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Diversität in der Gattung Sorbus: Hybridisierung,
Apomixis, taxonomische Probleme
Gregor Aas & Martin Feulner
1. Die Gattung
2. Diversität durch
Hybridisierung
Polyplodisierung
Apomixis
3. Konsequenzen
Taxonomie
Schutz
(„Arten“schutz)
Sorbus latifolia s.l.
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„Hauptarten“ der Gattung Sorbus
1. S. aria s.str., Mehlbeere
Sorbus aria s.l.:
Komplex (Aggregat)
aus vielen di-, tri-
und tetraploiden
Sippen (z.B. S. col-
lina in Nordbayern)
Sorbus collina
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„Hauptarten“ der Gattung Sorbus
2. S. aucuparia, Vogelbeere
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„Hauptarten“ der Gattung Sorbus
3. S. torminalis, Elsbeere
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„Hauptarten“ der Gattung Sorbus
4. S. chamaemespilus, Zwerg-Mehlbeere
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„Hauptarten“ der Gattung Sorbus
5. S. domestica, Speierling
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die zugrunde liegenden Mechanismen:
(1) Bastardierung
(2) Polyploidisierung
(3) Apomixis
Neben den diploiden „Hauptarten“ viele weitere
Sorbus-Sippen (Arten?) in unserer Flora:
- Schwedische Mehlbeere, S. intermedia,
- Pannonische Mehlbeere, S. collina,
- Fränkische Mehlbeere, S. franconica,
- Heilinger Bastard-Mehlbeere, S. heilingensis,
- ... und viele, viele mehr!
Laufend neue „Arten“ entdeckt und beschrieben, anderen
Sippen wird der Artstatus wieder entzogen;
offenbar befindet sich Sorbus in einem Prozess reger
Evolution;
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S. aucuparia
Sorbus aria
S. torminalis
S. domestica S. chamae-
mespilus
S. hybrida
agg.
Hybrid
netz
S. aria spielt zentrale,
S. domestica keine
Rolle;
S. aucuparia & S. tor-
minalis inkompatibel.
S. latifolia
agg.
1. Hybridisierung
S. sudetica
agg.
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S. aria (2n=AA) S. aucuparia (2n=BB)
X
S. x pinnatifida (2n=AB)
Bastard-Eberesche
=
S. aria x S. aucuparia
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S. aria
(2n=AA)
S. torminalis
(2n=TT)
S. aria x S. torminalis
X
Sorbus x decipiens, Täuschende Mehlbeere (2n=AT)
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Resultat der Artbastardierung:
Bildung variabler Schwärme ±fertiler (?),
sich sexuell reproduzierender Hybriden
und Rückkreuzungsformen und
dadurch Möglichkeit der Genintrogression
(Gentransfer, vernetzte Evolution, „reticu-
late evolution“) zwischen Arten
Erhöhung der Diversität (auch
der beteiligten Ausgangsarten)!
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2. Hybridisierung & Polyploidisierung: Bildung neuer Sippen
Polyploidisierung:
in Körperzellen > 2 Chromosomensätze triploid (3n), tetraploid (4n), ...
Hybride
AAT
triploid
Sorbus aria s.l. Sorbus torminalis
2n: TT
oder 4n: AAAA
X
2n: AA
AA T
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Entstehung des Sippen-Aggregats Sorbus latifolia
Bildung triploider Hybriden geschieht wie-
derholt und an verschiedenen Orten;
Pflanzen
i.d.R. nicht zur normalen sexuellen Re-
produktion fähig (Chromosomen-Paarung
bei Meiose nicht möglich);
bilden aber fertile Samen!
Ades Mehlbeere, S. adeana
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Apomixis (von apo- = weg, fort und mixis = vermischen)
Sexuelle Reproduktion ersetzt durch asexuelle (ohne Befruchtung).
Bei Sorbus i.d.R. die sog. Agamospermie, klonale Reproduktion
durch asexuell gebildete Samen.
Eizelle wird nicht befruchtet, fertile Samen entwickeln sich
ohne Verschmelzung von Ei- und Spermazelle aus einer
somatischen, unreduzierten Zelle der Samenanlage.
Bei Sorbus zum Auslösen der Apomixis oft Bestäubung not-
wendig Pseudogamie („Scheinbefruchtung“; Bildung des
Nährgewebes des Embryos (Endosperm) wird erst nach Bestäubung
eingeleitet; Robertson et al. 2010).
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Triploide reproduzieren sich apomiktisch,
bilden klonale „Populationen“ (±groß),
Pflanzen haben konstante Merkmale,
besiedeln eigenes, meist regional /
lokal begrenztes Areal (Endemiten);
Sorbus latifolia agg., Breitblättrige Mehlbeeren, S. aria x S. torminalis: Komplex aus apomiktisch fixier-
ten Kleinarten und sexuellen Hybriden
Apomiktische Sippen befinden sich
evolutionsbiologisch in der Sackgasse!
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Entsprechend: Sorbus hybrida agg.
Bastard-Ebereschen (S. aria x
S. aucuparia)
Kompex von apomiktischen
Kleinarten und variablen
Hybriden
Geierstein, Bärental,
nördl. Frankenalb
Harzsche Mehlbeere,
Sorbus harziana
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Entsprechend: Sorbus aria agg., Mehlbeere i.w.S.
Komplex aus S. aria s.str. (2n), tetraploiden, fakultativen
Apomikten und triploiden Zwischenformen
S. aria s.str. (2n) S. collina (syn. S. pannonica,
Pannonische Mehlbeere, 4n)
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Probleme:
1. In bestimmten Gebieten sehr viele
Kleinarten („Inflation“ von Arten)!
2. Oftmals nicht praktikabel unterscheidbar
(„Postleitzahlen“-Taxonomie)!
3. Sind die Kleinarten wirklich obligate
Apomikten?
4. Werden in unterschiedlichen Gebieten
Populationen einer Sippe als verschiedene
Arten geführt (Redundanz von Arten)?
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Meyer et al. 2005
Sorbus latifolia agg. in der Frankenalb:
Rund ein Dutzend Kleinarten!
Alle „potenziell sehr gefährdet“ (LfU 2003); für
ihre Erhaltung haben Deutschland und Bayern
„sehr große Verantwortung“.
S. cordigastensis
S. adeana
S. franconica
© M. Lauerer
1. „Inflation“ von Arten
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S. adeana S. franconica
Sorbus latifolia: Kleinarten aus der nördlichen Frankenalb:
S. cordigastensis
2. Frage der Unterscheidbarkeit
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3. Pflanzen sich Kleinarten obligat apomiktisch fort?
Vgl. auch Meyer et al. 2014: etliche Sorbus-Sippen
in Thüringen diploid, also keine Apomikten,
deshalb keine Kleinarten, sondern variable
Hybridpopulationen (Sorbus x decipiens)!???
Aber: sind diese Sippen nicht doch reproduktiv
voneinander isoliert (vgl. Feulner et al. 2013)
Viele Kleinarten nur
fakultativ apomiktisch,
- gelegentlich sexuelle
Fortpflanzung*,
- dadurch weitere Hybri-
disierung möglich!
Erhält das Potential zur
Anpassung dieser
Sippen!!
* z.B. Aas et al. 1994,
Feulner et al. 2011,
Leinemann et al. 2010
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(Fast?) identische Sippen sind an verschiedenen Orten
als unterschiedliche Kleinarten beschrieben worden.
4. Redundanz von Arten
Beispiel:
S. collina (Nordbayern bis Österreich, Ungarn & Slowakei)
und
S. porrigentiformis (England)
wohl eine Sippe mit unterschiedlichen Namen!!
(Feulner et al., in prep.)
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... ein weiteres Phänomen, das die taxonomische Erfassung der
Diversität verkompliziert:
Bildung klonaler Populationen durch Wurzelbrut!
S. cordigastensis (S. latifolia s. l.)
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Situation der taxonomisch-nomenklatorischen Erfassung
der Sorbus-Diversität unbefriedigend (chaotisch), insbes.
wenn sie als entscheidende Voraussetzung für die Um-
setzung von Schutzmaßnahmen gilt! Sie ist ...
- zu statisch auf Kleinarten fixiert und
- berücksichtigt Prozesse der Entstehung von Diversität
zu wenig (z.B. der Wert von Hybridschwärmen).
Fazit
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- Einander sehr ähnliche apomiktische Gruppen (gering-
fügig genetisch verschieden, aber nicht praktikabel unter-
scheidbar), sollten zu Sammel-Arten (z.B. S. latifolia agg.)
zusammengefasst werden!
- Es muss nicht jede apomiktische Gruppe als eigene Art
beschrieben werden,
- nötig wäre es, ggf. als Voraussetzung für die Beschrei-
bung einer Sippe als Art ein Minimum-Areal (minimale
Populationsgröße) festzulegen,
- ???
Alternative?
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Erhaltung der Diversität
- Alle (obligat, fakulativ) apo-
miktischen Gruppen, egal wie
taxonomisch bewertet (Arten
oder nicht) und die Ausgangs-
arten sind schützenswert,
- Erhalt seltener Apomikten nur
möglich bei gleichzeitigem
Schutz sexueller Sorbus-
Sippen (Pollenspender!),
- Auch und vor allem variable
Hybridschwärme schützen!
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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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*Kleinarten (Mikrospezies): Populationen von sich
vorwiegend apomiktisch fortpflanzenden Gruppen
(uniparentaler) Pflanzen, von denen jede weitgehend
uniform ist und sich untereinander morphologisch mehr
oder weniger deutlich voneinander unterscheiden; oft sind
Kleinarten in ihrer Verbreitung eng begrenzt (Grant 1981).