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Der Morbus Farber, auch als saurer Zeramidase-Mangel oder Farber’sche Lipogranulomatose bezeichnet, ist eine autosomal rezessiv vererbte lysosomale Speicherkrank- heit, die mit Zeramidspeicherung einhergeht. Da das gespeicherte Zeramid in Lysosomen eingeschlossen ist, hat es keine Funktion als Signalmolekül. Die auffallenden histologischen Veränderungen bestehen in Granulomen, die aus mit Lipiden beladenen Schaumzellen zusammengesetzt sind und von Lympho- zyten, Makrophagen und vielkernigen Riesenzellen umgeben sein können. Abbildung A zeigt eine Schaumzelle in der Hautbiopsie eines an Morbus Farber erkrankten Patienten. Sie enthält zahlreiche große (bis zu 3 µm messende) Einschlusskörper von irregulärer Gestalt (Sterne in Abb. A), die von der lysosomalen Membran umgeben sind. Bei stärkerer Vergrößerung, wie in Abbildung B gezeigt, können die ultrastrukturell kennzeichnenden Einschlüsse erkannt werden. Es han- delt sich um kommaförmige, kurviglineare Tubuli, die als Farber Bodies bezeichnet werden. Wegen ihrer be- sonderen Form werden sie auch Bananen-Körperchen genannt. Ihr Nachweis ermöglicht die zweifelsfreie Diagnose eines Morbus Farber. Die Erkrankung ist durch einen Mangel an lysoso- maler saurer Zeramidase bedingt, die aus einer 13 kDa -Untereinheit und einer 40 kDa -Untereinheit be- steht. Es handelt sich um eine typische Bilanzstörung mit einer normalen Syntheserate von Zeramid. Jedoch kann das vom Abbau komplexer Glykolipide herstam- mende Zeramid nicht hydrolysiert werden. Das für die beiden Enzymuntereinheiten kodierende Gen liegt auf Chromosom 8p21.3/22. Gegenwärtig sind als Krank- heitsursache sowohl Punktmutationen als auch zwei Spleissort Mutationen, die zur Deletion von Exon 6 und Exon 13 führen, bekannt. Klinisch werden sieben Phänotypen der Krankheit unterschieden, wobei fünf von ihnen sich lediglich durch die Schwere der Erkrankung und unterschiedliche Organmanifes- tationen unterscheiden. Der Typ 6 stellt eine Kombi- nation von Morbus Farber und Morbus Sandhoff dar, und Typ 7 ist durch einen gleichzeitigen Mangel an saurer Zeramidase, Glukozerebrosidase und Galakto- zerebrosidase verursacht. Die klassischen klinischen Symptome bestehen in schmerzhaften Gelenk- schwellungen und dem Auftreten von subkutanen Knoten im Bereich der betroffenen Gelenke und Druckpunkte sowie fortschreitender Heiserkeit durch Kehlkopfveränderungen. Bei Typ 4 bestehen zusätzlich Hepatosplenomegalie und bei Typ 5 progrediente neu- rologische Symptome. Die Diagnose kann anhand der erwähnten klassischen Symptome, durch den Nachweis einer dramatisch reduzierten Aktivität der sauren Zeramidase ( 6% vom Normalwert) und die elektro- nenmikroskopische Untersuchung einer Hautbiopsie gestellt werden. Die pränatale Diagnose gelingt durch Enzymaktivitätsbestimmung in kultivierten Amnion- zellen oder Chorionzotten. Literatur Burck U, Moser HW, Goebel HH, Gruttner R, and Held KR (1985) A case of lipogranulomatosis Farber: some clinical and ultrastructural aspects. Eur J Pediatr 143: 203 Fusch C, Huenges R, Moser HW, Sewell AC, Roggendorf W, Kustermann-Kuhn B, Poulos A, Carey WF, and Harzer K (1989) A case of combined Farber and Sandhoff disease. Eur J Pediatr 148: 558 Koch J, Gartner S, Li CM, Quintern LE, Bernardo K, Levran O, Schnabel D, Desnick RJ, Schuchman EH, and Sandhoff K (1996) Molecular cloning and characterization of a full-length comple- mentary DNA encoding human acid ceramidase. Identification of the first molecular lesion causing Farber disease. J Biol Chem 271: 33110 Li CM, Park JH, He X, Levy B, Chen F, Arai K, Adler DA, Disteche CM, Koch J, Sandhoff K, and Schuchman EH (1999) The human acid ceramidase gene (ASAH): Structure, chromoso- mal location, mutation analysis, and expression. Genomics 62: 223 Moser H, Linke T, Fensom A, Levadxe T, and Sandhoff K (2001) Acid ceramidase deficiency: Farber lipogranulomatosis. In: The metabolic and molecular bases of inherited disease (Scriver C, Beaudet A, Valle D, and Sly WS, eds). New York: McGraw-Hill, pp 3573 Rauch HJ, and Aubock L (1983) „Banana bodies“ in disseminat- ed lipogranulomatosis (Farber’s disease). Am J Dermatopathol 5: 263 Schmoeckel C, and Hohlfed M (1979) A specific ultrastructural marker for disseminated lipogranulomatosis (Faber). Arch Dermatol Res 266: 187 Sugita M, Dulaney JT, and Moser HW (1972) Ceramidase defi- ciency in Farber’s disease (lipogranulomatosis). Science 178: 1100 108 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen MORBUS FARBER Vergrößerung: x 8,500 (A); x 41,000 (B)

Funktionelle Ultrastruktur || Morbus Farber

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Page 1: Funktionelle Ultrastruktur || Morbus Farber

Der Morbus Farber, auch als saurer Zeramidase-Mangeloder Farber’sche Lipogranulomatose bezeichnet, ist eineautosomal rezessiv vererbte lysosomale Speicherkrank-heit, die mit Zeramidspeicherung einhergeht. Da dasgespeicherte Zeramid in Lysosomen eingeschlossen ist,hat es keine Funktion als Signalmolekül.

Die auffallenden histologischen Veränderungenbestehen in Granulomen, die aus mit Lipiden beladenenSchaumzellen zusammengesetzt sind und von Lympho-zyten, Makrophagen und vielkernigen Riesenzellenumgeben sein können. Abbildung A zeigt eineSchaumzelle in der Hautbiopsie eines an Morbus Farbererkrankten Patienten. Sie enthält zahlreiche große (biszu 3 µm messende) Einschlusskörper von irregulärerGestalt (Sterne in Abb. A), die von der lysosomalenMembran umgeben sind. Bei stärkerer Vergrößerung,wie in Abbildung B gezeigt, können die ultrastrukturellkennzeichnenden Einschlüsse erkannt werden. Es han-delt sich um kommaförmige, kurviglineare Tubuli, dieals Farber Bodies bezeichnet werden. Wegen ihrer be-sonderen Form werden sie auch Bananen-Körperchengenannt. Ihr Nachweis ermöglicht die zweifelsfreieDiagnose eines Morbus Farber.

Die Erkrankung ist durch einen Mangel an lysoso-maler saurer Zeramidase bedingt, die aus einer 13 kDa

-Untereinheit und einer 40 kDa -Untereinheit be-steht. Es handelt sich um eine typische Bilanzstörungmit einer normalen Syntheserate von Zeramid. Jedochkann das vom Abbau komplexer Glykolipide herstam-mende Zeramid nicht hydrolysiert werden. Das für diebeiden Enzymuntereinheiten kodierende Gen liegt aufChromosom 8p21.3/22. Gegenwärtig sind als Krank-heitsursache sowohl Punktmutationen als auch zweiSpleissort Mutationen, die zur Deletion von Exon 6 undExon 13 führen, bekannt. Klinisch werden siebenPhänotypen der Krankheit unterschieden, wobei fünfvon ihnen sich lediglich durch die Schwere derErkrankung und unterschiedliche Organmanifes-tationen unterscheiden. Der Typ 6 stellt eine Kombi-nation von Morbus Farber und Morbus Sandhoff dar,und Typ 7 ist durch einen gleichzeitigen Mangel ansaurer Zeramidase, Glukozerebrosidase und Galakto-zerebrosidase verursacht. Die klassischen klinischenSymptome bestehen in schmerzhaften Gelenk-schwellungen und dem Auftreten von subkutanen

Knoten im Bereich der betroffenen Gelenke undDruckpunkte sowie fortschreitender Heiserkeit durchKehlkopfveränderungen. Bei Typ 4 bestehen zusätzlichHepatosplenomegalie und bei Typ 5 progrediente neu-rologische Symptome. Die Diagnose kann anhand dererwähnten klassischen Symptome, durch den Nachweiseiner dramatisch reduzierten Aktivität der saurenZeramidase ( 6% vom Normalwert) und die elektro-nenmikroskopische Untersuchung einer Hautbiopsiegestellt werden. Die pränatale Diagnose gelingt durchEnzymaktivitätsbestimmung in kultivierten Amnion-zellen oder Chorionzotten.

Literatur

Burck U, Moser HW, Goebel HH, Gruttner R, and Held KR(1985) A case of lipogranulomatosis Farber: some clinical andultrastructural aspects. Eur J Pediatr 143: 203Fusch C, Huenges R, Moser HW, Sewell AC, Roggendorf W,Kustermann-Kuhn B, Poulos A, Carey WF, and Harzer K (1989) A case of combined Farber and Sandhoff disease. Eur J Pediatr148: 558Koch J, Gartner S, Li CM, Quintern LE, Bernardo K, Levran O,Schnabel D, Desnick RJ, Schuchman EH, and Sandhoff K (1996)Molecular cloning and characterization of a full-length comple-mentary DNA encoding human acid ceramidase. Identification ofthe first molecular lesion causing Farber disease. J Biol Chem 271:33110Li CM, Park JH, He X, Levy B, Chen F, Arai K, Adler DA,Disteche CM, Koch J, Sandhoff K, and Schuchman EH (1999)The human acid ceramidase gene (ASAH): Structure, chromoso-mal location, mutation analysis, and expression. Genomics 62:223Moser H, Linke T, Fensom A, Levadxe T, and Sandhoff K (2001)Acid ceramidase deficiency: Farber lipogranulomatosis. In: Themetabolic and molecular bases of inherited disease (Scriver C,Beaudet A, Valle D, and Sly WS, eds). New York: McGraw-Hill,pp 3573Rauch HJ, and Aubock L (1983) „Banana bodies“ in disseminat-ed lipogranulomatosis (Farber’s disease). Am J Dermatopathol 5:263Schmoeckel C, and Hohlfed M (1979) A specific ultrastructuralmarker for disseminated lipogranulomatosis (Faber). ArchDermatol Res 266: 187Sugita M, Dulaney JT, and Moser HW (1972) Ceramidase defi-ciency in Farber’s disease (lipogranulomatosis). Science 178: 1100

108 Das Zytoplasma: das lysosomale System und Erkrankungen

MORBUS FARBER

Vergrößerung: x 8,500 (A); x 41,000 (B)

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Morbus Farber

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