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Pflegeforschung UKSH Campus Lübeck
ANP konkret
Implementierung eines
Delirassessments auf ITS
Susanne Krotsetis, Fachkrankenschwester für Intensivpflege, Praxisanleiterin, MSc in Critical Care
Tagung: ANP konkret: Kontext, Kompetenzen, Strategien. 16.05.2014 Kaiserswerth
Pflegeforschung UKSH Campus Lübeck
Pflegeforschung am UKSH
Zu meiner Person:
● Susanne Krotsetis, Fachkrankenschwester für
Intensivpflege, Praxisanleiterin, MSc in Critical
Care
● Seit April 2013, anteilig in der
Pflegeforschung/wissenschaft tätig
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The beginning…
► Auseinandersetzung mit einer Fallstudie während des
Moduls: Professional Practice and Management Issues im
Rahmen meines Studiums (Cardiff University/UK)
► Mein gewähltes Thema: Delir
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Die Evidenz belegt…
● 60-80% der beatmeten Patienten einer ITS
(Pun und Ely 2007)
● Bis zu 48% der nichtbeatmeten kritisch
Kranken (Thomason et al. 2005) durchlaufen ein Delir
● Bei stationären Patienten zeigt sich eine
Inzidenzrate von 3 – 29 % (Siddiqi et al. 2006)
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Konsequenzen eines Delirs
● Verlängerter Krankenhausaufenthalt (Thomason et al. 2005, Witlox et al. 2010)
● Erhöhte Mortalität → 3-10 fach (Lin et al. 2004, Pandharipande et al. 2013)
● Verminderte kognitive Rehabilitation (Girard et al. 2010, Witlox et al.2010)
● Häufig erschwertes oder kein Zurückkehren zu einem gewohnten Lebensstil
(MacLullich et al. 2009, Witlox et al.2010)
● Steigerung der Krankenhauskosten/ Kosten des Gesundheitssystem
(Millbrandt et al. 2004)
● Erhöhte Arbeitsbelastung für das therapeutische Team (Partridge et al. 2013)
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Pathophysiologie /Prädisponierende Faktoren
• Multiple Komponenten (sehr komplexes Krankheitsbild…)
• Sedativa und Analgetika:
-> erhöhtes Risiko der Entwicklung eines Delirs durch
Benzodiazepine, Morphin, Sedativa (Inouye et al. 1999, Pandharipande und
Ely 2006)
-> „Drug-induced delirium“
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Fragestellung aus der (meiner) Praxis generiert
→ Wie wird Delir auf einer chirurgischen Intensivstation von
der Pflege wahrgenommen?
→ Welche, auf dieser Einschätzung beruhende,
pharmakologische Intervention erfolgt darauf?
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Delir - Audit 2012 (Masterthesis)
• Klinisches [pflegezentriertes] Audit (angelehnt an: Principles for Best Practice in Clinical Audit NICE
2002)
→ systematische Literaturrecherche & kritische Analyse der eingeschlossenen Studien
→ Audit über einen Zeitraum von 14 Tagen
→ n= 54 Patienten ohne kontinuierliche Sedierung wurden eingeschlossen
• Daten wurden aus den Dokumentationskurven und den Pflegeberichten entnommen
→ dokumentierte subjektiv wahrgenommene Symptome eines Delir (n=89)
→ dokumentierte psychische Veränderung (Richmond Agitation and Sedation Scale/RASS) (n=212)
Agitiert [+] (n= 45)
Fluktuierend [+/-] (n= 19)
Ruhig [0] (n= 81)
Schläfrig/leichte Sedierung [-] (n= 67)
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RASS SYMPTOME PHARMAKOLOGISCHE INTERVENTION
p-value
0/-1/-2 Ruhig/Schläfrig/ Leichte Sedierung
Keine Pharmakologische Intervention
Nicht signifikant
0/-1 Ruhig/Schläfrig + gestörter
Wach/Schlaf Rhythmus
Keine Pharmakologische Intervention
Nicht signifikant
0/-1
Ruhig/Schläfrig
+ Desorientiertheit
Keine Pharmakologische Intervention
Nicht signifikant
+1/+2 Unruhig/Agitiert Lorazepam 1-3 mg (iv) Midazolam 2-5 mg (iv) Haloperidol 0,5-3 mg (iv) ->
p < 0,05 <- Nicht signifikant
+2 +1 0 bis +1 (fluktuierend)
Unruhig/Agitiert + gestörter
Wach/Schlaf Rhythmus
Lorazepam 0,5-2 mg (iv) Midazolam 1-5 mg (iv) Zopiclon 7,5 mg (oral)
p < 0,05
0 bis +1 (fluktuierend) +2
Ruhig/Unruhig/Agitiert
+ Desorientiertheit
Midazolam 2-5 mg (iv) Haloperidol 0,5-3 mg (iv) ->
p < 0,05 <- Nicht signifikant
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Entstehung eines Projektes „Delir“ (…und einer Pilotstelle)
● Projektauftrag - Vorstand: Implementierung eines validen (evidenzbasierten)
Delirassessments auf allen ITS (5) am UKSH Campus Lübeck
● Pilotstation chirurgische ITS:
▪ 74% aller MA theoretisch unterwiesen (Fortbildung zum Krankheitsbild Delir &
Delir Assessment + schriftl. Handout + „Kitteltaschenkarte“)
▪ Bilden einer Arbeitsgruppe „Key nurses“ zur Unterstützung des
Implementationsprozesses
▪ Praktische Einweisung des Delir Score
▪ Re-Audit = Erfassen der Dokumentation der Ausführung des
Delirassessments und der Gabe von Benzodiazepinen nach 3 Monaten
● Weiterführen des Projektes „Delir“ auf 4 weiteren ITS -> Fokus auf multidiziplinäre präventive und pflegerisch/therapeutische Maßnahmen
● Einige IMC Bereiche und periphere Stationen (Schulungen)
● Vernetzung mit der Akademie Krankenpflegeschule (Unterricht -> Delir)
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Re-Audit auf der chirurgischen ITS
→ Zeitraum: 14 Tage
→ Patienten (n= 46); mögliche Dokumentationen (n= 417)
→ Dokumentiert: RASS= 166 (39,8%); CAM-ICU= 19 (4,6%)
→ Mögliche Gründe der ungenügenden
Dokumentation/Ausführung:
- ZEIT (-> sehr frühes Re-Audit); ausreichende Schulungen?
- Unsicherheit in der Ausführung der Assessments
- interdisziplinäre Zusammenarbeit noch ausbaufähig
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Was gab es für Schwierigkeiten bei der Implementation?
• Zeit- Terminierung der Fortbildungen
• Zeitrahmen der Fortbildungen (30-40 min)
• Monitoring -> Aufgabe des mittleren Management?
-> ANP-Teams?!
• Rekrutierung von Key-nurses
• Bereitschaft unsere pflegerische Arbeit zu reflektieren
und Veränderungen einzuleiten (Sinn von evidenz-
basiertem Pflegeprozessen)
• Multidisziplinäre Zusammenarbeit?!
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Wie geht es weiter mit Delir?...Nachhaltigkeit
▪ Management „by walking about“ (Beil-Hildebrand, 2003)
regelmäßige Rundgänge auf den Intensivstationen
▪ ANP fungiert als „Akutansprechpartner“
▪ 3 monatige Treffen mit allen Delir Key-nurses
▪ Regelmäßige (von Teamleitungen angemeldete)
Fortbildungseinheiten
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Pflegewissenschaft in der Praxis am UKSH
Als „praktische Pflegewissenschaftlerin“ bilde ich eine Brücke zwischen Theorie und Praxis. Hierzu gehört die Kommunikation mit verschiedenen Stellen im Klinikum, höherem Management Teamleitungen und Pflegenden.
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Das bedeutet in „meiner“ Praxis
● Transfer Theorie ↔ Praxis
Zusammenarbeit und Vernetzung mit der Sektion
Pflegeforschung der Universität zu Lübeck
→ Unterstützen des Projektes „Neue Verfahrungsregelung
Dekubitusprophylaxe“ (Transfer von Schulungsinhalten, Neuerungen
und Änderungen)
→ Unterstützung der wissenschaftlichen Evaluation der Effizienz von
Kinästhetik Schulungen der Mitarbeiter der Intensivstationen Campus
Lübeck
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Das bedeutet…
● Lehre • Unterrichtseinheiten an der UKSH Akademie: - Fachweiterbildung Intensiv/Anästhesiepflege - Krankenpflegeausbildung • Kurzfortbildungen bei den Ärzten (Krankheitsbild Delir/Delirassessments/ Sedierungs- und Schmerzscores)
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Das bedeutet…
● Vorstellen von aktueller Evidenz in Bezug auf die pflegerische Praxis ▪ Monatlich erscheinender Newsletter beantwortet Fragen zu intensivmedizinischen relevanten Themen die unteranderem von den MA der ITS angeregt werden: → Offene Besuchszeiten, Katecholamine in der initialen Schockbehandlung, frühe Tracheotomie vs. späte Tracheotomie, Befeuchtung der Atemluft, Zusammenhang von Schlaf/Benzodiazepinen/Delir, Belastungsfaktoren in der Pflege, Hautpflege bei Neonaten etc… ▪ stellt neue/aktualisierte Leitlinien vor
▪ stellt laufende Projekte und Erhebungen am UKSH vor
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Das bedeutet… ● Beratung von Kollegen
- Bei Facharbeiten, Bachelor Abschlussarbeiten
(Themenwahl, Literaturrecherche , Aufbau, kritische
Beurteilung von Studien)
- In der Praxis (Konsil -> Pflegeexpertin -> Delir/ als Praxisanleiterin „am Bett“)
- Wissenschaftliche Beantwortung für Fragen aus dem Management (Literaturrecherchen: Skill-mix, Arbeitszeitmodelle, Sturzprophylaxe in der Notaufnahme)
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Das bedeutet…
● Networking mit nationalen und internationalen
Gruppen (ANP) -> Berufspolitik
● Wissenstransfer nach außen (Kongresse,
Vorträge/Abstracts)
● Publizieren (Delir Flyer/ Delir & Angehörige/
Pflegewissenschaft auf ITS)
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Das bedeutet…
● Planen & Durchführen wissenschaftlicher
Forschungsprojekte
- Schlaf auf ITS/Aromapflege (Quantitative Forschung/Lübeck)
▪ Übersetzung eines Schlafassessments ->
Evaluationsstudie geplant
- Stolz in der Pflege (Qualitative Methodik/ Kiel)
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Das bedeutet…
● Geplanter dualer Bachelor Studiengang Pflege
- Geplanter Beginn durch die Sektion Pflegeforschung der Universität Lübeck zum Wintersemester 2014
- Einbindung der „ANP“ Pilotstellen (Nydahl, Krotsetis -> Praxistransfer)
- Vision: Nachhaltige Einbindung von akademisierter Pflege in die Praxis (Stellenbeschreibungen -> ANP)
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Was braucht es für Strukturen?
- Stellenbeschreibung - „Manpower“ (Beispiel UKSH: 2 Stellen [1,5 VK] für 3600
Pflegekräfte bzw. 1000 Pflegekräfte auf 14 ITS) - Bereitschaft aller Beteiligten sich und bestehende Strukturen zu reflektieren und gegeben falls Veränderungen einzuleiten - Ansprechpartner auf Stationen um Nachhaltigkeit zu gewährleisten (ANP-Teams) - „Äußerlichkeiten“ (Büroplatz, PC, Telefon/Pieper, Zugang zu Datenbanken, Gehalt?)
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Die gute Nachricht…
• Das Konzept der ANP kann durch die Implementation
von evidenz- basiertem Wissen und somit einer
Generierung von hoch qualitativer und individualisierter
Pflege Morbidität und Mortalität in einem Setting der
Akut Pflege verringern (Aiken et al. 2014)
• ANP kann MA neue Facetten ihres Berufes aufzeigen und
sie in Arbeitsprozesse- und Gestaltung integrieren
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Die ernüchternde Nachricht…
• ANP kann nicht Auswirkungen einer erhöhten
Arbeitsbelastung und fehlender Personalressourcen
in der Pflege komplett auffangen (Aiken et al. 2014)
• Damit das Konzept ANP gelingt muss es einen Konsens aller
geben evidenzbasiertes Arbeiten in der Praxis umzusetzen
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Fazit
„ …and wards are healthy or unhealthy, mainly according the knowledge or ignorance oft the nurse …“
(F. Nightingale, Notes on Nursing (1860) S. 134)
Vielen Dank!
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Referenzliste ▪ Aiken, L. H. et al. 2014. Nurse staffing and education and hospital mortality in nine European countries: a retrospective observational study. The Lancet. [Online] Available at: http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)62631-8 [Accessed: 10 May 2014].
▪ Beil-Hildebrand, M.B. 2003. Institutional Excellence im Krankenhaus: Rhetorik und Realität. Bern: Hans Huber Verlag ▪ Girard, D.G. et al. 2010. Delirium as a predictor of long-term cognitive impairment in survivors of critical illness. Critical Care Medicine. 38, (7), S. 1513-1520 ▪ Inouye, S.K. et al. 1999. Clarifying confusion: The confusion assessment method. Ann Intern Med . 113, S. 941–948 ▪ Lin, SM. et al. 2004. The impact of delirium on the survival of mechanically ventilated patients. Critical Care.32 (11), S. 2254-59 ▪ MacLullich, A.M. et al. 2009. Delirium and long-term cognitive impairment. International Review of Psychiatry.21 (1), pp. 30-42 ▪ Millbrandt. E. B. et al. 2004. Costs associated with delirium in mechanically ventilated patients. Critical Care Medicine 32, pp. 955-962 ▪ National Institute for Health and Clinical Excellence, 2002. Principles of Best Practice in Clinical Audit. [Online] Available at: http://www.nice.org.uk/media/796/23/BestPracticeClinicalAudit.pdf [Accessed: 8 April 2012] ▪ Nightingale, F. Notes on Nursing. New York. Dover Publications . First Edition.1969 ▪ Pandharipande, P und Ely, E.W. 2006 .Sedative and analgesic medications: risk factors for delirium and sleep disturbances in the critically ill. Critical Care.22( 2), S. 313-327 ▪ Pandharipande, P. et al. 2013. BRAIN-ICU Study Investigators. Long- term cognitive impairment after critical illness. The New England Journal of Medicine. 369, S. 1306-1316 ▪ Partridge, J. et al. 2013. The delirium experience: what is the effect on patients, relatives and staff and what can be done to modify this? Int J Geriatr Psychiatry . 28, S. 804–812 ▪ Pun, B and Ely, W. 2007. The Importance of Diagnosing and Managing ICU Delirium. Chest.132, S.624- 636 ▪ Siddiqi, N, House AO, Holmes JD. (2006). Occurrence and outcome of delirium in medical in-patients. Age Ageing. 35(4)S. 350-364 ▪ Thomason, J.W. et al. 2005. Intensive care unit delirium is an independent predictor of longer hospital stay: a prospective analysis of 261 non-ventilated patients. Critical Care 9, R375-R ▪ Witlox, J. et al. (2010). Delirium in Elderly Patients and the Risk of Postdischarge Mortality, Institutionalization, and Dementia- : A Meta-analysis. JAMA. 304(4), S. 443-451