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Diagnostik und Physikalische Therapie des vertebragenen Schwindels Silvia Brandstätter Institut füe Physikalische Hedizin im Hanuschkrankenhaus (Vorstand: Prim.Dr.S.Brandstätter) Wien Einleitung Die Existenz eines vertebragenen Schwindels ist um- stritten, da es keine Erkrankung des Bewegungs- und Stützapparates mit dem Leitsymptom Schwindel gibt. Die Diagnose eines zervikogenen Schwindels ist damit eine Verlegenheitsdiagnose.Arnold und Ganzer (1) schieben diesbezüglich 1990, dass „die zervikalen Af- ferenzen sehr schlecht repräsentiert sind im vestibulä- ren Kerngebiet und daher eine Störung leicht von anderen Systemen kompensiert werden kann“. Auch funktionell sei der Anteil zervikaler Afferenzen an ves- tibulären Leistungen als gering einzustufen. Es kann daraus folgernd daher keine anhaltenden zervikoge- nen Schwindelbeschwerden geben (2). In den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals- Chirurgie (http://www.uni-duesseldorf.de/ WWW/ AWMF/ll/ 017-054.htm) wird in der Leitlinie Schwin- del (Klinischer Algorithmus) der “zervikogene Schwin- del”hingegen zweimal angeführt (3). Der vertebragene Schwindel ist Ausdruck einer Stö- rung im Propriozeptorenbereich (tiefe Halsmuskula- tur, Kopfgelenke) bedingt durch ein funktionelles De- fizit in der oberen Halswirbelsäule. Er kommt mit oder ohne Nystagmen vor und zeigt normalerweise keine Hörstörung. Der Schwindel ist nicht durch eine Durch- blutungsstörung der A. vertebralis oder A. Basilaris verursacht (3). Die tiefe Nackenmuskeln besitzen eine hohe Dichte an Muskelspindeln, während die Gelenkssensoren eher auf endgradige Bewegungen, vor allem im schmerz- haften Bereich ansprechen. Durch die Beweglichkeit des Halses ist die Kopfstel- lung nicht immer ident ist mit der Körperstellung (im Gegensatz z.B. zu den Fischen). Die Erfassung der Lage im Raum erfolgt über die kombinierte Verrech- nung von vestibulären (Kopfstellung und Kopfbe- wegung) sowie propriozeptiven Impulsen aus den Hals- rezeptoren (Kopf-zu-Rumpfstellung) und visu- eller Impulse. Den Propriozeptoren im Kopfgelenksbereich kommt bei der Koordination von Kopf- und Augenbewegun- gen sowie bei der Kontrolle der Körper- und Extremi- tätenstellung eine Schlüsselrolle zu (4). Anatomie Afferente Fasern aus den Muskelspindeln gelangen zum Ncl. Cervicalis centralis im Rückenmark, Moto- neurone für Halsmuskeln und propriospinale Neuro- ne, die zum unteren Zervikal- und Lumbalmark pro- jizieren. Aufsteigend gelangen die propriozeptiven Af- ferenzen direkt zum Ncl. cuneatus externus (Relais- 62 ÖZPMR, Österr. Z. Phys. Med .Rehabil 14/2 (2004) ZUSAMMENFASSUNG Der vertebragene Schwindel ist real und geht von den oberen Segmenten der Halswirbelsäule aus (C0-C1-C2-C3). Bei jedem Schwindelpatienten, auch bei jenen mit zervikogener Ursache der Beschwer- den ist die Anamnese wichtig. Die typische Klinik ist durch asystemischen Schwindel, mit Bezug zu Kopfbewegungen und Kopfschmerzen gekennzeich- net. Die Diagnostik und Therapie sind eine Domä- ne der manuellen Medizin. Differentialdiagnostisch sind Erkrankungen aus der Neurologie, der Hals- Nasen-Ohren-Heilkunde und der Gefäße auszu- schließen. Vertebragene Funktionsstörungen kön- nen Ursache und Folge von Schwindelbeschwerden sein. ABSTRACT Vertigo originating from the cervical spine is reality and is caused by functional changes in the upper segments of the cervical spine (C0-C1-C2-C3.) As in other patients with vertigo, the medical history is also highly significant in those with cervicogenic dizziness.Typical signs and symptoms encompass discontinuous vertigo in close relationship with head movements plus headache. Diagnosis and treat ment are domains of manual medicine. For further differen- tiation disorder from the fields of neurology, ear- nose- throat disorders and vascular diseases must be exclu- ded. Functional disturbances of the spine may be cau- se or consequence of dizziness.

Diagnostik und Physikalische - uhlen.at · Vertigo originating from the cervical spine is reality and is caused by functional changes in the upper segments of the cervical spine (C0-C1-C2-C3.)

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Diagnostik und Physikalische Therapie desvertebragenen Schwindels

Silvia BrandstätterInstitut füe Physikalische Hedizin im Hanuschkrankenhaus (Vorstand: Prim.Dr.S.Brandstätter) Wien

Einleitung

Die Existenz eines vertebragenen Schwindels ist um-stritten, da es keine Erkrankung des Bewegungs- undStützapparates mit dem Leitsymptom Schwindel gibt.Die Diagnose eines zervikogenen Schwindels ist damiteine Verlegenheitsdiagnose.Arnold und Ganzer (1)schieben diesbezüglich 1990, dass „die zervikalen Af-ferenzen sehr schlecht repräsentiert sind im vestibulä-ren Kerngebiet und daher eine Störung leicht vonanderen Systemen kompensiert werden kann“. Auchfunktionell sei der Anteil zervikaler Afferenzen an ves-tibulären Leistungen als gering einzustufen. Es kanndaraus folgernd daher keine anhaltenden zervikoge-nen Schwindelbeschwerden geben (2).

In den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaftfür Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (http://www.uni-duesseldorf.de/ WWW/AWMF/ll/ 017-054.htm) wird in der Leitlinie Schwin-del (Klinischer Algorithmus) der “zervikogene Schwin-del”hingegen zweimal angeführt (3).

Der vertebragene Schwindel ist Ausdruck einer Stö-rung im Propriozeptorenbereich (tiefe Halsmuskula-tur, Kopfgelenke) bedingt durch ein funktionelles De-fizit in der oberen Halswirbelsäule. Er kommt mit oderohne Nystagmen vor und zeigt normalerweise keineHörstörung. Der Schwindel ist nicht durch eine Durch-blutungsstörung der A. vertebralis oder A. Basilarisverursacht (3).

Die tiefe Nackenmuskeln besitzen eine hohe Dichte anMuskelspindeln, während die Gelenkssensoren eherauf endgradige Bewegungen, vor allem im schmerz-haften Bereich ansprechen.

Durch die Beweglichkeit des Halses ist die Kopfstel-lung nicht immer ident ist mit der Körperstellung (imGegensatz z.B. zu den Fischen). Die Erfassung derLage im Raum erfolgt über die kombinierte Verrech-nung von vestibulären (Kopfstellung und Kopfbe-wegung) sowie propriozeptiven Impulsen aus denHals- rezeptoren (Kopf-zu-Rumpfstellung) und visu-eller Impulse.

Den Propriozeptoren im Kopfgelenksbereich kommtbei der Koordination von Kopf- und Augenbewegun-gen sowie bei der Kontrolle der Körper- und Extremi-tätenstellung eine Schlüsselrolle zu (4).

Anatomie

Afferente Fasern aus den Muskelspindeln gelangenzum Ncl. Cervicalis centralis im Rückenmark, Moto-neurone für Halsmuskeln und propriospinale Neuro-ne, die zum unteren Zervikal- und Lumbalmark pro-jizieren. Aufsteigend gelangen die propriozeptiven Af-ferenzen direkt zum Ncl. cuneatus externus (Relais-

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ÖZPMR, Österr. Z. Phys. Med .Rehabil 14/2 (2004)

ZUSAMMENFASSUNGDer vertebragene Schwindel ist real und geht vonden oberen Segmenten der Halswirbelsäule aus(C0-C1-C2-C3). Bei jedem Schwindelpatienten, auchbei jenen mit zervikogener Ursache der Beschwer-den ist die Anamnese wichtig. Die typische Klinikist durch asystemischen Schwindel, mit Bezug zuKopfbewegungen und Kopfschmerzen gekennzeich-net. Die Diagnostik und Therapie sind eine Domä-ne der manuellen Medizin. Differentialdiagnostischsind Erkrankungen aus der Neurologie, der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und der Gefäße auszu-schließen. Vertebragene Funktionsstörungen kön-nen Ursache und Folge von Schwindelbeschwerdensein.

ABSTRACTVertigo originating from the cervical spine is realityand is caused by functional changes in the uppersegments of the cervical spine (C0-C1-C2-C3.) As inother patients with vertigo, the medical history isalso highly significant in those with cervicogenicdizziness.Typical signs and symptoms encompassdiscontinuous vertigo in close relationship with headmovements plus headache. Diagnosis and treat mentare domains of manual medicine. For further differen-tiation disorder from the fields of neurology, ear- nose-throat disorders and vascular diseases must be exclu-ded. Functional disturbances of the spine may be cau-se or consequence of dizziness.

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kern zum Kleinhirn), zu den Vestibulariskernen, Ncl.praepositus hypoglossi sowie zum ventralen Cochlearis-kern. Alle direkten Projektionen sind ipsilateral. VomNcl. cervicalis centralis aus erfolgt auch eine kontrala-terale Projektion zum Kleinhirn und zu den Vestibula-riskernen. Von zentraler Bedeutung sind die Afferen-zen des Spinalnervs C2. (Abbildung 1). Generell wer-den Wirbelgelenke von ihren 2 benachbarten Spinal-nerven mitversorgt. Zum posterioren Spinalnerven C2gelangen Afferenzen aus den Gelenken Occiput /C1und auf C2/3.

Pathophysiologie

Es kommt zur Irritation im Propriozeptorensystemdurch ein funktionelles Defizit (früher: Blockierung)im Segment (Muskulatur, Gelenk, Innervation). Fol-gen einer Blockierung sind eine Beeinträchtigung derRezeptorenleistung, wobei die Seitendifferenz des Re-zeptoren-Informations-stromes zu Nystagmen füh-ren kann.

„Vertebragene Afferentationsstörung” (4)

Jede Muskelverspannung bzw. Myogelose im Bereichder tiefen Nackenmuskeln kann zu einer Irritation imPropriozeptorensystem führen. Eine Bewegungshem-mung im Gelenk führt stets zu einer Änderung der Ak-tivität der sensiblen und motorischen Nerven und zueiner Änderung des Muskeltonus.Eine primäre Mus-kelstörung bedingt immer eine Beweglichkeitsstörungim Gelenk.. Ein Hypertonus der tiefen Nackenmus-keln als Folge einer Blockierung führt zu einer Irritati-on der Propriozeptoren dieses Muskels.

Vestibulospinale Reaktionen

Es kommt zur direkten Projektion der propriozepti-ven Halsmuskel-afferenzen aus C2-C4 zum Vestibula-

riskerngebiet. Daneben finden sich vestibulospinaleNeurone im Vorderhorn, und auch Projektionen zumHinterhorn (nur zervikal). Man spricht von der „zervi-ko-vestibulo-zervikalen Schleife”.

Diese Schleife wirkt als GABA-erges Hemmsystemund wird aktiviert bei Bewegung mittels der Halsmus-kelafferenzen um die Weiterleitung langsamer, nichtpropriozeptiver Störsignale zu hemmen.

Diese direkten spinovestibulären neuronalen Verbin-dungen können bei einer funktionellen Störung imKopfgelenkbereich eine Missempfindung erklären, dieals Schwindel bezeichnet wird.

Außerdem haben Afferenzen aus dem Propriozepto-rensystem Bedeutung für die automatischen postu-ralen Reflexe. Allum et al. konnten an Patienten mitund ohne Vestibularisstörungen nachweisen, dass dievordere Beinmuskulatur deutlich von einem vestibulo-spinalen und propriozeptiven “Input” beeinflusst wird,hingegen der M. triceps surae vor allem von Rezepto-ren aus den Fußgelenken und Knien moduliert wird (5).

Bei Irritation der Kopfgelenke ist oft eine Einschrän-kung der Hüftbeweglichkeit (Patrick-Test) erkennbar(6). Es ist nicht auszuschließen, dass die Muskelver-spannung im Bereich der Hüften die Pathologie dervestibulo-spinalen Reaktionen nicht unwesentlich ver-stärkt

Brandt berichtet über eine Ataxie und Gangunsicher-heit ohne deutlichen Drehschwindel beim Menschennach Anästhesie der oberen dorsalen Zervikalnerven-wurzeln (7). Dietrich et al. fanden nach Anästhesie vonC2 wegen zervikogenen Kopfschmerzen regelmäßigeine Gangabweichung zur anästhesierten Seite (8).

Übersicht

Abbildung 1Afferenzen zu C2

Die anamnestische Angabe der Gangunsicherheit weistauf eine Störung der vestibulospinalen Reaktionenhin. Weitere Hinweise für die Beteiligung der Halswir-belsäule an der Entstehung von Schwindelsymptomensind die Tatsache, dass die häufigste uner- wünschteWirkung von manualtherapeutischen Eingriffen dieEntwicklung von Schwindel ist (9). Sauer berichtet voneinem "Postmassagesyndrom", das nicht selten mit ei-nerLatenz von 2-5 Tagen nach einer Massage des Na-ckens auftritt (10).

Schwindel kann durch Hyperextension des Halses beimHaarewaschen im Frisiersalon auftreten (11) und Trak-tion und Überstreckung des Halses bei der Intubationkann zu okziptalen Kopfschmerzen und Schwindelführen (12).

Anamnese bei vertebragenem Schwindel (6)

Die Patienten berichten eine “Drehempfindung” meistohne Angabe der Drehrichtung.. ·2/3 der Betroffenenbieten einen asystemischen Schwindel (“Unsicher-heitsgefühl, Trunkenheitsgefühl, Schwankschwindel,Taumeligkeitsgefühl”). Dieser ist fluktuierend, und wirddurch Kopf- und Körperbe- wegungen ausgelöstoder verstärkt. Zusätzlich bestehen Kopfschmerzen,die meist einseitig, nuchal oder okzipital lokalisiertsind.

Diagnostik

Nachweis des Endstellnystagmus bei passiver Körper-drehung gegenüber manuell fixiertem Kopf durch denFacharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Der Nys-tagmus verschwindet nach erfolgreicher Manualther-apie (Erfolgskontrolle)

Gleichgewichtstestung:

Statisch = Romberg - Standversuch,dynamisch = Unterberger - TretversuchEinbeinstand, Posturographie

Untersuchung HWS (C0 - C2)

Die Kopfrotation wird in Neutralstellung, maximalerAnteflexion (beurteilt die segmentale BeweglichkeitC1/C2, Abbildung 2+ 3) und Extension beurteilt.

Segmentale Untersuchung der oberen HWS in Rü-ckenlage: Atlasquerfortsatz, Dornfortsatz C2, Gelenk-kapsel C2/3 .

Atlasquerfortsatz:Ein Druchschmerz am Querfortsatz des Atrlas weistauf Tonusveränderung der ansetzenden Muskeln hin.

Unter der Protuberantia occipitalis liegt der Dornfort-satz von C2. Dann nach lateral über den Muskelwulst

des M. semispinalis capitis gelangt man zur Gelenk-kapsel von C2/3, die bei Blockierungen häufig dolentund verquollen ist. Von diesen Druckpunkten könnenklinisch relevante Myogelosen unterhalten werden (z.B. kann ein myofaszialer Druckpunk im Schulteran-satzbereich des M.trapezius einen Hypertonus im M.pterygoideus lateralis unterhalten)

Pathologische Manualbefunde im Kopfgelenksbereich(Occiput bis C2/C3) stützen die Diagnose eines verte-bragenen Schwindels

Palpation

An der Schädelbasis: N. occipitalis maior (aus C2)Tiefe Nackenmuskulatur (Mm.rectus capitis longus etbrevis, Mm.obliquus capitis sup. et inf.)

In Rückenlage oder Sitz: Triggerpunkte M. trapezius,M. sternocleidomastoideus, M. masseter

Die kombinierte Flexion, Abduktion und Außenrota-tion des Hüftgelenks (Patrick-Test) kann bei Kopfge-lenk-Blockierung eingeschränkt sein. Die Beweglich-keit normalisiert sich nach erfolgreicher Manualther-apie (Erfolgskontrolle)

Daraus folgt, dass die beim älteren Menschen regelmä-ßig auftretenden degenerativen Veränderungen derunteren HWS für die Diagnose des vertebragenenSchwindels unerheblich sind.

Untersuchung Kiefergelenke

�Mundöffnung (nicht gleichmäßig, nicht seitengleich)

�Triggerpunkte/Myogelosen im M..masseter und M.pterygoideus medialis

�Meersseman-Test: die eingeschränkte Hüftbeweglich-keit (pathologischer Patrick Test) verbessert sich durchBeissen auf 3 Streifen Papier in Höhe der 2. Prämola-ren/1. Molaren sofort (13,14).

Durch die reflektorischen Verbindungen gehen Stö-rungen des einen Bereiches fast regelmäßig mit einerfunktionellen Störung auch des anderen Bereiches ein-her.

Zervikalnystagmus

Der propriozeptive Zervikalnystagmus wird heutenoch kontrovers diskutiert. Nach Ausschluss einervestibulären Gleichgewichtsstörung ist ein Zervikal-nystagmus (passive Körperdrehung gegenüber manu-ell fixiertem Kopf) jedoch pathognomisch für einen„zervikogenen Schwindel“. Die reine Körperrotationbei fixiertem Kopf führt v.a. zu Bewegungen in C1/2und C2/3. Der· Nachweis erfolgt durch Videonystag-

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mographie (HNO) in abgedunkeltem Raum. Als pa-thologisch gilt ein andauernder (mindestens 15 sec.)Nystagmus mit mehr als6 Ausschlägen. Differentialdi-agnostisch ist der physiolo gische Nach-Nystagmus zuberücksichtigen, der: nur einige Sekunden andauert.

Bei der Prüfung ist derKopf fixiert, Augen geschlos-sen, Drehung des Stuhles, Endstellung mit Körperro-tation für 60 (-120) sec. Häufig schlägt ein einseitigerzervikaler Nystagmus zur Seite der Kopfgelenksstö-rung aus.

Therapie

Der vertebragene Schwindel ist eine der Hauptdomä-nen der Manuellen Medizin. z.B.

� Weichteiltechniken mit Traktionsmassage

� Postisometrische Relaxation (Abbildung 5)

� Inhibitionstechniken

� „Counter-Strain-Technik“ (Osteopathie)(Abbildung 4)

Übersicht

Abbildung 2Mobilisierung C1/C2

Abbildung 3Mobilisierung C1/C2

Abbildung 4Counter-Strain-Technik

Abbildung 5Postisometrische Relaxation

Übersicht

� Atlas-Impuls-Therapie nach Arlen (15)

Weiterführend sind segmental angelegte elektrothera-peutische Verfahren bzw. Therapien, die den lokalenMuskeltonus beeinflussen können, sinnvoll (16).

Diskussion

Trotz entsprechendem Befund an der Halswirbelsäule,deutlichem propriozeptiven Zervikalnystagmus underfolgreicher Manualtherapie darf NIE auf die kom-plette neuro-otologische Durchuntersuchung verzich-tet werden! Eine vertebragene Störung kann sowohlneben einer peripheren Gleichgewichtsstörung beste-hen, als auch bei länger bestehenden peripher- undzentral-vestibulären Schwindelbeschwerden vorkom-men

Zusammenfassend gibt es den vertebragenen Schwin-del, der von den oberen Halswirbelsäulensegmentenausgeht (C0-C1-C2-C3).Die typische Klinik ist einasystemischer Schwindel, mit Bezug zu Kopfbewe-gungen und Kopfschmerzen. Die Anamnese ist bei je-dem Schwindelpatienten, auch bei denen mit zervi-kogen ausgelösten Schwindel wichtig. ·Diagnostik undTherapie sind eine Domäne der:Manuellen Medizin.Differentialdiagnostisch sind Erkrankungen aus demGebiet der Neurologie, Hals-Nasen- Ohrenheilkundesowie Gefäßerkrankungen auszuschließen. Eine verte-bragene Funktionsstörung kann sowohl Ursache alsauch Folge von Schwindelbeschwerden sein.

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10. Sauer H Das Postmassagesyndrom. Eur Ororhinolaryngol1994, Suppl II:221-222

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12. Goldmann R, Bornscheuer A, Schultze-Florey T, Krie-bel-Goldmann C, Holtje M. The early axial traction of the cer-vical spine after anaesthesia with intubation and extreme re-clination of the head. Anaesthesiol Intensivmed NotfallmedSchmerzther 2002, 37:94-98.

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14. Schupp W () Gesichtsschmerz aus Sicht der Kiefer-orthopädie. Man Med 200139:327-336.15 Hülse M, Hölzl M. Nachweis der Wirksamkeit einer “modi-fizierten” Atlas-Impuls-Therapie nach Arlen. Man Med 2003,41:453 - 458

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Prim Dr. Silvia Brandstätter

Institut für Physikalische Medizin im HanuschkrankenhausHeinrich Collinstr. 30, 1140 Wien

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