9
33 Die Harmonik Natürlich gibt es auch größere harmonische Schleifen, doch diese entsprechen dann in den allermeisten Fällen einem ganzen Formteil (Strophe/Refrain usw.). Wir finden zu dieser Kompositionstechnik wieder eine Analogie in der Malerei: Jeder kennt wahrscheinlich die Bilder, die aus vielen kleinen Einzelbildern zusammengesetzt sind. Ein einfaches Beispiel ist ein Gesicht, das aus lauter Obststücken kreiert wurde. D.h., die Ba- nane muss als Nase herhalten, zwei Trauben als Augen usw.. Will sagen, das gesamte Bild ist durch kleine Einzelbilder aufgebaut, von denen jedes Einzelne wiederum ein vollständiges Bild ist. Weitere Riff-Songs, die nach ähnlichem Muster gestrickt sind: „Master blaster“, „Don`t look any further“, „No woman no cry“, „I shot the sheriff”, „Smooth operator”, „Sweetest taboo”, „Lets get loud” und tausende mehr. „I wish“ von Stevie Wonder hat eine 4-taktige Bridge, die deutlich durch die Harmonik und Melodik einen kontinuierli- chen Spannungsaufbau erzeugt. Jedoch fallen diese 4 Takte im Vergleich zum gesamten Song zu wenig ins Gewicht, um diesen Song nicht zu den Riff-Songs zu zählen. Zu sehr fällt der markante 2taktige Bass-Riff in Strophe und Refrain ins Auge – nein - „Ohr“. Auch Songs wie „Kiss” von Prince oder „Black or white” von Michael Jackson zäh- len zu den Riff-Songs, obwohl sie im Spannungsverlauf bereits sehr durch die harmonische und melodische Konstellation strukturiert sind. „Kiss“ ist nichts anderes als eine augmentierte Bluesform (24 Takte: „long meter Blues“). Und die Bluesform erzeugt durch die harmonische Konstellation ganz hörbar eine 12-, bzw.24-taktige Spannungskurve. Die Bluesform in leicht modifizierter Form liegt auch dem Song „Black or white“ zugrunde. Aufgepasst, viele Songs erscheinen bei punktueller Betrachtung der ersten 8/16 Takte als Riff-Songs, zeigen aber bei zusammenhängender Betrachtung einen klaren melodischen, harmonischen Aufbau. So auch auch einige der bereits oben besprochenen Songs: „Don`t you worry…“, „We are the champions“, „Private dancer“. In „Change the world“ von Eric Clapton wird ein melodisches Riff über 16 Takte auf der Tonika und Subdominante wiederholt. Erst in Takt 17 öffnet sich das „Korsett“, und die Melodie und Harmonie ziehen weite Bögen (8 Takte) bis zur Kernaussage am Schluss („…if I could change the world“). Bei formaler Betrachtung fällt in diesem Song die Konstellation von Tonika (Septakkord) und Subdominante (Septakkord) in den ersten 16 Takten auf. Sie entspricht der Anordnung wie im long meter Blues (= Blues über nicht 12, sondern 24 Takte). Man könnte demnach in den ersten 16 Takten denken, man befände sich in einem Blues. Auch dies wäre, wie wir wissen, ein Kriterium gegen den Riff-Song. In diesem Song trifft also auch die Klassifizierung Riff-Song nicht mehr eindeutig zu. D IE F UNKTIONEN DER A KKORDE Die drei Hauptfunktionen W ie bereits weiter vorne besprochen, finden wir im einfachen Blues die drei Hauptstufen, verbunden mit einer typischen dreiteiligen Melodiestruktur. Die funktionalen Harmo- nieverbindungen gliedern die Phrasen, zusammen mit der Melodiestrukturierung, in Span- nungsabläufe. Tatsächlich lassen sich 99 % der Kompositionen der letzten 500 Jahre auf mehr oder weniger Re-harmonisierte (Harmonien werden z.B. durch Vertreter ersetzt, z.B.: II. Stufe statt IV. Stufe) Tonika–Subdominante–Dominante–Tonika Fortschreitungen zurückführen.

Die Harmonik - marcus- · PDF file„Master blaster“, „Don`t look any further“, „No woman no cry“, „I shot the sheriff”, „Smooth operator”, „Sweetest taboo”,

  • Upload
    lyphuc

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)