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Gitarre & Laute XXX/2008/Nº 2
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Gitarre & Laute ONLINE, XXX/2008/Nº 2
Julian Bream wird 75!
Zum Tod von Alexandr Frauči – Joseph Kreutzer –
Carl Maria von Weber – Fernando Sor
PRIM - Musikverlag : EditionEN Tilman Hoppstock
Dietrich Buxtehude
PASSACAGLIA
BUXWV 161
orig. für Orgel
original for organ
für 2 Gitarren
for 2 guitars
Bearbeitung von/
transcription by
Tilman Hoppstock
PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 074
Gitarrenkammermusik
2 Gitarren
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Franz Schubert
LIEDER MIT GITARRE - Vol. 5
6 Lieder aus
„Schwanengesang”
6 songs from
“Schwanengesang”
für Tenorstimme
for tenor voice
Bearbeitung und Fingersätze von/
transcription and fingerings by
Tilman Hoppstock
PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 705
Johann Seb. Bach
FRANZÖSISCHE SUITENR. 2 D-MOLL BWV 813
French Suite No. 2
d minor BWV 813
orig. für Cembalo in c-mollorig. for harpsichord in c minor
Bearbeitung und Fingersätze von/transcription and fingerings by
Tilman Hoppstock
PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 062
Transkriptionenfür Gitarre solotranscriptions for solo guitar
Franz Schubert
LIEDER MIT GITARRE - Vol. 3
12 Lieder aus
„Winterreise”
12 songs from
“Winterreise”
für hohe/mittlere Stimme
for high/medium voice
Bearbeitung und Fingersätze von/
transcription and fingerings by
Tilman Hoppstock
PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 703
Johann Seb. Bach
Cellosuite Nr.2a-moll BWV 1008
2 Fassungen
Cello suite no.2
a minor BWV 1008
2 versions
Bearbeitung und Fingersätze von/transcription and fingerings by
Tilman Hoppstock
PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 079
Transkriptionen
für Gitarre solo
transcriptions for solo guitar
Neuerscheinungen 2006-2007
Bearbeitung und Fingersätze von/transcription and fingerings by
Tilman Hoppstock
PRim -Musikverlag Darmstadt
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Nr. 99 077
Transkriptionen
für Gitarre solo
transcriptions for solo guitar
Isaac Albéniz
TANGO
EL POLO
orig. für Klavier
orig. for piano
Für Gitarre solo:Joh. Seb. Bach: Cellosuite Nr. 2 a-moll (2 Fassungen)PRIM 99 079 Preis: 11,90Joh. Seb. Bach: Franz. Suite Nr. 2 (orig. für Cembalo)PRIM 99 062 Preis: 10,50Dietr. Buxtehude: Suite Nr. 10 BuxWV 236 (orig. für Cemb.)PRIM 99 061 Preis: 8,50Isaac Albéniz: Tango + El Polo (orig. für Klavier)PRIM 99 077 Preis: 9,95
Schubert: 110 Lieder für Gesang und GitarreBand 3:12 Lieder aus “Winterreise” PRIM 99 703 Preis: 16,90Band 4:17 Lieder nach versch. Dichtern PRIM 99 704 Preis: 15,50Band 5:6 Lieder aus “Schwanengesang” PRIM 99 705 Preis: 13,90Band 6:12 Lieder nach Schiller/Klopstock PRIM 99 706 Preis: 14,50
Aus der bekannten Serie “GroßeKomponisten für junge Gitarristen”Gaspar Sanz:3 Suiten für 2 GitarrenPRIM 99 074 Preis: 10,50
Enrique Granados:Valses Poeticos f. Gitarre soloPRIM 22 100 Preis: 8,50
Isaac Albéniz:Asturias + Malagueña f. Git. soloPRIM 99 039 Preis: 8,50
Für 2 Gitarren:Dietrich Buxtehude: Passacaglia
PRIM 99 074 Preis: 10,50
bearbeitet f r 2 Gitarren/arranged for 2 guitars byTilman Hoppstock
G r o ! e Komponisten f r junge G i t a r r i s t e n
PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 065
Gaspar Sanz3 Su i t e n
bearbeitet f!r Gitarre solo von/arranged for guitar so lo byTilman Hoppstock
G r o " e Komponisten f!r junge G i t a r r i s t e n
PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 22 100
Enrique GranadosValses Poet i c os
PRIM-MusikverlagPostfach 10 11 20 . 64 211 DarmstadtInfos und Bestellung: www.prim-verlag.de
Vertr ieb weltweit / d i s t r i b u t i o n wo r l dw i d e :Chanterelle . Postf. 103909 . 69029 HeidelbergTel: ++49-6221-784105 / Fax: ++49-6221-784106online ordering: http://www.chanterelle.com
Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 3
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
ab sofort können Sie fast jeden Beitrag in Gi-
tarre & Laute-ONLINE selbst kommentieren, er-
gänzen und eventuell widerlegen. Das unten
stehende Zeichen begleitet die Artikel und lei-
tet Sie in den GL-BLOG. Dort können Sie sich
äußern … wenn Sie sich vorher mit Namen und
Email-Adresse angemeldet haben. Es handelt
sich um ein moderiertes Weblog, das heißt, Ih-
re Zuschrift muss erst von uns freigeschaltet
werden und erscheint dann. Wir wollen natür-
lich verhindern, dass Werbezuschriften oder
nicht sachdienliche Kommentare auf unseren
Seiten erscheinen – das ist auch in Ihrem In-
teresse! Also: Für Sie heißt es, erst registrieren,
dann die Email mit Passwort abwarten (kommt
innerhalb Sekunden), dann über den mitgelie-
ferten Link anmelden … und los geht’s! Wenn
Sie jetzt Kommentare an uns schicken, werden
die innerhalb kürzester Zeit bearbeitet und frei-
geschaltet. Das geht nicht mehr innerhalb von
Sekunden, weil diese Arbeit schließlich keine
Computer-Routine ist, aber wir bemühen uns,
das schnellstens zu erledigen.
Aleandr Frauči ist am 2. Juni 2008 verstorben.
Sie finden in dieser Ausgabe nicht nur einen
Nachruf auf den russischen Musiker, wir laden
Sie auch hier ein, ihm Ihre Reverenz zu erwei-
sen. Sascha ist viel zu jung gestorben – sicher
haben ihn viele kennen und schätzen gelernt.
Im Zusammenhang mit Alexandr Fraučis Na-
men, den wir, wie Sie wissen, bisher immer
„Frauchi“ geschrieben haben, werden wir kurz
auf die Fragen nach Transliteration und Trans-
kription fremder Schriftzeichen und Wörter (vor
allem Namen) eingehen. In Rahmen der Globa-
lisierung der Gitarrenwelt müssen wir darauf
gefasst sein, uns mit solchen Fragen zu befas-
sen und auch Korrekturen vorzunehmen.
Besonders hinweisen möchte ich Sie auf die er-ste Neuausgabe der „Introduktion und Variatio-nen über »Wir winden dir den Jungfernkranz«aus der Oper »Der Freischütz« (Carl Maria vonWeber) für zwei Gitarren von Joseph Kreutzer(1790—1840).Johann Gaitzsch, der zu unserer Ausgabe denbiographischen Artikel geschrieben hat, ist derWiederentdecker von Joseph Kreutzer. Er hatim Verlag Philomele in Genf die ersten Neuaus-gaben von Gitarrenstücken des DüsseldorferKomponisten herausgebracht und er hat seineBiographie erforscht. Lesen Sie den spannen-den Beitrag ab Seite 17.Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit IhrerZeitschrift Gitarre & Laute ONLINE und binmit besten EmpfehlungenIhr
Peter PäffgenChefredakteur/Herausgeber
GL
BLOGKommentar gefällig? Sie sind
eingeladen, im neuen GL-BLOG
Kommentare abzugeben.
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4 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2
… was ich noch sagen wollte …
Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 5
Schade, dass Beethoven oder Mozart nichtfür Gitarre komponiert haben, hört man im-mer wieder, dann wäre das Instrument heu-te überall anerkannt. Danach werden danndie großen Komponisten aufgezählt und zi-tiert, die für Gitarre geschrieben oder sichmindestens löblich über das Instrumentausgelassen haben. Legenden werden aufge-zählt, die von Gitarrenliebhabern in die Weltgesetzt worden sind und seitdem unausrott-bar durch die Literatur geistern, etliche da-von sind von Andrés Segovia und stehen inallen Büchern vom Maestro und über ihn.Aber zum Glück gibt es ja „Gitarren-Publizi-sten“ und „Gitarrologen“, die mit den Halb-wahrheiten aufräumen.„Gitarrologen“? Termini wie dieser sind im-mer gern von denen in die Welt gesetztworden, die sich „ernsthaft“ und „wissen-schaftlich“ mit der Gitarre und ihrer Musikbefasst haben. Das Fach hieß dann „Gitarri-stik“ und man verbrämte Halbwissen mitwissenschaftlichem Gehabe und aufgesetz-ter Diktion. Oder man setzte wüste Andeu-tungen in die Welt, spielte die Rolle des all-wissenden Weltverbesserers … ohne Argu-mente aber mit viel ausladender Geste.Kurz: Die Gitarre wird von der etabliertenMusikwissenschaft (immer schon) stiefmüt-terlich behandelt … mit dem Erfolg, dasssich Dilettanten (von lat. delectare: erfreuen,ergötzen) zu Fachleuten erklären und unge-straft Dinge behaupten oder in Frage stel-len.Worum es geht? Diejenigen unter ihnen, dieschon länger die damals noch gedruckteZeitschrift Gitarre & Laute kennen und gele-sen haben, werden sich erinnern, dass 1991die Handschrift einer „Fantaisie pour Guita-re Seule Composée et dédiée à Son ElèveMademoiselle Houzé par Ferdinand Sor“ beieinem Bostoner Antiquar zum Verkaufstand, ein bis damals unbekanntes Werk desKomponisten, und dass damals die Fragenach der Echtheit dieser Handschrift disku-tiert wurde. Selbstverständlich ist diese Dis-kussion nach der Veröffentlichung in Gitarre& Laute weitergeführt worden, hier und an-derswo. Und man hatte keine Zweifel daran,dass die Handschrift, die da entdeckt wor-den war, tatsächlich von der Hand FernandoSors stammt.
Die Handschrift ist übrigens damals für US-$15.000 im Angebot gewesen und an PepeRomero verkauft worden, der das enthalteneWerk dann im Verlag Tuscany Publicationsunter 494-01970 herausgegeben hat. PepeRomero war natürlich der Erste, der die Fan-taisie eingespielt hat, nach ihm kamen aberauch sein Vater Celedonio, Adam Holtzmanund Alexander Sergei Ramírez (s. S. 11). Nun steht seit einiger Zeit ein Artikel vonWolf[gang] Moser im Internet (früherwww.wolfmoser.net, jetzt auch www.wolf-moser.de), in dem die Urheberschaft nichtnur bezweifelt, sondern kategorisch bestrit-ten wird. Das Manuskript bezeichnet Moserals „bewußte Fälschung“ und seine Argumen-te sind … na ja, da wird es schwierig.Zunächst beschreibt der Autor aber seine ei-gene Kompetenz zum Thema … weniger dieanderer Autoren wie zum Beispiel Brian Jef-fery, dessen Buch über Sor (Fernando Sor:Composer and Guitarist, London 1977) im-merhin bis zum Erscheinen des Moser imJahr 1984 das Standardwerk zum Thema warund auch danach unangetastet blieb. Moser:„Der Fund [der neu entdeckten Kompositionvon Sor] war für mich eine Herausforderungwegen meiner anderthalb Jahrzehnte Beschäf-tigung mit dem Thema »Sor«: Sieben Jahrezuvor hatte ich über ihn eine Monographie ver-öffentlicht und 1989 – zum 150. Todestag desSpaniers – noch ein 80-seitiges Sonderheft alsHerausgeber betreut, mit Aufsätzen zu Lebenoder Werk, vermischt mit Berichten von jüng-sten Veranstaltungen zu Sors Ehren“. Warumwar der Fund eine Herausforderung? Undwarum ist Moser nicht freudig erregt aufdie Besitzer der Handschrift zugegangen? Esmüsste für ihn, als ausgewiesenen Sor-Ken-ner, eine Freude gewesen sein, ein neuesWerk des Komponisten in Augenschein neh-men zu können. Und warum haben die Be-sitzer der Handschrift nicht bei ihm, als aus-gewiesenem Sor-Kenner, ein Gutachten inAuftrag gegeben oder mindestes um eineArt Stellungnahme gebeten? War es viel-leicht so, dass seine Publikationen ihn über-haupt nicht als Sor-Kenner ausgewiesen hat-ten?Hier Wolf Mosers Argumente gegen Sor alsKomponisten der „neuen Fantaisie:1. Sor hat Mademoiselle Nathalie Houzé ne-
Blühende Fantasie …oder: Wie erwirbt und verteidigt man seinen Expertenstatus?Von Peter Päffgen
6 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2
demoiselle Houzé gewidmet habe und ganzam Schluss schreibt Moser, dem Autor derHandschrift sei „überzeugend das »Pasticcio«einer Sor-Fantasie gelungen“. Das Stück hatalso eine gewisse Qualität und es klingtauch nach Sor, ist aber nicht von ihm!? Eswird nicht untersucht, ob es stilistisch vonSor stammen könnte, es wird nicht nachParallelen in anderen Werken des Komponi-sten gesucht oder nach nicht zu erklären-den Gegensätzen. Um Musik scheint es beiMoser, dem ausgewiesenen Sor-Kenner,nicht zu gehen!Die Neuauflage des Sor-Buches von Moser,zunächst 1984 bei Gitarre & Laute in Kölnerschienen und jetzt in einer „erweitertenund völlig überarbeiteten Neuauflage“ beiMoser selbst, listet die Fantasie aus „zwei-felhaft“ auf, ebenso das Violinkonzert. Ar-gumentiert wird nur knapp – dafür apodik-tisch: „Gegen die Echtheit spricht bereits, dassNathalie Houzé hier das ‘vierte’ Mal als Wid-mungsträgerin in Sors Schaffen erscheinenwürde. Doch ist die Handschrift dieser Fantai-sie in Text und Noten auch eine Nachahmung,wobei das Manuskript eines Sor-Balletts von1824 in der Pariser Bibliothèque de l’Ópéraals Vorlage gedient hat.“Dies alles sind zu vage Argumente, um sichso weit aus dem Fenster zu lehnen. Und an-dere ausgewiesene Sor-Kenner wie RobertSpencer, Brian Jeffery und alle anderen tei-len auch Mosers Meinung keineswegs. Sie[Mosers Meinung] stützt sich schließlich aufnichts anderes, als auf, erstens, eine Vermu-tung bezüglich gesellschaftlicher Gepflo-genheiten zu Sors Zeit und, zweitens, aufein paar Beobachtungen typographischerArt.Zu 1: Peter Danner hat jenes Fräulein Houzéausfindig gemacht und ihr Portrait als Titel-bild in Ausgabe XIX/1992, Nº 3 veröffent-licht. Er hat es gefunden in Francesco Moli-nos „Grande Méthode“ op. op. 46 und zwarstand es dort als Demonstration für dierichtige Spielhaltung, allerdings ohne zuvergessen, sie im Untertitel, zwar kryptisch
ben der vorliegenden Fantaisie drei weitereKompositionen gewidmet: opp. 39, 42, 54b(is). „Schwer vorstellbar, denn in seinem Gi-tarrenschaffen hat Sor niemanden häufigeroder schmeichelhafter mit Widmungen be-dacht.“ „Eine vierte [Widmung] in so kurzemAbstand hätte die junge Dame eigentlich bloß-stellen müssen, unter den Zeitumständen.“2. Auf dem Titel des Manuskripts widmetSor die Fantaisie so: „À Son Elève Mademoi-selle Houzé“, aus den drei anderen Werkengeht nicht hervor, dass sie seine Schüleringewesen ist. „Der Komponist hätte sich folg-lich erst, als er ihr das anspruchsvollste Werkschrieb, darauf besonnen, dass die junge Frauseine Elevin war.“ 3. „Und warum hätte der Autor, seit 1828 ei-gener Verleger seiner Werke, die Kompositio-nen nicht selber herausgebracht, und sei es alsOpus 64 – es blieben ihm immer noch fünfoder sechs Jahre zu leben.“ 4. „Die Dreiteilung in der Schreibweise ist einunübersehbarer Schönheitsfehler“ … geschrie-ben steht auf dem Titelblatt „Inro … d …uction.“5. Den Duktus der Notenschrift hat Moseruntersucht und dann befunden, es seienzwar die Einzelnoten getroffen, „nicht aberdie charakteristische Linienführung noch dieSor eigene Eleganz für Federstriche.“6. Das „F“ vor Fantaisie ist dem „F“ im Na-men Fernando zu ähnlich, ähnlich wie das„S“ in „Seule und das in „Sor“.Letzteres, das Titelblatt der Fantaisie, ausdem sich die Beobachtungen zu „6.“ erge-ben haben, hat Moser erst später eingese-hen: „Bis diese Erweiterung [!] in einer Foto-kopie [!] auf meinen Schreibtisch flatterte, ver-gingen wieder Jahre.“ Erweiterung? Moserhat ganz offenbar alle bisherigen Argumen-te gegen die Authentizität der Sor-Komposi-tion ausschließlich aus dem verkleinertenAbdruck in Gitarre & Laute geschlossen undmeinen eigenen Kommentaren dazu, die ichwiederum weitgehend dem Antiquariatska-talog von J. & J. Lubrano entnommen hatte(damals Boston, heute New York), den mirMatanya Ophee zugeschickt hatte. Daswar’s! Danach wartete der Sor-Forscher Mo-ser Jahre auf einen Satz Fotokopien [!], umseine Beobachtungen weiterzuführen, diefür ihn immerhin eine „Herausforderung“ ge-wesen waren … anstatt 15 $ zu investieren,um die Ausgabe käuflich zu erwerben undsofort in der Hand zu haben. Auf jeden Fallhielt Moser die Handschrift vor Einsicht der„Erweiterung“ für eine „Nachahmung“, da-nach für eine „bewusste Fälschung“!Bei allen nachvollziehbaren und auch nichtnachvollziehbaren Argumenten gegen dasSor-Manuskript: Keines der Moserschen Ar-gumente schert sich um die Musik, die danotiert ist. Einmal heißt es, die Fantasie sei„das anspruchsvollste“ der Werke, die Sor Ma-
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aber immerhin doch, zu erwähnen: „Madelle.N. H., Elève la plus forte de Mr. F. M.“ Dannerhatte aus der Tatsache, dass derselbe Moli-no seine „Grande Sonate“ op. 51 ein paarJahre später einer Nathalie Houzé gewid-met hat, davon aus, dass es sich bei denbeiden Widmungsträgerinnen mit gleichenInitialen um ein und dieselbe Dame gehan-delt hat: um Nathalie Houzé, die auch Fern-ando so geschätzt hat … denn schon beiMolino galt sie als „Elève la plus forte“, alsseine „Meisterschülerin“. Wen wunderts al-so, wenn diese junge Frau so begabt undso fleißig war, dass beide Lehrer, Molinound Sor, sie in Publikationen gern als ihrejeweilige Schülerin ausgaben? Sie schmück-ten sich mit ihrem Namen, waren stolz dar-auf, sie unterrichtet zu haben oder zu unter-richten. Heute geschieht so etwas meistumgekehrt … Musiker brüsten sich damit,Schüler von Segovia, Pujol oder anderenGroßmeistern gewesen zu sein (meistensübrigens, wenn die Lehrmeister schon ver-storben sind, sich also nicht mehr wehrenkönnen). Damals schmückte sich der Lehrermit seinen Schülern, auch aus rein merkan-tilen Überlegungen übrigens.Und nun die Frage: Wie decouvrierend musses für Mademoiselle Houzé erst gewesensein, wenn gleich mehrere Künstler ihr Kom-positionen widmeten? Natalie Houzé war offenbar eine überausbegbte Musikerin und vermutlich kam sieaus gutem Haus. Vielleicht war Papa Houzédazu ein großzügiger Mäzen der PariserKünstler und vielleicht zeigten sich Molinound später Sor dafür erkenntlich, indem siedem Fräulein Tochter coram publico ihr Ta-lent bescheinigten? Das Mosersche Argu-ment ist mehr als blass!Es bleiben jene, die sich auf die Paläogra-phie, Graphologie oder den Schriftenver-gleich beziehen. Moser hat offenbar nie ei-ne Gitarren-Handschrift Fernando Sors inder Hand gehabt … und auch das für ihnals Beweis für die Fälschung der Fantasieherhaltende Autograph von „Alfons undLeonore“ kennt er nur vom Mikrofilm, derihm im Palais Garnier in Paris in den Projek-tor eingelegt worden ist. Und er kommt zudiesem Schluss: „Der Fälscher und ich hattenden gleichen Einfall, jeder ist für seinen Zweckhier nachsehen gegangen und hat sich eineVorlage verschafft von einem der Werke, dasdamals wie heute für Kopien zur Verfügungstand.“ Und dann: „Gleichsam als Coda seiangefügt: Mit den Registern der Opernbiblio-thek würde sich, zumindest theoretisch, nach-weisen lassen, von wem und woher gegen En-de der achtziger Jahre Bestellungen des Mikro-films oder über Kopien des fraglichen Ballettkamen. Die Suche würde möglicherweise zumAutor des Autographs führen ...“ Das ist Mo-sers cliffhanger! Jeder will in der nächsten
Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 7
Folge seines Krimis wissen, wer es dennnun war … wenn nicht längst jemand danachgeforscht, wo Moser erstaunlicherweisegekniffen hat. Aber ich wage hier eine Be-hauptung: Man wird keinen verdächtigenEintrag aus den späten achtziger Jahren fin-den! Ich gehe davon aus, dass das Sor-Ma-nuskript von Sor stammt – nicht, weil ichso viele andere Gitarren-Handschriften Sorsin der Hand gehabt hätte und auch nicht,weil ich mich besonders auf den Schriften-vergleich verstünde. Ich sehe aber, wie Mo-ser seine Argumente gegen die Echtheit derHandschrift an den Haaren herbeigezogenhat und ich ahne auch, warum!Sicher wird hier noch über das Violinkon-zert von Fernando Sor zu lesen sein. Die neue Auflage des Sor-Buchers von Mo-ser, ist übrigens mit großer Vorsicht zu be-handeln. Nach einer Stunde ganz normalenLesens ist mein Exemplar in etwas über
hundert Einzelblätter auseinandergefallen.Es ist nämlich nicht von einem Buchbinderin Form gebracht worden, der Bücher, wiees sein Berufsname anzudeuten scheint,bindet, sondern von einem, der sie einfachzusammenpeppt ohne vorher darauf zu ach-ten, dass das nicht mit jeder Papiersortemöglich ist … und überhaupt höchstens fürTaschenbücher angemessen ist. Aber einBuch, das den kühnen Preis von 36 Euro fürgut zweihundert Seiten hat, sollte wenig-sten den ersten Tag Lesen überdauern. Ichhabe noch das eine oder andere Exemplarder ersten (fadengehefteten) Auflage von1984. Es hat andere Mängel … aber als Buchist es für die Ewigkeit gemacht und keinWegwerfprodukt!
Abbildung von Natalie Houzé aus der „Grande Méthode“ op. 46 von Francesco Molino
Aktuelles rund
um dieGitarre
Peter Päffgen
Die GitarreGeschichte, Spieltechnik, Repertoire
3., überarbeitete und ergänzte Auflage 2002
249 Seiten mit Notenbeispielen und
Abbildungen sowie Zeittafel,
Literaturverzeichnis und Register – gebunden
mit CD
ISBN 3-7957-2355-8 (ED 8874)
€ 29,95 / sFr 52,30
Der Autor, Herausgeber der renommierten Zeitschrift„Gitarre & Laute“, macht die Geschichte der Gitarre,ihrer Musik und Spieltechnik bis zu denKomponisten und Virtuosen des 20. Jahrhundertszum Gegenstand dieses Buches. Er spannt dabeieinen großen historischen Bogen: Er bietet denÜberblick über eine Entwicklung von mehr als dreitausend Jahren und zeigt die Gitarre als einInstrument, das die gesamte europäischeMusikgeschichte seit ihren Anfängen begleitet hat und dessen vielseitiges Repertoire zu entdecken und zu beleben sich lohnt.
Hugo Pinksterboer
Pocket Info –AkustischeGitarre• Basiswissen • Praxistipps • Mini-Lexikon
136 Seiten, broschiert
ISBN 3-7957-5126-8
(SPL 1042)
€ 9,95 / sFr 18,40
Dieses Buch enthält in kurzer und prägnanter Form alle Informationen zu Kauf, Pflege, Bau und Spieltechnik der Gitarre. Knappe, gut ver-ständliche Texte und zahlreiche Abbildungen mitInformationen rund ums Instrument machen diesesBuch zum idealen Nachschlagewerk für Anfängerund Fortgeschrittene.
Konrad Ragossnig
Gitarrentechnik kompaktGrundformen der Technik • Effektives Einspielen • Tägliches Üben
85 Seiten, broschiert
ISMN M-001-12919-0 (ED 9263)
€ 22,95
Der international renommierte Gitarrist Konrad Ragossnig hat mit diesemBand ein Übungsprogramm entwickelt, das sowohl für gründliches Ein-spielen als auch für das tägliche Üben geeignet ist. In 12 Kapiteln werdenalle wichtigen Elemente der Gitarrentechnik systematisch behandelt.Konkrete Aufgabenstellungen und Übetipps helfen dem Studierenden unddem ausgebildeten Musiker dabei, seine Technik effektiv und konzentriertzu pflegen bzw. weiterzuentwickeln.
Werner Neumann
Die Jazzmethode für Gitarre – SoloSkalen • Improvisation • Phrasierung
74 Seiten, broschiert mit CD
ISBN 3-7957-5352-X (ED 8427)
€ 24,95
Wie funktioniert eigentlich Improvisation über wechselnde Akkorde?Warum ist es wichtig, so etwas wie dorische oder mixolydische Tonleiternzu kennen oder sogar spielen zu können? Welche Funktionen habenArpeggien? Was versteht man unter Phrasierung? Anworten auf alle dieseund viele andere Fragen gibt Werner Neuman, laut Deutschlandfunk einerder führenden Fusiongitarristen Europas, in diesem Band.
Rolf Tönnes
Gitarre spielen – mein schönstes HobbyDie moderne Gitarrenschule für Jugendliche undErwachsene
96 Seiten, broschiert mit CD
ISBN 3-7957-5598-0 (ED 9475)
€ 19,95
Wer Gitarre spielen zu seinem Hobby machen möchte, liegt mit dieserSchule genau richtig. Dabei ist es egal, ob es ein Neueinsteiger ist, der dain die Saiten greift oder jemand, der vor vielen Jahren bereits einmalgespielt hat und nun wieder seine Kenntnisse auffrischen möchte. Eineausgewogene Mischung von Pop, Klassik und Folk verhindert Langeweile.Da Akkord- und Melodiespiel berücksichtigt werden, ist der Schülersowohl für den Abend am Lagerfeuer als auch für das Hauskonzertgewappnet. Die praxiserprobte Methode ist sowohl für den Unterricht alsauch für das Selbststudium geeignet, wobei die beiliegende CD alsTrainingspartner dient.
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Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 9
Impressum: Verlag: MusiCologne Ltd., Registered in England & Wales No. 5752198; NiederlassungDeutschland: MusiCologne Ltd., Sielsdorfer Straße 1a, D-50 935 Köln (Briefanschrift: Redaktion Gitarre &Laute, Postfach 410 408, D-50 864 Köln). Telefon: ++49-221-346 16 23. FAX: ++49-1803-5 51 84 30 17. Auf-bereitung des ePaper: CANTAT GmbH, Wien, www.cantat.com. Internet: www.MusiCologne.eu, Kleinan-zeigen: www.VerkaufeGitarre.de und www.gitarre-und-laute.de. Weblog: http://www.gitarre.-und-laute.de/gl-blog Email: [email protected] (weitere Email-Adressen sind im redaktionellen Zusammen-hang veröffentlicht). Erscheinungsweise: sechsmal jährlich, am Anfang der ungeraden Monate (Januar, März, Mai ...). Erschei-nungsweise im Jahr 2007: 1. Juli 2007, danach jeweils am Anfang jedes Monats bis Dezember 2007. Kün-digungsfrist: sechs Wochen vor Ablauf der Bezugsfrist. Preis: Einzelheft EUR 5,50, Abonnement für einJahr (sechs Ausgaben) 28,00 EUR inklusive Porto (In- und Ausland) und der gesetzlichen Mehrwertsteuer(19 %). Chefredakteur: Dr. Peter Päffgen. Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 13. Die namentlich gekennzeich-neten Beiträge in dieser Zeitschrift entsprechen nicht unbedingt der Meinung der Redaktion. Für unver-langt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Haftung. Terminangaben, insbe-sondere in der Rubrik „Dates“ erfolgen prinzipiell ohne Gewähr. © Nachdruck in jedweder Form und allenMedien, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Aboverwaltung: Verlag, Nie-derlassung Köln. [[email protected]], Bildnachweis für vorliegende Ausgabe: S. 1 und 11: © bySopie Baker, London, für RCA; S. 4-5: © J.& J. Lubrano Music Antiquarians, New York; S. 21-29: Ausgabeund Stichbild und Fotos S. 32-34 © Dr. Peter Päffgen, Köln; Alle anderen: Autoren oder Bildarchiv Musi-Cologne Ltd. Köln
Gitarre & Laute
ONLINE
XXX/2008, Heft 2
Inhalt
Editorial3
… was ich noch sagen wollte …Bühende Fantasie … Moser über Sor
4
Klaus Wollny
Der Gedanke, überhaupt keine Konzerte mehr zu geben,erschreckt mich furchtbar
Interview mit Julian Bream10
Peter Päffgen
Neuerscheinungen zum 75. Geburtstag von Julian Bream12
Johann GaitzschSo, wer war überhaupt dieser Joseph Kreutzer?
17
Joseph KreutzerSix Variations avec Introduction pour Deux Guitarres concertantes
sur le Thème de l’Opéra: Der Freischütz „Wir winden dir den Jungfernkranz“ 21
Zum Thema Transliteration30
Vorschau30
Alexandr Frauči in memoriam (1.4.1954–2.6.2008)
32
Mitteilungen des Internationalen Guitarristen-VerbandesXXX/1900/Nº 2
35
Peter PäffgenNeue Platten
51
Kleinanzeigen57
10 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2
Der Gedanke, überhaupt keine Konzertemehr zu geben, erschreckt mich furchtbar …Interview mit Julian Bream.Anlässlich des Konzerts von Julian Bream am28. Februar 1995 in der Hamburger Konzert-halle sprach Klaus Wollny mit dem Künstler.
K.W.: In den letzten Jahren haben Sie kaummehr Uraufführungen gespielt. Glauben Sie,dass es keine guten Komponisten mehr gibt?J.B.: Ich habe in meinem Leben eine MengeUraufführungen gespielt, und es gibt vielegut Werke, die ich immer wieder gern spiele.Eigentlich brauche ich keine neuen Werkemehr, die jemand speziell für mich schreibt.Ich denke, nun sind jüngere Gitarristen ander Reihe, für die geschrieben werden sollte.Ich spiele jetzt professionell seit über 48Jahren.K.W.: Seit 48 Jahren?J.B.: Ja, mein erstes Konzert habe ich 1947gegeben. Seitdem ist eine Menge Zeit ver-gangen, und ich habe sehr viele Kompositio-nen gespielt. Die letzte Uraufführung warvor zwei Jahren eine Sonate von Leo Brou-wer. Ich denke auch, dass es heute nichtmehr so viele wirklich interessante Komponi-sten gibt. Vielleicht gibt es sie irgendwo,aber ich kenne sie nicht.K.W.: Also glauben Sie, dass unsere musikali-sche Welt ärmer geworden ist?J.B.: Nein, ich glaube, sie ist dabei, sich zuverändern. Und dieser Moment der Verände-rung ist in der Regel nicht so sehr faszinie-rend.K.W.: Es ist interessant, dass Sie im diesjähri-gen Programm die Sonate von Mario Castelnuo-vo-Tedesco spielen. Tedesco haben Sie bislangweder in Konzerten noch auf Schallplatten ge-spielt. Ist diese Sonate eine neue Liebe für Sie?J.B.: Ich habe sie vor 40 Jahren gespielt. Ichkenne Castelnuovo-Tedesco, er hat einigesehr gute Werke für Gitarre geschrieben, zudenen auch die Sonate gehört. Aber der Stil,in dem er schreibt, ist im Großen und Gan-zen nicht mein persönlicher Geschmack. An-
miert, dass ich in der Tat nicht zu viel plane.Ich denke darüber nach, was heute und wasmorgen ist, und ich mache „kleine“ Pläne,die in der unmittelbaren Zukunft liegen. Abervon diesen Plänen erzähle ich keinem Men-schen etwas. Wenn du etwas ankündigst undes dann nicht tust, sind die Menschen sehrenttäuscht. Das Geheimnis ist, Pläne zu ha-ben und sie nicht zu erzählen.K.W.: Aber Sie müssen für die nächsten beidenJahre Ihre Konzertreisen nach Japan, Amerikaund Europa planen.J.B.: Aber nicht mehr soviel. Na ja, ich sageimmer, dass ich weniger tun möchte, aberich tue es nie; ich plane es nur. Nun, das istzum Beispiel ein Plan: nicht mehr soviel zutun. Aber mit diesem Plan habe ich keinenErfolg. Aber auf der anderen Seite würde ichwirklich gern weniger tun. Der Gedanke,überhaupt keine Konzerte mehr zu geben, er-schreckt mich furchtbar, aber weniger wäreschon gut. Wenn ich das täte, würde jedesKonzert für mich noch mehr eine ganz be-sondere Gelegenheit sein, nicht mehr nurnoch ein Konzert. Aus diesem Grund ist eswichtig, auszuwählen.K.W.: Glauben Sie, dass ein Konzertsaal wie dieHamburger Musikhalle zu groß für die Gitarreist?J.B.: Nein, gerade die Musikhalle hat einewundervolle Akustik, und es gibt viele klei-nere Hallen mit schlechter Akustik, die nichtso reizvoll sind. Bei einem großen Saal mitguter Akustik reist der Klang sozusagendurch den Saal, und etwas passiert mit demKlang. Das ist sehr interessant. Ein andererPunkt, der sehr faszinierend ist: Ein Konzert-publikum, das aufmerksam ist, konzentriertsich besser in einem großen Saal. Es ist einespezielle Atmosphäre, an der jeder im Saalmitwirkt. Normalerweise ist ein Saal für ca.500 Besucher für die Gitarre ideal. Aber wasist, wenn 1200 Menschen kommen möchten?Es ist nicht dasselbe, das Konzert dann ebenzweimal zu spielen. Und was würde das Pu-blikum dazu sagen? K.W.: Das Publikum hat oft große Schwierigkei-ten damit, einen anderen Saal als den gewohn-ten für Konzerte einer bestimmten Größenord-nung zu akzeptieren. Es gibt einen gewissen
dere mögen das sicherlich ganz anders se-hen, es ist eine reine Frage der Vorliebe.K.W.: Denken Sie, dass es daran liegt, dass vieleseiner Werke sehr von Segovia inspiriert sind?J.B.: Nein. Segovia hat sehr viele Menscheninspiriert, auch mich. Ich denke nicht, dassdies der Punkt ist. Ich denke, er hat einefurchtbar große Einfachheit in seinenStücken, die nicht von Inspiration geprägtist. Früher, das heißt vor dem Krieg, hat ereinige Stücke geschrieben, die mehrOriginalität hatten, als die Stücke, die er inden letzten 25 Jahren seines Lebens geschrie-ben hat. Die Sonate ist sicherlich keine großemusikalische Entdeckung, aber sie hat Char-me und einen sehr erfrischenden Humor. Ichdenke, man kann sie mit Freude und Zu-friedenheit spielen. Ja, sie hat Charme undGrazie, sie ist ein Stück, das sozusagen tanzt.Ich glaube, vor 25 Jahren wäre diese Sonatenicht so interessant zu spielen gewesen, aberheute schon. Es ist nicht „Kitsch“, es ist … esgibt kein Wort, das es genau beschreibenwürde. Früher hätte es nicht funktioniert,aber heute geht es.K.W.: Also können wir davon ausgehen, dass SieCastelnuovo-Tedesco in den nächsten Jahren öf-ter in Konzerten spielen werden?J.B.: Ich habe immer die Sonate und auch ei-nige andere Stücke von ihm gespielt. Genauwie Castelnuovo-Tedesco ist auch Ponce einguter, aber nicht überragender Komponist,aber einige seiner Stücke haben einen ganzeigenen Charme. Ponce ging als Mexikanernach Deutschland, um zu studieren. Ichglaube, er hätte besser in Frankreich stu-diert. Das heißt, eine kurze Zeit hat er dasauch, aber seine Stücke haben etwas sehrDeutsches. Sie sind gut, aber ich glaube, erkomponierte besser, wenn er entspannt war,wenn er Musik schrieb, die seiner Natur ent-sprach. Wenn er dies nicht tat, bekamen sei-ne Stücke etwas Popartiges, und das ist si-cherlich nicht so interessant.K.W.: Welche Pläne haben Sie für die nächstenJahre?J.B.: Ich lebe mein Leben in gewisser Hin-sicht von Tag zu Tag. In anderer Hinsicht le-be ich es von Jahr zu Jahr. Im Moment istmein Leben sehr konzentriert und kompri-
Am 15. Juli dieses Jahres wurde Julian Bream 75 Jahre alt. 2002, vor
gut fünf Jahren, hat er seine Konzertkarriere beendet.
In Gitarre & Laute stand der Name des großen Musikers natürlich
häufig. Mehrere Interviews sind erschienen, Besprechungen von Aus-
gaben und Platten und sonstige Berichte. Seit er fünfzig wurde, sind
seine„runden Geburtstage“ hier gewürdigt worden.
„Vivat“ heißt es auch jetzt wieder. Als Julian Bream uns dieses Interview
im Jahre 1995 gab, erschreckte ihn der „Gedanke, überhaupt keine
Konzerte zu geben, furchtbar.
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Snobismus, mit dem die Leute sagen, wer in einem so kleinen Saalspielt, kann nicht sehr gut sein. Es muss ein Student oder ein sehr jungerMusiker sein. Wir haben hier einen wunderschönen Saal in einem Muse-um mit 250 Plätzen, auf den dies zutrifft. Für Sie wäre dieser Saal idealmit seiner sehr privaten Atmosphäre und seiner antiken Einrichtung.J.B.: Ich würde dem zustimmen. Aber wenn ich in London bin, spieleich normalerweise in der Wigmore Hall, die 560 Plätze hat. Aberwenn ich einen Saal wie diesen hätte, würde ich darin auch in Lon-don spielen. Wir haben natürlich größere Säle, aber die sind dannschon wieder zu groß und deshalb nicht gut für die Gitarre. Und hierspielt die Akustik wieder die große Rolle, wenn sie in einer großenHalle nicht gut ist, ist die Inspiration für das Publikum nur halb sogroß. Das ist für mich das Wichtigste. Wenn die Akustik gut ist,spielt es keine Rolle, ob der Saal für 100,300 oder 1000 Leute passt.Mein Manager weiß das, und er muss flexibel sein mit meinem Ho-norar, denn natürlich können Konzertveranstalter in Sälen für 100Personen nicht genug Geld verdienen. Ich habe immer gesagt, manmuss sein Honorar den Sälen anpassen.K.W.: Haben Sie Interesse an der Entwicklung der Gitarrenszene in derZukunft? Kennen Sie einige jüngere Gitarristen?J.B.: Ich kenne nicht viele junge Gitarristen; die meisten sind Studen-ten aus meinen Meisterklassen. Ich höre sehr viele Konzerte im Ra-dio, und ich höre alles an Gitarrenmusik, was ich bekommen kann.Ich bin sehr interessiert daran, wie die jüngere Generation spielt,was sie spielen und wie sie es spielen. Manchmal höre ich andere Gi-tarristen, und ich bin begeistert, wie ausgezeichnet sie spielen. Ichglaube, heute gibt es viele sehr gute Gitarristen, und es inspiriertmich, sie zu hören. Natürlich spielen Sie in einem anderen Stil, mehrtechnisch und nicht so romantisch geprägt. Sie benutzen nicht dievielen Möglichkeiten der Klangfarben der Gitarre, die rechte Hand istfixiert. Auch die dynamische Skala wird nicht so ausgenutzt wiefrüher. Aber die Möglichkeiten, die junge Gitarristen heute haben,sind faszinierend. Im technischen Bereich werden so viele Dinge ge-macht - die schwierigen Paganini-Stücke zum Beispiel - es ist un-glaublich, was heute möglich ist. Ich denke, der Unterschied zwi-schen früher und heute ist, dass heute der athletische Aspekt einegrößere Rolle spielt als der musikalische Aspekt. Das war zu meinerZeit anders. Für mich ist das Expressive in der Musik das Wichtigste.Für einige jüngere Musiker - nicht für alle natürlich ist der Effekt,den ein Stück auf das Publikum hat, wichtiger. Ich denke, daskommt von der zunehmenden Wettbewerbs-Atmosphäre, in der dieMusiker heute leben. Jeder will brillanter und besser sein, als der an-dere. Aus künstlerischer Sicht sehe ich keinen Grund dafür. Mit Mu-sik sollte man Gefühle ausdrücken und mit anderen Menschen kom-munizieren. Ich denke, man kann Musik nicht als eine Art Sportbehandeln. Ich kann es jedenfalls nicht.K.W.: Vielleicht ist es dasselbe mit dem Generationsunterschied beiGitarrenbauern. Sie bevorzugen immer noch ihre Hauser, aber es gibtdoch so viele neue Gitarrenbauer, die sehr gute Instrumente bauen. Washalten Sie von denen?J.B.: Es ist wie bei vielen Dingen. Man baut ein Instrument, mankann eine gute Kopie eines Instruments machen. Aber wenn mannicht ständig die Qualität im Sinn hat, die Idee, die „Persönlichkeit“der Gitarre, dann wird es nicht richtig. Das Problem vieler junger Gi-tarrenbauer ist auch, dass sie bauen, aber nicht lernen. Es ist wieüberall im Leben: Das ganze Leben ist ein ständiger Prozess des Ler-nens und Ausprobierens. Ein Gitarrenbauer sollte schon sehr früh an-fangen zu lernen; der Lernprozess muss sehr langsam und vorsichtigvorangehen. Ein Gitarrenbauer sollte eine richtige Lehre machen, miteinem Testinstrument, das gut genug sein muss, damit der Gitarren-bauer eine Werkstatt eröffnen kann. Das mag restriktiv klingen undaltmodisch sein, aber auf der anderen Seite ist es eine Frage derQualität. Viele haben einfach eine romantische Idee des Gitarren-baus und vergessen darüber, dass es ein schlichtes Handwerk ist,mit mechanischer Arbeit, die gut gemacht werden muss. Und esgibt zu viele Leute, die nicht wissen, was sie wollen. Sie haben keineVergleiche. Wenn jemand sagt:„Das ist ein gutes Instrument“, dann
Neuerscheinungen zum
75. Geburtstag von Julian Bream
Von Peter Päffgen
Anlässlich seines 75. Geburtstages sind zwei CD-Produktionenmit Aufnahmen von Julian Bream neu erschienen – eine da-von enthält frühe Aufnahmen, die er 1956 für die Plattenge-sellschaft Westminster gemacht hat, die andere einen Quer-schnitt durch die zahllosen Produktionen für RCA.
Julian Bream plays Dowland and Bach
Aufgenommen 1956, erschienen 2008
Deutsche Grammophon (deutschegrammophon.com) 2 CD
00289 477 7550
The Essential Julian Bream
Werke von Tárrega, Villa-Lobos, Malats, Turina, Roussel,
Walton, de Falla, Pujol, Britten, Sanz, Aguado u.a.
Aufgenommen zwischen 1959 und 1991, erschienen 2008
SONY-BMG (sonybmgmasterworks.com) 2 CD 88697214422
Noch bevor es einen Trend namens „Alte Musik“ gab, spielteJulian Bream Laute. Sein Vater hatte ein solches Instrumentmit nach Hause gebracht, eine sechssaitige Gitarrenlaute zwar,aber die hatte Thomas Goff für ihn in ein chöriges Instrumentumgebaut. Bream lernte den Sänger Peter Pears kennen undseine vielleicht allererste Schallplatte (DECCA LW 5243, aufge-nommen 1955) enthielt Lautenlieder von John Dowland. Sän-ger war Peter Pears … „That was one of my very first commerci-al recordings but I don’t remember anything about it.” Nach die-ser DECCA-Produktion begann Breams Zusammenarbeit mitWestminster, aus der übrigens mehr Platten entsprangen, alsTony Palmer in der Diskographie in seinem Buch „Julian Bre-am: A Life on the Road“ (London, Sidney 1982) nennt.Was die Laute angeht, blieb Julian Bream der Musik der elisa-bethanischen Zeit treu und da speziell den Solostücken undLiedern von John Dowland. Die CD der Deutschen Gram-mophon enthält den musikalischen Inhalt einer Westminster-LP mit Solostücken von Dowland, einer LP mit „Ayres“ vonDowland, aufgeführt zusammen mit den „Golden AgeSingers“ und einer mit Werken von Johann Sebastian Bach …„It was the first time a record of a plucked instrument had fea-tured one composer”.In Richtung Authentizität orientierte Musikliebhaber hattennicht wirklich Freude an Julian Breams Lautenspiel. Das wus-ste er selbst: „They’re always critical of me. It’s something I gotused to. I don’treciprocate.“ Sei-ne Lauten vonGoff waren kei-ne originalge-treuen Nachbau-ten. Um dasSpiel mit Fin-gernägeln zu er-lauben, bestandnicht nur deroberste Chor,die Chanterelle,aus einer einzel-nen Saite, son-dern minde-stens zwei Chö-
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re. Auch mit dem Fingernagelanschlag hängt die Tatsache zu-sammen, dass die Goff-Lauten erheblich schwerer gebaut wa-ren, als man es heute von Lauten gewohnt ist, die nach altenVorbildern gebaut sind. Mit Fingernägeln braucht man höhereSaitenspannungen und die sind bei den leicht gebauten Lau-ten nicht möglich. Also wurden schwerere Instrumente ge-baut, die vor allem dickere Decken erlaubten. Ein weiteres mo-difiziertes Detail, wenn auch ein scheinbar weniger bedeutsa-mes, sind die fest installierten Bünde, die die Lauten von Goffhatten, Bundstäbchen wie auf der modernen Gitarre. Dabeikommt der Begriff „Bünde“ schließlich von „binden“, und ge-bunden hat man Darmsaiten um den Lautenhals, und diese„gebundenen Bünde“ konnte man je nach Stimmung verschie-ben.Aber mehr noch: Ansichten über Phrasierung und Akzentu-ierung haben sich seit Julian Breams ersten Versuchen mit derLaute grundsätzlich verändert. Vergleicht man die Aufnahmenmit denen von Paul O’Dette oder Jakob Lindberg, um nurzwei Lautenisten heutiger Zeit zu nennen, dann hört man,dass da eine ungeheure Wandlung vorgegangen ist, und zwarkeine Wandlung hin zu blasser, verstaubter Authentizität, son-dern eine zu höherer Musikalität, zu leichterer, schwingender
Darstellung, zuvöllig andersar-tigen Beto-nungsmusternund zu einerneuen Virtuo-sität, die sichaus der rekon-struierten An-schlagstechnikentwickelt hat.Heute sind esLautenisten, dieda Laute spielenund keine Gitar-risten!Und doch: Juli-
an Bream war der Erste, der auf internationalen Bühnen Lautegespielt, der die Laute wieder bekannt gemacht hat. Zu einerirgendwie gearteten Szene für Alte Musik hat er nie gehörtund das wollte er vermutlich auch nicht … denn unumstrittenwar und ist Julian Bream als Gitarrist!Bach (unter anderem Chaconne und PFA) finden wir auf CD Nº2 der Deutsche Grammophon-Anthologie, die Trio-Sonate BWV525 auf der SONY-BMG Geburtstags-CD, gespielt zusammenmit George Malcolm, Cembalo. Bei der Zusammenstellung die-ser letzteren CD hat man offenbar nicht auf die großen Super-hits des Gitarrenrepertoires gesetzt, sondern auf seltenergehörte Preziosen. Gut, mit „Recuerdos de la Alhambra“geht’s los und es kommen auch ein paar Etüden von HeitorVilla-Lobos aber auf so manchen ausgetretenen Renner hatman weise verzichtet. Dafür gibt es die mehr als selten gehör-ten „Courtly Dances“ aus „Gloriana“ von Benjamin Briten, fürdie das Julian Bream Consort mit Robert Spencer, DesmondDupré und anderen angetreten ist. Und „Invocación y danza“ist zu hören, ein Stück Musik, das meiner Meinung nach zuden besten gehört, die im letzten Jahrhundert für Gitarre ge-schrieben worden sind.Julian Bream war die Musikerpersönlichkeit der zweiten Hälftedes 20. Jahrhunderts, an der sich Generationen von Gitarristenorientiert haben. Seine Repertoirewahl hat man zum Vorbildgenommen, seinen kompromisslos analytischen Zugang zuden Stücken, die er spielt und seine schnörkellosen und doch
frage ich „verglichen womit?“ Darauf wissen die meisten keine Ant-wort.K.W.: In der Vergangenheit hatten Sie eine sehr gute Beziehung zu den Gi-tarrenbauern Romanillos und Rubio. Sie haben bestimmt gegenseitig vielvoneinander gelernt.J.B.: Ja, sicher. Ich weiß sehr genau, was eine gute Gitarre ist; vieleGitarristen spielen zwar eine gute Gitarre, aber sie wissen es nicht.Na ja, ich bin immer sehr interessiert daran, mich mit einem Gitar-renbauer darüber auszutauschen, was für mich eine gute Gitarre aus-macht. Aber was für mich gut ist, muss für andere noch lange nichtgut sein. Ich möchte Gitarrenbauer dazu bringen, ein gutes Musikin-strument zu bauen, nicht nur eine gute Gitarre. Und ein gutes Musik-instrument hat viele Eigenschaften. Die erste ist, dass der Klang einenatürliche Qualität hat, und dass Höhen und Tiefen ausgewogensind. Zu mir sind oft Leute gekommen und sagten: „Ich habe einephantastische Gitarre gehört, die musst Du auch hören“. Ich wardann oft ein bisschen enttäuscht; es ist viel besser zu sagen: „Es gibtda eine Gitarre, die Dir möglicherweise gefallen wird“. Psychologischgesehen bin ich dann vielleicht offener. Wirklich gute Dinge sind soselten. Heute gibt es zwar viel mehr von allem, aber es wird nichtunbedingt mehr gutes. Ich war neulich in einem Warenhaus, dorthingen 260 Gitarren.K.W.: Aber die waren nicht alle handgemacht?J.B.: Vielleicht höchstens die Hälfte. Sehen Sie, nur weil ein Gitarren-bauer die Publicity bekommt, dass Segovia eines seiner In-strumente spielt, ist das noch lange keine Garantie dafür, dass alleseine Gitarren gut sind. Ein anderes Beispiel: Der junge Hauser – derEnkelsohn – konnte recht gute Instrumente bauen, und ich versuch-te, ihm ein wenig zu helfen. Dann sah ich ihn zufällig wieder, under war dabei, einen Kurs in Wirtschaftslehre zu absolvieren. Was hatdas mit Gitarrenbau zu tun? Ich war zunächst schockiert, aber so istes heute: Du musst Dich auch selbst vermarkten können. Das isthart, und ich glaube, der alte Hauser – der Großvater – hätte sichwohl im Grab umgedreht darüber, dass sein Enkel Wirtschaft stu-diert, anstatt Gitarren zu bauen. Aber so ist es heute.K.W.: Vor einigen Jahren haben Sie Ihre Schallplattenfirma gewechselt.Waren Sie mit Ihrer alten Firma RCA nicht mehr zufrieden?J.B.: Nein, so kann man das nicht ausdrücken. Wissen Sie, die Bezie-hung zwischen einem Künstler und seiner Schallplattenfirma musszunächst eine künstlerisch-produktive sein. Wird der kommerzielleAspekt zu stark, engt dies zwangsläufig künstlerische Freiheiten ein.Natürlich ist mir klar, dass sich eine Produktion mit zeitgenössischerMusik nicht so gut verkauft wie eine andere, mit den Hits des spani-schen Repertoires. Aber als Künstler habe ich nicht primär an Ver-kaufszahlen Interesse, wie die Schallplattenfirma. Das ist ein unauf-lösliches Spannungsfeld. Ausschlaggebend für den Wechsel zu EMIwaren Zusagen, die mir größere Freiheit in der Auswahl des Reper-toires gegeben haben. Außerdem war ein ganz wichtiger persönli-cher Punkt, daß mein langjähriger Produzent, James Burnett, mitdem ich über 25 Jahre fast alle meine Aufnahmen gemacht habe, da-mals gerade starb und ich mir sowieso einen neuen Produzenten su-chen mußte. Daher war der Wechsel für mich auch nicht mehr soschwer.K.W.: Eine Frage möchte ich noch zum Abschluss stellen: Wird es vondem Duo Bream/Williams in Zukunft etwas Neues zu hören geben?J.B.: Ich glaube wohl nicht. John und ich sind gute Freunde und ha-ben ständigen Kontakt, aber alles hat seine Zeit. Als wir unsere Kon-zerte und Aufnahmen vor über 20 Jahren machten, passte das genauin die Zeit. Es war ein Happening, wir hatten sehr viel Spaß zusam-men, aber wir sind eben zwei Solisten. John war mehr an seinen ver-schiedenen Musikgruppen interessiert, und ich habe auch meine ei-genen Projekte gehabt. Heute das Duo wiederzubeleben, wäre nichtspontan wie damals, sondern wäre geplant mit einer bestimmtenZielsetzung. Als die drei Tenöre zum ersten mal 1990 in Rom zusam-men aufgetreten sind, war das auch ein Happening. Alle hatten ihrenSpaß an der Sache. Vier Jahre später war es nur noch Geschäft: KeineMusik und kein Spaß.K.W.: Vielen Dank für das Gespräch.
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sehr persönlich gefärbten Interpretationen.2002 hat Julian Bream unwiderruflich seine aktive Karriere be-endet … „although he still practises every day.“ Es war der ein-flussreichste Gitarrist der letzten fünfzig Jahre, das steht ohneZweifel. Jetzt hat er sich zur Ruhe gesetzt und man kann Juli-an Bream nur eine gute Zeit wünschen … und man sollte ihmdanken für zahllose Anregungen, für Werke, die für Gitarre ge-schrieben worden sind, weil er die Komponisten dazu ange-regt hat und schließlich für zahllose Stunden, in denen manseine Musik live oder zuhause von Konserve hören durfte.Happy birthday, Maestro!Eine DVD möchte ich noch würdigen, die schon vor einigenJahren für verschiedene Fernsehstationen angefertigt wordenist. Dort sind es acht Sendungen gewesen von knapp dreißigMinuten:
The Guitar in Spain: Julian Bream ¡Guitarra!
The Chamber Orchestra of Europe, Sir Charles Groves
Directed by Barrie Gavin
ARTHAUS Musik (Arthaus-Musik.com) 102 003
Nein, diesmal kein Konzert, das für das Medium DVD aufge-nommen und gefilmt worden ist! Wir begleiten Julian Breamüber drei Stunden auf einer Reise durch Spanien und durchdie spanische Musikgeschichte. Sevilla, Granada, Barcelona, To-ledo … das Land der „Spanish Guitar“, wie die klassische Gi-tarre in England immer noch heißt. Der Maestro erzählt selbst und er spielt Renaissance-Gitarre,Vihuela, Barockgitarre und schließlich moderne Konzertgitarre.Natürlich spielt er die historischen Instrumente so wie einmodernes und natürlich ist er spätestens ab der Klassik, dasheißt der Musik des frühen 19. Jahrhunderts, unnachahmlichgut. Aber auch die Geschichten, die er über die frühere Gitar-renmusik erzählt, sind amüsant und jedenfalls hörenswert.Und er erzählt sie nicht in einem Studio oder einem Hörsaal.Einmal ist es eine Tapas-Bar in Barcelona, ein anderes Mal dieKathedrale von Sevilla, wo im 16. Jahrhundert Alonso Mudarraals Geistlicher tätig war. Das ist begreifbare Musikgeschichte… und es ist eine spannende Rundreise durch Spanien. Von Fe-lipe Pedrell wird erzählt, natürlich von Granados und Albéniz,dann von Manuel de Falla und den anderen.Jeder „Kleinmeister“ habe ein Werk geschrieben, meint Bream,das erstklassig ist, manchmal auch zwei … bei Sor waren dasdie Mozart-Variationen op. 9, die hier auch gespielt werden:„the jackpot!“. Dann spielt er ein Wenig Aguado und schließ-lich, wir sind in Córdoba,kommt der Flamenco-Gitar-rist Paco Peña mit ins Spiel.Wie viele Aspekte des Fla-menco sind in der Gitarren-musik des 20. Jahrhundertsaufzuspüren? Wie hat derFlamenco, die Musik der an-dalusischen Zigeuner, die„Kunstmusik“ beeinflusst?Viele Fragen, die man sich,was Gitarrenmusik angeht,immer wieder stellt, werdenhier zumindest angespro-chen … wenn nicht teilweisebis manchmal auch ganz be-antwortet. Und wenn sienicht beantwortet werden,hat man jedenfalls eine Zeitunterhaltsam verbracht!
Auf das Interview mit Julian Bre-
am, erschienen in Gitarre & Lau-
te XVII/1995/Nº 5, S. 8-11, kamen
folgende Leserbriefe, die auch
veröffentlicht wurden.
Sehr geehrter Herr Päffgen,Im Hinblick auf die vielen Anrufeund Zuschriften, die ich auf das inHeft 5/1995 (September/Oktober)veröffentlichte Interview mit HerrnJulian Bream erhalten habe, sehe ichmich zu nachfolgender Klarstellungveranlasst:Ich habe weder ein Wirtschafts-studium begonnen, noch den Gitar-renbau aufgegeben oder einge-schränkt. Selbstverständlich habeich mich, wie alle anderen auch, imRahmen meiner Ausbildung zum In-strumentenbaumeister auch mit be-triebswirtschaftlichen Dingen be-schäftigen müssen. Dies gehört inder heutigen Zeit allerdings leiderdazu, um das Überleben des Betrie-bes sicherzustellen, und ein solcherBetrieb ist nun einmal die Grundla-ge für ein solides Handwerk. Ich binauch durchaus der Ansicht – auchwenn das hier etwas unbescheidenklingen mag –, dass mein Großvatersich keineswegs ob meiner Leiden-schaft zum Gitarrenbau und derQualität meiner Gitarren schämenund „im Grab umdrehen muss.“ Sol-che Äußerungen des Herrn Bream,den ich und meine Familie als Künst-ler sehr schätzen, kann ich nur mitäußerstem Befremden zur Kenntnisnehmen. Es bleibt Herrn Breamselbstverständlich unbenommen,sich über die Eigenschaften meinerGitarren zu äußern, dies sollte aberdifferenziert und qualifiziert gesche-hen, wie wir es im übrigens auchsonst von ihm gewohnt sind.
Hermann Hauser III,Zupfinstrumentenbaumeister
Erschienen in G&LXVII/1995/Nº6, S. 4
Als begeisterter Besitzer einer Hau-ser-Gitarre und guter Freund der Fa-milie Hauser, besuchte ich diesenSommer den Gitarrenmeisterkurs inReisbach. Bei einem Glas Wein er-zählte mir Hermann Hauser von sei-ner letzten Begegnung mit JulianBream. Er habe Julian Bream erzählt,dass er für seine bevorstehendeMeisterprüfung auch Fächer wieBuchhaltung, Wirtschaft etc. besu-chen musste. Hermann Hauser bautseit seiner bestandenen Prüfungweiterhin exzellente Musikinstru-mente. Wie erstaunt war ich da, alsich im letzten Heft von Gitarre &Laute (5/1995) folgende Unwahrheitlesen musste. Julian Bream sagt zuseinem Interviewer Klaus Wollny,Hermann Hauser studiere Wirtschaftanstatt Gitarren zu bauen.Was soll das? Ich bin mir nicht si-cher, ob solche Fehlinformationenaus purer Bosheit oder wegen über-
setzungsfehlern geschrieben wer-den.Mit freundlichen Grüßen
Gares SzowgvayErschienen in G&L
XVIII/1996/Nº 1, S. 4
Sehr geehrter Herr Päffgen,hiermit nehmen wir Bezug auf dievorliegende deutsche Übersetzungdes Interviews mit Julian Bream inGitarre & Laute, Heft 5, S. 11. Dortgeht es in einem Abschnitt um denGitarrenbauer Hermann Hauser III.Es entsteht dabei der Eindruck, die-ser erstklassige Instrumentenma-cher würde heute keine Gitarrenmehr bauen, sich dafür aber mitWirtschaftslehre befasse. Dies ist sonicht richtig, wie Gitarre & Lauteselbst vor einiger Zeit über die Hau-sers berichtet hat. Hermann HauserIII. baut nach wie vor handgefertig-te Gitarren von allerhöchster Quali-tät. Zu seinen Kunden zählen vieleerstklassige Namen, u.a. auch JulianBream. Wenn ein junger Mann einegroße Familientradition fortführt,werden sich bestimmt weder Groß-vater noch Vater „im Grab umdre-hen“, wenn der Enkel bzw. Sohn ei-nen Wirtschaftskurs belegt, um inder heutigen Zeit die Wirtschaftlich-keit des Unternehmens zu optimie-ren und das Überleben des Familien-betriebs zu sichern. Es wäre beinahetöricht, in dieser Hinsicht keine Aus-bildung zu nutzen. Bildung schadetnicht. Wir schätzen Herrn Breamsehr und ebenso Herrn Hauser, sodass wir uns veranlasst sehen, dieseunglückliche Note in besagtem In-terview zu kommentieren. WasWahrheit ist, muss eben Wahrheitbleiben.Mit freundlichen Grüßen
Volker Niehusmann –Folkwang Gitarren Duo
Erschienen in G&LXVIII/1996/Nº 1, S. 4
Ich frage mich, ob ich der einzigebin, dem es so geht, doch kann ichnichts die Gitarrten von HermannHauser III. diskreditierendes in demoben genannten Interview erken-nen. Im Gegenteil: Julian Bream äu-ßert sich meiner Lesart nach sehrpositiv über die Gitarren von Her-mann Hauser, nur beklagt er eineZeit, in der es nicht mehr ausreicht,hervorragende Gitarren zu bauen,sondern auch wirtschaftswissen-schaftliche Betätigung notwendigist; eine Zeit in der das „Klappern“nicht mehr nur zum Handwerk dazu-gehört, sondern mit Voraussetzungfür wirtschaftlichen Erfolg ist. EineEinschätzung, die ich durchaus teile.Mit freundlichen Grüßen
Thomas Schall, SulzbachErschienen in G&L
XVIII/1996/Nº 3, S. 4
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Die Lautenwerke von Santino Garsi da ParmaGesamtausgabe der handschriftlich überlieferten Quellen
Faksimile mit Übertragung und Kommentarvon Dieter Kirsch
Die Hauptquellen für die Werke des bedeutenden Lautenmeisters Santino Garsi da Parma,die Handschriften mus.ms.40032 und 40153 der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek,
galten seit dem zweiten Weltkrieg als verschollen.Lediglich in der Dissertation von Helmut Osthoff („Der Lautenist Santino Garsi da Parma“ 1926)waren sie den heutigen Musikern und Wissenschaftlern in Übertragungen für Klavier zugänglich.
Die neue Ausgabe sämtlicher Lautenwerke verbindet erstmalig Quellen in Faksimile(auch die der erst jüngst wiederentdeckten Berliner Handschriften)
mit Übertragungen im G- Schlüssel-System (für Gitarre)
Santino Garsi da Parma, Sämtliche Werke für Laute, 120 S.,Großformat, GL 148, EUR 30,--
MusiCologne Ltd., Kölnhttp://www.MusiCologne.eu
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Joseph Kreutzer (1790–1840)
Johann Gaitzsch:So, wer war überhaupt dieser Joseph Kreutzer?
Joseph Kreutzer:Six Variations avec Introduction pour Deux Guitarres
sur le Thème de l’Opera: Der Freischütz »Wir winden dir den Jungfernkranz«Erste Neuausgabe hrsg. v. Peter Päffgen
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Werkeverzeichnis Joseph Kreutzer (erstellt von Johann Gaitzsch)
0p. Ttitel Tonart Verlag PLN
2 Quatuor pour flûte, violon, alto et violoncelle (n.1) D Simrock3 2 Quintetti pour flûte, violon, 2 alto et violoncelle ?/C Simrock 16505 2 Quatuors pour flûte,violon, alto et violoncelle (n.2/3) e/G Simrock6 6 Variations avec introduction pour 2 g concertantes sur un thème de „Freischütz“ D Bachmann 1657 6 Variations pour guitare sur le thème de Mozart „Wer ein Liebchen hat gefunden…“ a Bachmann 1499 4 Trios pour flûte, violon et g A/e/D/C Simrock 2062/6
10 6 Variations brillantes pour g sur l’air „A Schisserl…“ Simrock 189111 6 Variations pour la g C Simrock12 6 Variations pour la g sur l’air „God save the King“ D Simrock 189313 6 Variations pour g sur le thème „Kind willst du …“ A Simrock 208714 8 Variations pour g sur un air favori tyrolien A Simrock 208615 6 Variations brillantes pour g sur un air tyrolien A Simrock 261016 Grand Trio pour g, flûte, clarinette (alto) A Simrock 2408
17 12 Pièces amusantes pour guitare Simrock18 Trois grand duos concertants pour deux violons ?/E/Ab Bachmann 30620 Trois Quatuors pour 2 violons, alto et violoncelle ?/C/Bb Simrock 258721 Quatuor pour flûte et cordes (nr.4) F23 Trois Rondeaux pour la g D/G/A Simrock 286425 Variations faciles sur la romance de „Joseph,“ (violon & p.-f. ou quatuor à cordes) D Mompour27 Trost im Leiden (voice & p.-f.) SeverinWoO 12 Pièces pour 2 flûtes et g BachmannWoO 10 Variations sur l’air allemand: „Mein Schatz ist ein Reiter“ pour g 2853WoO Quatuor brilliant (op.1 ?) A SimrockWoO Ouvert. de Lodoiska p. Flûte, Violon et Guitare Simrock (AMZ, 1
Etude A (in
So, wer war überhaupt
dieser Joseph Kreutzer?
von Johann Gaitzsch
So lautet die irgendwie frustrierteFrage im Booklet einer der zahlrei-chen CD-Einspielungen von JosephKreutzers „Grand Trio“ op. 16 für
Flöte, Klarinette und Gitarre. Andere Aussa-gen fallen einem in die Hand, wenn mandas Internet nach „J.K.“ durchsucht, unteranderem die Bezeichnung „das Phantom Jo-seph Kreutzer“ oder die peremptorische Be-hauptungen „er hat nichts zu tun mit Beetho-vens Kreutzer-Sonate “ oder etwa „obwohl un-bekannt, kann man ihn vom Höreindruck hereinordnen: Seine luftigen, reizenden Melodienerinnern irgendwie an Mozart …“Wie kann man „das Phantom Joseph Kreut-zer“ demaskieren? Zuth gibt keine biogra-phischen Informationen. Bone zitiert Pratder veröffentlichte, J.K. sei ein Bruder desberühmten französischen Geigen-VirtuosenRodolphe Kreutzer gewesen. McCutcheon zi-tiert Peter Danners Artikel in „Soundboard“Jahrgang 1981 und liefert kommentarlos dieJahreszahlen 1780—1849. Diese gehörenaber de facto zu Conradin Kreutzer. PeterDanner fasst die verfügbaren Informationenzusammen und kommt zu dem Schluss, dasswir, sieht man von den erhaltenen Ausga-
ben ab, buchstäblich nichts über JosephKreutzer wissen.In dem Band „Thematischer Katalog derMusikhandschriften nach 1600“ des RISM,ist ein Manuskript des „Quatuor pour la flû-te, violon, viole et violoncelle, par Jos.Kreutzer, Bonn et Cologne, chez N. SimrockNº 1190“ verzeichnet. Nach RISM ist der Au-tor ein Jean (Nicolas Auguste) Kreutzer(1778—1832). Kein Wort wird darüber verlo-ren, wie aus dem „Jos.“ ein „Jean“ gewor-den ist. Dass es innerhalb einer Generationmehr als drei Komponisten mit dem Namen„Kreutzer“ gegeben haben soll, war offenbarfür einige unvorstellbar, also verleugneteman kurzerhand Josephs Identität und dasses ihn überhaupt gegeben hat.Tatsächlich gibt es keinen Grund, Josephhinter einem seiner Namensvettern zu ver-muten – im Gegenteil! Whistling unterschei-det unmissverständlich zwischen sechs Trä-gern des Namens: Auguste (Jean Nicolas), B.(Bernhard? cf. infra), Conradin, Joseph, Paulund Rodolphe. Hardy, Biograph des Letztge-nannten nennt die im Taufregister der StadtVersailles aufgelisteten Geschwister Rodol-phes auf … ein Joseph ist nicht darunter. Nr.8, das jüngste der Geschwister, hieß Jean Ni-colas Auguste Kreutzer, geboren in Versail-les am 3. September 1778, und war selbstein brillanter Geiger und Nachfolger seines
Bruders Rodolphe am Konservatorium. Erstarb 1832.Conradin Kreutzer (1780—1849) war eindeutscher Komponist und hat Opern, Liederund Instrumentalmusik geschrieben. DerName „J.K.“ ist in seinen ansonsten rechtumfangreichen biographischen Unterlagennirgends erwähnt. Er war als Kapellmeisterin Stuttgart, Wien und Riga tätig. Nach Bonehat er zwei Stücke für Klavier und Gitarrekomponiert, eines davon, eine Polonaise op.10, hat Whistling erwähnt.Der Joseph Kreutzer, an dem wir hier in-teressiert sind, hat rund dreißig Stücke kom-poniert, die zwischen 1822 und 1828 beiden Verlegern Bachmann (Hannover) undSimrock (Bonn) herausgekommen sind: zehnStücke für Gitarre solo, ein halbes DutzendKammermusikwerke mit Gitarre und ein Dut-zend Werke für unterschiedliche Besetzun-gen. Unter den letzten sind ein Streichquar-tett mit dem Titel „Quatuor brilliant“ undein Set von drei „Duos concertants“ fürzwei Violinen. Dies könnte ein Hinweis dar-auf sein, dass der Komponist neben seinenFähigkeiten als Gitarrist auch ein pro-fessioneller Geiger war. Aber trotz der vielenerhaltenen Kompositionen und trotz ihresganz offensichtlichen Erfolgs sind von J.K.keine biographischen Spuren überliefert undwas diesen Punkt angeht, waren auch keineFortschritte zu erwarten.
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Fundort Mod. Ausgabe
KunzelmannDBs(1)CzBm(2)
DKk S.P.E.S (fac.)DKk Philomele
2062/67?/70 VOB Doblinger(D) Philomele(e)
DBsDKkVOBDBsVOB Philomeleed. Zimmermann
Belvin Mills
ed. (2) ZT (3)X2/3 ASsp
VOB Philomele
DDÜl
DBs
, 1832, Spalte 3 Intelligenzblatt
Ein möglicher Zugang zu Informationenallerdings war bisher offenbar nicht verfolgtworden: die Widmungsträger. Im Fall vonJ.K. führte dieser Weg sofort zum Ziel. Dieam ehesten Erfolg versprechende Spur wardie von Dr. Joseph Naegele, „médecin et che-valier“ und Widmungsträger von J.K’s opp 2und 3 (einem Quartett und einem Quintettfür Flöte und Streicher). Das „BiographischeLexicon hervorragender Ärzte“ nennt einedrei Generationen unfassende Ärzte-Dyna-stie mit dem Namen Naegele, ansässig inDüsseldorf. Unter ihnen gab es einen JosephNaegele (1782—1830), Professor für Chirur-gie in Düsseldorf, und er wird als Musiklieb-haber geschildert. Wir wissen zwar nicht, ober, Dr. Naegele, Liebhaber des Flötenspielswar, aber das kann man annehmen, weil Jo-seph Kreutzer ihm seine Flötenwerke gewid-met hat.Joseph Kreutzer scheint also irgendwie mitDüsseldorf verbunden gewesen zu sein. Die-ser Hinweis führte zu weiteren Untersuchun-gen im Düsseldorfer Stadtarchiv und brach-te mehr als zehn Musiker mit dem NamenKreutzer in dieser Region ans Tageslicht, diealle in der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-derts aktiv waren. Ein Bernhard Kreutzer(1805—1856), in Düsseldorf geboren, warMusikdirektor beim Fürsten von Baden undgründete die „Heidelberger Musikfeste“. Esist gut möglich, dass er der „Cousin Bernard
Kreutzer“ war, dem J.K. sein Op. 7 gewidmethat („Six Variations pour la guitare sur lethème de Mozart „Wer ein Liebchen hat ge-funden“).An diesem Punkt meiner Untersuchungen,im August 1999, fiel mir per Zufall ein Arti-kel über den Komponisten Norbert Burgmül-ler (1810—1836) in die Hand, erschienen ineiner Zeitschrift die ich zwar abonniert hat-te, die aber normalerweise keine Beiträgeüber Musik enthält. Norbert Burgmüller, un-terschätztes Genie der frühen deutschen Ro-mantik, verbrachte den größten Teil seineskurzen Lebens in Düsseldorf. Ich fragte so-fort Dr. Klaus Zehnder-Tischendorf, den Au-tor des Artikels, ob er, als Kenner der Düssel-dorfer Musikszene im frühen 19. Jahr-hundert, von einem Joseph Kreutzer gehörthatte. Bingo! Es stellte sich heraus, das J.K.in der frühen Romantik-Bewegung im Rhein-land eine bekannte Person war. Das Problemwar nur, das die Forscher, die sich mit demUmfeld von Mendelssohn, Spohr und Burg-müller befassten, an den Gitarrenwerken ei-nes Joseph Kreutzer nicht interessiert warenund sich daher nicht des Problems bewusstwaren, welches Gitarren-Historiker seit vie-len Jahren zu lösen versuchten. Da anderer-seits Gitarristen an Mendelssohn nur als ei-nem Lieferanten gefälliger Melodien fürTranskriptionen interessiert sind, hätte es esbei diesem status quo vermutlich noch vieleJahre bleiben können.Joseph Kreutzer wird nach 1814 als Konzert-meister und gelegentlich als Dirigent desDüsseldorfer Orchesters „Verein für Ton-kunst“ erwähnt. Dort finden wir seinen Na-men auch in Buchhaltungsunterlagen undauf Zahllisten. Die „Zeitung für die EleganteWelt“ berichtet in einem Bericht über dieKonzertsaison von 1815: „Herr Kreutzer jun.verdient besondere Erwähnung, weil er vorkurzem ein Violinkonzert von Fränzl in höch-ster Reinheit, Delicatesse und Fertigkeit aufge-führt hat. Mag dieser junge Mann nicht versäu-men, seine künstlerische Bildung seiner außer-gewöhnlichen Begabung entsprechend auszu-bilden. Wir bezweifeln nicht, dass er sich einesTages in der Musikwelt einen Namen machenwird.“J.K. erscheint wiederholt in der Burgmüller-Biographie von Kopitz. Nach Kopitz war erder Violinlehrer von Norbert Burgmüller undseines Bruders Friedrich. Der Vater der bei-den, August Burgmüller (1766—1824), warKapellmeister und Musikdirektor in Düssel-dorf und so der direkte Vorgesetzte vonKreutzer.In späteren Jahren wurde Kreutzer angeb-lich schrullig und streitsüchtig. Er stecktehinter der Opposition des Orchesters, mitwelcher der 24-jährige Felix Mendelssohn-Bartholdy während seines Düsseldorfer Auf-enthalts zwischen 1833 und 1835 konfron-tiert war.Ein gewisser Friedrich Kreutzer veröffentlich-te am 15.1.1838 in der Düsseldorfer Zeitung
die Vorankündigung eines Konzerts zu Gun-sten seines Cousins J.K.. Von Letzterem wur-de erzählt, er habe krankheitshalber seitüber einem Jahr nicht mehr arbeiten können– und das nach 33 Jahren loyaler und auf-opfernder Tätigkeit für das Orchester. Das Konzert fand dann auch am 19. April1838 statt. Auf dem Programm standen eineOuvertüre, verschiedene Vokalkompositio-nen, zwei Sätze einer Symphonie (heute ver-loren) von J.K., ein Violinkonzert von Spohrund eine Violin-Sonate von Beethoven, ge-spielt vom Organisator des Konzerts Frie-drich Kreutzer.Nach seiner Todesurkunde starb J.K. am 16.Juni 1840 in Düsseldorf an Schwindsucht.Zusätzlich steht zu lesen: „fünfzig Jahre alterJunggeselle, Musiker, geboren in Aachen, Sohndes geehrten Paul K., Musik-Professor in Aa-chen und von N.N., hier unbekannt.“ ÜberPaul Kreutzer ist nichts bekannt, außer, dasser, nach Whistling, einen Variationssatz überdas Lied „Milch ist gesünder“ für Violineund Cello, und einen weiteren über eine Me-lodie aus „Don Giovanni“ (nicht „Finch’hanil vino…, wie man vermuten könnte, son-dern über das berühmte Menuett) herausge-geben hat. Wenn Joseph Kreutzers Alter in dieser Ur-kunde korrekt war, muss er 1789 oder 1790geboren sein. Ein Anfrage bei der AachenerStadtverwaltung brachte heraus, dass am21. November 1790 ein „Wilhemus Josephusillegitimus“, illegitimer Sohn von WilhelmusKreutzer eingetragen ist. Das erklärt dasN.N. [NOMEN NESCIO: lat. den Namen weißich nicht – Anm. des Übersetzers] statt desNamens der Mutter in Josephs Geburtsur-kunde. Offenbar war der junge WilhelmusJosephus von seinem Stiefvater Paul Kreut-zer, vielleicht ein Onkel oder Vetter) adop-tiert worden, weil seine eigenen Eltern nichtin der Lage waren, für ihn zu sorgen Seinenersten Namen hat er dann abgelegt undübrig blieb „Joseph Kreutzer“. Diese Unbil-len, die Joseph in früher Kindheit erlebenmusste, erklären vielleicht seinen schwieri-gen Charakter und die Tatsache, dass er le-benslang Junggeselle blieb. Was wir abermit Sicherheit jetzt sagen können ist, dasser am 21. November 1790 in Aachen gebo-ren wurde und am 16. Juni 1840 in Düssel-dorf gestorben ist.Neben J.K.’s gedruckten Gitarrenwerken istbeim momentanen Stand der Forschungnichts weiteres über seine Aktivitäten als Gi-tarrist, Gitarrenlehrer und Komponist für Gi-tarre bekannt. Da beide Burgmüller-Brüderspäter gelegentlich für Gitarre komponier-ten, liegt die Vermutung nahe, dass Kreutzerihnen, neben dem Violinunterricht auch et-was Gitarrenspiel beigebracht hat. NorbertBurgmüllers „Ständchen“ für Klarinette, Vio-la und Gitarre, ein reizendes Gelegenheits-stück, kann stilistisch in die Zeit um 1825eingeordnet werden. Wir haben es bei die-sem Stück vielleicht mit einem stummen
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Classical & Beyond
Gitarren-Nacht
Alvaro PierriClassical Guitar Virtuoso
Ralph TownerJazz Guitar Icon
OttobrunnerKonzerte
Freitag, 17. Oktober 2008, 20Uhr
Wolf-Ferrari-Haus OttobrunnMünchen Ticket 089-54 81 81 81 WFH 089-60808-302
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KreuschBros.
Künstlerische Leitung: Cornelius Claudio Kreusch & Johannes Tonio KreuschPh
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Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 21
Revidiert und herausgegeben von Peter Päffgen
© auf Ausgabe und Stichbild 2008 by Peter PäffgenKritischer Bericht im Internet unter www.Peter-Paeffgen.eu
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INTRODUZIONE
Lento
Six Variations avec Introductionsur le Thème de l’Opéra: Der Freischütz
»Wir winden dir den Jungfernkranz«
pour Deux Guitarres concertantes
Dol.
Joseph Kreutzer (1790—1840)
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TEMA
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FINE
Die „Six Variations avec Introduction pour Deux Guitarres concertantes sur le Thème de l’Opera: Der Freischütz »Wir windendir den Jungfernkranz«“ erschienen als Plattennummer „165“ im Verlag Bachmann in Hannover. Das hier verwendete Exem-plar gehört der Kongelige Bibliotek in Kopenhagen und befindet sich dort in der Rischel & Birket-Smith-Sammlung [RISM-SigelDK-Kk].Die hier veröffentlichte Ausgabe kann zwar als PDF heruntergeladen und benutzt werden, Edition und Stichbild unterliegengleichwohl dem Urheberschutz: © 2008 by Peter Päffgen, Köln. Ein kritischer Bericht erscheint zeitnah zur Veröffentlichung inGitarre & Laute ONLINE im Internet unter: peter-paeffgen.eu. Strittige Fragen können im Internet geklärt werden: www.gl-blog.de.
Jytte Torpp Larsson, Catalogue of the Rischel and Birket-Smith Collection of Guitar Music in The Royal Library of Copenhagen,Columbus/Ohio 1989Johann Gaitzsch, So, wer war überhaupt dieser Joseph Kreutzer?, S. vorliegende Ausgabe von Gitarre & Laute ONLINE, S. 17-19und 30
Zeugen der wenig bekanten Seite unseresKomponisten zu tun.Im Laufe der Untersuchungen wurde auchdie Hypothese geprüft, es handle sich beidem Komponsten Joseph Kreutzer um zweiunterschiedliche Personen: einen Geigerund einen Gitarristen. Dieser Verdacht wur-de aber schnell verworfen, als das Werkver-zeichnis vorlag. Stücke für beide Instrumen-te sind auf die Schaffensperiode und aufdie verschiedenen Verleger gleichmässigverteilt, dabei überschneiden sich niemalsOpusnummern.J.K.’s bekanntestes Werk ist das oben ge-nannte Trio op. 16, bemerkenswert nichtnur durch seine ungewöhnliche Besetzungmit zwei Blasinstrumenten und Gitarre. Dieeröffnende Unisono-Skala zeugt vonBeethovenschem Selbstverständnis. DasSkalenmotiv ist Teil des ersten Themas, ei-nes geräumigen „Allegro risoluto“ in klassi-scher Sonatenform. Es wird von Kreutzerkunstvoll eingesetzt um die verschiedenenAbschnitte zu gliedern und wird ohne Un-terbrechung durch die Wiederholung der Ex-position, Durchführung und Reprise ge-führt. Der Gitarrenpart hat einige sehr inter-essante Soli, so zum Beispiel im „Adagio“in der Mitte und auch in der abschließen-den „Polacca“. Dieses feine Stück Kammer-musik war das erste Werk Kreutzers, das1921 in einer modernen Ausgabe verlegtwurde, und zwar als Nr. 9 der berühmtendunkelgrünen Reihe bei Zimmermann, her-ausgegeben von Heinrich Albert. VierzigJahre lang war dies Kreutzers einziges ver-fügbares Werk – bis in den sechziger JahrenKarl Scheit das Trio op. 9/3 bei Doblingerherausgab.Auch wenn die Werke unseres Komponistenschon einige romantische Merkmale aufwei-sen, ist er noch tief in der klassischen Zeitverwurzelt. Die meisten Solostücke für Gi-tarre sind Variationssätze, die Kammermu-sikwerke heißen Trios, haben Serenaden-Charakter, allerdings mit Eröffnungssätzenin Sonaten-Hauptsatz-Form. Zwei der Gitar-renstücke sind vermutlich verloren, die „12Pièces Amusantes“ op. 17 sowie „12 Piècespour deux Flûtes et Guitare“ (WoO) [Werkohne Opusnummer – Anmerkung des Über-setzers]. Gelegentlich bewegt sich Kreutzermit eigenen Wendungen etwas außerhalbeingefahrener Wege, hie und dort erinnernPassagen an Violintechniken wie zum Bei-spiel Arpeggien in hohen Lagen auf leerenSaiten. Seine Variationen über ein Themavon Mozart op. 7 sind eine interessante,technisch aber weniger fordernde Alternati-ve zu Fernando Sors Variationen op. 11.Dankend erwähnt seien
Dr. Klaus M. Kopitz, BerlinDr. Elisabeth Scheeben, Stadtarchiv DüseldorfDr. Klaus Zehnder-Tischendorf, Suhr
Übersetzung: Markus Grohen
30 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2
Frauchi, Frautschi, Frauči?Zum Problem der Transliteration
Unter Transliteration versteht man das buchstabengetreue Übertragen einesTextes in eine andere Schrift … also zum Beispiel von der kyrillischen in diehier gebräuchliche lateinische. Sie ist eine Methode der Aufarbeitung fremderTexte. Benutzt wird sie, um Wörter in fremden Schriften in ein anderes Buch-stabierungssystem einzugliedern, zum Beispiel in einem Lexikon oder einemWörterbuch. Transliterierte Wörter bieten allerdings dem Benutzer keinerleiHinweise darauf, wie sie ausgesprochen werden … sieht man von den diakri-tischen Zeichen ab. Diakritische Zeichen (von gr. Diakritikós, unterscheidend)sind zum Beispiel (im Deutschen) die Umlautpunkte über Vokalen, (im Franzö-sischen) die Akzente und (im Spanischen) die Tilde über dem „n“: „ñ“.
Wenn man Wörter in eine andere Schrift übertragen und dabei klare Hinweiseauf ihre Aussprache geben möchte, kann man sie auch phonetisch übertra-gen, das heißt, man schreibt sie so, wir sie in der Zielsprache ausgesprochenwürden. Im Fall von Alexander Kamillowitsch Frauchi, um den geht es hier,ist sein Name in dieser Schreibweise („Frauchi“) für einen deutschsprachigenTextzusammenhang falsch phonetisch übertragen. Hier müsste er „Frautschi“geschrieben werden – so wird er ausgesprochen.
„Frauchi“ ist die phonetische Umschreibung durch einen Engländer oderAmerikaner. Spricht man „Frauchi“ englisch aus, kommen wir dem deutschen„Frautschi“ wieder nahe! Das Verfahren der phonetischen Umschrift nenntman auch Transkription.
Der DUDEN (neueste Auflage von 2008) liefert eine Liste der kyrillischenBuchstaben übersetzt in „aussprachenahe Transkription” und „Transliterationnach DIN 1460“? So bürokratisch sich das Transliterieren nach Deutscher In-dustrie-Norm (DIN) auch anhören mag, man fände ein falsch transliteriertesWort in Verzeichnissen nie mehr wieder … oder gleich mehrmals, weil mansich nicht über die Schreibweise einigen konnte! Hier also die Erklärung,warum Frauchi nicht mehr Frauchi oder Frautschi geschrieben wird, sondernFrauči.
Dass hier in Comuterumgebungen solche Zeichen darstellbar sind, hängtdamit zusammen, dass der alte Zeichensatz ASCII (American Standard Codefor Information Interchange), in dem maximal 128 Zeichen darstellbar sind,ausgedient hat und man in Unicode (UCS-2) kodiert. Damit sind 65.536 Zei-chen darstellbar und eine internationale Kommission ist dabei, alle in denWeltsprachen benutzten Zeichen zu katalogisieren, numerieren und integri-eren. Daher also Frauči.
Vorschau auf die nächste Ausgabe von Gitarre & Laute ONLINE: Nachdemviele Leser der Zeitschrift ihr Bedauern geäußert haben, dass keineVorschauen auf die jeweils nächsten Hefte mehr veröffentlicht werden sollten,werden jetzt doch kurz und knapp die Themen genannt, mit denen sich hierAutoren und Redakteure beschäftigen.In Gitarre & Laute ONLINE XXX/2008/Nº 3 werden Sie folgende Namenwiederfinden: Nora Buschmann, Napoleon Coste, Antoine de L’Hoyer, JoaquínRodrigo … dabei werden besonders neue Notenausgaben bewertet undgewürdigt, es werden Gespräch geführt und Sie finden auch wieder Spielma-terial. Nach Mozart und Carl Maria von Weber in den letzten Ausgaben wirdes jetzt Gioacchino Rossini sein. Lassen Sie sich per Newsletter informieren:www.MusiCologne.eu. Und reden Sie mit: www.gl-blog.de!
Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 31
Notenausgaben von Gitarre & Laute
John W. Duarte
Danserie No. 2 für Gitarre solo€ 7,50 G&L 142Eduardo Falú
Gavota para Guitarra, Mit Fingersätzen versehen von Hubert Käppel, 2-3€ 5,00 G&L 112Eduardo Falú
Preludio del pastor€ 6,50 G&L 111Santino Garsi da Parma
Sämtliche Lautenwerke, Gesamtausgabe der handschriftlichen Quellen,Faksimile mit Übertragungen und Kommentar von Dieter Kirsch€ 30,00 G&L 148Jana Obrovská
Hommage à Choral Gothique f. Gitarre Solo, Revidiert von Milan Zelenka€ 8,50 G&L 122Jana Obrovská
Due Musici für zwei Gitarren€ 8,50 G&L 123
John W. Duarte
Danserie No. 2 für Gitarre solo€ 8,50 G&L 142Adrian Patino
Nevando Está, Für Gitarre bearbeitet von Eduardo Falú€ 6,50 G&L 120A. Robles und Jorge Milchberg
El Condor pasa, Für Gitarre bearbeitet von Eduardo Falú€ 6,50 G&L 116Ignace Strasfogel
Prélude, Elegie und Rondo für Gitarre, Herausgegeben von Volker Höh € 13,00 G&L 168Heinrich Marschner
Lieder mit Begleitung der Gitarre (Zwölf Lieder op. 5, Zwei Lieder vonGoethe), Herausgegeben von Oliver Huck€ 15,00 G&L 169
Der gesamte Katalog bei:
www.MusiCologe.eu
Gitarre-und-laute.de
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Alexandr Frauči in memoriam(1.4.1954--2.6.2008)
Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 33
Am 2. Juni 2008 starb in Moskau
Alexandr Kamillowitsch Frauči. Der
Musiker war am 1. April 1954 in Ros-
tow geboren, studierte später bei Nata-
lia Ivanova-Kramskaja am Moskauer
Konservatorium und arbeitete schließ-
lich als Leiter der Gitarrenklasse an
der Gnesins-Musikakademie in Moskau.
Die Musikwelt verliert einen sensiblen
Förderer der Gitarre, der sich beson-
ders für zeitgenössische russische Mu-
sik einsetzte. Seine Zusammenarbeit
mit Nikita Koshkin förderte zum Bei-
spiel die internationale Popularität
von dessen Musik.
Erinnerungen an SaschaVon Peter PäffgenAls ich Sascha Frauči kennenlernte, das war1988, gab es sie noch, die Sowjetunion. Füruns Westeuropäer war es damals mit einpaar Unbillen versehen, sich irgendwo imOsten dieser Gitarrenwelt zu treffen … aberfür ihn! Ich musste mich für mein Visum ander sowjetischen Botschaft, die sich zu derZeit noch im rheinromantischen Bonn be-fand, ein paar Stunden in eine Schlange War-tender stellen – für ihn standen Anträge anund immer wieder ermüdendes Warten undBangen auf dem Programm. Und das, um ineinen sozialistischen Bruderstaat reisen zudürfen, nicht nach Westdeutschland oder indie USA! Für Fraučis, Sascha reiste meistenszusammen mit seiner Ehefrau Mascha, wares schon schwierig, die Pässe ausgehändigtzu bekommen … aber die entsprechendenDevisen zu besorgen, war eine schier un-überwindliche Hürde.Dafür gab es die Festivals und Wettbewerbein sozialistischen Staaten. Esztergom war be-rühmt als Treffpunkt von Ossis und Wessis.Hier ging es! Hier traten westliche Musikerauf und als Gage gab es Kost und Logis undvielleicht ein paar Forint oder Złoty, die manjeweils im Land ausgeben musste. Musikeraus den Ostblockstaaten kamen, weil ihresozialistischen Brüder ihnen Sonderkonditio-nen einräumten und so eine Teilnahme er-möglichten.Na ja, in Tychy bin ich dann 1988 Saschazum ersten Mal begegnet. Beim Śląnska Je-sień Gitarowa, beim Schlesischen Gitarren-herbst war’s, bei diesem wunderbaren Festi-val, das damals noch von Edmund Jurkowskigeleitet wurde, dem visionären Gründer die-ser Veranstaltungsreihe. Tychy war ein Ost-West-Treffpunkt, wenngleich echte Treffenmit offenen Gesprächen und Diskussionennur bedingt möglich waren. Viele Teilneh-mer aus Ländern östlich des Eisernen Vor-hangs hatten gelernt, sich abzukapseln undlieber den Mund zu halten. Aber es ging. Dienächtlichen Treffen im Hotel Tychy nach denKonzerten waren legendär. Hier traf mansich und teilte, was man aus Duty-Free-Shops mitgebracht oder in den polnischenPEWEX-Läden gekauft hatte. Hier kamen
Schlagworte, die Michail Sergejewitsch Gor-batschow, von 1985 bis 1991 Generalsekretärder KPdSU, in Umlauf brachte. Die UdSSRwar, wie die meisten ihrer Vasallenstaaten,pleite und so wurden schnell Kontakte zuden prosperierenden Klassenfeinden im Wes-ten angestrebt. Dinge veränderten sich …aber ganz langsam! Schließlich fiel der „anti-imperialistische Schutzwall“.1990 erhielt ich eine Einladung nach Mos-kau, wo ein erstes russisches Gitarrenfestivalstattfinden sollte: „Alexander Frauchi invitesto Russia“. Als ich auf dem Roten Platzstand, dachte ich, die Welt stünde kopf. Ichkannte diesen Ort vornehmlich von Fernseh-bildern und da mit einem ARD-Korrespon-denten im Vordergrund, der gewohnheitsge-mäß bedrohliche Meldungen verbreitete.Jetzt stand ich auf diesem Platz vor dem Le-nin-Mausoleum und niemand störte sich anmir. Nach der Oktober-Revolution von 1917war man jetzt dabei, erneut die Verhältnisseumzukehren.Das Festival war zur Überraschung aller nichtin Moskau, sondern in Pushchino, einem Ört-chen 120 Kilometer südlich der Stadt, amFluss Oka gelegen. Sascha Frauči zeigte sichhier als Hochschullehrer und ich konnte sei-ne Studenten kennenlernen, viele hochbe-gabte junge Musiker, die mit ihrem Lehreroffenbar sehr glücklich waren. Einige von Ih-nen haben sich später international einenNamen gemacht. Das Festival in Pushchinopräsentierte Konzerte, hatte wenige interna-tionale Gäste (dafür umso interessantere)und stellte einen Anfang dar, den ersten Ver-such, ein veritables Gitarrenfestival mit Ale-xandr Kamillowitsch Frauči als Hauptpersonzu organisieren. Organisationsstrukturen, dieim Westen längst gang und gäbe waren,
auch Meinungen und Erzählungen auf denTisch, die man sonst nicht weiterzugebengewagt hätte … und natürlich war alles vonMusik begleitet. Sascha Frauči sang russischeBalladen, Štěpán Rak verblüffte durch seineneuen Tremolo-Techniken und die achtzehn-jährige Nicola Hall, Gewinnerin des erstenWettbewerbs in Tychy zwei Jahre vorher,brillierte mit ihrem naiv-kindlichen Spaß anVirtuositäten. Das alles nachts bis in den frü-hen Morgen.Das war die große Zeit für Gitarrenfestivals,als es noch spannend war, Musiker aus derUdSSR oder Polen kennenzulernen. Man be-denke, dass man nicht einmal problemlosvon West nach Ost telefonieren konnte. EinGespräch von Köln nach Markneukirchen inder DDR zum Beispiel musste Stunden vor-her angemeldet werden, ganz zu schweigenvon Köln—Warschau oder Köln—Moskau.Und Briefe oder Drucksachen zu schickenwar auch ein Risiko. Die Schnüffler von derSTASI – oder wie die Institutionen in ande-ren Ländern hießen – interessierten sich be-kanntlich für alles. Um meine Zeitschrift Gi-tarre & Laute an die Deutsche Bücherei inLeipzig zu schicken, die ein kostenlosesAbonnement gern entgegengenommen hat-te, musste jeder Sendung ein von der Biblio-thek gelieferter offizieller Zettel „ErlaubteDrucksache“ beigelegt werden … jeglicheArt von Kommunikation wurde erschwert,bis es einem lästig wurde und man die Ideeaufgab. Das jedenfalls war der Plan!Und Sascha gab ein Konzert in Tychy. Ichschwärmte danach von der „russischen See-le“, von seinem einfühlsamen Spiel …Die Zeit zwischen 1988 und 1990 war eineZeit des Aufbruchs. Glasnost (Offenheit) undPerestroika (Umgestaltung) waren die
in Pushchino 1990 … der Zweite von links ist Jens Wagner, für alle anderen
(Schüler und Freunde von Sascha) werden die Namen nachgeliefert
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mussten in Russland erst entwickelt werden.Wie, muss man sich fragen, konnten sichRussen, die über fünfzig Jahre in absoluterIsolation gelebt hatten, an internationaleKooperationen gewöhnen? Joint Venturewar das Zauberwort der Zeit … und westli-che Kooperationspartner fanden sichschnell, denn Russland war ein quasi neuerMillionen-Markt.Nicht nur das Reisen nach Russland wurdevereinfacht, auch Russen konnten sich plötz-lich frei bewegen … wenn sie das dazu nöti-ge Kleingeld hatten. Das nächste Mal jeden-falls, dass ich Frauči traf, war im gleichenJahr (1990) und zwar in Pasadena/Ca. Dortfand zwischen dem 14. und dem 18. Augustdas jährliche Festival der Guitar Foundationof America statt. Frauči war die Sensation! Matanya Ophee hatte sein Ticket bezahltund er hatte ihm auch Tips gegeben, wie ersein Konzertprogramm gestalten sollte, umdem vornehmlich amerikanischen Publikumdas zu bieten, was es erwartete. Auf demProgramm standen hauptsächlich russischeKompositionen, darunter Koshkins „Prince’sToys“ und Stücke von Vyssotsky … als erauf der Bühne saß, änderte Frauči spontandas Programm und spielte Stücke, die jederZuhörer mehr als gut kannte. Die Chaconnezum Beispiel oder „La Frescobalda“, dazuPetitessen, die normaliter als Zugaben gege-ben werden. Das Publikum applaudierte ar-tig, aber man hatte anderes erwartet. Nachfast fünfzig Jahren Kaltem Krieg und nachvielem Gemunkel und vielen Gerüchten hat-te man einen Innovator erwartet, einen Mu-siker, der zeigt und hören lässt, welche Mu-sik man denn am anderen Ende der Weltspielt. Im unbekannten, gefürchteten, kal-ten Russland. Die Los Angeles Times verrissFrauči – man war enttäuscht. Was er ge-spielt hatte, war „secure and charming“ …aber belanglos.Was geschehen war? Sascha hatte Angst vorder eigenen Courage bekommen. Schließlichentschied er sich, den vermeintlich sicherenWeg zu gehen und auf die „old favorites“ zusetzen, mit denen er bisher jedes Konzertgerettet hatte … und damit tat er genau dasFalsche. Die Amerikaner hatten einen völliganderen Musiker erwartet. Das charmanteZugaben-Programme zwischen „Tango enskai“ und dem „Usher Waltz“ kannte manschon von Cotsiolis. Aber wie hätte Fraučidas einschätzen können?Im gleichen Jahr sahen wir und noch ein-mal, und zwar in Köln. Mein vierzigster Ge-burtstag stand am 18. November an. Saschawar ein paar Tage da und einige unsererKollegen. Wir feierten, wieder mit russischenBalladen und wieder mit Koshkin. Ein paarMonate später, im April 1991, sahen wir unsalle in Moskau wieder: meine Frau und ich,Mascha und Sascha. Fraučis haben uns ihrMoskau gezeigt und wir haben die neueFreiheit miteinander gefeiert. Die neue Frei-heit für uns alle, die offene Welt ohne Stasi
und KGB, ohne Mauer und Kaltem Krieg.
Warum ich Ihnen das schildere? Menschen,
die beruflich miteinander tun haben, verste-
hen sich nicht immer gut – aus professionel-
ler Notwendigkeit arrangieren Sie sich aber
meistens, weil der eine vom anderen profi-
tiert und umgekehrt. Aber mit Sascha war es
anders. Mit ihm haben wir nicht nur einen
Musiker verloren, der ständig mit Überra-
schungen aufwarten konnte; einen hilfsbe-
reiten und loyalen Kollegen; einen Vollblut-
musiker mit sehr vielseitigen Interessen und
Fähigkeiten. Ich habe einen Freund verloren!
Am 18. November 1990 in Köln
GL
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setzung Gitarre und Klavier. Und, um dieseZahlen ins rechte Licht zu rücken: Wir findenauch 14 Werke für Flöte und Gitarre, 66 [!]für Violine und Gitarre und natürlich eine er-kleckliche Anzahl für zwei oder drei Gitar-ren. Carulli hat sein Instrument, die Gitarre,in unterschiedlichen musikalischen Umge-bungen zur Geltung gebracht und damit inParis Karriere gemacht. Dort hat er offenbar,was die Gunst des Publikums anging, inKonkurrenz zu seinem Landsmann FrancescoMolino (1775—1847) gestanden – die Zei-tung mit den großen Buchstaben warscheinbar damals schon dabei (s. Foto)!Carulli war ein fleißiger Komponist … aberer hat keine billige Massenware produziert.Viel leichtes Spielmaterial war dabei, abergerade die Kammermusikwerke zeichnensich durch hohe formale Geschlossenheitaus und durch fein ausgearbeitete Melodien.Nie durch exorbitante Virtuosität … das istKammermusik und kein Kampfsport, galanteUnterhaltung, und zwar für die Ausführen-den und für die Zuhörer!Die instrumentale Kombination eines Ham-merflügels und einer Gitarre der gleichenZeit passt gut, vor allem, wenn man elektro-nisch noch ein wenig nachhelfen kann. Hier,auf dieser Aufnahme, hält sich das Klaviermanchmal sehr diskret zurück – ich denkean das sehr schöne „Allegro alla caccia“ vonTommaso Giordani (ca. 1730—1806) und an-
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Italienische Serenade: Maximilian Man-
gold, Historische Gitarre und Kristian
Nyquist, Fortepiano
Werke von Carulli, Giuliani, Giordani
Aufgenommen im April 2005
Musicaphon (bei Klassik Center Kassel,
www.klassikcenter-Kassel.de) M 56875
… herzerfrischend unverkrampft …
PPPPP
Zwei Werke von Ferdinando Carulli (1770—1841) rahmen das Programm ein, ein GrandDuo op. 86 und das Duo op. 134. Schautman in die monumentale Arbeit von MarioTorta („Catalogo tematico delle opere di Fer-dinando Carulli“, 2 Bde., Lucca 1993) siehtman, dass allein die nummerierten und ge-druckten Werke dieses Komponisten (WoOund handschriftlich überlieferte Kompositio-nen nicht mitgezählt) die stolze Zahl von366 erreichen, darunter sind 28 für die Be-
Unten: Discussion entre les Carulistes et les
Molinistes, Lithographie , erschienen in
Charles de Marescots Buch „La Guitaro-
manie“, Paris o.J.
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dere Sätze. Auch, wenn das Fortepiano dashielt, was sein Name versprach, war es vorzweihundert Jahren schwieriger, klanglicheBalance zu wahren.Giordanis Sonaten sind übrigens eine schö-ne Bereicherung des Repertoires … obwohlsie nicht wirklich für Gitarre geschriebensind, sondern für „English guitar“, eine ArtZister, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-hunderts als „guitar“ oder „guittar“ in Eng-land benutzt wurde. Als dann um 1800 die„Spanish Guitar“ vom Kontinent ins Land ge-bracht wurde, nannte man das eigene In-strument „English guitar“, um beide unter-scheiden zu können.Das Spiel der beiden Musiker ist herzerfri-schend unverkrampft. Da ist nicht unbe-dingt jedes Detail perfekt, nicht jede Wen-dung so, wie tausendmal geübt. Kammer-musik eben! Nicht, dass Sie jetzt annehmen,da würde genuschelt und vertuscht, keines-wegs! Aber da wird spontan musiziert! UndSie können dabei sein!
[1] the violin & the Mandolin: Accom-
plices and Rivals
Divertimenti e Quartetti per mandolino,
violino e basso c.
Ensemble Baschenis
Werke von Johann Hoffmann und Giovan-
ni Francesco Giuliani
Aufgenommen im Frühjahr 2007
Concerto (bei Klassik Center Kassel,
www.klassikcenter-Kassel.de) CD 2036
… nicht überengagiert und nicht nach-
lässig …
PPPP
[2] Silvius Leopold Weiss, Sonatas Nos.
14 and 20 for Lute and Mandolin; Jo-
hann Hoffmann, Sonatas in G major and
D minor for Mandolin and Archlute
Duo Ahlert & Schwab
Aufgenommen im September 2005
NAXOS (www.Naxos.com) 8.557716
… wunderschöne CD mit vitaler Musik
…
PPPP
Johann Hoffmann … oder Giovanni Hoff-mann? Der Autor des Textes im Booklet „1“besteht darauf, dass er Giovanni geheißenhat und dass man nicht viel bis überhauptnichts über ihn weiß. Über dem Programmim gleichen Heft stehen allerdings „Johann[!] (A. H.) Hoffmann“ und auch Jahreszah-len: 1770—1842. Die Gesellschaft der Musik-freunde in Wien besitze das Manuskript,heißt es: „I Divertimenti a Mandolino, Violi-no e Basso del si. re Giovanni Hoffmann“und aus dieser Quelle stammten die beidenhier eingespielten Divertimenti.RISM (Band A/I/4) verzeichnet unter H6249„Tre Duetti per il mandolino e violino“ op.1, erschienen bei Artaria in Wien und zwarvon einem „HOF[F]MANN, Johann (Giovan-ni)“, sowie unverdächtige „Trois Duos pourle violon et violoncell“, die auch in Wien ge-druckt worden sind.Marga Wilden-Hüsgen nennt im Booklet zuGertrud und Michael Trösters CD CTH 2204einen „Mailänder [!] Komponisten Johann [!]Hoffmann (1770—ca.1814)“, dessen Sonate d-Moll sich „galant, verspielt, frühromantisch inden harmonischen Wendungen“ zeige. BeiHeinrichshofen sind drei Kompositionen voneinem Giovanni Hoffmann erschienen. Alledrei mit Mandoline und herausgegeben vonVinzenz Hladky in Wien.Im Heft der NAXOS-CD („2“) steht folgen-des: „Man weiß heute nur wenig über Lebenund Werke des in Wien [!] ansässigen Man-dolinisten und Komponisten. Seine Komposi-tionen wurden erst in der Mitte des 20. Jahr-hunderts zugänglich gemacht und sind auchheute noch in verschiedenen Wiener Biblio-theken zu finden. Alle seine Werke beschäfti-gen sich mit der Mandoline …“ Genanntwird er hier Johann Hoffmann und seine Le-bensdaten werden mit 1770—1814 angege-ben.Philip J. Bone, den bisher noch niemand zurSache Hoffmann konsultiert hat (zumindesterwähnt ihn niemand als Quelle), nennt ei-nen Johann D. Hoffmann:
„German guitarist, living in the first part of the ni-neteenth century, who revised Bornhardt’s guitarmethod under the title of New edition with a large
collection of modern and popular melodies, a copyof which is in the library of the Munich Guitar Socie-ty. Hoffmann is the composer of some songs withguitar accompaniment and Op. 2, Variations for gui-tar solo, published by André Offenbach. He compo-sed Sonatas for two mandolas, mandolin and bass;concerto for mandolin with strings and wind instru-ments, and Divertimenti for mandolin, violin andbass; all the manuscripts are in the library of Musik-freund, Vienna.”[„Guitar and Mandolin“, Reprint of the SecondEdition, London 1972, S. 167].
Johann Heinrich Carl Bornhardt (1774—1843), das nur am Rande, war Musiklehrer inBraunschweig und unterrichtete Gitarre undKlavier. Seine „Anweisung, die Gitarre zuspielen und zu stimmen“ ist 1802 in Braun-schweig erschienen und danach in verschie-denen Neuauflagen. Von Bornhardt überlie-fert sind neben vielen Vokalkompositioneneinige Stücke Kammermusik mit Gitarre (s.Dagmar Schnell in MGG2/P-III, Sp. 423-426:„Durch Bornhardts Werk zieht sich roter Fadendie Ausrichtung an einer Klientel, die musika-lisch einfache und eingängige sowie technischleicht ausführbare Stücke goutierte“).Von den Informationen, die Bone über Hoff-mann gibt, passen einige auf das bisher ge-lesene – andere nicht. Die Divertimenti formandolin, violin and bass in der Bibliothekder Gesellschaft der Musikfreunde in Wiensind allerdings ein deutlicher Hinweis. Siesind vermutlich die Stücke, die das Ensem-ble Baschenis eingespielt hat.Diese letztere Aufnahme hält noch eineÜberraschung bereit, einen Giovanni Fran-cesco Giuliani (um 1760—nach 1818) näm-lich als Komponisten von Quartetten fürMandoline, Violine, Viola, Cello und Laute.Bei ihm steht fest, dass er nicht JohannFranz Giuliani geheißen hat – und dass ermit dem hier allbekannten Mauro nicht ver-wandt war, auch nicht mit Rudolph. Zu hö-ren sind hier drei Quartette aus Giulianis Fe-der … deren Manuskripte übrigens auch inder Bibliothek der Gesellschaft der Musik-freunde in Wien liegen: sehr gefällige, klassi-sche Quartette mit leicht antiquierten, zwei-sätzigen Satzfolgen, in denen Giuliani seinInstrument, die Violine, durchaus besser be-dacht hat, als die Mandoline. KonzertanteQuartette, bei denen die Mitspieler des (ers-ten) Geigers zu begleitenden Statisten de-gradiert werden, sind es allerdings nicht,sondern charmante, in sich geschlosseneKammermusik.Das Ensemble Baschenis spielt nicht überen-gagiert und nicht nachlässig. Manchmal,sehr selten, wirken sie unterfordert undman vermisst ihre eigentlich hohe Präzisionim Ringen um diese gute aber nicht immergeniale Musik.Das Duo Ahlert & Schwab, bestehend ausDaniel Ahlert (Mandoline) und Birgit
Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 53
Schwab (Lauten) übermittelt naturgemäßein intimeres musikalisches Bild. Die Impulsgebende Mandoline mit ihrem dominantenund bei schlechter Behandlung penetrantenKlang wird als sensibles Instrument vorge-stellt, gut geeignet für die unterschiedlichs-ten musikalischen Aufgaben.Was die Weiss-Sonaten angeht, reicht mirdie Angabe, sie stammten aus dem Londo-ner Manuskript und stünden dort „ohne Be-setzungsangaben“, nicht aus (es ist ein Lau-tentabulaturband!), sie jetzt mit Laute undMandoline zu besetzen! Es ist auch müßig,eine aufführungspraktische Rechtfertigungherbei zu zerren:
„Die Idee, diese Werke mit Mandoline zu spielen,wurde durch den freien Umgang angeregt, den Weissmit seinem eigenen Werken pflegte. […] Es st auchsehr wahrscheinlich, dass Weiss am Dresdner HofKontakt zu Musikern hatte, die Mandoline spielten,da zu dieser Zeit viele italienische Musiker am Hofbeschäftigt waren.“
Reicht es den Musikern nicht, eine wunder-schöne CD mit vitaler Musik aufgenommenzu haben? Einen Sonderpreis für Authentizi-tät werden sie ohnehin nicht bekommen.
en garde! duo trekel-tröster, mandoline
& gitarre
Werke von Keigo Fujii, Pearson, Zena-
mon, Alfonso Carlos Miguel, Maximo
Diego Pujol, Piazzolla, Jean Françaix
Aufgenommen im Juni 2006
thorofon (bei Klassik Center Kassel,
www.klassikcenter-Kassel.de) CTH 2469
… Tiritomba-touch …
PP
Musik des 20. Jahrhunderts, Musik aus allerHerren Länder! Steffen Trekel und MichaelTröster haben ein Programm zusammenge-stellt, das von exotischen Einflüssen, vonKlangspielereien und Stimmungsbildernlebt. Gespannt ist der Bogen zwischen demsehr klassisch anmutenden „Divertissement“
von Jean Françaix (1912—1997), das eigent-lich für zwei Gitarren konzipiert war, undder Sonate des Japaners Keigo Fujii (*1956),in der der Komponist traditionelle westlicheFormen mit expressiver Harmonik füllt. Da-mit ist umschrieben, womit das Publikumunterhalten werden soll. Nicht mit schrillerNeutönigkeit, nicht mit Gedankenspielen,sondern mit intuitiv erfassbaren Klangstü-cken, mit in Musik gefassten Impressionen.Das hinreißend melancholische Stück „Obli-vion“ von Astor Piazzolla zum Beispiel(ver)führt in eine fremde und doch so ver-traute Welt und vor allem zeigt es – in die-ser konkreten Aufnahme –, dass ein vorsich hin tremolierender Mandolinenspielerdurchaus nicht unbedingt Zupforchesterse-ligkeit ausstrahlen muss. Das ist schon sehrsubtil und versatil, was wir von Steffen Tre-kel da zu hören kriegen … und doch hat dietremolierende Mandoline einen unverkenn-baren Tiritomba-touch: Napoli, Margot Es-kens und das Meer. Das Instrument ist soitalienisch, italienischer geht’s nicht! Undschließlich wissen wir, wie suggestiv Musikwirken kann. Als Nino Rota für „The God-father“ die Oscar-gekrönte Musik schrieb,hat er mit tremolierenden Mandolinenklän-gen Italien auf die Leinwand gezaubert –und ähnliche Bilder hat man auch dann vorAugen, wenn die Mandolinenmusik aus ei-ner Tango-Bar am Rio de la Plata kommt.Aber noch einmal: Steffen Trekel brilliertmit dieser Aufnahme. In „Café para dos“von Pujol zum Beispiel beschwört er Stim-mungen herauf, deren Wirkung man sichnicht entziehen kann, auch in den „Reflexõ-es Nº 6“ von Zenamon. Aber Tremoli sollteer vielleicht noch vorsichtiger einsetzen, umfalsche Assoziationen zu vermeiden.Michael Tröster wird hier nur scheinbar alsmarginal erwähnt … er ist auf dieser CDeinmal mehr ein verlässlicher Partner!
night of Four moons
Catherine Cooper, Mezzo-Sopran, Kevin
Cooper, Gitarre
Werke von Bodanovic, Steven Gates,
Brouwer, Frederick Lesemann, Barry
McNaughton, David Leisner
Aufgenommen im Juli 2006
Doberman-Yppan DO 600
… Catherine glänzt derweil mit ihrer
wundervoll runden, wohltönenden, eben-
so mütterlich wie verführerisch klin-
genden Stimme und ihren klaren und
eher rational betonten Interpretatio-
nen …
PPP
Catherine Cooper ist ausgewiesene Spezia-listin für Neue Musik – und das wird auchhier präsentiert. Die beiden hier in Europa
bekannten Komponistennamen sind DusanBogdanovic und Leo Brouwer, David Leisnerist vielleicht noch einigen bekannt … aberdie anderen? Steven Gates (*1976) war Jazz-Pianist, als ermit dem Komponieren begann. Heute ist erein preisgekrönter Komponist von mehrerenOrchesterwerken und von vielfältiger Kam-mermusik. Frederick Lesemann hat eineVielzahl großer Orchesterwerke, Sympho-nien und Konzerte geschrieben, auch einigeSolowerke für Gitarre. Barry McNaughton
ist der Komponist dieser CD, der der Gitarream nächsten steht. Er hat bei Bill Kanengi-ser Gitarre studiert, sich danach bei PepeRomero, Barrueco, Paul Galbraith und denAssad-Brüdern fortgebildet.Das Programm dieser CD hält viele Überra-schungen bereit. Am Anfang Dusan Bogda-novic, den ich Anfang der achtziger Jahreals ein Mitglied des „De Falla Trios“ kennengelernt habe und zwar in einem Konzert inPasadena/California. Sie spielten Bogdano-vic aber auch Lennie Bernstein, Strawinskyund herrliche, improvisiert wirkende (wassie natürlich nicht waren!) Jazz-Nummern.Das ist lange her! Dusan hat sich in derZwischenzeit zu einem Komponisten entwi-ckelt, der eher kammermusikalische, irritie-rend vielgestaltige Stücke geschrieben hatund damit eine Spiel mit den Zuhörerntreibt. Das erste Lied dieser CD, „I TheSong“ mit dem (kompletten) Text „I TheSong walk here“ lässt Sie ahnen (und viel-leicht fürchten), Sie hätten es mit einemAvantgardisten zu tun, mit einem Neutö-ner, bei dem sich vieles in Andeutungenund Unausgesprochenem erschöpft. Aberschon kurz danach, in „We Only Came toDream“ kommt die Entwarnung. Hier wirdwieder gesungen, hier findet man auch Me-lodien, die einem vertraut vorkommen …obwohl sie es natürlich nicht sind. Weiterspäter dann, in „The Agaya Crab“ kommtBogdanovic dann auf das zurück, was manvon ihm als „Guitarist/Composer“ eigent-lich erwartet hat, auf programmatisch, laut-malerische Musik, die ebenso treffsicher
54 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2
Wenn man eine Schallplatten zwanzig Jahrenach Entstehung noch einmal in neuem Ge-wand und aufpolierter Technik veröffent-licht, dann handelt es sich um eine besonde-re Aufnahme, die es wert ist, dass man nocheinmal an sie erinnert. Es ist eine „histori-sche Aufnahme“.Die „originale“ Einspielung der vorliegendenCD erschien bei der EMI (7491.072) und liegthier auch als Rezensionsexemplar unter#9.00436 vor, ist aber damals, vermutlich1990, nicht besprochen worden. Warum?Weiß niemand … aber bedauerlich ist es!Die Darstellung kammermusikalischer Werkevon Mauro Giuliani hat sich in den vergan-genen zwanzig Jahren zwar grundlegendverändert, aber der Spaß, der einem da prä-sentiert, ja, regelrecht aufgedrängt wird, istden Ausflug in die nicht durch Purismus ver-dörrte Sinnlichkeit immer wert. Kim Sjø-
grens Glissandi und Agogik, seine unverhoh-lene Leidenschaft für die Violine und vor al-lem ihr Spiel ist ein Vergnügen. Gut, Sjø-gren ist eine Rampensau, er nimmt jedenKlatscher mit … aber keinen, den er nichtverdient hat.Die CD von OUR, die offenbar jetzt zu NA-XOS gehört, lässt hoffen, dass noch etlicheEntdeckungen der damaligen dänischen EMInoch einmal entstaubt werden.
La Vida Breve
The Gothenburg Combo plays romantic
music for two guitars
Werke von Albéniz, de Falla, Brahms, Ca-
rulli, Debussy, Bach
Aufgenommen im Mai 2007
Combo CD002
… Da ist einiges unproportioniert! …
PP
wie unterhaltend ist. Kein Hirnfutter für In-tellektuelle, sondern sensitiv aufnehmbareMusik!Und so endet die CD auch schließlich. Kurzvor Schluss hören wir das „gemütliche“ jid-dische Wiegenlied „Rozhinkes mit Mandeln“,die Vertonung eines „Volkslieds“, das 1880von Abraham Goldfaden für eine Operettevertont und nun von David Leisner für Gitar-re und Stimme neu und (um)gesetzt wordenist. Die Zuhörer werden damit sachte ans En-de des Konzerts begleitet, auch mit den bei-den abschließenden Liedern von Bogdanovicübrigens, die beides Schlaflieder sind: „Lamedianoche“ und „Meciendo“. Kevin Cooper, der Gitarrist, muss nicht allesgeben auf dieser CD … und das tut er auchnicht. Er spielt relaxed, unaufgeregt, unauf-dringlich. Seine Frau Catherine glänzt der-weil mit ihrer wundervoll runden, wohltö-nenden, ebenso mütterlich wie verführerischklingenden Stimme und ihren klaren undeher rational betonten Interpretationen. Siepromoviert gerade in historischer Musikwis-senschaft an der University of Southern Cali-fornia – hoffentlich wird sie dabei den Kon-zertbesuchern nicht verloren gehen.
Mauro Giuliani: Works for Violin and
Guitar
Kim Sjøgren, Violin, Lars Hannibal, Gui-
tar
Aufgenommen Mai 1988, Remastered 2007
OUR Records (bei NAXOS,
www.Naxos.com) 8.226904
… Rampensau …
PPPP
Frederick Lesemann
Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2 55
Na gut, es ist schwer, immer wieder Namenfür neue CDs zu finden, die auch noch tref-fend darstellen, was man da den potentiel-len Käufern anbietet … aber „romantischeMusik für zwei Gitarren“ ist für diese Werk-zusammenstellung irreführend. Oder dreist?Die Musiker selbst haben offenbar ihre Pro-bleme mit dem Titel und fragen im Booklet:„On this disc we perform a wide variety of sty-les and genres. Do they have anything in com-mon? Yes, the fact, that we live with them foryears, performing them at numerous concertsall over the world.” Aha!In „Sevilla“ geht alles los, dann geht’s nachCórdoba … zwei der schönsten Stücke, dieAlbéniz geschrieben hat. Und wer die bei-den Städte kennt, dem geht die Musik nichtaus dem Sinn – oder umgekehrt: Wer dieMusik hört, hat die Bilder vor Augen, denAlcázar, die Mesquita, die Gassen der Jude-ría. Aber mir fehlt in Sevilla und auch inCórdoba etwas die gelassene Ruhe und Ele-ganz, die das Leben dort ausstrahlt. Man be-denke: Diesen Teil Andalusiens nennt mandie „Bratpfanne Europas“, es ist, im Sommerjedenfalls, mehr als heiß. Hektik ist nicht an-gesagt, sondern Ruhe und Gelassenheit …und die höre ich bei den Skandinaviern Tho-mas Hansy und David Hansson nicht durch-gehend. Da wird’s zwischendurch recht tur-bulent und dann urplötzlich ganz ruhig undlangsam. Diese CD ist sehr direkt und unver-blümt aufgenommen, man hört jeden La-genwechsel, jedes Scheppern, sitzt förmlichzwischen den Gitarristen und ist manchmalgeneigt, die Hand auszustrecken und um et-was Mäßigung zu buhlen. Da ist einiges un-proportioniert! Die folgende „Danza Españo-la“ 1 von de Falla leidet unter einem ähnli-chen Phänomen: Oft zu viel des Guten!Und Dann Brahms’ „Intermezzo“ op. 118 Nº2 in der Bearbeitung von Ansgar Krause.Und jetzt wird mir auch klar, was mir andieser CD fehlt! Das, was sie im Titel ver-spricht, Romantik nämlich! Ich höre mehrsportiven Ehrgeiz, Aufregung und großeGesten. Dass man „Golliwogg’s Cakewalk“oder die drei Kanons aus dem „Musikali-schen Opfer“ nur schwerlich mit „roman-tisch“ übertiteln kann, gut, damit kann manvielleicht leben, aber nichts klingt roman-tisch – nicht einmal der Bach! Zu schnell, zudramatisch. Schade!
Tangos y Serenatas
Alan Durst, Saxophon, Corey Whithead,
Gitarre
Werke von Benjamin Boone, Michael
Bard, Piazzolla, Mark Carlsen, Adrienne
Albert, Apostolos Parakevas, Kenneth
Froelich
Aufgenommen im Dezember 2006
CENTAUR (bei Klassik Center Kassel,
www.klassikcenter-Kassel.de) CRC 2901
… zwiegespaltene Eindruck …
PP
Als der Belgier Adolphe Sax (1814—1894)gegen 1840 das Instrument entwickelte,das später seinen Namen tragen sollte, einHolzblasinstrument übrigens, obwohl esnicht aus Holz ist, sah er dessen Zukunft imSinfonieorchester … wo es nur gelegentlicheingesetzt wurde. Aber aus der Unterhal-tungsmusik und aus dem Jazz ist das Saxo-phon nicht wegzudenken.Als Kammermusikpartner zur Gitarre ist dasInstrument bisher sehr selten in Erschei-nung getreten und original für just dieseBesetzung ist auch nichts oder sehr wenigkomponiert worden. Durst und Whithead,beide tätig an der California State Universi-ty in Fresno, spielen Werke, die sie für ihreBesetzung arrangiert, haben, zum Beispiel„Histoire du Tango“ von Piazzolla, und sol-che, die für sie geschrieben worden sind,zum Beispiel „Joropo Jam“ von BenjaminBoone, ein lebhaftes Stück, dessen Gitarren-part vom Klang des Cuatro inspiriert ist.Danach kommt „Mediterranean Beauty“ vonMichael Bard, eigentlich für zwei Gitarrengeschrieben und bei diesem Stück wird mirklar, wo die Grenze des Instruments Saxo-phon liegen: bei langsameren, getragenenMelodien in hohen Lagen. Die kommen aufdem Instrument nicht gut, klingen unsau-ber. Das wird auch in den beiden Balladenvon Mark Carlson deutlich … hier merktman allerdings auch, dass die beiden Musi-ker nicht wirklich in der Lage sind, der Mu-sik Leben einzuhauchen. Den Spaß, den ichmir von dieser CD erhofft hatte, hat sienicht geliefert.Vielleicht ist der zwiegespaltene Eindruck,den ich von dieser CD habe, nichts als eineBestätigung dafür, dass sich das Saxophonals „klassisches Instrument“ nicht hatdurchsetzen können, und das trotz der Tat-sache, dass sich Hector Berlioz (1803—1869)vehement für das neue Instrument einge-setzt hat. In Chicago sollte es schließlich
Anerkennung finden, dort machte es imJazz Furore. Spätestens Charlie Parker(1920—1955) wurde weltberühmt … undmit ihm sein Altsaxophon.
Jugend-Gitarren-Orchester Baden Würt-
temberg meets Duo Kvaratskhelia
Leitung: Helmut Oesterreich
Werke von Vivaldi, Haydn, Garcia, Piaz-
zolla, Nanindo, Giovanelli
Aufgenommen im September 2007
ears love music (in Deutschland bei
rough trade) 319.8002.2
… Spitzenensemble seiner Art …
PPPP
Man stelle sich vor, rund dreißig junge Mu-siker spielen Gitarre! Zusammen! Das kannnicht gut gehen, mögen Sie vielleicht sa-gen. Dreißig Instrumente mit einem punk-tuellen Ton spielen nie zusammen. Unddann sind die beiden Soloinstrumente auchnoch Gitarren. Geht nicht!Zugegeben: Dass dreißig Gitarristen tat-sächlich jeden Ton exakt gleichzeitig an-schlagen, findet man tatsächlich nicht. Unddas muss auch in solchen Formationennicht sein. Jede Stimme ist chörig besetzt,da hört man ein minimales Hintereinandernicht. Minimales Hintereinander! … Präzisi-on muss sein, aber die Quadratur des Krei-ses muss auf dieser Ebene nicht erreichtwerden.Und es ist ja auch kein Zupforchester, es istein Gitarrenorchester! Das heißt, dass keinevorlauten Mandolinen aus dem Gesamtbildherausfallen können. Dreißig punktuelle In-strumente der gleichen Ton- und Klangfar-ben unter einen Hut zu bringen ist einfa-cher möglich, als ein Zupforchester mitMandolinen als Stimmführern. Wenn dienicht völlig gleichzeitig ihr Plektrum inGang setzen, hört das jeder – bei einer vondreißig Gitarren keineswegs.So, nun ist genug gesagt über Präzisionund Vor(be)halte. Wie ist das Programm des
56 Gitarre & Laute-ONLINE XXX/2008 Nº 2
JGO-BW auf dieser CD? Es be-ginnt mit dem Komponisten,dessen Name immer dann,wenn Zupfer in Kompanie-stärke auftreten, unvermeid-bar ist: Vivaldi. Jetzt ein„Concerto“ in a-Moll aus„Estro Armonico“ op. 3 mitdem Georgischen Duo Kva-ratskhelia. Sie hört man inihrer Funktion als Solisten lei-der erst im zweiten, langsa-men Satz wirklich. Und dahört man sie nicht so, wie Gi-tarristen-Kollegen sie gernepräsentiert bekämen: flottund virtuos. Das geht im„Larghetto spirituoso“ nur inden Trillern.Gleich danach kommt Rugge-ro Giovanelli (1560—1625),wo das Orchester auf sich ge-stellt ist. Auch bei GiovanniMaria Nanino (1543/44—1625) und in beiden Pro-grammteilen werden Madri-gale gesungen … ja, gesun-gen, auch, wenn Sie sich dasbei Instrumenten mit einempunktuellen Ton nicht vor-stellen können.Von Gerald Garcia gibt es da-nach das „Lorca-Konzert“ fürzwei Gitarren und Gitarrenor-chester, das wir vom Ama-deus Guitar Duo kennen – daallerdings gespielt zusam-men mit einem Sinfonie-Or-chester.Die schnellen Sätze des Kon-zerts jonglieren mit (allzu)spanischen Versatzstücken,bei denen Virtuosität undTanz im Vordergrund stehenund die beim Zuhörer keinenZweifel lassen, welche Bilderda heraufbeschworen werdensollen. Im langsamen Satz„Nana“ aber wird ein faszi-nierender Klangteppich aus-gebreitet, auf dem sich Melo-dien entwickeln und Ge-schichten erzählt werden.Jetzt sind es eher Stimmun-gen, die den Reiz des Stückesausmachen. Impressionenund weniger bunte Postkar-ten aus dem letzten Spanien-urlaub.Dazwischen ist den Musikernnoch das Lyrakonzert HOBVIII H:1 von Joseph Haydnexzellent gelungen. Das Or-chester versucht hier nur sehr
selten, Tutti-Fülle zu simulie-ren, sondern wirkt als eineArt kammermusikalischer Er-gänzung, und das ist gut so!Ganz abgesehen davon, dassdem Klangkörper die Pustefehlt, sich wirklich sinfonischzu gerieren, fehlt mir als Hö-rer in solchen Situationen,dass ein Orchester ausschließ-lich aus Zupfinstrumentennicht wirklich legato spielenkann, sondern eine Reihemehr oder minder lauterKlänge nebeneinanderstellenmuss. Aber wie gesagt: Inanderen Situationen gelingenStücke überraschend gut: derlangsame Satz des Vivaldizum Beisiel oder auch „Na-na“.Das Jugend-Gitarren-Orches-ter Baden-Württemberg unterder Leitung von Helmut Oes-terreich wird völlig zu Rechtals ein Spitzenensemble sei-ner Art gehandelt. Nicht nurbemüht man sich darum, aus-schließlich Musik hoher Qua-lität darzubieten, man tutdas auch auf eine sehr profes-sionelle Art mit hohem Enga-gement.
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