Dominik Nagl No Part of the Mother Country Review Comparativ 6 2014

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Dominik Nagl: No Part of the Mother I Country, but Distinct Dominions.: Rechtstransfer, Staatsbildung und Governance in England, Massachu- ; setts und South Carolina, 1630-1769 : (Studien zu Geschichte, Politik und : Gesellschaft Nordamerikas, Bd. 33),I Berlin: LIT Verlag 2013,792 S.

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    threaten peace and order. Ultimately, the extraordinary measures needed to protect that system do not build on the same notion o f internal order and external anarchy that form the foundation o f the essentialist and nominalist notions o f the international system. Rather, this relationship is turned inside out, as sovereignty no longer finds its ultimate justification in the provision o f domestic peace and order, but rather in the promise o f international peace and order (p. 99).Although this book may seem short, it is a culmination o f many years o f work on the topic and constitutes an important contribution that challenges the foundations on which international relations is built. It is an interesting yet challenging read for post-graduate students and scholars in the fields o f international relations, international law as well as global studies. The author succeeds in making complex ideas fathomable to a wider readership as well as covering concisely many key critical social scientific topics emerging out o f the changing global order o f the1 so-called post-Cold War world.

    Dominik Nagl: No Part of the Mother I Country, but Distinct Dominions.: Rechtstransfer, Staatsbildung und

    Governance in England, Massachu- ; setts und South Carolina, 1630-1769 : (Studien zu Geschichte, Politik und : Gesellschaft Nordamerikas, Bd. 33),I Berlin: UTVerlag 2013,792 S.

    Rezensiert von Oliver Krause, Leipzig

    Dominik Nagls verffentlichte Dissertationsschrift ist das Resultat seiner Forschungen im Rahmen des DFG-Sonder- forschungsbereichs 700 im Teilprojekt Colonial Governance und Mikrotechniken der Macht. Englische und franzsische Kolonialbesitzungen in Nordamerika, 1680-1760, ausdessen konzeptioneller Ausrichtung sich der Fokus fiir die Untersuchung ergibt. Ausgangspunkt fr Nagls vergleichende Betrachtung des transatlantischen Rechts- und Institutionentransfers in die nordamerikanischen Kolonien South Carolina und Massachusetts ist die Verfassungs- und Verwaltungsstruktur des englischen Knigreiches und des britischen Empires, Nagls Studie schliet in Grundzgen an die New Imperial History an, ohne dabei die Strukturgeschichte zu vernachlssigen. Mit dem Anspruch, die wichtigsten staatlichen und nicht staatlichen Regierungsmechanismen, Gerichtsund Verwaltungsinstitutionen sowie sozialen Straf- und Disziplinierungspraktiken im Kontext des frhneuzeitlichen Nordamerika (S. 15) zu untersuchen, weist er

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    ber die u.a. von Jrgen Osterhammel kritisierte Begrenztheit auf die Betrachtung individueller Erfahrungen in der New Imperial History hinaus.Grundlage der Untersuchung sind zwei Kolonien in Nordamerika, die einerseits Gemeinsamkeiten, aber auch gravierende Unterschiede in der Gesellschafisstrukmr und den geografischen Bedingungen vorweisen, was Auswirkungen auf die konomie der Kolonien hat, die andererseits Teil des britischen Empires sind und damit unter dem Aspekt des Transfers zwischen England und den Kolonien betrachtet werden knnen. Im Vergleich zwischen diesen Kolonien zeigt sich das Spektrum von Adaption oder Zurckweisung imperialer und englischer Rechts-, Verwaltungs- und Verfassungsstrukturen. Nagl erweitert die Vergleichsgeschichte der Kolonie um die Dimension des Transfers zwischen Mutterland und Kolonien. Entgegen der Samen-Baum-These von David Hackett Fischer, der eine histoire totale der Kolonien verfasst, die von Nagl als teleologisch bezeichnet wird und zudem von einer kulturellen Homogenisierung ausgeht, in der die Entwicklung der verschiedenen Kolonien von der Herkunft der Siedler geprgt ist, sucht Nagl die Nhe zu Frederick Jackson Turners Frontier-These. Durch die Neuinterpretation der Frontier als kulturelle Kontaktzone, in der Einflsse auf unterschiedlichste Art neu kombiniert und mithilfe des Governance-Konzepts untersucht werden knnen, ohne einer herkunftsbezogenen Richtung zu folgen, gelingt Nagl ein gewinnbringender Beitrag zur Forschungsdebatte, indem abseits der staatlich-hierarchischen Formen des Regierens auch regionale und lokale korporative Formen in Betracht gezogen werden. Abseits der allgemeinen Definition des Governance-Konzepts, das

    ein Zusammenwirken von staatlichen und privaten Akteuren impliziert, die den Aufbau der gesellschaftlichen, politischen und konomischen Ordnung gestalten, entscheidet sich Nagl fr die Aufweichung des Konzepts zugunsten der Einbeziehung nicht-staatlich geordneter Formen des Regierens. Der Fokus liegt auf allen Formen des Regierens, um eine Verengung des Blicks zu vermeiden, der Akteure ausschlieen und nur bestimmte Formen des Regierens einbeziehen wrde. Das Governance-Konzept soll aber keinesfalls den Begriff des Staates ersetzen; Nagl befasst sich in der Einleitung mit der weitreichenden sozial- und geschichtswissenschaftlichen Debatte um die Entstehung von Staatlichkeit in der Frhen Neuzeit und mit der Diskussion um die Bedeumng von Imperien. Er definiert den Staat als Monarchie, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er theoretisch an Michel Foucault, Markus Meumann, Ralf Prve, Andr Holenstein und Jack P. Greene anschliet, die bei der Entstehung von staatlichen Strukturen den Aushandlungs- und Verhandlungscharakter des konstituierenden Kommunikationsprozesses betonen, um damit die Entstehung der Staatlichkeit von unten und oben durch die Existenz von Netzwerken zwischen den verschiedenen Ebenen des Regierens zu erklren. Von den Thesen, die die Zentralisierung von Machtmitteln in den Mittelpunkt der Untersuchungen stellen, distanziert sich Nagl.Theoretisch entwickelt Nagl in der Einleitung aus der Debatte um die verschiedenen Optionen der Staatsbildung bei Gerhard Oestreich, Otto Hintze, Wolfgang Reinhard, Foucault und Meumann/Prve, Gilles De- leuze, Flix Guattari und Saskia Sassen mit dem Konzept der Governance-Netzwerke ein Modell zur Betrachtung des Aufbaus von

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    Staatlichkeit in der Frhen Neuzeit, um die Besonderheiten der regionalen und lokalen Formen des Regierens, der Strafverfolgung, der Sozialfrsorge, der Gesetzgebung und der Gerichtsbarkeit in den nordamerikanischen Kolonien Englands erfassen zu knnen, die vor allem von puritanisch geprgten Familiennetzwerken bestimmt waren.Der theoretischen Debatte folgend, widmet sich Nagl im zweiten und dritten Kapitel der acht Kapitel umfassenden Arbeit der administrativen Struktur, den Verwaltungseinheiten und den Strafverfolgungseinrichtungen in England. Das zweite Kapitel ist eine sehr detailgetreue Darstellung, die bis ins 11.

    vjh.s hinein die Grundlagen der englischen '% Rechtssprechung untersucht. Im dritten

    Kapitel folgt die Schilderung der konstituierenden Elemente des englischen Rechtsund Regierungssystems sowie der lokalen Verwaltungs- und Strafverfolgungsinstitutionen. Ein knappes Zwischenfazit fasst die Darstellungen jeweils zusammen.Das vierte Kapitel umreit den Aufbau der Verwaltungs- und Rechtsinstitutionen in Massachusetts und South Carolina seit den 1630er Jahren bis zum Vorabend des amerikanischen Unabhngigkeitskrieges. Es zeichnet den Einfluss der Geographie, die damit verbundenen Unterschiede fr die konomie der beiden Kolonien und die Auswirkung des Puritanismus sowie den Umgang mit der indigenen Bevlkerung fr die Entwicklung der Institutionen nach. Ein Zwischenfazit im Anschluss an die Darstellung vergleicht die Entwicklung der beiden Kolonien.Im fnften Kapitel widmet sich Nagl der Darstellung der Gerichtsstrukturen und der Strafverfolgungsinstitutionen in einem direkteren Vergleich als im vorherigen Kapitel; das Augenmerk liegt auf dem Transfer von

    englischen und europischen Rechtstraditionen und Mentalitten, religisen berzeugungen und Verwaltungsinstitutionen in die Kolonien anhand der in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellten Parameter wie etwa dem Gerichtsaufbau oder der Person des sheriffi.Im sechsten Kapitel umreit er die ffentliche Armenfrsorge, das Gefngniswesen und weitere Disziplinierungspraktiken und Kontrollmechanismen anhand von publizierten wie auch ungedruckten Quellen. Im folgenden Kapitel untersucht Nagl die Entwicklung des Sklavenrechts in England, South Carolina und Massachusetts und dessen praktischer Anwendung in den Kolonien. Das achte Kapitel dient der Schlussbetrachtung und dem Rekurs auf einige der einleitenden Fragestellungen, bleibt aber mit nur acht Seiten vergleichsweise gering. Insgesamt stellt Dominik Nagls Arbeit eine Neuinterpretation von Quellenmaterial dar, indem er unter dem Konzept der Governance-Netzwerke eine vergleichende Transfergeschichte erzhlt, der es gelingt, die unterschiedlichen Formen der Adaption englischer Rechtstraditionen und Verwaltungsinstitutionen in beiden nordamerikanischen Kolonien Englands auf der lokalen und regionalen Ebene eindringlich und klar strukturiert darzustellen. Nagl liefert sowohl eine detaillierte Vergleichsgeschichte der Entwicklungen in den beiden Kolonien South Carolina und Massachusetts als auch eine Transfergeschichte der Beziehungen zwischen England und seinen Kolonien, die dem Anspruch gerecht werden, einen neuen Blick auf die Entwicklung der Praktiken und Institutionen des Regierens in den Kolonien zu liefern.Kritisch ist hingegen die Balance zwischen Darstellung in den Kapiteln vier bis sieben

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    und der Analyse zu betrachten, die eindeutig zu Ungunsten der Analyse ausfllt. In der Schlussbetrachtung folgt keine intensive Auseinandersetzung mit der umfassenden Forschungsliteratur zum Staatsbildungsprozess, wie es Titel und Einleitung vermuten lassen. Unter Bezug auf Andr Holenstein beantwortet Nagl die Frage nach den Staatsbildungsprozessen in der Frhen Neuzeit mit der Aussage, es gelte vielmehr zu erkennen, dass es sich bei Staatsbildungsprozessen um widersprchliche Mehrebenenphnomene handelt, deren konkreter Verlauf von kontingenten Umweltfaktoren und komplexen politischen Aushandlungsprozessen abhngt (S. 709). Eine tiefer gehende Analyse und Auseinandersetzung mit den Theorien des frhneuzeitlichen Staatsbildungsprozes- ses wre wnschenswert gewesen, um die Darstellung der Funktionsweise verschiedenster Institutionen und die Anwendbarkeit des Modells der Governance-Netzwerke strker auf die angesprochenen Theorien zu beziehen. Kleine Flchtigkeitsfehler seien angemerkt (etwa Richard Brewer statt John Brewer mit dem Konzept des fiscal- military-state in Verbindung zu bringen, S. 168).1 Mit einer prgnanteren Auswahl der untersuchten Institutionen wre die gleiche Nachhaltigkeit der Beweisfhrung mglich und das Potenzial des theoretischen Modells nachweisbar gewesen, was der Zusammenfhrung von Darstellung und theoretischer Analyse mehr Raum gegeben htte.

    Anmerkung1 J. Brewer, The Sinews o f Power. War, Money

    and the English state, 1688-1783, Cambridge 1990.

    Stefan Rinke/ Kay Schiller (eds.):The FIFA World Cup 1930-2010. Politics, Commerce, Spectacle and Identities, Gttingen: Wallstein Verlag 2014,408 S.

    Rezensiert von Stephan Ruderer, Mnster

    Die Fuballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien hat u .a. eine Reihe von Neuerscheinungen zum Thema Fuball mit sich gebracht.1 Whrend die meisten Bcher einen eher populrwissenschaftlichen Anspruch haben, liegt mit dem zu besprechenden Band die erste wissenschaftliche Annherung an die gesamte Geschichte der Fuballweltmeisterschaften vor. Das Buch entstand aus einer von der FIFA gesponserten Tagung, doch betonen die Herausgeber, dass der Fuballweltverband keinen Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung genommen hat. Der Band beinhaltet 18 chronologisch geordnete und zumeist von renommierten Experten verfasste Artikel zu allen WM-Endrunden bis 2010, denen zwei grundlegende Beitrge von David Goldblatt und Alan Tomlinson vorangestellt sind.Goldblatt zeichnet die Geschichte der Fuballweltmeisterschaft von einem kleinen, fast schon regionalen Ereignis im Jahr 1930 hin zu einem truly populr cosmopolitan festival o f a truly cosmopoli- tan era (S. 26) nach und interpretiert die Entwicklung der W M als ein Abbild der Globalisierungsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Tomlinson behandelt in erster

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    Linie die Anfnge der FIFA ab dem Jahr 1904 als ein europisch dominierter Verein, der erst nach dem Zweiten Weltkrieg durch eine europisch-lateinamerikanische Allianz an internationaler Bedeutung gewonnen habe. Leider lsst er die letzten 40 Jahre der Entwicklung des Weltfuballverbandes unter den Prsidenten Havelange und Blatter aus, so dass die korrupten M achenschaften auf dem Weg zu einem der mittlerweile weltweit mchtigsten globalen Unternehmen nur angedeutet werden.2 Die Artikel zu den einzelnen Turnieren nehmen dann sehr unterschiedliche Aspekte in den Fokus, so dass ein heterogenes Gesamtbild entsteht, aus dem sich aber drei wichtige Punkte herausnehmen lassen, die in fast allen Texten angesprochen werden. So werden sowohl die Bedeutung des Turniers fr die nationale Identitt des Austragungslandes als auch die wirtschaftlichen Interessen hinter dem Turnier und die Einflsse der Politik auf die Weltmeisterschaften in den meisten Beitrgen thematisiert.Die internationale Aufmerksamkeit, die die W M fr das Gastgeberland mit sich brachte, erffnete gerade fr kleinere Lnder die Mglichkeit, durch eine reibungslose Organisation das Bild nationaler Gre und Modernitt zu vermitteln. So zeigt Stefan Rinke berzeugend, wie die Ausrichtung der ersten Weltmeisterschaft 1930 fr Uruguay eine Bhne bedeutete, sich als eines der damals offensten und fortschrittlichsten Lnder der Welt zu prsentieren. In hnlicher Weise wurde die W M 1958 in Schweden vom Gastgeberland dazu genutzt, sich als modernes, aber gleichzeitig ruhiges und naturnahes Land darzustellen. Auch fr Chile bot die Ausrichtung der W M 1962 die Gelegenheit,

    der ganzen Welt zu zeigen, wozu das kleine Land am Ende der Welt fhig sei, so dass internationale Kritik an den Zustnden im Gastgeberland auf eine Welle der nationalen Entrstung traf. Brenda Elsey zeigt in ihrem interessanten Beitrag aber auch, wie die Organisation der W M zu Konflikten innerhalb des chilenischen Fuballs fhrte. Die Funktionre der Proficlubs wollten zwar die Popularitt der damals noch zahlreichen Amateurclubs in den einzelnen Stadtvierteln nutzen, um die lokale Begeisterung fr die Weltmeisterschaft zu frdern, gleichzeitig waren sie aber stark darauf bedacht, die Amateurclubs aus den entscheidenden Fhrungspositionen des Fuballverbandes auszuschlieen. Der finanzielle Profit sollte nur den Funktionren und den Proficlubs Vorbehalten sein. Claire und Keith Brewster legen dar, dass whrend der beiden Weltmeisterschaften in Mexiko 1970 und 1986 nationalistische Argumente angefhrt wurden, um der nationalen und internationalen Kritik an den Kosten fr die Ausrichtung der Turniere zu begegnen. Gerade unter schwierigen Bedingungen (besonders nach dem schweren Erdbeben von 1985) wollten die Mexikaner ihre nationale Gre durch die Organisation des Weltturniers zeigen. Eine hnliche Argumentation lag auch der Weltmeisterschaft 2010 in Sdafrika zugrunde, die den Organisatoren, so Chris Boismann, dazu diente, einen world- class-Standard des afrikanischen Landes zu prsentieren, hinter dem die Probleme der Post-Apartheid-Gesellschaft kaschiert werden konnten.Doch das Turnier trug nicht nur zur positiven Auendarstellung eines Landes, sondern auch zu internen Diskussionen um die nationale Identitt bei. Bernardo