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Gaschromatographische Untersuchung von Cerealien auf Deoxynivalenol und Nivalenol nach Derivatisierung zu den Heptafluorbutyraten Sigried Steinmeyer, Reinhard Tiebach und Rudolf Weber Max yon Pettenkofer-lnstitut des Bundesgesundheitsamtes, D-1000 Berlin 33 Determination of Deoxynivalenol and Nivalenol in Cereals by Gas Chromatography of the Heptafluorbutyrates Summary. A method for the analysis of deoxyniva- lenol (DON) und nivalenol (NV) in cereals is de- scribed. This method is suitable for routine use for control purposes. The extract is purified on a florisil column. Derivatization with heptafluorbutyrylimid- azole is followed by quantitative determination by means of capillary gas chromatography and electron capture detection (ECD). For verification purposes two-dimensional thin layer chromatography is ap- plied to gc-positive extracts. 67 cereal samples and ce- real products from the Berlin market place have been assayed. Depending on the type of sample the limit of detection was 20 to 30 ~tg/kg for DON, and 100 to 300 gg/kg for NV. Zusammenfassung. Es wird ein ffir den Routinebetrieb der Lebensmittelfiberwachung geeignetes Bestim- mungsverfahren fiir Deoxynivalenol (DON) und Ni- valenol (NV) in Getreideprodukten beschrieben. Die s/iulenchromatographisch fiber Florisil gereinigten Extrakte werden mit Heptafluorbuttersfiureimidazol (HFBI) derivatisiert und capillargaschromatogra- phisch analysiert. GC-positive Befunde werden durch zweidimensionale Dfinnschichtchromatographie tiberprfift. 67 Getreide und Getreideerzeugnisse des Berliner Marktes wurden untersucht. Die Nachweis- grenze lag, abh/ingig yon der Probenmatrix, ffir DON bei 20-30 gg/kg und f/Jr NV bei 100-300 gg/kg. Einleitung Deoxynivalenol (DON) und Nivalenol (NV) geh6ren zur Gruppe der Trichothecen-Mykotoxine, die yon Fusarien-St/immen produziert werden. Auf mehr als Offprint requests to: R. Weber Z Lebensm Unters Forsch (1985) 181:198-199 Springer-Verlag 1985 30% der deutschen Getreideproben lassen sich Fusari- en nachweisen; das ergaben mikrobiologische Unter- suchungen der letzten Jahre [1]. DON ist weder muta- gen noch carcinogen, ffihrt aber bereits in Konzentra- tionen yon 300 ~tg/kg Futter zu verz6gerter Futterauf- nahme bei Schweinen sowie in htheren Konzentratio- nen zur Futterverweigerung, blutigem Kot und Erbre- chen [2]. Beim Menschen k6nnen Trichothecen-My- kotoxine zu Hautsch/idigungen ffihren und in htheren Konzentrationen zum Krankheitsbild der ,,aliment/i- ren toxischen Aleukie". Die Trichothecen-Kontamination von Cerealien ist im wesentlichen ein Problem der gemfil3igten und kalten Klimazonen. In den letzten Jahren wurde fiber die Kontamination yon nordamerikanischem Weizen, Mais und Gerste berichtet [2 4], wobei DON h/iufiger und in htheren Konzentrationen als NV nachgewie- sen wurde. Die kanadische Regierung setzte einen Grenzwert yon 300 gg DON/kg Weizen und eine Nulltoleranz ffir Weizenerzeugnisse fest, die ffir Kleinkindernahrung bestimmt sind. Die FDA empfahl einen Richtwert yon 2 000 gg DON/kg Getreide und 1 000 gg/kg Getreide- erzeugnisse. Ergebnisse ond Diskussion Die relativ hohen DON- und NV-Befunde der letzten Jahre auf kanadischem und US-amerikanischem Wei- zen veranlal3ten uns, Cerealien des deutschen Marktes auf diese Trichothecen-Mykotoxine zu untersuchen. Es wurde zun/ichst ein Analysenverfahren entwickelt, bei dem die Toxine nach Silylierung gaschromatogra- phisch getrennt und massenspektrometrisch durch Negativionen-Detektion im CI-Betrieb bestimmt wur- den [5]. Von 42 untersuchten Cerealien-Proben waren 71% mit DON und 38% mit NV kontaminiert. Uber- wiegend lag die Kontaminationsrate im 50-gg/kg-Be- reich. Hthere Konzentrationen wurden nur auf Weizen- kleie gefunden; der htchste Gehalt in einer Weizen-

Gaschromatographische Untersuchung von Cerealien auf Deoxynivalenol und Nivalenol nach Derivatisierung zu den Heptafluorbutyraten

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Gaschromatographische Untersuchung von Cerealien auf Deoxynivalenol und Nivalenol nach Derivatisierung zu den Heptafluorbutyraten Sigried Steinmeyer, Reinhard Tiebach und Rudolf Weber Max yon Pettenkofer-lnstitut des Bundesgesundheitsamtes, D-1000 Berlin 33

Determination of Deoxynivalenol and Nivalenol in Cereals by Gas Chromatography of the Heptafluorbutyrates

Summary. A method for the analysis of deoxyniva- lenol (DON) und nivalenol (NV) in cereals is de- scribed. This method is suitable for routine use for control purposes. The extract is purified on a florisil column. Derivatization with heptafluorbutyrylimid- azole is followed by quantitative determination by means of capillary gas chromatography and electron capture detection (ECD). For verification purposes two-dimensional thin layer chromatography is ap- plied to gc-positive extracts. 67 cereal samples and ce- real products from the Berlin market place have been assayed. Depending on the type of sample the limit of detection was 20 to 30 ~tg/kg for DON, and 100 to 300 gg/kg for NV.

Zusammenfassung. Es wird ein ffir den Routinebetrieb der Lebensmittelfiberwachung geeignetes Bestim- mungsverfahren fiir Deoxynivalenol (DON) und Ni- valenol (NV) in Getreideprodukten beschrieben. Die s/iulenchromatographisch fiber Florisil gereinigten Extrakte werden mit Heptafluorbuttersfiureimidazol (HFBI) derivatisiert und capillargaschromatogra- phisch analysiert. GC-positive Befunde werden durch zweidimensionale Dfinnschichtchromatographie tiberprfift. 67 Getreide und Getreideerzeugnisse des Berliner Marktes wurden untersucht. Die Nachweis- grenze lag, abh/ingig yon der Probenmatrix, ffir DON bei 20-30 gg/kg und f/Jr NV bei 100-300 gg/kg.

Einleitung

Deoxynivalenol (DON) und Nivalenol (NV) geh6ren zur Gruppe der Trichothecen-Mykotoxine, die yon Fusarien-St/immen produziert werden. Auf mehr als

Offprint requests to: R. Weber

Z Lebensm Unters Forsch (1985) 181:198-199 �9 Springer-Verlag 1985

30% der deutschen Getreideproben lassen sich Fusari- en nachweisen; das ergaben mikrobiologische Unter- suchungen der letzten Jahre [1]. DON ist weder muta- gen noch carcinogen, ffihrt aber bereits in Konzentra- tionen yon 300 ~tg/kg Futter zu verz6gerter Futterauf- nahme bei Schweinen sowie in htheren Konzentratio- nen zur Futterverweigerung, blutigem Kot und Erbre- chen [2]. Beim Menschen k6nnen Trichothecen-My- kotoxine zu Hautsch/idigungen ffihren und in htheren Konzentrationen zum Krankheitsbild der ,,aliment/i- ren toxischen Aleukie".

Die Trichothecen-Kontamination von Cerealien ist im wesentlichen ein Problem der gemfil3igten und kalten Klimazonen. In den letzten Jahren wurde fiber die Kontamination yon nordamerikanischem Weizen, Mais und Gerste berichtet [2 4], wobei DON h/iufiger und in htheren Konzentrationen als NV nachgewie- sen wurde.

Die kanadische Regierung setzte einen Grenzwert yon 300 gg DON/kg Weizen und eine Nulltoleranz ffir Weizenerzeugnisse fest, die ffir Kleinkindernahrung bestimmt sind. Die FDA empfahl einen Richtwert yon 2 000 gg DON/kg Getreide und 1 000 gg/kg Getreide- erzeugnisse.

Ergebnisse ond Diskussion

Die relativ hohen DON- und NV-Befunde der letzten Jahre auf kanadischem und US-amerikanischem Wei- zen veranlal3ten uns, Cerealien des deutschen Marktes auf diese Trichothecen-Mykotoxine zu untersuchen. Es wurde zun/ichst ein Analysenverfahren entwickelt, bei dem die Toxine nach Silylierung gaschromatogra- phisch getrennt und massenspektrometrisch durch Negativionen-Detektion im CI-Betrieb bestimmt wur- den [5].

Von 42 untersuchten Cerealien-Proben waren 71% mit DON und 38% mit NV kontaminiert. Uber- wiegend lag die Kontaminationsrate im 50-gg/kg-Be- reich.

Hthere Konzentrationen wurden nur auf Weizen- kleie gefunden; der htchste Gehalt in einer Weizen-

Kleie mit 2000 ~tg DON/kg und 120 gg NV/kg. Die Nachweisgrenze lag bei 10 gg/kg. Der GC-MS-Nach- weis yon DON und NV ist zur Zeit die empfindlichste und sicherste Methode. Ffir die routinem/il3ige Kon- trolle von Cerealien ist das Verfahren aufgrund des hohen Kapital- und Personaleinsatzes jedoch nur im Ausnahmefall geeignet. Wir haben daher ein Verfah- ren zur gaschromatographischen Bestimmung der Heptafluorbutters/iurederivate ausgearbeitet, das sich fiir den Routinebetrieb eignet: Das Probenmaterial wird homogenisiert und mit einem Methanol/Wasser- Gemisch extrahiert. Der Extrakt wird mit n-Hexan entfettet und anschliegend s~iulenchromatographisch fiber Florisil gereinigt. DON und NV werden mit Hep- tafluorbutters/iureimidazol (HFBI) zu den Hepta- fluorbutyraten umgesetzt und capillargaschromato, graphisch am ECD bestimmt.

Die gesamte Aufarbeitung wurde entsprechend den Angaben der vorhergehenden Arbeit zur Untersu- chung yon Cerealien auf DON und NV [5] durchge- ffihrt. Im experimentellen Teil wird daher nur die Derivatisierung und gaschromatographische Bestim- mung beschrieben. Da DON und NV mit Heptafluor- butters/iureimidazol nur langsam reagieren [6], wurde 1 Std bei 100 ~ derivatisiert.

Aufsetzversuche mit 200 gg/kg DON auf Weizen- kleie und 400 ~tg/kg NV auf Weizenschrot ergaben Wiederfindungsraten von 87% ffir DON und 57% ffir NV. Die Nachweisgrenze lag, abh/ingig vom Lebens- mittel, fiir DON bei 20-30 gg/kg und ffir NV bei 100- 300 gg/kg, das heil3t, zumindest ffir DON, in einem der GC-MS-Bestimmung vergleichbaren Bereich. A1- lerdings weisen die so gewonnenen Analysendaten bei weitem nicht die Nachweissicherheit der GC-MS-Er- gebnisse auf und sollten daher durch eine unabh/ingi- ge Analysenmethode abgesichert werden. Positive GC-Befunde wurden deshalb mit zwei-dimensionaler Dfinnschichtchromatographie fiberprfift, die fiir DON eine Nachweisgrenze von 300 gg/kg und ffir NV eine Nachweisgrenze von 500-700 gg/kg ergab.

Ffir die Untersuchung von Handelsproben resul- tiert folgende Konsequenz: positive Befunde k6nnen erst ab 300 gg/kg ffir DON und ab 500-700 gg/kg ffir NV ats abgesichert angesehen werden. Negative Be- funde, im Sinne yon ,,nicht kontaminiert" sind auf die Nachweisgrenze der GC-Methode ffir DON 20- 30 ~tg/kg und ffir NV von 100-300 gg/kg zu bezie- hen.

Es wurden 67 Proben des Berliner Marktes, haupt- s/ichlich Weizen, Hafer, Gerste, Roggen, Mais aber auch Buchweizen, Raps, eine Reihe von Verarbei- tungsprodukten wie Griel3, Schrot, Kleie, Mehl und einige Teigwaren sowie Kindern/ihrmittel gaschroma- tographisch auf DON und NV untersucht. 57 bzw. 40 Proben erwiesen sich als frei yon DON bzw. NV. Ffir

die iibrigen Proben ergaben sich positive Befunde bei der gaschromatographischen Untersuchung. Die dfinnschichtchromatographische Absicherung lieferte nur ffir zwei Proben (Gerstenkorn und Maisflocken) positive Ergebnisse von 0,58 bzw. 0,94 mg/kg NV.

Nach den bisher insgesamt vorliegenden Daten (110 Proben) scheinen Cerealienproben des Berliner Marktes keine hohen DON- und NV-Gehalte aufzu- weisen, niedrige Kontaminationen (50-~tg/kg-Bereich) dagegen relativ h~iufig aufgrund des ubiquit/iren Vor- kommens von Fusarien [5].

Experimenteller Teil

Gerdte und ttilfsmitteL Extraktion und Entfettung, s/iulenchromato- graphische Reinigung nach dtinnschichtchromatographischer Be- stimmung: s. Untersuchung von Cerealien auf DON und NV im un- teren gg/kg-Bereich [5].

Darstellung der Heptafluorbutyrate yon DON und NV. I ml des in Chloroform/Methanol (90+ 10) ge16sten Extraktes am Rotations- verdampfer bei 30 ~ zur Trockne einengen. Die L6sungsmittelreste im Stickstoffstrom abblasen. Den Rfickstand mit 501~1 HFBI verset~ zen und anschtiel3end 1 Std im geschlossenen Reaktionsgef~il3 (5 ml Inhalt) bei 100 ~ im Trockenschrank derivatisieren. Nach Abkiih- lung anf Raumtemperatur 3 ml Wasser und 1 ml interne Standardl6- sung (2,2'3,3',4,5-Hexachlorbiphenyl, 10 gg/ml) zugeben. 1 rain kr/iftig schiitteln. AnschlieBend die Hexanphase mit den derivatisier- ten Mykotoxinen abnehmen und gaschromatographisch analy- sieren.

Gasehromatographie

Ger/it: Fraktovap 4200, Carlo Erba, Italien. - Detektor: ECD HT 25, Temperatur: 290 ~ - Injektionssystem: Gerstel, Deutschland. - Injektor-Temperatur: 270 ~ Splitverh/iltnis I:10. - Trenn- s/iule: Fused Silica Capillars/iule, Chrompack, Deutschland. - .station/ire Phase: CP Sil 5, Filmdicke: 0,12 ~, Innendurchmesser: 0,32 ram, L/inge: 50 m. - Tr/igergas: Helium, Str6mungsgeschwin- digkeit 20 cm/s (120 ~ Make-up Gas: Argon/Methan, Einlal3- druck 1,5 bar. - Injektion: 1 gl. - Temperaturprogramm: 9 rain 120 ~ mit 2 ~ auf 280 ~ 10 min 280 ~ - Verst/irkung: 10 • 64. - Retentionszeiten: 35 rain 45 s fiir NV, 38 rain 39 s ffir DON 1; 38 rain 48 s fiir DON 21; 53 min 30 s ffir int. Standard.

Literatur 1. Bauer J, Gedeck B (1983) Developments in food science 4, Tri-

chothecenes, chemical, biological und toxicological aspects. In: Ueno (ed) Kondansha, Tokyo: Elsevier, Amsterdam Oxford New York

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Anal Chem 67:4

Eingegangen am 8. M~irz 1985

Angenommen am 19. M/irz 1985

1 Das DON-Derivat zeigt im Chromatogramm zwei Peaks unter- schiedlieher Intensit/it.

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