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Ein andere Art von Fussball Interview: Javier Lozano Trainer- ausbildung Learning by Doing INFORMATIONSBLATT FÜR TRAINER BEILAGE NR.1 APRIL 2006 FUTSAL

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Ein andere Artvon Fussball

Interview:Javier Lozano

Trainer-ausbildung

Learningby Doing

I N F O R MATI O N S B L AT TF Ü R TR AI N E R

B E I L AG E N R.1AP R I L 200 6

FUTS

AL

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I M P R E S S U M

REDAKTIONAndy RoxburghGraham TurnerFrits Ahlstrøm

HERSTELLUNGAndré VieliDominique MaurerAtema Communication SADruck: Cavin SA

DANKSAGUNGJavier LozanoLaurent Morel

TITELSEITEAdriano Foglia in Aktion bei der Begegnung Italien-Portugal an der Futsal-EM-Endrunde 2005.(FOTO: UEFA)

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DER UKRAINER

SERHIY KORIDZE

SCHIRMT AN DER

EM-ENDRUNDE 2005

IN DER

TSCHECHISCHEN

REPUBLIK DEN

BALL VOR SEINEM

TSCHECHISCHEN

GEGENSPIELER AB.

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EINE ANDERE ARTVON FUSSBALL

E D I T O R I A LVON ANDY ROXBURGH,TECHNISCHER DIREKTOR DER UEFA

Javi Rodríguez und Andreu gehören in Spanien zu den grossen Namen. Auf dereuropäischen Fussballbühne hingegen sindsie weitgehend unbekannt – sie sind Starsin der Welt des Futsal. Auf dem Alten Kon-tinent verbreitet sich diese besondere Vari-ante des Fussballs in rasantem Tempo. DiePopularität des Futsal, der mit fünf Spielernin einer Halle und mit einem kleinen undschweren Ball gespielt wird, lässt sich ein-fach erklären: Es ist ein sehr temporeichesSpiel, das von spektakulären Aktionen und viel Spielwitz geprägt ist – ein Spiel fürschnelle Denker und geniale Techniker. Futsal ist nicht nur eine attraktive, eigenstän-dige Disziplin, Futsal wird in vielen Verbän-den als eine Breitensportart anerkannt, die«traditionelle» Fussballer weiterbringen kann.

Was haben Deco und Ronaldinho nebenihrem Engagement im FC Barcelona gemein-sam? Beide spielten in jungen Jahren in Brasilien Futsal, und viele Tricks, die sie inder UEFA Champions League aufführen,haben sie sich auf dem kleinen Futsal-Spiel-feld angeeignet. Ronaldinhos unglaubliches,mit der Pike erzieltes Tor gegen Chelsea inder vergangenen Spielzeit war ein typischesBeispiel dafür. Pelé, Zico, Socrates, Romario,Ronaldo und das neue Wunderkind vonReal Madrid, Robinho, sind allesamt derwundersamen brasilianischen Futsal-Schuleentsprungen. Wenn Deco oder Ronaldinhoden Ball mit der Sohle bearbeiten, ist diesTeil ihrer Futsal-Wurzeln. Futsal und Fussballhaben Vieles gemeinsam, und das in derHalle praktizierte Spiel kann der Aneignungeiner schnellen, trickreichen Fussballtechnikdurchaus förderlich sein.

Der Futsal als Sportart auf höchstem Niveauhat Einiges zu bieten. Wenn die Halle vollund das Spielfeld schnell ist und erstklassigeMannschaften aufeinander treffen, macht«fútbol-sala» riesigen Spass. Es ist Fussballund doch anders. Die Futsal-Trainer zumBeispiel haben aufgrund der Time-outs undder fliegenden Wechsel mehr Einfluss aufdas Spielgeschehen als ihre Kollegen imFreien. Es gibt allerdings auch Trends, dieauf beide Kategorien gleichermassen zutref-

fen, wie etwa die Tatsache, dass in Europamehr Wert auf die taktische Entwicklunggelegt wird, während in Südamerika eherdas individuelle Flair im Vordergrund steht.Javier Lozano, spanischer Nationaltrainerund amtierender Welt- und Europameisterim Futsal, ist überzeugt, dass das Spiel-verständnis gefördert werden muss: «ImFutsal muss vor allem noch an der Taktikgearbeitet werden. Entscheidend ist, dassdie jungen Spieler lernen, schnell zu den-ken und zu entscheiden.»

Ein grösseres Problem für die Verbreitungund Entwicklung des Futsal besteht darin,dass das Spiel von der Spitze herab ent-standen ist, d.h. auf nationaler und euro-päischer Ebene wurden Wettbewerbe fürErwachsene kreiert und gefördert, währenddie Wurzeln und der Nachwuchs etwas vergessen gingen. Entwicklungsprogrammefür die Basis sind dringend notwendig,genauso wie Juniorenwettbewerbe, Aus-bildungsprogramme für Futsal-Trainer undSchiedsrichter – genau die Elemente, diedie Fussballpyramide ausmachen. EinigeVerbände, allen voran Spanien, haben die-sen Entwicklungsprozess in Angriff genom-men, und auch die UEFA hat einige Initia-tiven ergriffen, um den Futsal in Sachentechnische Entwicklung, Ausbildung undFörderung einen Schritt voran zu bringen.

Die UEFA führte 1996 im spanischen Cór-doba ein erstes europäisches Futsal-Turnierdurch. Nach dem Erfolg dieser Veranstal-tung wurde die offizielle UEFA-Futsal-Euro-pameisterschaft eingeführt, und Russland

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gewann 1999 in Granada gegen GastgeberSpanien die erste Trophäe. Bis heute habenje vier Futsal-EM-Endrunden und Ausgabendes Klubwettbewerbs UEFA-Futsal-Pokalstattgefunden, genauso wie zwei von derUEFA organisierte Futsal-Konferenzen undFutsal-Schiedsrichterkurse. Nach zehn Jahrenkann man die Phase der Pionierarbeit alsabgeschlossen betrachten und davon aus-gehen, dass der Futsal in der nächsten Dekade florieren wird – die Aufnahme insolympische Programm würde ihm zusätz-lichen Schub verleihen. Was die UEFAbetrifft, werden wir die Organisationsstruktu-ren weiter professionalisieren und Marke-tingstrategien entwickeln, die Förderarbeitvorantreiben und die TV-Abdeckung erwei-tern. Doch letztendlich liegt der Schlüsselzum Erfolg des Futsal bei den Verbändenund ihrer Bereitschaft, in diese neue Spartedes Fussballs zu investieren, sie parallel zum Elferfussball zu verwalten und so einenwertvollen Beitrag zum Breitenfussball zu leisten. Die Frage, inwiefern die faszinie-rende Welt des Futsal das Publikum in sei-nen Bann zu ziehen vermag, wird ebenfallsvon entscheidender Bedeutung sein. Wennsich die UEFA, die Nationalverbände und die Futsal-Klubs für die Förderung des Futsalstark machen, werden die Stars von morgennicht nur in ihren Ländern zu bekanntenNamen, sondern auch als Fussballpersön-lichkeiten anerkannt werden. Fürs erste sind Javi Rodríguez und Andreu, die beidenschillernden Beispiele für das Potenzial des Futsal, noch die Wegbereiter für eine rosigeZukunft des Hallenfussballs. Dem euro-päischen Futsal winken goldene Zeiten.

Der Futsal kann für grosses Spektakel sorgen!

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JAVIER LOZANO

BESCHEIDEN WIE ER IST BESTEHT ER DARAUF, DASS ER IN SEINER KARRIERE MEISTENS

«ZUM RICHTIGEN ZEITPUNKT AM RICHTIGEN ORT» STAND. DAS TEMPO INDES IST BEEINDRUCKEND.

40 MAL SPIELTE ER NEBEN SEINEM LEHRERBERUF IN DER SPANISCHEN FUTSAL-NATIONALMANNSCHAFT,

BEVOR ER IM ZARTEN ALTER VON 31 JAHREN DEREN CHEFTRAINER WURDE. IN DEN LETZTEN 14 JAHREN

HAT ER EINEN IN DER FUSSBALLGESCHICHTE EINZIGARTIGEN REKORD AUFGESTELLT: ER HAT BEWIESEN,

DASS DIE BRASILIANER ZU SCHLAGEN SIND, ALS ER SPANIEN BEI DER FIFA FUTSAL-WELTMEISTERSCHAFT

2000 IN GUATEMALA ZUM TITEL FÜHRTE UND VIER JAHRE SPÄTER IN CHINESE TAIPEI ERNEUT GOLD

HOLTE. AUCH 1996, BEI DER ERSTEN UEFA-FUTSAL-EUROPAMEISTERSCHAFT IN CÓRDOBA, FÜHRTE ER

SPANIEN ZUM SIEG. DANACH GEWANN ER 2001 IN MOSKAU, UND MIT DEM SIEG IN OSTRAVA LETZTES

JAHR MACHTE ER DEN HATTRICK KOMPLETT. VON FÜNF ENDSPIELEN BESTRITT SEINE MANNSCHAFT VIER

UND GEWANN DEREN DREI. WIE VIELE TRAINER WÜRDEN DIE BRONZEMEDAILLE, DIE ER 2003 IN ITALIEN

GEWANN, ALS ‘TIEFPUNKT’ IN DER KARRIERE BEZEICHNEN? DOCH ERGEBNISSE SIND FÜR IHN NICHT

ALLES. ER HAT BÜCHER UND TRAININGSLEHRBÜCHER GESCHRIEBEN. ER REIST UM DIE WELT, UM BEI

FUTSAL-KONFERENZEN UND WORKSHOPS SEIN WISSEN WEITERZUGEBEN. IN DEN LETZTEN ZEHN JAHREN

WAR ER EINERSEITS PIONIER, ANDERERSEITS TRAINERLEGENDE. ES GÄBE ALSO KAUM JEMANDEN,

DER GEEIGNETER WÄRE, DEN ANSTOSS DES ERSTEN FUTSAL TECHNICIAN AUSZUFÜHREN, ALS:

Bevor Sie mit Ihren Fragen beginnen,möchte ich betonen, dass die Lancie-rung dieser UEFA-Publikation ein wich-tiger Schritt ist, da der Futsal damitunabhängig vom Inhalt der Publikationin eine neue Dimension vorstösst. Ein Zeichen dafür, dass sich die Zeitenändern und sich die UEFA der neuenSituation anpasst. Der Futsal-Trainer ist grundsätzlich besorgt über den Futsal und dessen Zukunft, er versuchtjeden Tag, sein Wissen zu erweitern,und hat viel Selbstachtung. Wir müs-sen Techniken unter die Lupe nehmenund analysieren und das Teamcoa-ching von einer wissenschaftlicherenSeite betrachten. Allzu oft wird der Fut-sal-Trainer als zweitrangig angesehen.Doch wir sind von unseren Fähigkeitenüberzeugt und fühlen uns in der Weltder Trainer nicht minderwertig. Diese

Publikation ist der Beweis dafür, dassdie UEFA dies genauso sieht.

Wenn Sie in Spanien, dem Land desFutsal-Weltmeisters, dieses Gefühlhaben, wie müssen sich dann Futsal-Trainer in anderen Ländern fühlen?Wohl noch viel schlechter. In Spanienkämpfen wir seit 1989 um mehr Aner-kennung und Wertschätzung, und wirhaben bereits grosse Erfolge erzielt: Wir haben unsere eigenen Trainerabzei-chen, wir sind in Trainerausbildungs-ausschüssen, wir verwenden viel Zeitauf unsere Weiterbildung, wir haben die gleichen Verträge wie Fussballtrai-ner, die gleichen Garantien, die gleichejuristische Absicherung… Schritt fürSchritt haben wir, insbesondere in denletzten fünf Jahren, zahlreiche Fort-schritte erzielt.

Spanien ist fast europaweit Vor-bild – sowohl bei gestandenenFutsal-Nationen als auch bei New-comern. Alle möchten Ihre Arbeitund Ihre Spielweise analysieren.Erschwert es Ihre Arbeit als Coach,stets der Gejagte zu sein?Nun, ich habe dadurch eine grössereVerantwortung und eine Art Füh-rungsrolle. Ich helfe gern. Ich hätteauch gerne ein Vorbild gehabt,jemanden, den ich hätte bewundern,beobachten und um Rat bitten können. Leider gab es das zu meinerZeit noch nicht. Wir mussten kämp-fen, mussten unseren eigenen Weg finden. Wir waren Pioniere. Vordiesem Hintergrund ist es eine grosse Freude und Genugtuung,anderen behilflich zu sein, damit sieweiterkommen.

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I N T E R V I E WVON GRAHAM TURNER

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Welches sind für Sie derzeit die grössten Herausforderungen undBedürfnisse des Futsal-Trainers?Nun, an Begeisterung und Motivationfehlt es bestimmt nicht. Was fehlt, ist dasMaterial. Wo findet der Futsal-Trainer gute Referenzbücher? Wo kann er sichweiterbilden? Man kann noch so gutenWillens und begeistert sein, aber manbraucht jemanden, der einem zeigt, wieman seinen Job angehen soll. Manbraucht Anschauungsmaterial. Manbraucht Seminare und Workshops, ummit Kollegen Erfahrungen auszutauschen.

Nach und nach erobert der FutsalEuropa. Wie wichtig ist es, dass grosse Fussballnationen wie Eng-land, Frankreich oder Deutschlandvermehrt Futsal spielen?Sehr wichtig. Diesbezüglich ziehe ich

den Hut vor Petr Fousek, der sich nochvor seiner Zeit als Vorsitzender derUEFA-Kommission für Futsal bereits fürdie Förderung dieses Sports einge-setzt hat. Zu seiner Zeit waren die Fort-schritte noch an einer Hand abzuzäh-len. Inzwischen ist alles etwas kompli-zierter geworden: Das Spiel soll verein-heitlicht, das Niveau in ganz Europanach und nach angeglichen werden.Der UEFA möchte ich für ihre diesbe-züglichen Bemühungen und das Enga-gement meine Anerkennung zollen.

Wie soll das Niveau angehobenund vereinheitlicht werden?Ich denke, auch hier ist die Bereit-stellung von Lehrmaterial vordringlich.Ausserdem sollen die Nationalver-bände ermutigt werden, Kurse für Futsal-Trainer anzubieten. Das bedeu-

tet längerfristig die Ausbildung vonguten Trainerausbildern, die ihrerseitseine gute Basis für die Zukunft schaffenkönnen. Dabei spielt die UEFA einewichtige Rolle – sie soll die National-verbände bei der Trainerausbildungunterstützen, ihnen bei der Kursauswahlbehilflich sein. Einfach gesagt, mit Ratund Tat zur Seite stehen.

Glauben Sie, andere Länder brauchen einen Javier Lozano?Jemanden, der nicht nur das Trainer-handwerk beherrscht, sondern auchüber die didaktischen Fähigkeitenverfügt, die man braucht, um Bücherund Handbücher zu verfassen,Seminare zu leiten usw.?Ich glaube, es gibt in anderen Ländernsolche Personen. Aber nicht alle wurdenderart vorbildlich unterstützt wie ich vonmeinem Verbandspräsidenten AngelMaría Villar. Dank ihm hatte ich bei mei-ner Arbeit stets die volle Unterstützungdes Verbands. Er war schon immer einVerfechter und Bewunderer des Futsals,und seine Unterstützung hat massgeb-lich zum Erfolg Spaniens beigetragen.Um auf Ihre Frage zurückzukommen:Ich bin viel gereist und habe festgestellt,dass die personellen Ressourcen durch-aus vorhanden sind. Menschen, diegenauso viel wie ich oder noch mehrfür den Futsal tun können. Sie braucheneinfach das Material und die Unterstüt-zung, die ich in Spanien erhalten habe.

Finden Sie es seltsam, dass die europäische Futsal-Landkarte bislangvon einer Ost-West-Achse dominiertwurde?Nun, Russland, die Ukraine, Spanien, Italien und Portugal scheinen tatsächlichdie führenden Futsal-Nationen zu sein.Doch es gibt auch ein starkes Mittelfeldmit Ländern wie den Niederlanden, Belgien, Kroatien, Polen, der Tschechi-schen Republik. Dann gibt es Länderwie Griechenland, Frankreich oder Eng-land, wo die Entwicklung gerade erstbeginnt, und eine weitere Gruppe, zuder Skandinavien gehört, die noch nichtauf den Zug aufgesprungen ist. Bei denführenden Nationen läuft inzwischen

CIZE

K/A

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DER SPANIER

DANIEL CAETANO IBANES

KANN BEIM

EM-ENDSPIEL 2005

AM RUSSEN

VLADISLAV SHAYAKHMETOV

VORBEIZIEHEN.

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alles rund und sie kommen selbstzurecht. Sie sind bestens organisiert,verfügen über solide Trainerausbildungs-strukturen etc. Deshalb sollten wir unsauf das Mittelfeld und die Neueinsteigerkonzentrieren. Wir müssen ihnen eineStarthilfe bieten, damit sie aufholen können. Ich freue mich auf den Tag, andem wir nicht mehr nur fünf Anwärterauf den Europameistertitel haben, son-dern 18. Wir müssen alles daran setzen,dass andere Länder an Geschwindigkeitzulegen. Das sind jetzt aber nicht nurleere Floskeln. Letztes Jahr haben wirzum Beispiel in Madrid an unserem Verbandssitz einen internationalenWorkshop organisiert, den 250 Trainerbesuchten. Und wir sprachen dabeinicht nur über Taktik. Für den Futsal-Trainer sind Bereiche wie Psychologie,Führungsqualitäten und Gruppendyna-mik zentral. Für Futsal-Trainer ist es auchwichtig zu sehen, dass ich in den letztenJahren von grossen Firmen eingeladenwurde, um vor leitenden Angestelltenüber Führungsstil, Motivation, Stressma-nagement, Risikobewertung oder Grup-pendynamik zu referieren. Das bedeutetdoch, dass unsere Arbeit in der Gesell-schaft Anerkennung findet. Ich bin sehrstolz darauf, dass die Wirtschaft unsereMeinung zu diesen Themen schätzt.

Der Zuschauer, der sich auf dieFähigkeiten des Einzelspielers oderdie Unterhaltsamkeit einer Futsal-Partie konzentriert, realisiert vermut-lich nicht, welche Arbeit der Trainerim Vorfeld in Sachen Kollektiv ge-leistet hat…Das stimmt. Spanien ist dank des Kollektivs Welt- und Europameistergeworden. Vor Jahren haben wir einenMannschaftsgeist entwickelt, derbewirkt, dass das Ganze grösser ist alsdie Summe seiner Teile, sprich der einzelnen Spieler. Die Mannschaftsleis-tung ist immer besser. So konnten wirMannschaften schlagen, die auf demPapier stärker sind. Brasilien verfügteindeutig über die besseren Einzelspie-ler. Wenn der Zuschauer das Gefühlhat, im Futsal sei das Können des Ein-zelnen zentral, haben wir etwas falschgemacht. Ich glaube, zum Teil habendies auch die Funktionäre noch nichterkannt. Deshalb stehen uns viele misstrauisch gegenüber und verkennendie Bedeutung des Futsals für denSport und die Gesellschaft. In Spanienändert sich diese Haltung mehr undmehr – deshalb sind auch Konzernean unserer Arbeit interessiert. Futsalfördert positive Charaktereigenschaftenwie Solidarität, Disziplin, Teamgeist,

Achtung des Gegners, der Trainer undOffiziellen… Gleichzeitig ist Futsal einesichere und unterhaltsame Sportart, undauf hohem Niveau ist Futsal eine gross-artige Schule bezüglich der bereits an-gesprochenen Führungsqualitäten. Futsalkann in der Erziehung wertvolle Diensteleisten. Die Identifikation ist wahrschein-lich grösser als bei anderen Sportarten,denn durch die fliegenden Wechsel ist jeder Einzelne wirklich Teil der Mann-schaft.

Ist die spanische Nationalmannschaftaussergewöhnlich? Welches sind ihrebesonderen Merkmale?Ich glaube, die spanische Nationalmann-schaft ist eine Art Vorbild. Wir habeneinen Stil entwickelt, und jeder erfolg-reiche Stil findet Nachahmer. Wir habeneinen Weg gefunden, wie wir als Kollek-tiv effizient sein können, ohne dabei dieSpieler ihrer Individualität zu berauben.Mit anderen Worten versuche ich ganzeKonzepte zu festigen statt Spielzüge einzustudieren, die mein Team vorher-sehbar machen. Ich ermutige die Spieler,mitzudenken und Entscheidungen zutreffen. Die Fähigkeiten der Einzelnenwerden bei uns gezielt eingesetzt, sodass sie dem Team als Kollektiv dienen.

Gibt es in Spanien Reibungspunktezwischen dem Elferfussball und dem Futsal?Nein. Glücklicherweise haben wir inunserem Nationalverband ein klaresKonzept bezüglich der Organisation von Futsal. Bis zu einem gewissen Alterlegen wir den Jugendlichen nahe, so-wohl Futsal als auch Fussball zu spielen.Entscheiden können sie sich später. So bleiben die Spieler unserem Sportauf jeden Fall erhalten, sei es im Fuss-ball oder im Futsal.

Weshalb haben Sie sich für Futsalentschieden?Das war eine Art Intuition. Ich spielteFussball und begann dann später auchmit Futsal. Es gefiel mir so gut, dass ich 1983 oder 1984, als in Spanien dieerste Liga gegründet wurde, vor einerschwierigen Entscheidung stand. Spanien, der amtierende Futsal-Weltmeister.

EINE WEITERE TROPHÄE

FÜR JAVIER LOZANO:

FUTSAL-EUROPAMEISTER 2005.

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AAuf den ersten Blick bot Futsal kaumPerspektiven und es hiess, er habe keineZukunft. Doch mir gefiel der Sport, ererfüllte mich. Ich sprang auf den Futsal-Zug auf und machte ganz neue Erfah-rungen – eine wegweisende Entschei-dung, die mein Leben veränderte. Futsalmachte mich unglaublich glücklich. Ich war Lehrer, und auch als Spielerdachte ich bereits an Coaching. Als ich30 wurde, entschied ich, lieber ein jun-ger Trainer als ein alter Spieler zu sein –wiederum ein entscheidender Moment.Weniger als ein Jahr später war ich Cheftrainer der Nationalmannschaft. Ichwar einer von mehreren Kandidaten,und während des Vorstellungsgesprächssprach ich über den Geist in den Um-kleidekabinen, Respekt und all die ande-ren Fähigkeiten, die ich für den Prozessder Teambildung als wichtig erachtete.Obwohl ich keine Erfahrung vorweisenkonnte, konnten sich die Verantwort-lichen offenbar mit meiner Philosophieidentifizierten und wählten mich aus.

Sie hatten doch eigentlich vor, nachder EURO 2005 zurückzutreten?Ja, das stimmt. Im Lauf der Jahre habeich innerhalb des Nationalverbandsneue Aufgaben und mehr Verantwor-tung übernommen, und ich dachte, derZeitpunkt sei ideal, um die Trainerbankzu verlassen. Nicht dem Futsal den Rücken zu kehren, nein, das kann ichmir nicht vorstellen. Aber die vielen

Reisen, um Spieler zu sichten, die Trai-ningsvorbereitung usw. Doch Verbands-präsident Angel María Villar konnte mich mit stichhaltigen Argumenten zumWeitermachen bewegen. Und da er mir in schwierigen Zeiten stets denerforderlichen Rückhalt gegeben hatte,wollte ich ihn nicht im Stich lassen. Der richtige Zeitpunkt wird kommen,aber ich werde dem Futsal bestimmt in irgendeiner Form erhalten bleiben.

Wer solche nachhaltigen Erfolge vorzuweisen hat, könnte das Ge-heimrezept doch eigentlich für sichbehalten wollen. Sie wollten IhrWissen jedoch immer mit Kollegenteilen. Weshalb?Das ist richtig. Ich habe Welt- und Euro-pameisterschaften stets für einen Erfah-rungsaustausch genutzt, und kürzlichhabe ich mal die Konferenzen, Work-shops und Kurse zusammengezählt, andenen ich teilgenommen habe. Es sindrund 200! Ich habe nie Nein gesagt. Ichfühle mich verpflichtet, in ein Land zugehen, das mich einlädt. Das kann heis-sen, dass ich eine Woche auf den Male-diven bin, die nächste Woche in einemkleinen Dorf im spanischen Hinterland.Wo immer Interesse an Futsal besteht,muss man hingehen. Zwischenmensch-liche Beziehungen waren für mich im-mer wichtig, und natürlich ist das immerein Geben und ein Nehmen. Mit ande-ren Worten erhalte ich in der Regel

auch Unterstützung, wenn ich darumbitte. Das ist natürlich angenehm.

Was würden Sie einem jungen Trainer raten?So einiges! Ein praktischer Hinweis wäre zum Beispiel, dafür zu sorgen, dass man eine vertrauenswürdige rechte Hand hat. Jemand, der die Dingebeim Namen nennt, auch wenn es unangenehm wird. Jemand, der eineandere Sichtweise einbringen kann.

Sie waren Zeuge, wie sich die euro-päische Futsal-Landkarte veränderthat. So ist zum Beispiel der rascheAufstieg Portugals beeindruckend. Wie lange kann sich Spanien noch an der Spitze halten?Nach Portugal, wo ich im Übrigen vielegute Freunde habe, gehe ich immer, wennich eingeladen werde, und erzähle, wasich weiss. Ich habe keine Geheimnisse. Im Grunde genommen füttern wir jene,die uns auf lange Frist gesehen fressenwerden! Aber ich bin überzeugt, dass wirdem Futsal und seiner Zukunft damitGutes tun. Lieber bin ich in einem starkbesetzten Turnier Fünfter als der Siegereines schwachen Wettbewerbs. Mein Zielist es, das Niveau der Wettbewerbe zuerhöhen. Nur so hat das Erreichte aucheinen wirklichen Wert. Das ist meine Vision– und viele Futsal-Trainer sind Visionäre!

Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie einen Wunsch frei hätten?Die Teilnahme an den Olympischen Spielen! Und mit jeder Olympiade wirddieser Wunsch noch stärker. Bei allemRespekt und ohne jemandem zu nahetreten zu wollen: Es sind Sportarten olympisch, die längst nicht die sozialeBedeutung und die Verwurzelung des Futsal haben. Ich möchte natürlich keineandere Sportart verdrängen, glaube aber,dass Futsal einen Platz bei den Olympi-schen Spielen verdient hätte. Das ist und bleibt mein grosser Traum. Und ichhoffe, dass er eines Tages wahr wird,auch wenn ich dann nur noch Zuschauersein werde. Ich möchte nicht von dieserWelt gehen, ohne ein olympisches Futsal-Turnier gesehen zu haben.

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PETR FOUSEK, VORSITZENDER

DER UEFA-KOMMISSION FÜR FUTSAL.

IST EIN FUTSAL-TRAINERNUR EIN TRAINER?

IM FEBRUAR WURDE IM TRAININGSZENTRUM DES SPANISCHEN FUSSBALLVERBANDS IN LAS ROZAS,

DAS AM STADTRAND VON MADRID LIEGT, DIE ZWEITE UEFA-FUTSAL-KONFERENZ VERANSTALTET.

DIE DREITÄGIGE KONFERENZ UMFASSTE PRÄSENTATIONEN, INTERVIEWS, PRAKTISCHE EINHEITEN UND

SITZUNGEN, DIE VON TRAINERN UND FUNKTIONÄREN AUS ALLEN 52 UEFA-MITGLIEDSVERBÄNDEN

BESUCHT WURDEN. DAS RESULTAT WAR EIN FEUERWERK VON IDEEN, VORSCHLÄGEN UND VISIONEN

FÜR DIE ZUKUNFT DES FUTSAL. EINIGE DER ADMINISTRATIVEN UND FÖRDERUNGSBEZOGENEN ASPEKTE

DÜRFTEN FÜR DEN FUTSAL-TRAINER VON EHER GERINGEM INTERESSE SEIN. STIMMT DAS WIRKLICH?

AN DER KONFERENZ WURDE UNTER ANDEREM DIE FOLGENDE INTERESSANTE FRAGE AUFGEWORFEN:

Die Teilnehmer der UEFA-Futsal-Konferenz.

«In den Anfängen des Futsal», erklärte PetrFousek, Vorsitzender der UEFA-Kommissionfür Futsal, «beschäftigten die Verbände nichtviele Personen, so dass der einzelne Ange-stellte mehrere Funktionen wahrzunehmenhatte. Daraus resultierte eine Gruppe vonTrainern, die ein grösseres Bewusstsein fürorganisatorische und administrative Aspekteaufweisen als ihre Kollegen im traditionellenFussball. Futsal-Trainer verfügen über einäusserst breit gefächertes Know-how. Dieentsprechenden Erfahrungen werden sehrwertvoll sein, wenn es darum geht, etwasumfangreichere Verwaltungsstrukturen zuschaffen, die auf Mitarbeitern mit speziali-sierteren Funktionen beruhen. Ich hoffe,dass die Konferenzteilnehmer dank den inMadrid gesammelten Informationen in derLage sein werden, die Bedürfnisse in ihrenVerbänden noch besser zu erfüllen.»

Die Konferenzteilnehmer in Madrid wareneine Mischung aus erfahrenen Trainern,Newcomern und Vertretern aus den verhält-nismässig wenigen Ländern, in denen nochkeine eigentliche Futsal-Struktur besteht.Javier Lozano aus Spanien und weitere Pioniere wie Semen Andreev aus Russlandund der derzeitige niederländische National-trainer Vic Hermans hielten unmissverständ-lich fest, dass die Rolle des Futsal-Trainersvielfach weit über seine Tätigkeit in der Garderobe und auf dem Spielfeld sowieüber sein permanentes Streben nach gutenResultaten hinausgeht.

«Es war mein Traum, Teamchef der Nieder-lande zu werden», erinnerte sich Vic Her-mans, «und 1997 ging dieser in Erfüllung.Damals liess das Budget des Nationalver-bands die Beschäftigung eines vollzeitlich

tätigen Trainers nicht zu. Deshalb begann ich mit einer 20%-Anstellung. Doch ich übteauch andere Funktionen aus. Einmal proWoche gab ich meine Erfahrung an Trainer-kollegen weiter, und damals hielt ich auchmeine Vision für den Futsal schriftlich fest.Im Jahr 2001 wurde diese Vision gutgeheis-sen, und ich wurde als vollamtlicher Trainerengagiert. Den Trainern in anderen Ländernmöchte ich unter anderem klar machen,dass sich die Aufgabe eines Futsal-National-trainers nicht darauf beschränkt, Überlegun-gen zum Training der A-Nationalmannschaftanzustellen.»

Semen Andreev erzählte eine ähnlicheGeschichte darüber, wie er in der ehema-ligen UdSSR und anschliessend in Russlanddie Grundlagen für den Futsal schuf. «Wirmussten ganz bei Null beginnen», erinnerteer sich, «und konnten nicht auf bestehendeRessourcen zurückgreifen.» Wie viele Länderinnerhalb der europäischen Futsal-Strukturerrichteten auch die Russen zuerst das Dach.«Ohne jegliche Basis bauten wir eine Natio-nalmannschaft auf. Glücklicherweise hattenwir von Anfang an Erfolg, was uns grossenSchwung für die weitere Entwicklung gab.»

Trainer wie Vic Hermans, Semen Andreevund Javier Lozano leisteten Pionierarbeit vonunschätzbarem Wert, indem sie sich nichtauf die reine Trainertätigkeit beschränkten,sondern viel Zeit für Begegnungen undDiskussionen mit den Verantwortlichen ihresNationalverbands investierten und dabeiÜberzeugungsarbeit leisteten. Anschliessendübernahmen sie bei der Umsetzung ihrerPläne für die Zukunft eine aktive Rolle.

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DER NIEDERLÄNDER

VIC HERMANS.

Schiessen oder passen? Futsal erfordert rasches Entscheiden.

Sowohl Vic Hermans als auch SemenAndreev waren bei der Schaffung von regio-nalen Strukturen behilflich: So entstandenderen 6 in den Niederlanden und 22 inRussland. Beide engagierten sich stark fürFörder- und Ausbildungsprogramme. «Wirerarbeiteten zum Beispiel ein Handbuch für Schullehrer», erzählte Semen Andreev.«Wir lancierten ein Programm, indem wir in Schulen riesige Plakate aufhängten, mitdenen die Kinder für den Futsal motiviertwurden. So etwas ist jedoch nutzlos, wenndie Lehrer nichts über den Sport wissen.Deshalb sorgten wir dafür, dass sie alle dieSpielregeln, Ratschläge zur Technik undEmpfehlungen zur Frage erhielten, wie Kin-dern Futsal schmackhaft gemacht werdenkann. In den letzten Jahren wurde der Futsalin den Turnunterricht integriert. Deshalborganisierten wir für die Altersgruppen der12- bis 13-Jährigen sowie der 14- bis 15-Jährigen Schulwettbewerbe auf regionalerBasis. Im März veranstalten wir die erste rus-sische Futsal-Schulmeisterschaft, und 2007werden wir erstmals einen Schulwettbewerbfür die 10- bis 11-Jährigen durchführen.»

Trotz der offensichtlichen geographischen und kulturellen Unterschiede zeichnete VicHermans vom Futsal in den Niederlandenein ähnliches Bild. «Wir haben mittlerweile300 Schulmannschaften, die regelmässigspielen», berichtete er, «wobei die Mädchenund Jungen an den Wettbewerben gemein-sam teilnehmen. Das Wachstum erfolgte so rasch, dass es einiger Anstrengungen be-durfte, um genügend Trainer und Schieds-richter zu finden. Und selbstverständlichgeht es nicht nur darum, sie zu finden –man muss sie auch ausbilden. Deshalbbeteiligte ich mich intensiv an Seminaren,Workshops und ähnlichen Veranstaltungen.Das ist mit viel Arbeit verbunden, doch inletzter Zeit konnten wir feststellen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. In gewisserWeise wird am 25. Mai unsere gesamteArbeit der Öffentlichkeit gezeigt. An diesemDatum wird in einer grossen Halle in Ams-terdam unser nationaler Futsal-Tag statt-finden. Wir werden Juniorenturniere, dasPokalendspiel, Workshops und vieles mehrdurchführen. Ein Futsal-Trainer muss daraufvorbereitet sein, sehr viel Arbeit selbst zu erledigen. Gleichzeitig müssen wir alle bereit sein, uns gegenseitig so viel wie möglich zu helfen.»

Ein Futsal-Trainer benötigt oft mehr als reine Trainerkompetenzen. Engagement für die Sache ist ein Faktor von grundlegen-der Bedeutung. Was die Zukunft des Futsalanbelangt, scheint hinsichtlich dieses unbezahlbaren Elements glücklicherweisekein Mangel zu bestehen.

TRAINERAUSBILDUNGDoch in welchem Ausmass sind Integrations-konzepte für Ausbildungspläne von Futsal- undFussballtrainern machbar? Während Spielerdurchaus sowohl im Futsal als auch im traditio-nellen Fussball eingesetzt werden können, isteine gleichzeitige Tätigkeit als Trainer in beidenDisziplinen zweifellos problematischer.

«Während meiner ersten Jahre als Futsal-Trainer –und auch heute noch – kamen Fussballtrainerzum Futsal und hatten grosse Anpassungs-schwierigkeiten», erinnerte sich Semen Andreev. «Sie kamen mit der vorgefassten Meinung, der„Mini-Fussball” sei eine einfache Disziplin, wasjedoch nicht zutrifft. Die Komplexität des Futsalbesteht in seiner vermeintlichen Einfachheit. Die spezialisierte Trainerausbildung ist daher eine sehr wichtige Aufgabe, für die wir uns entsprechend engagieren müssen. Wir benötigeneine Umstrukturierung innerhalb unserer Orga-nisationen, um das Wachstum des Futsal bewäl-tigen und dem Bedarf nach spezialisierten Trainern entsprechen zu können.

Als ich 1989 mein Trainerdiplom erwarb», hielt Vic Hermans fest, «war der Futsal ein Teil des Aus-bildungsplans. Als ich 1997 zurückkehrte, war diesnicht mehr der Fall. Deshalb mussten wir allesneu überdenken und planen. Im nächsten Jahrwerden auf verschiedenen Stufen Programme für die Trainerausbildung zur Verfügung stehen.»

Aus diesem Grund gehörte die Trainerausbildungan den Diskussionsrunden in Madrid zu den Prioritäten – der Mangel an spezialisierten Ausbil-dungsprogrammen wurde von den Konferenzteil-

nehmern als eines der grössten Hindernisse für die Entwicklung des Futsal betrachtet. Vor diesem Hintergrund wurde die UEFA vonvielen Teilnehmern gebeten, Unterstützung bei den folgenden Aufgaben zu leisten: Aufbaueines Teams von Ausbildnern und Instruktoren,Veranstaltung von speziell auf den Futsal aus-gerichteten Workshops und Seminaren sowieAbgabe von Schulungsmaterial, das den Natio-nalverbänden die Lancierung ihrer eigenen Projekte erleichtert.

«Die Trainerausbildung ist für die Zukunft desFutsal von grosser Bedeutung», betonte PetrFousek. «Wir wollten in Madrid nicht eine Listemit 50 Prioritäten erstellen, weil für jede dasRisiko bestanden hätte, dass sie wie ein Was-sertropfen im Meer verloren gegangen wäre. Im Gegensatz zu den Wettbewerben besteht im Entwicklungsbereich eine der obersten Prioritäten darin, den Futsal in die UEFA-Breiten-fussball-Programme zu integrieren. Die Trainer-ausbildung ist die andere Priorität. Da bei wei-tem nicht alle Nationalverbände über gut struk-turierte und auf den Futsal ausgerichtete Trai-nerausbildungprogramme verfügen, möchtenwir die Nationalverbände ermuntern, Lizenzie-rungssysteme einzuführen. Die Mitarbeit derUEFA wünschen wir uns in einer ersten Phasebei der Veranstaltung von Workshops, die sichan Trainer aus neuen Futsal-Ländern und ausLändern richten, die sich diesbezüglich noch in der Entwicklungsphase befinden. Das grössteZiel schliesslich besteht darin, dass ein Futsal-Trainerdiplom in die UEFA-Trainerkonventionintegriert wird.»

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SEMEN ANDREEV, MITGLIED

DER UEFA-KOMMISSION FÜR FUTSAL.

Eine Szene aus dem UEFA-Futsal-Pokal-Spiel zwischen Action 21 Charleroi und Boomerang Interviù .

FUTSAL gegen FUSSBALL – ein Aufeinandertreffen ohne Gegner

«Unsere grössten Rückschläge waren aufeine negative Grundhaltung und auf Wider-stand innerhalb der Organisationen des traditionellen Fussballs zurückzuführen. DerSchlüssel zum Wachstum des Futsal liegtmeiner Meinung nach darin, dass wir alle –angefangen bei den Behörden – davon überzeugen, dass kein Konflikt zwischen dem Fussball und dem Futsal besteht unddass es für alle besser ist, wenn wir unsereKräfte vereinen.»

Diese Bemerkung von Semen Andreev wargewissermassen eine Zusammenfassung derallgemeinen Einstellung der Konferenzteil-nehmer in Madrid. Es herrschte allgemein die Auffassung, dass die Futsal-Herkunft vonSpitzenspielern wie Ronaldinho, Robinho und Deco als Botschaft für die Vereinigungder Kräfte zu verstehen ist.

«Es war schwierig, gewisse Verantwortlichedavon zu überzeugen, dass der Futsal in dieAusbildungspläne der Nationalverbände in-tegriert werden muss», räumte Vic Hermansein. «Ich wollte eine Win-Win-Situation fürbeide Disziplinen schaffen, um zu gewährleis-ten, dass Fussball und Futsal zum gleichenBereich gehören und in gleicher Weise geför-dert werden.» Vic Hermans und seine Kolle-gen im niederländischen Verband diskutierengegenwärtig über Möglichkeiten einer gegen-seitigen Abstimmung zwischen den beidenDisziplinen. Vor diesem Hintergrund wurdeunter anderem vorgeschlagen, Futsal-Wett-

den UEFA-Futsal-Wettbewerben halten. Sie vertraten dezidiert die Auffassung, dass dieLernkurve ansteigen würde, wenn mehr Spieler und Trainer die Möglichkeit erhielten,Erfahrungen auf internationaler Ebene zu sammeln. «Meiner Meinung nach bestehengegenwärtig zu wenig Anreize», erklärte Semen Andreev. «Und die besten Anreize sindLänderspiele und internationale Turniere.»

«Ich denke, wir können der UEFA zwei sehrbedeutende Empfehlungen unterbreiten»,meinte Petr Fousek, Vorsitzender der UEFA-Kommission für Futsal, am Ende der Konferenzin Madrid. «Zum einen eine Erweiterung derEM-Endrunde von acht auf zwölf Mannschaf-ten wie beim Frauenfussball. Zum anderen die Lancierung eines U21-Turniers, für dasbereits 39 Verbände ihr Interesse bekundethaben.» Viele Trainer wiesen in Madrid daraufhin, dass die Einführung eines U21-Wettbe-werbs positive Auswirkungen auf die Junioren-entwicklung hätte, da unter solchen Voraus-setzungen viele Nationalverbände ein Natio-nalteam auf U19-Ebene schaffen würden, um auf diese Weise den Nachwuchs für dasU21-Team zu gewährleisten.

Petr Fousek hatte als Gastgeber aus ersterHand miterlebt, wie die in Ostrava veranstal-tete EM-Endrunde dazu beitrug, das Bewusst-sein für den Futsal in der Tschechischen Republik und das Image dieser Sportart zu verbessern. «Aus sportlicher Sicht war esbedauerlich, dass unser Team nicht über genügend Reserven verfügte, um innerhalb eines kurzen Zeitraums zwei Mal Spitzenleis-tungen zu erbringen. Denn die Endrundewurde kurz nach der Weltmeisterschaft in Tai-pei, China, veranstaltet», gab er zu bedenken.

Dieses Problem wurde mittlerweile gelöst,indem der internationale Spielkalender über-arbeitet wurde. Ein deutlicher Hinweis auf diezunehmende Popularität des Futsal war dieTatsache, dass für die Ausrichtung der Futsal-EM-Endrunde 2007 sieben Bewerbungen eingegangen waren. Das Bewerbungsverfah-ren endete mit einem Erfolg der Kandidaturvon Portugal. Die sieben Trainer, die ihreMannschaft erfolgreich durch die Qualifika-tionsspiele führen, werden es schätzen, dassder Spielplan der Endrunde umstrukturiertwurde, um zu gewährleisten, dass jedes Teamzwischen seinen Begegnungen mindestenseinen Ruhetag hat. Da neu zwei statt vierBegegnungen pro Tag bestritten werden, können Anspielzeiten festgelegt werden, dieden Bedürfnissen der Mannschaften, Fans und TV-Stationen besser entsprechen.

bewerbe während der Winterpause des tradi-tionellen Fussballs zu fördern. «Das ist einegute Möglichkeit, um den Fussballern Futsal-Fähigkeiten zu vermitteln», erklärte Vic Her-mans. «Dabei können sie einiges über Tech-nik, die Klärung von kritischen Situationen auf engem Raum, Beweglichkeit und schnel-les Denken lernen… Meine Vision bestehtdarin, den Futsal und den Fussball als zweiElemente in einem integrierten Sport zusam-menzubringen.»

Doch wie weit sind wir noch von der Integra-tion entfernt, von der Vic Hermans träumt?Ein massgebendes Kriterium ist sicherlich die Frage, wie viele der 21 Vereine, die deneuropäischen Meisterpokal im traditionellenFussball gewonnen haben, über einen Futsal-Bereich verfügen. Javier Lozano legte dar,dass in Spanien «der Futsal vor allem in Städten rasch Wurzeln fasste, die über kei-nen Spitzenverein im traditionellen Fussballverfügen. Doch die Leidenschaft für denFussball lässt sich auch relativ einfach aufden Futsal ausweiten. Der FC Barcelona investiert gegenwärtig entsprechende Mittel.Ich bin überzeugt, dass fünf bis sechs wei-tere Vereine unserer obersten Spielklassenachziehen werden, wenn dieses Projekterfolgreich verläuft. Auf diese Weise kannman das Interesse eines grossen Teils derFussballfans wecken – dies ist genau dieSituation, von der Trainer träumen.»

LEARNING BY DOING

Die Konferenzteilnehmer in Madrid wurdenunter anderem auch gefragt, was sie von

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ANGEL MARIA VILLAR,

PRÄSIDENT DES SPANISCHEN

FUSSBALLVERBANDS UND

UEFA-VIZEPRÄSIDENT, IST EIN GLÜHENDER

VERFECHTER DES FUTSAL.

Eine Ballbehandlung, wie man sie beim Futsal häufig sieht.

weist der Futsal für Frauen ein rasches Wachstum auf. Obwohl gegenwärtig kein Frauenwett-bewerb durchgeführt wird, ist diese Entwicklungauch der UEFA nicht entgangen. Wie GiorgioMarchetti, Direktor der UEFA-Division Berufs-fussball, in Madrid erklärte, wird das Potenzialdes Frauen-Futsal gegenwärtig analysiert.

Gemäss den Angaben des niederländischen Verbands bestehen in den Niederlanden mitt-lerweile über 400 Frauenteams. In Russlandwurden die Mädchen vollständig in die Schul-turniere integriert, und viele Länder in Europaund aus anderen Kontinenten melden einrasches Wachstum des Futsal für Frauen.

Der grundlegende Unterschied besteht darin,dass im Männer-Futsal Einigkeit darüberherrscht, dass der Futsal von oben nach untenaufgebaut wurde. Die Nationalmannschaftenund die obersten Spielklassen – worunter sicheinige Profiligen befinden – präsentierten denFutsal dem Publikum auf eine so spektakuläreWeise, dass die unteren Ebenen ausgehendvom Erfolg an der Spitze errichtet wurden.

Mit den Entwicklungsprogrammen, die nun bisauf die Ebene des Breitenfussballs reichen, er-hielten Jungen und Mädchen die Gelegenheit,Futsal-Wettbewerbe zu bestreiten. Ausserdementstand dadurch eine solide Basis von Spiele-rinnen für den Frauen-Futsal. In der zweitenAusgabe des Futsal Technician wird eine detail-lierte Betrachtung der Futsal-Breitenfussball-Programme eines der zentralen Themen sein.

boten werden sollen. Aus diesem Grundwurde das Spielfeld für die Endrunde der Futsal-Europameisterschaft 2005 inOstrava von Spanien bis ans östliche Endeder Tschechischen Republik transportiert.Die Fernsehzuschauer können sich viel-leicht daran erinnern, dass das Spielfeldblau war. Es ist ein interessantes Konzept,dass im Futsal ein Spielfeld mit einembestimmten Merkmal verwendet wird –ein Spielfeld, das aufgrund seiner Farbesofort als Futsal-Spielfeld erkennbar ist.

Vollständige Einheitlichkeit ist selbstver-ständlich ein bisschen viel verlangt. Doch die Entwicklung von Standardspiel-feldern ist eines der Ziele, die die UEFA im Futsal-Bereich verfolgt. Gegenwärtigbefindet sich dieses Vorhaben in der Ab-klärungsphase, wobei verschiedene Artenvon Spielfeldbelägen geprüft werden. Zur Diskussion steht auch die Einführungeines UEFA-Zertifizierungsprogramms. In Zukunft sollen alle UEFA-Begegnungenauf UEFA-konformen Spielfeldern ausge-tragen werden.

UND WAS IST MIT DEN FRAUEN?

«Der Futsal für Frauen benötigt dringend Unterstützung!» Dies war die Parole, die der FIFA-Manager für Futsal-Entwicklung, JaimeYarza, an der Konferenz in Madrid ausgab.Parallel zur Entwicklung im Männer-Futsal

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GROSSES INTERESSE AN DER AUSRICHTUNG VON TURNIEREN

Eines der vielen Symptome des raschenWachstums des Futsal ist das Echo auf dieAusschreibung von UEFA-Wettbewerben. In den 1990er-Jahren war es nicht immereinfach, Veranstalter für die Durchführungvon Miniturnieren zu finden. Nun stehen die Nationalverbände praktisch Schlange, um sich als Ausrichter zu bewerben. An denentsprechenden Bewerbungsverfahren neh-men mittlerweile 15 bis 20 Verbände teil.

Im Zusammenhang mit der Auslosung fürdie Vor- und Hauptrunde des UEFA-Futsal-Pokals im Juli wurde ein Workshop für dieVereine durchgeführt, die Turniere ausrichten.Die Tatsache, dass sich an diesem Workshopauch die UEFA-Division Berufsfussball, dasEvent-Team und die Antidoping-Abteilungbeteiligten, könnte als unbedeutendes Detailbetrachtet werden. Doch es zeigt eindeutig,dass der Futsal nun für die gesamte UEFA-Struktur von Bedeutung ist und dass dieUEFA die Absicht hat, den Futsal im Spitzen-segment zu positionieren. In diesem Zusam-menhang will sie kommerzielle und organi-satorische Verbesserungen realisieren.

EINHEITLICHE SPIELFELDER

Schlamm, holprige Spielfelder, zu wenigRasen und die Wahl der Stollen gehörennicht zu den Problemen, mit denen sich Futsal-Spieler auseinander setzen müssen.Doch was die Einheitlichkeit der Spielfelderanbelangt, besteht ein erhebliches Verbesse-rungspotenzial.

Wenn Futsal in Hallen gespielt wird, die fürmehrere Sportarten konzipiert sind, ist dieseUneinheitlichkeit bis zu einem gewissenGrad unvermeidlich. Doch die Trainer weisenimmer wieder darauf hin, dass ein schnellerBelag zu den primären Voraussetzungengehört, wenn den Fans und TV-Zuschauernmöglichst spektakuläre Begegnungen ge-

DASLETZTEWORT

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