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Prof. Dr. med. Eva Möhler - Dipl. Psychologe Stefan Eisenbeis Kinder- und Jugendpsychiatrie Kleinblittersdorf

Traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen

Traumafokussierte Kognitive Verhaltenstherapie

Treating Trauma and Traumatic Grief in Children and Adolescents

Therapieprogramm Judy Cohen & Antony Mannarino,& E.Deblinger, Pittsburgh, PA

http://tfcbt.musc.edu

Was ist TF-CBT?

Ein integratives Behandlungsprogramm mit:

!   Trauma-spezifischen Interventionen

!   Kognitiv-verhaltenstherapeutischen Prinzipien

!   Bindungstheorie

!   Entwicklungsneurobiologie

!   Elemente von Familientherapie, humanistischer Therapie und Empowerment

TF-CBT Forschungsergebnisse

TF-CBT ist das am besten untersuchte Behandlungsprogramm für traumatisierte Kinder (6 abgeschl. RCTs)

•  verbessert PTBS, Depressionen, Angst, Scham und Verhaltensprobleme vgl. mit supportiver Therapie

•  PTBS stärker verbessert, wenn Kinder direkt behandelt wurden

!   Entlastung der Eltern, verbesserte elterliche Unterstützung und reduzierte elterliche Depression vgl. mit supportiver Therapie

TF-CBT: Grundzüge

!   Komponenten-basiert

!   Achtung für kulturelle Werte

!   anpassbar und flexibel

!   familienorientiert

!   therapeutische Beziehung ist zentral

!   Selbstwirksamkeit wird betont

!   individuelle Sitzungen mit Kindern und Eltern

!   Elternsitzungen kindzentriert parallel zu Kindersitzungen

!   optimal: gleicher Therapeut für Eltern und Kindern

Indikation für TF-CBT

!   Diagnose?

!   Ist die Symptomatik auf das Trauma bezogen (zeitlich, inhaltlich)?

!   Kann TF-CBT mit anderen Behandlungsstrategien integriert werden, sofern nicht traumabezogene Störungen vorliegen?

TF-CBT : adressierte Problembereiche

!   Kognitive Problem

!   Beziehungsschwierigkeiten

!   Affektive Probleme

!   Familienprobleme

!   Traumatische Verhaltensprobleme

!   Somatische Probleme

Ziel: Affektive Trauma-Symptome

!   Furcht

!   Traurigkeit

!   Wut

!   Angst

!   affektive Dysregulation

Ziel: Verhaltensbezogene Traumasymptome

!   Vermeidung

!   Erlerntes, unangepasstes Verhalten

!   sexualisiertes Verhalten

!   gewalttätiges Verhalten

!   Schikanieren

!   Traumatische Bindung („Stockholm Syndrom“)

!   Wut

!   Subtanzmissbrauch

!   Selbstverletzung

Ziel: Kognitive Trauma-Symptome

!   irrationale Überzeugungen

!   Misstrauen

!   verzerrtes Selbstbild

!   Verlust/ Enttäuschung sozialer Verbindlichkeit

!   Richtige, aber nicht hilfreiche Kognition

TF-VT (Cohen & Mannarino)

Wöchentlich eine Doppelstunde unter Einbezug einer nicht misshandelnden Bezugsperson

Komponenten:

1.  Psychoedukation und Elternfertigkeiten

2.  Entspannung

3.  Ausdruck und Modulation von Affekten

4.  Kognitive Verarbeitung und Bewältigung

5.  Trauma Narrativ

6.  Kognitive Verarbeitung und Bewältigung II

7.  In vivo Bewältigung von traumatischen Erinnerungen

8.  Gemeinsame Eltern-Kind Sitzungen

9.  Förderung künftiger Sicherheit und Entwicklung

TF-CBT: Psychoedukation

!   Normalisierung der Reaktion von Kindern und Eltern auf schwere Belastungen

!   Information über psychologische und physiologische Stressreaktonen

!   Hoffnung machen auf Überwindung der Belastung

!   Die Familie über den Nutzen und die Notwendigkeit einer frühzeitigen Behandlung informieren

!   Therapiemotivation wecken

Ziele:

Modul 1: Psychoedukation

TF-CBT: Psychoedukation II

Ziele II:

!   Gemeinsame Sprache für Traum und Reaktionen finden

!  Ermöglichen über Schwieriges zu sprechen

!   Vorbildfunktion des Therapeuten

!  Verstärkung korrekter Kognitionen

TF-CBT: Psychoedukation III

Hilfsmittel:

Modul 2: Elternfertigkeiten

TF-CBT: Elterntraining

!   TF-CBT sieht Eltern als zentrale Akteure therapeutischer Veränderung

!   Aufbauen der Eltern als Ansprechpartner für Schwierigkeiten

!  Rationale für Beteiligung der Eltern an Therapie erklären (pos. Funktion der Eltern betonen)

!  Positives Verhalten der Eltern und pos. Eltern-Kind- Beziehung ausbauen

!   Studien: Mitbehandlung der Eltern als entscheidender Faktor für Abnahme von Verhaltensproblemen und depressiver Symptomatik (Deblinger et al. 1996)

Typische Elternthemen bei Traumatisierung von Kindern

Unangemessene Selbstanklage und Schuldgefühle

Unangemessene Anklage des Kindes

Überbehütung

Permisssivität

PTBS Symptome

Schwierig: „angemessene“ Gefühle

TF-CBT: Eltern-Fertigkeiten

!   Unterweisung im Umgang mit disruptivem, aggressivem oppositionellem Verhalten und ggfl. sexuell unangemessenem Verhalten

!   Reduzierung schädlicher oder ineffektiver Disziplinierungsstrategien

!   Unterweisung in richtigem Gebrauch von Lob, selektiver Aufmerksamkeit, time-out, Verstärkerplänen, und anderen effektiven Belohnungs- und Bestrafungstechniken

!   Einüben dieser Fähigkeiten mit den Eltern, damit sie im Allatg effektiv eingesetzt werden können

Modul 3: Entspannung

TF-CBT: Entspannung

!   Reduktion pysiologischer Manifestation von Stress und PTBS

!   Erklären körperlicher Stressreaktionen: flache Atmung, Muskelanspannung, Kopfschmerzen…

!   Kontrolle beim Patienten!

!   liegend/ sitzend, Augen auf/ zu

TF-CBT: Entspannung II

!   Atemübungen/ Mindfulness/ Medidation

!   PMR

!   Autogenes Training

!   Körperliche Aktivität

!   Anspannungsübungen

!   Tanzen, Musikhören, musizieren !   Hausaufgaben

Modul 4: Affektausdruck und -modulation

TF-CBT: Affektive Modulation

!   eines Spektrums von Gefühlen

!   Konkrete Manifestation (körperlicher, mimmischer, gestischer Gesichtsausdruck

!   Situationsabhängigkeit

!   Stärke/ Intensität

!   Verbale Ausdrucksmöglichkeiten für unangenehme Gefühle finden

Gefühlswahrnehmung, -differnzierung, -ausdruck

TF-CBT: Affektive Modulation II

(noch) nicht direkt nach den Gefühlen während des traumatischen Ereignisses fragen!

Sitzung positiv beenden

TF-CBT: Affektive Modulation III

!   „color my life“/ „color your body“

!   Collagen

!   Emotional bingo

!   Skalieren von Gefühlsintensität, z.B. SUDS (Subjective Units of Disstress)

!   Unerwünschte durch positive Gedanken ersetzen

!   Positive Selbstinstruktionen , auf eigen Stärken besinnen, diese verbalisieren helfen

!   DBT-A: MODUL EMOTIONSREGULATION

TF-CBT: Affektive Modulation IV

!   Bei INTRUSIONEN: Gedankenstop („remote control“), positive Imagination, Rituale (Gummiband), Stop-Signale

!   Das Gefühl der Sicherheit verstärken, Sicherheits- (Notfall)plan erarbeiten (auf wen kann ich mich verlassen, etc.)

!  Hausaufgaben; affektive Regulation in Alltagssituationen, Problemsituationen identifizieren & Strategien erarbeiten

!   Für Eltern: entsprechende Interventionen zur affektiven Modulation

Modul 5: Kognitive Verarbeitung und Bewältigung

TF-CBT: kognitive Bearbeitung

•  Identifikation, Exploration und Korrektur kognitiver Irrtümer im Narrativ

z.B. Selbstbeschuldigungen, Überschätzung zukünftiger Gefährdung, veränderte Sicht der Welt

•  Klärung von Verantwortung vs. Bedauern

•  Alle Methoden der kognitiven Umstrukturierung

•  zusätzlich z.B. Schuldkuchen

•  bei Patient und Eltern

TF-CBT: kognitive Bearbeitung II

Ungünstige Kognitionen:

•  Ungenaue Gedanken: z.B. „ich war Schuld am sexuellen Missbrauch

•  Nicht hilfreiche Gedanken: „Man weiß nie, wann man auf einen Amokläufer trifft…“

•  Ungenaue und nicht hilfreiche Gedanken: „Es lag an mir, dass meine Mutter beim Hurricane umkam. Ich hätte sie dazu bewegen müssen, sich früher evakuieren zu lassen“

TF-CBT: kognitive Bearbeitung III Kognitives Dreieck:

auf Alltagssituationen anwenden

Gedanken Gefühle

Verhalten

!   Gefühle, Gedanken und Verhalten differenzieren

!   Zusammenhang und Ansätze für Selbsthilfestrategien aufzeigen

!   Identifikation und Korrektur falscher und nicht hilfreicher Gedanken/Überzeugungen

!   Eltern dazu führen, kognitive Verarbeitung in belastenden Situationen zu unterstützen, und diese Technik auch selbst zu nutzen

Modul 6: Traumanarrativ

TF-CBT: Erstellen eines Trauma-Narrativs

Synonym: graduelle Exposition

Abkoppeln von Gedanken, Schlüsselreizen oder Erörtern des traumatischen Ereignisses von überwältigenden negativen Gefühlen

Integration von Gedanken und Gefühlen über das traumatische Ereignis zu einer konsistenten und sinnvollen Erfahrung

Erklären des Rationale für Kinder, Jugendliche und Eltern

Motivation: evtl. Bücher als Vorbild nutzen („Please tell“)

TF-CBT: Erstellen eines Trauma-Narrativs II

Überschrift

1.  Kapitel: Steckbrief des Kindes: Name, Alter, Schule, Hobbies etc.

2.  Kapitel: „Vorher“,.wie war die Beziehung zum Täter, bevor das Trauma begann; oder wie das Leben vor dem traumatischen Ereignis verlief

3.  Kaptiel: Traumabezogenes Narrativ: das Kind ermutigen, zu „erzählen was passiert ist“ (während des Traumas, expressive darstellende Techniken benutzen wie Zeichnen, Malen, Basteln)

TF-CBT: Erstellen eines Trauma-Narrativs III

Bei wdh.Episoden eines (Index-) Episode auswählen (das erste Mal, das letzte Mal, die am besten erinnerte Episode)

Typischer Weise gehen die Kinder der Reihe nach vor (aber nicht immer)

Markante Episoden wie die Enthüllung, medizinische Untersuchung etc. integrieren

In den folgenden Sitzungen die Erzählungen des Kindes erneut durchgehen und schrittweise ergänzen:

!   Details anreichern

!   Traumatische Gedanken und Gefühle integrieren

!   Das Kind desensibilisieren über das Geschehene zu reden

!   „hot spots“ oder „schlimmste Momente“ identifizieren

!   Belastung vor, während und nachher einschätzen lassen (SUDS)

TF-CBT: Sud-Skala: Subjective Unit of Disstress

TF-CBT: Erstellen eines Trauma-Narrativs IV

4.  Kapitel: worst memory – was das Kind niemanden erzählen wollte, die schlimmste Erinnerung

5.  Kapitel: was ist nun anders & was habe ich gelernt

!   was würdest Du anderen Kindern sagen, die das Gleiche erlebt haben?

!   wie hast Du Dich verändert, seit x passiert ist, seit Du die Behandlung begonnen hast?

TF-CBT: Erstellen eines Trauma-Narrativs V

Alternative Methoden:

!   Cartoon-Serie

!   Gedicht

!   Computer (Storybook Weaver Deluxe)

!   Talk Show Interview

!   Lied

!   Zeichnungen…

Modul 7: Gemeinsame Eltern-Kind-Sitzungen

Das Trauma-Narrativ den Eltern mitteilen

Informationsstand der Eltern ermitteln

Den Eltern mitteilen, was das Kind in der Therapie berichtet hat (mit Erlaubnis des Kindes)

Produkte des Kindes (Bilderbuch, Zeichnung, Texte…) zeigen

!   bis Elternteil ausreichend stabil dabei ist!

Weitere Vorbereitungen für das Teilen des Narrativs

!   Fragen an den jeweils anderen erarbeiten (bei schwierigen Fragen mit demjenigen ggf. vorher besprechen)

!   Ggf. mit den Eltern loben üben

!   Klären, dass das Narrativ von den Eltern nicht korrigiert werden darf

Teilen des Narrativs

In der gemeinsamen Sitzung mit Eltern und dem Kind wird

•  das Trauma-Narrativ

•  und die erarbeiteten Fragen durchgegangen

Therapeut hat moderierende Funktion

Was wir noch brauchen

VERNETZUNG – VERNETZUNG – VERNETZUNG

Info zur Multi-Center TCT-Taumatherapiestudie

Kontakt: s.eisenbeis@sb.shg-kliniken.de

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