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Allgemeine Psychologie (Motivation)
1
Was treibt uns an?
Grundlagen zu Motivation und Gesundheit
Prof. Dr. Veronika Brandstätter-Morawietz
Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie (Motivation) Universität Zürich
Vortrag an der 3. Kantonalen BGM-Tagung
28. November 2013, KUK Aarau
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Übersicht
Einführung: Was ist Motivation?
Die drei Basis-Motive: Leistung, Macht, Anschluss
Motivation und Gesundheit
Konstellation unbewusster und bewusster Motive
Person-Job-Konstellation
Fazit
Allgemeine Psychologie (Motivation)
Was ist Motivation?
Konzept
Sammelbezeichnung für eine Vielzahl an Teilprozessen, die im Zusammenhang mit ziel-gerichtetem Verhalten stehen
Entschlossenheit, Tatendrang, Leistungsbereitschaft, Ausdauer, Zielgerichtetheit, Strebsamkeit,
© Sarah Montibeller
Allgemeine Psychologie (Motivation)
sich damit, Richtung, Ausdauer und
Intensität von Verhalten zu erklären.
Dabei ist der motivationspsychologische
Zugriff dadurch charakterisiert, dass
angestrebte Zielzustände und das was
sie attraktiv macht, die erklärenden
Größen sind (Rheinberg & Vollmeyer, 2012, S. 13)
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Fokus der Motivationspsychologie
Allgemeine Psychologie (Motivation)
Richtung Ziel des Handelns
Intensität Konzentration und
Anstrengung beim Handeln
Ausdauer Überwinden von
Schwierigkeiten, Widerstand
gegen Ablenkungen, Wieder-
aufnahme unterbrochener
Handlungen
Merkmale zielgerichteten Handelns
Allgemeine Psychologie (Motivation)
Aktuelle Forschung zu Motivation
Handlungsplanung Annäherung vs. Vermeidung
Motive
Emotionsregulation © Sarah Montibeller
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Welche Motive gibt es?
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Anforderungen an das Überleben
Finden von Nahrung und Sexualpartner
Exploration und Manipulation der Umwelt
Durchsetzung gegenüber Konkurrenten
Nähe und Vertrautheit mit Artgenossen
Erfolgreiches Verfolgen dieser Ziele grundlegend für Überleben.
Psychologie: Ableitung von Basis-Motiven.
Leistungsmotiv, Machtmotiv, Anschlussmotiv
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Leistungsmotiv
Bedürfnis Herausforderungen zu meistern, einen hohen Leistungs-standard zu erreichen
Machtmotiv
Bedürfnis auf andere Einfluss auszuüben, andere zu beeindrucken
Anschlussmotiv
Bedürfnis nach positiven Beziehungen zu anderen Menschen
Die drei Basis-Motive (The Big Three)
(McClelland, 1985)
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treibt die Freude am eigenen Können.
setzen sich und anderen hohe Leistungsstandards.
haben Freude an Perfektion, Missfallen an Notlösungen.
brauchen Eigenverantwortung bei Bewältigung gesetzter Ziele.
wünschen Rückmeldung über ihren Leistungsstand.
befinden mit sich selbst
entwickeln wenig Engagement bei Routinetätigkeiten.
(Krug & Kuhl, 2006)
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streben danach, Verantwortung zu übernehmen und andere für ihre Ideen zu begeistern.
sind bereit, sich für ihre Mitmenschen einzusetzen.
stehen gerne im Mittelpunkt.
streben nach höheren Positionen und Ämtern.
stehen häufiger im Wettbewerb mit anderen.
haben Vorliebe für prestigeträchtige Objekte.
suchen Freiheit und Unabhängigkeit.
(Krug & Kuhl, 2006)
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legen grossen Wert auf gute zwischenmenschliche Beziehungen.
suchen den regelmässigen, vertrauten Kontakt mit anderen Menschen.
möchten als Person und Freund/in geschätzt werden.
sind einfühlsam für die Bedürfnisse und Gefühle anderer.
werden als warmherzig erlebt.
neigen zu grösserer Kooperations- und geringerer Konfliktbereitschaft.
(Krug & Kuhl, 2006)
Allgemeine Psychologie (Motivation)
13 DIE ZEIT, Nr. 22, 24.05.12
Carolina Müller-Möhl
Josef Ackermann
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Motive im Verständnis der Psychologie
Sind Bedürfnisse nach bestimmten Erfahrungen.
Werden durch bestimmte Merkmale einer Situation (Anreize) angeregt.
Sie treiben uns an und bestimmen Ausrichtung, Intensität und Ausdauer beim Handeln.
Sind bei verschiedenen Personen unterschiedlich stark ausgeprägt.
Existieren auf zwei Ebenen zwei Motivsysteme.
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Zwei Motivsysteme: Unbewusste und bewusste Motive
Allgemeine Psychologie (Motivation)
Unbewusste und bewusste Motive /1
Bewusste Motive Wer bin ich?
Was erwartet man von
mir? Unbewusste Motive Wo fühle ich
mich wohl?
Wo erlebe ich
bestimmte Gefühle?
1 3 2
Allgemeine Psychologie (Motivation)
Unbewusste und bewusste Motive /2
Unbewusste Motive
Streben nach bestimmten
Gefühlen
Stolz Stärke Wärme
Leistung Macht Anschluss
Bewusste Motive Konsistenz mit Selbstbild
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Unabhängigkeit unbewusster und bewusster Motive
(McClelland, Koestner & Weinberger, 1989)
Unbewusste Motive
(Indirekte Messung)
Bewusste Motive
(Direkte Messung)
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Konstellationen unbewusster und bewusster Motive
Bewusstes Motiv schwach
Unbewusstes Motiv schwach
Unbewusstes Motiv stark
Bewusstes Motiv stark
Kongruenz
Inkongruenz Kongruenz
Inkongruenz
Bewusstes Motiv (Selbstbild) einer Person stimmt nicht mit ihrem unbewussten Motiv überein.
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Beispiel für Inkongruenz zwischen implizitem und explizitem Motiv
Ich bin ein leistungs- orientierter Mensch!
Herausforderungen reizen mich nicht!
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Motivation und Gesundheit
innerhalb der Person
zwischen Person und Arbeitssituation
P (Person) S (Situation)
Allgemeine Psychologie (Motivation)
Was ist Gesundheit?
Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.» (Verfassung der Weltgesundheitsorganisation) http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19460131/200906250000/0.810.1.pdf (30.10.13)
«Zustand des objektiven und subjektiven Befindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich in den physischen, psychischen und sozialen Bereichen ihrer Entwicklung im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen befindet.»
(Hurrelmann, 2003, S. 8)
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Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Motivation und Gesundheit
innerhalb der Person
zwischen Person und Arbeitssituation
P (Person) S (Situation)
Motiv-Inkongruenz und Befinden
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Folgen von Motiv-Inkongruenz auf Wohlbefinden und Gesundheit
whatever the reason for discordance between implicit and
explicit motives, it can certainly lead to trouble
(McClelland et al., 1989, p.700)
Reduzierte Lebenszufriedenheit (Hofer & Chasiotis, 2003)
Weniger positive Gefühle bei Zielfortschritt (Brunstein et al., 1998)
Erschöpfung der Willenskraft (Kehr, 2004)
Psychosomatische Beschwerden (Baumann et al., 2005)
Ungesundes Essverhalten (Job, Oertig, Brandstätter & Allemand, 2010)
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Motiv-Inkongruenz als Stressor
Akkumulation von Konflikt, Frustration basaler
emotionaler Bedürfnisse, Überanstrengung der
Willenskraft
Chronische Motiv-Inkongruenz = chronischer Stress
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Lebenszufriedenheit in Abhängigkeit von implizitem Leistungsmotiv und Leistungszielen
Hofer & Chasiotis (2003)
LM hoch LM tief
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Positives Befinden in Abhängigkeit von implizitem Machtmotiv und Machtzielen
Hofer et al. (2010)
Allgemeine Psychologie (Motivation)
Emotionales Wohlbefinden in Abhängigkeit von Zielfortschritt und Leistungsmotiv
-0.5
-0.4
-0.3
-0.2
-0.1
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
LM n LM h
Emotionales Wohlbefinden
viel Fortschritt
wenig Fortschritt
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Leistungsziele
Nach Brunstein et al., 1998, Studie 1, JPSP
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Körperliche Beschwerden in Abhängigkeit von Motivinkongruenz
Nach Baumann et al. (2005, Studie 2)
Kopfschmerzen
Magen-Darm-Beschwerden
Rückenschmerzen
Grippale Infekte
-0.8
-0.4
0
0.4
0.8
1.2
Körperliche Beschwerden
implizites Leistungsmotiv
hoch
niedrig
niedrig niedrig hoch
explizite Leistungs- motivation
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Konsummierte ungesunde Snacks in Abhängigkeit von implizitem Leistungsmotiv und Leistungsziel
0
2
4
6
8
10
12
14
16
low high
Implicit Achievement Motive
Number of Snacks
Ach Com low
Ach Com high
Job, Oertig, Brandstätter & Allemand (2010, Studie 1).
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Ungesundes Essverhalten im Alltag in Abhängigkeit von Motivkonstellation
-0.3
-0.2
-0.1
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
Communion Agency
Implicit
Unhealthy Eating Behavior (z)
Explicit Communion
Explicit Agency
Job, Oertig, Brandstätter & Allemand (2010, Studie 2)
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Motivation und Gesundheit
innerhalb der Person
zwischen Person und Arbeitssituation
P (Person) S (Situation) Person-Job-Konstellation und Burnout
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Burnout
Reaktion auf chronische emotionale und interpersonelle Stressoren Erschöpfung, feindselige Haltung gegenüber der Arbeit, subjektiver Verlust der
(Maslach, 2003, p. 189)
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Motivationale Person-Job-Konstellation
Implizite Motive (Anschluss, Macht)
Burnout Emotionales Befinden Körperliches Befinden
Tätigkeitsmerkmale (anschluss-,
machtthematisch)
X
grösser die Inkongruenz zwischen der Person und dem Job, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit (Maslach & Leiter, 2008, p. 501)
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Anschluss: Motiv-Tätigkeits-Konstellation und Burnout
0
0.5
1
1.5
2
2.5
tief hoch
Burnout
Implizites Anschlussmotiv
wenig
viel
Anschluss- thematische Tätigkeiten *
Brandstätter & Job (2012)
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Anschluss: Motiv-Tätigkeits-Konstellation und emotionales Befinden
1
2
3
4
tief hoch
Emotionales Befinden
Implizites Anschlussmotiv
wenig
viel
* Anschluss- thematische Tätigkeiten
Brandstätter & Job (2012)
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Macht: Motiv-Tätigkeits-Konstellation und Burnout
0
0.5
1
1.5
2
2.5
tief hoch
Burnout
Implizites Machtmotiv
wenig
viel
Macht- thematische Tätigkeiten
*
Brandstätter & Job (2012)
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Macht: Motiv-Tätigkeits-Konstellation und körperliche Beschwerden
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
tief hoch
Körperliche Beschwerden
Implizites Machtmotiv
wenig
viel
* Macht- thematische Tätigkeiten
Brandstätter & Job (2012)
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Das P-S-Schema
P (Person)
Motive
S (Situation)
Anreize
Wollen
Können
Verhalten
motivationale Komponente
x
x
Allgemeine Psychologie (Motivation)
Fazit The Big Three
Bedürfnisse nach Leistung, Einfluss und
sozialem Kontakt treiben Menschen an.
P x S-Schema
Motive müssen durch Anreize in der Situation
angeregt werden.
Herz und Kopf
Chronische Inkongruenz zwischen unbewussten
und bewussten Motiven ist ein intra-psychischer
Stressor.
P
S
V x
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Praktische Implikationen
Sich für unbewusste Motive sensibilisieren
Sich eigene Ziele und Selbstbild bewusst
machen
Bei Entscheidungen kühle Analyse mit
Gefühlen anhand innerer Bilder verbinden (Job & Brandstätter, 2009; Kehr, 2009; Storch & Krause, 2007)
Gestaltung von Arbeitstätigkeiten an
individueller Motivausprägung orientieren
Motive in der Laufbahnberatung berücksichtigen
?
?
Allgemeine Psychologie (Motivation)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Literatur /1 Baumann, N. Kaschel, R. & Kuhl, J. (2005). Striving for unwanted goals: Stress-dependent discrepancies between explicit and implicit achievement motives reduce subjective well-being and increase psychosomatic symptoms. Journal of Personality and Social Psychology, 89, 781-799.
Brandstätter, V., Schüler, J., Puca, R. & Lozo, L. (2013). Allgemeine Psychologie für
Bachelor: Motivation und Emotion. Heidelberg: Springer-Verlag Brandstätter, V. & Job, V. (2012). Motivbefriedigung und arbeitsbezogenes Befinden:
Person-Job Fit und Burnout. Vortrag auf dem 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, September 2012, Bielefeld.
Brunstein, J. C., Schultheiss, O. C. & Grässmann, R. (1998). Personal goals and emotional well-being: The moderating role of motive dispositions. Journal of Personality and Social Psychology, 75, 494-508.
Hofer, J., Busch, H., Bond, H. B., Li, M. & Law, R. (2010). Effects of motive-goal congruence on well-being in the power domain: Considering goals and values in a German and two Chinese samples. Journal of Research in Personality, 44, 610-620.
Hofer, J. & Chasiotis, A. (2003). Congruence of life goals and implicit motives as predictors of life satisfaction: Cross-cultural implications of a study of Zambian male adolescents. Motivation and Emotion, 27, 251 272.
Hurrelmann, K. (2003). Gesundheitssoziologie. Weinheim: Juventa.
für ein breiteres Publikum empfohlen
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Literatur /2 Job, V., & Brandstätter, V. (2009). To get a taste of your goals: Creating motive-goal congruence by affect-focus goal-fantasy. Journal of Personality, 77, 1527-1559.
Job, V., Oertig, D., Brandstätter, V. & Allemand, M. (2010). Discrepancies between implicit and explicit motivation and unhealthy eating behavior. Journal of Personality,78, 1209-1238.
Kehr, H. M. (2004). Implicit / explicit motive discrepancies and volitional depletion among managers. Personality and Social Psychology Bulletin, 30, 315-327.
Kehr, H. M. (2009). Authentisches Selbstmanagement. Weinheim: Beltz Verlag. Krug, J. S. & Kuhl, U. (2006). Macht, Leistung, Freundschaft. Motive als
Erfolgsfaktoren in Wirtschaft, Politik und Spitzensport. Stuttgart: Kohlhammer. Maslach, C. (2003). Job burnout: New directions in research and intervention. Current Directions in Psychological Science, 12, 189-192.
Maslach, C. & Leiter, M. P. (2008). Early predictors of job burnout and engagement. Journal of Applied Psychology, 93, 498-512.
McClelland, D. C. (1985). Human motivation. Glenview, IL: Scott, Foresman. McClelland, D. C., Koestner, R., & Weinberger, J. (1989). How do self-attributed and implicit motives differ? Psychological Review, 96, 690-702.
Storch, M. & Krause, F. (2007). Selbstmanagement ressourcenorientiert. Bern: Huber.
Allgemeine Psychologie (Motivation)
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Kontakt
Prof. Dr. Veronika Brandstätter-Morawietz ([email protected]) Universität Zürich Psychologisches Institut Allgemeine Psychologie (Motivation) Binzmühlestrasse 14 / 6 CH-8050 Zürich
Tel. +41 44 635 75 11, Fax +41 44 635 75 19 (Sekretariat Frau Prisca Greiner)
www.psychologie.uzh.ch/motivation