34

„A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

Embed Size (px)

DESCRIPTION

The magazin "a collection of ideas and stories..." serves as a explanation and preliminary work what architecture can be. The lotto-turm is the consequence therefore. Our surroundings are able to wake us up. This can happen by confusing us, lighting up a smile on our face, showing us our aspirations, activating our imagination, uncovering hidden qualities or even clarifying continuity and therewith it is producing emotions. These are exactly the thoughts that started the idea of the lotto tower project. It’s goal is to let you experience by the means of architecture the qualities of the surprise and the desire. The city of Stuttgart and its inhabitants as well as their public life should gain a vivid impulse.

Citation preview

Page 1: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“
Page 2: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“
Page 3: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

1

„ich mach´ mir die welt, widde widde wie sie mir gefällt.“ Pippilotta Langstrumpf

Page 4: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

2

Titelbild: Lilith Seiberth

Page 5: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

3

einleitung

… es gibt Momente, in denen die Umgebung, der Ort, die Architektur uns berührt. Momente, in denen man ihre Musik hört, und von ihr getragen wird. Momente, in denen man tatsächlich wach ist, die Dinge sieht, wahrn-immt und erkennt.

Unsere Umgebung hat durchaus das Potential, uns wach zu rütteln, indem sie irritieren kann, uns ein Lächeln auf die Lippen zaubert, uns unsere innerste Sehnsucht vor Augen führt, die Phantasie anregt, Neugier zum Leben erweckt, Qualitäten frei legt, Zusammenhänge verdeut-licht. Damit also Emotionen in uns auslöst.

Welche Räume und welche Geschichten in was für Umgebungen berühren uns? Wo finden wir Gestaltung-spotential? Es folgt ein Versuch, dies aufzuspüren. Ich werde mich auf die Suche nach Orten begeben, die mich prägen, eine besondere Bedeutung verkörpern und im Stande sind, Sehnsüchte und Phantasien aus der Vorstel-lung in die Wirklichkeit zu übertragen.

Ich werde versuchen, deren Qualität heraus zu schälen und diese richtungsweisend und inspirierend zu verwenden. Die Inspiration versuchen wir hier nicht in, sondern für die Architektur zu finden. Aus der daraus entstehenden Vielzahl von Möglichkeiten und dem Reichtum dieser Gedankenwelten bilden wir einen Fundus an Ideen.

Pläne sind wichtig. Die Wirklichkeit ist dann ganz anders. Horst Krüger

Am Anfang dieser Arbeit stand der Gedanke, ein Märchen für Erwachsene zu entwickeln. Daraus geworden ist ein buntes Potpourri, eine persönliche Momentaufnahme, eine Sammlung selbst erlebter Ereignisse, eine Auswahl von unterschiedlichen auf der Erde verteilten Bildern. Diese Geschichten, die wunderbare Begebenheiten zum Gegenstand haben, sind nicht frei erfunden, sondern knüpfen an tatsächlich Vorgefallenem an.

Als Abschluss des Studiums erarbeite ich mir eine Zusammenfassung für mich wesentlicher Dinge. Im Vor-dergrund stehen dabei die Überraschung, das Leben dige und die Einzigartigkeit. Der Ursprung des Phänomens der emotionalen Berührung ist die Überraschung. So ist ihr Bewegungsfeld die Erwartung. Die Erwartung ergibt sich aus der Erfahrung und der Vorstellungskraft.

Page 6: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

46

Diese Ausgabe gliedert sich in drei Bereiche:

Zuerst eine Sammlung selbst erlebter, persönlicher Geschichten.

Der zweite Teil setzt sich mit entdeckten und gefundenen Bildern auseinander.

Im Dritten und Letzten folgt ein eigenes Projekt.

Page 7: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

5

Pippi Langstrumpf ist gestaltgewordene Erfüllung kindlicher Wünsche und Träume… die Villa Kunterbunt ist das kindliche Utopia… Nicht nur die verkehrt herum schlafende Protagonistin in zweierlei Strümpfen und zu grossen Schuhen, sondern auch ihr marodes Haus in dem verwildertem Garten, die schlampige Küche, in der es stehts nach Pfefferkuchen duftet, das Wohnzimmer mit nur einem Möbelstück sind Spiegel und Gegenbild zur herrschenden Familienordnung einer Gesellschaft.

(aus Winfried Nerdinger : Architektur wie sie im Buche steht.Fiktive Bauten und Städten in der Literatur. Architektur Museum-München. 2006v)

Page 8: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

6

Diese Ausgabe gliedert sich in drei Bereiche:

Zuerst eine Sammlung selbst erlebter, persönlicher Geschichten.

Der zweite Teil setzt sich mit entdeckten und gefundenen Bildern auseinander.

Im Dritten und Letzten folgt ein eigenes Projekt.

Page 9: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

7 inhaltsangabe:

gefunden

18 leben in der stadtwas Kinderaugen in einem Kinderbuch sehenein Gespräch mit Leo, Lilith und Zoe Seiberth

erfunden25 lotto turm

seit fast einem halben Jahrhundert ist nichts passiert am Elend des Österreichischen Platzes. Jetzt ist innerhalb von Rekordzeit ein Turm in Schwindel erregender Höhe entstanden.

erlebt08

10

11

verloren im paradies

king of rajasthan

die wundermaschineein Kinderbuch und eine selbst gebaute Kirche und beidesmal werden Träume übereinander gestapelt

eine selbstgebastelte Krone, strahlende Augen und ein Lebensraum unter einem Baum

mitten in den tropischen Wäldern von Hawaii befindet sich eine paradiesische Bücherei

20 was wäre wenn,...ein kurzer Ausflug entlang der Macht unserer Vorstellung

14 handmade Sammlung phantastischer Gebilde, entstanden aus Überlebenswillen oder alternativen Lebens-entwürfen

Page 10: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

8

Kalalau valley, Kauai island, Hawaii.

erlebt: verloren im paradies

Page 11: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

9

verloren im paradies

Auf Kauai Island in der hawaiianischen Inselgruppe blickt man von einer Bergspitze über eine von tropischen Wäldern bedeckte Bucht bis hin zum Meer.

Diese Bucht ist nur per Boot oder durch einen abenteuerlichen eintägigen Marsch entlang der Steilküste zu erreichen. Von oben betrachtet ist außer der natürlichen Schönheit nichts zu erwarten.

Doch befindet sich mitten im „Nichts“...

Folgt man dem Weg, der sich an der Küste entlang schlän-gelt, erreicht man eine paradiesische Bucht, das Kalalau Valley. Man trifft gelegentlich auf einen der wenigen Aussteiger, die dort leben. Trotz dieser verstreuten Be-gegnungen mit Menschen, fühlt man sich hier, wie auf einer einsamen Insel gestrandet, geschützt und abgeka-pselt durch die umgebenden Berge.

Vereinzelt entdeckt man vage Anzeichen von menschli-chem Handwerk. Behelfsmäßige Konstruktionen aus miteinander verbundenen Ästen erzeugen Nischen und bedingten Regenschutz.

In periodischen Abständen von ungefähr einem halben Jahrhundert erreichen große Flutwellen das Tal und des-sen unterer Teil wird dabei vollständig überschwemmt.

Schlüpft man also vorübergehend in die Haut des Gestran-deten im abgeschiedenen Paradies, pflückt exotische Früchte und vertreibt sich den Tag damit durch die Wälder zu streifen, passiert etwas völlig Unerwartetes. Ein gutes Stück landeinwärts, außer Reichweite der Wassermassen stößt man auf eine Ansammlung mehrerer hundert Bücher auf provisorisch errichteten Regalen. Eine durch das Blät-terwerk geschützte Bücherei mitten im Wald.

Unsortiert und unbeaufsichtigt existiert dieses Kulturgut hier vor sich hin. Es wirkt wie ein vergessener und ver-loren gegangener Bücherstand. Der gewöhnlichen Um-gebung und Ordnung einer Bücherei entrissen, steht und funktioniert es hier in einem ganz anderen Zusammen-hang. Zusammengetragen von Reisenden, die hier ihre Bücher zurück gelassen haben entsteht diese Sammlung. Sie wird genützt durch Aussteiger und Abenteurer. Diese paradiesische Bücherei passt zum Ort, wirkt überraschend und funktioniert im ursprünglichen Sinne.

Die Überraschung die hier wirkt, bleibt der Perspektive aus der Luft oder vom Aussichtsplateau der Bergspitze ver-borgen und lässt nichts von sich erahnen.

Durch dieses unerwartete Ereignis spannt sich nun eine zusätzliche Welt auf, deren Existenz man durch solche Erlebnisse schemenhaft zu spüren beginnt.

Es gibt Orte, die einen ein Leben lang begleiten, auf die man zurückgreift und an denen man sich immer wieder halten kann. Diese Orte geben unseren Träumen Gestalt, helfen ihnen in die Wirklichkeit hinüber zu treten.

erlebt: verloren im paradies

Page 12: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

10

king of rajasthanEinmal habe ich den King of Rajasthan getroffen.

Strahlende dunkle Augen, eine selbstgebastelte Krone und ein Lebensraum unter einem Strauch.

Dogville, Lars von Trier. Film, 2003.

Kurz nach Mitternacht spaziere ich entlang eines trocke-nen und staubigen Highways in Ahmedabd in Indien. Ich habe mich entschieden zu laufen und so komme ich durch eine Gegend, in der sich kaum jemand ohne Auto verirrt. In regelmäßigen Abständen wird die Straße durch kleine Bäume und Sträucher begleitet.

Unter einem dieser Bäumchen versammelt sich am Bo-den eine Gruppe Menschen. Strahlende dunkle Augen begleiten mich im Vorübergehen. Auch ich betrachte und bleibe stehen. Ein Mann aus der Gruppe macht den ers-ten Schritt, winkt mich zu sich heran und bietet mir einen Platz an. Langsam erkenne ich nun, wer sich dort alles aufhält. Neben dem Mann sitzt eine Frau und vier Kin-der liegen verteilt um ein kleines Feuer herum. Mehr als Fetzen der jeweils anderen Sprache kann keiner von uns beiden. Ich erkenne noch zwei weitere Kinder unter einer Decke tief und fest schlafend. Bis auf ein paar Kleinigkei-ten gibt es sonst nichts mehr. Das ist all ihr Besitz. Später werde ich erfahren, dass es noch ein Fahrrad, einen dazu gehörigen Anhänger und eine Flöte gibt.

Staunend betrachte ich dieses kleine Reich unter den Blät-tern. Der Baum ist geschmückt mit bunten Stofffetzen und Fähnchen. Ein Podest aus Pflastersteinen umrahmt seinen Stamm. Auf dem Podest steht ein kleiner Altar, auch die-ser ist bunt dekoriert.

Ein Ort, mit dem sonst niemand etwas anfangen kann, wird hier auf besondere Art und Weise nutzbar gemacht. Dabei entsteht ein neuer Lebensraum. Völlig schutzlos wird hier ein eigenes, fast schon imaginäres Reich er-schaffen. Das einzige Element, das diesen Ort definiert, ist ein Strauch.

„und ich stoße immer wieder auf Dinge, die mich stau-nen lassen. Ich bin zum Beispiel fasziniert davon, wie ein Baum am richtigen Platz oder eine Bank, einen Ort auf-werten kann.“ ( Bill Bryson: Ich habe einen Traum. Zeit Magazin Leben 10/2008 ).

Der Lebensraum des King of Rajasthan fasziniert nicht durch die richtige Stelle des Baumes, sondern durch die „richtige“ Nutzung unterhalb des Baumes.

Er ist weder ein Spinner, noch ein Freak oder gar verrückt. Ganz im Gegensatz erhaben und ausdruckstark.

Noch einmal haben wir uns mitten in der Millionenstadt getroffen, ich habe ihn an seiner Musik erkannt. Er ist Straßenmusikant und zieht tagsüber mit seinem Anhänger und seiner Familie durch die Stadt.

Vogelperspektive auf den Schauplatz von Dogville. Eine schwarze Bühne, raumandeutende Kreidestriche und ein paar zeichenhaft hingestellte Möbel bilden die Kulisse für den Film.

“... ein Appell an die Vorstellungskraft des Besuchers, eine Projektion, die da beginnt, wo die Möbel aufhören.”

erlebt: king of rajasthan

Page 13: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

11

gestapelte träumeFast zeitgleich entstehen zwei wundersame Geschichten:

Justo Gallego und Serafin stapeln ihre Träume auf- und übereinander.

Bei der einen Geschichte fängt der Held 1963 im Alter von 38 Jahren an, alleine eine Kirche zu bauen. Mittler-weile ist er 83 Jahre alt und immer noch damit beschäftigt. Die andere erscheint 1967 in Frankreich unter dem Titel Serafin und seine Wundermaschine, erfunden von Philipp Fix. Diese Geschichte wurde 2006 wieder aufgelegt und nimmt all abendlich die Herzen der Kinder und Erwa-chsenen mit auf seine Abenteuerreise.

Was verbindet also Justo Gallego, den alleinigen Erbauer der Kathedrale in Mejorado del Campo außerhalb von Madrid und Philippe Fix Hauptfigur Serafin.

Beide erben ein Grundstück und beginnen darauf alleine etwas ganz Eigenes und Besonderes zu bauen. Der eine seinen Kindertraum, der andere eine Kirche. Auf der ein-en Seite ein dreischiffiges Langhaus mit Krypta, ein An-bau mit Kreuzgang, Refektorium und Innenhof und auf der anderen Seite eine Burg mit Fachwerkturm, Riesen-glaskugel und Pariser Metrostation. Eine wüste Stilmisc-hung, ein herrliches Gewirr.

Beide verwenden dabei als Baustoffe ausschließlich Baustoffreste und Materialspenden. „… und beide gehen dabei ans Werk, um sich ihre Utopia zu schaffen, mit viel Altwaren, Holz, Mörtel und gutem Willen.“

Justo Gallego benutzt Farbeimer, schneidet den Boden ab, steckt sie ineinander und gießt sie voll mit Beton. So entstehen die tragenden Säulen. Die Großzügigkeit in der Dimensionierung ersetzt die statische Berechnung. Beide Gebäude entstehen ohne Genehmigung und ohne jegliche Unterstützung der Gemeinde.

Was bei dem einen eine Märchengeschichte für Kinder und Erwachsene ist, ist bei dem anderen Wirklichkeit ge-worden.

Dass dies auch heute noch durchaus aktuell ist, zeigen unter anderem die vielen Dokumentationen über das Leb-enswerk Justo Gallegos und zusätzlich dessen Werbetaug-lichkeit. Justos Kirche wird 2006 im spanischen National-fernsehen landesweit ausgestrahlt. Sein Lebenswerk dient als Inspiration und Kulisse für einen Werbespot über das Getränk Aquarius der Coca Cola Gruppe.

Serafin

Grundriss der Kathedrale von Justo Gallego

erlebt: king of rajasthan

Page 14: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

12

Kathedrale von Justo Gallego. Mejorado del campo, Madrid.

erlebt: gestapelte träume

Page 15: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

13

umgebautes haus von serafin

geerbtes grundstück vor dem umbau.

erlebt: gestapelte träume

Page 16: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

16gefunden: handmade

Page 17: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

17 gefunden: insel in indonesien

Insel in Indonesien

Page 18: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

18

Ali Mitgutsch: Rundherum in meiner Stadt. 2006.

Was gefällt euch an diesem Bild?

Lilith, 8 Jahre:

Mir gefällt gut, dass der Postbote zu einem hoch kommt und man nicht die Treppen laufen muß. Obwohl die Treppe schön ist. Man darf viele Katzen haben. Und weil da jemand badet und da ist ein Uhrladen und gleich ein Zahnarzt. Eher wie ein Kaufhaus, mit viel Gewimmel.

Zoe, 12 Jahre:

Das Bild spiegelt so ziemlich jede Lebenslage wieder. Man kann immer wieder etwas Neues entdecken, es gibt sogar einen Himmel. Man kann schöne Sachen entdecken und sich dazu viele Geschichten zu jedem Bild ausdenken. Jedes Detail hat eine Geschichte, Diese macht es für jeden individuell und ganz eigen. So sollte das Leben und sein Raum darin sein. Es soll unübersichtlich sein, damit es noch offene Fragen geben kann.

Leo, 4 Jahre:

Das grüne Zimmer, dort hat man einen Garten in der Wohnung. Mit Blumen drin und einer Küche und einem Kühlschrank und einem Sofa.

gefunden: leben in der stadt

Page 19: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

gefunden: leben in der stadt

leben in der stadtKowloon City, Hong Kong. 1977.

Die Grundfläche beträgt 100 auf 200 Meter, auf welchen sich 350 Häuser versammeln und bis zu 35.000 Menschen beherbergen. Entstanden auf rechtlich ungeklärtem Grund ist eine selbst organisierte Welt, die vom Orchester, über den Hahnenkampf, Prostitution, Drogen, zur Kirche und einem Tempel alles besitzt, was man sich vorstellen kann.Hat man kowloon city betreten, “the safe world outside vanished”.

Das obere Bild zeigt eine für kowloon typischen Fassaden ansicht, horizontal uneben und lebendig, bunt durch die Nutzung der Balkone. 1993 wird kowloon city abgeris-sen.

Luftaufnahme 1973 Luftaufnahme 1989

19

Page 20: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

20

was wäre wenn,...... Gedanken Berge versetzen könnten?

Ein kurzer Ausflug entlang der Macht unserer Vorstellung, als Eingang zu einer ganz eigenen Welt.

Einen überraschenden Effekt löst eine Photographie von Helen Lewitt aus dem Jahr 1940 in einer Strasse von New York aus. Sie stellt ein frühzeitliches Graffiti auf einer schweren dicken Hauswand aus Stein dar. In vermeintlichem Kindergekrakel steht mit Kreide ge-schrieben button to secret passage, press. Welche Bilder schießen einem dabei in den Kopf ?

Ob das nun von einer kindlichen oder erwachsenen Intention ausgeht, sei dahin gestellt.

Im Gegensatz zum vorhergehenden Thema findet die Überraschung in unserer Vorstellung statt. Ein Gedanke wird aufgenommen und eine Reihe Neuer angestoßen.

Helen Lewitt, Photographie. New York, 1940.

Es werden Phantasie und bereits innerlich vorhandene Bilder hervorgerufen. Die Bilder, Atmosphären, Orte, die kurz aufleuchten, verraten viel über unsere Sehn-sucht.

Des Weiteren wird dem Stadtraum eine zusätzliche Dimension hinzugefügt. Es entsteht eine Bedeutungs-ebene, die den Stadtraum vielschichtiger begreifen lässt.

Ähnlich der Tür im 17,5 Stockwerk aus Spike Jonzes Film beeing John Malkovich trifft Helen Lewitts un-mittelbar. Die Berge versetzende Vorstellungskraft auf diesem „unverrückbaren“ Stein.

gefunden: was wäre wenn,...

Page 21: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

21

Venetien, Italien, 1996.

Die Abfahrt von einer Schnellstraße erlaubt dem Auto-fahrer einer 360 Grad Kurve zu folgen, um anschliessend in gleicher Richtung die Reiseroute wieder aufzunehmen.

Die Autobahnschleife stammt von dem Künstlerduo M+M aus München und wurde in Zusammenarbeit mit einem Ingenieurbüro entwickelt.

autobahnschleife

Burning man festival. 2006

Die hier dargestellte Spitze des chrysler buildings steht für das ehemals höchste Gebäude der Welt und eines der markantesten New Yorks. Das Modell ist Teil des jährlich mitten in der Wüste des black rock desert in Nevada statt- findenden Kunst Festivals burning man. Es dauert acht Tage und zieht zehntausende von Menschen an. Während dieses Zeitraumes entsteht eine temporäre Stadt, die anschließend wieder abgebaut wird.

Die Spitze des enthaupteten Wahrzeichens in der ungewöhnlichen Kulisse der Wüste und die, durch die Perspektive maßstabsverwirrende Darstellung zeichnen dieses Bild aus. (Die tatsächliche Größe ist auf Seite 28 ersichtlich).

chrysler tower

Nevada, 2005

Prada Marfa ist ein Projekt des Künstlerduos Elm-green & Dragset aus Berlin. Entlang eines verlassenen Highways ausserhalb der Stadt Valentine in der Nähe von Marfa in Texas steht seit 2005 eine Boutique der Luxusmarke Prada. Mitten in der Wüste stehen im Schaufenster high-heeled Frauenschuhe und die dazu passenden Handtaschen. Obwohl durchaus denkbar, ist das Geschäft nie geöffnet.

prada marfta

Strangford Lough, Nordirland. 1767.

Da sich das Bauherren Ehepaar nicht über einen gemeinsamen Stil einigen konnten, entwarf der Architekt die Vorderseite im klassizistischen Stil für den Ehemann und die Rückseite des Hauses neogotisch für seine Frau.

castle ward

autobahnschleife

prada marfta

castle ward

gefunden: was wäre wenn,...

Page 22: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

22gefunden: kinderriesenrad 24erfunden: lotto turm am österreichischen platz

Page 23: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

23 gefunden: kinderriesenrad

Kinderriesenrad, Ort unbekannt.

Page 24: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

24erfunden: lotto turm am österreichischen platz

Page 25: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

25

lotto turm

Seit fast einem halben Jahrhundert ist nichts passiert am Elend des Österreichischen Platzes in der Stuttgarter Innenstadt.

Innerhalb von Rekordzeit ist jetzt dort ein Turm in Schwindel erregender Höhe aus 55 Überseeschiffscontainern entstanden.

erfunden: lotto turm am österreichischen platz

Page 26: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

26erfunden: lotto turm am österreichischen platz

Der Österreichische Platz, Treffpunkt zwielichtiger Gestal-ten und Autoparkplatz, umgeben und isoliert von Straßen, ist seit fast einem halben Jahrhundert unverändert. Nun aber wird der gewohnte Rhytmus der Hauptstädter Strasse unterbrochen, durch 55 übereinander gestapelte Über-seecontainer.

Die Container werden bespielt, benutzt, durchlaufen, aufgeschnitten, wieder zusammengeschweisst. Treppen, Terrassen, Nischen werden angehängt. Dabei entstehen Räume zum verweilen, nachdenken und entspannen. Die vielfältige Nutzung belebt den Turm und zieht unterschied-liche Menschen an. Es gibt Viel zu entdecken und Orte, die ungewöhnliche Ausblicke bieten.

Somit bildet der lotto turm in seiner Gesamtheit ein ganzes Sammelsurium an Bedürfnissen, Aufenthaltsorten und Blickwinkeln.

Der lange ungenütze Raum des Österreichischen Platzes wird in Szene gesetzt und ein neues Licht getaucht.

Durch die gewählte Bauweise ist eine schnelle und spu-renlose Rückbauung möglich. Der Turm ist für eine Dauer von 5 bis 10 Jahren angelegt und kann so lange bestehen, bis wirklich etwas an der Situation in der Innenstadt verändert wird.

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, dem begeg-net bisweilen Erstaunliches; und je wacher die Sinne, desto bemerkenswerter die Begebenheiten.

Ein wenig wie der King of Rajasthan, fühle ich mich doch eingeladen, ein oder zwei Töne zu den folgenden Seiten von mir zu geben.

Die entwurfstheoretischen Grundlagen, die hier im Vorlauf und als Teil des Entwurfes in Zeitungsformat wi-dergegeben werden, sind wert einiger Bemerkungen. Sie sind “merkwürdig” im eigentlichsten Sinne des Wortes. Der Entwurf beschäftigt sich mit einem Hochhaus, ein besseres Wort will mir nicht in den Sinn kommen für den 12 geschossigen Containerturm, am Östereichis-chen Platz in Stuttgart. Wer immer den Ort kennt, wird zustimmen, dass die Bezeichnung “Platz” für diesen Ort allenfalls als Erinnerung an ein vergangenes Jahrhun-dert gewertet werden kann, die eigentliche Adresse sollte heißen: “Östereichische Strassenkreuzung” oder alternativ: “ Austrian Roundabout”. Dieser Nicht-Ort, der aber gleichsam eine sehr spezifische Eigenschaft

verkörpert, in dem er qua associatio die innerstädtische Realität vieler uns bekannter und lieb gewordener Städte widerspiegelt, findet erstaunlicherweise fast keine Erwähnung in der Formulierung des Entwurfes. Dies könnte das viel zitierte dictum von Koolhaas “fuck the site” als Grundlage evozieren, aber gleichsam erstaun-lich wird zu bemerken sein, dass auch die Abstinenz des Ortsbezuges nicht weiter thematisiert wird. Sie wird als selbstverständlich und ohne selbstinszenierende Pose hingenommen, für einen Ort der sich ausserhalb eines “bodenständigen” Zusammenhangs im Heideggerschen Sinne findet. Was statt dessen als entwurfsbestimmendes Element im entorteten Raum ins Spiel gebracht wird, ist der Facettenreichtum persönlicher und interpersönlicher Erfahrung – der spielerische Umgang mit dem Surrealen und den Phänomenen einer vielschichtigen Inkoherenz, die als Chance verstanden wird. Dieser Bruch in der Be-schäftigung mit persönlicher Erfahrung statt “objektiver” Ortszusammenhänge im architektonischen Vorgehen hat sicher Vorläufer und es würde nicht schwer fallen, ideologische Verbindungen herzustellen, die von der Gläsernen Kette über die Situationisten bis hin zu Nigel

Coates und Cedric Price reichen könnten. Allerdings würde auch eine solche architekturakademische Kat-egorisierung und Einordnung am Kern dieses Projektes vorbeigehen. Was zu beachten bleibt, ist die persönliche Involviertheit des Entwerfers und das architektonische Potential, das sich durch ein waches Lebensgefühl reali-sieren und materialisieren läßt. Und dass diese Vorge-hensweise nicht im Solipsitischen enden muß zeigen die folgenden Seiten.

Sollte ich je aus New York zurück in meine schwäbis-che Heimat ziehen: ich würde mich glücklich schätzen, im 7ten Geschoss am Östereichischen “Platz” von der Schaukel aus dem Autoverkehr zu frohlocken...

Matthias Neumann, Brooklyn, 2008.

Un coup de dés n'abolira jamais le hazard. Stephane Mallarmé

Kommentar von Matthias Neumann

Matthias Neumann, gebürtiger Schwabe, lebt seit sieben Jahren in New York. Dort führt er erfolgreich sein eigenes Architekturbüro normaldesign.

idee

Page 27: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

27

anfängliche Skizze

erfunden: lotto turm am österreichischen platz

Page 28: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

28

Turm

erfunden: lotto turm am österreichischen platz

Page 29: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

29 erfunden: lotto turm am österreichischen platz

Turm am Österreichischen Platz, Modell Collage

Page 30: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

30erfunden: lotto turm am österreichischen platz

Turm am Österreichischen Platz, Modell Photo

Page 31: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

31 erfunden: lotto turm am österreichischen platz

wellenbadcontainer & sonnendeck

bürgerbüro

Eine kleine Auswahl, der sich im lotto turm abspielenden Handlun-gen:

Eine bunte Blumenwiese und eine zweistöckige Grünan-lage haben der Stadt Stuttgart den lnag ersehnten ersten Preis bei dem europäischen Städtewettbewerb „floral entente, unsere Stadt blüht auf“eingebracht.

grüne lunge

Ehemalig auf einem Parkplatz an der Ortsausfahrt von Ludwigsburg stehend, hat diese Liebesdienerin eines neues Zuhause im lovetainer gefunden.

lovetainer

Page 32: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

322

Pipi hebt kleine Onkel hoch,Filmszene aus Pipi Langstrumpf,Olle Hellborn,1969.

kalalau valley, hawaii.

http://www.flickr.com/photos/annevoi/2663656558/l

© helen Lewitt, FAZ, 17.04.2008, Nr. 90, S.35

© Philip Fix : Serafin und seine Wundermaschine. Diogenes, Zürich, 1967, S.16.

© Philip Fix: Serafin und seine Wundermaschine. Diogenes, Zürich, 1967, S.16.

Michael Schmid, Madrid, 2005.

© Loyd Kahn: Home Work, Handbuilt Shelter. Shelter Publications, Inc., 2004.

© Ali Mitgutsch: Rundherum in meiner Stadt. Ravensburger Buchverlag, 1995.

© Greg Girard & Ian Lambot: City of darkness: Life in Kowloon Walled CIty.Watermark, 1993.

© Wu Rufina, Stefan Canham:Portraits from above - Hongkong´sinformal Rooftop Communities, Peperoni Books, Berlin, 2008.

© Horst [email protected]

christiania, glass house, august 2007.

http://www.flickr.com/photos/seier/1244185274/in/set-72157600283667645/

http://www.flickr.com/photos/benjcarson/245171830/sizes/o/

http://www.flickr.com/photos/joshguttmann/236576081/sizes/l/

M+M: Autobahnschleife, 1996.

www.mm-art.de

arthur wood, broken angel, brooklyn

http://www.flickr.com/photos/archidose/357576725/sizes/o/

Nikolai Sutyagin - Arkhangels

http://www.flickr.com/photos/ewoewoewo/2121501468

dogvile

www.follow-me-now.de/assets/images/dogville-3.jpg

Justo Gallego Portrait

www.zonalibre.org/blog/ePony/archieves/donJustoGallego.jpg

Michael Schmid, Madrid, 2005.

castle wardAlain de Botton: Glück und Architektur, 2008. Fischer Verlag

scents of the city, Isabel Naegele & Ruedi Baur, 2004. Lars Müller Publishers

www.integral.ruedi-baur.eu

Elmgreen & Dragset, Prada Marfa, 2005.

abbildungsnachweis

Page 33: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

danksagung33

eine sammlung von ideen und geschichten für mehr leidenschaft

und phantasie

[email protected]

kontakt

Lars Behrendt

herausgeber

Paula, Leopold ,Lilith ,Zoe Seiberth,333, Claudia Elbert, Daniel Fischer,Egbert Reichel, Josef Hämmerl, Knut Behrendt, Lola Eberbach, Markus Allmann, Matthias Neumann,Michael Schmid,Wolf Reuter

mein dank gilt

druckfotosatz riegerremshalden

Page 34: „A collection of ideas and stories for more passion and phantasie for lila“

www.frohlocke.de