020h ^Üü—> CnH2n + HOS02OHOlefin
Wie wir schon oben sahen, kann diese letzte Reaktionsstufedurch Zusatz von Aluminiumsulfat katalysiert werden, wodurchdie Reaktionstemperatur zur Bildung von Propylen auf 100—110°herabgesetzt werden kann. Senderens3) erklärt diese Katalyse durchBildung einer Verbindung mit dem Ester.
C3H7OH + A12(S04)3 + H2S04 * (S04)3A12S04HC3H7 + H20
C3H6 + H2S04 + A12(S04)3 -< ' 110°
Paik fand eine analoge Katalysierung dieser Reaktionsstufe durchSilbersulfat.4) Der Reaktionsmechanismus mit Phosphorsäure ver¬läuft in analoger Weise.
Sabotier erklärt die Wirkung des Aluminiumoxyds analog der¬jenigen der Schwefelsäure. Dabei wird das Oxyd als Säureanhydridaufgefasst.5)
A1203 + 2(CnH2n+1OH) > Al202(OCnH2n+1)2 + H20
1) Williamson, A. 40, 98 (1854)2) Vergl. auch Sabotier & Mailhe, C. r. 150, 110 (1910)3) Senderens, C. r. 151, 392 (1910)4) Paik & Mitarbeiter, Ind. Eng. Chem. 30, 173—75 (1938)5) Sabotier, Die Katalyse, 48 (1927)
18
Dieser Ester (Alkoholaluminat) reagiert mit 2 weiteren Molen
Alkohol unter Bildung des Aethers.
2 CE H2n + ! OH+Al202(OCn H2n +,)2 -+ 2(Cn H2n+,)20+Al202 (OH)2
Unter Wasserabspaltung regeneriert sich das Aluminiumoxyd.
Al202(OH)2 A1203 + H20
Bei höherer Temperatur kann sich jedoch das Alkoholaluminat
direkt spalten unter Bildung des Olefins.
Al202(OCnH2n + 1)2 >- 2CnH2n +Al202(OH)2
Das unter Wasseraustritt regenerierte Oxyd würde somit die
Bildung unbegrenzt wiederholen. Die in der Hitze nach diesen
Gleichungen zerfallenden Aluminiumalkoholate konnten schon früh
isoliert werden.1) Diese Versuche können bis zu einem gewissen
Grade als Stütze der Zwischenstufentheorie angesehen werden. Ipatieff
betrachtet ein Oxydhydrat von der Formel (A1=0) OH als wirksamen
Teil des Tonerdekatalysators. Mit dieser Modifikation nimmt er
einen analogen Reaktionsverlauf an.2) Nach der obigen Formulierung
wird Aether als Zwischenstufe bei höherer Temperatur ausgeschaltet.
Dieses Postulat unterstützen Atkins und Perkins3) mit der Beobach¬
tung, dass Butyl- und Aethylalkohol leichter dehydratisiert werden
können als ihre entsprechenden Aether. Auch Gajendragad und
Jatkar folgern, dass bei der Bildung von Propylen aus Propylalkohol
kein Aether als Zwischenprodukt auftreten kann, da der Propylaether
gegenüber dem Katalysator stabiler ist als der Alkohol.4) In diesem
Zusammenhang sind auch die Arbeiten von Afar*5) von Interesse.
Beim Studium der Reaktionskinetik des Zerfalls der Propylaether
über geglühtem Bauxit fand er, dass der Di-n-Propylaether in einer
Stufe in Olefin und Wasser zerfällt, während die Spaltung des Di-
iso-Propylaethers über zwei Stufen verläuft nach:
1. C3H7OC3H7 h C3H7OH + C3H6
2. C3H7OH h C3H6 + H20
1) Gladstone & Tribe, Soc. 41, 5 (1882)
2) Ipatieff, Catalytic Reactions, 541, 552
3) Atkins & Perkins, Am. Soc. 47, 1163 (1925)
4) Gajendragad & Jatkar, J. indian. chem. Soc. 12, 486 (1935) (C. 1936,1, 2322)
5) Marx, Z. phys. Chem. (B), 23, 33 (1933)
19
Die Wasserabspaltung würde demnach über den iso-Propylalkoholals Zwischenstufe verlaufen. Andere Forscher sind der Ansicht, dass
die Olefine immer aus primär gebildeten Aethern entstehen.1) Ausder Beobachtung, dass die Aetherausbeute nach Erreichen einesMaximums bei einer bestimmten Temperatur mit steigender Be¬
rührungszeit abnimmt, schliessen sie, dass der primär gebildeteAether sekundär in Olefin zerfällt.
Andere Autoren2) nehmen bei der Dehydratation von Aethyl-alkohol über Aluminium- und Thoriumoxyd die Bildung von Aethy-liden-Verbindungen an, gebildet durch eine sehr starke Adsorptionvon Wasserdampf. Die Olefine entstehen durch Umlagerung der
Aethyliden-Zwischenverbindungen. Gegenüber den dargestellten Theo¬rien der mehr oder weniger labilen Zwischenverbindungen steht die
Betrachtungsweise einer Adsorption. So erklärt Langmuir3) die ka-
talytische Wirkung von festen Stoffen durch eine Adsorptionstheorie.Diese besagt, dass es sich bei der Katalyse um dünne adsorbierteMolekularschichten handelt. Diese Adsorption bedingt ein zeitweisesFesthalten der Moleküle an der Oberfläche. Diese Schichten verhalten
sich jedoch spezifisch, daraus folgt, dass die Adsorption von chemischen
Wechselwirkungen am Katalysator abhängig ist.4) Taylor vergleichtdie Adsorptionsfähigkeit des Aluminiumoxyds für Wasserdampf mitder für Wasserstoff. Die Wasserdampfadsorption ist ausserordentlich
begünstigt, da sie schon bei gewöhnlicher Temperatur stattfindet.Die adsorbierte Menge Wasser übertrifft die aufgenommene Wasser¬
stoffmenge um mehrere Grössenordnungen. Dieses Verhalten solldie ausschliessliche Katalysierung der Dehydratation verständlichmachen.5) Allerdings scheint im Falle der Wasserdampfadsorptioneine reine Oberflächenerscheinung zweifelhaft. Es kann sich eherum eine langsam ins Innere hinein fortschreitende Rückbildung des
Hydroxyds oder um einen Vorgang handeln, der der Wasseraufnahme
1) Pease & Jung, Am. Soc. 46, 390 (1924)Alvarado, Am. Soc. 50, 790 (1928)Kearby
durch Kieselgel entspricht.1) Ueber den Einfluss des chemisch ge¬bundenen Wassers auf die Aktivität des Tonerdekontaktes liegen
verschiedene Arbeiten vor. Wir können hier nicht näher auf dieses
Gebiet eintreten, sondern es soll nur ein Hinweis auf die wichtigsten
Arbeiten angebracht werden.
Howard2) nimmt einen „Aluminiumoxyd-Wasser-Komplex" an,
gestützt auf der Beobachtung, dass der Dampfdruck des Oxydhydrates
bei höherer Temperatur grösser ist, als derjenige von Wasser.
Dadurch wird die zur Katalyse notwendige Temperatur bestimmt,
denn der Dampfdruck des Komplexes muss ausreichen, um das
gebildete Reaktionswasser aus dem Kontakt zu entfernen. Weiser
und Milligan3) untersuchten die isobare Entwässerung und Rönthgen-
diagramme verschiedener Oxydhydrate. Danach fände die Desakti-
vierung der Tonerde bei hohen Temperaturen eine Deutung durch
Umwandlung des Krystallgitters einerseits, r-Tonerde kubisch—
«-Tonerde rhomboedrisch, und durch restlose Entwässerung anderer¬
seits. Dohse*) demonstriert anhand von Adsorptionsisothermen der
Reaktionsteilnehmer am Beispiel des Isopropylalkohols die Adsorp¬
tionserscheinungen. Danach wird, wie aus der Isotherme des Wassers
zu ersehen ist, unmittelbar eine bestimmte Menge mit hoher Ad¬
sorptionswärme adsorbiert, woraus die Bildung eines Hydrates mit
der Tonerde zu schliessen wäre. Durch die Beobachtung, dass keine
Temperaturabhängigkeit der aufgenommenen Menge besteht, was bei
reiner Adsorption der Fall sein müsste, wird die Annahme bestätigt.
Aus Messung von Isothermen mit Alkohol folgt, dass nach Besetzung
aller aktiven Stellen dem Adsorptionsvorgang eine Kondensation
folgt. Nähere Ausführungen über die Kinetik des Alkoholzerfalls
siehe unten.5) Aus diesen Darstellungen sehen wir, dass die Kataly¬
satoroberfläche in besonderer Art auf die Reaktionsteilnehmer wirkt,
wobei die Einwirkung diese verschiedenen Deutungen erfahren hat.
Für die Wirksamkeit eines Katalysators (die eine Aeusserung der
chemischen Affinität zwischen Katalysator und Substrat ist) ist in
1) Hunsmann, Schwab, Handbuch der Katalyse 4, Heterogene Katalyse I, 471
Vergl. auch Zsigmondi, Kolloidchemie (1927) (1943)
2) Howard, J. phys. Chem. 30, 964 (1926)
3) Weiser & Milligan, J. phys. Chem. 38, 1175 (1934)
4) Dohse, Z. phys. Chem. (B) 5, 131 (1929)
5) Vergl. Abschnitt 5 b
21
gleicher Weise seine stoffliche Natur, wie auch seine Form ent¬scheidend. 1) Ueber die Grösse der Affinitäten ist wenig bekannt,wir können nur indirekte Schlüsse ziehen, z. B. aus Messungen von
Aktivierungsenergien. Es ist ein weitgestecktes Ziel, die Wirksam¬keit der Katalysatoren in Zusammenhang zu bringen mit ihrem
Atombau. Nur so könnte der heute noch bestehende Zustand der
Empirie bei der Suche nach Katalysatoren überwunden werden.Heute ist man jedoch noch ganz auf das Experiment angewiesen.In unserem Beispiel haben wir einige Ansätze in dieser Richtung.
Cremer2) hat den Aethanol-Zerfall an Oxyden der dritten Gruppedes periodischen Systems untersucht, jedoch lassen sich daraus nochkeine einfachen, allgemein gültigen Schlüsse betreffend katalytischerWirksamkeit und Stellung im periodischen System ziehen. Durch
Messung der Jonenabstände erhalten wir Einblick in die Strukturder Katalysatoren. Mit abnehmendem Atomabstand scheint dieAktivität auch abzunehmen. Daraus lässt sich die katalytischeSpezifität verschiedener Formen deuten. Nach Atkins3) ist überein¬stimmend die Wirkung der Tonerde vom Abstand der Aluminium¬
atome abhängig („Molecular porosity"). Die Entfernung wird durchdie Grösse, Form und Stellung des Anions bestimmt.
4. Andere katalytische Eigenschaften der Tonerde.
Wie wir schon oben gesehen haben, ist es möglich, mit Mineral¬
säuren die Propylaether herzustellen. Schon Senderens fand, dassdie Spaltung der Alkohole zu Aethern eine spezifische Wirkunggefällter Tonerde sei.4) So wurden Methyl-, Aethyl- und normal-
Propylaether dargestellt. Mit bei Rotglut getrockneter Tonerde konntebis zu 30% Di-n-Propylaether gewonnen werden.5) Andere Aether
vermag nach Senderens die Tonerde nicht zu bilden.6) Ipatieff1)isolierte hingegen nach Behandlung des Isopropylalkohols in Gegen¬wart von Tonerde bei 400° und 150 Atm. Isopropylaether. Währenddie monomolekulare Wasserabspaltung aus Alkohol zu Olefin und
1) Vergl. auch Rienäcker, Die Chemie 13/14, 85 (1944)
2) Cremer, Z. phys. Chem. (A) 144, 231 (1929)3) Atkins, Am. Soc. 44, 2175 (1922)
4) Senderens, C. r. 148, 227 (1909)5) Senderens, C. r. 148, 927 (1909)6) Senderens, A. (8) 25, 449 (1912)7) Ipatieff, B. 37, 2986 (1904)
22
Wasser eine Verdoppelung der Molekelzahl bewirkt, bleibt bei der
bimolekularen Aetherbildung die Molekelzahl gleich. Spaltet sich
aus 2 Molekülen Alkohol nur 1 Molekül Wasser ab, so erhalten
wir die entsprechenden Aether, nach folgender Formulierung:
2 CH3CH2CH2OH > CH3CH2CH2OCH2CH2CH3 + H20
n-Propylalkohol Di-n-Propylaether Wasser
2CH3CHOHCH3 > (CH3)2CHOCH(CH3)2 + H20iso-Propylalkohol Di-iso-Propylaether Wasser
Daraus ist ersichtlich, dass Druck die Aetherbildung begünstigt,während verminderter Druck die Olefinbildung beschleunigt. Ein
französisches Patent ^ beschreibt die Gewinnung von Di-n-Propyl¬aether aus dem Alkohol über Tonerde bei 260° und 70—100 Atm.
Semerano untersucht das Propylalkohol-Aether-Gleichgewicht über
Tonerde. Daraus ist ersichtlich, dass die Olefinbildung unter Druck
fast ganz zurücktritt.2) Auch über Alaunkontakten konnten hohe
Ausbeuten an Di-n-Propylaether isoliert werden.3) Aus diesen Zitaten
sehen wir, dass die Tonerde unter Normaldruck wohl den Aether
des normalen Propylalkohols zu bilden vermag, jedoch nicht den¬
jenigen des Isomeren. Andere Reaktionen, welche die Tonerde zu
beschleunigen vermag, wollen wir hier nur noch kurz anführen.
Ipatieff hat dieses Gebiet erschöpfend bearbeitet.4) Tonerde dehy-dratisiert nicht nur einwertige Alkohole, sondern auch Mehrwertige,
Ungesättigte und Cyclische. Auch zur Wasserabspaltung aus Säuren,
Estern, Säureamiden und Aldoximen zeigt sich Aluminiumoxyd aktiv.
Neben der wasserabspaltenden Wirkung sind aber auch isomere und
metamere Umwandlungen mit Tonerde bekannt. So wird z. B. Iso-
propyl-Acetylen unter vermindertem Druck über erhitzter Tonerde
zu Isopren umgewandelt. Verschiedene Kondensationsreaktionen von
Alkoholen, Ketonen, Aldehyden und Kombinationen derselben
werden mit Tonerdekatalysatoren ausgeführt. Die Synthesen von
Aminen aus Halogenalkylen und Ammoniak sind wohl bekannt.
Ueber die katalytische Alkylierung von Anilin wurde an diesem
1) N.V. de Bataafsche Petroleum Maatschappij, F. P. 701335 (1930)
5) Semerano, Gazz. chim. Ital. 66, 70 (1936) (C. 1936, II, 604)
3) Gajendragad
Institut gearbeitet.1) Selbst Hydrierungen vermag Tonerde zu be¬
schleunigen. So steigert Aluminiumoxyd die Aktivität von Nickel¬
katalysatoren. Die Zersetzungskatalyse mag hier noch etwas aus¬
führlicher behandelt werden. Unter gewöhnlichem Druck katalysiertTonerde die pyrogenetische Zersetzung von Naphthaprodukten. Aus
Baku-Benzin konnten so bis zu 30°/o aromatische Kohlenwasserstoffeerhalten werden, deren hauptsächlichster Anteil aus Toluol bestand.
Mailhe führte zahlreiche Zersetzungen von tierischen und pflanz¬lichen Fetten zur Darstellung von synthetischem Naphtha durch.2)Die Zersetzungskatalyse unter erhöhtem Druck kann bei Anwesenheit
von Aluminiumoxyd bei niedrigeren Temperaturen erfolgen. So werden
hochsiedende Oele bei 350° — 550° gecrackt.3)Aus dieser knappen Darstellung ersehen wir die mannigfaltige
Verwendungsmöglichkeit des Tonerdekatalysators. Der experimentelleTeil dieser Arbeit wird uns noch eingehendere Versuche zeigen,welche die Beeinflussung der Crackung der Propylalkohole durch die
Tonerde demonstrieren.
5. Theoretische Berechnungen.
Bei der Untersuchung von chemischen Gleichgewichten müssen
wir zwei grundsätzlich verschiedene Betrachtungsweisen unterscheiden :
1. Wir beobachten das Gesamtergebnis der Reaktion, den Endzustand.
2. Wir untersuchen den Mechanismus des Ablaufs, die Zwischenzu¬
stände und die Zeitdauer (Reaktionsweg und Reaktionsgeschwin¬
digkeit).a) Das statische Problem.
In diesem Abschnitt wird eine Berechnung der Gasgleichgewichte
C3H7OH^
C3H6 + H20n- und iso-Propylalkohol Propylen Wasser
ausgeführt. Die Beurteilung der Resultate muss im Rahmen der
angewandten Näherung und der Genauigkeit der heute zugänglichen
thermodynamischen Daten geschehen.Die theoretische Berechnung von Gasgleichgewichten ist bei ge¬
nauen Kenntnissen von Messwerten, wie Reaktionswärmen, Molar¬
wärmen und Entropien, heute mit grosser Genauigkeit möglich. Im
1) Oppliger, Diss., E. T. H. (1943)
2) Mailhe, Cr. 172, 873 (1922)
3) Lewis, E. P. 213295 (1922)
24
Falle der Dehydratation der Propylalkohle interessiert uns der Verlaufder Gleichgewichtslage unter Normaldruck. Diese Resultate werden
uns Aussagen über die thermodynamisch möglichen Ausbeuten an
Propylen gestatten. H. Ulich'1) veröffentlichte eine dem heutigenStande der Kenntnis von thermischen Daten entsprechende Nähe¬
rungsformel, die uns erlaubt, chemische Gleichgewichte relativ leichtzu errechnen. Eine vollständige thermodynamische Ableitung der
Näherungsformel würde den Rahmen dieser Arbeit übersteigen. Einekurze Formulierung mit einem Hinweis auf die Darstellung imLehrbuch von H. Ulich2) muss genügen.
Die Grundgleichung der Thermodynamik für eine bei konstantemDruck ablaufende Reaktion lautet:
A = Reaktionsarbeit
. __ _. „H = Reaktionswärme
A = H — T • S„
T, , t. 4.S =Keaktionsentropie
T = Reaktionstemperatur
Aus der Temperaturabhängigkeit der Reaktionsarbeit und derReaktionswärme folgt:
S A_ÔT
Von diesem Differentialausdruck gelangen wir durch Integrationzu folgender Näherungsformel für die Reaktionsarbeit:
A = H298 - T-S298 - a-TF(T/298)wobei H und S im Standardzustand auftreten.
a = Summe von Cp
Cp = Molarwärme
F (T/298) = Temperaturfunktion
Mit der Beziehung A = — R • T • In KpKp = Gleichgewichtskonstante
erhalten wir die vollständige
Näherungsformel von Ulich:
" Kp °Wr+ -j&r + w- F(T/298>
Der Zahlenwert 4,574 ist der Quotient von R/M = 1,987/0, 4343
R = Gaskonstante (in cal • grad-1 • Mol-1)M = Modul der dekadischen Log.
1) Ulich, Näherungsformeln zur Berechnung von Reaktionsarbeiten und Gleich¬
gewichten aus thermochemischen Daten. Z. Elektrochem. 45, 521 (1933)2) Ulich, Kurzes Lehrbuch der Phys. Chemie, 89—104. 4. Aufl. (1942)
25
Dieser Zahlenwert setzt für die anderen Daten folgende Benennungen voraus :
H293 = Vom System aufgenommene Grundreaktionswärme bei konst.
Druck, in cal.
S299 = Grundreaktionsentropie bei konst. Druck, in Cl = Clausius =
cal • grad-1.
a = Summe von Cp.
Cp = Molarwärme bei konst. Druck, in cal • grad-1 • Mol-1.
F (T/298) = Temperaturfunktion = (lnT/298 + 298/T —1)
Diese Formel gestattet uns, die in homogenen Gasphasen ver¬
laufenden Gleichgewichte zu berechnen und daraus die maximal
möglichen Ausbeuten zu bestimmen.
Das Dehydratationsgleichgewicht des normalen Propylalkohols.
Mit dem Beispiel der Zersetzung von normalem Propylalkoholzu Propylen und Wasser in der Gasphase wird ein genauer Gangder Berechnung aufgebaut. Wir berechnen nun systematisch die
einzelnen Glieder in der Reihenfolge der oben dargestellten Nä¬
herungsformel.1. Die Grundreaktionswärme.
Die Reaktionsgleichung lautet:
normaler
Propylalkohol Propylen Wasser
(Dampf) (Gas) (Dampf)
C3H7OH„
C3H6 + H20
Die Vorzeichenfestsetzung der thermodynamischen Daten wird
nach dem schon erwähnten Lehrbuch von Ulich gewählt.
Aus den Grundbildungswärmen bei konstantem Druck (H°) der
beteiligten Stoffe bestimmen wir die Grundreaktionswärme H298
unseres Vorganges, indem wir, die verschwindenden Stoffe in die
Elemente zerlegt, die Entstehenden aus ihnen aufgebaut denken.
H298=EviH0 ])
Wir bilden somit die Summe der Bildungswärmen wie folgt:
Hgss - - (-627602)) + (+44703)- 578004)) = + 9430 cal.
1) vj = Summe der Molenzahlen in Reaktionsformeln, verschwindende Stoffe
negativ, entstehende positiv gerechnet.
2) Rossini, Nat. Bur. Stand. Journ. Res. 13, 194 (1934)
3) Fuchs cfc Rinn, Angew. Chemie, 50, 708 (1937)
4) Ulich, Lehrbuch der Phys. Chemie, 321 (1942)
Bei der Mannigfaltigkeit thermodynamischer Daten und Differenzen bis zu
1 kcal und mehr wurde für die neuesten Veröffentlichungen in den Tabellen¬
werken oder wie oben für die Originalliteratur entschieden.
26
Die Reaktionsgleichung ist im obigen Sinne geschrieben, also
von links nach rechts verlaufend, gemäss Definition von H (= vom
System aufgenommene Reaktionswärme), endotherm.
2. Die Grundreaktionsentropie.Aus den molaren Entropien der Reaktionsteilnehmer (s-) bilden
wir die Grundreaktionsentropie nach
S298 = £ vj sj
Da in der Literatur nur die Entropie des flüssigen Alkohols
zugänglich ist, müssen wir die Verdampfungsentropie erst noch
berechnen.
Bei Kenntnis des Sättigungsdruckes und der molaren Ver¬
dampfungswärme können wir mit Hilfe der vollständigen Dampf¬druckformel zur Verdampfungsentropie gelangen.
Die Dampfdruckformel lautet in Analogie zur Näherungsformelnach Ulich :
'»" = i^ï +W+ W-F
3. Die Temperaturfunktion der Molarwärmen.
Zur Bestimmung des letzten Gliedes der Näherungsformel be¬
dürfen wir im Sinne einer 3. Näherung der Temperaturabhängig¬keit der Molarwärmen. Wir finden Näherungsgleichungen vom Typus
Cp = a + bT für Propylen und Alkoholdampf
Propylen Cp = 6,68 + 0,0330 T 1)
Propylalkohol Cp = 4,98 + 0,0509 T 1)
und für Wasserdampf
Cp = 8,22 + 0,15 • 10"3T + 1,34 • 10"6T2 2)
Damit sind wir in der Lage, die Summe der Molarwärmen für
alle Temperaturen zu bilden. Nach Ulich tragen die oben gegebenen
Näherungsgleichungen ebenso grossen Näherungscharakter, wie eine
Mittelwertbildung von a über einen bestimmten Temperaturbereich.Tabelle 1 gibt die Zusammenstellung der aus den Näherungsformelnberechneten Werte, sowie diejenige der Temperaturfunktion.
Tabelle 1. Die Berechnung der Temperaturfunktion von a & F(T).
a = IviCp = — Cp C3H7OH + Cp C3H6 + Cp H20
T 300 325 350 375 400 425
Cp in cal/grad
C3H7OH
C3H6
H20
20,27
16,58
8,38
21,56
17,40
8,41
22,80
18,23
8,44
24,09
19,06
8,47
25,38
19,88
8,49
26,62
20,70
8,53
a = Il v £ Cp +4,69 +4,25 +3,87 +3,44 +2,99 +2,61
F (T/298)
F (T/298)
4,574
0,000
0,000
0,002
0,0004
0,011
0,0024
0,024
0,0052
0,039
0,0085
0,057
0,0125
Setzen wir die erhaltene Reaktionswärme und Reaktionsentropiein die Näherungsformel ein, so ergibt sich:
1) Fuchs
,32,2 F (T/298)
4,574a'
4,574
+ 7,040 +a-UV*
'
4,574
Die Grössen für a und für die Temperaturfunktion entnehmenwir der Tabelle 1 und erhalten die Werte für Kp zusammengestelltin folgender Darstellung.
Tabelle 2. Die Temperaturfunktion der Gleichgewichtskonstante.
T 300 325 350 | 375 400 425
—2061
T
+S/4,574
F(T/298)+a '
4,574
6,870
7,040
0,000
6,341
7,040
0,002
5,889
7,040
0,009
5,496
7,040
0,018
5,152
7,040
0,025
4,850
7,040
0,033
log Kp
Kp
+0,170
1,468
+0,701
5,023
+1,160
14,45
+1,562
36,47
+1,913
81,83
+2,223
167,1
Eine Ueberprüfung der Fehlergrenzen zeigt, dass das Glied
a• F (T) in diesem Temperaturintervall sehr klein bleibt und bei 450 °
den grössten Betrag von 0,033 erreicht. Wir beachten aber, dass die
Berechnung der molaren Verdampfungsentropie mit Hilfe der Dampf¬druckformel, wegen der Unsicherheit der Verdampfungswärme von
—150 cal, einer Fehlergrösse von _ 0,5 Entropieeinheiten entspricht.
Bezogen auf den Wert des log Kp beträgt diese Fehlergrösse ca. + 0,1.Damit sehen wir, dass die Grösse des 3. Gliedes der Näherungs¬formel in diesem Temperaturintervall hier gut in die Fehlergrenze
eingeht, zudem ist auch die Unsicherheit in der Bestimmung derReaktionswärme von ähnlicher Grössenordnung. Wir können also
zur Berechnung des entsprechenden Gleichgewichtes des isomeren
1) Wir sehen, dass die Bedingung zur Aenderung der Gleichgewichtslage hiererfüllt ist. Denn ist H positiv (Reaktionsverlauf endotherm), so tritt mit
steigender Temperatur nur dann eine Vorzeichenumkehr von log Kp ein, wennauch S positiv ist. Wirkt also der Energie- und Entropieeinfluss in entgegen¬
gesetztem Sinne, so erzwingt der Entropieeffekt bei höherer Temperatur die
Richtungsumkehr.
H298 = +9430 cal
S298 = +32,2 Cl1)
, v-9430
log Kp=
4,574 T
, rr-2061
log Kp=
29
Alkohols mit genügender Genauigkeit die Formel in 1. Näherung
(a = 0) anwenden, denn sowohl der Temperaturbereich wie die
Molarwärmen sind von gleicher Grössenordnung. Die Näherungs¬
gleichung in 1. Näherung lautet:
i TT '—H298 S298l0gKp = 4^74T
+~ItÜ
Auf das gerechnete Beispiel ergibt sich also mit genügender
Genauigkeit die Temperaturfunktion der Gleichgewichtskonstante zu
log Kp = - -^L + 7,040
Das Dehydratationsgleichgewicht des iso-Propylalkohols.
Nach der Entwicklung der Gleichgewichtsberechnung am Beispieldes n-Propylalkohols können wir uns hier mit einer Zusammen¬
stellung der Resultate begnügen.
Die Reaktionsgleichung lautet:
iso-Propylalkohol Propylen Wasser(Dampf) (Gas) (Dampf)
C3H7OH ,, C3H6 + H20
H298 = — (—66580)1) + (+4470 — 57800) = + 13250 cal.
S298 = — (+73,1)2) + (+63,1 + 45,1) = + 35,1 Cl
Nach der Näherungsformel in 1. Näherung können wir somit
schreiben :
-13250 35,1lo8 KP = TTÏT*- +
4,574 T 4,574
log Kp = -^- + 7,672
1) In der Literatur war nur die Verbrennungswärme des flüssigen Alkohols zu¬
gänglich.3) Durch Addition der Verdampfungswärme4) gelangten wir zum ent¬
sprechenden Wert des gasförmigen Produktes. Mit Hilfe der Verbrennungswärmender Molekülkomponenten konnte der oben beschriebene Wert berechnet werden.5)
2) Die Berechnung dieses Wertes konnte wie im oberen Beispiel ausgeführt werden.Die Entropie des flüssigen Alkohols beträgt + 43,1 Cl6), der Sättigungsdruck
beträgt 44,00 mm.4) Die Verdampfungswärme siehe unter 4). Aus diesen Datenerhalten wir 30,0 Cl für die Verdampfungsentropie.
3) Parks & Moore, J. ehem. Phys. 7, 1066 (1939) H = — 478,89 cal.
4) Par/es & Barton, Am. Soc. 50, 24 (1928) L298 = 10620 cal.
s) Chemiker-Taschenbuch III, 370 (1937)
6) Landolt-Börnsteine Tabellen Eg. IIb 1609 (Parks, Huffmann & Kelley)
30
Die rechnerischeAuswertung ist in folgender Darstellung ersichtlich.
Tabelle 3. Die Temperaturfunktion der Gleichgewichtskonstante.
T 300 325 350 375 400 425 450 475 500
—2896/T
+S/4.574
9,656
7,672
8,913
7,672
8,275
7,672
7,725
7,672
7,243
7,672
6,816
7,672
6,437
7,672
6,098
7,672
5,793
7,672
log Kp
Kp
-1,984
0,0101
-1,241
0,0574
-0,603
0,2495
-0,053
0,8851
+0,429
2,685
+0,856
7,178
+1,235
17,18
+1,574
37,50
+1,879
75,68
Tragen wir in Fig. 1 log Kp gegen T auf, so erhalten wir mit
den Resultaten des normalen Alkohols Kurve (1) und mit denjenigendes Isomeren Kurve (2).
log Kp Fig. 1
+ 2
—
1
(1) (2)
300 350 450 500 T-K
Die gegenseitige Lage des Gleichgewichtes wird bei diesen beiden
Reaktionen vor allem durch den Energieeinfluss bestimmt. Der Wärme¬
bedarf des Isopropylalkohols beträgt 3820 cal. mehr (grössererendothermer Wärmeeffekt) als derjenige von n-Propylalkohol.1) Dadurch
1) Die errechnete Differenz des Wärmebedarfes der beiden Reaktionen (die auf
dem Unterschied der Bildungswärmen der Alkohole beruht) stimmt gut überein
mit der hier veröffentlichten Reaktionswärme der Isomerisierungsreaktion des
flüssigen normalen- zum flüssigen iso-Propylalkohol von 3350 _ 380 cal. (Parks
& Moore, J. ehem. Phys. 7, 1066 (1939) ). Dabei beachten wir, dass in unserer
Berechnung die Differenz der Verdampfungswärme der beiden Alkohole von
430 cal noch enthalten ist. So erhalten wir mit 3780 cal gegenüber 3820 cal
(oben) in Anbetracht der Genauigkeit dieser Daten die gleiche Energiedifferenz.
31
ergibt sich die Aenderung der Gleichgewichtslage des isomeren Alko¬hols auf die Seite der Spaltprodukte bei höherer Temperatur. Die
Entropiedifferenz wirkt dagegen in entgegengesetztem Sinne, denndie Reaktionsentropie des Isopropylalkoholgleichgewichtes ist um2,9 Einheiten grösser. Durch diese Differenz vergrössert sich die
Gleichgewichtskonstante um 0,63, somit wird die Gleichgewichtslagegegenüber derjenigen des Normalen in umgekehrtem Sinne wie obenverschoben. Dieser Betrag bleibt aber stark zurück, da die kleinereReaktionswärme des normalen Alkohols schon bei tiefer Temperaturpositive Werte für log Kp ergibt.
Die Berechnung der Propylenausbeuten.
Aus der in dieser Arbeit berechneten Grössen der Gleichge¬wichtskonstanten der Dehydratationsreaktionen der Propylalkohole(Tabellen 2 und 3) lässt sich die mögliche Ausbeute an Propylenmit folgendem Ansatz berechnen.
Geht man von einem Mol der reinen Substanz aus und hat sich
bei der bestimmten Temperatur der Bruchteil x davon gespalten,so sind also (1—x) Mole unzersetzt geblieben, x bedeutet somitden Bildungsgrad. Unser Reaktionsschema lautet:
AB = A + B
(1-x) X + X
Sind n Mole (AB) vorhanden, so sind also im Gleichgewicht
n (1—x) -= n-x + n-x
Als Summe von n ergibt sich 2nx f n (1—x) — n(l+x)
Die Molenbrüche (X) lauten somit:
y y x y 1—x
A=
B=
1+x AB^
i + x
Setzen wir diese in der Gleichung des Massenwirkungsgesetzesein, so erhalten wir:
PA PB XA XBKp = =p — ist p = 1 erhalten wir:
PAB XABx2
Kp = —= 5— und daraus für den Bildungsgrad1—x
rl + Kp
32
Bedeutet x den Bildungsgrad von Propylen, so sind 100 • x die
gesuchten Volumprozente der Propylenausbeute. (%)
Aus den Tabellen 2 und 3 erhalten wir folgende Zusammen¬
stellung :Tabelle 4.
Die Propylenausbeuten gerechnet aus den Gleichgewichtskonstanten.
T 300 325 350 375 400 425 450 475 500
X n-Prop.Alk. 0,771 0,914 0,967 0,987 0,994 0,997
0/0n-Prop.Alk. 77,1 91,4 96,7 98,7 99,4 99,7
X iso-Prop. Alk. 0,100 0,233 0,447 0,685 0,854 0,937 0,972 0,987 0,994
°/0iso-Prop.Alk. 10,0 23,3 44,7 68,5 85,4 93,7 97,2 98,7 99,4
(Graphische Darstellung siehe im Abschnitt 6 a des experimentellen Teils.)
Aus diesen Resultaten sehen wir, was schon aus Figur 1 abzu¬
lesen war, die Lage der Gleichgewichte, hier ausgedrückt in Volum¬
prozenten Propylen. Wir dürfen die hier berechneten Zahlen nicht
als absolute Grenzwerte betrachten, sondern sie gestatten uns nur
eine Orientierung über die Grössenordnung der möglichen Ausbeuten,
im Sinne einer angenäherten Berechnung aus dem heute mit noch
relativ grossen Fehlergrenzen zur Verfügung stehenden Zahlen¬
material thermodynamischer Daten.1)
b) Das kinetische Problem.
Sind wir unter (a) über die Lage der Gleichgewichte orientiert,
so beobachten wir in diesem Abschnitt den Verlauf des Reaktions¬
weges und der Reaktionsgeschwindigkeit. Unter Abschnitt 3 haben
wir schon die verschiedenen Deutungen des Reaktionsmechanismus
kennen gelernt. Damit haben wir eine Uebersicht erreicht, die uns
gestattet, hier kurz näher auf eine neuere Spezialarbeit einzutreten,
die sich mit den uns interessierenden Alkoholen befasst. Obwohl
die experimentellen Untersuchungen nicht direkt in dieses Gebiet
gehen, ist eine nähere Betrachtung der Kinetik im Anschluss an
die oben ausgeführte Gleichgewichtsberechnung von Interesse.
') Vergl. dazu die Besprechung dieser Resultate im Rahmen des experimentellen
Teils, wie auch die dort beschriebenen praktischen Versuche zur Bestimmung
dieser Gleichgewichtslagen. (Abschnitt 6)
33
Zur Kenntnis der heterogenen Spaltungsreaktionen veröffentlichteH. Dohse 1) am Beispiel der Wasserabspaltung aus Isopropylalkoholund Normalpropylalkohol an Aluminiumoxyd grundlegende Arbeiten.Die Versuche wurden mit Drucken von 1—20mm durchgeführt, alsKontakt dienten 0,5 g Bauxit. Der zeitliche Verlauf der Wasserab¬
spaltung konnte mit dieser Versuchsanordnung im Falle des normalen
Propylalkohols bei Temperaturen von 210—260° und beim Isomerenvon 175—205 ° untersucht werden. Eine Kreislaufapparatur (Queck¬silberdampf als Umwälzmittel) gestattete Versuche bei konstantemVolumen. Somit ist die Druckzunahme direkt proportional der
Geschwindigkeit der Spaltung nach
Alkohol >- Propylen + Wasser1 Mol 2 Mole
Es konnte demonstriert werden, dass die Reaktionen beim
kontinuierlichen Abfangen des Reaktionswassers ganz nach dernullten Ordnung verlaufen, also unabhängig vom Anfangsdrucksind, entsprechend den einfachen Formeln
dx/dt = k ; x/t = k x= ccm Alkohol
t== Minuten
k= Reakt. Geschw. Konst.
Tragen wir log k als Funktion der reziproken Temperaturgraphisch auf, so zeigt uns Figur 2 die Temperaturabhängigkeitder Zersetzungsgeschwindigkeit von normalem Propylalkohol (1)gegenüber derjenigen von Isopropylalkohol. (2)
Daraus ersehen wir, dass z. B. der isomere Alkohol bei 175 ° C
mit derselben Geschwindigkeit zerfällt wie der Normale bei 230°.Die Aktivierungsenergie für Isopropylalkohol beträgt nur noch26000 cal. Der Unterschied von der bei unbeeinflusster Reaktion
(ohne Abfangen des Reaktionswassers) bestimmten Grösse von 13000 cal.
entspricht der Desorptionswärme von Wasser. Analoge Resultate er¬
gab der Normale, wie die Zusammenstellung in der folgendenTabelle zeigt.
. . ,.
Aktwierungstvarme (in cal)
der unbeeinfl. bei konstanter
Reaktion Wasserentziehung
n-Propylalkohol 41000 28000
iso-Propylalkohol 39000 26000
1) Dohse tfe Kälberer, Z. phys. Chem. (B) 5, 131 (1929)Dohse, Z. phys. Chem. (B) 6, 343 (1929)
34
Fig. 2. Die Temperaturabhängigkeit der Zersetzungsgeschwindigkeit.
Wie wir aus obenstehender Darstellung ebenfalls ersehen, nimmt
die Geschwindigkeit selbst bei beiden Alkoholen in derselben Richtung
zu. Diese Analogie deutet darauf hin, dass beide Alkohole an der¬
selben Oberfläche zersetzt werden, was durch Bestimmung einer all¬
gemeinen Katalysatorkonstanten gleicher Grösse bestätigt werden
konnte.
Aus der Messung von Isothermen der Reaktionsteilnehmer wird
geschlossen, dass die für Wasser aktiven Stellen auf dem Katalysatorauch vom Alkohol bevorzugt werden. Sind diese schon besetzt, so
folgt auf den reinen Adsorptionsvorgang ein zweiter, die Kondensation.
Bei geringer Belegungsdichte (0,5 ccm/g Bauxit) wird der
Alkohol mit hoher Wärmetönung adsorbiert. Nachher beginnt sofort
der Zerfall in Propylen und Wasser. Letzteres bleibt jedoch voll¬
kommen adsorbiert, während das Propylen quantitativ in den Gas¬
raum abgegeben wird. Mit der für eine monomolekulare Reaktion
einfachen Beziehung der Geschwindigkeitskonstanten (k) zur Halb¬
wertszeit (t'/s) k = (l/t'/a) • ln2 und der Temperaturabhängigkeitderselben gelangte man auch hier zur selben Grösse der Aktivie¬
rungswärme. Auch mit hoher Belegungsdichte ergibt sich eine
Reaktion monomolekularen Charakters. Mit wachsender Belegung
fällt die Reaktionsgeschwindigkeit allerdings ab, was mit einer
Desaktivierung der Oberfläche gedeutet wird.
Beim primären Alkohol ist die Reaktion durch eine parallelverlaufende Aetherbildung kompliziert, dazu geht die adsorbierte
Menge an der Oberfläche wegen der höheren Zerfallstemperatur
35
zurück. Diese Faktoren wirken sich jedoch erst bei zunehmender
Zersetzung aus. Zur Bestimmung der Geschwindigkeitskonstantenwurde nur der gerade Teil der Drucktemperaturkurven benutzt.
Zusammenfassend kommt man zum Schluss, dass sich die Kinetik
des Alkoholzerfalls an Tonerde als kontinuierliche Abreaktion einer
Oberflächenschicht erklären lässt. Diese wird durch Adsorptionvon Reaktionsprodukten dauernd verkleinert. Die Hemmung wirddurch Wasser bewirkt. Durch Entfernen desselben gelangt manzum Reaktionsverlauf nullter Ordnung. Wird Alkohol auf dem
Katalysator adsorbiert, so kann die anschliessende Zersetzung direkt
gemessen werden; sie verläuft monomolekular. Die Zerfallsge¬schwindigkeit nimmt von den normalen über die sekundären zuden tertiären Alkoholen zu. Aus den Reaktionsgeschwindigkeitskon¬stanten und den Aktivierungswärmen geht hervor, dass die aktiveOberfläche für beide Propylalkohole gleich ist. Die Aktivierungs¬wärme bei der Katalyse unter dauernder Beseitigung des gebildetenWassers stimmt für beide Alkohole mit der bei der Abreaktion
einzelner adsorbierten Schichten gefundenen Aktivierungswärmeüberein. Dies ist somit die der Katalyse zugrunde liegende Elementar¬reaktion. (Vergl. dazu auch die Ausführungen im Abschnitt 6c des
experimentellen Teils.)
6. Zur Pyrolyse der Propylalkohole.
Verfolgen wir die Reaktionen der Wasserabspaltung über Tonerdebei höheren Temperaturen, so beobachten wir bei Erreichen einerbestimmten Temperatur „Nebenreaktionen", die teils auf spezifischerWirkung des Katalysators, teils jedoch schon auf thermische Zer¬
setzungen zurückzuführen sind. Wollen wir das Wesen dieser
„Nebenreaktionen" untersuchen, so gibt uns zunächst das Studiumder Literatur wertvolle Hinweise. Obschon wir im experimentellenTeil dieser Arbeit nur Endzustände betrachten werden, (durch
Gasanalyse bestimmt) müssen wir an dieser Stelle auf die Unter¬
suchungen über die Zwischenzustände bei der Pyrolyse (thermischerZerfall) hinweisen. Die Theorie wird heute weitgehend durch denNachweis von freien Radikalen gestützt.1) Ueber die verschiedenenVerfahren zum Nachweis der Radikale muss ein Hinweis auf die
1) Rice
Spezialliteratur genügen.1) Die Reaktionsfähigkeit von Radikalenist ausserordentlich gross. Ihre Beständigkeit ist dementsprechendklein. Diese Radikale treten besonders häufig als Kettenträger bei
Folgereaktionen auf. Wir wollen gleich anhand von Beispielen diese
Betrachtungsweise kennen lernen. Dabei gehen wir auf die primären
Zerfallsprodukte (Vergl. Abschnitt 1) der Propylalkohole zurück,die durch Dehydratation oder Dehydrierung der letzteren erhalten
werden. 2)
Es sind dies Propylen, Wasser, Propionaldehyd und
Aceton.
7. Der thermische Zerfall der primären
Reaktionsprodukte.
a) Propylen.
Die Pyrolyse von Propylen müssen wir etwas ausführlicher be¬
handeln, da dieser Spaltung im Rahmen unserer experimentellen
Betrachtungen primäre Bedeutung zukommt. Dabei wollen wir uns
hier auf einige prinzipielle Deutungen beschränken. Vergleichende
Analysenresultate sind im experimentellen Teil angeführt.Fröhlich & Schneider3) nehmen folgende Gleichgewichte als Initial¬
stufe der Zersetzung an, wobei das erste ca. 48 % des reagierenden
Propylens betrifft, während nach dem zweiten Verlauf ca. 10 %
reagierten :1. 2C3H6 > C2H, + C4H8 4)
Aethylen Butylen
2. 2C3H6 >- C2H6 + C^HeAethan Butadien
Jedoch liegen Hinweise dafür vor (durch Zunahme in der Re¬
aktionsfolge), dass diese Spaltprodukte nicht aus bimolekularen
Zusammenstös8en entstehen, sondern in einer Reihe von Stufen
unter Bildung von freien Radikalen:
CH3CH=CH2 ^, CH3— + —CH=CH2
CrI3CH=CH2 -^ CH3CH= + =CH2
CH3CH=CH2*"
H + —CH2CH=CHj,
1) Schumacher, Chem. Gasreaktionen, 150£f (1938)
2) Vergl. dazu die Arbeiten von Peytral, Bl. 35, 960 (1924)
3) Fröhlich & Schneider, Ind. Eng. Chem. 23, 1405 (1931)
4) Vergl. auch Wheeler & Wood, J. ehem. Soc. 1819 (1930)
37
Fussteig^) macht auf die zunehmende Zerfallsmöglichkeit der
Olefine mit steigender Kohlenstoffzahl aufmerksam. Dabei schliesst
er, dass die Reaktionsmöglichkeit des Aethylens ein Schlüssel für
alle anderen bildet. Neben den oben angeführten bimolekularen
Reaktionen zu Aethylen und Butylen, kann Aethylen auch mono¬
molekular nach Dunstan2) in Gegenwart von Wasserstoff entstehen
nach:
+ H2CH3CH==CH2 ^~ CH2=CH2 + CH4
Nach Moor3) zerfällt bei 600—650° Propylen bei geringer Tiefe
der Umwandlung nach:
3C3H6 > CH4 + C2H6 + C6H10
wobei unter den flüssigen Reaktionsprodukten auch Olefine, Aromaten
und Diene isoliert werden konnten. Nach Groll*) ist Propylen be¬
sonders befähigt, ringförmige Kohlenwasserstoffe zu bilden. Mit
dieser Betrachtungsweise greift er auf ein altes Postulat von Ber¬
thelot zurück mit der Hypothese, dass bei allen Kondensations¬
reaktionen Acetylen als Zwischenprodukt auftritt. So soll nach unten
formulierter Reaktionsgleichung entstehendes Acetylen leichter zu
Ringen polymerisieren, als Acetylen-Kohlenwasserstoff bilden. Dieser
Vorgang würde durch folgende Primärreaktion veranschaulicht :5)
CH3—CH-CH2 > HC=CH— + CH4
Polymerisation
Diese wenigen Beispiele beleuchten die grosse Mannigfaltigkeitdieser Spaltungsreaktionen.
b) Wasser.
Es ist eine Beeinflussung der Zerfallsreaktionen in dem Sinne
denkbar, dass Wasser sich mit unstabilen Zwischenprodukten zu
1) Fussteig, Ref. nat. Gasoline Manufacturer, 17, 52 (1938) (C. 1938, II, 808)
2) Dunstan, Hague & Wheeler, Ind. Eng. Chem. 26, 307 (1934)
3) Moor, Strigalewa & Frost, Russ. Lit. (C. 1938, I, 3184)
4) Groll, Ind. Eng. Chem. 25, 784 (1933)
5) Berthelot, C. r. 54, 515 (1862), 62, 905 (1866); 63, 788 (1867);Bl. 6, 72, 280 (1866)
38
verbinden vermag. Entsprechende Beobachtungen sehen wir im experi¬mentellen Teil. Nach Lang^) kann Wasserdampf Zerfallsreaktionen
beschleunigen; so konnte bei ca. 1000°C eine Bildung von Kohlen-
monoxyd aus Wasserdampf und Methan ohne Katalysatoren beobachtetwerden. Zudem kann das Reaktionswasser mit der als Endproduktdes Zerfalls organischer Moleküle entstandenen Kohle teilweise dem
Wassergasgleichgewicht unterliegen und so als Kohlendioxyd, Kohlen-
monoxyd und Wasserstoff in den gasförmigen Reaktionsproduktenauftreten.
c) Propionaldehyd.
Schon Sabotier und Senderens2) beobachteten die Spaltung dieses
Aldehyds über aktivem Nickel. Danach zerfällt Propionaldehyd vorallem nach :
C2H5CHO > CO + C2H6
und bei höheren Temperaturen bimolekular nach:
2C2H5CHO >- H2 + 2CO + (C2H5)2
Der Zerfall lässt sich auch analog demjenigen des Acetaldehydsdurch das Auftreten verschiedener aktiver Zustände erklären. Rice &
Herzfeld deuten die Zerfallsreaktionen mit einer Reaktionskette,deren Träger H-Atome und CH3 -Radikale sind.3)
Hinsheiwood und Mitarbeiter nehmen dagegen nicht den Zerfall
über Ketten, sondern in einer Stufe die Bildung von Kohlenmo-
noxyd und dem entsprechenden Grenzkohlenwasserstoff an. Diese
Annahme wird durch katalytische Behandlung mit Stickoxyd und
Fremdgaszusatz (H2) gestützt.4) Travers beobachtete noch eine zweite
Reaktion, welche bimolekular an der Wand verläuft unter Bildungvon Kohlenmonoxyd, Wasser und Propylen.5) Nach Hinsheiwoodund Mitarbeitern zerfällt Propionaldehyd hauptsächlich in Aethan,
Kohlenmonoxyd und etwas Methan, während bei geringem Druck
Aethan, Aethylen, Wasserstoff und Kohlenmonoxyd gebildet werden.
1) Lang, Z. phys. Chem. 2, 161 (1888)
2) Sabatier & Senderens, Ann. chim. phys., (8) 4, 433 (1905)
3) Vergl. Schumacher, Cnem. Gasreaktionen, 185 (1938)
4) Hinshelwood & Hutchinson, Proc. Roy. Soc. (A) 111, 380 (1926)Fletcher & Hinshelwood, Proc. Roy. Soc. (A) 141, 41, (1933)
5) Travers, Nature, 136, 909 (1935)
39
Die letzteren Produkte sind die Resultate zweier Primärprozesse nach :
1. C2H5CHO CH3— + —CH2CHO
2. Reaktion dieser Radikale mit weiteren Aldehydmole¬
külen zu den oben erwähnten Endprodukten.1)Die relativen Mengen Methan steigen mit wachsender Temperatur.
Der Reaktionsverlauf legt die Ansicht nahe, dass die ausser Kohlen-
monoxyd und Aethan entstehenden Produkte nicht durch langsame
Folgereaktionen, sondern unmittelbar beim Zersetzungsvorgang selbst
gebildet werden. Beim Propionaldehyd muss, damit ein Zerfall
eintritt, ein Wasserstoffatom wandern und eine Kohlenstoffbindung
(—C—C—) gespalten werden. Wir wollen hier noch ein Ketten¬
schema eines Aldehydzerfalles nach Rice anführen:2)
1. CH3CHO CH3 + CHO
2. HCO H + CO
3. H + CH3CHO H2 + CH3CO
4. CH3CO h CH3 + CO
5. CH3 + CH3CHO CH4 + CH3CO
6. 2CH3 V C2H6
Dieser Verlauf unter primärer Spaltung in zwei freie Radikale
ist nach Rice ein allgemein gültiger Vorgang bei der Zersetzung von
Kohlenwasserstoffen, Ketonen, Aldehyden, Aethern und Aminen.3)
d) Aceton.
Sabotier & Senderens erhielten durch katalytische Spaltung von
Aceton über Nickel bei 240° Kohlenmonoxyd, Kohlendioxyd, Methan,
Aethan und etwas Aethylen.4) Peytral5) sieht die pyrogene Zer¬
setzung von Aceton hauptsächlich in folgenden Stufen :
CH3COCH3 CH2=CO+ CH4Keten Methan
2CH2=CO > 2CO+ C2H4Aethylen
Eine geringe Aldehydbildung lässt sich nach :
2CH3COCH3 2CH3CHO +C2H4Acetaldehyd Aethylen
erklären. Hinsheiwood6) sieht die Spaltung hauptsächlich als homogene,
1) Staveley & Hinsheiwood, J. ehem. Soc. 812 (1936)
2) Vergl. Patat & Sachsse, Z. phys. Chem. (B) 31, 105 (1935)
3) Vergl. Rice, Trans. Faraday Soc. 30, 152 (1934)
*) Sabotier
monomolekulare Reaktion zu Methan, Wasserstoff und Kohlen-
monoxyd, neben geringen Mengen Aethylen und Kohlendioxyd. Da¬
gegen nehmen Rice und Mitarbeiter 1) an, dass die Reaktionen über
freie Radikale wie CH3—, CH3CO—, CH3COCH2— verlaufen. Patat
& Sachsse 2) untersuchten mit der Parawasserstoffmethode 3) den Zer¬
fall verschiedener Moleküle und kamen zum Schluss, dass das Aceton
gegenüber Aldehyden und Aethan am meisten über Ketten zerfällt.
Eine Strukturformel veranschaulicht die Reaktionsmöglichkeiten von
Aceton, indem bedeuten :
beim Zerfall nicht beeinflusste Valenzen
neu gebildete Valenzen
verschwindende Valenzen
H-C ^
H H
Mit diesen wenigen Beispielen wollen wir uns in diesem Ab¬
schnitt begnügen und eventuell weiteren Zerfall von Spaltprodukten,sowie nähere Ausführungen, im Rahmen des experimentellen Teils
betrachten.
1) Rice, Am. Soc. 55, 3055 (1933)Rice & Herzfeld, Am. Soc. 56, 284 (1934)Rice & Glasebrook, Am. Soc. 56, 2472 (1934)
2) Patat & Sachsse, Z. phys. Chem. (B) 31, 105 (1935)
3) Vergl. Geib dt Harteck, Z. phys. Chem. (B) 15, 116 (1931)
41
III. EXPERIMENTELLER TEIL.
1. Allgemeines.
a) Einleitung.
Bei der Untersuchung der Dehydratation der Propylalkoholebeschränken wir uns auf eine möglichst eingehende und gründliche
Untersuchung eines ausgewählten Stoffes und seiner Eigenschaftenbei der Katalyse. Wie wir beim Studium der Literatur im ent¬
sprechenden Abschnitt des theoretischen Teils schon hinwiesen, in¬
teressiert uns vor allem der leicht zugängliche Tonerdekatalysator.Sofern nichts Spezielles vermerkt ist, sind unsere Experimente mit
einem hoch aktiven Tonerdekatalysator durchgeführt, der in unserem
Institut entwickelt wurde.
b) Die Darstellung des Tonerdekatalysators.
Bevor wir die Darstellung des hier verwendeten Kontaktes be¬
schreiben, ist im Anschluss an die Ausführungen unter Abschnitt 3
des theoretischen Teils (Theorien über den Mechanismus der Dehy¬dratation) die Kenntnis einiger entwickelter Verfahren zur Darstel¬
lung aktiver Tonerde von besonderem Interesse. Nach Sabotier*)wird das aktivste Aluminiumoxyd durch Fällen von Aluminiumnitrat
mit Ammoniak und Entwässerung des gut ausgewaschenen Präzipitatsbei 300° gewonnen. Auch das aus dem Ammoniakalaun bei Rotglut
gebildete Oxyd ist gut aktiv. Dagegen sind längere Zeit bei dunkler
Rotglut erhitzte Aluminiumoxyde fast inaktiv. Nach Trautz undWinkler wird die beste Oberfläche erzielt durch Fällung in kolloi¬
daler Form und Trocknung bei möglichst niedriger Temperatur.2)Spinoglio hat Tonerde bei 150 bis 300° getrocknet und gefunden,dass mit sinkendem Wassergehalt die Propylenausbeute zunahm,während die Wasserstoffausbeute entsprechend zurückging.3)
1) Sabatier, Die Katalyse 212. Vergl. auch Senderens, Bl. (4), 3, 201 (1908)2) Trautz & Winkler, J. prakt. Chem. 104, 44 (1922)3) Spinoglio, Atti. Mem. R. Accad. Sei. Lettere Arti Padova 51, 25, (1933)
(C, 1936, II, 930)
42
Verschiedene Darstellungsverfahren aktiver Tonerden zur Ad¬
sorption von Enzymen, haben auch Willstätter und Kraut*) ent¬
wickelt. Eine von Kubli2) zur Chromatographie entwickelte, reine,neutrale Tonerde konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr aus¬
probiert werden. Zur Darstellung von Tonerdekatalysatoren über
das in verschiedenen Verfahren der Technik bekannte Alkalialuminat
müssen hier einige Literaturangaben genügen.3)
Die Darstellung des hier verwendeten reinen Aluminiumoxydserfolgte nach einem Verfahren, das in unserem Institut ausgearbeitetwurde: Man lässt eine bei 30—35° gesättigte Lösung von 237 T
K-Al-Alaun in ca. 2200 T Wasser unter gutem Rühren zu 225 T
einer 25%igen Ammoniaklösung (= 10% NH3 Ueberschuss) und120 T Wasser rasch zufliessen. Nach erfolgter Fällung wird 10 bis
15 Min. weiter gerührt und dann der Niederschlag abfiltriert. Man
dekantiert in Gefässen, welche mit dem abgesetzten Niederschlag zu
höchstens Y3 gefüllt sind, bis das Waschwasser Sulfat-frei ist.
(Bariumchlorid-Probe). Es ist etwa 20-maliges Dekantieren während
3—4 Tagen notwendig. Der so ausgewaschene Niederschlag wird
abfiltriert und der Filterkuchen so stark gepresst, dass er leicht in
Stücke von ca. 1 cm Kantenlänge geschnitten werden kann. Man
trocknet zuerst bei 100°, bis die Hauptmenge des Wassers verdampftist und steigert darauf langsam die Temperatur auf 300°. Man er¬hält ca. 24 T Tonerdekatalysator vom Schüttgewicht 0,6.
c) Schema und Beschreibung der Apparatur.
Grosse Bedeutung bei der Lösung solcher Aufgaben kommt der
Entwicklung einer geeigneten Apparatur zu. Wir werden spätersehen, dass erst die einwandfreie apparative Lösung befriedigendeVersuche gestattet. Hier wollen wir jedoch die fertig entwickelte
Apparatur vorwegnehmen und mit dem beiliegenden Schema ihre
Arbeitsweise kennen lernen.
1) Willstätter & Kraut, B. 56, 15 (1923)
2) Kubli, Diss. ETH (1945)
3) Aluminium Co. of America, A.P. 2247624 (1941) (C, 1942, I, 1292)Wanscheidt & Selzer, C. 1942, II, 1564. (Russ. Orig. Lit.)
Gmelin, Handbuch, System Nr. 35B, 30, 79.
Vergl. auch Goldwasser & Taylor, Am. Soc. 61, 1751 (1939)
43
0
(27)0
(30) £_(28)
8r(29)
(26)
(22)
(23)
ù.
(19)
(21)
(18)
(H)
-(24)
(25) (16t^>(15)
(14)
(1)
(2)
CD-
IS)
(6).
(7)-
(31
(9)
It(20) llli
11
(8)
-(10)
.(11)
(13)
çz%
(12)
ï1 Mikrobürette
2 Eintropfhahn3 Druckausgleich4 Tropfenzahler5 Elektr. geheizter Verdampfer (Supremaxgl.)6 Schliff
7 Reaktionsrohr aus Supremaxglas8 Raschigringfûllung (Supremaxglas)9 Katalysator10 Elektroofen (Auf Porzellanrohr gewickelt)11 Schutzrohrchen für Thermoelement
(Supremaxglas)12 Millivoltmeter zum Nickel-Nickelchrom-
Thermoelement
13 Spiralkühler14 Auffanggefäss f. flüssige Reaktionsprodukte
15 Dreiweghahn16 Bunsenbrenner17 Oelmanometer
18 Blasenanzeiger (Oel) mit Thermometer19 Dreiweghahn20 Vakuumleitung21 Kalibrierter Glasgasometer von 1 L Inhalt22 Ueberlaufleitung mit Quetschhahn23 Niveaugefass24 Ueberlaufgefäss25 Schwimmer26 Rollen27 Hahn
28 Dreiweghahn29 Quetschhahn zum Bunsenbrenner30 Leitung zum Gasanalysenapparat (Orsat)
44
Die EintropfVorrichtung. Sehr zweckmässig als Eintropf¬vorrichtung hat sich eine Mikrobürette (1) erwiesen. Am Eintropf¬hahn (2) ist eine kleine Verlängerung angebracht zur feinen Ein¬
stellung der Tropfgeschwindigkeit. Es ist jedoch nicht möglich, mittelseiner Skala genaue Eintropfgeschwindigkeiten einzustellen. Die Ge¬
schwindigkeit muss in jedem Versuch mit der Uhr ermittelt werden.Mit dem Druckausgleichrohr (3) wird eine regelmässige Tropfge¬schwindigkeit ermöglicht, die auch bei kleinen Druckstössen konstant
bleibt, was am Tropfenzähler (4) kontrolliert werden kann.
Der Ofen mit Reaktionsrohr, Verdampfer und
Kondensationsvorrichtung.
Der Verdampfer (5) dient dazu, den eintropfenden Alkohol zu
verdampfen und so eine Abkühlung des Katalysators zu verhindern.
Der Heizdraht des Verdampfers ist auf ein Supremaxrohr gewickelt.Dieses ist durch einen Schliff (6) mit dem eigentlichen Reaktions¬
rohr verbunden. Der Verdampfer ist im Innern mit einem zweiten
Supremaxröhrchen geschützt und mit einigen Glaskugeln gefüllt,sodass die Alkoholtropfen die stark geheizte Glaswand nicht zum
Springen bringen. Der Heizdraht des elektrischen Ofens (10) ist auf
ein Porzellanrohr gewickelt. Asbest in einem Blechrohr gewährleisteteine gute Isolierung. Das Reaktionsrohr (7) ist ein Supremaxglasrohrvon 1 cm lichtem Durchmesser, das so in das Porzellanrohr einpasst,dass es dieses nicht berührt, und so durch eine Luftschicht vor
örtlichen Ueberhitzungen geschützt wird. Das Nickel-Nickelchrom-
Thermoelement ist von unten bis in die Mitte des Reaktionsrohres
eingeführt. Das Schutzröhrchen (11) ist nicht aus Ton, sondern aus
Supremaxglas, um bei der thermischen Zersetzung das Reaktionsrohr
von eventuellen Katalysatoren frei zu haben. Im Falle der Katalyse
umgibt die Kontaktmasse direkt das Ende des Schutzröhrchens. Das
Reaktionsrohr ist mit Supremax-Raschigringen gefüllt. Im Kühler
(13) werden die kondensierbaren Reaktionsprodukte verflüssigt. Nach
Durchführung eines Versuches können die Restgase im Bunsen¬
brenner (16) verbrannt werden, damit lassen sich Ueberdrucke im
Reaktionsrohr vermeiden. Die Gase passieren das Oelmanometer
(17) womit eine drucklose Gasentnahme genau kontrolliert werden
kann. Im Blasenanzeiger (18) ist ein Thermometer angebracht. Die
Temperatur der Reaktionsgase wird zur Ausbeuteberechnung benötigt.Durch den Dreiweghahn (19) gelangen die Reaktionsprodukte in
45
den kalibrierten Glasgasometer (21). Hier verdrängen sie die Sperr¬
flüssigkeit (schwach angesäuerte, gesättigte Natriumsulfatlösung) in
das, an Gummischläuchen bewegbare, Niveaugefäss (23). Von hier
läuft die Sperrflüssigkeit kontinuierlich in das Ueberlaufgefäss (24)
ab. Da dieses Ueberlaufgefäss gleichen Durchmesser wie der Glas¬
gasometer hat, ist die Niveauänderung hier gleich gross wie im
Glasgasometer. Der Schwimmer (25) hält somit das Niveaugefäss (23)
über die Rollen (26) immer auf gleicher Höhe mit dem Gasometer¬
niveau. Dabei muss der Schwimmer bei kleiner Eintauchtiefe gut
mit dem Niveaugefäss im Gleichgewicht sein.
Somit ist eine drucklose Gasentnahme gesichert. Durch Ver¬
schieben einer Rolle kann das Niveaugefäss leicht gesenkt werden.
So wird ein ganz kleiner Unterdruck erzeugt, der die Reibung der
Maschine ausschaltet, sodass das Oelmanometer (17) vollständigdrucklose Gasentnahme anzeigt.
d) Arbeitsweise der Apparatur.
Als erste Voraussetzung zur Erreichung einwandfreier Resultate
gilt die genaue Einstellung der Ofentemperatur, die mit Hilfe
eines Amperemeters und eines Thermoelementes sicher gestelltwird. Der Gasometer füllt sich mit Hilfe des Vakuums einer
Wasserstrahlpumpe, dazu wird Hahn (20) geöffnet, Hahn (19) wag¬recht gestellt, Quetschhahn (22 & 29) geschlossen und Hahn (27)
geöffnet. Nun fliesst die Sperrflüssigkeit aus dem Ueberlaufgefäss(24) durch die Leitung über Hahn (27) in den Gasometer. Nach
erreichter Füllung sind die Hahnen (20 & 27) zu schliessen. Zu
Beginn jedes Versuches werden die Verbindungswege mit dem
Reaktionsgas gespült. Dazu muss nur der Quetschhahn (29) geöffnet
werden, sodass die Gase in der angeschlossenen Flamme verbrennen.
Zu einer vollständigen Spülung sind ca. 100 ccm Gas erforderlich.
Schon bei diesem Vorgang muss die Eintropfgeschwindigkeit genau
reguliert und direkt für den anschliessenden Versuch beibehalten
werden. Nach durchgeführter Spülung wird Quetschhahn (29) ge¬schlossen und Quetschhahn (22) geöffnet. Passiert nun das Alkohol¬
niveau in der Mikrobürette eine Marke (z. B. 0-Marke), wird mit
der Uhr gestoppt und zugleich das Niveau im Gasometer abgelesen.Der Versuch ist beendet, nachdem eine Gasmenge erzeugt wurde,die sich mit genügender Genauigkeit ablesen lässt (700—900 ccm)und dazu eine Marke in der Mikrobürette erreicht wird. Dies ist
46
bei Versuchen in mittleren Temperaturlagen mit 1 bis 2 ccm Alkohol
erreicht. Um nun eventuelle Ueberdrucke im Reaktionsrohr zu ver¬
meiden, wird Hahn (15) gegen den Bunsenbrenner geöffnet. Durch
Ablesen des Niveaus im Gasometer wird das Gasvolumen ermittelt
und zugleich Hahn (19) so gestellt, dass der Gasometer gegen die
Zuleitung geschlossen ist. Nun kann durch Tiefstellen des Niveau-
gefässes der Gasbürette am Gasanalysenapparat durch Leitung (30)
die zu analysierende Probe entnommen werden, dabei ist nur zu
achten, dass Quetschhahn (22) geschlossen und Hahn (27) geöffnet
ist, sodass die Sperrflüssigkeit aus dem Ueberlaufgefäss in den Gaso¬
meter nachfliessen kann. Wir sehen, dass diese Apparatur ein
rationelles Arbeiten gestattet, indem kleine Alkoholmengen zur
Bestimmung eines quantitativ einwandfreien Versuches genügen.
e) Die Definition der Kontaktzeit und der Gasausbeute.
Die Kontaktzeit. Die Kontaktzeit (KZ) in Sekunden ist die
Grösse, welche uns angibt, wie lange die Volumeneinheit (1 ccm)
der eintretenden Reaktionsgase, im Falle der Katalyse im Raum,
den der Katalysator einnimmt, ist, oder wie lange die Einheit des
Gases im Falle der thermischen Spaltung im erhitzten Raum ver¬
weilt. Es handelt sich dabei um eine in der Technik schon lange
verwendete Grösse, die als Kriterium bei solchen Arbeiten gilt.
Wie wir gleich sehen werden, ist in der hier berechneten Grösse
die Temperatur mit einbezogen, was klar den Vorzug gegenüber der
Angabe von Strömungsgeschwindigkeiten zeigt. Wird z. B. eine
Versuchsreihe über ein grosses Temperaturgebiet mit gleichen
Strömungsgeschwindigkeiten aufgenommen, so ist bei hoher Tempe¬
ratur die Berührungszeit im Reaktionsraum wesentlich kleiner, als
bei niedriger Temperatur. So wird im Beispiel einer Pyrolyse das
Bild verfälscht, indem bei hohen Temperaturen die Zerfallsdauer
kurz ist und somit nicht mit den entsprechenden Versuchen bei
niedriger Temperatur verglichen werden kann. Durch die Einführung
der Kontaktzeit werden diese Mängel behoben. Für praktische
Arbeiten hat sich folgende Darstellung als geeignet ergeben.
Die Grösse, welche bei jedem Versuch mit der Mikrobürette und
der Uhr gemessen wird, ist der in den Verdampfer eintropfende
Alkohol in ccm pro Minute. Wir können demnach schreiben:
r- - , . i. i . / vccm flüssiger Alkohol
Tropfgeschwindigkeit (g)=
Minnten
47
Aus dieser Tropfgeschwindigkeit errechnet sich die Kontaktzeitin Sekunden wie folgt:
Kontaktraum in ccm = K
Volumen von lccm verdampftemAlkohol bei t° und 720 mm = V
Kontaktzeit in Sekunden = KZ
V • g
Für praktische Arbeiten wird zweckmässig die Grösse K • 60/V
von t° = 200 bis 1200 von 50 zu 50° tabelliert. Mit dieser Kon¬
taktzeitberechnung ist die Veränderung des Gasvolumens infolgeder Reaktion nicht berücksichtigt. Da jedoch die Lage des Reaktions¬verlaufs im Kontaktraum nicht bekannt ist, würde mit einer Be¬
rücksichtigung des Reaktionsgasvolumens keine grössere Genauigkeiterreicht.
Der wie oben errechnete Mittelwert der Kontaktzeit unter Be¬
rücksichtigung der eintretenden Gase ist ein gutes Mass für die
Beurteilung der Dauer der Einwirkung des Katalysators oder derthermischen Veränderung bei der Pyrolyse. Wir geben hier nochdie tabellierten Werte von K • 60/V für n- & iso-Propylalkohol an.1)
Die Gasausbeute. Wie wir oben bei der Beschreibung der
Apparatur gesehen haben, liegen allen Versuchen Mengenmessungenmit einer Mikrobürette zu Grunde. Wir messen also Alkohol¬
volumina. Zur Bestimmung der Kontaktzeiten, wie der Gasausbeuten,bedürfen wir somit der Dichten der angewandten Flüssigkeiten.Gesucht ist die maximal mögliche Menge Propylen aus 1 ccm der
t° c K-60/V K-60/V t° C K-60/V K-60/Vnormal isomer normal isomer
200 1,376 1,410 750 0,635 0,651250 1,230 1,277 800 0,600 0,621300 1,130 1,166 850 0,577 0,593350 1,039 1,071 900 0,550 0,568400 0,961 0,991 950 0,528 0,544450 0,895 0,922 1000 0,507 0,523500 0,863 0,863 1050 0,489 0,503550 0,785 0,811 1100 0,470 0,485600 0,732 0,764 1150 0,455 0,468650 0,700 0,723 1200 0,439 0,425700 0,670 0,686
48
flüssigen Propylalkohole. Zur quantitativen Auswertung der Ver¬
suchsresultate werden die im Gasometer abgelesenen Volumina von
t°C und p mm Druck auf Normalbedingungen umgerechnet,1) wobei
die Barometerablesung auf 0°korrigiert wird und der Wasserdampf¬
druck der Sperrflüssigkeit in Abzug gebracht wird. Ferner verkleinert
das im Gasometer angebrachte Steigrohr für den Abfluss der Sperr¬
flüssigkeit das Volumen um 1,2 °/o, was auch in Rechnung gebrachtwerden muss. Unter Normalbedingungen können aus 1 ccm normalem
Propylalkohol (0,804 g) 293 ccm Propylen gebildet werden, wobei
die Abweichung des Propylens vom Avogadro'schen Gesetz von
(1 + x) = 1,0204 berücksichtigt wurde.2)
Aus 1 ccm Isopropylalkohol (0,781 g) können jedoch infolge der
kleineren Dichte nur 285 ccm Propylen entstehen.3) Die Gasaus¬
beuten (Gas %) erhalten wir somit nach :
Gas % normal = V0 (exp.) • 100/293 und
Gas % isomer = V0 (exp.) • 100/285
f) Die Reindarstellung der Propylalkohole.
Die käuflichen Alkohole wurden in Portionen von 1 Liter über
200 g frischgeglühtem Kalk während eines Tages in einem Rund¬
kolben am Rückflusskühler gekocht. Die nachfolgende Destillation
mit einer Kolonne zeigte, dass die Ausgangsprodukte rein waren;
nur kleine Vorläufe mussten abgeschieden werden. Die Hauptfrak¬tion des normalen Alkohols destillierte bei 96—97°, und diejenigedes isomeren bei 81—82°.
1) Chemiker Taschenbuch I, 19 (1937)
2) Batuecas, J. chim. physique 31, 165 (1934) (C. 1934, II, 919)
3) Für die praktische Auswertung der Versuche hat sich eine Umrechnung dieser
Normalvolumina auf mittlere Temperatur und Druck unter Berücksichtigung
der oben angeführten Faktoren bewährt. Wir erhalten dann für
Vnormal, 18°, 720 mm
= 340 ccm und Visomer = 330 ccm
Nun müssen für die Ausbeuteberechnungen nur noch die kleinen Differenzen
zu diesen mittleren Daten der exp. gemessenen Volumina berechnet werden.
49
g) Die Analyse der Reaktionsgase.
Alle Gasanalysen konnten mit einem Gasanalysenapparat nachOrsat ermittelt werden. Als Absorbentien dienten in Tramm'schen
Pipetten folgende Lösungen:
1. Kohlendioxyd Kalilauge (1 : 2)2. Acetylen Alkalische Merkuricyanid-Lösung3. Propylen 87 %ige Schwefelsäure1)4. Olefine (CnH2n) 20 %iges Oleum
5. Kohlenmonoxyd Ammoniakalische Kupferchlorür-Lösung
Wasserstoff wurde durch Verbrennung über Kupferoxyd bei 250bis 280° bestimmt, ebenso gesättigte Kohlenwasserstoffe (CnH2n+2)durch Verbrennung bei 800°. Ueber die spezielle Beobachtung be¬treffend die Spezifität der gewählten Absorbentien sind Angaben imText bei den entsprechenden Versuchen zu finden.2) An dieserStelle seien noch einige allgemein angewandte Massnahmen notiert.In allen Versuchen ausser denjenigen, die zur Reinheitsbestimmungdes Propylens dienten, wurden die Olefine gesamthaft an Oleumabsorbiert. Zur Bestimmung von kleinen Gasmengen z. B. geringeMengen Kohlenmonoxyd, Wasserstoff und Methan neben 97 °/°Propylen, konnte folgende Methode angewandt werden.
Olefine wurden wie üblich absorbiert. Der kleine Gasrest von
1—3 ccm wurde mit ca. 40 ccm reinem, sauerstoffreiem Stickstoff
verdünnt. Mit dieser grossen Gasmenge Hess sich gut manipulieren,und die kleinen Gasreste konnten bestimmt werden. Die Darstellungdes sauerstoffreien Stickstoffs erfolgt, indem man verdichteten Stick¬stoff einer Bombe, der ca. 0,8—1,2% Sauerstoff enthält, langsamdurch eine Flasche leitet, die mit Phosphorstücken beschickt ist.Die entstehenden Phosphorpentoxyd-Nebel werden in einer Wasch¬flasche mit Wasser niedergeschlagen. Auf diese Weise kann bequemsauerstoffreier Stickstoff hergestellt werden. Ebenso wurden bei allen
Analysen die kapillaren Verbindungen zu den Pipetten, wie auchdas Verbrennungsrohr mit diesem Stickstoff gefüllt. Nach Beendigungder Verbrennung der Methankohlenwasserstoffe wurde das Gaswährend des Abkühlens mehrere Male über das Kupferoxyd geleitet,
1) Tropsdl & Phiüppovich, Brennstoff-Chemie, 4, 147 (1923)2) Vergl. auch Chemiker-Taschenbuch II, 387 (1937)
50
um eventuell abgespalteten Sauerstoff wieder zu binden. Für grössere
Versuchsreihen konnte als beste Form des Verbrennungsrohres ein
20 cm langes, nahtloses V2AE-Stahlrohr von 4 mm Wandstärke und
6 mm Bohrung gefunden werden.1)
2. Zur Dehydratation des n-Propylalkohols.
In diesem Kapitel können wir folgende Problemstellung for¬
mulieren. Kann der n-Propylalkohol mit diesem Tonerdekatalysator
quantitativ dehydratisiert werden ? Der Einfluss der Temperatur und
der Kontaktzeit? Bis zu welcher Temperatur verläuft die Wasser¬
abspaltung ohne wesentliche Nebenreaktionen?
a) Vorvers