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21. Februar 2011TRENDS & STRATEGIEN 4/1116 Internet World BUSINESS
R asantes Wachstum: Im vergangenenJahr stiegen die Nutzerzahlen von Face-
book in Deutschland exponentiell an.Registrierte Nielsen im Juli 2009 rund sechsMillionen Unique User im Monat, wuchsdiese Zahl bis Dezember 2010 auf mehr als20 Millionen. Die ehemaligen Platzhirschein der Konkurrenz um Netzwerker – My-space.de, StudiVZ.net, Wer-kennt-wen.de– verlieren gleichzeitig Reichwei-te.„Der Trend zur Monopolisie-rung bei den Social Networksbeginnt“, sagt Björn Schäfers,Geschäftsführer der Produktsu-che Smatch.com. „User wollennur einen Account, viele wan-dern daher zu Facebook ab.“
Weil’s schick ist, dabei zu sein,und weil Mitglieder bei Face-book internationale Kontaktepflegen können, nimmt die Be-deutung lokaler Netzwerke sorasant ab, wie die von Facebookzunimmt. Werbungtreibendeund Händler verstärken die Monopolisie-rung.„Wer zurzeit Social Media plant, ver-langt die Facebook-Kampagne. Hier ist dieKonkurrenz vertreten und sind die Reich-weiten hoch“, beobachtet Olaf Lassalle,Geschäftsführer der Vivaki-Tochter New-cast. Anderen Communitys, zumal wennsie thematisch so breit aufgestellt sind wieFacebook, brechen die Werbegeschäfteweg, Händler ziehen sich ebenfalls zurück.
Reichweite ist nicht alles
Myspace hat bereits auf die Verluste rea-giert und gibt seine Vertretung in Deutsch-land auf. Die VZ-Netze verzichten seitEnde 2010 auf die Set-up-Kosten, die bis-
her für das Erstellen eines Edelprofils, ver-gleichbar mit einer Fanpage in Facebook,verlangt wurden. Außerdem werben siewie Wer-kennt-wen (WKN) mit regiona-len Stärken und Service. „Wir konzentrie-ren uns mit VZ nicht auf den globalen,sondern auf den lokalen Markt“, sagt VZ-Netze-Chef Clemens Riedl. Noch ist nichtsicher, ob diese Strategie Werbekunden beider Stange hält und weitere anziehen wird.So wächst die Gefahr eines weiteren Werbe-monopols im Internet: „Facebook setzte2010 eine Milliarde US-Dollar um“, warntBerater Hagen Sexauer von SemporaConsulting. „Mit der Abhängigkeit derWerbeindustrie werden die Preise in die-sem Kanal steigen.“ Facebook arbeitet amBörsengang, ein Schub bei Erlös und Ge-winn zieht Anleger und Kapital an.
Doch auch aus pragmatischen Gründensollten sich Werbungtreibende und Händ-ler bei Social Media nicht nur auf Face-
book verlassen. „Facebook ist zurzeit dieerste Adresse für Social Media, aber sichernicht für jedes Werbeziel die richtige“,erklärtLassalle.„Die Klickraten bei Facebook sindextrem gering.“ Der Vorteil von Facebook,die Reichweite von rund 22 Millionen Mit-gliedern in Deutschland und 500 Millio-nen weltweit, die sich nach Regionen undZielgruppenkriterien sortieren lassen, istauch ein Nachteil. „Bei Facebook ist eineMarke eine unter vielen, in kleineren, the-menspezifischen Netzwerken bekommensie einen exklusiveren Auftritt und errei-chen mehr Aufmerksamkeit“, gibt Niko-laus Schmitt-Walter, Leiter StrategischePlanung bei Plan Net und Koordinator für
Social-Media-Kampag-nen, zu bedenken.
Die Bundesagenturfür Arbeit, Clearasilund zuletzt Kellogg’sschalteten Kampagnenbewusst nicht auf Face-book, sondern auf Stu-diVZ.net und Schue-lerVZ.net, um die an-
visierte junge Zielgruppe zu erreichen.Noch interessanter als diese eher unspezi-fischen Netzwerke sind für Social Mediaund Commerce Communitys, Blogs undForen, die sich wie Xing.de, Pferde.de,Meinsport.de, Lesmads.de oder Feier-
abend.de über Themen definieren undsich an Interessengruppen richten. „Dassind extrem wichtige Plattformen, überdie man die Opinion Leader erreicht, aufderen EmpfehlungenUser zählen“, sagt Las-salle. Leser und Mit-glieder kommentieren,diskutieren und kau-fen hier schneller als inanderen Diensten.
Smatch setzt zwarauch auf Facebook,aber zunehmend auchauf Kooperationen mit Themen-Commu-nitys und Blogs. Seit 2009 ist die Produkt-suche etwa mit Meinsport.de verbandeltund platziert dort Angebote für Sportmodevon Partnershops. „Wir erreichen so einespitze Zielgruppe“, meint Schäfers. „In spe-zialisierten Communitys und Blogs entste-hen außerdem mehr Kaufentscheidungen.“
Weniger Kosten, mehr Hilfen
Auch die Entwickler von Spielen und Appsmachen oft einen Bogen um Facebook.„Der Wettbewerb von Social Games isthier zu groß“, sagt Christian Wawrzinekvon den Hamburger Goodgame Studios.„Die Kosten, um einen Spieler zu errei-chen, liegen deutlich höher, bei vielenSpielen in Facebook übersteigt das Marke-tingbudget die Entwicklungskosten.“Goodgame kooperiert mit mehrerenNetzwerken, auch um die Abhängigkeitvon einem Vertriebskanal zu vermeiden.
Neben Kostenvorteilen bieten diespezialisierten und regionalenCommunitys mehr Hilfen undkompetente Beratung. „Bei Face-book müssen Werbekunden Ser-vices von verschiedenen Dienst-leistern koordinieren“, erklärtSchmitt-Walter. Für die Kampagnesind Fanpage, ein Content-Plan,Community-Management, Appsund anderes nötig – Zutaten, dieverschiedene Dienstleister erstel-len. „Kooperiere ich mit speziali-sierten Communitys, liefern dieseviele dieser Dienstleistungen mitund unterstützen mich inhalt-lich.“ Die Betreiber von Themen-
Communitys kennen die Wünsche ihrerMitglieder, sie wissen aus Erfahrung, wasgeht, und bieten nicht nur Anfängern inSachen Social Media ein hoch effizientesExperimentierfeld.
Mit persönlicher Beratung und Serviceswie Community-Management, Einbinden
von mobilen Coupon-Kampagnen oderVideo-Inhalten versuchen sich die unspe-zifischen, nationalen Netzwerke wieWKN, VZ-Netze, Stayfriends und Lokalis-ten vom Konkurrenten abzugrenzen undWerbe- oder Handelskunden zu locken.Im Gegensatz zu Facebook bieten sie Wer-beplatz für klassische Online-Werbung,segmentieren diesen nach Zielgruppenund Regionen und bündeln die Angebote.„Wir sind anders, klarer, übersichtlicher,privater als Facebook“, sagt WKN-Ge-schäftsführerin Eva-Maria Bauch, „undkonzentrieren uns jetzt auf das klassischeSales-Geschäft und die Rentabilität.“
Ob dies denMitgliederschwund und dieEinbußen im Werbegeschäft stoppen kann,wird bezweifelt. Mehr Spezialisierung istgefragt, meint Berater Sexauer: „Ich seheaber noch keine Ansätze, mit denen sichdiese Communitys über Mehrwert fürTeilnehmer stärker positionieren.“ vs ❚
Facebook wächst und wächst. Doch auch kleine und spezialisierte Social-Media-Netzwerke haben etwas zu bieten
Interessante Alternativen
Müsli-Anbieter Kellogg’s kann auf speziali-sierten Portalen wie SchülerVZ eine ganzbestimmte Kundenzielgruppe ansprechen
SOCIAL MEDIA
Facebook zieht anUnique User pro Monat in Millionen
Wer-kennt-wen
Myspace
StudiVZ
SchülerVZ
7/2009
6,16
5,96
4,18
4,28
3,55
3,56
12/2010
23,0
5,1
2,1
2,9
3,5
2,4
© INTERNET WORLD Business 4/11Quelle: Nielsen,
Sempora Consulting
„Facebook und Xing wachsen sehrstark, der Rest der Communitys
erreicht Wachstumsgrenzen.“
HHaaggeenn SSeexxaauueerr
Sempora Consulting, Bad Homburg
„Wir legen den Fokus auf Specials,das klassische Sales-Geschäft,
Kooperationen und Social Targeting.“
EEvvaa--MMaarriiaa BBaauucchh
Geschäftsführerin Wer-kennt-wen.de, Köln
Alternativen zu Facebook: Themen-Communitys und Blogs❚ Fast zu jedem Thema und für viele Regionen
gibt es spezialisierte Communitys. Beispiele:Goloci.de (Göttingen), Nachtausgabe.de(Baden), Feierabend.de (50+), Fotocommu-nity.de, Pferde.de, Sharewise.de (Geld),Fashionfreax.de (Mode), Meinsport.de. Hiererreichen Marken interessierte Nutzer.
❚ Für die Suche der Social-Media-Alternativeneignen sich Googles Blog-Suche Blog-search.de oder Foren.net. Die Qualität vonSocial-Media-Agenturen zeigt sich auch inErfahrungen abseits von Facebook.
❚ Oft frequentiert werden Blogs und Forenrund um Lebenshilfe und Lifestyle. Beispiele:Chefkoch.de, 55weine.de, Lesmads.de(Mode), De-bug.de (Lifestyle). Hier agierenMeinungsführer, deren Empfehlungen dieLeser gerne und oft aufgreifen.
❚ Ein Screening von Einträgen und Urteilen zureigenen Marke im Internet zeigt auch anderePortale auf.
❚ Kleinere, spezialisierte Dienste bieten mehrService und Beratung, weil sie ihre Nutzerund ihre Wünsche sehr gut kennen.
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