Hermann Loens

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The Project Gutenberg EBook of Der Wehrwolf, by Hermann LnsThis eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and withalmost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away orre-use it under the terms of the Project Gutenberg License includedwith this eBook or online at www.gutenberg.orgTitle: Der Wehrwolf Eine BauernchronikAuthor: Hermann LnsRelease Date: October 2, 2007 [EBook #22824]Language: GermanCharacter set encoding: ISO-8859-1*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER WEHRWOLF ***Produced by Norbert H. Langkau, Constanze Hofmann and theOnline Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.netAnmerkungen zur Transkription:Mit _Unterstrichen_ gekennzeichneter Text ist im Originalgesperrt gedruckt.Mit =Gleichheitszeichen= markierte Phrasen sind im Original nichtin Fraktur gedruckte Textstellen.Offensichtliche Druckfehler im Text wurden korrigiert, die Schreibweiseansonsten aber wie im Original belassen. Eine Auflistung allervorgenommenen Korrekturen findet sich am Ende des Textes.Der Text enthlt eine Wortliste, die einige der verwendeten Dialektwrtererklrt. Diese findet sich am Ende des Buches. * * * * * Hermann Lns Der Wehrwolf [Illustration] Eine Bauernchronik 101.-120. Tausend Verlegt bei Eugen Diederichs Jena 1920Alle Rechte, insbesondere das der bersetzung infremde Sprachen (auch ins Ungarische) vorbehalten.=Copyright 1920 by Eugen Diederichs Verlag in Jena.=Die HaidbauernIm Anfange war es wst und leer in der Haide. Der Adler fhrte ber Tagedas groe Wort, und bei Nacht hatte es der Uhu; Br und Wolf warenHerren im Lande und hatten Macht ber jegliches Getier.Kein Mensch wehrte es ihnen, denn die paar armseligen Wilden, die dortvom Jagen und Fischen lebten, waren froh, wenn sie das Leben hatten undgingen den Untieren liebendgern aus der Kehr.Da kamen eines Abends andere Menschen zugereist, die blanke Gesichterund gelbes Haar hatten; mit Pferd und Wagen, Kind und Kegel kamen siean, und mit Hunden und Federvieh.Es gefiel ihnen gut in der Haide, denn sie kamen daher, wo das Eis nochbis in den Mai auf den Pmpen stand und im Oktober schon wieder Schneefiel.Ein jeder suchte sich einen Platz und baute sich darauf ein breites Hausmit spitzem Dach, das mit Reet und Plaggen gedeckt war und am Giebel einpaar bunte Pferdekpfe aus Holz aufwies.Jeglicher Hof lag fr sich. Ganz zu hinderst in der Haide wohnteReineke; sein Nachbar war Hingst; auf ihn folgte Marten, darauf Hennig,hinterher Hors, und dann Bock und Bolle und Otte und Katz und Duw undSpecht und Petz und Ul und wie sie alle hieen, und zuletzt Wulf, einlanger Mann mit lustigen Augen und einer hellen Stimme, der sich daangebaut hatte, wo das Bruch anfing.Der Wulfshof hatte das beste Weideland von allen Hfen, aber der Bauerhatte auch am meisten mit den Wlfen und Bren zu tun und mit denschwarzbraunen Leuten, die hinten im Bruche lebten. Doch das war ihmgerade recht und seinen Jungens nicht minder; je bunter es herging, umso lieber war es ihnen, und so wurden es Kerle, wie die Bume, mitHnden, wie Brenpfoten; aber dennoch konnte sie ein jeder gern leiden,dieweil sie so grall in die Welt sahen und allewege lachten.Das kam ihnen und ihren Kindern und Kindeskindern auch gut zupasse, dennes ging zuzeiten wild genug her in der Haide; fremde Vlker zogen durch,und die Haidbauern muten mchtig aufpassen, da sie nicht umgeranntwurden. Aber es waren ihrer von Jahrhundert zu Jahrhundert in dringen,wie das Dorf hie, immer mehr geworden; sie hielten stand, schmissen dieFeinde zurck oder bargen die Weibsleute, die Kinder und das Vieh in derWallburg im Bruche und setzten den Fremden durch berfallen und Ablauernsolange zu, bis sie sich wieder dnne machten.Die Mnner vom Wulfshofe waren dabei immer vorneweg. Manch einer vonihnen blieb mit einem Pfeile im Halse oder einem Speere in der Brustdabei liegen, aber es blieb immer noch einer brig, der den Namen amLeben hielt.Mittlerweile nahmen sie immer mehr Land unter den Pflug und machten dasBruch zu Wiesenland und Weide; zehn Gebude zhlte der Hof, der wie eineBurg hinter Wall und Graben in seinem Eichbusche lag, und in dem groenHause war kein Mangel an Waffen und Gerten aller Art.In dem Flett standen neben dem Herde ein Dutzend schwerer silbernerTeller auf dem Brt an der Feuerwand. Als die Bergbauern ihre Botenschickten und die Haidbauern baten, ihnen beizustehen, die Rmer aus demLand zu jagen, war auch ein Sohn vom Wulfshofe mit ausgezogen. Als erschon ein alter Mann war, lachte er noch, wenn er darauf zu sprechenkam, wie Varus mitsamt seinen Leuten vor die Hunde ging.Junge, sagte der alte Mann, das war ein Spa! Was haben wir diekrummen Hunde geweift! So Stcker zwanzig habe ich allein vor den Brgengeschlagen, da es nur so ballerte, denn sie hatten alle Kappen ausBlech auf. Na, und denn habe ich zum Andenken die blanken Kmpemitgebracht. Machen sie sich da nicht fein?Mit den Rmern waren die Bauern bald fertig geworden, aber dann kam derFranke, und der war zhe wie Aalleder. Holte er sich heute auch eineJacke voll Schlge, morgen war er wieder da. Ein Wulf war dabei gewesen,als Weking das frnkische Heer am Sntel zu rohem Mett hackte, aber zweivon den Wulfsbauern waren auch unter den Mnnern, die Karl an derHalsbeeke bei der groen Fhre wie Vieh abschlachten lie. Als daraufalles, was ein Messer halten konnte, ihm an den Hals sprang, waren auchdrei Wulfs dabei; sie waren nicht zurckgekommen.Schlielich aber sagten die Haidjer sich: Gegen ein Fuder Mist kanneiner allein nicht anstinken. So zahlten sie denn Zins, sagten dem Wodeund der Frigge ab, lieen sich taufen und wurden mit der Zeit ganzordentliche Christen, vorzglich, als einer von ihnen, der nach derVter Brauch den alten Gttern einen Schimmel auf dem Hingstbergegeschlachtet hatte, dafr unter das Beil mute.Ganz zahm wurden sie nach auen hin und sie lieen sich sogar einenfrnkischen Ritter vor die Nase setzen. Aber von innen blieben sie dieAlten; wenn im heiligen rmischen Reiche einmal wieder alles koppheisterging, dann kamen sie vor Tau und Tag ber die Haide geritten, stecktendie Burg an allen vier Ecken an und schlugen alles, was einen Barthatte, vor den Kopf.Das half ihnen auf die Dauer aber doch nichts; die fremden Herren nahmenihnen mit Gewalt und List ein Recht nach dem andern, und schlielichwurden sie alle zinspflichtige Lehnsmnner bis auf den Wulfsbauern; dennder hatte einen Freibrief als Sattelmeier, weil ein Wulf einmal denHerzog Billung vor seinen Feinden gerettet hatte. Wenn sich nun auchheute das Kloster und morgen der Ritter alle Mhe gab, den Wulfshofanzumeiern, die Wulfsbauern wuten sich davor zu wahren.Sie hatten ja auch sonst ihre liebe Not, denn bald war Krieg im Lande,bald rhrten sich die Raubritter. Wenn der Bauer pflgte, hatte erwhrenddem den Speer und die Armbrust bei seiner Jacke liegen, und mehrals einmal fing er mit seinen Leuten ein paar Schnapphhne ab undbrachte sie ber die Seite. Da das aber einmal so war, so machte er sichweiter keine Gedanken darber; seine Augen blieben hell und das Lachenverlernte er auch nicht.Als die Bauern die neue Lehre annahmen und dem Pater aufsagten, muteder Wulfsbauer zu ihm gehen und ihm das klarmachen, weil der Pater einguter alter Mann war und die Bauern glaubten, kein anderer knne ihm dieSache so gelinde beibringen, wie Harm Wulf, dessen Hauptredensart eswar: Es ist alles man ein bergang, und dabei schlug er den Wolf inder Kuhle tot und lachte dazu.Hinterher kamen ja wohl einmal Zeiten, da auch der Wulfsbauer einekrause Stirn und dunkle Augen kriegte und nicht mehr so laut lachte. Daswar Anno 1519, als Hans Magerkohl, der Bischoff von Hildesheim, sich mitdem Braunschweiger Herzog kmmte und die Bauern dabei Haare lassenmuten. In Burgdorf krhte der rote Hahn lauthals und ein Wulf, der dortin eine Ackerbrgerstelle hineingeheiratet hatte, kam mit dem weienStocke wieder nach dem Wulfshofe und starb bald vor Herzeleid, denn diebraunschweigischen Kriegsvlker hatten seine junge Frau zuschandengemacht.Ein Trupp von dem Gesindel kam auch bis vor den Wulfshof; aber da es nurbei zwanzig waren, fanden sie nicht wieder zurck; der Bauer schlug siemit seinen Shnen und Knechten tot, fuhr sie in das Bruch und rodete siebei.Auch sein Sohn verlernte spter auf einige Zeit das Lachen, denn als manden neunten Juli des Jahres 1553 schrieb, kam es auf dem Vogelherde beiSievershausen zu dem groen Treffen zwischen dem Braunschweiger und demSachsen auf der einen und dem Kalenberger und dem Brandenburger auf deranderen Seite.Schrecklich ging es vor und nach der Schlacht in der Haide zu; doch derWulfsbauer hatte beizeiten Wind gekriegt und die Frauensleute, dieKinder und das Vieh und alles, was Geldeswert hatte, im Bruche geborgen;er selber aber und seine Leute hatten sich mit den anderen Bauernzusammengetan, und wo sie einen Haufen Fuvolk oder Reiter trafen, denenging es schlecht. ber zweihundert von ihnen schossen und schlugen dieBauern tot. Wenn sie sie eingruben, lachte der Wulfsbauer und sagte:Man soll alle Arbeit mit Freuden tun, vorzglich, wenn sie sich lohnt;damit meinte er dann die Waffen und das bare Geld, das die Kriegsleutebei sich hatten.Wenn es auch noch so hart herging, ihre grallen Augen und ihr hellesLachen verloren die Wulfsbauern so leicht nicht; es mute schon sehrschlimm kommen, da es anders mit ihnen wurde.Das tat es denn auch. Es gingen im Jahre 1623 allerlei Gerchte voneinem Kriege um, den der Kaiser mit den Bhmen wegen der neuen Lehrefhrte und der immer weiter fra. Zudem hatte es sehr viele wunderlicheZeichen gegeben. Es waren Rosen gewachsen, aus denen wieder Rosen kamen,das Brot hatte geblutet, auf den Koppelwegen lagen Sternschnuppen, dreiTage hintereinander im Juli kamen Unmassen von Schillebolden ber dieHaide geflogen und hinterher ebensoviele Buttervgel; es gab mehrMigeburten beim Vieh, denn je zuvor, die Muse heckten unmig, Pest-und Sterbevgel lieen sich sehen, am Himmel zeigten sich feurige Mnnerund ein Stern, der wie ein Schwert aussah, fiel herunter.Daraus sagten manche Leute Krieg, Hunger, Brand und Pest an. Es dauerteauch nicht lange, da ein groes Sterben anging, vorzglich in denStdten, wo die Menschen eng aufeinandersaen und allerlei fremdes Volkzusammenkam. Um den Herrgott wieder um gut Wetter zu bitten, zogen ganzeHaufen von halbnackten Mnnern und Weibern mit Ketten um den Hlsenhinter einem Kreuze her, heulten und schrien wie unklug, schlugen sichmit Stricken die Rcken, da das Blut nur so spritzte, und sangen zumGotterbarmen.Als Harm Wulf, der Anerbe vom Wulfshofe, Torf nach der Stadt fuhr, warer einem solchen Zuge begegnet und sehr falsch geworden, denn er hattejunge Pferde vor dem Wagen, und die wollten mit Gewalt vom Wege, als dieverrckten Vlker angebrllt kamen.Hinterher mute er aber darber lachen; es hatte zu albern ausgesehen,wie sie alle auf einmal die Arme in die Luft schmissen und lossangen:Hui halt' auf eure Hnde, da Gott dies Sterben wende, hui streckt auseure Arme, da Gott sich eur' erbarme!Was fr ein dummerhaftiges Lied! dachte er und pfiff dasBrummelbeerlied.Die MansfelderAls er am anderen Morgen durch die Haide ging, lachte er auch vor sichhin, aber nicht mehr ber die Geiler, denn die hatte er lngstvergessen.Er dachte daran, was sein Vater ihm gesagt hatte, da es nmlich an derZeit wre, da er freien msse und den Hof bernehmen solle. Und erdachte an Rose Ul.Denn das sollte seine Frau werden, das glatteste Mdchen weit und breit,und Ulenvaters einziges Kind, mit der er immer am liebsten beimErntebiere getanzt hatte. Darum lachte er vor sich hin.Er drehte eine Maiblume, die er an der alten Wallburg im Holzeabgerissen hatte, zwischen den Zhnen und sah ber die Haide, die ganzgrn von dem jungen Birkenlaube war und ganz blank von der Sonne.Vom Bruche her kam zwischen den hohen Machangelbschen ein Mannangegangen. Er blieb stehen, zeigte mit dem Finger auf die Blume, dieHarm im Munde hielt, griente und sagte: Friggeblumen, wer die bricht,Junggeselle bleibt er lnger nicht.Harm lachte und gab ihm die Hand. Immer mute er sich wundern, wenn erUlenvater sah; denn der war so ganz anders, als alle Leute, die erkannte. Jedes Wort, das er sprach, hatte einen doppelten Sinn; er hatteden ganzen Kopf voller Dummheiten, aber auch voller Klugheit, und mansagte von ihm, da er mehr knne als Brot essen.Aber das war man ein Altweiberschnack; er war drei Jahre auf die hoheSchule in Helmstedt gegangen und hatte da fleiig gelernt, sowohlgeistliche Sachen, wie denn auch, was gegen Krankheiten bei Mensch undVieh gut war; dann aber war der Hoferbe abgestorben und weil weiter keinSohn da war, mute er den Hof annehmen; und nun hie er zum Spa derPapenbur.Er wurde jedoch ein Bauer, wie nur einer, blo da er in vielem seineneigenen Weg ging: so konnte er niemals nach der Kirche hinfinden, denner sagte: Wer da wei, wie man Wrste macht, der it schon keine. Dannhatte er die Gabe, alles, was er sagte, in Reime zu bringen, wenn ergerade wollte; es wurde keine Hochzeit abgehalten, bei der Ulenvaternicht seinen Vers sagte, und jedesmal einen anderen. Er hatte Augen, diehatten gar keine Farbe; wie Wasser sahen sie aus. Die wenigsten Menschenhielten ihnen stand, und wenn er einen Hund ansah, und war der auch nochso bse, er machte, da er fortkam.Nun stand er da, als wenn er nicht bis drei zhlen konnte, griente undsagte, indem er auf das Schiegewehr wies, das Harm auf den Rckenhatte: All wieder nach dem Saufang? Und dann lachte er lauthals, dennder Saufang war dicht beim Ulenhofe, und wenn Harm am Saufang war, danndauerte es nicht lange und Rose hatte vor dem Hofe zu tun.Das war auch jetzt so. Als Wulf dort angekommen war und gesehen hatte,da der Fang noch aufstand, steckte er drei Finger in den Mund und pfiffwie der Schwarzspecht. Es dauerte eine Weile, da hrte er hinter sichein Gerusch; als er sich umdrehte, sah er bei einer Eiche etwasFeuerrotes, und das war ein roter Rock, und nun gab es ein Jagen um denBaum und dann ein Quieken.Ach, Junge, pustete das Mdchen und ihre Brust ging auf und ab, dubringst mich ja rein von Atem! Und schickt sich das wohl? Aber dannlie sie sich doch dahinziehen, wo das Moos ganz eben und trocken war,und lie sich kssen und kte wieder, und zhlte, wie oft der Kuckuckrief, denn so lange sollte sie leben; aber er rief blo zweimal und dasagte sie: So ein fauler Hund! und lachte dabei.Vom Hofe rief es. Das Mdchen sprang in die Hhe: Bis heute abend!Mutter ruft schon. Komm aber nicht vor dem Vesper, denn bis dahin habeich alle Hnde voll zu tun. Sie machte sich los und Harm sah ihrlachend nach, wie sie so flink dahinging, da der rote Rock wie eineFlamme hin und her wehte, und ihr Haar, das leuchtete wie eitel Goldunter der kleinen Mtze, um die die Bindebnder man so flogen.Ehe sie ber das Stegel stieg, sah sie sich noch einmal um; dann war siefort und Harm war zumute, als wenn die Sonne nicht mehr so schn schienund als ob die Vgel lange nicht mehr so lustig sngen; aber dann pfiffer das Brummelbeerlied durch die Zhne und lachte wieder vor sich hin,als er ber die Haide ging, und seine Augen waren so blau wie der Himmelber ihm.Das blieben sie auch bis zur Hochzeit und auf ihr erst recht. Es wareine groe Hochzeit und lustig ging es dabei her, obzwar kein einzigerMann betrunken war.Einige Bauern redeten zwar davon, da es immer gefhrlicher im Reichausshe, aber was fragte Harm Wulf danach, als er mit seiner jungen Frauunter Lachen und Juchen in die Dnze geschoben wurde, und nach denfeurigen Mnnern am Himmel und dem blutenden Brot und den Pest- undSterbevgeln? Er nahm seine Rose in den Arm und sagte: Eine Ule habeich gefangen, aber was fr eine glatte Ule auch! Und dann lachte erber seinen Witz.Er blieb am Lachen bis auf den Tag, da seine Rose zu liegen kam, aberdann lachte er noch mehr, blo nicht so laut und mehr mit den Augen;denn ein Junge lag neben ihr, ein Junge, ein Staat von einem Jungen einwahrer Br von einem Jungen, einer von zehn vollwichtigen Pfunden undein hbscher Junge von vornherein.Ja, sagte er am dritten Tage zu seiner Frau, die schon wieder Farbeauf den Backen hatte, was ist das nun eigentlich, ein Ulenkken oderein Wolfslamm? Und dann lachte er laut ber seinen Schnack.Er lachte, wenn er zur Arbeit ging, er lachte, wenn er von ihr kam. Erhatte frher auch ein schnes Leben gehabt, aber so, wie es jetzt war,mit solcher glatten Frau und so einem gesunden Jungen, das war doch ganzetwas anders! Er konnte sich vor Freude gar nicht bergen, so whlig warihm zumute, und wenn ab und zu Reineke oder Marten oder einer von denanderen dringern sich so anstellte, wie eine Krhe, wenn der Fuchsankommt, und erzhlte, was er in Celle oder Burgdorf oder Peine gehrthatte: da nmlich Krieg in der Welt war und es nicht mehr lange dauernwerde, bis da es auch in der Haide an zu stinken anfange, derWulfsbauer pfiff, wenn er sete oder pflgte, das Brummelbeerlied,dachte an seine Rose und an seinen lttjen Hermke und daran, wie gut eres doch getroffen hatte.Hermke konnte ihm schon an der Hand seiner Mutter entgegentappeln undVater! rufen, wenn Harm vom Felde kam, und es war so weit, da er baldeinen Bruder oder eine Schwester bekommen sollte, da ritt der Bauereines Morgens nach der Stadt, um seinen Hofzins beim Amte zu bezahlen.Es war ein schner Morgen; die Birken an den Straen waren ebenaufgebrochen, alle Finken schlugen, die Dullerchen sangen und das Bruchwar von oben bis unten rot, denn der Post war am Blhen. Harm setztesich in einen schlanken Trab, da der Sand hinter ihm nur so mlmte,denn er dachte: Je eher du in der Stadt bist, desto frher bist duwieder auf dem Hofe.Er kam aber erst am spten Abend nach Hause und er kam zu Fue an. Alser nmlich seine Steuern bezahlt hatte und nach dem Kruge vor der Stadtging, wo er seinen Falben eingestellt hatte, um das Torgeld zu sparen,da war dort ein wildes Leben. Ein Mansfelder Feldhauptmann mit einemTrupp Kriegsvolk war angekommen und es ging hoch her. Die Kerle hattenalle rote Kpfe von Bier und Schnaps und nun schrien sie und blkten undkriejhlten und machten sich mit den verlaufenen Frauensleuten, die siebei sich hatten, allerlei Kurzweil, da es eine Schande war, dasanzusehen. Die Tchter des Wirts und die Mgde waren bel dran; sogardie Wirtsfrau, die doch gewi kein Ansehen mehr hatte, konnte sich vorden Lmmeln nicht bergen.Als der Wulfsbauer um das Haus nach dem Stalle gehen wollte, kam ihm einKerl entgegen, der eine rote Feder auf dem Hute und einengefhrlichen pechschwarzen Schnauzbart unter seiner langen Nase hatte.Als er den Bauern sah, juchte er laut auf, nahm ihn in den Arm, kteihn auf beide Backen, da Harm der Schnapsgeruch um die Ohren schlug,fate ihn an die Schultern, hielt ihn von sich ab, lachte ber seinganzes gelbes Gesicht, nahm ihn wieder in den Arm und brllte:Brudderhrz mainiges! Wie lange habben wirr uns nicht geshenn? Aberrdie Freide, die Freide! Auf das wollen wirr aberr einen trrinkenn! Erzog den Bauern, der gar nicht wute, was er davon halten sollte, unterdas Fenster und schrie: Frau Wirrtinn, zwei Birr frr mainen Freind undmich, wo ich so lange nicht geshenn habbe.Die Gromagd brachte das Bier, aber als der fremde Kerl sie in den Armkniff, machte sie Wulf mit den Augen Zeichen, denn sie war eineHuslingstochter aus dringen, und als der Reiter das Bier hinnehmenwollte, juchte sie auf und lie beide Krge fallen. Der fremde Menschschimpfte Mord und Brand, aber da rief der Hauptmann und er mute fort.Als Harm schnell machte, da er weiter kam, winkte ihn Trine Reineke aufdie Diele: Wulfsbauer, sagte sie, um Christi Blut und Wunden, da dublo den Ludervlkern nicht Bescheid tust! Wer Bescheid tut, der istangeworben. Kiek, da ist Krischan Bolle, den haben sie schon eingeseift,den Dllmer! Mit jedwedem hat er auf Bruderschaft angestoen und nunhat er den bunten Lappen um den Arm und kann sich morgen fr Gott undden Deubel totschieen lassen.ngstlich sah ihn das hbsche Mdchen, das auf dem Wulfshofe alsLtjemagd angefangen hatte, in die Augen: Sieh man blo zu, da duweiter kommst! Je eher da du fortkommst, je besser ist das fr dich.Das sind ja keine Menschen nicht, das ist das reine Vieh. O Gotte! Sieschlug die Schrze vor das Gesicht und weinte los.Na, Deern, beruhigte Harm sie, indem er ihr auf die Schulter schlug,das ist alles man ein bergang. Aber recht hast du, wer hier nichtsverloren hat, soll sich nicht weiter aufhalten. Er bezahlte die beidenKrge Bier, gab dem Mdchen ein Bringgeld und ging nach den Stllen. Dawar es noch toller als vor dem Hause. Sieben Roknechte, einer nochschlimmer aussehend als der andre, hielten einen alten Trdeljuden zumbesten, spuckten ihm in die Hnde, warfen ihm seine Waren durcheinanderund wollten ihn zwingen, Schweinewurst zu essen. Drei andere stacheneine Sau ab, einer machte sich mit einem Taternmdchen das knapp zwlfJahre alt sein konnte, zu schaffen, ein anderer lag besoffen auf demMist und noch einer hatte einen Hahn in den Hnden und drehte ihm denHals ab.Gottes Wunder, dachte der Bauer, was ist das fr eine Zucht undWirtschaft! Er drckte sich an den betrunkenen Vlkern vorbei und gingin den Pferdestall. Sein Falber war da, hatte aber ein herrschaftlichesGeschirr um und zwei Mantelscke aufgeschnallt. Er schirrte ihn ab,machte sich ein Halfter aus einem Ende Strick und fhrte das Pferd ausdem Stalle. Schon war er meist vom Hofe, da kam ihm ein Reiter, dereinen roten Bart hatte, der ihm bis ber den Kragen hing, entgegen undschnauzte ihn an, wo er mit dem Pferd hinwolle.Das ist doch von jeher mein Falber gewesen! gab ihm der Bauer zurck.Ferdl, Tonio, Pitter, Wladslaw, daher, daher! schrie der rotbrtigeMensch; wem ist das Pferd hier, diesem Mann da oder Korporal TillmannAnspach? Hh? Ruft ihn mal her! Wollen doch mal sehen, wessen Wort mehrgilt, das von einem ehrlichen Kriegsmann, der fr die reine Lehrefechten tut, oder von so 'nem Bauern, der zu Fue kommt und zu Pferdeweiter will!Harm bekam einen roten Kopf und fate nach der Hosennaht, wo er dasMesser stecken hatte, aber er besann sich, denn er war einer gegenanderthalb Dutzend, und nun kam auch der Korporal an, ein Mensch, sodrr wie ein Bohnenstiefel und mit einer Narbe vom Auge bis zum Kinn,und hinter ihm noch ein Dutzend Reiter, die alle Gesichter hatten wiedem Gottseibeiuns seine Vetternschaft.Als der Korporal hrte, wovon die Rede war, schttelte er den Kopf, hobzwei Finger hoch und schwur: So wahr ich hier auf zwei Beinen stehe,und dabei hob er den einen Fu auf, verdammigt will ich sein, wenn dasnicht der Falbe ist, den ich zu Martini von Schlome Schmul zu Klle amRhing fr dreiig schwere Taler und einen guten Weinkauf erstanden habe.Darauf will ich leben und sterben, so wahr ich ein getreuerChristenmensch und kein papistischer Hundsfott bin!Harm Wulf sah sich um: er stand zwischen dreiig oder mehr verwogenenKerlen, denen es auf eine Handvoll Menschenblut weiter nicht ankam.Betrunken waren sie ja alle, und wenn er erst auf dem Falben sa und ergab ihnen die Eisen in die Zhne! Aber der Gaul war schlielich nichtwert, da er sich dafr in Not und Gefahr begab, und das Tier hatte einedumme Gewohnheit: es stand auf den Pfiff! Sollte es also einem von denKerlen in den Kopf kommen, zu fltjen, dann war er der Dumme und seineFrau konnte auf ihn lauern, bis sie alt und grau war, denn drei, vierevon den Koppelknechten machten schon ihre Messer locker, und dasFrauensmensch da mit dem schwarzen Haare, von dem die Butter nur soherunterlief, stie den Kerl, der neben ihr stand, den scheelugigen mitden Blatternarben, in einem fort in die Rippen und machte Augen wie einWolf, der Luder wittert.Harm Wulf lachte mit eins auf. Kinder und Leute, juchte er, das istja hier ein Leben, noch doller als beim Martensmarkt auf der Burg! Dawird so ein Haidbauer, als wie ich bin, der man alle halbe Jahre einenfremden Menschen zu sehen kriegt, ganz dsig von im Koppe. Ist ja auchwahr! Ich habe ja meinen Falben in der Burg! Ja, ja, man soll vor demMittagbrot den Schnaps aus dem Balge lassen. Na, denn nichts fr ungut!Irren ist menschlich, sagte der Hahn, da gab er sich mit der Ente ab.Und nun wollen wir einen nehmen, da die Haide wackelt!Kiek sieh, schrie er lauthals, da ist ja auch mein alter Freund,und damit nahm er den Mann mit dem schwarzen Schnauzbart, der die roteFeder auf dem Hute stecken hatte, unter den Arm und schrie ber den Hof:Howingvater, Trine, Deern, hille, hille! Bier her!Als die Reiter ihm lachend folgten, warf er einen Reichstaler auf dasFensterbrt und sang: Ich hab' noch einen Taler, der soll versoffensein, stie mit jedwedem an und machte seine Witze, aber dabei wahrteer sich den Rcken, behielt seine Lippen trocken und go das Bier undden Schnaps ber seine Schulter gegen die Wand.Die hbsche Trina wute nicht, wo sie so schnell Bier herkriegensollte, so lustig ging es zu. Aber als sie zum achten Male wiederkam,war der Wulfsbauer nicht mehr da. Er hatte einen Witz von Ulenvatersquantester Sorte zum besten gegeben, und als die betrunkene Bande vorLachen nicht wute, wo sie bleiben sollte, und einer dem anderen, dersich auf die Landessprache nicht verstand, verklarte, was der Bauergesagt hatte, und sich auf die Reithosen schlug und wie ein Ochsebrllte, da gab Wulf der Wirtin etwas in das Ohr, und auf einmal schriedie: Das Essen ist da! Zum Essen! Da standen alle auf und Wulf drcktesich hinter die Bume.Er kam glcklich davon. Einen Koppelknecht, der ihm in die Mte kam,stie er mit der Faust unter das Herz, da der Mensch ohne ein Wort indie Jauche schlug. Der Rotbart fragte ihn: Brudder, libber Brudder,trinken wirr noch eins? aber er gab ihm einen Buff, da der Kerl mitdem Kopf in die Hecke scho, und als das Taternmdchen Hallo schreienwollte, machte er ein paar Augen und hielt ihr das Messer vor dasGesicht, da sie erst so wei wie ein Bettuch wurde, ihn dann anlachteund sagte: Ei a su a starkes Mahn, hiebsches Mahn! Er aber trat sievon sich weg und sprang in den Busch, und als er erst dort war, daverholte er sich, bi die Zhne durcheinander, machte eine Faust undfluchte: Ich sollte man blo, ich sollte man, wenn ich noch ein ledigerKerl wre! dann solltet ihr mir den Falben bezahlen, was er wert ist,ihr Schweinepack!Aber als er dann in der Haide war, beruhigte er sich, und als er meistbeim Hofe war und seine Frau ihm entgegenkam, ganz wei im Gesicht undordentlich blau unter den Augen, denn noch keinmal war er so langeausgeblieben, da konnte er schon wieder mit dem Munde lachen und ihrdas, was ihm zugestoen war, so erzhlen, als wenn das blo ein dummerSpa gewesen wre.Doch als er hinterher in der Butze lag und berdachte, wie es ihmgegangen war, machte er die Finger an beiden Hnden krumm. Wenn er nichtan seine Frau gedacht htte, die da neben ihm lag und so ruhig schlief,als wenn es auf der Welt nichts und weiter nichts als lauter Engel gab,dann htte er am liebsten geflucht wie sein Schwiegervater, wenn derganz falsch war, loslegte: Das tote Pferd soll dich schlagen! htte ergeflucht.Aber so lag er da, ohne sich zu rhren, obzwar ihm stickend hei war.Den Morgen hatte er noch das Brummelbeerlied durch die Zhne gefltet,als er nach der Stadt ritt, und jetzt? Jetzt lag er da und dachte andas Lied, das der rotbrtige dicke Kerl ihm in das Gesicht gebrllthatte, derselbe Kerl, dem er nachher den Heckenster gezeigt hatte. Wieein unkluges Stck Vieh hatte er gebrllt: Der Mansfeld kommt, der Mansfeld kommt, der Mansfeld ist schon da, truderiderallala, jetzt ist der Mansfeld da.Die BraunschweigerAm folgenden Tage aber, als der kleine Hermke auf seinen KnieenHopphoppreiter machte, ihm die Ohren lang zog und lustig krhte, bekamer wieder helle Augen, doch als er nachher sete, wollte ihm das, was erim Kruge belebt hatte, nicht aus dem Sinne.Das soll doch mit dem Deubel zugehen, dachte er, da ich demhergelaufenen Kerl das Pferd fr nichts und wieder nichts lassen sollund obendrein noch einen ausgeben mu! Er dachte lange ber die Sachenach und weil er doch auf dem Ulenhofe zu tun hatte, besprach er sichmit seinem Schwiegervater.Tja, sagte Ulenvater und spuckte in das Feuer, tja, das ist einedummerhaftige Sache. Du kannst den Schaden ja wohl bren, aber ein Pferdist doch kein Hhnerei und reichlich gut zum Verschenken. Weit du was?Ich habe sowieso in Celle zu tun, und da wollten die Vlker ja hin, wiedu sagst. Ich will mal sehen, was sich machen lt. Ich komme mit denHerren vom Hofe ganz gut aus, seitdem sich unser Herzog damals hier aufder Jagd ber das wilde Schweinelied halb ungesund gelacht hat.Vielleicht ist es gut, da du mitfhrst. Heute kann ich nicht, abermorgen.Sie fuhren dann auch am andern Morgen los. Es war wieder ein schnerTag; die Lerchen sangen ber der Haide und im Bruche fltete der Kolt.Die beiden Bauern aber sahen brummig vor sich hin und als sie vor sichdrei Reiter zu Gesicht bekamen, fate Harm die Zgel fester undUlenvater legte die Pistole, die er mitgenommen hatte, neben sich indas Wagenstroh. Die Reiter aber ritten vorbei, indem sie ihnen nur ebendankten, als sie ihnen die Tageszeit boten.Es waren drei Kerle mit Gesichtern, wie sie der Teufel nicht besserhaben kann; der eine konnte seine Augen gar nicht von dem Gespannewegkriegen, und als Harm sich umdrehte, sah er, da sie haltgemachthatten und miteinander redeten. Aber dann setzten sie sich in Trab undritten quer in die Haide hinein.Noch allerlei Volk begegnete ihnen; zuerst zwei Landstreicher, danndrei, dann Tatern, die mit ihrem Planwagen dahergezogen kamen, und indem es von nackigten Kindern wimmelte. Eins davon, ein Mdchen, das wohlschon an die dreizehn Jahre alt war, aber so blo war wie ein Fisch,sprang aus dem Wagen und ehe Harm es sich versah, sa es bei ihm auf demSattelpferd und bettelte ihn an und drei, vier andere machten sich beiUlenvater im Wagen zu schaffen.Das Takelzeug ist noch zher als wie Hirschluse, meinte derWulfsbauer, als sie die nackte Gesellschaft abgeschttelt hatten, und ersetzte hinzu: Was fr Vlker jetzt im Lande herumstromen! Eine Schandeist es, da da nichts getan wird! Gaudiebe und Vagelbunden sind beinahedie Herren jetzt. Wenn das so beibleibt, kann es noch gut werden.Indem er sich nach den Zigeunern umsah, wurde er gewahr, da die dreiReiter umgedreht hatten und hinter ihnen herkamen. Das schien ihmverdchtig und deshalb lie er die Pferde ordentlich laufen; so kam erfrher vor der Stadt an, als die Reiter.Bei dem Tore sah es bunt aus; eine Menge fremden Kriegsvolkes lag dort,und als die Bauern den Wchter fragten, was das fr eine Bewandtnishabe, hrten sie, da das allerlei Gesindel war, da der HalberstdterBistumsverwalter Christian von Braunschweig gegen die Kaiserlichenangeworben hatte. Die Leute hielten sich ziemlich anstndig, denn sielagen unter den Kanonen der Stadt und eine Abteilung herzoglicherKriegsknechte unter einem Hauptmann pate auf, da sie keinen Unfuganstellten. Aber Harm dachte sich, als er sie besah: Die mehrsten sehenaus, als wenn sie mit einem Strick um den Hals weggelaufen sind.In Celle spannten sie in der Wirtschaft zur goldenen Sonne aus, wo siegut bekannt waren, und frhstckten mit vier Bauern aus dem GauFlottwede. Wir werden bald allerlei gewahr werden, meinte derWathlinger Burvogt; die Wienhuser Nnnekens haben sich schon dnnegemacht, denn sonst knnten sie wohl bald ihr Nonnenfleisch losgewordensein. In Altencelle haben die Halunken von Kriegsleuten den Bauern mitGewalt die Wrste und Schinken genommen und sie obendrein mit Schlgenzugedeckt. Der Vollmeier Pieper in Burg liegt auf den Tod; er wollte esnicht leiden, da sie sich an seinen Tchtern vergriffen, und da hat ihmein Kerl mit dem Sbel ber den Kopf geschlagen, da der Brgenherauskam.Er sah sich um und flsterte dann: Der Kerl, der das getan hat, istaber auch verschwunden; es wird gesagt, die Knechte haben ihn um dieEcke gebracht. In Wathlingen sind auch zwei von den Brdernfortgekommen. Meinen Segen haben sie!Das ist das eine, sagte ein Bauer aus Eicklingen, das ist das eine.Seines Lebens ist man nicht mehr sicher, und dazu kommen noch dieSteuern. Der Landtag hat die dreifache Schatzung ausgeschrieben und esheit, da das nicht das letztemal sein soll, denn das Land brauchtjetzt Geld fr Soldaten. Ja, das ist wohl so, und das wre auch nochauszuhalten, aber dann kommen die fremden Vlker und legen uns auch nochallerlei Lasten auf, das heit, wenn sie nicht berhaupt nehmen, was siekriegen knnen. Pohlmanns Ludjen haben sie eine milchende Kuh von derWeide genommen, und als er wenigstens Geld wollte, haben sie ihnausgelacht, und als Hein Reimers vom Felde kam, ist er zwei gute Pferdeauf die Art losgeworden. Wenn das so weiter geht, gibt es kein Recht undkein Gesetz mehr!Nun erzhlten die dringer, weswegen sie nach Celle gekommen waren; aberalle meinten, sie sollten den Falben ruhig in den Rauchfang schreiben,denn wenn die Obrigkeit hinter alle solche Sachen hinterfassen sollte,dann htte sie viel zu tun. Ul aber meinte, versuchen wollte er es dochund ging los.Nach zwei Stunden kam er wieder und lie den Kopf hngen, wie einkrankes Huhn. Ganz begossen sah er aus. Ja, Junge, sagte er, ist dasein Betrieb! Angeschnauzt haben sie mich; ich sollte sie mit solchenDummheiten in Ruhe lassen, denn sie htten Notwendigeres zu tun, alshinter deinem Pferde herzulaufen. Na, so unrecht haben sie ja nicht,denn wie mir der zweite Koch erzhlte, geht es ja jetzt in der Welt her,wie in einem Ameisenhaufen, bei dem der Specht zugange ist. DieKaiserlichen kommen von der einen, der Braunschweiger und der Durlachervon der anderen Seite, und was unser regierender Herzog ist, der muzusehen, da er sich nicht dabei die Finger klemmt. Na, Mertens meinte,Herzog Georg, den sie doch zum Kreisoberst gemacht haben und der an diezwanzigtausend Mann unter sich hat, der wird schon dafr sorgen, da sieuns nicht lebendig schinden. Aber den Falben bist du darum doch quitt.Tors Pferd soll den Kerl schlagen!Er schlug sich Feuer fr seine Pfeife, spuckte vor sich hin und sahseinen Eidam an: Ich wei nicht, ich glaube, es geht nicht anders: wirmssen daran denken, was dein Grovater immer sagte: Helf dir selber,dann helft dir auch unser Herregott! Denn warum? Die Obrigkeit, die wirdalle Hnde voll zu tun haben, da sie im allgemeinen fr Ordnung sorgt,soweit das angeht; der einzelne Mann mu sich selber wahren. Ich weiman nicht, wie wir das anstellen sollen; denn was sollen wir zumBeispiel machen, wenn solche Galgenvgel, wie sie vor dem Tore liegen,hundert Stck und mehr, nach dringen verschlagen werden?Komm, meinte er dann, wollen weg! Hier haben wir ja doch nichts mehrzu holen. Er rief den Wirt und bezahlte. Nanu, schrie er auf einmal,Harm, Junge, was ist denn das? Und schnell lief er aus der Tre. AlsHarm ihm in den Hof nachging, sah er, da einer der drei Reiter, dieihnen am Morgen begegnet waren, das Sattelpferd aus dem Stalle zog.Hoho! rief er und machte das Messer locker, was soll denn dasheien? Der fremde Mann sah ihn an und lachte: Na, ich kann mir jadoch wohl das Pferd mal ansehen! Ich habe dem Knecht das ja gesagt undihn gefragt, wem es gehrte. Ich bin nmlich Pferdehndler und deinPferd hat mir gleich in die Augen gestochen, denn es pat ganz zu einem,auf das ich handele, und das wrde ein feines herrschaftliches Gespanngeben. Was soll es gelten?Der Wulfsbauer schttelte den Kopf: Es ist mir nicht feil, sagte erund fhrte es vor den Wagen. Na, denn nicht; was nicht ist, kann nochwerden. Vielleicht besinnst du dich. Damit ging der Hndler ab.Die dringer sahen ihm mit schiefen Augen nach, und der Wirt schnipptemit den Fingern. Tja der, knurrte er, der und Pferdehndler! Wer sobillig einkauft, kann es zu was bringen in der Welt. Er kehrt fter beimir ein und verzehren tut er gut, aber ich sehe ihn lieber gehen alskommen, zum ersten, weil mir seine Augen nicht gefallen knnen, und dannweil ich ihn mit Vlkern von der Masch zusammengesehen habe, denen jederKerl, der was auf sich hlt, aus dem Wege geht. Hanebut heit er, JasperHanebut, und aus Bothfeld bei Hannover soll er sein, und die er meistbei sich hat, Hnschen von Roden und Kaspar Reusche, den Brdern traueich auch nicht ber den Weg.Gerade als sie losfahren wollten, gab es von der Stechbahn her eingroes Geschrei. Ein Bauer kam zwischen zwei Stadtknechten daher undhinter ihm ging seine Tochter, ein blasses Mdchen von siebzehn Jahren,das in ihre Schrze weinte. Der Bauer schimpfte gewaltig: VerfluchteZucht! schrie er; totschlagen soll man die Hunde! Ich bin wahrhaftigkeiner, der nicht einen Spa vertrgt, aber was zu viel ist, das ist zuviel. Ist denn meine Tochter dazu da, da jeder Lausepelz seinenHahnjkel damit treiben kann? Na, so bald tut der Lmmel das nichtwieder; sein eines Auge pat ihm in vier Wochen noch nicht wieder in denKopf, und es tut mir blo leid, da es nicht ganz herausgekommen ist.Und ich will doch sehen, ob noch Recht und Gerechtigkeit im Lande ist,und ob wir in einem christlichen Staate leben oder unter Trken undHeiden!Ein Handwerksmeister, den der Wirt kannte, erzhlte, was los war. DerBauer, der aus Boye war und mit seiner Tochter, die es auf der Brusthatte, zum Doktor wollte, war zwischen das Halberstdter Kriegsvolkgeraten, und die hatten das Mdchen hergekriegt und abgedrckt, als wennes ein Taternfrauenzimmer war. Ihr Vater hatte dann dem einen Kerl einsmit der Faust ins Gesicht gegeben, da das Auge gleich vor dem Kopfestand, na, und der Ordnung halber mute die Sache untersucht werden.Aber, setzte der Mann hinzu, sie werden ihn wohl gleich laufenlassen; vom Schlosse aus ist den Braunschweigern angesagt worden, wennsie nicht in einer Stunde unterwegs sind, dann wrden die Leute desHerzogs sie auf den Trab bringen. Er sah die Bauern an: Ich wrde aneurer Stelle noch etwas warten, ehe da ich losfahre; sie ziehen geradeab und gute Laune haben sie just nicht.Das schien den dringern ein guter Rat zu sein, und so gingen sie mitdem Manne wieder in die Gaststube. Gerade als die Kastenuhr ausholte, umdie zweite Stunde anzumelden, ri Ul die Augen auf, machte ein Gesicht,als ob er etwas Schreckliches sah, und sprang auf: Komm, rief er,jetzt ist es aber Zeit! Wir brauchen ja nicht die Heerstrae zu fahren,wir knnen den Dietweg durch die Haide nehmen. Ich habe eine Unruhe aufdem Leibe, ich wei nicht, was das mit mir ist. Vielleicht, da ich michhabe allzuviel rgern mssen.Sie fuhren also los. Vor dem Tore war es still, blo da da nochallerlei Zigeunervolk lag. Als sie in die Haide einbiegen wollten, riefes hinter ihnen; drei Bauern aus Engensen kamen angeritten. Tag! riefder lteste, nehmt uns mit! Wie es heutzutage hergeht, reist man zufnfen besser, als zu dreien und zweien. Vorhin sind hier drei Mnnervorbeigeritten, die sahen aus, als wenn sie der Deubel aus dem Holsterverloren hat. Es ist Zeit, da Herzog Georg mal mit dem engen Kamm berdas Land geht; es hat sich allerlei Ungeziefer angesammelt. Er drehtesich um und winkte einem jungen Bauern zu, der die Heerstrae entlangritt: Hinnerk, komm lieber hier, dennso hast du keine Langeweileunterwegs! So waren sie selbst sechse, und da jeder eine Pistole unddas groe Messer bei sich hatte, brauchten sie sich nicht zu sorgen.Wulfsbauer, sagte der Engenser, wir knnen jetzt die Ohrensteifhalten, wir gemeinen Bauern. Bei uns haben wir das schon abgemacht:Tatern und anderes fremdes Volk, das sich bei uns sehen lt, das wirdohne weiteres mit der Peitsche begrt, denn die Bande zeigt denRubern, denn was anderes sind doch diese Kriegsknechte nicht, blo denWeg, wo es was zu holen gibt. In Ehlershausen haben sie vorige Wochezwei von diesen Kerlen, die ein Pferd von der Weide geholt hatten, inaller Heimlichkeit aufgehngt und beigerodet. Und das ist ganz recht so:denn erstens sind es keine richtigen Menschen, und auerdem, warumbleiben sie nicht, wo sie hingehren?Die anderen Bauern nickten, blo Ulenvater nicht; denn der sa da, sahmit groen Augen ber die Haide, machte einen Mund, wie ein Untier,murmelte ab und zu etwas vor sich hin, und als Harm ebenfalls ber dieHaide sah, denn er dachte, da wre etwas, da war ihm, als sprnge einMann hinter die Krppelfuhren. Er sagte es Drewes, und der Engenserachtete auf den Weg und rief mit einem Male: Kann schon stimmen: hiersind eins, zwei, drei Reiter hergekommen. Es soll mich wundern, wenn dasnicht die verdchtigen Kerle von vorhin sind. Na, la sie man kommen!Wir sind unsrer sechse und dreschen eine gute Nummer.Sie taten nun, als ob die Haide ein Garten Gottes war, prahlten undlachten, hatten aber die Hnde an den Pistolen und hielten scharfUmschau. Sie sahen aber nichts Verdchtiges, blo, da mit einem Maleaus den Fuhren drei Hirsche herauspolterten, als wenn die Wlfe dahinterwaren, und als sie an der Stelle vorbeikamen, hrten sie im Busche einenHengst wiehern, denn die dringer hatten eine Stute als Handpferd, unddie schien rossig werden zu wollen. Sie sahen sich an, prahlten dannaber blo noch lauter los und lachten wie unklug, bis auf den Papenbur,denn der sa ganz still, bi an seinen Lippen herum und sah dahin, wodringen liegen mute.Als sie eine Viertelstunde weiter waren, hrten sie den Hengst wiederwiehern, und mit eins winkte Drewes die anderen zurck, jagte in dieHaide hinein und es war ihnen, als wenn da etwas lief; ob das nun aberein Mensch oder ein Tier war, das konnten sie nicht sehen. Mit einemMale hrten sie etwas, wie einen Schrei, und dann kam Drewes wiederangeritten und sagte: Ich dachte, es wre ein Wolf.Harm, neben dem er ritt, sah ihn sich genau an und da fand er, da andem dicken Krckstock, den der Engenser am Sattel hngen hatte, denn erhatte rechts ein kurzes Bein, frisches Blut war. Drewes fing den Blickauf: Ein Zigeuner, der schon seit einer Stunde neben uns hergestunkenist. Er hat wohl den Spion fr die drei Buschklepper machen sollen, aberich habe ihm ordentlich eins ausgewischt. Einer weniger! Anders geht dasnun einmal nicht!Wulf gefiel der Engenser nicht mehr so gut. Gewi, die Tatern waren manja halbe Menschen, und Christen waren sie erst recht nicht, wenn sieihre Kinder auch in einem weg taufen lieen der Patengulden halber, abergleich darauf loszuschlagen, wie auf ein wildes Tier, das wollte Harmdenn doch nicht in den Kopf. Aber er mute Drewes recht geben, als derleise zu ihm sagte: Wenn in jedem Dorfe ein tchtiger Kerl ist, und derholt alles zusammen, was sich wehren kann, und ein Dorf hilft demanderen, dennso wrde das schon gehen. Den Donner auch, wir sind dochnicht dazu da, da Hans Hungerdarm und Jans Schmachtlapp mit unsSchindluder spielt! Das sage ich dir, und so sollte es ein jeder halten:ehe da ich mir und meinen Leuten einen Finger ritzen lasse, lieberwill ich bis ber die Enkel im Blute gehen! Na, denn adjs auch! Erritt mit den drei andern nach links ab.Wulf und Ul waren kaum ein Ende allein weitergefahren, da hrten siewieder den Hengst wiehern, und als sie haltmachten, kamen die dreifremden Reiter langsam hinter ihnen her. Was die Kerls wohl von unswollen? meinte Ulenvater; wollen so tun, als wenn an den Strngen wasvertoddert ist, denn wenn sie uns an den Balg wollen, so knnen wir unshinter dem Wagen bergen und sie mit einem guten Schusse begren. Siestiegen also ab und machten sich an dem Geschirr zu tun, whrend dieReiter langsam nher kamen.Als sie meist bei ihnen waren, rief der eine, von dem der Wirt in Cellegesagt hatte, da er Hanebut hie: Na, willst du das Pferd jetztverkaufen? und dabei hatte er das Gewehr vor sich auf dem Sattel. Wulfschttelte den Kopf und sagte: Es ist mir nicht feil, und whrenddemstellte er sich hinter das Gespann und hatte die Pistole zur Hand, undUl machte es ebenso. Ich mu das Pferd aber haben, zum Donner nocheinmal! schrie der Kerl; also wie ist es damit? Er machte runde Augenund hielt das Gewehr mehr nach Wulf hin.In demselben Augenblicke hrte Wulf, da die Engenser wieder angerittenkamen, denn Drewes Sattel piepte auf ganz absonderliche Weise, und dawollten die Buschklepper fort, aber nun krachte es schon; der eine, derhinter Hanebut hielt, fiel mit dem Kopfe vornber, hielt sich aber nochund jagte hinter den beiden anderen, die die Hasen machten, in dieHaide, strzte aber bald aus dem Sattel, wurde jedoch von Hanebutaufgegriffen und hinter sich gezogen, whrend sein Pferd wie wild hinund her lief. Hinter ihnen her jagten die Engenser und schossen nochzweimal.Da sind wir ja noch gerade rechtzeitig gekommen, Kinder! lachteDrewes, als er zurckkam; ich drehe mich noch einmal um und sehe dieLmmel hinter euch herreiten! Na, der eine soll wohl ein schnesBrgenschlpen haben! Ein Schade, da sich mir gerade so eine vermuckteFliege auf das Korn setzen mute, als ich losdrckte; dadurch bin ichein bichen zu hoch abgekommen! Aber ein Hauptspa war es doch, und eineschne Hose voll Angst wird das Gesindel wohl mitgenommen haben. Und denBraunen sind sie auch los!Er klappte mit der Zunge und ritt auf das Pferd los: Na, Hans, kommdoch mal her! So schn! Er hielt es am Halfter fest und besah es vonallen Seiten. Das dachte ich mir doch gleich, meinte er dann; sehtmal her: ist das nicht Tidke Rundes Marke? Damit wies er auf dasZeichen, das der Hengst auf der Schulter hatte. Na, gekauft ist dasbestimmt nicht, denn als ich vorige Woche von ihm einen Vierjhrigenhaben wollte, sagte er, er htte selbst keinen ber, da ihm einer an derKolik gefallen ist. Da haben wir uns eine Runde Bier verdient, und diewollen wir gleich in Ehlershausen im voraus trinken. Hasenjagen machteine trockene Leber.Im Kruge gab es einen groen Aufstand, als die sechs Bauern mit demHengste ankamen, denn Runde aus Wettmar war schon dagewesen und hatteerzhlt, da ihm in der Nacht der Braune aus dem Grasgarten gestohlenwar. Es waren eine ganze Menge Bauern aus dem Orte und aus der Umgegendda, die ber die Braunschweiger sprachen. Wo sie hingekommen waren,hatten sie sich unntz gemacht, aber da sie blo hundert Mann starkwaren und die Bauern keine freundlichen Gesichter machten, war es nochhalbwege gut abgegangen, zudem viele davon angetrunken waren und kaumauf den Beinen stehen konnten. Die letzten waren eben erst abgezogen undman konnte, da der Wind nach dem Dorfe stand, noch hren, wie siebrllten. Lustige Braunschweiger seind wir, sangen sie.Aus der einen Runde sollten zwei werden, aber die dringer hatten keineRuhe. Ul bekam immer glunigere Augen, und auch Harm war nicht gutzumute; je nher er bei seinem Hofe war, um so unheimlicher wurde esihm. Als er den Hof meist sehen konnte, kam ihm der Knechtentgegengelaufen. Na, was ist los? rief er ihm zu; denn da nichtalles in der Reihe war, merkte er gleich.Ach, Bauer, stotterte der Knecht, die Frau, es waren von den Biesternwelche auf dem Hofe und die haben die Hhner, die haben sie greifenwollen, und da kam die Frau und wollte ihnen das wehren. Und da hat sieder eine Kerl mit dem Gewehr vor den Leib geschlagen, und da liegt sienun und ist von sich. Und das Kind, es war ein Mdchen, das ist tot.Junge, brllte der Bauer, und die Buerin, wie ist das mit der? DerKnecht fuhr zurck und stotterte noch mehr: Das soll wohl nicht aufLeben und Tod gehn, sagt Mutter Griebsch; die sagt, das wre blo eineAllmacht von dem Schreck! Er ging neben dem Bauer her. Bei Uhre zwei,da war das, da kamen die Schinder an. Erst wollten sie Bier und dannSchnaps, und dann ging einer bei die Hhner, und da ist das denn sogekommen.Duwenmutter kam den Bauern in der Halbetre entgegen: Man ruhig! sieschlft jetzt. Vorhin hat sie das Fieber gehabt und immer nach dirgerufen; aber nachher, da ist sie eingeschlafen und hat gut geschwitzt.Sie weinte los: So'n ndliches Mdchen, das Lttje! da das sterbenmute, ehe da es auf der Welt war! Diese Hunde, diese gottverfluchtenHunde! Bei lebendigem Leibe knnte ich sie brennen sehen! Und die Frauhat dem Kerl kaum ein bses Wort gesagt. Sie rief man blo: Doch nichtdie Legehenne! Ich will dir ja gern eine Wurst geben! Und dafr liegtsie jetzt da und das Kind ist tot! Sie hob ein Laken auf, das ber zweizusammengestellten Sthlen lag. Kiek! da ist es. Es wre ein schnesund gesundes Kind geworden.Harm sah kaum danach hin. Er hatte die Schuhe ausgezogen und ging nachder Dnze. Seine Frau schlief; er hrte, da sie ruhig atmete. Er holtesich ein Glas Wasser und ein Stck Trockenbrot und setzte sich in denBackenstuhl neben den Ofen. Die Gedanken gingen ihm im Kopfe hin undher, wie die Schwalben ber der Wiese. Mit der Zeit wurde er ruhiger,aber an schlafen konnte er nicht denken. Ja, Drewes hat recht, dachteer, jeder ist sich selber der Nchste. Besser fremdes Blut am Messer,als ein fremdes Messer im eigenen Blut!Ihm war zu Sinne, als mte er verrckt werden vor Ingrimm. Seine Frauhatte einer von diesen Kerlen vor den Leib geschlagen, seine Frau, diekeiner Fliege ein Leid antun konnte. Am liebsten htte er sich wiederauf das Pferd gesetzt und wre hinter dem Kerle dreingeritten. Aber daswar ja Unsinn! Es hatte keinen Zweck, daran zu denken, wie schn eswre, den Menschen so lange zu wrgen und zu schlagen, bis kein Lebenmehr in ihm war.So sa er die ganze Nacht mit offenen Augen da und sah nach der Butze,in der seine Frau schlief. Als die Eule laut an zu prahlen fing, rhrtedie Buerin sich und rief leise: Harm, Mann! Da ging er schnell vordas Bett und nahm ihre Hand in seine, und so blieb er stehen, bis es Tagwurde. Da setzte er sich wieder in den groen Stuhl und sah vor sichhin, bis ihm die Augen zufielen. Aber er fuhr sofort wieder in die Hheund sah sich wild um, und dann seufzte er und setzte sich wieder.Er hatte getrumt, er war hinter den Kerlen hergeritten und hatte deneinen, gerade den, den er meinte, angetroffen, wie er daherwankte unddas Braunschweiger Lied sang, und da hatte er ihn von hinten gepackt undgedmpt, bis er blau im Gesicht wurde und keinen Finger mehr rhrte.Leise ging er aus der Dnze und wusch sich drauen in einem Eimer. Ihmwar, als wollte ihm das Blut aus den Ohren springen, und jedes Haar aufdem Kopfe kribbelte ihm. Solche bsen Augen hatte er, da Grieptoo denSchwanz einzog, als er ihn ansah.Aber war es nicht auch zum Verrcktwerden? Da lag nun seine Frau und werwei, ob sie am Leben blieb, und der Kerl, der Hund, sa vielleichtwieder mit dem Bierkrug in der Hand da und sang: Herzog Christian hat uns wohl bedacht, Bier und Branntwein uns mitgebracht, Musikanten zum Spielen, schne Mdchen zum Vergngen bei Bier und bei Wein, lust'ge Braunschweiger woll'n wir sein!Die WeimaranerEs war von da ab sehr still auf dem Wulfshofe. Die Buerin kam langsamwieder zu Krften, aber sie wurde lange nicht mehr die lustige Frau vonehedem; sie blieb bla und in sich gekehrt und verjagte sich bei jederKleinigkeit.Der Bauer war auch anders geworden; die Wut und der Ingrimm fraen ihmdas Herz ab. Er hatte es verlernt, bei der Arbeit zu flten, und wenn erlachte, so war das, als ob die Herbstsonne einen Augenblick durch dieWolken kam.Es war auch keine Zeit zum Flten und Lachen. Die Steuern nahmen immermehr zu, Bettelvolk aller Art zog im Lande umher, Westfalen,Friedlnder, Lipper, die bis dahin in Ruhe und Frieden gelebt hatten,aber jetzt mit dem weien Stocke gehen muten, weil ihnen die Mansfelderoder die Braunschweiger alles genommen und ihnen noch dazu das Dach berdem Kopfe angesteckt hatten.Schrecklich war es, was die Leute zu erzhlen hatten, mehr als einMensch aushalten kann, ohne verrckt zu werden. Harm traf mitten in derHaide eine Frau an, die sang und betete und lobte Gott fr seine Gte.Er hatte das nicht mit ansehen knnen und sie mit auf den Hof genommen,wo sie halbwege wieder zu sich kam. Sie hatte auf einem guten Hofegesessen; ihr Mann war zu Tode geqult, ihre drei Tchter und der kleineJunge auch; da war sie bergeschnappt und in die Welt hineingelaufen.Sie a wie ein Wolf und erzhlte dazwischen; es war grlich anzusehen,wie sie dabei trockene Augen behielt, in einem fort lachte und wiederbetete und Gott zum Lobe sang. Der Bauer war froh, als sie ging, obzwarsie ihn von Herzen dauerte, aber die Buerin war ganz krank von demgeworden, was die fremde Frau erzhlte, und dreimal fuhr sie in derNacht in die Hhe und schrie und beruhigte sich erst wieder, als Harmihre Hand nahm und ihr zusprach. Am anderen Tage war sie so elend, dasie nicht aus dem Bette konnte, und jedesmal, wenn eine Tr zuschlug,verjagte sie sich.Seit der Zeit verbot der Bauer es seinen Leuten, von dem zu reden, wasin der Welt vorging; soweit es sich machen lie, blieb er auf dem Hofeund lie die Feldarbeit den Knechten. So sauer es ihn auch ankam, erzwang sich zum Lachen und Flten, denn er merkte, da das der Frau guttat, und bei kleinem wurde es mit ihr besser. Wenn sie dann abends denJungen zu Bett brachte und der redete Korn und Kaff durcheinander undquiekte und lachte, dann konnte sie auch wieder mitlachen; aber es wardoch nicht mehr das Lachen, das sie frher hatte und bei dem es demBauern immer ganz hei unter dem Brusttuche wurde. Ihr Vater, der sichjetzt viel auf dem Wulfshofe blicken lie, gab sich alle Mhe, sie mitseinen Dummheiten aufzumuntern, aber es war und blieb doch man einhalbes Werk.Da das Auspressen und Plndern und das Qulen und Martern kein Endenahm, hatten die Bauern rund um das Bruch miteinander abgemacht, sichgegenseitig bescheid zu geben, damit das Vieh und die Frauensleutegeborgen werden konnten. Alle paar Wochen mute einer der Knechtelosjagen, wenn von irgendwo schlimme Post kam, oder die dringer triebenHals ber Kopf ihr Vieh in den Burgwall mitten im Bruche und lieen ihreFrauen und Mgde so lange in den Plaggenhtten, bis die Luft wiedersauber war. Seinen besten Knecht hatte der Wulfsbauer dabei eingebt.Er war zum nchsten Dorfe geritten, um anzusagen, da ein Haufenweimarscher Kriegsknechte auf dem Wege war; am anderen Tage war derSchimmel wieder da, aber mit Blut auf dem Rcken und einem Streifschuam Halse; Katz aber kam nicht wieder.Bis dahin hatte der Wulfshof unter dem Kriege weniger ausgestanden alsdie anderen Hfe in dringen, weil er zu sehr abseits lag. AuchLandstreicher fanden sich deshalb selten hin. Da kam an einemHerbstmorgen, als es ber Nacht zum ersten Male gefroren hatte, einZigeunerweib angebettelt, das ein halbnacktes Kind an der Brust hatte.Ulenvater wollte den Hund auf sie loslassen, aber seine Tochter und derBauer wehrten es ihm. Vater, sagte die Buerin, sie hat ein Kind ander Brust und sieht halb verhungert aus! Der Alte brummte, als sie derFrau warme Milch, Brot und getragene Kleider gab, und der AltvaterWulf, der nicht mehr viel sagte, seitdem er sich auf die Leibzuchtbegeben hatte, meinte: Wenn dich das man nicht gereuen wird, Mdchen!Am Nachmittage kamen dreiig Weimaraner unter einem Offizier auf denHof. Mitten ber die Haide, wo kaum ein Weg war, kamen sie, und derAltvater sagte: Da haben wir es schon! Sie verhielten sich ziemlichanstndig, weil es ihnen an Wurst und Brot nicht fehlte und der Offizierdarauf sah, da sie nchtern blieben, weil sie noch einen groen Marschvorhatten. Aber ob der Bauer sich noch so sehr strubte, er mute zweiGespanne herleihen, und weil der Knecht von einem Pferd geschlagen warund ein steifes Knie hatte, mute Harm selber mit, so schwer ihn dasauch ankam.Anfangs hie es, seine Pferde wrden blo bis Burgdorf gebraucht; aberals man auf der hohen Haide war, kam ein Zigeuner angelaufen, sprach mitdem Fhrer und der Zug schwenkte nach Wettmar ab, wo zwei Wagen mitHafer standen, die Wulf weiterbringen sollte.Es war schon meist Abend, als sie in Bissendorf ankamen. Da ging es wildher; alles lag voll von weimarschen Truppen und es war ein Gebrll undGetue, da Wulf ganz dumm zumute wurde. Der Wirt und die Wirtin sahenaus, als wenn sie aus dem Grabe geholt waren; der Magd hing das Haarlose um den Kopf, und Brusttuch und Hemd waren ihr kurz und kleingerissen, und die Kinder saen auf einem Haufen hinter dem Backhause undstreichelten den Hund, den einer von den Kerlen totgeschlagen hatte. Beiihnen sa der Knecht, hielt sich die Seite und spuckte Blut, denn erhatte einen Kolbensto in die Rippen bekommen, weil er sich fr die Magdaufgeschmissen hatte.Wulf wartete und wartete, denn der Offizier hatte ihm gesagt: SeinePferde kriegt er wieder. Es war meist Miternacht, da gab Wulf fr einenSoldaten einen Krug Bier aus, damit der Mann den Offizier an sein Worterinnern sollte. Gerade wollte er seinen Geldbeutel wieder einstecken,da wurde ihm der aus der Hand gerissen und ehe er sich versah, lag ervor der Tre. Er griff nach seinem Messer, nahm sich aber zusammen undwartete, bis der Offizier schlafen gehen wollte, und als ein langerMann, den die anderen Herr Oberst anredeten, ihm in den Weg kam, nahm erseinen Hut ab und fragte, ob er jetzt nicht seine Pferde bekommenknnte.Maul halten! schnauzte der Offizier; was gehen mich seine Pferde an,dummes Bauernvieh! Wulf wrgte es im Halse, aber er hielt sich zurck:Herr Oberst, der Herr Offizier hat es mir fest und heilig versprochen,da ich meine Gespanne wieder haben soll, sagte er, und er wundertesich selbst darber, da er das so ruhig sagen konnte. Der Offizierbekam einen roten Kopf: Ist er verrckt, dreckiger Lmmel? schrie erihn an; ist er verrckt? Stellt sich der Kerl mir in den Weg! Weg da!Und als der Bauer nicht sofort Platz machte, schlug er ihn mit denlangen gelben Stulphandschuhen, die er in der Hand trug, in das Gesicht,da es knallte, und ging an ihm vorbei.Wulf blieb wie ein Stock an der Wand stehen. Er hrte es kaum, da einTroknecht ihm sagte: Krieg ist Krieg und hin ist hin! Trste dich, wieich es getan habe; ich hatte auch einmal Haus und Hof und jetzt bin ichfroh, wenn ich Brot und Bier habe.Er ging in den Grasgarten und setzte sich auf einen schrgen Baum. Eswar eine sternklare kalte Nacht, aber der Bauer merkte die Klte nicht.Er a sein Brot und seine Wurst so ruhig wie immer, trank seinenSchnaps und berlegte, was zu machen war. So sa er da, bis es an zuschummern fing und es im Hause wieder laut wurde. Die Magd, die Wasseraus dem Hofe holte, rief ihn an, weil er eine Schssel Suppe essensollte, und das tat er auch.Der Troknecht kam auch in das Haus und Harm brachte aus ihm heraus, woes hingehen sollte, und auch, da der Mann, der ihn geschlagen hatte,ein leibhaftiger Satan und Menschenschinder war. Der kann dabeistehenund sich hgen, wenn sie ein Mdchen zu Tode qulen, erzhlte derKnecht und gab einige Stcke zum besten, da es dem anderen kalt undhei durcheinander ber den Rcken lief.Als er weg war, machte der Wulfsbauer sein dmmstes Gesicht und gingbald hier, bald dahin, gleich als wte er nicht, wo er vor Langerweilebleiben sollte. Auf einem Fensterbrt lag ein Pulverhorn und einKugelbeutel; als niemand hinsah, warf er beides ber den Zaun unter denHollerbusch. Dann sah er sich so lange um, bis er eine Bchse fand, unddie besorgte er auch beiseite. Zuletzt traf er den jungen Offizier, derbei ihm auf dem Hofe gewesen war; er bat ihn, ihm die Pferde wieder zuverschaffen. Der junge Mensch, der den Abend zuviel getrunken und seinganzes Geld verspielt hatte, zuckte die Achseln und ging an ihm vorber,ohne ein Wort zu sagen. Als Harm ihm nachging und ihm sagte: Ihr habtes mir doch versprochen! schrie er: Hast du noch nicht genug? Scherdich zum Teufel! und dabei hob er die Reitpeitsche.Wenn nicht, denn nicht! sagte der Bauer vor sich hin, lie sich nocheinen Teller Brotsuppe und ein Stck Trockenbrot schenken, denn derWirt sagte: Dein Geld haben die Schweine ja doch bei mir versoffen!Als die Luft rein war, steckte er das Pulverhorn und den Kugelbeutelein, nahm die Bchse unter seinen Mantel, sah sich um, ob ihn auchniemand gewahr wurde, und dann drckte er sich von einem Baum zumandern, bis er weit genug vom Kruge war und in die Haide kam.Er war ganz ruhig; er wute, wie er sich bezahlt machen wollte. Ganzlangsam ging er, sich immer in Deckung haltend, im groen Bogen demBruche zu und nach der Strae hin, und da suchte er sich eine Stelle, wolauter Torfstiche waren, so da kein Reiter dort durchkonnte. Da warteteer, bis es Zeit fr ihn wurde.Hinten in der Haide fiel ein Schu; im Moore war ein Birkhuhn amPrahlen; ein Fuchs kam quer ber die Strae, kriegte Wind von dem Bauernund machte kehrt; Krammetsvgel fielen zu Felde; Muse piepten in denEllernbschen; eine Elster flog ber ihn weg.Dann blies im Dorfe ein Horn, einmal, zweimal und ein drittes Mal.Jetzt, jetzt! dachte Harm. Es dauerte nicht lange und er hrte dasGepolter der Wagen, das Klappen der Peitschen, ein Pferd wieherte, eineStute; ein Hengst antwortete und dann alle anderen. Der Trompeter bliesein lustiges Stck, die Reiter sangen; schn hrte sich das an. Wulfkannte das Lied; er pfiff die Weise vor sich hin, lachte und dachte:Gleich, gleich!Sie kamen; ein, zwei, drei Reiter, dann ein ganzer Haufen, dann wiedereiner, der Trompeter, dann der Fhnrich, ein dicker Mann mit lustigemGesicht, der junge Offizier, neben ihm noch einer; sie erzhlten sichetwas, lachten laut und zielten mit der Hand nach einem Raben, der berdie Strae flog und sofort abschwenkte. Dann kam ein Frauenzimmerangeritten, an jeder Seite einen Reitknecht. Das war die Person, die derOberst bei sich hatte, ein ausnehmend schnes Mdchen. Es drehte sich umund rief etwas hinter sich.Und dann kam der Oberst. Er sah aus, als wenn er wenig getrunken und gutgeschlafen hatte; er klopfte mit seiner rechten Hand, die in dem gelbenStulphandschuh steckte, seinem Apfelschimmel den Hals.Wulf sah in sich genau an, denn er wollte das Gesicht fr immer imGedchtnis behalten. Dann nahm er den Mann auf das Korn, gerade in demAugenblicke, als der Oberst ihm das volle Gesicht zudrehte. Erst zielteer auf die Brust, aber dann ging er tiefer und so wie es knallte, sah erdurch das Feuer, da der Mann beide Arme ber sich warf und nach derSeite klappte, und gleich darauf hrte er ihn schreien: O Jesus! undhinterher quietschte das Frauenzimmer auf.Aber da war der Bauer schon ein Ende weiter. Er hatte es sich vorhergenau berlegt, wie er es machen mute, damit ihn keiner zu sehen bekam.Als das Schreien und Rufen losging und ein Dutzend Schsse in denEllernbusch gefeuert wurden, in dem er gelauert hatte, da hatte er schonden Abstich und ein tiefes Flatt hinter sich; von einem Birkenbuschenach dem anderen kriechend kam er zu dem Anberg, von dem aus er nach derStrae hinsehen konnte.Er mute lachen, wie sie da hin und her ritten und durcheinanderjagten,gerade als wenn sie das zum Vergngen taten! Und jetzt lachte erhellwege auf, denn drei Reiter, nein vier, die in das Moorhineinjagten, waren auf einmal weg und das Wasser spritzte auf.Dafr ist es eigentlich heute morgen zu frisch, sagte er vor sich hinund schttelte den Kopf, als noch drei Reiter in das Bruch ritten. Zweisanken gleich ein und kehrten um; der eine aber, der einen Scheckenritt, kam beinahe bis zur Haide, aber da brach das Pferd ein, der Reiterschlug in den Morast, da es nur so quatschte, und das Pferd trabteledig weiter.Wulf sprang auf und kroch gebckt von einem Machangelbusch zum anderen,bis er weit genug war. Er sah noch, da mehrere Reiter abstiegen und zuFu in das Bruch gingen; dann aber lief er, was er konnte, bis er dawar, wo der Schecke stand, hin und her trat und nicht recht wute, waser machen sollte, um aus dem Morast herauszukommen. Als er den Bauernsah, prustete er freundlich, und in aller Gemchlichkeit konnte Wulf ihnpacken und an einem Busche anbinden.Er blieb so lange hinter einem Machangel liegen, bis der Zug sich wiederaufmachte. Ungefhr konnte er zhlen, wie viele Pferde es waren. DerApfelschimmel ging ledig und das Frauenzimmer war auch nicht mehrberitten, denn der verrckte rote Hut, den sie aufhatte, war jetzt aufdem einem Wagen zu sehen.Der Bauer nickte; er wute, da er seine Sache gut gemacht hatte. Erlauerte so lange, bis der Zug im Walde verschwunden war und dann nocheine Viertelstunde. Dann ging er vorsichtig dahin, wo er die Bchseversteckt hatte, lud sie auf das neue und kroch dahin, wo der Reiter soschwer gestrzt war. Er fand ihn gleich. Der Mann hatte den Kopf unterder Brust und rhrte sich nicht mehr; er hatte sich das Genickabgestrzt.Es war kein gemeiner Reiter, sondern ein Wachtmeister. Wulf nahm ihm denGrtel ab, schnitt die Jacke auf, und dann lachte er vor sich hin: elfDukaten hatte der Kerl in der Rckenbahn eingenht und sieben auf derBrust, und in der Tasche hatte er drei Taler und noch mehrereSchillinge. Zudem hatte er ein sehr schnes Dolchmesser auer dem Sbelam Grtel. Das Messer nahm Harm an sich, den Sbel lie er liegen, aberdie beiden langen Pistolen, die er in der Satteltasche des Pferdes fand,behielt er.Als er in dem Halfter noch weies Brot, eine Flasche Schnaps, eingebratenes Huhn und Salz fand, war er vollends zufrieden. Er setzte sichneben das Pferd, frhstckte in aller Ruhe, gab dem Schecken das Brot,das er aus Bissendorf mitgenommen hatte, schlug sich die Pfeife an,rauchte sie langsam zu Ende und ritt dann in schlankem Trabe nach Hause.Schon von weitem wurde er gewahr, da seine Frau nach ihm aussah. Sielachte und weinte durcheinander, als sie ihn sah: O Gott, Harm, riefsie, kein Auge habe ich zugetan die ganze Nacht! Gott sei Lob und Dank,da du wieder da bist! Was hab' ich mich gebangt! Aber wo hast du denSchecken her? Und wo sind unsere Pferde?Ihr Mann lachte lustig auf: Ja, Mdchen, die habe ich ihnen lassenmssen; aber ich habe sie gut bezahlt gekriegt. Sieh mal! Er hielt ihrdas Geld hin. Aber jetzt bin ich hungrig wie ein Wolf; solchen Hungerhabe ich lange nicht gehabt. Gestern bin ich vor rger nicht zu meinemRechte gekommen. Was macht denn der Junge? Und hat sich sonst nichtsBesonderes begeben? Um so besser.Er war so aufgekratzt und hatte so blanke Augen, da seine Frau sichber ihn wundern mute, und die Angst, die sie den Tag vorher und dieNacht gehabt hatte, schlug bei ihr in lauter Freude um. So wurde es einTag, wie er auf dem Hofe lange nicht mehr gewesen war, so viel Lachenund Flten gab es. Harm trug seinen Jungen Huckepack, lie ihn auf denKnien reiten und sang ihm dazu das Lied vor, das der Trompeter denMorgen geblasen hatte.Ein Reiter kam auf den Hof; es war Drewes. Hast du das Neueste schongehrt? fragte er Wulf leise und grieflachte dabei wie einScharfrichter. Heute morgen ist der Weimarsche Oberst, oder was ersonst ist, hinter Bissendorf bei der alten Wolfskuhle aus dem Buschetotgeschossen. Das heit, ganz tot ist er nicht gleich gewesen; siehaben ihn noch bis Hope gefahren und da ist ihm die Puste ausgegangen.Ich habe die Geschichte in Mellendorf gehrt. Und ein Wachtmeister undein Reiter sind noch dazu im Bruche ersoffen, als sie hinter demScharfschtzen hersuchten. Die Dllmer! htten da wegbleiben sollen!Er sah den Wulfsbauern von der Seite an: Deine Pferde bist dulosgeworden, habe ich gehrt. Der Knecht sagt, du hast sie gut bezahltgekriegt. Das ist ja das reine Wunder! Mir haben sie zwei vor dem Pflugeweggenommen und noch nicht einmal ein Gottvergelts dafr gegeben.Schnes Wetter heute! Ich glaube aber, da es ber Nacht umschlgt. Naadjs auch!Er tat so, als ob er gehen wollte, drehte sich aber noch einmal um: Na,ekelst du dich jetzt noch vor mir, da ich mir damals den Krckstockblutig gerissen habe? Sei man ruhig, brauchst nichts zu sagen, und ichwill auch nichts gesagt haben! Geschft ist Geschft. Wir sind keineLeute, die sich etwas schenken lassen, aber umsonst geben wir auchnichts her. Und da du es weit: bermorgen wollen wir darber sprechen,wie es jetzt hier werden soll. Einer fr alle und alle fr einen mu esheien, sonst gehen wir allesamt vor die Hunde. In Wettmar haben dieSchandkerle zwei Bauerntchter mit Gewalt verunehrt, in Berghof habensie einen Husling so mit Schlgen zugedeckt, da der Mann darangestorben ist. Deshalb wollen wir auf dem Hingstberge zusammenkommen,bermorgen um Uhre neune, von jedem Dorfe um das Bruch herum einer oderzwei. Fr dringen mut du kommen, denn der Burvogt hat seinen bsenHusten.So, was ich noch sagen wollte! Die Schwefelbande, die gestern inBissendorf lag, kommt hier nicht wieder her. Sie sind froh, wenn sieerst hier weg sind, denn der papistische General, Till oder so hnlichheit er, ist ihnen auf der Naht. Wollen hoffen, da er hier nichtvorbeikommt. Addern und Schnaken sind zweierlei, aber Gift haben siealle beide.Er sah ihn von der Seite an: Also brauchst du keine Bange zu haben, dasie das Geschft reut, und da du das Geld wieder hergeben mut, und denSchecken, den du zugekriegt hast. Aber das Pferd sieht zu dummerhaftigaus; ich wrde es ein bichen auffrben, sonst lachen dich die Leuteaus, wenn du damit pflgst, und sagen: der Wulfsbauer pflgt jetzt mitseiner schwarzbunten Kuh! Na, denn also bis bermorgen!Damit ging er. Harm tat, wie Drewes ihm geraten hatte, und am Abend warder Schecke ein Rappe. Er war kaum mit der Arbeit fertig, da war derEngenser wieder da. Mensch, sagte er, du mut mithelfen. Eben kommtvon Wiekenberg Botschaft, da an die dreiig Kerle durch das Bruchziehen. In Wiekenberg haben sie einen Hof angesteckt und die Leute lahmund krumm geschlagen. So fnfzig bis sechzig Leute kriegen wir zusammen.Auf auf zum frhlichen Jagen!Der Wulfsbauer machte ein verdrieliches Gesicht; er hatte geglaubt,sich so recht ausschlafen zu knnen, und nun konnte er wieder die Nachtum die Ohren schlagen und wie ein Wolf im Busche liegen. Und dann seineFrau, so lustig war sie seit langer Zeit nicht gewesen. Ihre Augenlachten man so, wenn sie ihn ansah, und Backen hatte sie wie damals, eheihr das Unglck zustie. Auerdem, wer wei, wohin die Leute, von denenDrewes redete, zogen? Und schlielich: sie hatten ihm ja nichts getan!Das mit dem Obersten, das war etwas anderes; der hatte ihn in dasGesicht geschlagen! Aber aus dem Hinterhalte Leute ber den Haufenschieen, mit denen er gar nichts vorgehabt hatte, das war ihm nichtnach der Mtze.Weit du was, Drewes? sagte er, ich kann den Kopp nicht halten; ichhabe die ganze Nacht drauen aufgesessen und den Tag ber in Moor undHaide zugebracht. Und meine Frau, du weit ja, wie die ist! Zum erstenMale seit damals ist sie wieder wie vordem; heute kann ich nicht von ihrfort. Ich habe genug Sorge um sie gehabt das ganze Jahr. Und ob ich nunmit dabei bin oder nicht, davon wird der Brei auch nicht dicker, zumalich kein Pferd habe, auf das ich mich verlassen kann. La mich dabeilieber weg, heute wenigstens!Der Engenser sah ihn von der Seite an. Ist wahr, du siehst aus, alswenn dir der Kopp nach dem Bette hngt. Na, wir werden auch so mit ihnenfertig werden. Vielleicht, da du morgen frh nachkommst, denn wirwollen gleich los, damit wir sie vor Tau und Tag in die Mache kriegen.Aber das nchstemal rechnen wir auf dich. Bedenke, wenn du uns nichthilfst, meinst du, da ein anderer fr dich die Finger rhren wird? Duhast doch schon genug ausgestanden, als da du noch erst warten willst,bis dir wieder einer was tut, ehe du zuschlgst. Tote Fchse beiennicht mehr! Aber wie du willst. Und denn adjs auch!Harm wurde ordentlich das Herz leicht, als Drewes fort war, und als erin das Haus ging, pfiff er das Lied vor sich hin, das die Reiter denMorgen gesungen hatten: Nichts Schnres kann mich erfreuen, als wenn der Sommer angeht; da blhen die Rosen im Garten, ju ja im Garten; Trompeter, die blasen ins Feld.Die MarodebrderEs war keine schlechte Jagd gewesen, die die Bauern gemacht hatten. Alsder Nebel in die Hhe ging, hatten sie die Bande ankommen sehen. Siewarteten, bis sie sie mitten im nassen Bruche hatten, und dann schossensie sie zusammen wie eingelappte Hirsche; nicht einer kam gesund davon.Zweiundzwanzig waren es, die dalagen, alte Kerle mit Gesichtern wieLeder, und junge Burschen, die wie Milch und Blut aussahen. Einer vonihnen, den Drewes bergeritten hatte, hatte geschrien: Erbarmen! MeineMutter! Aber das hatte ihm nichts geholfen; der Engenser schlug ihn totund schrie: Junge Katzen kratzen auch!Er lachte, als er dem Wulfsbauern das erzhlte, als wre es blo einSpa gewesen, und seine breiten weien Zhne blnkerten man so. Ja,diesmal hat's geschlumpt, griente er. Und fr umsonst haben wir dieArbeit nicht getan, warf er hinterher; auf meinen Teil sind allein elfharte Taler gekommen. Ein Schade, da es keine Reiter waren! ein paarbillige Pferde, die htten mir schon gepat. Und nun will ich nachHause, sonst kriege ich es mit meiner Altschen zu tun. Er schtteltesich und Harm lachte, denn er wute, da Christel Drewes ein Maulwerkhatte, gegen das keiner ankonnte.Rose rief Harm zum Essen; das Herz lachte ihm im Leibe, als er sieansah. Das Leben war schn, trotz alledem! Und endlich mute es dochwieder Frieden werden; die hohen Herren muten es doch leid werden, dasKriegsspielen, das sie ein Heidengeld kostete und viel Menschen dazu.Was man so bei Wege hrte, war ja auch zu schrecklich: berall Mord undBrand und Pest und Hungersnot. Da war es im Bruche doch noch besser.Krieg ist Krieg und beim Gnserupfen fliegen Federn. Das ist einmalnicht anders!So dachte der Bauer und freute sich ber seine glatte Frau und denJungen, der von Tag zu Tag niedlicher wurde und alle Augenblicke einpaar Wrter mehr konnte. Er dachte: Wenn erst noch ein Kind da ist undRose mehr Arbeit damit hat, dann wird sie ber alles eher fortkommen.So wurde es denn auch. Es kam ein kleines Mdchen an, ein krftiges undgesundes Kind, und nun wurde die Frau wieder, wie sie frher war.Der Krieg war zwar immer noch nicht zu Ende, aber auf dem Wulfshofemerkte man von ihm beinahe nichts. Ab und zu kamen Truppen durch dasLand, bald von dieser, bald von jener Art, und dann ging es da, wo sieherzogen, nicht sauber zu; mehr als einmal war am Tage Rauch und amAbend ein roter Schein ber dem Bruche zu sehen.Hin und wieder lieen sich auch Marodebrder und Parteignger blicken,sahen sich aber sehr vor; denn das Bruch war bei allen Landstreichernverrufen. Hin ging mancher, aber her kam so leicht keiner; denn Dreweshatte einen richtigen Kundschafterdienst zugange gebracht, und sobalddas Horn rief, liefen die Bauern zusammen und Gnade Gott, wen siefingen! Das Bruch konnte schlimme Geschichten erzhlen, aber es schwieg.Blo die Warnzinken, die die Zigeuner an allen Feldsteinhaufen undWahrbumen angebracht hatten, und manches blanke Goldstck, mancherharte Taler, den die Bauern im Kasten hatten, manches Pferd, das inihren Stllen stand, und die Pistolen, Spiee, Kugelbchsen, Sbel undDolche, die in allen Dnzen hingen, sprachen von den Mnnern, derenEigentum sie einst waren und ber deren Knochen jetzt Moorerde lag undKraut wuchs.Einige Jahre trieben die Bauern das so in aller Stille; jeder Mann wutedarum, aber keiner sprach darber. Drewes fhrte eine harte Hand und eshie, da der Husling Metjen aus Ehlershausen, der in dem Verdachtestand, es mit den Tillyschen gehalten zu haben, indem er ihnen den Wegdurch das Bruch gewiesen hatte, und der drei Tage darauf vor seinemHause mit einer Wiede um den Hals im Apfelbaume hing, von Drewes undzwei anderen Bauern dahingebracht war.Es war ein prachtvoller Vorherbsttag, als der Wulfsbauer Nachrichtbekam, er solle bei vier Uhr am Hingstberge sein; es war die dreifacheSchatzung auch fr die Knechte und Mgde ausgeschrieben, und darbersollte verhandelt werden, wurde ihm gemeldet. Es war so warm, da ihmder blanke Schwei unter dem Hute herauslief, als er durch das Bruchritt. Unter dem blauen Himmel flog ein Adler in die Runde; bald war ersilbern, bald sah er wie Gold aus. Hier und da war die Haide noch amBlhen und alle Augenblicke flog ein Haufen von kleinen Vgeln ber dasBruch und zwitscherte.Harm holte tief Luft und whrend er so dahinritt, fltete er seinLeiblied vor sich hin und dachte: Bei achte, wenn die Kinder schlafengehen, bist du wieder zurck. Er freute sich, wenn er daran dachte, wiesie gnickern und quietschen wrden, wenn er sie kitzelte.Am Hingstberge waren an die hundert Bauern zusammen. Sie standen inkleinen Haufen um das alte Heidengrab und sprachen vom Wetter und berdas Vieh, oder saen am Boden und vesperten oder rauchten. Drewes hattees sich auf einem der groen Steine bequem gemacht; er hielt die Pfeifezwischen den Zhnen und schnitt Kerben in seinen Schwarzdornkrckstock.So genau machte er das, als wenn es darauf ankam, da eine nicht andersals die brigen war. Als er den dringer abspringen sah, nickte er ihmzu und sagte: Feines Grummetwetter heute! Eigentlich zu schade zumVerklhnen; aber es mute sein, denn wir haben wichtigeAngelegenheiten.Nach einer Viertelstunde sagte er dem Knecht, den er bei sich hatte:Jetzt sind sie wohl alle da; man zu! Da blies der Junge dreimal in dasHorn. Jeder hrte auf zu reden oder zu essen und machte, da er nach demalten Heidengrabe kam, auf dem Drewes stand, sich auf seinen Stocksttzte und sich so lange umsah, bis alles Reden aufhrte.Liebe Freunde, fing er an, ich habe euch heute etwas zu sagen, daseuch glatt heruntergehen wird. Wir haben schwere Jahre hinter uns, undwer wei, was noch kommt. Es ist so, als ob unser Herrgott fr eineWeile die Herrschaft abgegeben hat und nun hat der leibhaftige Satan dasLeit in der Hand. Hier am Bruche ist es noch halbwege gegangen. Der eineoder der andere von uns hat ja Haare lassen mssen, manch einer auchein Stck Fell und womglich Fleisch und Blut, aber anderswo ist esgrsig hergegangen. Was der Mansfelder schonte oder der Braunschweiger,der ja nun seinen Lohn gekriegt hat, denn im Westflischen hat ihn derTill oder wie er heit, geweift, da seine mehrsten Leute ihr eigen Blutgesoffen haben, ja, wo war ich doch? ach so: oder ob es die Kaiserlichensind, die Papisten und Ligisten, sie sind von ein und derselbenBoshaftigkeit. Nicht Frauen noch Kinder sind sicher vor den Hunden.Er sah Mann um Mann an: Ein jeder Mensch, und ist er noch so arm, Frauund Kinder sind ihm ans Herz gewachsen, und an Haus und Hof hngt er.Wir wollen dafr sorgen, und so weit es sich hat machen lassen, habenwir es schon getan, und damit zeigte er auf das Bruch und lachte unddie Mnner lachten alle leise. Aber bislang muten wir uns heimlichunserer Haut wehren, muten wie die Strauchdiebe uns herumdrcken, wennwir das Gesindel, das sich hier herumtrieb, los sein wollten, und einerkonnte dem anderen nicht mehr gerade in die Augen sehen. Von jetzt abknnen wir das frei tun.Er hob seinen Stock hoch und zeigte die Kerben daran. Seht her! ichhabe einhundertundsiebzehn Kerben hier eingeschnitten, zweiunddreiigauf der einen und die brigen auf der anderen Seite. Die fnfundachtzigKerben bedeuten, da ich mitgeholfen habe, fnfundachtzig Landstreicher,Gaudiebe, Tatern und Marodebrder und einen verrterischen Hunddahinzubringen, wo sie von Gottes und Rechtes wegen hingehren, unterdie Erde nmlich, da die Wrmer sie fressen, wenn sie sich davor nichtekeln. Die zweiunddreiig Kerben aber, meine Freunde, die bedeuten, daich zweiunddreiig Menschen von dieser Art mit meiner eigenen Handbeiseite gebracht habe.Er holte tief Luft, wischte sich mit der Hand ber die Stirn und sprachleiser: Unser Herrgott wird mir das vergeben. Auge um Auge, Zahn umZahn, so lehrt uns die Schrift. Wir sind hier keine Ruber und Mrder,aber wenn der Wolf uns ber das Weidevieh kommt und der Marder uns andie Hhner geht, dann besinnen wir uns nicht lange. Ich habe bis zu demTage, da das Schinden hier losging, keinem Menschen einen Schlaggegeben, seitdem ich die Jungenshosen aushabe, und lieber wre es mir,ich htte reine Finger. Aber was sein mu, mu sein, und ich schlafe sogut als wie vordem, und ich glaube, es ist keiner unter uns, der das vonsich nicht auch sagen kann.Er sah die Mnner der Reihe nach an und plinkte dem einen oder anderen,der ihm blanke Augen machte, besonders zu. Eins aber, meine liebenFreunde, ging er weiter in seiner Rede, das drckte uns doch dabei.Was wir taten, muten wir tun, aber es war uns nicht nach der Mtze, dawir es ohne die Erlaubnis unseres Herrn Herzogs, er nahm den Hut ab undalle taten es ihm nach, tun muten. Von heute ab, und er sprach hellerund lachte dabei, ist das anders, denn unser lieber Herr Herzog, denGott erhalten mge, hat uns wissen lassen, wir sollen zusehen, da wiruns so gut wehren sollen, wie wir irgend knnen, und alle Hundsftter,die hier nicht hergehren, totschieen wie tolle Hunde.Er lachte, da man seine groen Zhne sah: Na, an uns soll es nichtfehlen, da unser Herr Herzog seinen Willen kriegt! Lieber wre es unsja, wir knnten so leben wie frher, unsere Arbeit in Frieden tun undGott loben. Aber das ist nun einmal nicht anders und darum sage icheuch: was nicht hierher gehrt, was im Lande herumzieht und raubt undstiehlt, was Menschen schindet und Huser ansteckt, das ist Raubzeug undmu auch so behandelt werden. Schimpf um Schimpf, Schlag um Schlag, Blutum Blut, daran wollen wir festhalten, auf da es uns gut geht und wirlange leben auf Erden!Er wischte sich den Schwei aus dem Gesichte und schlo: So, nun witihr, wie ihr dran seid. Und ich denke, meine lieben Freunde, es istnicht mehr als recht, wenn ich euch bitte, es mir nachzutun, und dabeinahm er seinen Hut ab, hielt ihn hoch und schrie: Lang lebe unserHerzog Christian, unser allergndigster Herr!Die Krhen, die ber das Bruch flogen, schwenkten zur Seite, so schriendie Mnner. Alle hatten sie blanke Augen, als sie zu Drewes gingen undihm sagten: Drewsbur, das war aber eine Rede! Besser kann es unser HerrPastor nicht. Aber dann horchten sie wieder auf, denn die Wiekenbergererzhlten, da es berall von Kriegsvlkern wimmelte, von Dnen undLigisten und von Mansfeldern und Braunschweigern, die der Tilly und derWaldstein hin und her jagten wie der Hund die Hhner, und die es mitBrennen und Morden schlimmer trieben als vorher.Was eigentlich los war, wute so recht keiner. Der eine sagte: DieDnen wollen uns das Land nehmen, die anderen: Nein, es ist, da wirwieder papistisch werden sollen, und etliche meinten, der Kaiser htteda nichts mit zu tun, der lebe da unten und frage den Teufel danach, wasanderswo vor sich gehe. Der Waldstein und der Tilly wollten sich blobereichern an Land und Bargeld; darauf laufe alles hinaus.Der Wulfsbauer hatte wohl gefunden, da Drewes ganz ausgezeichnetgeredet hatte und da er in allem recht hatte, aber so ganz war er nichtbei der Sache; er dachte an seine Frau und die Kinder und da esbei Kleinem Zeit fr ihn wrde, nach Hause zu reiten, damit er es nichtverpasse, wenn die Krten zu Bette gebracht wrden. Er mute lachen,wenn er daran dachte, wie Hermken ihn nach dem Mittag so bei den Ohrengerissen hatte, da es ordentlich weh tat.Er ritt mit Klaus Hennecke, dem Sohne des Vorstehers, nach Hause. DieLuft war weich und warm; die Kiebitze riefen im Grunde und in der Hhemeldeten sich die Regenpfeifer.Klaus fing endlich zu reden an: Mit unserem Vater wird es immerschlimmer; er liegt jetzt schon die achte Woche. Ich glaube, dieses Malkommt er nicht wieder durch! Er sah ber das Bruch. Kiek, was ist denndas da fr eine putzwunderliche Wolke ber dringen? I, das sieht jameist wie Rauch aus! Aber es ist doch wohl blo eine Wolke.Der Ansicht war Harm auch; aber als sie den Bogen um die Torfkuhlenmachten und unter den Wind kamen, prusteten beide Pferde auf einmal losund wurden unruhig, so da die beiden Bauern meinten, sie witterteneinen Wolf. Als sie aber ein Ende weiter waren, hielt Hennecke an,schnffelte und meinte: Das riecht gewi und wahrhaftig nach Rauch! AmEnde haben die Lrke von Htejungens wieder einen Unsinn angestellt.Harm mute ihm recht geben, denn es roch nach Rauch, aber er dachte sichweiter nichts dabei.Zuletzt rochen sie aber nichts mehr, denn der Wind ging unter dem Holzeanders. So wie sie aber in der hohen Haide waren, roch es wiederstrker, und als sie die krausen Fuhren hinter sich hatten und oben aufdem Anberge waren, schrien sie wie aus einem Munde: O Gotte! Denn da,wo dringen lag, war die ganze Luft schwarz.Sie sahen sich an; einer sah so ksig aus wie der andere. Ohne ein Wortzu sagen, lieen sie die Pferde schneller laufen. Der Brandgeruch wurdeimmer schlimmer, und was ihnen noch schwerer auf das Herz fiel, das war,da das Grummet auf den Wiesen noch genau so lag, wie nach dem Mittag,als sie vorbeigeritten waren. Sie jagten, was die Pferde hergebenwollten, und als sie aus dem Walde kamen, hielten sie und zitterten amganzen Leibe. Vor ihnen auf dem Wege lag der Kuhhirt tot auf dem Rckenund sein Hund schnffelte an ihm herum.Sie sprangen ab und sahen sich Tnnes an; er hatte einen Schnitt berden ganzen Hals. Sie zogen ihn beiseite und dann horchten sie nach demDorfe hin. Da war es ganz still, nur die Kahkrhen lrmten ber denEichen. Sie gingen Schritt fr Schritt nher, die eine Hand am Messerund die andere am Zgel. Im Wege lag eine zerbrochene Steingutflasche,wie sie im Dorfe keiner hatte. Weiterhin fanden sie einen blutigenLappen und daneben ein Stck Wurst. Sie hielten an und horchten: Nichtswar zu hren, keine menschliche Stimme war zu vernehmen, kein Stck Viehbrllte, kein Hahn gackerte, kein Hund bellte.So kamen sie an den Reinkenhof. Der stand noch, aber die Fenster wareneingeschlagen, die Tren standen offen, Bettfedern lagen berallverstreut und Stroh und Heu und Hafer. Im Hause war alles kurz und kleingeschlagen. Im Flett ging die gelbbunte Katze umher und quarrtegottsjmmerlich. Die Dnze sah aus als wie ein Schweinestall; vollerUnrat war sie. Kein Stuhl war mehr heil, kein Teller mehr ganz. ImGrasgarten lagen der Kopf und die Beine und die Kaldaunen von einemrotbunten Kalbe und daneben das Spinnrad, aber in lauter Stcken.Klaus und Harm sprachen kein Wort. Sie kamen nach Hingstmanns Hof. Dasah es genau so aus, nur da quer ber der Deele der Htejunge totdalag; er hatte ein tiefes Loch in der Stirn. Bei Mertens war es nichtanders und auf dem Henkenhofe desgleichen, blo da da wenigstens keineLeiche zu finden war. Auch auf den anderen Hfen war geplndert undalles entzweigeschlagen, aber die Bauern schienen rechtzeitig Windbekommen zu haben, so da sie sich hatten bergen knnen.Mit einem Male sah sich der Wulfsbauer wild um und rief: Ja, aber wobrennt es denn? Heiliger Gott! Er sa auf und jagte davon und hinterihm her jagte Klaus Hennecke. Quer durch die Haide ritten sie, und jeweiter sie kamen, um so mehr roch es nach Rauch, und dann hielt HarmWulf an und sprang ab und machte ein Gesicht, als ob er losweinen wollteund sah dahin, wo sein Hof gestanden hatte, denn da war alles ein Rauchund ein Qualm, blo da hier und da eine Flamme zu sehen war.Wawawas ist dededenn dadas? stotterte er. Ihm war, als ob er keinbichen Kraft mehr in den Beinen hatte, so da er Klaus an den Armfassen mute. Und dann schrie er: Rose, Rose! Er lief um dieBrandsttte herum, in den Grasgarten hinein, sah in den Sod, kletterteauf den brennenden Balken hin und her, sah gegen Himmel, schttelte denKopf und sagte mit einem Lachen, bei dem es Hennecke kalt berlief: Inder Burg, sie wird in der Burg sein!Klaus nickte: Ja, das glaube ich auch. Da werden sie wohl allemiteinander hin sein und das Vieh auch. Und der Junge von Hingstmannsund Tnnes, die werden allein noch drauen gewesen sein, und da mute esihnen so gehen. Wollen nach der Burg gehen, und wenn sie da nicht sind,dann mssen wir, ja, am besten ist es wohl, wir reiten dann zuerst nachEngensen; auf dem Drewshofe kriegen wir am ersten Bescheid.Sie saen auf und ritten ber die Haide und durch die Fuhren und von dain das Bruch hinein. Es schummerte schon, als sie dort ankamen; der Uhuflog ber sie hinweg und als er im Walde war, schrie er hohl. Der Nebelstand dick hinter den Torfstichen, in der Luft klingelten die Enten undin den Wiesen schreckten die Rehe.Keiner sprach ein Wort; ab und zu hielten sie an und horchten dahin, woder alte Burgwall lag, und dann sahen sie wieder vor sich auf den Weg,dem man es anmerkte, da Menschen und Vieh frisch darauf gegangen waren.In der Wohld war es so duster, da sie absteigen muten. Hin und herging es, bald nach rechts, dann geradeaus, dann halb links und so ineinem fort. Ab und zu polterte eine Taube vor ihnen weg, oder ein StckWild brach durch das Holz. Dann blieben sie stehen und horchten. Aberimmer und immer hrten sie keine Stimme und kein Kuhgebrll.Endlich war es ihnen, als ob sie ein Licht vor sich sahen, und als siestehen blieben, hrten sie, da ihnen gegenber ein Stck Vieh amBrllen war. Dann knackte ein Bchsenhahn und hinterher noch einer, undeine Stimme, es war die des jungen Bolle, rief ihnen halblaut zu: Werda? Harm flsterte ihm zu: Wir sind es, Harm und Klaus. Wo ist meineFrau?Atze Bolle wrgte, als er etwas im Halse hatte, und brummte dann: Kommman erst nach der Burg! Ich habe hier Wache und wei nicht, wer alles daist. Es ging ja Hals ber Kopf heute, denn wir muten machen, da unsdas Gesindel nicht kriegte. Aber Ulenvater, den habe ich vorhin gesehen,ehe da ich wegging.Na, was ist denn das? meinte er, als etwas Schwarzes an ihmvorbeisprang. Es war Harms Hund. Er stellte sich wie unklug an, bellteund jaulte durcheinander, sprang an dem Bauern in die Hhe, leckte ihmdie Hnde, lief vor und bellte, kam wieder zurck und mit einem Malesetzte er sich hin und heulte so schrecklich, da Bolle rief: Ruhig,Teebe!Der erste Mensch, den Wulf sah, als er in den Wall kam, war dieReinkenbuerin. So wie sie ihn zu Gesichte bekam, schrie sie auf: OGotte, Wulfsbur! und dann fing sie an zu weinen. Was ist? schrieHarm, wo ist Rose? Aber die Frau weinte, da es sie stie, und brachtekein Wort heraus.Harm sah hin und her, aber wo er einen Menschen ansah, der ging schnellzurck. Endlich fand er seinen Schwiegervater. Wo ist Rose? brachte ereben noch heraus, denn er war ganz heiser vor Angst. Der alte Mann hatteein Gesicht, als wre er aus dem Grabe genommen. Ja, Junge, sagte erund fate Harm an beide Hnde, ja, Junge, und dabei fing er bitterlichan zu weinen, unsere Rose ist bei unserem Herrgott!Harm machte eine Bewegung, als wollte er ihm an den Hals springen: Wassagst du? tot? Er fing an zu lachen. Das ist ja, das kann ja, aber sorede doch, kein einer sagt mir, wo Rose ist! Und dann rief er mit einerStimme, die sich anhrte, als ob sie zersprungen war, durch den ganzenWall: Rose, Rose, wo bist du?Neben ihm stand Hingstmann: Ruhig, Mensch, Renneckenvater liegt imSterben. Und die Horstmannsche hat vor Aufregung etwas Lttjes gekriegtund es geht ihr nicht gut. Er hielt ihm die Flasche hin: Trink erstmal! Aber Wulf stie ihn zurck: Ich will wissen, was mit meiner Fraulos ist, will ich wissen! Und wo sind die Kinder? Mein Hermken und dasLttje? Kinder und Leute, so tut doch endlich einer das Maul auf!Es kamen noch zwei Bauern. Ja, einmal mu er es doch wissen, sagteMertens. Er legte ihm die Hand auf die Schulter: Ja, Harm, was hilftdas alles? Deine liebe Frau ist nicht mehr am Leben; sie ist im Hausegeblieben. Und die Kinder auch. Und dein Vater auch und der eine Knechtund ebenso die beiden Mdchen. Wei der Teufel, wie die beistigen Hundezu allererst nach dir hingefunden haben, wo dein Hof doch so ablege